WegezurglobalenModerne
Mitder „AkademieZweiteModerne“wollendie Wiener Festwochen Werkevon Komponistinnen präsentieren NuriaNono-Schönbergs Projektist aufmehrere Jahreangelegtund soll auch eine Vernetzungsplattform etablieren.
LjubišaTošić
Der Prozess, Komponistinnen ausden ArchivenderVergessenenherauszuholen, läuft, dieDinge sind nichtmehr aufzuhalten. Alljährlichetwawerdenjetzt schondie Wiener Philharmoniker mitder Fragebedrängt, wann denn beim NeujahrskonzertendlichStückevonFrauenaufgeführt würden.ImBereichderzeitgenössischenMusiksinddamittlerweileweniger BeklemmungundVerklemmungzusehen.Allerdings istder Blickwohlnochimmer nichtausreichend global ausgerichtet,wennesdarum geht,jeneVielfaltzuerhellen, dieKomponistinnen weltweit repräsentieren Hiersetztdie„AkademieZweiteModerne“ an, über dieNuria Nono-Schönberg die Schirmherrschaftübernommenhat.Wohl nichtzufällig.IhrVaterArnoldSchönberggilt alszentraler Erneuerer. SeineErfindung der ZwölftonmusikisteinproduktiverSchockgewesen, einBruch mitTonalität undtraditionellen Konzepten unddamit eine InitialzündungimSinnederModerne.DasFestwochenprojektbeziehtsichaufdieseelementaresystemrelevanteWienerInnovation,esentdeckt jedoch im RückblickDefizite, nenntden innovativenAkt „unvollständig”.
Einzementierte Sache
MitBegriffen wie„eurozentristisch“, „männlich“und „elitär“ markiert manjene Aspekte, denenentgegenzuwirkenwäre. Denn bisheute scheinen dieVerhältnisse gleichsameinzementiert.„So stammenetwa rund92ProzentallervonOrchesternweltweit aufgeführten Werkevon Komponisten, 88 Prozentdavon sind weiß“, heißtesda.
Entsprechende Fragen stellt dasvon Jana Beckmann konzipierteProjekt:„Wiekann eineMusiktheater-undKonzertpraxisaussehen, diesichder Gegenwartzuwendet– glo-
SpezielleAnsichtenzueiner aktuellenModerne:die in NewYork lebende, mitdem Pulitzer-PreisausgezeichneteDuYun,die alsPerformerin undAktivistin in Erscheinung tritt.
Triumphdes Vergessens?
Marcus Lindeenüberdas Gedächtnis derMenschheit
Zeugnisse der Gegenwart: Was werden künftigeGenerationen wissen?
Vergessen istschlecht. Aber es gehört zu denEigenschaften vonMenschen,egalobalsIndividuen oder alsKollektive. Noch schlimmer istdas Vergessendurch Verdrängung, ein Verlernenvon Wissen undseinerHandhabe DiegegenwärtigedigitaleKultur wird im Fall desAusfalles kaum noch Dokumentehinterlassen. Es gibtStimmen,diemeinen,daswäre kein Schaden. DerschwedischeRegisseurMarcus Lindeenfasst dieses Themaunter demTitel Memory of
Mankind an.ImZentrum stehtdas gleichnamige Projektdes ÖsterreichersMartinKunze,der aufKeramiktafelnverewigte Zeugnisseaus unsererGegenwart wieetwaZeitungsartikel fürspätere Generationenineiner Salzmine lagert LindeensTheater isteineMischungausdokumentarischemund fiktionalemMaterial, blendetInterviewsein undstelltdie Fragenach demWertder Erinnerung.(ploe) Jugendstiltheater, 6. +7.6 20.00; 8. 6.,18.00 +21.00
TIPPS
TempestProject heißtPeter Brooks’Reflexion über Ideender Freiheit vordem Hintergrund von Shakespeares„DerSturm“. Jugendstiltheater, 12.–16.6., 20.00, 15.6.auch17.00
Fotzenschleimpower gegenRaubtier Kaputtalismus istMateja MededsMonolog gegenalles, wasMigration schlechtmacht Kosmostheater, 13.–15.6., 20.00, 16.6., 18.00 +21.00
Amazonen feierndie männerfreie Gesellschaft! Für6-bis 12-Jährige, Eltern müssen draußenbleiben DschungelWien, 14.–23.6
spezial Festwochen isteineentgeltliche Einschaltungin Form einer Medienkooperation mit WienerFestwochenGesmbH. Die redaktionelle Verantwortung liegtbeim Standard Olympus Kids machen Text und Regiebei den„Amazonen“
bal, vielfältig undfür alle?” Also:AnzweiTagenwerdenbei denWiener Festwochen Vertreter undVertreterinnenvon Institutionen, „lokaleundinternationaleImpulsgeber:innen undMitgliederder Akademie“aneinem Gipfeltreffen teilnehmen.Und:Das Klangforum Wien spielt im Radiokulturhausunter dem Motto„NoexcusesanymoreI+II“am8.und9 Juni Stücke vonzehnKomponistinnen. Werwirdgespielt?
Wessen Werkewurdenausgewählt? Mit dabeiist dieKlangkünstlerin Monthati Masebe ausSüdafrika,welchesichals nichtbinär versteht.Zugegensindauchdieweißrussische KomponistinMarinaLukashevich,dieChinesinShashaChen, diePhilippinin FelizAnne ReyesMacahis sowiedie in NewYorklebende undmit demPulitzer-Preisausgezeichnete Du Yun, dieals Performerinund Aktivistin ausSchanghai in Erscheinungtritt.Weiters spielt manWerke derTürkinDilay Doğanay, derIranerinAidaShirazi,der britisch-libanesischenKomponistin Bushra El-Turkund der KroatinMirelaIvičević sowieeineNeuheit vonBrigittaMuntendorf,der deutsch-österreichischenKomponistin im „Spannungsfeld analog-digitaler Ausdrucksformen“ ZudemgibtesauchdasZielderErarbeitung undVerabschiedungeiner gemeinsamenErklärung, gareiner „Selbstverpflichtung von Theatern,Opern,Konzerthäusernund Festivals,den notwendigen strukturellenWandel mitkonkreten Maßnahmenzubefördern“, heißtesda. DieMaßnahmen können ruhig auchdaseuropäischePotenzialanKomponistinnen miteinbeziehen,dennzweifellosist auch dieses strukturellunterrepräsentiert. Schönberg-Center, 8. 6.,11.00 öffentlicherDiskurs; 14.00 Mitgliedertreffen„AkademieZweiteModerne Radiokulturhaus, Konzerte,8.+ 9. 6.,19.30
Wenn derStaatprüft
Elfriede Jelineks „Angabeder Person“imVolkstheater
Auch chorisch:Susanne Wolff, Fritzi Haberlandt undLinnReusse(v. li.).
Nestroy-Preis,Faust-Preis und eineEinladungnachMülheim –ElfriedeJelineks AngabederPerson in derRegie vonJossi Wieler wurdeamDeutschen TheaterBerlingroßgefeiert. Für drei Vorstellungenübersiedelt die Inszenierung mitden drei phänomenalenSchauspielerinnen Linn Reusse,FritziHaberlandtund SusanneWolff nunzuden Wiener Festwochen insVolkstheater. DerSchweizer RegisseurJossi Wieler,ein versierter,musikalisch
orientierter Jelinek-Realisateur, hat diesen bisher persönlichsten Text derNobelpreisträgerinpräzise und mitfeinfühlig auftrumpfendem SchmähinSzene gesetzt. Jelinek verschränktdarin die Vorgängerundumeineprivate,kafkaeskanmutende Steuerprüfung samt Beschlagnahmungihrer „liebenSchrifterln“injenem bürokratischenEifer,mitdemTeileihrerjüdischen Familieeinst in Konzentrationslager deportiert wurden.(afze) Volkstheater, 5.–7.6., 19.30