Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

Page 1


Bozen - 2006/2

KAUFKRAFTABFLUSS AUS SÜDTIROL MOTIVE UND AUSMASS

Poste Italiane AG - Versand im P.A. Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 353/2003 (umgew. in das Gesetz Nr. 46 vom 27.02.2004), Art. 1, Absatz 1, DCB Bozen Beilage zum Mitteilungsblatt „Für die Wirtschaft“ Nr. 2/2005 Internet: http://www.handelskammer.bz.it/wifo e-mail: wifo@hk-cciaa.bz.it


Koordination und Projektleitung Oswald Lechner Autoren Oswald Lechner Urban Perkmann Wissenschaftliche Beratung Gottfried Tappeiner Sachbearbeiterin Carmen Delmonego Unterstützt durch das WIFO-Team M. Cristina Bagante, Lidia Carlevaris, Georg Lun, Alberta Mahlknecht, Barbara Moroder, Luciano Partacini, Stefano Perini, Sieglinde Stüger, Helmut Untermarzoner

Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Josef Rottensteiner Registriert beim Tribunal Bozen mit Dekret Nr. 3/82 Direktion und Verwaltung: Perathonerstraße 10, 39100 Bozen Veröffentlicht im Februar 2006 Nachdruck und sonstige Verbreitung - auch auszugsweise nur unter Angabe der Quelle (Herausgeber und Titel) gestattet. Sämtliche Texte, Grafiken und Tabellen stehen auf Anfrage auf Datenträger zur Verfügung! Für Erläuterungen und Informationen:

I-39100 Bozen, Silbergasse 6 Postfach 441, Tel. 0471 945708, Fax 0471 945712 Internet: http://www.handelskammer.bz.it/wifo e-mail: wifo@hk-cciaa.bz.it

2

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Südtirols Nahversorgung in Gefahr? Jedem Konsumenten steht es frei, dort einzukaufen, wo er das beste Angebot (Sortiment, Preis, Qualität, Service) findet. In der vorliegenden Studie werden die Motive für die Einkaufsfahrten außerhalb der Landesgrenzen untersucht und der Kaufkraftabfluss quantifiziert. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden die Herausforderungen aufgezeigt, welche sowohl den Handel als auch die Konsumenten selbst betreffen. Der Einzelhandel in Südtirol ist aufgefordert, sich ständig zu verbessern, um den Kaufkraftabfluss zu mindern und den Kaufkraftzufluss zu erhöhen. Den Konsumenten muss stärker bewusst sein, dass sie durch ihr Einkaufsverhalten ebenso Verantwortung dafür übernehmen, ob die einmalige Versorgungssituation in Südtirol auch in Zukunft aufrechterhalten bleibt.

Werner Frick Landesrat für Handel, Handwerk, Industrie, Haushalt und Finanzen

Benedikt Gramm Präsident der Handelskammer Bozen

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

3


4

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Kaufkraftabfluss aus Südtirol Motive und Ausmaß

Kurzfassung mit Schlussfolgerungen

Ziele und Gegenstand der Studie Der Preisvergleich des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) der Handelskammer Bozen im Jahr 2005 ergab, dass es im Einzelhandel keine größeren Preisunterschiede beim Vergleich identischer Artikel zwischen Bozen, Innsbruck und Trient gibt. Für die Wahl des Einkaufsortes dürften daher auch andere Faktoren eine große Rolle spielen. Diese Studie versucht Art und Ausmaß der Einkäufe von Südtiroler Haushalten jenseits der Landesgrenzen zu erfassen und gleichzeitig Lösungen vorzuschlagen, um den Einzelhandel in Südtirol noch attraktiver zu gestalten – sowohl für Einheimische als auch für Kunden von außerhalb der Landesgrenzen. Methodik Vor Ort wurden 208 persönliche Interviews mit Südtiroler Konsumenten in den wichtigsten Einkaufszentren unserer Nachbargebiete geführt. Zusätzlich wurden 1.017 repräsentativ ausgewählte Haushalte befragt. Wichtigste Ergebnisse Die Südtiroler fahren in erster Linie in die Einkaufszentren der Nachbarländer (vor allem DEZ und Sillpark in Innsbruck, Grand’Affi Shopping Center in Affi), in der Meinung, dass vieles billiger sei als in Südtirol (s. Erhebung des Landesstatistikinstituts ASTAT).

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

5


Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Was sehen Sie als die Hauptvorteile beim Einkaufen gegenüber Südtirol?“ Mehrfachantworten, Anteil der Kunden in % 45,7% 38,3% 41,4% 37,0%

Alles an einem Ort verfügbar Warensortiment 27,1%

Parkmöglichkeiten / Erreichbarkeit 14,5%

Preise

11,8%

Öffnungszeiten

DEZ

36,2%

Affi

22,2%

70,2%

Sonderangebote 0,0% 8,6% 7,5% Einkaufserlebnis 4,3%

Service und Freundlichkeit

6,2% 2,1%

0%

20%

40%

60%

80%

Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Unmittelbar nach dem Einkauf in den Einkaufszentren erscheint den Konsumenten allerdings nicht der Preis als wesentlicher Vorteil gegenüber Südtirol, sondern vor allem das auf einen Ort konzentrierte und vielfältige Warenangebot und die Erreichbarkeit mit dem Auto (inklusive kostenlose Parkmöglichkeit). Für Affi sprechen zusätzlich auch die Öffnungszeiten: Sonntag ist geöffnet und viele Kunden verbinden die Fahrt mit einem Ausflug (89 Prozent der Befragten). Ins Einkaufszentrum DEZ in Innsbruck hingegen fahren die Südtiroler gezielter zum Einkaufen: Nur ein Drittel der Befragten verbindet damit einen Ausflug.

In beiden Einkaufszentren sind vor allem Bekleidungsartikel und Nahrungsmittel (darunter Babynahrung) gefragt: Sehr häufig wird dort die Garderobe für Kinder eingekauft. Eigenmarken wie H&M werden bevorzugt gekauft. Im DEZ werden zusätzlich noch sehr häufig Körperpflegeartikel (häufig Windeln) erworben, ebenso wie Möbel und Artikel der Unterhaltungselektronik (wie Musik-CD’s und Film-DVD’s). In den Einkaufszentren kaufen vorwiegend Familien ein.

Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Mit wem sind Sie hergekommen?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Anteil an den Autos in %

75,0%

mit der Familie

93,5%

mit Freunden alleine

20,5% 4,5%

6,5%

DEZ

Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

6

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


IIm Schnitt geben die Südtiroler Konsumenten zwischen 234 Euro „Wie viel haben Sie für diesen Einkauf ausgegeben?“ in Affi und 249 Euro im DEZ aus. Verteilung in % 50% Die Spesen für die Fahrt nach Affi 43,5% 45% und zum DEZ in Innsbruck betragen 38,4% 40% laut Angaben der Konsumenten im 35% 32,6% DEZ 30% Affi Schnitt gleich viel, nämlich rund 25,8% 25% 36 Euro: darin enthalten sind al20% 17,2% 15% 13,0% lerdings nur die Kosten für Benzin 8,6% 10% 7,9% 6,5% und Maut, jedoch nicht die Spesen 5% 2,2% 2,0% 2,2% für die Abnützung des Fahrzeuges, 0% 400 bis über 500€ bis 99€ 100 bis 200 bis 300 bis 299€ 499€ 199€ 399€ weshalb die berücksichtigten Ausgaben nur etwa die Hälfte der WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen effektiven Kosten sind. Der Großteil der Kunden wendet einen ganzen Tag für die Einkaufsfahrt auf. Im Schnitt fährt ein Südtiroler Haushalt 3,9-mal pro Jahr außerhalb der Landesgrenzen zum Einkaufen. Der damit verbundene Kaufkraftabfluss beträgt maximal zwischen 2,5% (bezogen auf die gesamten Konsumausgaben der Südtiroler) und 3,8% (bezogen auf die Konsumausgaben mit Bezug zum Einzelhandel, also im Wesentlichen ohne die Ausgaben für Wohnung und Heizung). Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Schlussfolgerungen Keinem Konsumenten kann man vorschreiben, wo er einkaufen soll. Vor dem Kaufkraftabfluss darf man, auch wenn er maximal 4% des Südtiroler Konsums ausmacht, nicht die Augen verschließen: Die Südtiroler fahren nicht nur des Preises wegen in benachbarte Einkaufsgebiete. Zudem soll ein verstärktes Augenmerk auf die Kunden von außerhalb unserer Landesgrenzen gelegt werden. Tatsache ist, dass in Südtirol in den letzten Jahren viele Einkaufsmöglichkeiten, auch im Discountbereich entstanden sind bzw. noch im Entstehen begriffen sind. Tatsache ist auch, dass Einkaufszentren allenfalls eine kurzfristig realisierbare Lösung darstellen und die bestehende Nahversorgung gefährden. Die Notwendigkeit der Errichtung von Einkaufszentren in Südtirol ist daher sehr in Frage gestellt. Folgende Strategien sind dennoch notwendig, um den Zufluss von Konsumenten nach Südtirol zu stärken und den Abfluss zu schwächen: • Schließen der Angebotslücken, z. B. im Bereich Bekleidung (vor allem für Kinder), Drogeriewaren, Unterhaltungselektronik. • Kooperation auf allen Ebenen: Zusammenarbeit im Handel selbst, zwischen Handel, anderen Sektoren und öffentlichen Interessensträgern (z. B. Verbindung eines Ötzi-Besuches mit Einkaufen in Bozen, gemeinsame Kundenkarte, Schaffung eines „virtuellen“ Einkaufszentrums, wo der Kunde das Gefühl hat, alles an einem Ort vor zu finden), um den Erlebniswert des Einkaufens in Südtirol zu steigern. • Verbesserung der Erreichbarkeit (Parkplätze) und der Öffnungszeiten. • Stärkere Vermarktung des Einkaufsgebietes Südtirol außerhalb der Landesgrenzen.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

7


8

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Inhaltsvezeichnis Seite

Kurzfassung mit Schlussfolgerungen

5

1.

Ziele und Aufbau der Studie

11

2.

Methodik und Eckdaten der Erhebung

12

2.1

Konsumentenbefragung beim Verlassen der Einkaufszentren

12

2.2

Repräsentative Befragung der Südtiroler Haushalte

14

3.

Ergebnisse der Erhebungen

15

3.1

Motive für die Einkaufsfahrt

15

3.2

Bevorzugte Produkte der Einkaufsfahrt

17

3.3

Merkmale der Konsumenten

19

3.4

Ausgabeverhalten

20

3.5

Sonstige Aspekte der Einkaufsfahrt

21

3.5.1

Anteil der geplanten Einkäufe und Mitnahme für Bekannte

21

3.5.2

Aufwand (Zeit, Geld) für die Fahrt zum Einkaufszentrum

23

3.6

Ziele der Einkaufsfahrten

24

4.

Abschätzung des Kaufkraftabflusses

28

5.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

30

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

9


10

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 1

Kaufkraftabfluss aus Südtirol Motive und Ausmaß 1.

Ziele und Aufbau der Studie

Im April 2005 wurde die Studie „Preisvergleich Bozen – Innsbruck – Trient“ des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) der Handelskammer Bozen veröffentlicht. Das Hauptergebnis dieser Analyse bestand darin, dass sich das Preisniveau der Waren im Einzelhandel beim Vergleich identischer Produkte zwischen den drei Städten im Schnitt kaum unterscheidet. Der Preis kann also nicht der einzige Bestimmungsfaktor dafür sein, wo der Konsument seine Waren letztlich einkauft. Öffnungszeiten, Warenangebot, Service usw. dürften eine mindestens genauso wichtige Rolle spielen. Ausmaß und Art dieser Motive sollten daher mit einer gesonderten Analyse erhoben werden: Warum kaufen die Südtiroler außerhalb der Landesgrenzen ein? Nicht zuletzt sollte das Phänomen „Einkaufsmobilität“ auch quantitativ geschätzt werden: Wie viel Kaufkraft fließt in unsere Nachbargebiete effektiv ab?

Warum kaufen die Südtiroler außerhalb der Landesgrenzen? Wie hoch ist der Kaufkraftabfluss wirklich?

Die vorliegende Studie gliedert sich in die folgenden Teile: • die Methodik und Eckdaten der Erhebung; • die wesentlichen Ergebnisse zu den Motiven des Einkaufs außerhalb der Landesgrenzen; • eine quantitative Abschätzung der Einkaufsmobilität außerhalb der Landesgrenzen; • die wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

11


Kapitel 2

2.

Methodik und Eckdaten der Erhebung

Um die Einkaufsmobilität der Südtiroler Konsumenten verlässlich zu erfassen, wurde eine zweistufige Erhebungsstrategie verfolgt: 1. eine (persönliche) Befragung vor Ort auf den Parkplätzen von Einkaufszentren, welche von Südtiroler Konsumenten häufig besucht werden; 2. und eine repräsentative (telefonische) Befragung der Südtiroler Haushalte.

2.1 Angewandte Methodik: 208 Interviews mit Südtiroler Konsumenten vor Ort in Einkaufszentren und ....

Konsumentenbefragung beim Verlassen der Einkaufszentren

Viele Erkenntnisse zur Einkaufsmobilität lassen sich besonders gezielt dadurch gewinnen, indem man die Kunden von Einkaufszentren direkt vor Ort befragt. Vor der Erhebung in den größeren Einkaufszentren in unseren Nachbargebieten wurde die Erlaubnis bei der jeweiligen Geschäftsführung eingeholt. Die Erhebungs-Person bat die Südtiroler Konsumenten auf den Parkplätzen vor den Einkaufszentren um ein persönliches Gespräch. Als Südtiroler wurden jene erkannt, welche nach ihrem Einkauf zu einem Auto mit Südtiroler Kennzeichen zurückkehrten. Falls die Insassen eines Autos eine Gruppe von Freunden war, wurden diese als autonome Konsumenten angesehen und entsprechend getrennt befragt. Im Gegensatz dazu beschränkte sich die Befragung bei den Familien auf einen Vertreter der Familie. Im Laufe der Befragung stellte sich heraus, dass sich nur zwei Einkaufszentren für eine umfassende Erhebung vor Ort eignen: Das DEZ-Areal in Innsbruck und das Grand’Affi Shopping Center in Affi. Die Gründe dafür liegen darin, dass es nur in diesen Orten einen konsistenten Zufluss von Südtiroler Kunden gibt, welche gleichzeitig auf den übersichtlichen Parkplätzen leicht ausfindig gemacht werden können. Im Gegensatz dazu wurden in einigen Einkaufszentren (wie z. B. das Cyta in Völs) nur wenige Kunden aus Südtirol registriert, während in anderen Orten (wie z. B. Sillpark in Innsbruck) die Südtiroler nur schwer oder nicht identifizierbar sind. Im Zeitraum zwischen 21. Juli 2005 und 11. September 2005 wurden insgesamt 208 persönliche Gespräche mit Südtiroler Konsumenten in den beiden Einkaufszentren DEZ (161 Interviews) und Affi (47 Interviews) geführt. Als Erhebungsinstrument diente ein kurzer Fragebogen mit offenen, halboffenen und geschlossenen Fragen. An den ersten Wochentagen von Montag bis Mittwoch wurde keine Erhebung durchgeführt, weil die Anzahl der Südtiroler Kunden an diesen Tagen vergleichsweise gering ist. Am Donnerstag, Freitag und Samstag (Sonntag ist Ruhetag) ist eine Erhebung im DEZ sehr gut möglich, während sich der Zufluss der Südtiroler (und in der Folge die Erhebung) in Affi vor allem auf den Sonntag konzentriert. Der Großteil der Interviews wurde sowohl im DEZ als auch in Affi am Nachmittag durchgeführt. Im DEZ gibt es einen „langen Donnerstag“ bis 20.00, weshalb an diesem Tag auch einige Südtiroler Kunden nach 18.00 befragt werden konnten.

12

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 2 Um sich die beiden Einkaufszentren DEZ und Affi besser vorstellen zu können, sollen sie kurz beschrieben werden. Tabelle 1 Das DEZ-Areal (Innsbruck) in Zahlen - Jahr 2005 Nutzfläche Verkaufsfläche Kundenfrequenz pro Tag Anzahl Geschäfte - davon DEZ Parkplatz-Angebot - davon in 3 Parkhäusern Mitarbeiter - davon DEZ Umsatz DEZ (ohne Ikea) pro Jahr

55.000 m2 41.600 m2 20. bis 25.000 123 106 2.800 1.420 1.450 1.050 165 Mio. € (2004)

Quelle: DEZ Innsbruck

Das DEZ-Areal in Innsbruck umfasst nicht nur das eigentliche Einkaufszentrum DEZ, sondern auch die Geschäfte in dessen unmittelbarer Nähe (wie IKEA, Mediamarkt usw.). In der Tat kaufen viele Kunden sowohl im DEZ als auch in den Geschäften der Umgebung ein, weshalb eine Trennung nicht sinnvoll ist. Das DEZ-Areal umfasst eine Fläche von 55.000 m2, auf der 123 Geschäfte (mit einer Verkaufsfläche von 41.600 m2) in den unterschiedlichsten Warenbereichen tätig sind (Bekleidung, Lebensmittel, Elektroartikel, Haushaltswaren usw.) Insgesamt stehen den Kunden 2.800 Parkplätze kostenlos zur Verfügung, die Hälfte davon ist in drei Parkhäusern untergebracht. In der vorliegenden Studie wird die Bezeichnung „DEZ“ als Abkürzung für „DEZ-Areal“ verwendet. Das Grand’Affi Shopping Center in Affi ist ein Einkaufszentrum mit einer Vielzahl von Geschäften der unterschiedlichsten Warenbereiche (Lebensmittel, Artikel für Haus und Heimwerker, Bekleidung und Schuhe usw.). In seiner unmittelbaren Umgebung befinden sich, ebenso wie im DEZ-Areal in Innsbruck, noch weitere Geschäfte, wie z. B. das Bekleidungs- und Schuhkaufhaus Nico. Eine Besonderheit des Grand’Affi Shopping ist, dass es auch am Sonntag geöffnet ist. Vor dem Einkaufszentrum befinden sich zahlreiche Parkplätze, die dem Kunden gratis zur Verfügung stehen.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

13


Kapitel 2

2.2 ... zusätzlich telefonische Befragung von 1.017 Südtiroler Haushalten

14

Repräsentative Befragung der Südtiroler Haushalte

Zusätzlich zur Befragung vor Ort wurde auch eine umfassende telefonische Befragung der Südtiroler Haushalte durchgeführt, um weitere Hinweise zur Einkaufsmobilität und insbesondere zur Quantifizierung des Kaufkraftabflusses zu erhalten. Insgesamt konnten 1.017 Haushalte befragt werden, welche repräsentativ für die Südtiroler Gesamtbevölkerung sind (in Bezug auf Sprachgruppenzugehörigkeit, Wohnort, Bildung, Familiengröße usw.). Die Feldarbeit wurde von der Firma Apollis (Bozen) durchgeführt.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 3

3.

Ergebnisse der Erhebungen

Warum fahren die Südtiroler zum Einkaufen außerhalb der Landesgrenzen, wohin und wie oft fahren sie, wie viel geben sie aus und welche Produkte kaufen sie? Dies sind nur einige Fragen im Zusammenhang mit dem Phänomen „Einkaufsmobilität“. Im Folgenden werden die Ergebnisse aus den Befragungen vor Ort in den beiden Einkaufszentren DEZ (kurz für DEZ-Areal) und Affi (kurz für Grand’Affi Shopping Center) mit jenen aus der repräsentativen Haushaltsbefragung verknüpft.

3.1

Motive für die Einkaufsfahrt

Was bewegt die Südtiroler Konsumenten zu einer Einkaufsfahrt außerhalb der Landesgrenzen? Hier gilt es generell zu unterscheiden, ob man die Haushalte zu Hause befragt oder direkt vor Ort nach dem erfolgten Einkauf. Die Befragung der Südtiroler Haushalte durch das ASTAT1 hat ergeben, dass die Mehrheit der Haushalte Preisvorteile als Hauptgrund für die Einkaufsfahrt angibt, während andere Aspekte wie die Auswahl des Warensortiments, zusätzliche Serviceleistungen sowie die Qualität der Produkte laut Einschätzung der Haushalte nur eine vernachlässigbare Rolle spielen würden. Die telefonische Befragung zufällig ausgewählter Haushalte erfasst gewissermaßen die allgemeine Meinung.

Preis ist nicht Hauptvorteil, sondern Aspekte wie „Alles an einem Ort“, ein vielfältiges Warenangebot oder die gute Erreichbarkeit

Grafik 1 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Was sehen Sie als die Hauptvorteile beim Einkaufen gegenüber Südtirol?“ Mehrfachantworten, Anteil der Kunden in %

Alles an einem Ort verfügbar Warensortiment 27,1%

Parkmöglichkeiten / Erreichbarkeit 14,5%

Preise

11,8%

Öffnungszeiten

45,7% 38,3% 41,4% 37,0%

DEZ

36,2%

Affi

22,2%

70,2%

Sonderangebote 0,0% 8,6% 7,5% Einkaufserlebnis 4,3%

Service und Freundlichkeit

6,2% 2,1%

0%

20%

40%

60%

80%

Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

1)

vgl. ASTAT, Pressemitteilung Nr. 38 vom 16.11.2005

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

15


Kapitel 3 Die Befragung vor Ort liefert hier allerdings ein grundsätzlich anderes Bild: Unmittelbar nach dem Einkauf in den beiden untersuchten Einkaufszentren DEZ und Affi erscheint den Konsumenten der Preis nicht mehr als der wesentliche Vorteil im Vergleich zu Südtirol. Als besondere Vorteile geben die Kunden des DEZ vielmehr an, dass sich „Alles an einem Ort“ befindet, und das Warenangebot sehr vielfältig sei. Zudem sei das Einkaufen durch die leichte Erreichbarkeit und die vielen (und kostenlosen) Parkmöglichkeiten wesentlich erleichtert. Die Kunden des Affi empfinden die Öffnungszeiten (Sonntag ist geöffnet) als besonders vorteilhaft. Wie beim DEZ spielen aber auch hier die guten Parkmöglichkeiten bzw. die leichte Erreichbarkeit, das vielfältige Warenangebot, sowie die Tatsache „Alles an einem Ort“ vorzufinden, eine entscheidende Rolle. Auffällig ist, dass das Angebot an Sonderangeboten, das Einkaufserlebnis sowie die Freundlichkeit bzw. der Service in den beiden Einkaufszentren als keine wesentlichen Vorteile gegenüber Südtirol gesehen werden. Grafik 2 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Verbinden Sie den Einkauf auch mit einem Ausflug?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Anteil in %

37,3%

ja

89,4%

nein

62,7% 10,6% DEZ

Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

DEZ: vorwiegend gezielte Einkaufsfahrt; Affi: meist Verbindung mit Ausflug

16

Die Haushaltsbefragung des WIFO hat einen zusätzlichen möglichen Beweggrund für die Einkaufsfahrt erhoben: 35,7% der Südtiroler Haushalte gaben an, die Einkaufsfahrt mit einem Ausflug zu verbinden. Zwischen den Einkaufszentren DEZ und Affi zeigen sich diesbezüglich erstaunlich große Unterschiede. Für die Südtiroler Konsumenten ist die Fahrt zum DEZ viel häufiger eine reine Einkaufsfahrt (62,7%), während die Fahrt nach Affi meist mit einem (Sonntags-)Ausflug (zum nahe gelegenen Gardasee) verbunden wird (89,4%).

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 3

3.2

Bevorzugte Produkte der Einkaufsfahrt

Tabelle 2

Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Welche Waren haben Sie eingekauft?“ Mehrfachantworten, Anteil der Kunden in Prozent DEZ

Affi

41,6%

48,9%

0,6%

0,0%

58,4%

61,7%

9,3%

12,8%

19,9%

0,0%

Haushaltsgeräte (große und kleine)

9,9%

4,3%

Geschirr und Haushaltsgegenstände

15,5%

2,1%

Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke Alkoholische Getränke, Tabakwaren Bekleidung (inklusive Sport) Schuhe (inklusive Sport) Möbel

Kurzlebige Haushaltswaren

3,7%

4,3%

Heimwerkerbedarf; Gartengeräte

3,1%

12,8%

Pharmazeutische Produkte

0,0%

0,0%

Optik

0,0%

0,0%

17,4%

8,5%

Spielwaren, Musikinstrumente

5,0%

8,5%

Unterhaltungselektronik (CD, DVD, Foto, Edv usw.) Sportgeräte

2,5%

0,0%

Pflanzen

1,9%

0,0%

Heimtierartikel

3,7%

2,1%

Schreibwaren, Zeichenmaterial

5,0%

6,4%

42,9%

6,4%

1,9%

4,3%

Artikel für die Körperpflege (Windeln, Zahnpasta usw.) Sonstiges

Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Welche Warenbereiche bevorzugen die Südtiroler bei ihren Fahrten in die beiden Einkaufszentren? An erster Stelle platziert sich die Bekleidung: 58,4% der befragten Kunden im DEZ und 61,7% der befragten Kunden in Affi haben mindestens ein Bekleidungsstück erworben. Die am häufigsten genannten Bekleidungsgeschäfte waren das H&M im DEZ und Conbipel in Affi. Sehr gefragt war dabei die Kinderbekleidung: Ein Drittel (36,7%) aller gekauften Kleidungsstücke im DEZ und ein Viertel (24,8%) in Affi war Kinderbekleidung. Im DEZ hat die Hälfte der befragten Südtiroler auch Körperpflegeartikel gekauft: 38% davon waren Windeln, der Rest Zahnpasta, Cremes, Rasierschaum usw. Körperpflegeartikel spielen im Gegensatz dazu in Affi nur mehr eine geringe Rolle. Sehr häufig werden wiederum in allen beiden Einkaufszentren Nahrungsmittel (darunter auch Babynahrung) erworben. Der Kauf von Möbeln hingegen beschränkt sich auf das DEZ (Ikea), während es in Affi hierzu kein entsprechendes Angebot gibt. Die Unterhaltungselektronik (CD, DVD, Computer, Foto, Handy usw.) spielt im DEZ eine vergleichsweise größere Rolle als in Affi: Im DEZ werden vor allem Musik-Cd’s und

Bevorzugte Produktbereiche: Bekleidung und Nahrungsmittel ...

... und im DEZ zusätzlich Körperpflegeartikel, Möbel und Unterhaltungselektronik

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

17


Kapitel 3 Film-Dvd’s gekauft. Produkte aus anderen Warengruppen werden deutlich weniger häufig eingekauft, und es zeigen sich auch weitere Unterschiede zwischen den beiden Einkaufszentren: Beispielsweise werden Geschirr- und Haushaltsgegenstände im DEZ wesentlich häufiger erworben als in Affi, umgekehrt werden Artikel des Heimwerkerbedarfs in Affi häufiger gekauft. Tabelle 3 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Waren die gekauften Produkte Eigenmarken?“ wichtigste Produktbereiche, Verteilung in % DEZ nein

Nahrungsmittel Bekleidung Möbel Unterhaltungselektronik Körperpflege

ja

Affi teils

gesamt

nein

ja

teils

gesamt

30,8%

34,6%

34,6%

100%

26,1%

30,4%

43,5%

100%

0,0%

95,8%

4,2%

100%

6,9%

86,2%

6,9%

100%

0,0%

100,0%

0,0%

100%

*

*

*

*

66,7% 21,4%

0,0% 3,6%

33,3% 75,0%

100% 100%

* *

* *

* *

* *

* keine Aussage möglich, da zuwenig oder keine Werte Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Hoher Anteil von Eigenmarken bei der Bekleidung

Die Kunden der Einkaufszentren wurden um eine grobe Einschätzung gebeten, wie hoch der Anteil von Eigenmarken an den gekauften Produkten ist. Eigenmarken sind Artikel, welche vorwiegend bzw. ausschließlich in bestimmten Geschäften vertrieben werden. In der Tat sind sehr viele eingekaufte Produkte in den beiden Einkaufszentren Eigenmarken, besonders stark im wichtigsten Produktbereich, der Bekleidung (z. B. H&M usw.). Ein Preisvergleich mit identischen Artikeln zwischen Südtirol und den Einkaufszentren ist daher oft auch nicht möglich. Ausgeglichener ist die Situation bei den Nahrungsmitteln, wo im DEZ und in Affi nur mehr ein Drittel der Kunden ausschließlich Eigenmarken kauft. Der hohe Anteil an Eigenmarken beeinflusst auch das Preisempfinden der Konsumenten. Beispielsweise werden Bekleidungsartikel als günstiger im Vergleich zu Südtirol eingeschätzt, wohingegen der Preisvergleich des WIFO mit identischen Artikeln das Gegenteil ergeben hat, d.h. der Konsument vergleicht somit nur „Jeans“ mit „Jeans“. Bei anderen Produktbereichen (mit einem geringeren Anteil an Eigenmarken) stimmen allerdings die Einschätzung der Konsumenten und das Ergebnis des WIFOPreisvergleiches überein: z. B. sind Körperpflegeartikel und die Produkte der Unterhaltungselektronik in Innsbruck günstiger. In diesen Warenbereichen ortet der Konsument auch ein überdurchschnittlich großes Angebot an Sonderangeboten und eine größere Produktauswahl im Vergleich zu Südtirol.

18

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 3

3.3

Merkmale der Konsumenten

Grafik 3 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Mit wem sind Sie hergekommen?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Anteil an den Autos in %

mit der Familie

75,0%

93,5%

mit Freunden alleine

20,5% 4,5%

6,5%

DEZ

Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Gemessen an den Autos, kommt der Großteil der Südtiroler Kunden mit der Familie ins Einkaufszentrum (vor allem nach Affi (93,5%)). Mit Freunden kommen immerhin 20,5% ins DEZ aber nur mehr 6,5% nach Affi. Die Südtiroler fahren so gut wie überhaupt nicht alleine in die beiden Einkaufszentren. Erwähnenswert ist, dass Familien die Einkaufsfahrt nicht häufiger als Freunde mit einem Ausflug verbinden.

Kunden der Einkaufszentren sind vorwiegend Familien

Tabelle 4 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

Auto mit 1 Person Auto mit Freunden Auto mit Familie Gesamt

Durchschnittliche Anzahl der Autoinssassen DEZ 1,0 2,4 3,2 2,9

Affi * * 3,4 3,3

* keine Aussage möglich, da zuwenig oder keine Werte Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Im Schnitt kommen 2,4 Freunde je Auto aus Südtirol zum DEZ, bei der Familie hingegen 3,2 Mitglieder zum DEZ und 3,4 nach Affi. Insgesamt ist ein Auto im DEZ im Schnitt mit 2,9 Personen und in Affi mit 3,3 Personen aus Südtirol besetzt.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

19


Kapitel 3

3.4

Ausgabeverhalten

Grafik 4 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Wie viel haben Sie für diesen Einkauf ausgegeben?“ 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0%

Verteilung in % 43,5% 38,4% 32,6%

DEZ Affi

25,8% 17,2% 13,0%

8,6%

7,9%

bis 99€

6,5%

2,0% 2,2%

2,2%

100 bis 199€

200 bis 299€

300 bis 399€

400 bis 499€

über 500€

Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Im Schnitt werden pro Einkauf zwischen 234 € (Affi) und 249 € (DEZ) ausgegeben

Ein wesentlicher Baustein für die Abschätzung des Kaufkraftabflusses ist die Erhebung der durchschnittlichen Ausgaben für die Einkaufsfahrt. Im Schnitt geben die Südtiroler Konsumenten zwischen 234 € (Befragungsort: Affi) und 249 € (Befragungsort: DEZ) aus. Der Großteil der Kunden gibt zwischen 100 € und 300 € aus. Tabelle 5 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Wie viel haben Sie für diesen Einkauf ausgegeben?“ in Euro, nach Kundengruppen

Auto mit 1 Person Auto mit Freunden - je Person Auto mit Familie - je Familie Gesamt

DEZ 190 205 270

Affi * * 223

249

234

* keine Aussage möglich, da zuwenig oder keine Werte Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Im DEZ geben die Familien im Schnitt mehr aus als die Kunden, welche mit Freunden oder alleine kommen. Dabei muss allerdings noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die „Freunde“ als autonome Konsumenten befragt wurden, und damit die Ausgaben je Person gezählt werden, bei der Familie sind die Ausgaben auf die gesamte Familie bezogen. In Affi geben die Familien im Schnitt weniger aus als im DEZ.

20

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 3

3.5

Sonstige Aspekte der Einkaufsfahrt

3.5.1

Anteil der geplanten Einkäufe und Mitnahme für Bekannte

Grafik 5 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„War der Einkauf dieser Produkte geplant?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Verteilung in %

16,1% 8,7%

19,6% teils

39,1%

nein ja

75,2% 41,3%

DEZ

Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Kaufen die Konsumenten im Einkaufszentrum gezielt ein, oder lassen sie sich vom Angebot leiten und nehmen auch „ungeplante“ Einkäufe mit nach Hause? Im DEZ scheint das Kaufverhalten gezielter als im Affi abzulaufen: Beispielsweise geben 75,2% der befragten Kunden im DEZ an, das gekauft zu haben, was sie geplant haben, während dies nur für 41,3% der Affi-Kunden zutrifft. In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, dass der Großteil der Südtiroler die Einkaufsfahrt nach Affi mit einem Ausflug kombiniert, während sie ins DEZ vor allem zum Einkaufen fahren.

DEZ: Einkauf der Produkte häufig geplant und oft Mitnahme für Bekannte

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

21


Kapitel 3 Grafik 6 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Nehmen Sie bei Ihren Einkäufen auch Produkte für Bekannte mit?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Verteilung in %

25,5% 63,8% 50,3%

nein ja, manchmal ja, meistens

25,5% 24,2% DEZ

10,6% Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Bei ihren Einkäufen berücksichtigen die Konsumenten recht häufig auch ihre Bekannten in Südtirol und nehmen Produkte für diese mit. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den beiden Einkaufszentren: Die Südtiroler kaufen nicht nur gezielter im DEZ ein, sondern nehmen auch deutlich öfters Produkte für Bekannte mit als in Affi.

22

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 3 3.5.2

Aufwand (Zeit, Geld) für die Fahrt zum Einkaufszentrum

Schließlich wurden die Kunden der beiden Einkaufszentren auch um eine Einschätzung bezüglich des Aufwandes an Zeit und Geld für die Fahrt zum DEZ oder nach Affi gebeten. Grafik 7 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Wie viel Zeit vergeht zwischen Start und Rückkehr in Ihrem Wohnort für diese Einkaufsfahrt?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Verteilung in %

41,6%

40,4%

10 bis 12 h 7 bis 9 h

33,5% 24,8% DEZ

bis zu 6 h

46,8%

12,8% Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Für 40,4% (Affi) bzw. 41,6% (DEZ) der Kunden vergeht eine Zeitspanne von rund einem ganzen Tag (10 bis 12 Stunden). Immerhin ein Viertel der DEZ-Kunden wickelt die Einkaufsfahrt aber innerhalb von 6 Stunden ab. Im Schnitt brauchen die Südtiroler für die Einkaufsfahrt zum DEZ (hin und retour) 9,2 Stunden und nach Affi 9,7 Stunden.

Der Zeitaufwand je Einkaufsfahrt liegt im Schnitt zwischen 9,2 h (DEZ) und 9,7 h (Affi)

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

23


Kapitel 3 Grafik 8 Befragung der Südtiroler Kunden des DEZ und Affi vor Ort:

„Wie hoch schätzen Sie die Fahrtspesen für die Hin- und Rückfahrt in etwa ein?“ 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Verteilung in % 8,3%

4,4%

38,5%

42,2%

über 60 € 40 bis 60 € 20 bis 39 € bis 19 €

39,1%

51,1%

14,1%

2,2%

DEZ

Affi Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

Es werden nur die Spesen für Benzin und Maut nach Affi und DEZ von 36€ berechnet

Die Kunden nehmen an, dass Ihnen eine Fahrt zum DEZ bzw. nach Affi in etwa gleich viel kostet, nämlich rund 36 Euro. Mit dem offiziellen ACI-Tarif für die gefahrenen Kilometer gerechnet, sind dies in Wirklichkeit gerade mal die Hälfte der Kosten für das Auto.

3.6

Ziele der Einkaufsfahrten

Grafik 9 Befragung der Südtiroler Haushalte:

„Wohin sind Sie im Jahr 2004 am häufigsten zum Einkaufen gefahren?“ Anteil in %

Innsbruck Venetien (Affi, Verona, Belluno usw.) 9,5% Trentino 7,9% Osttirol (Sillian, Lienz usw.) 4,3% Bezirk Landeck und Imst 2,2% restliches Italien 1,8% Deutschland (München, Stuttgart usw.) 1,6% sonstige Orte 1,4%

26,7%

44,7%

keine Einkaufsfahrt außerhalb Südtirol 0%

10%

20%

30%

Quelle: WIFO – Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen

24

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

40%

50%


Kapitel 3 Welche Gebiete bevorzugen die Südtiroler Konsumenten bei Einkaufsfahrten außerhalb der Landesgrenze? Ein Viertel der befragten Südtiroler Haushalte (26,7%) gibt Innsbruck als den Ort an, wo sie am häufigsten (aber nicht notwendigerweise ausschließlich) einkaufen. Venetien mit den Einkaufszielen Affi, Verona, Belluno usw. liegt bereits deutlich hinter Innsbruck (9,5% der Südtiroler Haushalte gaben es als beliebtestes Einkaufsgebiet an), ebenso wie die Provinz Trient (Trient, Rovereto usw.). Eine gewisse Rolle spielt noch Osttirol (Sillian, Lienz usw.) sowie der Bezirk Landeck und Imst in Nordtirol, während die Einkaufsmobilität ins restliche Staatsgebiet, Deutschland und sonstige Orte (Schweiz, sonstige EU-Länder) vernachlässigbar ist. Der Großteil der Einkäufe außerhalb der Landesgrenzen wird demnach – erwartungsgemäß – in den direkt umliegenden Nachbargebieten von Südtirol abgewickelt.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

25


26

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

39,3% 29,7% 13,1% 14,5% 1,4% 0,0% 0,7% 0,7% 0,7% 100,0%

ÜberetschUnterland 47,9% 13,9% 15,4% 15,1% 0,0% 0,0% 3,9% 1,9% 1,9% 100,0%

Bozen 51,6% 40,0% 4,2% 1,1% 0,0% 0,0% 0,0% 3,2% 0,0% 100,0%

SaltenSchlern 51,7% 28,4% 8,0% 6,8% 0,6% 0,0% 2,3% 1,7% 0,6% 100,0%

Burggrafenamt 46,7% 39,1% 7,6% 3,3% 1,1% 1,1% 1,1% 0,0% 0,0% 100,0%

Eisacktal

nach Bezirksgemeinschaften, Verteilung in Prozent

32,3% 54,8% 6,5% 3,2% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 3,2% 100,0%

Wipptal

„Wohin sind Sie im Jahr 2004 am Häufigsten zum Einkaufen gefahren?“

Befragung der Südtiroler Haushalte:

Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

keine Einkaufsfahrt außerhalb Südtirol Innsbruck Venetien (Affi, Verona, Belluno usw.) Trentino Osttirol (Sillian, Lienz usw.) Bezirk Landeck u. Imst restliches Italien Deutschland (München, Stuttgart usw.) sonstige Orte Gesamt

Tabelle 6

38,2% 21,5% 6,9% 1,4% 27,8% 0,0% 1,4% 1,4% 1,4% 100,0%

Pustertal

33,8% 27,0% 1,4% 1,4% 0,0% 28,4% 0,0% 2,7% 5,4% 100,0%

Vinschgau

44,7% 26,7% 9,5% 7,9% 4,3% 2,2% 1,8% 1,6% 1,4% 100,0%

Gesamt

Kapitel 3


Kapitel 3 Gibt es Zusammenhänge zwischen dem Wohnort in Südtirol und den beliebtesten Einkaufszielen? Zunächst fällt auf, dass in den „grenznahen“ Bezirksgemeinschaften (Überetsch-Unterland, Eisacktal, Wipptal und Vinschgau) der Anteil der Haushalte, die im Jahr 2004 mindestens einmal eine Einkaufsfahrt außerhalb der Landesgrenzen durchgeführt haben, deutlich höher ist als in den „zentralen“ Bezirksgemeinschaften (Bozen, Salten-Schlern, Eisacktal und Burggrafenamt): Die Anteile schwanken zwischen 67,7% der Haushalte im Wipptal bis hin zu 48,3% der Haushalte im Burggrafenamt. Bei den einzelnen Einkaufszielen ergeben sich weitere Unterschiede. Zwar ist Innsbruck für alle Südtiroler Bezirksgemeinschaften, mit Ausnahme von Bozen, das beliebteste Einkaufsziel; besonders häufig dorthin fahren aber vor allem die Bewohner vom nahen Wipptal. Auf der anderen Seite ziehen das Trentino und Venetien überdurchschnittlich viele Kunden vom Überetsch-Unterland sowie aus Bozen an. Die Vinschgauer hingegen fahren überdurchschnittlich häufig nach Landeck und die Pustertaler überdurchschnittlich nach Osttirol. Tabelle 7 Befragung der Südtiroler Haushalte:

„Wo kaufen Sie vor allem ein? In Einkaufszentren oder in der Innenstadt?“ nach häufigstem Einkaufsgebiet, Verteilung in Prozent Einkaufszentren

Innenstadt

beides gleich oft

gesamt

Innsbruck

83,4%

7,4%

9,2%

100%

Venetien (Affi, Verona, Belluno usw.)

73,2%

8,2%

18,6%

100%

Trentino

65,0%

8,8%

26,3%

100%

Osttirol (Sillian, Lienz usw.)

68,2%

13,6%

18,2%

100%

Bezirk Landeck und Imst

68,2%

18,2%

13,6%

100%

restliches Italien

44,4%

22,2%

33,3%

100%

Deutschland (München, Stuttgart usw.)

31,3%

31,3%

37,5%

100%

sonstige Orte

35,7%

28,6%

35,7%

100%

Gesamt

73,3%

10,3%

16,4%

100%

Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung

Die Südtiroler Haushalte, welche außerhalb der Landesgrenzen einkaufen, tun dies zu 73,3% in Einkaufszentren. Besonders deutlich gilt dies für Innsbruck: Bereits 83,4% jener Haushalte, die dort einkaufen, bevorzugen ausschließlich Einkaufszentren (DEZ, Sillpark usw.). In Venetien (Affi usw.) und im Trentino liegt der entsprechende Anteilswert ebenfalls sehr hoch, allerdings besucht im Trentino bereits ein Viertel der Südtiroler sowohl Einkaufszentren als auch sonstige Geschäfte in der Innenstadt. DEZ und Affi bestätigen sich somit auch in dieser Hinsicht als sehr repräsentative Orte für die Erfassung der Südtiroler Einkaufsmobilität.

Bevorzugte Einkaufsorte der Südtiroler: Einkaufszentren in Innsbruck, im Trentino und in Venetien

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

27


Kapitel 4

4.

Abschätzung des Kaufkraftabflusses

Für eine plausible quantitative Abschätzung des Kaufkraftabflusses sind folgende Informationen notwendig: • die durchschnittliche Ausgaben je Einkaufsfahrt; • die Häufigkeit der Einkaufsfahrten; • die gesamten Konsumausgaben der Südtiroler Haushalte. Im Schnitt führt ein Südtiroler Haushalt 3,9 Einkaufsfahrten pro Jahr durch

Als Anhaltspunkt für die Ermittlung der durchschnittlichen Ausgaben je Einkaufsfahrt werden die Ergebnisse der Vor-Ort-Befragungen in den beiden Einkaufszentren herangezogen (siehe Kapitel 3.4). Die Konsumausgaben der Südtiroler Haushalte werden dagegen periodisch vom ISTAT erhoben. Die Einkaufsfrequenz hingegen wurde mit der Haushaltsbefragung des WIFO ermittelt: 44,7% der Südtiroler Haushalte sind im Jahr 2004 nie außerhalb der Landesgrenzen zum Einkaufen gefahren und weitere 41% höchstens 6-mal im Jahr. Nur sehr wenige Haushalte (4,3%) kaufen regelmäßig (mind. 1-mal pro Monat) außerhalb Südtirol ein. Im Schnitt kaufen die Südtiroler Haushalte 3,9-mal pro Jahr außerhalb der Landesgrenzen ein (bezogen auf alle Haushalte) bzw. 7,0-mal pro Jahr (bezogen auf jene Haushalte, die mind. eine Einkaufsfahrt getätigt haben). Tabelle 8 Ermittlung des Kaufkraftabflusses - 2004 Berechnungsschema Anzahl der Einkaufsfahrten - Stichprobe (1.017 Haushalte)

3.935

Anzahl Einkaufsfahrten - Südtirol (185.986 Haushalte)

704.845 249,5

Durchschnittliche Ausgabe je Einkaufsfahrt (Wert DEZ, Euro) Ausgaben pro Jahr für Einkaufsfahrten (Euro)

175.840.102

Konsumausgaben Südtirol - insgesamt (Euro)

6.901.851.187 2,5%

- davon Anteil Kaufkraftabfluss Konsumausgaben Südtirol ausgen. Bereiche ohne Einzelhandelsbezug (Euro)

4.601.323.398

- davon Anteil Kaufkraftabfluss

3,8%

Quelle: WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen, eigene Erhebung; Astat

In der Tabelle sind die einzelnen Berechnungsschritte der Reihe nach angeführt. Zunächst ermittelt sich aus der Multiplikation der Anzahl der Haushalte in der Stichprobe (1.017) mit der durchschnittlichen Einkaufsfrequenz (3,9-mal pro Jahr) die entsprechende Anzahl der Einkaufsfahrten. In Südtirol gibt es 185.986 Haushalte (Jahr 2004): Die Hochrechnung des Stichprobenergebnisses auf ganz Südtirol ergibt damit eine Anzahl von rund 705.000 Einkaufsfahrten pro Jahr. Nimmt man an, dass bei jeder Einkaufsfahrt genauso viel ausgegeben wird wie im DEZ (höchster Wert der beiden Einkaufszentren), so erhält man durch die Multiplikation der Anzahl der Einkaufsfahrten mit den durchschnittlichen Ausgaben eine Abschätzung

28

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 4 des absoluten Kaufkraftabflusses: Pro Jahr geben die Südtiroler rund 176 Mio. Euro für Einkäufe außerhalb der Landesgrenzen aus. Unter mehreren Gesichtspunkten ist dieser Wert als maximale obere Grenze einzustufen: Zum einen ist es so, dass Personen, die besonders häufig ins Ausland fahren, im Schnitt weniger für die Einkaufsfahrt ausgeben, weshalb der herangezogene Wert des DEZ die tatsächlichen Ausgaben eher überschätzt. Zum anderen „verzerren“ einige wenige Haushalte die Einkaufsfrequenz stark nach oben: Beispielsweise fahren nur 1,2% aller Haushalte mehr als 50-mal außerhalb Südtirol zum Einkaufen, sie erhöhen den Durchschnittswert der Einkaufsfahrten aber bereits von 3,1 auf 3,9-mal pro Jahr. Wie hoch ist der Anteil des oben berechneten, absoluten Wertes des Kaufkraftabflusses an den gesamten Konsumausgaben der Südtiroler Haushalte? Im Jahr 2004 haben die Südtiroler Haushalte insgesamt 6.902 Mio. Euro für den Konsum ausgegeben. Bezieht man die Ausgaben für Einkaufsfahrten auf diesen Wert ergibt sich ein relativer Kaufkraftabfluss in der Höhe von 2,5%. Schließt man jene Bereiche des Konsums aus, die keinerlei Einzelhandelsbezug haben (wie z. B. die Ausgaben für Wohnung usw.) so erhöht sich der entsprechende Anteil des Kaufkraftabflusses auf 3,8%.

Der Kaufkraftabfluss pro Jahr beträgt max. 176 Mio. Euro, d.h. 2,5% aller Konsumausgaben eines Jahres bzw. 3,8% der Konsumausgaben nach Ausschluss der Bereiche ohne Einzelhandelsbezug

Der Vollständigkeit halber anzumerken ist, dass die Kaufkraftabflüsse nur die eine Seite der Medaille sind. Für eine umfassende Analyse sind natürlich auch die Kaufkraftzuflüsse zu untersuchen.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

29


Kapitel 5

5.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Die Südtiroler kaufen außerhalb der Landesgrenzen bevorzugt in Einkaufszentren ein: Am beliebtesten sind jene von Innsbruck (DEZ usw.) und Venetien (Affi). Ins DEZ fährt man gezielt zum Einkaufen (nur 1/3 verbindet den Einkauf mit einem Ausflug) von Bekleidung (sehr häufig Kinderbekleidung), Körperpflegeartikel (Windeln, Zahnpasta, Deo usw.) und Nahrungsmitteln (unter anderem von Babynahrung). Im Schnitt gibt eine Familie 270 € aus, Einzelpersonen rund 200 €. Meist fährt man mit der Familie (75% der Befragten) zum Einkaufen. Im Schnitt befinden sich rund 3 Personen im Auto, bevorzugter Einkaufstag ist der Samstag, wo die 2.800 Parkplätze des DEZ bis zu einem Drittel von Südtiroler Autos belegt sind. Die Südtiroler Kunden sind vor allem deutscher Muttersprache, wobei es die Wipptaler und Eisacktaler im Verhältnis zur Bevölkerung überproportional nach Innsbruck zieht, die Bozner sind dagegen unterrepräsentiert. Die Gründe, warum man kommt, sind in erster Linie „Alles unter einem Dach“, die Auswahl und die bequeme Erreichbarkeit, einschließlich Parkmöglichkeit. Der Preis spielt keine so entscheidende Rolle. Zudem vergleicht man beim Preis nicht exakt die gleichen Produkte, sondern Zahnpasta mit Zahnpasta und Jeans mit Jeans. Nach Affi hingegen fährt der Südtiroler meist am Sonntag und verbindet die Fahrt mit einem Ausflug (89% der Befragten). Nach Affi fährt man noch stärker mit der Familie (94% der Fälle). In Affi werden in erster Linie Bekleidung und Nahrungsmittel gekauft. Ein Südtiroler Kunde gibt in Affi im Schnitt 234 € aus. Die Einkaufsgründe sind ähnlich denen im DEZ Auswahl und Bequemlichkeit, wobei vor allem die Öffnungszeiten (Sonntag) hervorgehoben werden. Nach Affi fahren überdurchschnittlich viele Bozner Bürger. Als anfallende Spesen für die Einkaufsfahrt zum DEZ und zum Affi berechnet man überwiegend nur Benzinkosten und Mautgebühren: Andere Kosten wie die Abnutzung des Fahrzeuges werden beispielsweise nicht mitberücksichtigt. Insgesamt beträgt der Kaufkraftabfluss maximal 2,5% (bezogen auf die gesamten Konsumausgaben der Südtiroler) und 3,8% (bezogen auf die Konsumausgaben mit Ausnahme der Bereiche ohne Bezug zum Einzelhandel (Wohnung usw.).

30

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Kapitel 5 Schlussfolgerungen • Die Erhebung hat gezeigt, dass die Kaufkraft, die aus Südtirol abfließt, zwar verhältnismäßig gering ist, trotzdem sollte man nicht einfach die Augen verschließen. Die Südtiroler kaufen außerhalb der Landesgrenzen, weil die Auswahl größer (vor allem Bekleidung, Drogeriewaren, Unterhaltungselektronik) und das Einkaufen bequem ist („Alles unter einem Dach“, Öffnungszeiten, Parkplätze). • Selbstverständlich kann jeder einkaufen, wo er möchte: Gesamtwirtschaftlich ist es vor allem wichtig, dass die Balance stimmt, dass zumindest genauso viele von außen nach Südtirol kommen, um dort einzukaufen. Insofern gilt es den Einkaufsort Südtirol noch viel attraktiver zu machen und zu bewerben. Dies geht nur gemeinsam und auf lange Sicht. Gemeinsam zwischen Kaufleuten, gemeinsam mit anderen Bereichen, gemeinsam mit öffentlichen Interessensträgern: Einkauf in Bozen in Verbindung mit einem Ötzibesuch, in Meran mit dem Besuch der schönsten Gärten Italiens. Dazu eine gemeinsame Kundenkarte aller Geschäfte eines Ortes, um so eine Art virtuelles Einkaufszentrum zu schaffen. Die Entfernung der einzelnen Geschäfte in den Bozner Lauben beispielsweise ist nicht größer als zwischen den Geschäften im DEZ. Selbstverständlich sind die genannten Angebotslücken zu füllen, Erreichbarkeit und Öffnungszeiten besondere Aufmerksamkeit zu schenken und die Aktionen gemeinsam zu vermarkten (auch mehrere Gemeinden zusammen). Genügt dies oder bleibt dann immer noch die Notwendigkeit eines (von) Einkaufszentrums (en)? Einkaufszentrum(en) JA – was bedeutet dies? • kurzfristige und die am einfachsten machbare Lösung; • der Druck auf die kleinen Nahversorgungsbetriebe wird weiter verschärft; • die Konsumenten, die außerhalb Südtirols zum Einkaufen fahren und den Einkauf mit einem Ausflug oder sonst wie verbinden, können auch durch ein Einkaufszentrum in Südtirol schwer aufgehalten werden; • der Schwerpunkt müsste auf jenes Sortiment gelegt werden, welche die Südtiroler Konsumenten außerhalb suchen; Einkaufszentrum(en) NEIN – was bedeutet dies? • Chance, um die in Südtirol noch einzigartige Nahversorgungssituation aufrecht zu erhalten; • langfristige, schwierige Lösung, zumal es besonderer Ideen, Aktionen, Anstrengungen und Kooperationen braucht, um für einheimische Konsumenten und Konsumenten von außerhalb Südtirols attraktiver zu werden; • die Angebotslücken im Bereich der Bekleidung (vor allem für Kinder) und der Drogeriewaren müssen geschlossen werden, sprich ein H&M z. B. wäre eine Bereicherung für den Südtiroler Einzelhandel.

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

31


Kapitel 5 Es liegt an den Kaufleuten selbst und an der Handelspolitik bzw. öff. Interessensträgern, keinen, einen oder beide Wege (Einkaufszentrum und verstärkte Anstrengungen des Handels) zu beschreiben. Tatsache ist aber auch, dass in letzter Zeit sehr viele Einkaufsmöglichkeiten im Discounter-Bereich entstanden sind bzw. noch entstehen werden (z. B. in Brixen, Bozen, Lana, Bruneck usw.), so dass die Notwendigkeit von Einkaufszentren sehr in Frage zu stellen ist. Priorität gilt vielmehr einer weiteren Professionalisierung des bestehenden Einzelhandels, die Schließung der aufgezeigten Angebotslücken, der Kooperation, dem Setzen von Sonderakzenten und Sonderaktionen sowie der Vermarktung des Südtiroler Einzelhandels außerhalb der Landesgrenzen.

32

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß


Wir stellen uns vor: Auskünfte und Daten im wirtschaftlichen Bereich an Firmen, Entscheidungsträger, Verbände, Studenten (wir vergeben auch Diplomarbeitsthemen) Beiträge und Referate für Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen zu volkswirtschaftlichen Themen Periodische Publikationen: • Bericht zur Wirtschaftslage Südtirols (jährlich) • Wirtschaftsbarometer (halbjährlich) • Großhandelspreisliste (monatlich) Studien:

• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •

Ausbildung mit Zukunft – Band 1: Absolventenbefragung der dreijährigen Lehranstalten und Berufsfachschulen (2006) Preisvergleich Bozen – Innsbruck – Trient (2005) Speck aus Südtirol – Eine wirtschaftliche Bewertung (2005) Produktivität – Südtirol auf dem Weg in die Zukunft (2004) Herausforderungen für KMU in Tirol und Südtirol (2004) Heimische Gerichte und Produkte (2004) Erfolgsfaktor Betriebsnachfolge – Relevanz für Südtirol (2004) Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Eine soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit (2003) Südtiroler Einzelhandel – Struktur und Herausforderungen (2003) Preise der Milchprodukte – Bestimmungsfaktoren (2003) Innovation – Besonderheit Südtirol (2002) Neue Unternehmen – Südtirols Gründern auf der Spur (2002) Milchwirtschaft im Alpenraum. Welcher Zukunft entgegen? (2002) Die Handelsvermittlung in Südtirol: Wichtiger Baustein der Wirtschaft (2002) Südtirol: Handelspartner im Herzen Europas. Wirtschaftsbeziehungen mit dem nationalen und internationalen Markt (2002) Südtiroler Handwerk: Struktur und Entwicklung (2002) Wirtschaftsatlas Südtirol – Tirol – Trentino. Wirtschaftliche Aspekte auf einen Blick (2001) Einnahmen und Ausgaben des Staates in Südtirol – Versuch einer lokalen Bilanz (2001) Südtiroler Industrie – Wettbewerbsfähiger durch Kooperation (2001) Kooperation – Chance und Herausforderung für das Südtiroler Handwerk – konkrete Schritte zur Umsetzung, Teil 2 (2001) Kooperation – Chance und Herausforderung für das Südtiroler Handwerk (2000) Dienstleisterfirmen und Freiberufler in Südtirol – Eine strukturelle und empirische Analyse (2000) Der Prospekt im touristischen Marketing – Eine vergleichende Analyse für Südtirol, Kärnten und Tirol (1999) Südtirol auf dem Weg in die Zukunft (1999) – erhältlich bei Verlagsanstalt Athesia – Bozen Struktur der Südtiroler Industrie (1999) Die landwirtschaftlichen Genossenschaften im Alpenraum (1998) Das Lehrlingswesen in Süd- und Nordtirol. Gründe für die Asymmetrie am Lehrstellenmarkt (1998) Wie werden die Grundflächen in Südtirol genutzt? – Eine Bestandsaufnahme (1998)

Ältere Publikationen finden Sie auf unserer Internetseite, danke! WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUT

I-39100 Bozen, Silbergasse 6 Postfach 441, Tel. 0471 945706, Fax 0471 945712 Internet: http://www.handelskammer.bz.it/wifo e-mail: wifo@hk-cciaa.bz.it

Kaufkraftabfluss aus Südtirol - Motive und Ausmaß

33


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.