Bozen, Innsbruck - 2004/4
HERAUSFORDERUNGEN FÜR KMU IN TIROL UND SÜDTIROL Empirische Analyse und wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen Jahr 2004
Poste Italiane AG - Versand im P.A. - Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 353/2003 (umgew. in das Gesetz Nr. 46 vom 27.02.2004), Art. 1, Absatz 1, DCB Bozen Beilage zum Mitteilungsblatt „Für die Wirtschaft“ Nr. 2/2004 Internet: www.handelskammer.bz.it/wifo E-mail: wifo@hk-cciaa.bz.it
Koordination und Projektleitung Norbert Beyer, Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Wirtschaftskammer Tirol Oswald Lechner, Leiter des WIFO Autoren Urban Perkmann, Oswald Lechner (WIFO) Delia Gramm, Gottfried Tappeiner (Institut für Wirtschaftstheorie der Universität Innsbruck) Norbert Beyer, Stefan Garbislander, Walter Hämmerle (Volkswirtschaftliche Abteilung der Wirtschaftskammer Tirol) Wissenschaftliche Beratung Gottfried Tappeiner Sachbearbeiterin Alberta Mahlknecht
Grafik: F&P/Bz; Druck: La Commerciale - Borgogno, Bz
Verantwortlicher Schriftleiter: Josef Rottensteiner Registriert beim Tribunal Bozen mit Dekret Nr. 3/82 Direktion und Verwaltung: Perathonerstraße 10, 39100 Bozen Veröffentlicht im Oktober 2004 Nachdruck und sonstige Verbreitung - auch auszugsweise nur unter Angabe der Quelle (Herausgeber und Titel) gestattet. Sämtliche Texte, Grafiken und Tabellen stehen auf Anfrage auf Datenträger zur Verfügung!
Für Erläuterungen und Informationen:
Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) Urban Perkmann I-39100 Bozen, Silbergasse 6 Tel. 0471 945718, Fax 0471 945712 E-mail: perkmann@hk-cciaa.bz.it
Volkswirtschaftliche Abteilung der WK Tirol Stefan Garbislander A-6020 Innsbruck, Meinhardstraße 14 Tel. 0590905-1228 E-mail: stefan.garbislander@wktirol.at
Herausgeber Handelskammer Bozen, Universität Innsbruck, Wirtschaftskammer Tirol
Gemeinsame Wirtschaftspolitik für KMU in Tirol und Südtirol! Im Jahre 2003 gründeten die Wirtschaftskammer Tirol, das Institut für Wirtschaftstheorie der Universität Innsbruck und die Handelskammer Bozen das „Netzwerk regionale Wirtschaftsforschung Tirol-Südtirol“. Primäre Zielsetzung dieses Netzwerkes ist die systematische Zusammenarbeit der genannten Institutionen im Bereich der regionalen Forschungs- und Prognosetätigkeit. Darüber hinaus versteht sich dieses Netzwerk vor allem als wesentliches Element einer gelebten Europaregion Tirol und möchte daher aktiv an der wirtschaftspolitischen Integration dieses Raumes mitwirken!
Benedikt Gramm Präsident der Handelskammer Bozen
Die vorliegende Studie bildet nun den Auftakt dieser Kooperation: Untersucht werden die Klein- und Mittelbetriebe, die das wirtschaftliche Rückgrat der beiden Länder sind. Damit möchten die beiden Kammern einen aktiven Beitrag zur wirtschaftlichen Zukunftsgestaltung vor allem für Tirol (Nord- und Osttirol) und Südtirol leisten. Die Studie zeigt, dass trotz der sehr unterschiedlichen wirtschaftsrechtlichen Systeme die Problemlagen und Herausforderungen für die Betriebe in beiden Ländern sehr ähnlich und in einigen Bereichen sogar deckungsgleich sind. Eine sehr wesentliche Schlussfolgerung ist deshalb, dass die Wirtschaftspolitik (und damit in weiterer Folge auch die Technologie-, Forschungs- und Bildungspolitik) der Länder noch stärker zusammenwachsen muss.
Dr. Hansjörg Jäger Präsident der Wirtschaftskammer Tirol
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol Empirische Analyse und wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen Kurzfassung Ziele und Gegenstand der Studie Klein- und Mittelunternehmen (KMU) sind das Rückgrat der Südtiroler und Tiroler Wirtschaft. Mit der vorliegenden Studie - ein gemeinsames Projekt des „Netzwerkes regionale Wirtschaftsforschung Tirol-Südtirol“ sollen folgende Fragen geklärt werden: Welche Probleme und Bedürfnisse haben die KMU? Welche wirtschaftspolitischen Hilfestellungen sind notwendig? Methodik Wesentliche Strukturinformationen zu den KMU lassen sich aus den Betriebsstättenzählungen gewinnen. Eine Analyse der wissenschaftlichen Literatur zum Thema KMU gibt den Rahmen und die Vorgaben für die empirische Erhebung, welche in Tirol von der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Wirtschaftskammer Tirol bei 391 Klein- und Mittelbetrieben und in Südtirol vom WIFO der Handelskammer Bozen bei 687 Südtiroler Betrieben durchgeführt wurde. In einer postalischen Erhebung wurden die KMU zu ihren Problembereichen und Wünschen befragt. Wichtigste Ergebnisse Durchschnittliche Betriebsgröße Anzahl der Beschäftigten je Betriebsstätte* - 2001 8 7 6 5 4 3 2
7,4 4,1
1 0 Südtirol
Bundesland Tirol
*ohne landwirtschaftliche Betriebe, inkl. öffentlicher und Nonprofit-Sektor Quelle: ISTAT/ASTAT, Statistik Österreich, Arbeits- und Betriebsstättenzählungen 2001
Gemeinsam ist der Südtiroler und Tiroler Wirtschaft die Dominanz der Kleinst(0 bis 9 Beschäftigte), Klein- (10 bis 49 Beschäftige) und Mittelbetriebe (50 bis 249 Beschäftigte) an der Gesamtzahl der Betriebe (über 99%), eine gleichmäßige Verteilung der Wirtschaftssektoren und durchwegs niedrige Arbeitslosenquoten. Allerdings liegt die durchschnittliche Betriebsgröße in Tirol mit 7,4 Beschäftigten je Betriebsstätte deutlich über jener von Südtirol (4,1).
Aus der wissenschaftlichen Literatur lässt sich keine generelle Überlegenheit von größeren Betrieben im Vergleich zu kleineren Unternehmen ableiten. • KMU schaffen mehr Arbeitsplätze als größere Betriebe, auch im Zuge von Neugründungen. Viele Arbeitsplätze gehen allerdings durch (zum Teil unnötige) Betriebsschließungen wieder verloren. • KMU können keine positiven Skalenerträge in der Produktion wie große Unternehmen erzielen. Auf der anderen Seite erhöhen sie die Produktionseffizienz durch ihre flexible Struktur. • Misst man den Innovationsgrad am Ausmaß der Grundlagenforschung (Einsatz für F&E, Anzahl der Patente) haben die großen Betriebe eindeutig die Nase vorn. Bei der Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen sind die kleinen Firmen jedoch den großen mindestens ebenbürtig.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Südtirol: Problembereiche für die Unternehmen Anteil der Unternehmen, die den Aspekt „sehr problematisch“ beurteilen, in Prozent 59,4%
zu hohe Abgabenbelastung
41,1%
zu hohe administrative Belastungen
33,1%
wir finden nicht genügend Personal
24,3%
nicht genügend Gewinn
23,0%
zu hohe Zins- und Tilgungsbelastung
20,7%
die Firma ist zu sehr vom Inhaber als Person abhängig
19,8%
zu wenig lukrative Aufträge / zu wenig Nachfrage
15,1%
zu wenig Eigenkapital
9,0%
schwerer Zugang zu neuen Finanzierungen
4,0%
zu schnelles Unternehmenswachstum
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Bundesland Tirol: Problembereiche für die Unternehmen Anteil der Unternehmen, die den Aspekt „sehr problematisch“ beurteilen, in Prozent zu hohe Abgabenbelastung
71,4%
nicht genügend Gewinn
41,4% 38,9% 35,3% 28,4% 22,5% 20,5% 17,9% 11,3%
zu hohe administrative Belastungen wir finden nicht genügend Personal zu wenig Eigenkapital die Firma ist zu sehr vom Inhaber als Person abhängig zu hohe Zins- und Tilgungsbelastung zu wenig lukrative Aufträge / zu wenig Nachfrage schwerer Zugang zu neuen Finanzierungen
Der Großteil der KMU in Südtirol und Tirol beurteilt die Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwar als „stabil“, dennoch machen sich einige Problembereiche bemerkbar. Als größte Schwierigkeiten empfinden die Tiroler und Südtiroler Betriebe in gleichem Maße die hohe Abgabenbelastung, die starke Belastung durch die Bürokratie und die mangelnde Verfügbarkeit an ausreichend qualifiziertem Personal. Dies sind auch die Bereiche, wo die meisten Verbesserungswünsche an die Wirtschaftspolitik gerichtet sind. Andere Problembereiche sind weniger akut, allerdings gibt es Unterschiede innerhalb der KMU. Beispielsweise kämpfen Kleinstunternehmen häufiger als größere Betriebe mit finanziellen Schwierigkeiten und dem Zugang zu neuen Finanzierungen.
2,0% 7,7%
zu schnelles Unternehmenswachstum es gibt für uns keine ausgeprägten Problembereiche
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, eigene Erhebungen
„Setzen Sie für Ihr Unternehmen folgende Instrumentarien ein, bzw. planen Sie deren Anwendung?“ Anteil in Prozent 69,5%
schriftlich formulierte Strategie
60,1%
Bundesland Tirol Südtirol
66,4%
Controlling
69,8% 59,8% 58,4%
Kooperationen
75,4%
bewusstes Marketing 0%
76,1%
20%
40%
60%
80%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Viele KMU (größere allerdings wieder stärker als kleine) sind von der Wichtigkeit einer strategischen Unternehmensführung, betrieblichen Controllings und Kooperation überzeugt.
Südtirol: „Welche Initiativen müssen für die Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit von Seiten der Unternehmen ergriffen werden?“ Mehrfachantworten, Anteil in Prozent Innovation und Verbesserungen der Produktqualität
29,4%
bessere Vermarktung und Intensivierung des Kundenkontaktes
18,7%
Kosteneinsparung durch Optimierung der betrieblichen Organisation und Prozesse besseres Personalmanagement (Ausund Weiterbildung,...) Verstärkung der Kooperationen in vielen Bereichen Exportmärkte außerhalb des Landes erschließen Sonstiges
Für die Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit schlagen die KMU vor allem eine (zusätzliche) Verstärkung der Anstrengungen im Bereich „Innovation und Produktverbesserung“ vor.
18,7% 15,6% 9,2% 3,2% 5,2% 0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Schlussfolgerungen Kleinere Betriebe müssen vor allem folgende Strategien heranziehen, um größenbedingte Nachteile zu umgehen: • Durch Kooperation mit anderen Unternehmen im Bereich F&E und Produktion und durch den Kontakt zu anderen Forschungsstellen (Technologietransfer,..) könnte die Innovationsfähigkeit und damit Produktivität verbessert werden. • Durch eine verstärkte Sensibilisierung für eine frühzeitige Planung der Betriebsnachfolge ließen sich unnötige Betriebsschließungen und damit Arbeitsplatzverluste vermeiden. Wo notwendig, sollten auch Fusionen unterstützend begleitet werden. • Durch einen verstärkten Einsatz von Controllinginstrumenten und mehr Initiativen im Bereich des Risikokapitals (auch durch Beteiligung der öffentlichen Hand) könnten die Finanzierungsprobleme von KMU (auch im Hinblick auf Basel 2) erleichtert werden. Wo notwendig, sollten die Firmen unterstützend begleitet werden. • Durch neue Konzepte im Bereich E-Government und eine größere Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik ließe sich die bürokratische Belastung für Unternehmen mildern. • Zumindest ab einer bestimmten Betriebsgröße braucht es systematische Anstrengungen, um auch Geschäfte über den Grenzen Südtirols hinaus zu akquirieren. • Durch eine bessere Kommunikation und Transparenz der Fördermöglichkeiten könnten die Unternehmen besser von der Wirtschaftsförderung profitieren. Besonderes Augenmerk ist auf die Kleinstbetriebe zu legen, da diese eine enorme wirtschaftliche Stabilität gewährleisten: Sie können aber gewisse Leistungen nicht intern erbringen, etwa im Bereich Controlling. Deshalb ist es wichtig, dass hier die Möglichkeit besteht, dass die kleinsten Unternehmen Standardleistungen von außen günstig einkaufen können.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Inhaltsverzeichnis
1. Ziele und Aufbau der Studie ............................................................. 11 2. Definition von KMU ..............................................................................11 3. Wirtschaftliche Eckdaten von Südtirol und Tirol .......................12 3.1 Die Betriebe: Anzahl und Größe ............................................................12 3.2 Wirtschaftsleistung (BIP) und Arbeitsmarkt ...........................................14 3.3 Wirtschaftsrechtliche Rahmenbedingungen: die Steuerbelastung .........18
4. KMU im Lichte der wissenschaftlichen Literatur und die Folgerungen für die Wirtschaftspolitik .........................19 4.1 KMU und Beschäftigung .......................................................................20 4.2 KMU und Produktivität ..........................................................................22 4.3 KMU und Innovationen ..........................................................................24 4.4 Die wesentlichen Vorgaben für die empirische Analyse ........................27
5. Ergebnisse der empirischen Erhebung ........................................28 5.1 Methodik ...............................................................................................28 5.2 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen für KMU: eine Einschätzung durch die Betriebe ...................................................28 5.3 Spezifische Problembereiche für KMU ..................................................30 5.4 Leistungen und Aufgaben der Unternehmen .........................................33 5.5 Leistungen und Aufgaben der Wirtschaftspolitik ....................................35
6. Zusammenschau und Schlussfolgerungen .................................38
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 1
1. Ziele und Aufbau der Studie Die Wirtschaft von Südtirol und Tirol ist geprägt von den kleinen und mittleren Unternehmen. Im Jahre 2003 hat die Volkswirtschaftliche Abteilung der Wirtschaftskammer Tirol in Zusammenarbeit mit Professor Richard Hammer der Universität Salzburg bereits die regionalpolitische Studie „Initiativen für eine moderne KMU-Politik in Tirol“ veröffentlicht. Ziel war es, die wirtschaftlichen Probleme und Bedürfnisse der Klein- und Mittelbetriebe zu erheben. Aufgrund des gemeinsamen Projektes hat das WIFO (Wirtschaftsforschungsinstitut) der Handelskammer Bozen eine entsprechende, ähnliche Erhebung in Südtirol durchgeführt, um so konkrete Maßnahmen für die Wirtschaftspolitik der beiden Länder vorzuschlagen. Die Ergebnisse der beiden Erhebungen werden in der vorliegenden Studie zusammengefasst und verglichen.
Zentrale Frage der Studie: Welche Wirtschaftspolitik braucht es für die KMU in Südtirol und Tirol?
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in die folgenden Teile: • Zunächst wird eine definitorische Abgrenzung des Begriffes KMU versucht und ein Überblick über die Behandlung dieses Themas in der Wirtschaftswissenschaft gegeben. • Um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur von Südtirol und Tirol herauszuarbeiten, werden wesentliche Wirtschaftseckdaten dieser beiden Gebiete vorgestellt. • Die Ergebnisse der empirischen Erhebung bei über 1.000 Klein- und Mittelbetrieben in Tirol und Südtirol bilden das Kernstück dieser Studie. • Abschließend folgen die Schlussfolgerungen für eine effiziente KMU-orientierte Wirtschaftspolitik nördlich und südlich des Brenners.
2. Definition von KMU Mit einer einheitlichen Begriffsbestimmung soll klar werden, an wen sich eine KMU-orientierte Wirtschaftspolitik überhaupt richten soll. Auf europäischer Ebene verfolgt die Europäische Kommission beispielsweise folgende wirtschaftspolitische Ziele für Klein- und Mittelbetriebe (Europäische Kommission, 1996). • Den Zugang zu Risikokapital zu erleichtern, • die unternehmerische Initiative, Investitionen und Wachstum zu fördern, • den Verwaltungsaufwand zur Erlangung einer Unterstützung zu senken und • die Rechtssicherheit zu stärken.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 2
Wichtigstes Kriterium für die Definition der KMU: Anzahl der Beschäftigten
Für die Definition von KMU zieht die Europäische Kommission die folgenden vier Kriterien heran (Europäische Kommission, 2003a und b) • Anzahl der Beschäftigten • Umsatz • Bilanzsumme • Unabhängigkeit Davon ist die Anzahl der Beschäftigten das am leichtesten fassbare und aussagekräftigste Kriterium. Demnach gelten alle Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern als Kleinstunternehmen, mit 10 bis unter 50 Mitarbeitern als kleine Unternehmen und mit 50 bis 249 Mitarbeitern als mittlere Unternehmen. Die Kriterien Umsatz, Bilanzsumme und Unabhängigkeit ergänzen die Definition der Europäischen Kommission.1 Die alleinige Verwendung der Variable Umsatz würde die Realität „falsch“ widerspiegeln: In Handelsbetrieben ist der Umsatz je Beschäftigten naturgemäß höher als in anderen Sektoren, weshalb zusätzlich die Bilanzsumme als Abgrenzungswert herangezogen wird. Damit ein Unternehmen laut dieser Definition zu den KMU gezählt werden kann, muss es zusätzlich ein weiteres Kriterium einhalten: die Unabhängigkeit. Ein Unternehmen gilt dann als unabhängiges bzw. autonomes Unternehmen, wenn nicht mehr als 25% des Kapitals oder der Stimmanteile direkt von einem anderen Unternehmen gehalten werden.
Tabelle 1 Definition von mittleren, kleinen und Kleinstunternehmen Unternehmensklasse Mittlere Unternehmen Kleine Unternehmen Kleinstunternehmen
Beschäftigte < 250 < 50 < 10
Umsatz
Kriterien oder Bilanzsumme
Unabhängigkeit Anteil des von anderen Unternehmen gehaltenen Kapitals oder der Stimmanteile < 25%
Quelle: Europäische Kommission, Definition gültig ab 1. Januar 2005
3. Wirtschaftliche Eckdaten von Südtirol und Tirol 3.1 Die Betriebe: Anzahl und Größe In Südtirol gibt es deutlich mehr Betriebe (50.775) als in Tirol (39.792, jeweils ohne Landwirtschaft). Als „Betrieb“ definieren wir dabei eine einzelne Arbeits- bzw. Betriebsstätte, wobei ein Unternehmen mehrere Betriebe (sprich Betriebs- bzw. Arbeitsstätten) umfassen kann. Bezogen auf die Bevölkerung ergibt sich aufgrund der niedrigeren Einwohnerzahl in Südtirol eine doppelt so hohe Betriebsdichte im Vergleich zu Tirol. Das Bundesland Tirol mag zwar verhältnismäßig weniger Betriebe haben, dafür ist die durchschnittliche Betriebsgröße (Beschäftigte je Betrieb) deutlich höher als in Südtirol.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 3
Grafik 1
Betriebsdichte Anzahl der Betriebsstätten je 1.000 Einwohner* - 2001 120 100 80
108,5
60 40
58,8
20 0
Südtirol
Bundesland Tirol
*ohne landwirtschaftliche Betriebe, inkl. öffentlicher und Nonprofit-Sektor Quelle: ISTAT/ASTAT, Statistik Österreich, Arbeits- und Betriebsstättenzählungen 2001
Grafik 2
Durchschnittliche Betriebsgröße Anzahl der Beschäftigten je Betriebsstätte* - 2001 8 7 6 5 4 3 2
7,4 4,1
1 0 Südtirol
Bundesland Tirol
*ohne landwirtschaftliche Betriebe, inkl. öffentlicher und Nonprofit-Sektor Quelle: ISTAT/ASTAT, Statistik Österreich, Arbeits- und Betriebsstättenzählungen 2001
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Kapitel 3
Wie hoch ist nun der Anteil der KMU an den gesamten Betrieben in den beiden Ländern, und wie verteilen sich die KMU-Betriebe auf die verschiedenen Größenklassen?2 Es überrascht, wie stark die KMU in Tirol und Südtirol in fast allen Sektoren dominieren (siehe Tabelle 2). Nur selten überschreitet der Anteil der Großbetriebe den Anteil von 2%, wie z.B. im Sektor Chemie und Kunststoff oder im Maschinen- und Fahrzeugbau. Und auch innerhalb der KMU sind die meisten Betriebe als Kleinstbetriebe (0 bis 9 Beschäftigte) bzw. Kleinbetriebe (10 bis 49 Beschäftigte) und nur selten als Mittelbetriebe (50 bis 249 Beschäftigte) einzustufen. Allerdings sind die Kleinstbetriebe in Südtirol stärker als in Tirol vertreten, was sich in der durchschnittlichen Betriebsgröße entsprechend niederschlägt. Mit wenigen Ausnahmen (z.B. die Sektoren Nahrungsmittel und Maschinen/Fahrzeugbau) liegt die durchschnittliche Betriebsgröße in Tirol in durchwegs allen Sektoren über den Südtiroler Werten, besonders deutlich im Bereich des produzierenden Gewerbes. In vielen Dienstleistungsbereichen fallen die Unterschiede dagegen wesentlich geringer aus. Die kleinere Betriebsstruktur Südtirols lässt erwarten, dass die Probleme in den Bereichen Kapitalbeschaffung, fehlende Größenersparnisse, Probleme in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation sowie Auflassung von Betrieben noch akuter sind. Und wenn, können diese durch die Vorteile wie größere Flexibilität oder bessere Standortfaktoren ausgeglichen werden?
3.2 Wirtschaftsleistung (BIP) und Arbeitsmarkt Südtirol und Tirol sind Gebiete mit einer hohen Wirtschaftskraft: Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner liegt für Südtirol sogar deutlich über dem Durchschnitt Italiens, jenes von Tirol im österreichischen Durchschnitt und damit auch deutlich über den EU-15-Durchschnitt.3 Im direkten Vergleich erreicht Südtirol einen höheren wirtschaftlichen Wohlstand (BIP je Einwohner) als Tirol. Aber, wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit geht, interessiert in erster Linie die Produktivität. Dies bedeutet, dass die Wirtschaftsleistung eines Landes nicht auf die Einwohner, sondern auf die Beschäftigten umgelegt werden muss. Tatsächlich ist es so, dass Südtirols Wirtschaft bezüglich der Produktivität (Wertschöpfung je Beschäftigten) nur mehr geringfügig besser ausfällt.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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*ohne landwirtschaftliche Betriebe, inkl. öffentlicher und Nonprofit-Sektor Quelle: ISTAT/ASTAT, Statistik Österreich, Arbeits- und Betriebsstättenzählungen 2001
Anzahl Abschnitt / Unterabschnitt nach NACE REV.1 bis 9 10 bis 49 C Bergbau und Gewinnung von Steinen u. Erden 42 21 DA Nahrungs- und Genussmittel 439 97 Textilwaren und Bekleidung 167 21 DB+DC DD Holzverarbeitung 468 51 DE Papier und Verlagswesen 138 43 DF+FG+DH Chemie und Kunststoff 63 20 DI Verarbeitung von nichtmetallischen Mineralien (Glas,..) 162 32 DJ Metallverarbeitung 294 87 DL Elektromaterial und Präzisionsgeräte 145 24 DK+DM Maschinen- und Fahrzeugbau 157 65 DN Sonstiges verarbeitendes Gewerbe 526 86 E Energie- und Wasserversorgung 95 52 F Bauwesen 1.963 496 G Handel; Reparatur von Kfz u.Gebrauchsgütern 7.630 1.009 H Beherbergungs- und Gaststättenwesen 8.293 605 I Verkehr und Nachrichtenübermittlung 2.046 356 J Kredit- und Versicherungswesen 959 178 K Realitätenwesen, Unternehmensdienstleistungen 4.999 263 L Öffentl. Verwaltung, Sozialversicherung 390 281 M Unterrichtswesen 938 436 N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen 2.145 196 O Sonstige öffentliche und private Dienste 2.451 156 gesamt 34.510 4.575
Bundesland Tirol 50 bis 199 199+ 4 1 11 1 18 2 12 3 8 2 11 5 15 3 19 6 3 11 22 8 7 0 16 1 70 11 69 5 31 0 14 58 27 4 32 3 44 7 52 5 45 16 23 2 605 102
gesamt 68 548 208 534 191 99 212 406 183 252 619 164 2.540 8.713 8.929 2.474 1.168 5.297 722 1.431 2.402 2.632 39.792 davon KMU 67 547 206 531 189 94 209 400 180 244 619 163 2.529 8.708 8.929 2.460 1.164 5.294 715 1.426 2.386 2.630 39.690
davon KMU 59 463 198 1.707 240 88 184 624 284 251 380 215 5.356 10.338 9.645 1.966 971 7.335 417 1.140 2.085 6.776 50.722
bis 9 61,8% 80,1% 80,3% 87,6% 72,3% 63,6% 76,4% 72,4% 79,2% 62,3% 85,0% 57,9% 77,3% 87,6% 92,9% 82,7% 82,1% 94,4% 54,0% 65,5% 89,3% 93,1% 86,7%
bis 9 74,6% 75,9% 92,9% 91,6% 83,0% 63,3% 81,5% 84,4% 88,8% 73,2% 90,0% 88,0% 91,2% 94,0% 95,9% 89,8% 87,8% 97,5% 40,0% 62,2% 90,8% 98,7% 92,9%
Verteilung 10 bis 49 50 bis 199 199+ gesamt davon KMU 30,9% 5,9% 1,5% 100% 98,5% 17,7% 2,0% 0,2% 100% 99,8% 10,1% 8,7% 1,0% 100% 99,0% 9,6% 2,2% 0,6% 100% 99,4% 22,5% 4,2% 1,0% 100% 99,0% 20,2% 11,1% 5,1% 100% 94,9% 15,1% 7,1% 1,4% 100% 98,6% 21,4% 4,7% 1,5% 100% 98,5% 13,1% 6,0% 1,6% 100% 98,4% 25,8% 8,7% 3,2% 100% 96,8% 13,9% 1,1% 0,0% 100% 100,0% 31,7% 9,8% 0,6% 100% 99,4% 19,5% 2,8% 0,4% 100% 99,6% 11,6% 0,8% 0,1% 100% 99,9% 6,8% 0,3% 0,0% 100% 100,0% 14,4% 2,3% 0,6% 100% 99,4% 15,2% 2,3% 0,3% 100% 99,7% 5,0% 0,6% 0,1% 100% 99,9% 38,9% 6,1% 1,0% 100% 99,0% 30,5% 3,6% 0,3% 100% 99,7% 8,2% 1,9% 0,7% 100% 99,3% 5,9% 0,9% 0,1% 100% 99,9% 11,5% 1,5% 0,3% 100% 99,7%
10 bis 49 50 bis 199 199+ gesamt davon KMU 25,4% 0,0% 0,0% 100% 100,0% 20,7% 3,2% 0,2% 100% 99,8% 6,1% 1,0% 0,0% 100% 100,0% 7,7% 0,7% 0,0% 100% 100,0% 14,9% 1,7% 0,4% 100% 99,6% 26,7% 7,8% 2,2% 100% 97,8% 16,3% 2,2% 0,0% 100% 100,0% 12,7% 1,9% 1,0% 100% 99,0% 9,4% 1,0% 0,7% 100% 99,3% 20,2% 4,3% 2,3% 100% 97,7% 9,2% 0,8% 0,0% 100% 100,0% 8,8% 2,8% 0,5% 100% 99,5% 8,3% 0,5% 0,0% 100% 100,0% 5,7% 0,3% 0,0% 100% 100,0% 4,0% 0,1% 0,0% 100% 100,0% 8,8% 1,1% 0,3% 100% 99,7% 10,7% 1,4% 0,1% 100% 99,9% 2,1% 0,3% 0,1% 100% 99,9% 48,9% 8,7% 2,3% 100% 97,7% 31,3% 6,4% 0,2% 100% 99,8% 7,5% 1,2% 0,4% 100% 99,6% 1,1% 0,1% 0,0% 100% 100,0% 6,3% 0,7% 0,1% 100% 99,9%
Verteilung
Betriebe nach Beschäftigtengrößengruppen und Sektoren* - 2001
Anzahl Abschnitt / Unterabschnitt nach NACE REV.1 bis 9 10 bis 49 50 bis 199 199+ gesamt C Bergbau und Gewinnung von Steinen u. Erden 44 15 0 0 59 DA Nahrungs- und Genussmittel 352 96 15 1 464 DB+DC Textilwaren und Bekleidung 184 12 2 0 198 DD Holzverarbeitung 1.563 132 12 0 1.707 DE Papier und Verlagswesen 200 36 4 1 241 DF+FG+DH Chemie und Kunststoff 57 24 7 2 90 DI Verarbeitung von nichtmetallischen Mineralien (Glas,..) 150 30 4 0 184 DJ Metallverarbeitung 532 80 12 6 630 DL Elektromaterial und Präzisionsgeräte 254 27 3 2 286 DK+DM Maschinen- und Fahrzeugbau 188 52 11 6 257 DN Sonstiges verarbeitendes Gewerbe 342 35 3 0 380 E Energie- und Wasserversorgung 190 19 6 1 216 F Bauwesen 4.884 443 29 0 5.356 G Handel; Reparatur von Kfz u.Gebrauchsgütern 9.720 585 33 2 10.340 H Beherbergungs- und Gaststättenwesen 9.249 387 9 1 9.646 I Verkehr und Nachrichtenübermittlung 1.770 174 22 5 1.971 J Kredit- und Versicherungswesen 853 104 14 1 972 K Realitätenwesen, Unternehmensdienstleistungen 7.159 153 23 4 7.339 L Öffentl. Verwaltung, Sozialversicherung 171 209 37 10 427 M Unterrichtswesen 710 357 73 2 1.142 N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen 1.901 158 26 8 2.093 O Sonstige öffentliche und private Dienste 6.692 75 9 1 6.777 gesamt 47.165 3.203 354 53 50.775
Südtirol
Tabelle 2
Beschäftigte
Beschäftigte gesamt je Betrieb 1.059 15,6 5.357 9,8 2.954 14,2 4.889 9,2 2.664 13,9 4.883 49,3 8.791 41,5 7.294 18,0 3.851 21,0 7.414 29,4 4.162 6,7 3.056 18,6 26.542 10,4 49.165 5,6 37.662 4,2 23.583 9,5 9.950 8,5 20.623 3,9 14.860 20,6 18.814 13,1 26.108 10,9 11.709 4,4 295.390 7,4
gesamt je Betrieb 496 8,4 5.101 11,0 714 3,6 6.935 4,1 1.955 8,1 1.882 21,4 1.408 7,7 6.611 10,6 1.861 6,6 7.428 29,6 1.630 4,3 1.572 7,3 21.158 4,0 35.285 3,4 27.242 2,8 11.021 5,6 5.857 6,0 18.093 2,5 11.638 27,9 16.144 14,2 15.057 7,2 7.155 1,1 206.243 4,1
Kapitel 3
Kapitel 3
Grafik 3
Bruttoinlandsprodukt je Einwohner - 2001 Tausend Kaufkraftstandardeinheiten (KKS) 40 35
33,5
30
26,5
26,1
23,4
25
23,4
20 15 10 5 0
Südtirol
Italien
Tirol
Österreich
EU-15
Quelle: Presseaussendung von Eurostat 21/2004 vom 18. Feb. 2004
Grafik 4
Bruttoinlandsprodukt je Beschäftigten - 2001 Tausend Kaufkraftstandardeinheiten (KKS) 70 60
59,3
56,8
56,6 52,5
50 40 30 20 10 0
Südtirol
Italien
Tirol
Österreich
Quelle: Eurostat, BAK Basel Economics – IBC Database 2003, Statistik Österreich, WK Tirol
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 3
Erstaunlicherweise tragen viele Wirtschaftssektoren in den beiden Gebieten mit einem ähnlichen Ausmaß zur gesamten Wertschöpfung bei, wie z.B. das Gastgewerbe. Wenige Ausnahmen sind die Landwirtschaft und der Handel, welche in Südtirol stärker vertreten sind als in Tirol. Auf der anderen Seite sind die Bereiche „Chemie und Kunststoff“, „Verarbeitung nichtmetallischer Mineralien (Glas...)“ sowie „Verkehr und Nachrichtenübermittlung“ in Tirol verhältnismäßig stärker präsent als in Südtirol.
Sehr ähnliche Wirtschaftsstruktur in Südtirol und Tirol
Tabelle 3 Branchenbeiträge zur Bruttowertschöpfung in % - 2001 Abschnitt / Unterabschnitt nach NACE REV.1
A C DA DB+DC DD DE DF+FG+DH DI DJ DL DK+DM DN E F G H I J K L M N O
Südtirol
Landwirtschaft Bergbau und Gewinnung von Steinen u. Erden Nahrungs- und Genussmittel Textilwaren und Bekleidung Holzverarbeitung Papier und Verlagswesen Chemie und Kunststoff Verarbeitung von nichtmetallischen Mineralien (Glas,..) Metallverarbeitung Elektromaterial und Präzisionsgeräte Maschinen- und Fahrzeugbau Sonstiges verarbeitendes Gewerbe Energie- und Wasserversorgung Bauwesen Handel; Reparatur von Kfz u.Gebrauchsgütern Beherbergungs- und Gaststättenwesen Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kredit- und Versicherungswesen Realitätenwesen, Unternehmensdienstleistungen Öffentl. Verwaltung, Sozialversicherung Unterrichtswesen Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen Sonstige öffentliche und private Dienste gesamt
3,4% 0,2% 1,9% 0,4% 2,0% 1,2% 0,8% 0,9% 1,9% 0,5% 2,4% 0,7% 1,5% 10,3% 14,0% 12,7% 6,3% 5,6% 13,7% 6,3% 5,5% 4,5% 3,3% 100,0%
Bundesland Tirol
1,5% 0,2% 1,6% 0,4% 1,4% 0,7% 2,1% 2,7% 3,1% 1,0% 3,1% 2,4% 1,0% 7,7% 10,4% 12,0% 9,3% 5,7% 14,6% 4,6% 5,3% 5,9% 3,3% 100,0%
Quelle: BAK Basel Economics - IBC Database 2003, Statistik Österreich, WK Tirol
Ein herausragendes Kennzeichen der beiden untersuchten Wirtschaftsregionen sind die niedrigen Arbeitslosenquoten. Für die Betriebe in diesen Gebieten stellt sich damit aber auch das Problem eines so gut wie leergefegten Arbeitsmarktes.
„Leergefegter“ Arbeitsmarkt in den beiden Gebieten
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 3
Grafik 5
Arbeitslosenraten (%) Entwicklung von 1993 bis 2003* 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0
Bundesland Tirol
3
4
5
6
7
8
9
0
1
2
3
19 9
19 9
19 9
19 9
19 9
19 9
19 9
20 0
20 0
20 0
20 0
Südtirol
* für Tirol liegt keine vollständige Datenreihe nach EU-Kriterien vor Quelle: ASTAT, Statistik Österreich, Jahresdurchschnittswerte Mikrozensus
3.3 Wirtschaftsrechtliche Rahmenbedingungen: die Steuerbelastung Ein zusammenfassender Indikator zur Steuerbelastung in einem Land ist der Anteil der Steuern am BIP. Es fällt auf, dass dieser Anteil im Zeitraum 1995 bis 2002 in Österreich fast immer um einige Prozentpunkte höher ist als in Italien. Bis 1997 gab es in beiden Ländern eine ähnlich starke Zunahme, um die WWU-Konvergenzkriterien zu erfüllen (durch eine Verringerung des Budget-Defizites). Danach gab es eine unterschiedliche Entwicklung in beiden Ländern. Während sich die Steuerbelastung in Italien von 44,7% im Jahr 1997 auf nunmehr 41,7% verringerte, blieb der Anteil in Österreich hoch (1997: 44,5% und 2002: 44,4%), und erreichte im Jahr 2001 sogar einen Spitzenwert von 45,3%.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 4
Grafik 6
Anteil der Steuern und Sozialabgaben am BIP (%) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0
Österreich
5
6
7
8
9
0
1
2
1 99
1 99
1 99
1 99
1 99
2 00
2 00
2 00
Italien
Quelle: Eurostat
4. KMU im Lichte der wissenschaftlichen Literatur und die Folgerungen für die Wirtschaftspolitik In diesem Kapitel wird ein kurzer Überblick darüber gegeben, wie die wissenschaftliche Literatur an das Thema kleine und mittlere Unternehmen herangeht, welche Inhalte aufgegriffen werden und wo die Schwerpunkte in den Studien gesetzt werden. Grob gegliedert kann man von drei Bereichen sprechen, auf die sich das Interesse der Wissenschaft konzentriert: 1. der Beitrag der KMU zur Beschäftigung, 2. die Frage nach der Produktivität der kleinen und mittleren Unternehmen und 3. die Innovativität der KMU. In einer Wirtschaft, die sich dadurch auszeichnet, dass der größte Anteil der Unternehmen den KMU angehört, dienen Studien über die angeführten Themenbereiche als wichtige Information über die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Somit bieten sie der Politik eine Entscheidungsgrundlage in wirtschaftlichen Belangen und können wichtige Hinweise auf die Angemessenheit bestimmter Maßnahmen beinhalten. Die drei eben angesprochenen Themen werden hier kurz aufgegriffen und diskutiert.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 4
4.1 KMU und Beschäftigung Beschäftigung ist in jeder Volkswirtschaft eines der wichtigen und brisanten Themen, da damit nicht nur rein wirtschaftliche, sondern in hohem Maße auch soziale Belange angesprochen werden. In diesem ersten Abschnitt geht es darum, herauszufinden, welchen Beitrag kleine und mittlere Unternehmen zur Beschäftigungssituation leisten. Um die Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt zu analysieren, werden zumeist drei Maße verwendet: die Schaffung von Arbeitsplätzen, der Abbau von Arbeitsplätzen und der Turnover oder die Reallokation von Arbeit als Summe der beiden vorherigen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen werden an dieser Stelle aufgeführt und kurz erläutert. Schaffung und Abbau von Arbeitsplätzen Die Raten der Arbeitsplatzschaffung sind in kleinen Unternehmen erheblich höher als in großen. Ökonomische Erklärungen dafür wurden ausgiebig diskutiert, wobei verschiedene Argumente zur Erklärung herangezogen wurden (Broersma und Gautier, Seite 221): Zum einen sind Neugründungen ein bedeutender Faktor bei der Generierung von Arbeitsplätzen und da neu gegründete Unternehmen in der Regel klein sind, ergibt sich hier ein bedeutender Beitrag. Doch kleine Firmen tragen auch nach ihrer Gründung noch erheblich zur Schaffung von Arbeit bei. Kleine Unternehmen sind in der Regel wesentlich besser in der Lage, auf die sich verändernden Rahmenbedingungen zu reagieren und geraten dadurch weniger schnell in Bedrängnis als große Konzerne. Selbst in Rezessionen zögern kleine Unternehmen weniger beim Einstellen von neuen Mitarbeitern. Auf der anderen Seite werden von kleinen Unternehmen aber auch viele Arbeitsplätze abgebaut. Dies geschieht einerseits durch die Schließung von Unternehmen, andererseits ergibt sich ein Abbau auch aus Entlassungen, zum Beispiel aufgrund von Einsparungsmaßnahmen oder ähnlichem. Da kleine Unternehmen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit aus dem Markt austreten, ist der Abbau von Arbeitsplätzen relativ hoch. Die Gründe für die höhere Wahrscheinlichkeit eines Marktaustrittes sind mannigfaltig und gehen von mangelhaften Führungsqualitäten und unzureichender Vorbereitung der Unternehmer über begrenzte Information bezüglich Innovationen und Technologie bis hin zu schlechteren Ausgangsbedingungen am Kapitalmarkt. Ein zweiter Grund für den höheren Abbau von Arbeitsplätzen in kleinen Unternehmen ist deren Übernahme durch andere Unternehmen, was zu einer Löschung der Arbeitsplätze aus der Statistik führt.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 4
Werden beide Effekte einander gegenüber gestellt, so ergibt sich ein positiver Nettobeitrag der kleinen Unternehmen zur Beschäftigung, da mehr Arbeitsplätze geschaffen als abgebaut werden (Broersma und Gautier, Seite 212 und Seite 221). Zum Zwecke einer genaueren Untersuchung können die kleinen Unternehmen nach verschiedenen Kriterien weiter unterteilt werden. Stiglbauer et al. (Seite 129) weisen auf das Alter des Unternehmens als einen wichtigen Einflussfaktor insbesondere für die Schaffung von Arbeitsplätzen, aber auch - in geringerem Ausmaß - für deren Abbau, hin. Besonders junge Unternehmen haben die höchsten Raten von Generierung und Abbau von Beschäftigung, wobei die Raten mit zunehmendem Alter monoton abnehmen. Für Firmen, welche bis zu 3 Jahre alt sind, ist die Reallokation um mehr als 20 Prozentpunkte geringer als für ältere Firmen (Stiglbauer et al., Seite 145). Eine andere Unterteilung, welche von vielen Autoren vorgenommen wird, ist jene in neu gegründete und schon bestehende Unternehmen. Es konnte gezeigt werden, dass rund ein Drittel der Generierung von Arbeitsplätzen durch Neugründungen erfolgt. Zwei Drittel der Jobs werden im Rahmen von Vergrößerungen bereits bestehender Unternehmen geschaffen (Stiglbauer et al., Seite 137). Ähnliches gilt für die Zerstörung von Arbeitplätzen, die zu einem Drittel durch Schließungen von Unternehmen passiert, zu zwei Dritteln durch Verkleinerungen von Unternehmen. Job Turnover Der Job Turnover kleiner Unternehmen ist größer als jener von großen Unternehmen (Broersma und Gautier, Seite 214). In kleinen Unternehmen ist er relativ unabhängig von der Konjunktur, während er in großen Unternehmen in Perioden des Abschwunges höher ausfällt als während Aufschwüngen. Stiglbauer et al. (Seite 143ff) haben mittels mehrerer Regressionsanalysen festgestellt, dass Größe und Alter eines Unternehmens die bedeutendsten Einflussfaktoren auf die Schaffung, den Abbau und den Turnover von Arbeitsplätzen darstellen. Die Sektoren, in denen die Unternehmen tätig sind, sowie die Art des Umfeldes - urban oder rural - spielen demgegenüber eine geringere Rolle. Das Fazit aus all diesen Ergebnissen kann man folgendermaßen formulieren: Der Vorteil der Arbeitsplatz schaffenden Wirkung kleiner und mittlerer Unternehmen und ihr Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Stabilität der Arbeitsplätze muss mit einer größeren Varianz, also einer größeren Unsicherheit der individuellen Arbeitsplätze bezahlt werden (Aiginger und Tichy, Seite 97). Die Wahrscheinlichkeit, dass kleine Firmen aus der Wirtschaft ausscheiden, ist erheblich größer als bei großen Firmen, wenn sie allerdings überleben, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie expandieren erheblich größer.
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Kapitel 4
4.2 KMU und Produktivität Sind kleine Unternehmen produktiver als große oder gilt, wie man auf den ersten Blick vermuten würde, das Gegenteil4? Die Frage nach der Produktivität ist aus zwei Gründen von besonderem Interesse. Zunächst geht es darum, dass nur eine Wirtschaft mit produktiven Unternehmen auch wettbewerbsfähig ist. Außerdem übt die Produktivität auf das Entlohnungsniveau Einfluss aus: produktivere Unternehmen können höhere Löhne bezahlen und/oder diese als produktivitätssteigernden Anreiz einsetzen (Söderbom, Seite 1f). Die gesamte Faktorproduktivität setzt sich aus Arbeits- und Kapitalproduktivität zusammen. Vielfach wird bei Vergleichen des Produktionsniveaus aus Gründen der Datenverfügbarkeit lediglich auf die Arbeitsproduktivität zurückgegriffen, was allerdings den Nachteil einer teilweise verzerrten Sicht und der eingeschränkten Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Branchen mit sich bringt. Ein Punkt, der in Zusammenhang mit der Produktivität immer angesprochen wird, sind die Skalenerträge5. Die Theorie besagt, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe in der Lage sind, positive Skalenerträge zu erwirtschaften. Es gibt verschiedene Studien, welche einen Nachweis für die Existenz von Skalenerträgen versuchen. Einige Autoren (Miller, Brush) ziehen den Zusammenhang zwischen Arbeitsproduktivität und Firmengröße dazu heran, um positive Skalenerträge nachzuweisen. Eine in großen Unternehmen höhere Arbeitsproduktivität wird als Hinweis für das Vorliegen von positiven Skalenerträgen gedeutet. Andere Autoren, wie beispielsweise Gupta, versuchen die Beziehung zwischen Arbeitsproduktivität und Firmengröße - die Arbeitsproduktivitätskurve - zu schätzen. Beide Wege führen im Kern zur selben Antwort: Man kann davon ausgehen, dass es in Abhängigkeit von der Größe eines Unternehmens positive Skalenerträge gibt. In Zusammenhang mit den Skalenerträgen wurde die Kennzahl des MES (Minimum Efficient Scale) eingeführt, dem Output, welcher mindestens notwendig ist, um mit minimalen Durchschnittskosten zu arbeiten. Unternehmen, welche den MES nicht erreichen, werden als ineffizient und suboptimal bezeichnet (Audretsch, Seite 16). Der MES kann nicht nur zwischen unterschiedlichen Branchen, sondern auch im Verlauf der Zeit variieren (vgl. Dhawan, Seite 272).
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 4
Tatsächlich haben empirische Studien nachgewiesen, dass im sekundären Sektor eine mehr oder weniger umfangreiche Produktion notwendig ist, um dieses Outputniveau zu erreichen. Im sekundären Sektor können die meisten Unternehmen aufgrund ihrer geringen Betriebsgröße als suboptimal eingestuft werden. Audretsch fasst die Aussagen einer Reihe von Studien folgendermaßen zusammen: Durchschnittlich arbeiten im produzierenden Gewerbe von 100 Firmen nur 5 bis 10 im effizienten Bereich (Audretsch, Seite 17). Eine weitere empirisch gut abgesicherte Erkenntnis ist der für kleine Unternehmen schlechte Zugang zu Kapitalmärkten. Es gibt empirische Untersuchungen, welche herausgefunden haben, dass die Größe eine gute Proxy-Variable für den Zugang zu den Kapitalmärkten darstellt. Je kleiner die Unternehmen sind, desto eher stoßen sie an finanzielle Grenzen, da ihnen oft geringere Kredite bewilligt werden, als sie eigentlich benötigen würden, und da sie dafür höhere Zinsen als große Unternehmen bezahlen müssen. Dhawan zieht zur Erklärung dieser Ergebnisse die höhere Konkurswahrscheinlichkeit der kleinen Unternehmen heran (Dhawan, Seite 270). Sowohl der Nachweis, dass es positive Skalenerträge gibt, als auch die Tatsache, dass kleine Firmen einen schlechten Zugang zu Kapital haben, lässt den Schluss zu, dass kleine Unternehmen weniger produktiv sind als große. Andere Studien behaupten das Gegenteil und weisen eine höhere Produktivität für kleine Unternehmen nach. Dhawan (Seite 271) begründet diese Aussage damit, dass kleine Unternehmen aufgrund ihrer geringeren Marktmacht und weniger differenzierten Organisationsstruktur die Unsicherheiten des Marktes und die Nachteile auf dem Kapitalmarkt nur überleben können, wenn sie effizienter sind als die großen Unternehmen. Die höhere Produktivität der kleinen Unternehmen wird durch ihre Organisation begründet, welche durch eine flachere Hierarchie gekennzeichnet ist, was es dem Unternehmen erlaubt, auf sich ihm plötzlich bietende Möglichkeiten binnen kurzer Zeit zu reagieren. Diese erhöhte Flexibilität und verbesserte Steuerbarkeit trägt dazu bei, dass kleine Unternehmen besser auf Veränderungen in der Umwelt reagieren können. Große Unternehmen sind im Management zu schwerfällig, was zu Ineffizienzen führt, welche schwerer wiegen als die Vorteile der positiven Skalenerträge.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 4
Was bedeutet das für die Politik? Die ineffiziente Produktion von Unternehmen hat weit reichende Folgen: Sie setzt sich in einem geringeren Produktivitätsniveau, einer verminderten Wettbewerbsfähigkeit und in geringeren Löhnen fort. Gibt es in einer Wirtschaft einen Trend von produktiven Unternehmen hin zu weniger produktiven, so ist dies gleichbedeutend mit einem Verlust an gesellschaftlicher Wohlfahrt. Bei einer derartigen Verschiebung der wirtschaftlichen Tätigkeit wäre die Wirtschaftspolitik dazu aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, die diese Entwicklung rückgängig machen oder sie wenigstens eindämmen, um den unerwünschten Nebeneffekten einen Riegel vorzuschieben. Leider kann nicht a priori festgestellt werden, welche tatsächlich die produktiveren Unternehmen sind, da die positiven Skalenerträge und die Vorteile der Organisationsstruktur zwei einander entgegen gesetzte Effekte sind, deren Ausmaß einander gegenüber gestellt werden müsste. Hier wäre es die Aufgabe der Politik, zuerst entsprechende Studien über die Produktivitätsunterschiede in die Wege zu leiten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind unabdingbare Voraussetzungen für ein weiteres Handeln.
4.3 KMU und Innovationen Für die Wirtschaftspolitik ist es sehr wichtig zu wissen, welche Art von Unternehmen das Wachstum vorantreibt, welche besonders innovativ sind und welche den technischen Fortschritt vorantreiben. Die Schumpeter‘sche These besagt, dass große Unternehmen stärker innovieren als kleine und außerdem die bedeutenderen Innovationen hervorbringen. Für diese These gibt es mehrere Begründungen. Erstens ist die Gefahr eines völligen Misserfolges der Innovationstätigkeit in großen Unternehmen geringer, da mehrere Projekte parallel zueinander verfolgt werden können. Außerdem können große Unternehmen es sich leisten, eine ausreichende Anzahl an qualifizierten Wissenschaftlern und Technikern einzustellen, welche sich ausschließlich mit der Forschung beschäftigen und von täglichen Routinearbeiten entlastet werden können. Schlussendlich fällt es Großunternehmen leichter, durch Bankkredite finanzielle Mittel für Innovationsprojekte zu akquirieren. Innovationen können in der „Knowledge Production Function“ formalisiert werden, welche von Griliches vorgeschlagen wurde. Der bedeutendste Input in diese Funktion ist Wissen, welches zu einem großen Teil durch Forschung und Entwicklung generiert wird. Viele empirische Studien belegen den starken positiven Zusammenhang zwischen Wissens-Input und Innovations-Output (Audretsch, Seite 18).
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 4
Sowohl die Knowledge Production Function als auch die Schumpeter’sche Hypothese legen den Schluss nahe, dass innovative Aktivitäten vor allem von großen Firmen unternommen werden, da diese auch den dazu nötigen Zugang zu den wissensgenerierenden Inputs haben. Die Idee, dass große Unternehmen den technischen Fortschritt und die Innovationen vorantreiben, wird durch das Argument gestützt, dass relativ große Forschungs- und Entwicklungsabteilungen eingerichtet werden müssen. Forschungsausgaben stellen Fixkosten dar, daher muss ein bestimmtes Umsatzniveau erreicht werden, welches die hohen Investitionskosten wirtschaftlich zu rechtfertigen in der Lage ist. Kleine und mittlere Betriebe sind hier im Nachteil. Bei dem Versuch, diese Skalenerträge in der Forschung und Entwicklung nachzuweisen, erhält man unterschiedliche Ergebnisse. Diese kann man wie folgt zusammenfassen: In einzelnen Fällen kommt es zu Vorteilen der großen Unternehmen gegenüber den kleinen. Doch es werden ebenso empirische Befunde geliefert, die auf eine durch die Größe auftretende Ineffizienz hinweisen (Neubauer, Seite 476f). Auch was den Zusammenhang zwischen Diversifikation und Innovativität betrifft, der besagt, dass große diversifizierte Unternehmen mehr F&E betreiben, da die Erkenntnisse leichter zu vermarkten sind, findet man in der Literatur diametral verschiedene Resultate (Neubauer, Seite 480). Viele Autoren sind der Überzeugung, dass kleine Unternehmen als der Motor für innovative Tätigkeiten angesehen werden können. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, stellt sich die Frage, woher die kleinen Unternehmen die Inputs bekommen, welche die Innovationen generieren (Audretsch, Seite 17f). Eine mögliche Antwort auf diese Frage könnten Spin-offs sein: Wenn Mitarbeiter eines Unternehmens eine Geschäftsidee haben oder Innovationen hervorbringen, können sie entweder versuchen, diese an ihr Unternehmen zu verkaufen, oder ein eigenes Unternehmen gründen, um so aus der Innovation Gewinne zu erzielen. Eine andere Erklärung, woher die innovationsgenerierenden Inputs für kleine Unternehmen kommen, sind Spillover Effekte, die es für ein Unternehmen nicht länger notwendig machen, dass die Forschung und Entwicklung innerhalb des Unternehmens stattfindet. Die räumliche Nähe zu jeglicher Art von Forschungsstätten kann die mangelnden internen Anstrengungen durch den Zukauf von hoch spezialisierten technischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Dienstleistungen ersetzen (Audretsch, Seite 28 und Neubauer Seite 473)6. Nelson stellte die These auf, dass wissenschaftliches und technisches Grundwissen die Kosten von Forschung und Entwicklung senkt. Der Grund hierfür liegt in der steigenden Wahrscheinlichkeit einen zielführenden Weg zu beschreiten, wenn das Grundlagenwissen zunimmt, wodurch das Risiko von
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Kapitel 4
Neuerungen reduziert wird. Da umfangreiche Grundlagenforschung in erster Linie von Großunternehmen und von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen betrieben wird, vermutet man einen Nachteil der kleinen Unternehmen. In manchen Bereichen kann dieser allerdings durch Spillover Effekte ausgeglichen werden (Neubauer, Seite 478f). Leider sind die Ergebnisse was das Thema Innovationen betrifft alles andere als eindeutig. Ein Grund für die Widersprüchlichkeit liegt darin, dass unterschiedliche Methoden zur Messung von Innovationen verwendet werden. Die Messung der Innovationstätigkeit eines Unternehmens kann wahlweise anhand von drei Kriterien erfolgen (Audretsch, Seite 24): 1. Input in den Innovationsprozess (Ausgaben für Forschung und Entwicklung) 2. Output im Sinne von Patenten 3. direkter Output: neue Produkte und Prozesse Berücksichtigt man, wie in den frühen Studien, lediglich die Inputs in den Innovationsprozess, so ist eindeutig ersichtlich, dass beinahe ausschließlich große Unternehmen Ressourcen in diesen Bereich investieren. Wird der Output mittels angemeldeter Patente untersucht, so gilt eine ähnliche Tendenz: Patente werden überwiegend von großen Unternehmen angemeldet. Allerdings zeigen kleine Unternehmen bei den Patentanmeldungen größere Aktivitäten als bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Zu einem gänzlich anderen Schluss kommt man, wenn der direkte Output den Untersuchungsgegenstand darstellt: Die größere Anzahl von neuen Produkten und Prozessen, die von großen Unternehmen eingeführt werden, relativiert sich an der Anzahl der in diesem Bereich Beschäftigten. Die Innovationsrate pro Beschäftigtem ist in kleinen Unternehmen wesentlich höher (0,302 % verglichen mit 0,202 % in großen Unternehmen). Als andere Gründe für die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse kann man nennen (Neubauer, Seite 483ff): 1. Innovationen sind kein homogenes Phänomen: Je nach Art der angestrebten Innovation sind unterschiedliche Determinanten des betrieblichen Innovationsprozesses von Bedeutung. 2. Probleme der Operationalisierung: Die Probleme beziehen sich auf die Operationalisierung von Begriffen wie Unternehmensgröße, Ressourceneinsatz und vieles mehr. 3. Vereinfachung des betrieblichen Forschungsprozess: Die meisten Analysen sind nicht in der Lage, die Interdependenzen mit anderen Einflussfaktoren abzubilden. Vielfach fehlt es an einem theoretischen Modell, welches die Abhängigkeiten, Interdependenzen und Verknüpfungen mit anderen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit abzubilden in der Lage ist. Zusammenfassend kann man sagen, dass es keine generelle Überlegenheit der Großunternehmen im Bereich der Forschung und Entwicklung gibt, und
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dass kleine Unternehmen ihnen in manchen Bereichen sogar überlegen sind. Was den technischen Fortschritt und die Grundlagenforschung betrifft, haben große Unternehmen meist Vorteile, bei der Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen sind die kleinen Firmen jedoch den großen mindestens ebenbürtig. Was bedeuten diese Erkenntnisse zur Innovation für die Politik? Aus den Resultaten der empirischen Studien lassen sich zwei mögliche Strategien für die Politik ableiten. Zunächst geht es darum den KMU den Zugang zu wissensgenerierenden Inputs zu ermöglichen und zu erleichtern. Dies könnte beispielsweise über eine Plattform geschehen, welche den KMU Zugang zu verschiedensten Quellen bietet und als Forum für einen kontinuierlichen Informations- und Erfahrungsaustausch fungiert. Die zweite Strategie ist die Förderung von Kooperationen zwischen Unternehmen im Bereich der Forschung und Entwicklung. So können selbst sehr kleine Unternehmen die für eine Innovationstätigkeit notwendige kritische Größe erreichen. Daneben bringen Kooperationen den Vorteil mit sich, dass nicht nur die Kosten sondern auch das Risiko gemeinsam getragen werden kann und dass in vielen Fällen Wissen und Kompetenzen von einem Unternehmen ins andere transferiert werden können.
4.4 Die wesentlichen Vorgaben für die empirische Analyse Die KMU geben der wirtschaftlichen Entwicklung eine große Stabilität. Sie schaffen weiters überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze in der Gründungsund Expansionsphase, aber: Durch das Ausscheiden vieler Betriebe gehen wieder viele Arbeitsplätze verloren. KMU haben mehrere Nachteile zu bewältigen: • sie sind meist zu klein, um Skalenerträge (Größenersparnisse) zu realisieren; • sie sind meist zu klein, um eine eigene Forschung und Entwicklung zu betreiben; • sie tun sich schwerer beim Zugang zu Krediten / Kapital. Andererseits sind KMU flexibler und sprudeln vor Ideen. Die Wirtschaftspolitik sollte deshalb ein besonderes Augenmerk auf folgende Aspekte werfen: • Betriebsnachfolgen • Kooperationen • Zugang zu Risikokapital Können die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Studium der allgemeinen Literatur auch in Tirol und Südtirol festgestellt werden?
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 5
5. Ergebnisse der empirischen Erhebung 5.1 Methodik Ähnliche Befragung von rund 1.000 Unternehmen in Südtirol und Tirol
Die Volkswirtschaftliche Abteilung der Wirtschaftskammer Tirol hat im Zeitraum vom 4. bis 21. März 2003 391 Tiroler Klein- und Mittelbetriebe anhand des Internet-Befragungsinstrumentariums ‚Marktradar‘ befragt. Das WIFO (Wirtschaftsforschungsinstitut) der Handelskammer Bozen hat seinerseits 687 Betriebe im Zeitraum Ende Jänner bis Mitte März 2004 im Rahmen der jährlichen Konjunkturerhebung mit einem postalischen Sonderfragebogen analysiert. Um eine möglichst direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden bei den Befragungen weitgehend identische Fragestellungen verwendet. Zusätzlich wurden in den beiden Ländern noch gesonderte Aspekte erhoben, welche ebenfalls als Ergebnisse in die Studie einfließen sollen. Im Vordergrund der Erhebung stehen folgende Aspekte: • Hat sich das wirtschaftspolische Umfeld in den letzten Jahren für KMU in Südtirol und Tirol verbessert oder verschlechtert? • Was sind die größten Problembereiche für KMU? • Was tun die KMU zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit? • Was leistet die Wirtschaftspolitik und was wünschen sich die KMU von ihr?
Tabelle 4 Daten der Erhebung und Rücklaufquote Art der Befragung Kontaktierte Unternehmen Rücklauf Rücklaufquote
Handelskammer Bozen postalisch 1.531 687 44,9%
Wirtschaftkammer Tirol Internet 1.891 391 20,7%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
5.2 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen für KMU: eine Einschätzung durch die Betriebe Finden die Klein- und Mittelbetriebe in Südtirol und Tirol die gleichen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen vor wie in den unmittelbar vorhergehenden Jahren? Es überrascht, wie ähnlich die Einschätzungen der Betriebe in den beiden Gebieten sind. Ein Großteil der Unternehmen verweist zwar auf die Stabilität dieser Rahmenbedingungen, mehr als 40% stellen allerdings aus ihrer Sicht zumindest „leichte Verschlechterungen“ fest. Allerdings empfinden nur wenige Unternehmen eine „starke Verschlechterung“.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 5
Grafik 7
„Wie haben sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für KMU in den letzten Jahren verändert?“ Anteil in Prozent stark verbessert
1,1% 0,6%
etwas verbessert
Bundesland Tirol 7,4%
Südtirol
14,5%
35,3% 34,8%
gleich geblieben
42,4% 47,6%
eher verschlechtert 6,8% 9,6%
stark verschlechtert 0%
10%
20%
30%
40%
50%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Eine Nachfrage bei den Südtiroler Unternehmen nach den Ursachen dieser Verschlechterung ergibt, dass vor allem die Zunahme des Wettbewerbsdruckes dafür verantwortlich sei: KMU sehen sich vermehrt einem verstärkten Konkurrenzkampf ausgesetzt. Kritisiert wird auch die hohe Abgabenbelastung und Bürokratie. Als problematisch wird weiters eine schwächere Konsumnachfrage bzw. ein Kaufkraftverlust angesehen. Grafik 8
Verschlechterung der Rahmenbedingungen: Zunehmende Konkurrenz, hohe Abgaben- und Bürokratiebelastung, abnehmende Kaufkraft
Südtirol: „Warum haben sich die Rahmenbedingungen für KMU verschlechtert?“ Mehrfachantworten, Anteil in Prozent höhere Konkurrenz und Preiskämpfe
23,4%
hohe Abgabenbelastung
17,2%
schwächere Nachfrage und Abnahme der Kaufkraft
16,3%
Zunahme der administrativen Belastungen Anstieg der Produktionskosten
15,7% 9,8%
weniger Beiträge und Unterstützung
8,9%
Sonstiges
8,6% 0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 5
Dennoch sind die Betriebe südlich und nördlich des Brenners noch wettbewerbsfähig
Ein positiver Bilanzgewinn (als Ausdruck der Ertragsfähigkeit) des Unternehmens ist - besonders über mehrere Jahre gesehen - ein wichtiger Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes. Trotz des zum Teil ungünstigen Umfeldes (z.B. Erhöhung der Konkurrenz durch die EU-Osterweiterung) sind die Unternehmen in Südtirol und in Tirol in dieser Hinsicht wettbewerbsfähig: Nur etwa jedes 20. Unternehmen hat in den letzten drei Jahren immer mit Verlust bilanziert. Die beiden Gebiete präsentieren sich auch in dieser Hinsicht als starke Wirtschaftsstandorte. Grafik 9
Ertragslage Ihres Unternehmens: „In den letzten 3 Jahren haben Sie bilanziert...?“ Anteil in Prozent 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%
5,0% 37,5%
6,3%
44,6%
…immer mit Verlust ...teils mit Gewinn / teils mit Verlust …immer mit Gewinn
57,5%
Südtirol
49,1%
Bundesland Tirol
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
5.3 Spezifische Problembereiche für KMU Mit welchen Problembereichen haben die Klein- und Mittelbetriebe in den beiden Ländern derzeit besonders zu kämpfen? Zum Teil wiederholen sich die obigen Aussagen, welche sich auf die Veränderungen der letzten Jahre beziehen, zum Teil ergeben sich auch zusätzliche Aspekte. Auf jeden Fall überraschen wieder die starken Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Nachbarregionen: Als größtes Problem empfinden die KMU die ihrer Ansicht nach zu hohe Abgabenbelastung. Die Unternehmer weisen darauf hin, dass die Vielzahl an Steuern und Sozialleistungen den aktuellen Ertrag schmälern würde und die Möglichkeit von notwendigen Investitionen verhindern könnte.
30
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 5
Ein weiteres gemeinsames Problem der Südtiroler und Tiroler Betriebe sind die ihrer Meinung nach starken administrativen Belastungen durch Gesetze, Verordnungen, Auflagen und Richtlinien in den verschiedensten Bereichen (Arbeitssicherheit, Rechte des Arbeitnehmers, Lizenzvergaben, Pflicht zur Teilnahme an statistischen Erhebungen, Buchhaltungspflichten usw.), was sich negativ auf den zeitlichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum auswirken würde. Ein weiteres Problem, mit dem die Betriebe nördlich und südlich des Brenners konfrontiert sind, ist die mangelnde Verfügbarkeit an ausreichend qualifiziertem Personal. Die Arbeitslosenquote ist in beiden Gebieten gering und der Arbeitsmarkt entsprechend leergefegt: Die Suche nach Personal mit der gewünschten Qualifikation gestaltet sich daher schwierig.
Ganz vorne und gemeinsam ist auch das Problem, nicht genügend Personal zu finden
Grafik 10
Südtirol: Problembereiche für die Unternehmen Anteil der Unternehmen, die den Aspekt „sehr problematisch“ beurteilen, in Prozent 59,4%
zu hohe Abgabenbelastung
41,1%
zu hohe administrative Belastungen
33,1%
wir finden nicht genügend Personal
24,3%
nicht genügend Gewinn
23,0%
zu hohe Zins- und Tilgungsbelastung
20,7%
die Firma ist zu sehr vom Inhaber als Person abhängig
19,8%
zu wenig lukrative Aufträge / zu wenig Nachfrage
15,1%
zu wenig Eigenkapital
9,0%
schwerer Zugang zu neuen Finanzierungen
4,0%
zu schnelles Unternehmenswachstum
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 5
Grafik 11
Bundesland Tirol: Problembereiche für die Unternehmen Anteil der Unternehmen, die den Aspekt „sehr problematisch“ beurteilen, in Prozent zu hohe Abgabenbelastung
71,4%
nicht genügend Gewinn
41,4% 38,9% 35,3% 28,4% 22,5% 20,5% 17,9% 11,3%
zu hohe administrative Belastungen wir finden nicht genügend Personal zu wenig Eigenkapital die Firma ist zu sehr vom Inhaber als Person abhängig zu hohe Zins- und Tilgungsbelastung zu wenig lukrative Aufträge / zu wenig Nachfrage schwerer Zugang zu neuen Finanzierungen
2,0% 7,7%
zu schnelles Unternehmenswachstum es gibt für uns keine ausgeprägten Problembereiche
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, eigene Erhebungen
Kleinstunternehmen haben häufiger als größere Betriebe mit finanziellen Schwierigkeiten und Zugang zu neuen Finanzierungen zu kämpfen
Andere Aspekte sind bereits deutlich weniger problematisch. Es fällt allerdings auf, dass die Tiroler Betriebe vergleichsweise häufiger finanzielle Schwierigkeiten (bezüglich Gewinn und Eigenkapital) beklagen als die Südtiroler Unternehmen. Das WIFO hat in Südtirol zusätzlich die Größe des Betriebes erhoben, um eventuelle Zusammenhänge mit den angeführten Problemen aufzuzeigen. In der Tat gibt es deutliche Zusammenhänge: Beispielsweise sind Kleinstunternehmen überdurchschnittlich häufig nicht mit ihrer Ertragssituation zufrieden. Klarerweise tritt in den kleineren Firmen auch häufiger das Problem auf, zu stark vom Inhaber abhängig zu sein. Schließlich können größere Firmen auf ein breiteres Finanzpolster zurückgreifen, weshalb sie weder mit Zins- und Tilgungszahlungen überfordert sind, noch eine ungenügende Eigenkapitalbasis bzw. erschwerten Zugang zu neuen Finanzierungen haben. Damit bestätigen sich die Aussagen aus dem wissenschaftlichen Teil, wonach kleine Betriebe im Allgemeinen größere Finanzierungsprobleme haben.
Tabelle 5 Südtirol: Problembereiche in Abhängigkeit von der Betriebsgröße % Anteil der KMU mit „hohen Schwierigkeiten“ bis 9 Beschäftigte zu wenig Gewinn Firma ist zu sehr vom Inhaber abhängig zu hohe Zins- und Tilgungsbelastung zu wenig Eigenkapital schwerer Zugang zu neuen Finanzierungsformen Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
26,0% 24,7% 26,9% 18,1% 11,3%
10 bis 49
50 und mehr Beschäftigte
22,3% 12,5% 16,3% 12,5% 7,4%
12,7% 7,9% 11,5% 3,2% 1,7%
gesamt 24,3% 20,7% 23,0% 15,1% 9,0%
Kapitel 5
5.4 Leistungen und Aufgaben der Unternehmen Viele KMU in Südtirol und Tirol setzen betriebswirtschaftliche Instrumentarien ein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wiederum besticht das überaus einheitliche Bild zwischen den beiden Nachbarregionen. Bereits 60% der Südtiroler und rund 70% der Tiroler Betriebe sind von der Notwendigkeit einer strategischen Unternehmensführung überzeugt und setzen diese ein oder planen zumindest deren Umsetzung. Die schriftliche Fixierung des Planes ist dabei ein Hilfsmittel für die Standortbestimmung des Betriebes, mit dem die Weichenstellungen für die Zukunft gelegt werden sollen. Ein solides Finanzcontrolling mit einem entsprechenden Kennzahlensystem ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Unternehmensentwicklung. Solides Finanzcontrolling ist keine Frage der Betriebsgröße! Gerade bei den Kleinbetrieben besteht hier sowohl in Tirol als auch in Südtirol noch ein klarer Aufholbedarf. Etwa 60% der Betriebe in Tirol und Südtirol halten oder planen Kooperationen mit anderen unabhängigen Unternehmen über normale Kunden/Lieferantenbeziehungen hinaus. Kooperationen in den verschiedensten Bereichen wie Einkauf und Vertrieb sind gerade für KMU entscheidend, um Nachteile gegenüber großen Unternehmen wettzumachen.
Für die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ist die Mehrzahl der Unternehmen von der Wichtigkeit strategischer Unternehmensführung, betrieblichen Controllings, bewusstem Marketing und Kooperation überzeugt.
Grafik 12
„Setzen Sie für Ihr Unternehmen folgende Instrumentarien ein, bzw. planen Sie deren Anwendung?“ Anteil in Prozent 69,5%
schriftlich formulierte Strategie
60,1%
Bundesland Tirol Südtirol
66,4%
Controlling
69,8% 59,8% 58,4%
Kooperationen
75,4%
bewusstes Marketing 0%
76,1%
20%
40%
60%
80%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 5
Die größeren Betriebe ab 50 Beschäftigte sind es vor allem, welche Nutzen und Notwendigkeit von Kooperationen und eines funktionierenden Controllings unterstreichen
Auch der Einsatz von betriebswirtschaftlichen Instrumentarien hängt (wie schon die verschiedenen Problembereiche) von der Größe des Betriebes ab. Die Erhebung bei den Südtiroler KMU ergibt, dass große Betriebe deutlich häufiger als kleine von der Notwendigkeit einer Kooperation, der schriftlichen Festlegung der Unternehmensstrategie und der Einführung von Controlling überzeugt sind. Grafik 13 Südtirol: Einsatz (tatsächlich oder geplant) von betriebswirtschaftlichen Instrumentarien in Abhängigkeit von der Betriebsgröße Anteil in Prozent bewusstes Marketing
50+ 10 bis 49 bis 9 Beschäftigte
Kooperationen Controlling schriftlich formulierte Strategie 0%
20%
40%
60%
80%
100%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Innovation und Qualität der Produkte sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
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Was schlagen die KMU selbst zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit vor? Die Erhebung bei den Südtiroler Betrieben hat hier folgendes zu Tage gebracht: An die erste Stelle rückt die Notwendigkeit, auch weiterhin innovativ zu bleiben und die angebotenen Produkte und Dienstleistungen laufend zu verbessern. Ein reiner Preiswettbewerb (z.B. mit billigeren Anbietern aus Osteuropa) wäre der falsche Weg. Die Qualität muss dem Kunden auch durch eine gezielte Vermarktung kommuniziert werden, damit diese auch bereit sind, den entsprechenden Preis dafür zu bezahlen. Auf jeden Fall muss das PreisLeistungsverhältnis stimmen, weshalb die Kosten durch Optimierung der betrieblichen Abläufe und Produktionsprozesse kontrolliert werden müssen. Die Mitarbeiter müssen laut Einschätzung der Betriebe darüber hinaus noch stärker als die wesentliche Wertschöpfungsquelle angesehen, und durch die Weiterbildung innerhalb und außerhalb des Betriebes entsprechend qualifiziert werden. Nicht zuletzt müssen auch die Unternehmer selbst ständig am Ball bleiben.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 5
Grafik 14 Südtirol: „Welche Initiativen müssen für die Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit von Seiten der Unternehmen ergriffen werden?“ Mehrfachantworten, Anteil in Prozent Innovation und Verbesserungen der Produktqualität
29,4%
bessere Vermarktung und Intensivierung des Kundenkontaktes
18,7%
Kosteneinsparung durch Optimierung der betrieblichen Organisation und Prozesse besseres Personalmanagement (Ausund Weiterbildung,...) Verstärkung der Kooperationen in vielen Bereichen Exportmärkte außerhalb des Landes erschließen Sonstiges
18,7% 15,6% 9,2% 3,2% 5,2% 0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Die Unternehmen sehen Ansatzpunkte zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, dennoch ist folgendes besorgniserregend: Als bestes Mittel werden die Innovationen gesehen. Dies ist allerdings jener Bereiche, in dem sich die kleinen Betriebe am schwersten tun. Andererseits wird die Kooperation, deren Wichtigkeit im allgemeinen Teil unterstrichen wurde, nur von ganz wenigen gesehen, häufiger sogar von den größeren Unternehmen. Erschreckend ist, zumindest für Südtirol, zudem die Tatsache, dass nur einige wenige die Bedeutung der Exportmärkte sehen.
5.5 Leistungen und Aufgaben der Wirtschaftspolitik Die Wirtschaftspolitik bestimmt die Rahmenbedingungen für Klein- und Mittelbetriebe und unterstützt sie in vielen Bereichen. Neben monetären Hilfestellungen gibt es eine große Palette an weiteren Unterstützungen. Allerdings sind die Schwerpunkte der Wirtschaftsförderungen den Betrieben nicht in gleichem Maße bekannt. Auffallend ist wieder, wie ähnlich sich die zwei untersuchten Regionen auch in dieser Hinsicht sind: Nur etwa jedes 10. Unternehmen glaubt die Schwerpunkte in der Wirtschaftsförderung des eigenen Landes ausreichend zu kennen.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 5
Grafik 15
„Sind Ihnen die Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung Ihres Landes bekannt?“ wenig oder nicht
teilweise
35,8%
Bundesland Tirol
Südtirol
39,7%
0%
20%
40%
ausreichend
54,6%
9,7%
46,9%
13,4%
60%
80%
100%
Quelle: Volkswirtschaftliche Abteilung - WK Tirol, WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Eine weitere Nachfrage bei den Südtiroler KMU zum Kenntnisstand der verschiedenen Förderbereiche ergibt ein aufschlussreiches Bild. Beispielsweise kennt bereits die Hälfte der Betriebe die Förderungen für betriebliche Investitionen. Recht bekannt ist auch der Bereich „Weiterbildung, Beratung und Wissensvermittlung“. Immerhin jedes 5. Unternehmen weiß von den Förderungen im Umweltbereich und bei der Gründung eines neuen Unternehmens. Bereits weniger bekannt sind dagegen die Förderungen für Forschung und Entwicklung, für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für die Internationalisierung der Betriebe. Grafik 16
Südtirol: „Welche Förderungsbereiche kennen Sie?“ Anteil der Unternehmen in Prozent betriebliche Investitionen
49,3%
Beratung, Weiterbildung, Wissensvermittlung
35,4%
Umweltinvestitionen
22,4%
Existenzgründung
19,0% 13,8%
Forschung und Entwicklung
12,2%
Schaffung von Arbeitsplätzen
8,2%
Internationalisierung
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 5
Die Unternehmer haben einige Wünsche an die Wirtschaftspolitik (nur Erhebung der Südtiroler Betriebe). Diese Wünsche beziehen sich meist unmittelbar auf die empfundenen Problembereiche: An oberster Stelle wird so entsprechend eine Senkung der Abgabenbelastung (Steuern, Lohnnebenkosten, usw.) verlangt, gefolgt vom Abbau der bürokratischen Erfordernisse und Auflagen. Schließlich fordern viele Unternehmer auch eine Neugestaltung der Beitragsvergabe: Neben einem Wunsch nach „mehr Geld“ spielen Faktoren wie die Erhöhung der Einfachheit, der Gerechtigkeit und der Transparenz eine ebenbürtige Rolle. Andere Wünsche haben im Vergleich zu den bereits genannten qualitativ bereits weniger Gewicht, wie z.B. die weitere Verbesserung der Aus- und Weiterbildung oder eine Neugestaltung der öffentlichen Auftragsvergabe (ein ausgeglichenes Preis-/Leistungsverhältnis sollte vor dem reinen Preisaspekt bevorzugt werden). Grafik 17
Südtirol: Wünsche der KMU an die Wirtschaftspolitik Mehrfachantworten, Anteil in Prozent
27,8%
Steuern und Sozialabgaben senken
23,8%
Bürokratieabbau
16,2%
mehr Beiträge
6,9% 6,4% 4,8% 4,0% 3,6% 2,9% 3,8%
Förderung der Aus- und Weiterbildung Revision der öffentlichen Aufträge Standort stärken neue Raumordnungspolitik überbetriebl. Vermarktung; Exportförd. Erhaltung der Nahversorgung Sonstiges
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
Quelle: WIFO - Handelskammer Bozen, eigene Erhebungen
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 6
6. Zusammenschau und Schlussfolgerungen KMU haben den Vorzug der Flexibilität und sie leisten einen entscheidenden Beitrag für eine stabile Wirtschaftsentwicklung sowie für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie haben aber auch gravierende Nachteile, wenn es um die Produktivität (weil eingeschränkte Möglichkeiten für Innovationen und zu Größenersparnissen) und die Finanzierung geht. Zudem verschlechtern sich laut Aussage der Unternehmer die Rahmenbedingungen aufgrund des zunehmenden Konkurrenzdruckes sowie der hohen Steuer- und Bürokratiebelastung. Interessant ist, dass mehr oder weniger für alle Aspekte, von der Wirtschaftsstruktur über die Produktivität bis hin zu den Aussagen der Unternehmen zwischen Tirol und Südtirol kaum Unterschiede feststellbar sind. Eine Ausnahme vielleicht: Auch die Tiroler Wirtschaft ist geprägt von den KMU aber immerhin ist die durchschnittliche Betriebsgröße bereits doppelt so groß. Interessant ist auch, dass viele Aussagen aus dem einleitenden, wissenschaftlichen Teil durch die empirischen Ergebnisse für Südtirol und Tirol bestätigt worden sind. Welches sind nun die Hauptergebnisse wenn man die allgemeinen Grundlagen und die Aussagen der Unternehmer verknüpft? 1. Zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit (sprich Produktivität) ist die Innovation (siehe Grafik 14). Nur, je kleiner die Unternehmen, umso problematischer ist die Durchführung von (technischen) Innovationen, vor allem von Forschung und Entwicklung. Die wichtigste Herausforderung für die Unternehmer ist, aufgrund der kleinbetrieblichen Struktur, sich über Kooperationen die Vorteile großer Betriebe nutzbar zu machen, verstärkt auf Technologietransfer zu setzen und die Kontakte mit Forschungseinrichtungen zu intensivieren. Wirtschaftspolitik und Universitäten können sensibilisierend und unterstützend eingreifen. 2. Von den Unternehmen wurde die Steuer- und Bürokratiebelastung angeprangert. Nun sind im Bereich der Steuern Tirol und Südtirol aufgrund der Zuständigkeiten des jeweiligen Staates weitgehend die Hände gebunden. Im Bereich des E-Government aber bestehen viele Vereinfachungsmöglichkeiten (etwa durch einen verstärkten Einsatz der digitalen Unterschrift, wodurch viele Behördengänge eingespart werden könnten.) Ganz wichtig aus der Sicht der Unternehmen ist aber auch die Berechenbarkeit der öffentlichen Verwaltung. Dies bedeutet, dass Bestimmungen nicht willkürlich abgeändert werden und zum zweiten, dass öffentliche Institutionen den Unternehmen verbindliche Aussagen machen können! Es liegt aber auch an den Unternehmen, diesen Punkt nicht über zu bewerten und zum Teil fast schon eine resignierende Haltung einzunehmen, zumal die Steuern einen verhältnismäßig bescheidenen Anteil an den Gesamtkosten der Betriebe ausmachen.
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Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
Kapitel 6
3. Auch die Finanzierungsprobleme der KMU sind von beiden Seiten, nämlich von Unternehmen und Wirtschaftspolitik, aktiv anzugehen. Die Controlling-Instrumente werden umso weniger eingesetzt je kleiner die Betriebe sind. Auch die Wichtigkeit solcher Instrumente wird umso weniger gesehen, je kleiner ein Unternehmen ist. Dabei wird es immer wichtiger - gerade im Hinblick auf die strengeren Kreditprüfungen aufgrund Basel 2, dass die Unternehmen zunehmend solche Instrumente wie Controlling, Strategieplan usw. im eigenen Interesse (für eine bessere langfristige Unternehmensführung) und für eine leichtere Kreditgewährung seitens der Banken einsetzen. Hier ist von der öffentlichen Hand noch viel Sensibilisierungsarbeit zu leisten, außerdem sollten Initiativen im Bereich des Risikokapitals (z.B. Beteiligung durch die öffentliche Hand) gesetzt werden. Von privater Seite sollten begünstige Standardberatungen für die Kleinstbetriebe angeboten werden. 4. Kooperationen und deren Wichtigkeit wurden im Bereich der Innovation bereits angesprochen und waren auch im wissenschaftlichen Teil unterstrichen worden. Wenn man andererseits die Bedeutung von Kooperationen in der Einschätzung der Unternehmen sieht, wird deutlich, wie viel Handlungsbedarf, auch von der öffentlichen Hand, noch gegeben ist. Es scheint geradezu paradox, dass gerade die größeren KMU die Bedeutung der Kooperationen stärker erkannt haben, obwohl Kooperationen umso wichtiger sind, je kleiner die Unternehmen sind. Wo notwendig sollten auch Fusionen unterstützend begleitet werden. 5. Gerade zu erschreckend klein ist auch der Anteil der Unternehmen, welche die Exportmärkte als Herausforderung sehen! Auch hier gilt es an den Rahmenbedingungen zu arbeiten. 6. Eine weitere Herausforderung ist die Tatsache, dass bei Betriebsschließungen Arbeitsplätze verloren gehen und dass dies bei einer Vielzahl von kleinen Betrieben relativ häufig passiert. Insofern kommt der Wirtschaftspolitik und dem Unternehmen die Aufgabe zu, Betriebsschließungen soweit als möglich zu vermeiden, indem schon frühzeitig ein Nachfolger aufgebaut bzw. gesucht wird. Die öffentliche Hand sollte indes eine Nachfolgebörse konzipieren. 7. Der aufgezeigte Mangel an qualifizierten Arbeitskräften kann zum einen durch innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen und durch Weiterbildungsinstitutionen gelindert werden. Ganz besonders gefordert sind aber auch die Ober- und Berufsschulen, sowie die Universitäten, diese Phänomene besser zu analysieren und aktiv zur Lösung beizutragen.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Kapitel 6
8. Schließlich noch ein rein wirtschaftspolitisches Ergebnis: Die Wirtschaftsförderung und deren Schwerpunkte sind den Unternehmen vielfach nicht bekannt. Eine noch gezieltere Förderung und eine bessere Kommunikation derselben ist eine zentrale Herausforderung für die Wirtschaftspolitik. Angesprochene Schwerpunkte sind: • Innovation (Technologietransfer) • Kooperation • Betriebsnachfolge • Ausbildung / Weiterbildung • Risikokapital /Finanzierung • Export • Verwaltungsvereinfachung Wo bestehen Berührungspunkte zwischen Tirol und Südtirol? • Grenzüberschreitende Cluster / Kooperationen ausbauen, z.B. Beteiligung von Unternehmen aus Südtirol an den beiden MechatronikClustern Tirols und am Cluster Alpine Wellness • Grenzüberschreitende Kompetenzzentren im Bereich der Innovation • Forcierung des Arbeitskräfteaustausches • Gemeinsame Nachfolgebörse • Aus- und Weiterbildung für Unternehmer: z.B. die Initiativen für KMUKompetenz für Tirol und Südtirol zur Förderung der Managementqualitäten der Klein- und Mittelbetriebe; Sprachoffensive (vor allem „Italienisch“ in Nord- und Osttirol).
Endnoten 1 2
3
4
5
6
40
Diese Definition tritt am 1. Januar 2005 in Kraft und soll die bisherige Empfehlung 96/280/ EG ersetzen. Leider erlauben die vorliegenden statistischen Daten keine exakte Klassifikation der Unternehmen nach Beschäftigtengrößengruppen gemäß Vorgaben der EU-Definition. Würde man die Beschäftigtengrenze der mittleren Unternehmen allerdings bei 250 Beschäftigten ansetzen, würde der Anteil der Großbetriebe noch geringer ausfallen. Mögliche Preisniveauunterschiede zwischen den verschiedenen Gebieten können den Vergleich von rein nominalen Pro-Kopf-Einkommen verzerren. Um dieser Problematik zu begegnen, werden die Pro-Kopf-Einkommen zu so genannten Kaufkraftparitäten angegeben. Unter Produktivität versteht man die Beziehung zwischen dem Produktionsergebnis (Output) und dem Einsatz von Ressourcen (Input). Die Produktivität ist ein Effizienzmaß und drückt die Ergiebigkeit einer wirtschaftlichen Tätigkeit aus. Skalenerträge definieren die Abhängigkeit der Produktionsmenge von den eingesetzten Produktionsfaktoren. Von steigenden Skalenerträgen spricht man, wenn die Produktionsmenge stärker steigt, als die eingesetzten Faktoren. Wie die Studie des WIFO „Innovation - Besonderheit Südtirol“ (2002) jedoch zeigt, spielt neben der räumlichen Nähe vor allem die Kommunikationsfähigkeit der KMU bei der Übernahme von entsprechendem Know-how eine Rolle.
Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol
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Wir stellen uns vor: Auskünfte und Daten im wirtschaftlichen Bereich an Firmen, Entscheidungsträger, Verbände, Studenten (wir vergeben auch Diplomarbeitsthemen) Beiträge und Referate für Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen zu volkswirtschaftlichen Themen Periodische Publikationen: • Bericht zur Wirtschaftslage Südtirols (jährlich) • Wirtschaftsbarometer (halbjährlich) • Großhandelspreisliste (monatlich) Studien: • Heimische Gerichte und Produkte (2004) NEW • Erfolgsfaktor Betriebsnachfolge - Relevanz für Südtirol (2004) • Vereinbarkeit von Familie und Beruf ... eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit (2003) • Südtiroler Einzelhandel – Struktur und Herausforderungen (2003) • Preise der Milchprodukte – Bestimmungsfaktoren (2003) • Innovation – Besonderheit Südtirol (2002) • Neue Unternehmen – Südtirols Gründern auf der Spur (2002) • Milchwirtschaft im Alpenraum. Welcher Zukunft entgegen? (2002) • Die Handelsvermittlung in Südtirol: Wichtiger Baustein der Wirtschaft (2002) • Südtirol: Handelspartner im Herzen Europas. Wirtschaftsbeziehungen mit dem nationalen und internationalen Markt (2002) • Südtiroler Handwerk: Struktur und Entwicklung (2002) • Wirtschaftsatlas Südtirol – Tirol – Trentino. Wirtschaftliche Aspekte auf einen Blick (2001) • Einnahmen und Ausgaben des Staates in Südtirol – Versuch einer lokalen Bilanz (2001) • Südtiroler Industrie – Wettbewerbsfähiger durch Kooperation (2001) • Kooperation – Chance und Herausforderung für das Südtiroler Handwerk – konkrete Schritte zur Umsetzung, Teil 2 (2001) • Kooperation – Chance und Herausforderung für das Südtiroler Handwerk (2000) • Dienstleisterfirmen und Freiberufler in Südtirol – Eine strukturelle und empirische Analyse (2000) • Der Prospekt im touristischen Marketing – Eine vergleichende Analyse für Südtirol, Kärnten und Tirol (1999) • Südtirol auf dem Weg in die Zukunft (1999) – erhältlich bei Verlagsanstalt Athesia – Bozen • Struktur der Südtiroler Industrie (1999) • Die landwirtschaftlichen Genossenschaften im Alpenraum (1998) • Das Lehrlingswesen in Süd- und Nordtirol. Gründe für die Asymmetrie am Lehrstellenmarkt (1998) • Wie werden die Grundflächen in Südtirol genutzt? – Eine Bestandsaufnahme (1998) • Lohnkosten in Südtirol – Ein wichtiger Standortfaktor im nationalen und europäischen Vergleich (1997) • Wirtschaftsstandort Südtirol – Eine Bewertung aus der Sicht der Unternehmer (1997) • Innovation in Südtirol – Eine empirische Analyse zur Innovationsdebatte (1997) • Langzeitarbeitslosigkeit in Südtirol – Ein Problem selbst bei Vollbeschäftigung? (1997) • Ältere Publikationen finden Sie auf unserer Internetseite, danke! WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUT I-39100 Bozen, Silbergasse 6 Postfach 441, Tel. 0471 945706, Fax 0471 945712 E-mail: wifo@hk-cciaa.bz.it http://www.handelskammer.bz.it/wifo
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