BlendendesLichtderLeidenschaft
DiePoesie desStierkampfs unddas Ende derKunst:Die SpanierinAngélicaLiddellstelltihr Stück „Liebestod“ im Volkstheater vorund zeigtdabei dieErotikihrer Beziehungzum Publikum
EinenMonologausdemMundvonAngélica Liddell zu hören, isteinedämonische Begegnungmit demSound des Spanischen: Da mischensichdie Lautewie Peitschenknallen,Kettenrasseln undSchlangenzischen.Zur Welt kamdie kontroversielleTheatermacherinAngélicaLiddellinFigueras, wo auch derSurrealistSalvadorDalígeborenwurde.Damals,1966,hießsienochAngélica Gonzalés
Tatsächlich istihr Künstlername eine Reverenz an AliceLiddell,das Vorbildfür Lewis CarrollsReisendeimKaninchenbau.Jetzt,ein halbes Jahrzehntnachihrem Gastspielmit TheScarlet Letter, kommtLiddell wieder zu denFestwochen, miteiner Hommageanden großenToreroJuanBelmonte(1892–1962),der rund 1650Stieretöteteund am Ende sich selbst:Liebestod–elolorasangrenosemequita de losojos–JuanBelmonte,TeilIII vonMilo Raus „Histoire(s) du Théâtre“ am NT Gent Sieist Vulvaund Peniszugleich
Dieser Liebestod wird zurOrgie,zelebriert aufBasis vonRichard Wagners Tristanund Isolde, undder Titelzusatz –„derGeruch von BlutgehtmirnichtmehrausdenAugen“–beziehtsichauf Franck Mauberts Band GesprächemitFrancisBacon,demMalerderberühmtenschreiendenPäpste.
Wernunnochmitberücksichtigt,dassLiddells1993gegründete Kompanie Atra Bilis Teatro die„SchwarzeGalle“imNamen trägt, wird diegrundlegendeFreudeder Künstlerin annachtseitigenReferenzenkaumableugnen wollen.Wiederholthat sieinWiengezeigt, wiesehrsieandieMachtderKatharsisglaubt unddasssie fürBiederfrauenund BrandstifterhinreißendeRosskuren aufLager hat: mit La casa de la fuerza im Jahr 2012 etwa,oder 2013mit Todo el cielo sobrelatierra(El síndrome de Wendy)
In
Verhandlung: wer Demokratie ruiniert, wannGutmeinendeheucheln
Anklagen alsschöneKunst
„WienerProzesse“ und„Hearings“der Festwochen
FürseineGerichtsperformances istMiloRau berühmt. SiefehlenauchinseinemerstenProgrammalsFestwochen-Leiternicht DasPublikumderStadtschätztdas, dahersinddieTerminefürdaserste vondreiWochenendender Wiener Prozesse bereitsausverkauft.Das
Themalockt: DiekorrupteRepublik Beim zweitenTerminvon 7. bis 9. Juni im Odeongehtesum Anschlägeauf dieDemokratie und dieFrage,welcheOrganisationen „faschistischenCharakters“ in Österreich eigentlich aufgelöstwer-
denmüssten.Das dritte Prozesswochenende von14. bis16. Juni behandeltDieHeucheleiderGutmeinenden: Da wird verhandelt,wannAktivismus legitimist Außerdem gibt es ab 21.Mai jedenDienstagund Mittwoch im „Hausder Republik“ (Volkskundemuseum Wien)Tagezur künftigen Entwicklungdes Festivals. Zu den Themen dieser „Hearings“ zählen „DemokratieversusSteuerung“und „Solidarität versusCancel-Culture“ (ploe) p www.festwochen.at
„Liebestod“feiertsie
TIPPS
#5 Tragedia:The Hunt führtdie Jagd aufdie Zukunftvor.Eine posthumanistische Tragödie des BerlinerKollektivsFronteVacuo Volkstheater, 23.Mai,19.30
Boxder Wahrheit: Personen des öffentlichen Lebens werden an einenLügendetektor angeschlossenund verhört MQ-Vorplatz, 25.Mai,7.+ 14.Juni, 17.00
Hamlet istbei Regisseurin ChristianeJatahy eine Frau,die in die Gegenwartkommt,umeineGesellschaft derZukunft zu bauen. Volkstheater, 31.5.– 2. 6.,19.00
Vorausbauend: „Hamlet in den Falten derZeit“
Foto:Simon Gosselin
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Emotionen, diejegliches Biedermeiertum immerschon zensiert,präsentiert Liddell auch bei Liebestod. Hier,erklärt sieimGespräch fürdas Festival d’Avignon, spalte sie sich auf: „Einerseitsbin ichein Torero,ich habe eine blutigeund erotischeBeziehung zumPublikum.“Auf dieser Ebene„hure“sie „phallisch“mit „dem Publikum herum“. Aber wenn siesichinder Performancevor demStier befindet, „lasse ichmichvon ihm durchdringen,binicheineVulva,diesichseinemPenis,seinerMacht,seinerköstlichen Verzückung hingibt“.Quintessenz: „Ich will vomStier besessen werden.“
Eine verarmte Gesellschaft Dasklingtgar nichtnachdem,was gerade NormindenKünstenist.Zuderenaktuellem Zustandhat Angélica Liddell eine klareMeinung:„InderKunstsindandieStellederTragödiedas Pflichtbewusstsein,der sozialeAktivismus getreten.Wir habendas Gesetzdes Staatesmit demGesetzder Schönheitverwechselt,was dasEndeder Kunstbedeutet.“ EntsprechendfälltihreallgemeineDiagnose aus: „Die heutigeGesellschaftist eiskalt, leerundignorant.SiehatkeinenSinnfürdas Schöne,und es fehlt ihr an Sensibilität und intellektuellerund ästhetischer Raffinesse.“ Dahersei dieseGesellschaft„vulgär,mittelmäßig“ und„verarmt“
Juan BelmontesStierkampfist beiAngélica Liddelleinebesondere Form derKunst Fürihn warder Stierkampf „einespirituelle Übung“,dieihnvergessenließ,„dassereinen Körper hat; deshalbkönnendie Gefühledie unendlichenRäume erreichen, vondenen Pascalschrieb“.Sosuchtauchsieselbst„nach überwältigenderBegeisterung,demblendendenLicht,diesemlyrischenGefühl,daseinen überschwemmt,wennman liebt“ Volkstheater, 26.+ 27.Mai, 20.00
der EröffnungsfeiersindauchPussyRiotund
Neue Hymne fürWien
Festwochen startenmit Musikund Aktivistinnen
Steht auf, stehtauf,ihr Töchter undSöhne!/ Stehtauf,steht auffürallerMenschenRecht./ LasstdenFaschistenkeineChance/ undwehrtdenAnfängenwieFelsen fest“,wirdeszurFestwochen-Eröffnung vordem Rathausschallen. Einefrische „FreieRepublik Wien“braucht auch eine Hymne. Fürdie hatder MusikerHerwigZamernik aliasFuzzman gesorgt, am 17.Mai wird siegroßvorgestellt Von„LiebeundVersöhnung“,„allerMenschenGlück“und „Frieden“ handelt sieauch.
Es kann Entwarnung gegeben werden:Um„dasalberne Völkische“,wieFuzzmansagt,gehtesdabeinicht.Lasse mandas weg, sei eine Hymneetwas Schönes, und Singen stärke dieGemeinschaft. Stattstaatstragend klingt dieKompositionauchmehrnachGitarream Lagerfeuer undDDR-Protestliedgut. DieAusrufung der„Freien Republik Wien“ist die(vonFuzzman kuratierte)Eröffnung derFestwochen.Neben Musikern gestaltensie auch Aktivistinnen. (wurm) Rathausplatz, 17.5., 21.20, Eintritt frei