ExplosiveMischung,hartserviert
In „DieRechnung“zeigtTim Etchells,was ein Volkstheater ist, undin„How Goes theWorld“lässt derbritische Starregisseur undGründer vonForced Entertainment seineabsurde Bühnenwelt antanzen.
Welttheater füralle: Dasist einvom avanciertenTheater so langeumschifftesVorhaben, dass diebreite Bevölkerunglängstindie flachenGewässer derkommerziellen Unterhaltungsbranchen abgedampftist.Schade, denn deröffentliche Kunstbetrieb gehört ja unsallen
Demtretendie Wiener Festwochen entgegen. Zusammen mitdem französischen Festival d’Avignonwirdjetzt dieneueReihe „Volksstück/ Pièce Commune“ umgesetzt
Undwer wärefür denAuftakt dieser Serie besser geeignet alsder BriteTim Etchells, Gründerder internationalvielgelobtenGruppe Forced Entertainment? Derheute 62-Jährige gehört wohl zu Europasweitestblickendenund uneitelstenGegenwartsregisseuren
Ganz so einfach istesnicht
Beim Festival d’Avignonwurde dieses ersteVolksstück–dasaufFranzösischL’Addition heißt–letztes Jahr mitden Schauspielern Bertrand Lescaund Nasi Voutsasentwickelt undgetestet. In Wien istesnun als DieRechnung mitFrank Genser undChristoph Schüchner in allen23Bezirkenzusehen.Die deutschsprachige Regiehat JohannaMitulla DieRechnung basiertauf einereinfachen StrukturmiteinemKellnerundseinemGast Indiesem„GrundelementderSlapstickkomödie“,erklärt TimEtchells, „wirdschnell klar, dassesumeinMachtverhältnisgeht“.Machtspiele seienfundamentale Elemente jeder menschlichen Beziehung. Hier gilt:„Werbedientwen?Wer hatdie Kontrolle?“
„Das entwickelt sich zu einemerbitterten, aberspielerischenKampfineinerAtmosphäre der Instabilität“, führtEtchellsaus.„Ich möchte herausfinden,wie dieses Verhältnis untergrabenund umgekehrtwerdenkann, wiewir damitspielen können.“ Im Mittelpunkt steht„derWunsch, dasPublikum auf
In TimEtchells’ Stück„DieRechnung“ –hier einBildaus Avignon– bleibenGast undKellner einandernichtsschuldig.
eine Reisemitzunehmen,die es sich niehätte vorstellen können,inFormvon Bildern, Ideen, Reaktionen oder Fragen,und ihm gleichzeitig zu zeigen,dasseswirklichSpaß macht,dieseReisesokomplexwiemöglichzu gestalten.“Etchellsmit seinem Sinn fürAbgründigkeitund Humorhat diekünstlerische
Freiheit in derTodeszelle
LailaSolimans Oper „Woman at PointZero“
ÜberBlumenwiesenlaufenund sichvomGrasandenFußsohlenkitzelnlassen. Sagenund tunkönnen, wasman will.Fühlt sich so dieFreiheitan?
Zu diesem GefühlfindetFatma ihreneigenen Zugang –inder Todeszelle.Missbrauch,Zwangsheirat, ProstitutionundGewaltprägtenihr Leben. JetzterwartetFatma die Hinrichtung,weilsieihrenZuhälter ermordet hat.
Davonberichtet sieauchder Dokumentarfilmerin Sama,die FatmasLebensgeschichteaufarbeiten
möchte.Aberkannman sich hinter Gitterstäben tatsächlichfreierfühlenals außerhalb?
DiefeministischeOperWomanat PointZero istvom gleichnamigen RomanderägyptischenAutorinNawalElSaadawi inspiriert RegisseurinLaila Soliman bündelt darinmultimedialeElemente mitwestlichenund östlichenMusiktraditionensowieenglisch-arabischemGesanginder Komposition vonBushraEl-Turk.Die musikalische Leitunghat KanakoAbe.(pk) Jugendstiltheater, 22.+ 23.Mai,20.00
Fähigkeit, zeitgenössisches Denken fürein breitesPublikum aufzubereiten.
In ihrer Reihe„Histoire(s)duThéâtre“, die Neo-IntendantMiloRauvonseinemfrüheren Jobals Leiter desNTGentmitgebracht hat, stellendie Festwochen noch eine weitereEtchells-Arbeit vor: HowGoesthe World isteine
The Master’sTools istein Theaterstückder NewYorkerAutorin Zora Howard über dieSklavin Tituba, einesder ersten Opferder Hexenprozesse von Salem1692: Tituba erobert sich die Deutungsmacht überihreGeschichte zurück Nestroyhof Hamakom, 27.–29.5., 19.00; 30.5 18.00+ 21.00
Zora Howard: einheutiger Blickauf Hexenvon 1692. Foto:Wiener Festwochen
spezial Festwochen isteineentgeltliche Einschaltungin Form einer Kooperation mitder WienerFestwochenGesmbH. Die redaktionelle Verantwortung liegtbeim Standard
so absurdewie komische Abfolgevon Auftritten undAbgängeninReflexion jenervierJahrzehnte Theaterarbeit,inderTimEtchellsundForcedEntertainmentetlicheMaßstäbegesetzt haben. DieRechnung,verschiedeneSpielorte,19. 5. –23. 6. HowGoesthe World,MQHalle G, 9.–12. 6.,20.30 p www.festwochen.at/die-rechnung
„Parallax“: SpannungendreierGenerationen auf engstemRaum.
Siekämpfenmit Identitäten
Uraufführungvon Kornél Mundruczós „Parallax“
Die Perspektivezählt, wie schonderHausverstandsagt UnddasPhänomen,dasssich je nach Position derBeobachterin (scheinbar)auchdiePositiondesbeobachteten Objektsverändert,lässt sich miteinem physikalischen Begriffbeschreiben:als Parallaxe Vonhierist es kein allzu weiter Wegzur Versuchsanordnungim neuesten Stück Parallax desungarischenRegisseursKornélMundruczó undseinemProtonTheatre DalebendreiGenerationeninBudapest aufengstem Raum zusam-
men. Alle Beteiligtenhaben auf unterschiedlichsteArtmitimTiefstenempfundenen, mitmarginalisiertenoderaberaufgezwungenen Identitätenzukämpfen WasfürdieGroßmutter,eineHolocaust-Überlebende, dieosteuropäisch-jüdischeIdentität ist, istfür denerwachsenenSohndiehomosexuelle,die in Ungarn zunehmend verfolgt undmarginalisiertwird. Auch hier kommtesimmer auf diePerspektive an.(hein) MQ HalleG, 27.–30. 5.,20.30; 31.5., 17.00