Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen

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Die Berichte des WIFO sind kurze, problem- und lösungsorientierte Untersuchungen zu Teilaspekten der Südtiroler Wirtschaft. Die Informationen sind unmittelbar handlungsrelevant und für die Praxis aufbereitet.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir in unseren Studien und Berichten auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

Herausgeber

© 2023 Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen

Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen

Verantwortlicher Direktor

Alfred Aberer

Veröffentlicht im Mai 2023

Zugelassen beim Landesgericht mit Dekret Nr. 3/99

Nachdruck und sonstige Verbreitung – auch auszugsweise – nur unter Angabe der Quelle (Herausgeber und Titel) gestattet.

Autoren

Felix Steinwandter

Luciano Partacini

Mitarbeit

Margherita Franch

Redaktion

WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen

Leitung

Georg Lun

Zitierhinweis

WIFO (2023): Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen. Vorübergehende Corona-Erscheinung oder dauerhaftes Modell für die Zukunft?

WIFO Bericht 2.23

Für Informationen

WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen

Südtiroler Straße 60, 39100 Bozen

T +39 0471 945 708

wifo@handelskammer.bz.it

Weitere Publikationen im Internet unter www.wifo.bz.it

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WIFO Bericht 2 23 3 Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen Wichtigste Ergebnisse 5 Abstract 7 1. Einleitung 9 2. Die italienische Gesetzgebung zum Homeoffice 11 3. Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen 13 3.1 Wie häufig wird Homeoffice angewandt? 13 3.2 Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice? 15 3.3 Wann und wo wird Homeoffice praktiziert? 17 4. Erfahrungen der Unternehmen mit Homeoffice 19 5. Fazit und Schlussfolgerungen 23 Literaturverzeichnis 25
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Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen

Homeoffice ist eine seit langem bekannte flexible Arbeitsform, trotzdem war dessen Verbreitung in Südtirols Unternehmen bis vor wenigen Jahren eher überschaubar Dies änderte sich mit der Covid-19-Pandemie, als viele Unternehmen aufgrund des Lockdowns notgedrungen die Mitarbeiter in das Homeoffice schicken mussten. In diesem Bericht werden die Verbreitung, die Nutzung und die Erfahrungen der Südtiroler Unternehmen mit Homeoffice analysiert.

Während der ersten Coronawelle, im März 2020, hat sich Homeoffice in Südtirols Unternehmen schlagartig weit verbreitet. Da nur mehr in bestimmten „systemrelevanten“ Sektoren die Arbeit in den Betriebsstätten erlaubt war, mussten viele Unternehmen notgedrungen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken, um den Betrieb weiterführen zu können Dies war allerdings nur für jene Unternehmen möglich, in denen Büroarbeit anfällt Bei den Südtiroler Unternehmen mit unselbständig Beschäftigten stieg die Anwendung von Homeoffice von 3 % von vor der Krise auf rund 27 %.

Nach dem Ende des Notstandes ist die Verbreitung von Homeoffice zwar wieder zurückgegangen, es wird aber immerhin noch von jedem zehnten Unternehmen genutzt. Dies sind in etwa 1.700 Unternehmen mit rund 11.600 betroffenen Mitarbeitern

Der größte Teil dieser Unternehmen möchte Homeoffice auch in Zukunft beibehalten

In Bezug auf die einzelnen Wirtschaftssektoren wird Homeoffice überdurchschnittlich im Dienstleistungssektor (26 % der Unternehmen dieses Sektors), in den landwirtschaftlichen Genossenschaften (23 %), im Umwelt- und Energiebereich (22 %) und im Großhandel (16 %) angewandt. Das Verarbeitende Gewerbe liegt mit einem Anteil von 9 % knapp unterhalb des Durchschnitts. Am unteren Ende der Skala liegen die Sektoren Einzelhandel, Baugewerbe und Gastgewerbe (je 4 %) sowie Handel und Reparatur von Kfz (1 %)

In den meisten Unternehmen wird Homeoffice ein bis zwei Tage pro Woche angewandt. In etwa einem Drittel der Fälle handelt es sich um Homeoffice im engen Sinne, d.h. die Arbeit wird zuhause verrichtet, an denselben Arbeitstagen und -zeiten wie jenen im Büro. Bei etwa zwei Drittel der Fälle werden die Modalitäten flexibler gehandhabt und die Mitarbeiter können Arbeitszeit und -ort zum Teil frei wählen.

Etwa die Hälfte der Unternehmen beurteilt die Erfahrung mit Homeoffice neutral, also weder positiv noch negativ. Bei den Unternehmen, die sich nicht neutral äußern, überwiegen allerdings die positiven Beurteilungen gegenüber den negativen. In Bezug auf die einzelnen Aspekte des Homeoffice wird der „Zugang zu erforderlicher Software, Daten und Informationen für die Mitarbeiter im Homeoffice“ am positivsten bewertet. Andere sehr wichtige Aspekte werden vorwiegend positiv, von manchen Unternehmen aber auch negativ bewertet. Dies betrifft die „Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter“ und die

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„Organisation und Koordinierung der Mitarbeiter“. Die „Kommunikation mit den Mitarbeitern im Homeoffice“ wird etwas kritischer betrachtet. Am negativsten beurteilt werden die Effekte von Homeoffice auf „Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen seitens der Mitarbeiter“ .

Die Erhebung zeigt auch, dass jene Unternehmen, die Homeoffice nur während des Covid-19-Notstands angewandt haben, die Erfahrungen negativer beurteilen als jene Unternehmen, die es auch nach dem Notstand weiterhin anwenden. Die größten Unterschiede bei den Bewertungen betreffen die Kommunikation mit den Mitarbeitern und die Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter.

The use of remote work in South Tyrolean firms

Remote work is a form of flexible work that has been known for a long time. Nevertheless, its spread among South Tyrolean firms was rather limited until a few years ago. This changed during the Covid-19 pandemic as the lockdown forced many firms to have their employees working from home. This report analyses how widespread and common remote work is among South Tyrolean businesses, as well as their experience with it.

The first Covid-19 wave in March 2020 led to the sudden rise of remote work among South Tyrolean businesses. Since working in the office was only allowed in certain “system-relevant” sectors, many firms let their employees work from home to carry on with their business. However, this was only possible for firms with office-based activities. Among South Tyrolean businesses with employees, the spread of remote work increased from 3% before the pandemic to about 27%.

Once the state of emergency ended, the use of remote work decreased again, but one in ten firms, i.e. about 1,700 businesses, and 11,600 employees still rely on it. Most of these businesses would like to allow working from home in the future as well.

In terms of sectors, remote work is used above average in the service sector (26% of firms), in agricultural cooperatives (23%), in the environment and energy sector (22%) and in wholesale trade (16%). The manufacturing sector (9%) ranks just below the average. At the bottom of the ranking are retail trade,

construction, tourism (4% each) and sale and repair of vehicles (1%).

In most firms where remote work is implemented, employees use it once or twice a week. In approximately one third of cases, employees work from home on the same days and with the same working hours as colleagues working in the office. Around twothirds of the firms enable more flexible arrangements, giving the employees better freedom regarding the choice of time and place of work.

About half of the firms assess their experience with remote work neutrally, meaning a neither positive nor negative opinion. On the other hand, among those businesses that do not report a neutral evaluation, the positive reviews outnumber the negative ones. With regard to specific aspects of the remote work, the most positive assessment concerns “access to software, data and information needed by employees working from home”. Other relevant aspects, such as “productivity, motivation and discipline of employees” and “organisation and coordination of employees”, are evaluated mostly positively, but there are also some negative comments. “Communication with employees working from home” is rated somewhat more critically. The most negative assessment refers to the effects of working from home on “team spirit and employees’ sense of belonging to the firm”.

Furthermore, the results show that companies which implemented remote work only during the pandemic gave more negative evaluations than those that still use it afterwards. The

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greatest difference in ratings concerns the communication with employees and the productivity, motivation and discipline of the staff working from home.

Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen

Das Homeoffice ist ein mit Kommunikationstechnik ausgestatteter Arbeitsplatz außerhalb der Unternehmensräumlichkeiten.1 Dieses Arbeitsmodell erlebte durch die Covid-19-Krise und den behördlich angeordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie einen einmaligen Aufschwung.

Es gibt bereits einige Untersuchungen, wie Mitarbeiter das Homeoffice einschätzen und welche Vor- und Nachteile es hat (z.B. Aczel et al (2021), Ipsen et al (2021) oder Kłopotek (2017)). Auch gibt es Studien, die die Auswirkungen von Homeoffice auf die Zufriedenheit, Gesundheit und Produktivität der Mitarbeiter untersucht haben, mit durchaus heterogenen Ergebnissen So reduziert laut Niebuhr et al (2022) eine häufigere Nutzung des Homeoffice zwar stressbedingte Symptome, jedoch sinkt auch die Jobzufriedenheit. Ob diese im Homeoffice erreicht oder nicht erreicht wird, hängt laut Takami (2022) im Wesentlichen von den Persönlichkeitsmerkmalen des Mitarbeiters ab. Laut Makridis und Schloetzer (2022) haben Mitarbeiter, die immer im Homeoffice arbeiten, eher die Absicht den Job zu verlassen als Mitarbeiter, die nie im Homeoffice arbeiten. In Bezug auf die Produktivität im Homeoffice, zeigt sich in der Literatur kein einheitliches Bild. Laut Gibbs et al. (2021) steigen zwar die gearbeiteten Arbeitsstunden durch Homeoffice, gleichzeitig sinkt aber die Produktivität, insbesondere bei Arbeitnehmern mit Kindern zuhause Bloom et al. (2015) kam hingegen zum Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit durch die Heimarbeit steigt.

In der vorliegenden Arbeit soll der Fokus auf die Südtiroler Unternehmen gelegt werden, wie sie die Erfahrungen mit Homeoffice bewerten und in welchem Ausmaß es angewandt wurde bzw. wird. Dafür wurde im Mai-Juni 2022 eine repräsentative Erhebung im Rahmen des WIFO-Wirtschaftsbarometers (Sommerausgabe 2022) durchgeführt. Grundgesamtheit dieser Analyse sind alle aktiven gewerblichen Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Südtirol und mindestens einen unselbständig Beschäftigten haben 2 Es handelt sich um insgesamt 17.530 Unternehmen.

Die Stichprobe des Wirtschaftsbarometers ist disproportional nach Branchen geschichtet und ist insbesondere dahingehend optimiert, im Hinblick auf Konjunkturanalysen zuverlässige Aussagen für bedeutende Wirtschaftszweige zu ermöglichen. Der Fragebogen zum Homeoffice wurde von 1.426 Unternehmen beantwortet. Für die vorliegende Auswertung

1 Der teilweise synonym genutzte Begriff Smart Working wird in diesem Bericht aus Gründen der Lesbarkeit nicht verwendet.

2 Folgende Branchen wurden nicht berücksichtigt: Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau, unterstützende Dienstleistungen für den Verkehr, Beteiligungsgesellschaften (Holdings), Kauf und Verkauf sowie Vermietung und Verwaltung von eigenen oder geleasten Liegenschaften, Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen.

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wurden die Ergebnisse anhand der Verteilung der Unternehmen nach Sektoren und Größenklassen in der Grundgesamtheit hochgerechnet.

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Der in diesem Bericht verwendete und im deutschen Sprachraum geläufige Begriff Homeoffice kommt in der italienischen Gesetzgebung nicht vor. Stattdessen wird im italienischen Recht diese Thematik als agiles Arbeiten (Gesetz 81/2017) bzw. als Telearbeit (DPR 70/1999) geregelt.

Das agile Arbeiten (lavoro agile) wird im Gesetz 81/2017 Art. 18 Abs. 1 definiert. Dementsprechend handelt es sich um eine zwischen den Parteien vereinbarte Form der Ausübung eines lohnabhängigen Arbeitsverhältnisses, auch mit Formen der Organisation nach Phasen, Zyklen und Zielen, ohne genaue zeitliche oder örtliche Beschränkungen, mit der Möglichkeit des Einsatzes technologischer Hilfsmittel für die Ausführung der Arbeitstätigkeit. Die Arbeit wird teilweise innerhalb und teilweise außerhalb der Betriebsstätten ausgeübt, ohne fixen Arbeitsplatz, in den Grenzen der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit, wie es in den Gesetzen und Tarifverträgen vorgesehen ist.

Damit agiles Arbeiten angewandt werden kann, wird eine schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen (Art. 19 Abs. 1). Um die bürokratischen Hürden während der Covid-19-Krise zu senken, wurde der Zugang zum agilen Arbeiten im privaten Sektor erleichtert, durch den Wegfall der schriftlichen Vereinbarung bis zum 31. Dezember 2022. Darüber hinaus war agiles Arbeiten während der Coronakrise als gewöhnliche Arbeitsweise (modalità ordinaria) in der öffentlichen Verwaltung vorgesehen (Gesetzesdekret 18/2020 Art. 87).

Gemäß Art. 20 Abs. 1 (Gesetz 81/2017) wird der Arbeitnehmer, der agiles Arbeiten ausübt, wirtschaftlich und rechtlich den Arbeitnehmern gleichgestellt, die ausschließlich innerhalb des Betriebes arbeiten. Artikel 23 Absatz 2 regelt außerdem, dass die Arbeitnehmer aufgrund der erbrachten Arbeitsleistung außerhalb des Betriebsgeländes Anspruch auf Schutz vor Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten haben.

Am 7. Dezember 2021 wurde vom Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik das „Nationale Protokoll zur agilen Arbeit“ für den privaten Sektor verabschiedet, welches das Gesetz 81/2017 ergänzt. So sieht das Protokoll vor, dass die Teilnahme an der agilen Arbeitsweise auf freiwilliger Basis erfolgt und die Unterzeichnung einer individuellen Vereinbarung voraussetzt. Weiters führt die Weigerung des Arbeitnehmers am agilen Arbeiten teilzunehmen weder zu einer Entlassung aus berechtigtem Grund (per giusta causa) noch ist sie disziplinarisch relevant. Für die öffentliche Verwaltung gibt es eigene Richtlinien (Linee guida in materia di lavoro agile nelle amministrazioni pubbliche).

Neben dem Begriff agiles Arbeiten ist in der italienischen Gesetzgebung auch der Begriff Telearbeit (telelavoro) vorhanden. Dieser wird für die öffentliche Verwaltung im Dekret des Präsidenten der Republik 70/1999 (Regolamento recante disciplina del telelavoro nelle

WIFO Bericht 2.23 11

pubbliche amministrazioni) und für den privaten Sektor im zwischengewerkschaftlichen Abkommen vom 9. Juni 2004 geregelt. Unter Telearbeit versteht der italienische Gesetzgeber für die öffentliche Verwaltung die Erbringung von Arbeit in einem als geeignet erachteten Ort außerhalb der Betriebsstätte, sofern dies technisch möglich ist, und zwar mit der überwiegenden Unterstützung von Informations- und Kommunikationstechnologien, die eine Verbindung mit der Verwaltung ermöglichen […] (DPR 70/1999 Art. 2). In der Privatwirtschaft ist Telearbeit eine Form der Arbeitsorganisation und/oder -erbringung unter Einsatz von Informationstechnologie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, bei dem die Arbeit, die auch in den Räumlichkeiten des Unternehmens geleistet werden könnte, regelmäßig außerhalb der Betriebsstätten erbracht wird.

Telearbeit und agiles Arbeiten weisen also wichtige Unterschiede auf. Bei der Telearbeit kann die Arbeitsleistung standardmäßig außerhalb des Betriebes erbracht werden, was direkt bei der Einstellung vereinbart wird. Im Gegensatz dazu sehen die Regelungen zum agilen Arbeiten vor, dass die Arbeit in Präsenz und die Arbeit außerhalb des Betriebes kombiniert werden. Von den mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarungen zum agilen Arbeiten kann jederzeit (unter Einhaltung der entsprechenden Rücktrittsfrist) zurückgetreten und die Arbeitsleistung wieder im Betrieb ausgeübt werden 3

3 https://www.laleggepertutti.it/461638_quale-differenza-tra-telelavoro-e-smart-working (zuletzt zugegriffen am 11.01.2023)

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3.1 Wie häufig wird Homeoffice angewandt?

Aus der Erhebung geht hervor, dass vor der Coronakrise etwa 490 Südtiroler Unternehmen Homeoffice nutzten. Dies entspricht einem Anteil von rund 3 % aller gewerblichen Unternehmen mit unselbständig Beschäftigten Während des Covid-19-Notstands, als für viele Unternehmen die Arbeit in Präsenz unmöglich wurde, stieg der Anteil auf 27 %. Dies sind etwa 4.800 Unternehmen. Nach dem Ende des Notstands ist die Anzahl der Unternehmen, die Homeoffice verwenden, auf etwa 1.700 (bzw. 10 %) gesunken. Dies ist zwar ein deutlicher Rückgang, der Wert liegt aber immer noch mehr als dreimal über dem Vorkrisenniveau. Für die Zukunft wollen gut 9 % der Südtiroler Unternehmen Homeoffice beibehalten bzw. (wieder-)einführen. Rund 15 % wissen nicht, ob sie Homeoffice in Zukunft anwenden werden.

Abbildung 3 1

Anwendung von Homeoffice im Zeitverlauf

Anteil an den gewerblichen Unternehmen mit unselbständig Beschäftigten

Vor Covid Während des Covid-Notstands Nach dem Covid-Notstand (Mai-Juni 2022)

2022)

In Zukunft

Die Erhebung zeigt überdies, dass etwa drei Viertel (73 %) der Unternehmen, die nach dem Covid-Notstand Homeoffice weiter anwenden, dies auch in Zukunft beibehalten wollen, während der Großteil (83 %) jener, die es nicht oder nur vorübergehend verwendet haben, dies auch nicht (wieder-)einführen wollen.

Die Analyse nach Größenklassen (siehe Abbildung 3.2) zeigt, dass Homeoffice bei größeren Unternehmen (ab 50 unselbständig Beschäftigten) bereits vor der Coronakrise deutlich

WIFO Bericht 2.23 13
3% 27% 10% 9% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer

häufiger angewandt wurde als bei den kleineren Unternehmen. Dies gilt auch für den weiteren Zeitverlauf. Das Maximum erreichten die größeren Unternehmen während der Covid-19-Krise, als rund 82 Prozent Homeoffice angewandt haben. Derzeit, nach dem Notstand, beläuft sich dieser Anteil immerhin auf 42 Prozent.

Abbildung 3 2

Anwendung von Homeoffice im Zeitverlauf nach Größenklasse

Anteil an den gewerblichen Unternehmen mit unselbständig Beschäftigten

1-3 unselbständig Beschäftigte 4-9 unselbständig Beschäftigte

10-49 unselbständig Beschäftigte 50+ unselbständig Beschäftigte

Vor Covid Während des Covid-Notstands Nach dem Covid-Notstand (Mai-Juni 2022)

Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

Die häufigere Nutzung von Homeoffice seitens der größeren Unternehmen hat verschiedene Erklärungen. Im Gegensatz zu kleinen Handwerksbetrieben haben sie oft Personal, das reine Büroarbeit erledigt, welche auch von zu Hause oder von einem anderen Arbeitsplatz aus verrichtet werden kann Darüber hinaus besitzen sie meistens die erforderlichen informatischen, rechtlichen und organisatorischen Kompetenzen, um Homeoffice anzuwenden. Schließlich steigt bei einer größeren Anzahl von Mitarbeitern die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einige davon an diesem Arbeitsmodell interessiert sind

Betrachtet man die Lage der einzelnen Wirtschaftssektoren nach dem Ende des Covid-19Notstands (siehe Abbildung 3.3), so wird Homeoffice überdurchschnittlich im Dienstleistungssektor (26 % der Unternehmen dieses Sektors), von den landwirtschaftlichen Genossenschaften (23 %), im Umwelt- und Energiebereich (22 %) und im Großhandel (16 %) angewandt. Das Verarbeitende Gewerbe liegt mit 9 % knapp unterhalb des Durchschnitts der Gesamtwirtschaft (10 %). Am unteren Ende der Skala liegen Einzelhandel, Baugewerbe und Gastgewerbe (je 4 %) sowie der Sektor „Handel und Reparatur von Kfz“ (1 %)

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0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
In Zukunft © 2023 WIFO

Anwendung von Homeoffice nach Sektor

Anteil der gewerblichen Unternehmen mit unselbständig Beschäftigten, die Homeoffice auch nach dem Covid-Notstand weiter anwenden

Dienstleistungen

Landwirtschaftliche Genossenschaften

Energie, Wasser und Umwelt

Großhandel

Transport

Verarbeitendes Gewerbe

Gastgewerbe

Baugewerbe

Einzelhandel

Handel und Reparatur von Kfz Insgesamt

3.2 Wie viele Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice?

Derzeit nutzen etwa 11.600 unselbständig Beschäftigte von 1.700 Unternehmen Homeoffice. Dies entspricht einem Anteil von 6 % an den 199.000 unselbständig Beschäftigten der Südtiroler gewerblichen Unternehmen.

Von den Unternehmen, die Homeoffice anwenden (siehe Abbildung 3.4), geben 56 % an, dass ihre Mitarbeiter im Durchschnitt ein bis zwei Tage pro Woche das Homeoffice nutzen. Jedes fünfte Unternehmen gibt hingegen an, dass die Mitarbeiter das Homeoffice weniger als einen Tag pro Woche in Anspruch nehmen. Bei 13 % der Unternehmen nutzen die Mitarbeiter drei oder vier Tage pro Woche das Homeoffice; bei 12 % der Unternehmen nutzen sie es sogar die ganze Woche.

Im Vergleich dazu zeigt eine Erhebung des Arbeitsförderungsinstituts (AFI), dass laut der Mehrheit der Arbeitnehmer, das ideale Ausmaß von Homeoffice bei zwei bis drei Tagen pro Woche liegt.4 Das deckt sich mit den Erhebungen des Istat, wonach für 69,5 % der interessierten Arbeitnehmer das optimale Modell bei zwei oder drei Tagen Arbeit zu Hause liegt.5 Dies bedeutet, dass sich die Arbeitnehmer tendenziell einen Tag mehr Homeoffice pro Woche wünschen, als von den Arbeitgebern angeboten wird.

4 Vgl. Arbeitsförderungsinstitut, https://afi-ipl.org/veroeffentlichungen/smart-working-umfrage-birgt-einigeueberraschungen/#.Yy1ckbTP30s (zuletzt zugegriffen am 06.10.2022).

5 Vgl. Istat Rapporto Annuale 2022 in Pillole, https://www.istat.it/it/files/2022/07/Pillole-RAPPORTO-ANNUALE-20222.pdf (zuletzt zugegriffen am 30.11.2022).

WIFO Bericht 2.23 15 Abbildung 3 3
26% 23% 22% 16% 10% 9% 4% 4% 4% 1% 10% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

An wie vielen Tagen pro Woche arbeiten Ihre Mitarbeiter durchschnittlich im Homeoffice?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice auch nach dem Covid-Notstand weiter anwenden

Weniger als ein Tag pro Woche Ein bis zwei Tage pro Woche Drei oder vier Tage pro Woche Die ganze Woche

Verwendung von Homeoffice in Italien während und nach dem Corona-Notstand

Aus den Erhebungen (a) des Istat geht hervor, dass in Italien infolge der Pandemie im Zeitraum März-Mai 2020 21,3 % der Unternehmen mit mindestens 2,5 Beschäftigten (im Jahresdurchschnitt) Homeoffice (b) eingeführt haben bzw. dies auf weiteres Personal ausgeweitet haben. Auch hier wird bestätigt: Je größer die Mitarbeiterzahl, desto höher der Anteil der Unternehmen, die Homeoffice anwenden. Für Unternehmen mit 10-49 Beschäftigten steigt der Anteil auf 35,6 %, für jene mit 50-249 Beschäftigten auf 71,3 % und für jene mit 250 Beschäftigten oder mehr sogar auf 89,5 %. In Bezug auf die einzelnen Sektoren, wurde diese Maßnahme überdurchschnittlich in den Bereichen Information und Kommunikation (69,0 %) und Energieversorgung (66,6 %) umgesetzt, kaum dagegen im Gastgewerbe (3,6 %).

Im Zeitraum Juni-November 2020 reduzierte sich der Anteil der Unternehmen, die Homeoffice angewandt haben, italienweit wieder auf 11,3 %. Ein Jahr später, im Zeitraum Juni-November 2021, sank der Anteil weiter auf auf 6,6 %.

(a) Situazione e prospettive delle imprese nell’emergenza sanitaria Covid-19, aufrufbar unter: https://www.istat.it/it/archivio/244378 (veröffentlicht am 15.06.2020) bzw. https://www.istat.it/it/archivio/251618 (veröffentlicht am 14.12.2020) sowie Situazione e prospettive delle imprese dopo l’emergenza sanitaria Covid-19, aufrufbar unter: https://www.istat.it/it/archivio/266078 (veröffentlicht am 04.02.2021)

(b) Istat verwendet in den Berichten die Begriffe Distanzarbeit (lavoro a distanza) bzw. Smart Working.

16 Abbildung 3 4
20% 56% 13% 12% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

3.3 Wann und wo wird Homeoffice praktiziert?

Von jenen Unternehmen, die nach dem Covid-19-Notstand Homeoffice weiter anwenden, geben 32 % an, dass sich der Arbeitsort auf den Wohnort der Mitarbeiter beschränkt, wohingegen 68 % sagen, dass auch von woanders gearbeitet werden kann.

28 % der Unternehmen geben an, dass die Mitarbeiter nur an denselben Arbeitstagen und zu den Arbeitszeiten, die auch bei Anwesenheit im Unternehmen gelten, im Homeoffice arbeiten dürfen; 37 % hingegen, dass die Arbeit im Homeoffice zwar an denselben Tagen, aber mit flexibleren Zeiten (z.B. früher am Morgen oder später am Abend) ausgeübt werden kann. Schließlich geben 35 % an, dass auch an anderen Wochentagen (z.B. am Wochenende) im Homeoffice gearbeitet werden kann.

Die Erhebung ergibt weiters, dass die sehr kleinen Unternehmen (1-3 unselbständig Beschäftigte) bezüglich der konkreten Ausgestaltung (Zeit und Ort) von Homeoffice flexibler sind als die größeren Unternehmen, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich informeller ablaufen.

Abbildung 3 5

Wo dürfen Ihre Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice auch nach dem Covid-Notstand weiter anwenden

Nur zu Hause Wo sie wollen, also auch woanders

1-3 unselbständig Beschäftigte

4-9 unselbständig Beschäftigte

10-49 unselbständig Beschäftigte

50+ unselbständig Beschäftigte Insgesamt

Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

© 2023 WIFO

WIFO Bericht 2.23 17
8% 55% 40% 44% 32% 92% 45% 60% 56% 68% 0% 20% 40% 60% 80% 100%

Abbildung 3 6

Wann dürfen Ihre Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice auch nach dem Covid-Notstand weiter anwenden

Nur zu denselben Arbeitstagen und Arbeitszeiten, die auch bei Anwesenheit im Unternehmen gelten An denselben Tagen, aber mit flexibleren Zeiten (z.B. früher am Morgen oder später am Abend) Auch an anderen Wochentagen (z.B. am Wochenende)

1-3 unselbständig Beschäftigte

4-9 unselbständig Beschäftigte

10-49 unselbständig Beschäftigte

50+ unselbständig Beschäftigte

18
46% 43% 45% 28% 49% 28% 24% 40% 37% 50% 26% 33% 15% 35% 0% 20% 40% 60% 80% 100%
Insgesamt
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

Wie aus der folgenden Abbildung 4.1 hervorgeht, beurteilt die Hälfte der Südtiroler Unternehmen die Erfahrungen mit Homeoffice als neutral, 34 % hingegen positiv und 16 % negativ.6 Die größeren Unternehmen (50 unselbständig Beschäftigte oder mehr) geben im Vergleich zu den anderen Größenklassen positivere Beurteilungen ab (53 % bewerten positiv). Unternehmen mit 10-49 unselbständig Beschäftigten geben hingegen die negativsten Bewertungen ab (26 % bewerten negativ). Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass bei diesen mittelgroßen Unternehmen im Gegensatz zu den kleineren Unternehmen Homeoffice formeller geregelt werden muss (Unternehmensregeln, Richtlinien) und zusätzlich - im Gegensatz zu den größeren Unternehmen - die technischen, organisatorischen und rechtlichen Kompetenzen im Betrieb nicht immer vorhanden sind (Zugriff auf Unternehmens-/Kundendaten, Zugang zu erforderlicher Software usw.).

Abbildung 4 1

Wie bewerten Sie die Erfahrungen mit Homeoffice in Ihrem Unternehmen?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice anwenden bzw. vorübergehend angewandt haben

Positiv Weder noch Negativ

1-3 unselbständig Beschäftigte

4-9 unselbständig Beschäftigte

10-49 unselbständig Beschäftigte

50+ unselbständig Beschäftigte

6 In der Erhebung wurde eine fünfstufige Likert-Skala verwendet mit den Bezeichnungen „sehr negativ“, „eher negativ“, „weder negativ noch positiv“, „eher positiv“, sehr positiv“. Die beiden positiven und negativen Items werden in diesem Bericht jeweils zusammengefasst.

WIFO Bericht 2.23 19
34% 33% 27% 53% 34% 53% 57% 47% 35% 50% 12% 10% 26% 12% 16% 0% 20% 40% 60% 80% 100%
Insgesamt
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

Die Analyse nach Wirtschaftssektoren (siehe Abbildung 4.2) zeigt, dass Unternehmen des Umwelt- und Energiebereichs die Erfahrungen mit Homeoffice am positivsten bewerten (52 % positiv), gefolgt von den landwirtschaftlichen Genossenschaften (46 %) und dem Gastgewerbe (42 %) Das Baugewerbe bewertet die Erfahrungen hingegen am negativsten (31 % negativ). Im Verarbeitenden Gewerbe, im Sektor „Handel und Reparatur von Fahrzeugen“ und bei den Dienstleistungen sind die Bewertungen weniger eindeutig und unterscheiden sich wesentlich zwischen den einzelnen Unternehmen.7

Abbildung 4 2

Wie bewerten Sie die Erfahrungen mit Homeoffice in Ihrem Unternehmen?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice anwenden bzw. vorübergehend angewandt haben

Energie, Wasser und Umwelt

Landwirtschaftliche Genossenschaften

In Bezug auf die einzelnen Aspekte des Homeoffice (siehe Abbildung 4.3) wird der „Zugang zu erforderlicher Software, Daten und Informationen für die Mitarbeiter in Homeoffice“ am positivsten bewertet (39 % positiv; nur 8 % negativ).

Andere sehr wichtige Aspekte werden vorwiegend positiv, aber von einem wesentlichen Anteil der Unternehmen auch negativ bewertet. Dies betrifft die „Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter“ (40 % positiv; 20 % negativ) und die „Organisation und Koordinierung der Mitarbeiter“ (37 % positive, 20 % negative Bewertungen)

Die „Kommunikation mit den Mitarbeitern in Homeoffice“ wird etwas kritischer betrachtet (37 % positive, 28 % negative Bewertungen), am negativsten beurteilt werden aber die Effekte von Homeoffice auf „Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen seitens der Mitarbeiter“ (32 % negative und nur 25 % positive Bewertungen) Beide Aspekte deuten auf ein immanentes Problem mit Homeoffice hin, welches sich nicht ohne weiteres beheben lässt: Bei fehlender physischer Präsenz geht insbesondere der informelle Kontakt (Flurfunk, Kaffeepause) mit den Arbeitskollegen und Vorgesetzten verloren Außerdem werden

7 Die Fallzahlen in den Sektoren „Energie, Wasser und Umwelt“ sowie „Handel und Reparatur von Kfz“ sind mit jeweils 10 Antworten sehr klein, weshalb die Interpretation der Ergebnisse mit Vorsicht erfolgen muss.

20
52% 46% 42% 40% 39% 37% 32% 25% 20% 17% 34% 45% 48% 53% 37% 44% 47% 59% 68% 49% 69% 50% 23% 17% 16% 9% 8% 31% 13% 16% 0% 20% 40% 60% 80% 100%
Gastgewerbe
Großhandel Transport Baugewerbe Einzelhandel Insgesamt Positiv Weder noch Negativ
Verarbeitendes Gewerbe Handel und Reparatur von Kfz Dienstleistungen
© 2023 WIFO Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

Videokonferenzen persönliche Meetings wohl nie vollständig ersetzen können (fehlende Gestik, veränderte Gruppendynamik).8

„Privacy und Datenschutz“ sowie die „Auswirkungen auf die Unternehmenskosten“ und auf das „Außenimage des Unternehmens“ werden überwiegend neutral bewertet und spielen somit für die Südtiroler Betriebe weniger eine Rolle bei der Entscheidung, Homeoffice zu verwenden

Abbildung 4 3

Wie bewerten Sie die Erfahrungen mit Homeoffice in Ihrem Unternehmen?

Anteil an jenen Unternehmen, die Homeoffice anwenden bzw. vorübergehend angewandt haben

Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter

Zugang zu Software, Daten und Informationen für die Mitarbeiter im Homeoffice Kommunikation mit den Mitarbeitern im Homeoffice

Organisation und Koordinierung der Mitarbeiter

Einführung von organisatorischen oder verfahrenstechnischen Innovationen

Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen seitens der Mitarbeiter im Homeoffice

Privacy und Datenschutz, Schutz des Betriebsgeheimnisses

Auswirkungen auf die Unternehmenskosten Auswirkungen auf das Außenimage des Unternehmens

Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

© 2023 WIFO

Wie aus Abbildung 4.4 hervorgeht, zeigt die Erhebung auch, dass jene Unternehmen, die Homeoffice nur während des Covid-19-Notstands angewandt haben, die Erfahrungen negativer beurteilen als jene Unternehmen, die es auch nach dem Notstand weiterhin anwenden. Die größten Unterschiede bei den Bewertungen betreffen die Kommunikation mit den Mitarbeitern und die Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter.

8 Vgl. https://www.infranken.de/lk/gem/kann-die-videokonferenz-das-persoenliche-gespraech-ersetzen-art-5115289 (zuletzt zugegriffen am 11.01.2023).

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40% 39% 37% 37% 27% 25% 22% 21% 21% 40% 53% 35% 44% 58% 44% 64% 66% 66% 20% 8% 28% 20% 15% 32% 13% 13% 13% 0% 20% 40% 60% 80% 100%
Positiv Weder noch Negativ

Abbildung 4 4

Wie bewerten Sie die Erfahrungen mit Homeoffice in Ihrem Unternehmen?

Anteil negativer Bewertungen

Unternehmen, die Homeoffice derzeit anwenden Unternehmen, die Homeoffice vorübergehend angewandt haben

Kommunikation mit den Mitarbeitern im Homeoffice

Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen

seitens der Mitarbeiter im Homeoffice

Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter

Organisation und Koordinierung der Mitarbeiter

Auswirkungen auf das Außenimage des Unternehmens

Privacy und Datenschutz, Schutz des Betriebsgeheimnisses

Auswirkungen auf die Unternehmenskosten

Einführung von organisatorischen oder verfahrenstechnischen Innovationen

Zugang zu Software, Daten und Informationen für die Mitarbeiter im Homeoffice

Gesamtbewertung der Erfahrung

Ihres Unternehmens mit Homeoffice

Quelle: Wifo-Wirtschaftsbarometer (Sommer 2022)

© 2023 WIFO

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0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40%

Der Einsatz von Homeoffice in den Südtiroler Unternehmen

Homeoffice ist eine seit langem bekannte Arbeitsform, trotzdem war dessen Verbreitung in Südtirols Unternehmen bis vor wenigen Jahren eher überschaubar Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Homeoffice nicht für jeden Beruf geeignet ist. Während Verwaltungsund Sekretariatstätigkeiten, bzw. Computerarbeitsplätze sehr gut ins Homeoffice verlagert werden können, sind Tätigkeiten in der Produktion kaum dafür geeignet Entsprechend ist Homeoffice in den Unternehmen sehr unterschiedlich stark verbreitet und kann auch nicht auf alle Mitarbeiter ausgedehnt werden.

Auch die Mitarbeiterzahl spielt eine entscheidende Rolle. Je größer ein Unternehmen ist, desto leichter ist es, Homeoffice in die Arbeitsabläufe zu integrieren. Dies hat verschiedene Gründe: Zum einen haben größere Unternehmen – im Gegensatz zu kleinen Handwerksbetrieben – oft Personal, das reine Büroarbeit erledigt, zum anderen steigt bei einer größeren Anzahl von Mitarbeitern die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest einige davon an diesem Arbeitsmodell interessiert sind. Schließlich besitzen die größeren Unternehmen meistens die erforderlichen informatischen, rechtlichen und organisatorischen Kompetenzen, um Homeoffice anzuwenden.

Die Covid-19-Krise zeigte das Potential des Homeoffice. Vor der Pandemie nutzten nur etwa 3 % der Südtiroler gewerblichen Unternehmen dieses Arbeitsmodell, während der akuten Phase der Krise stieg dieser Wert auf 27 %, wobei der Anteil in den größeren Unternehmen nochmal deutlich höher lag. Nach dem Ende des Notstands ist die Verwendung von Homeoffice wieder zurückgegangen, und derzeit nutzt in etwa jedes zehnte Unternehmen weiterhin Homeoffice. Die Anzahl der betroffenen Mitarbeiter ist eher überschaubar: etwa 11.600 bzw. 6 % von den insgesamt 199.000 unselbständig Beschäftigten in den Südtiroler gewerblichen Unternehmen.

Das zeigt, dass viele Unternehmen weiterhin die Anwesenheit der Mitarbeiter im Betrieb bevorzugen, obwohl sie teilweise die positiven Auswirkungen von Homeoffice anerkennen Etwa die Hälfte der befragten Firmen beurteilt ihre Erfahrung mit Homeoffice als neutral („weder positiv noch negativ“). Bei den Unternehmen, die sich nicht neutral äußern, überwiegen allerdings die positiven Beurteilungen gegenüber den negativen In Bezug auf die einzelnen Aspekte des Homeoffice wird der „Zugang zu erforderlicher Software, Daten und Informationen für die Mitarbeiter im Homeoffice“ am positivsten bewertet. Andere sehr wichtige Aspekte werden vorwiegend positiv, von manchen Unternehmen aber auch negativ bewertet. Dies betrifft die „Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter“ und die „Organisation und Koordinierung der Mitarbeiter“. Die „Kommunikation mit den Mitarbeitern im Homeoffice“ wird etwas kritischer betrachtet. Am negativsten beurteilt

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werden die Effekte von Homeoffice auf „Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen seitens der Mitarbeiter“.

Zwischen den Bewertungen jener Unternehmen, die Homeoffice nach dem Covid-19Notstand weiterverwenden und jener, die es nur vorübergehend während der Pandemie angewandt haben, gibt es erwartungsgemäß deutliche Unterschiede. Insbesondere bewerten letztere die Kommunikation mit den Mitarbeitern sowie die Produktivität, Motivation und Disziplin der Mitarbeiter im Homeoffice deutlich schlechter. Diese negativen Erfahrungen sind vermutlich der Grund, warum einige Unternehmen Homeoffice nach dem Notstand nicht weitergeführt haben.

Allerdings bietet das Homeoffice auch große Vorteile, insbesondere was die Attraktivität eines Unternehmens als Arbeitgeber betrifft. In den meisten Betrieben wird Homeoffice derzeit ein bis zwei Tage pro Woche genutzt. Einer Erhebung des Arbeitsförderungsinstituts9 zufolge, liegt laut Mehrheit der Arbeitnehmer das ideale Ausmaß von Homeoffice bei zwei bis drei Tagen pro Woche. Damit wünschen sich die Arbeitnehmer tendenziell einen Tag mehr Homeoffice pro Woche als von den Arbeitgebern derzeit angeboten wird. Das Thema Arbeits- und Fachkräftemangel wird angesichts des demografischen Wandels immer drängender. Will ein Unternehmen Mitarbeiter rekrutieren und an sich binden, muss es einen attraktiven Arbeitsplatz anbieten. Homeoffice kann diesbezüglich ein wichtiger Pluspunkt sein. Zudem eröffnet sich ein größeres Einzugsgebiet für die Suche nach neuem Personal, denn die Entfernung zum Arbeitsplatz verliert für potenzielle Mitarbeiter ein Stück weit seine Bedeutung.

Das Homeoffice bietet auch aus gesellschaftlicher Sicht wichtige Vorteile an, insbesondere für den ländlichen Raum. So kann es dazu beitragen, die Abwanderung zu vermindern und die Dörfer und Ortschaften in abgelegenen Regionen vital zu halten. Auch auf das Verkehrsaufkommen wirkt sich Homeoffice positiv aus, indem Pendelfahrten vom Wohnort hin zum Arbeitsort und zurück eingespart werden können.

Aus all diesen Gründen wäre eine verstärkte Nutzung des Homeoffice seitens der Unternehmen in vielen Fällen sinnvoll. Der Corona-Notstand hat gezeigt, dass zumindest potenziell ein erheblich größeres Ausmaß an Homeoffice möglich wäre, als es aktuell angewandt wird.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Vorteile von Homeoffice und die Produktivität der betroffenen Mitarbeiter wesentlich von der Betriebsorganisation abhängen Um diese Arbeitsform optimal nutzen zu können, müssen die Unternehmen die notwendigen technologischen Voraussetzungen schaffen, das Management und die Personalführung gezielt adaptieren und die Kommunikation im Betrieb anpassen

9 Vgl. Arbeitsförderungsinstitut, https://afi-ipl.org/veroeffentlichungen/smart-working-umfrage-birgt-einigeueberraschungen/#.Yy1ckbTP30s (zuletzt zugegriffen am 06.10.2022).

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WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung

I-39100 Bozen

Südtiroler Straße 60

T +39 0471 945 708

www.wifo.bz.it

wifo@handelskammer.bz.it

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