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Was ist ein Gottesdienst?
GOTTESDIENST – WAS IST DAS EIGENTLICH?
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Was macht einen Gottesdienst zum Gottesdienst? Beginnen wir mit einer kleinen ›Theologie‹ des Gottesdienstes. Gott ist der wichtigste Teilnehmer im Gottesdienst. Wenn Gott nicht dabei ist, ist es kein Gottesdienst. Es wäre vielleicht ein Vereinstreffen oder eine Gemeindeversammlung. Der Gottesdienst wird zum Gottesdienst, indem wir nicht nur über Gott sprechen, sondern mit ihm. Gottesdienst gleicht daher eher einer Familienfeier als einem Seminar. In einem Seminar kann man etwas über Gott lernen, über Gott nachdenken und diskutieren. Das ist nicht schlecht, aber es ist nicht genug. Gottesdienst ist die Feier, in der Gott dabei ist und in der wir ihm begegnen. Gottesdienst ohne Gott wäre wie eine Geburtstagsfeier ohne Geburtstagskind. Gottesdienst ist die Familienfeier der Familie Gottes.
Das Gegenüber Gottes im Gottesdienst ist nicht nur der einzelne Mensch, sondern die versammelte Gemeinde. Es geht daher im Gottesdienst nicht nur um mich und Gott, sondern um die Beziehung Gott – Wir. Wenn es nur um mich und Gott gehen würde, könnte ich auch zu Hause oder in der freien Natur für mich allein Gottesdienst feiern. Der Gottesdienst unterscheidet sich vom alltäglichen Christenleben genau dadurch, dass wir uns im Gottesdienst als Gemeinde versammeln und dass Gott seiner versammelten Gemeinde begegnet. Gelegentlich fallen im Gottesdienst Sätze wie: »Vergiss, wer links oder rechts neben dir sitzt, jetzt geht es nur um dich und Gott«. Ich verstehe, was der Sinn solcher Aussagen ist – sie vermitteln aber ein etwas falsches Bild. Wenn das stimmen würde, müsste ich ja nicht im Gottesdienst sein. Es ist gerade die Besonderheit des Gottesdienstes, dass ich mit den anderen zusammen Gott begegne. Das heißt aber auch: Es ist gar nicht so entscheidend, ob der Gottesdienst mir gefällt, ob meine Vorlieben und Wünsche erfüllt werden, sondern ob ich Teil der Gemeinde werde, die Gott begegnet.
Die Begegnung zwischen Gott und seiner versammelten Gemeinde findet im Dialog statt, als Wort und Antwort. Martin Luther hat in der Predigt zur Einweihung der Schlosskirche in Torgau gesagt, dass in diesem Haus nichts anderes geschehen soll, als dass »unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein heiliges Wort, und wir wiederum mit ihm reden durch Gebet und Lobgesang«. Die Begegnung mit Gott erfolgt im Dialog, im wechselseitigen Gespräch, als Wort und Antwort. Die Kommunikation beginnt bei Gott, nicht bei uns. Das entspricht dem Evangelium, der guten Nachricht. Gottesdienst gibt es, weil Gott nicht schweigt, sondern spricht. Gott ist es, der die Eiszeit des Schweigens durchbricht und so überhaupt erst das Gespräch ermöglicht. Das ist eine befreiende Wahrheit. Im Gottesdienst müssen wir uns nicht mit unseren Gebeten und unserm Lobpreis Gehör bei Gott verschaffen. Wir müssen das Gespräch nicht eröffnen, sondern stimmen ein in das Gespräch, das Gott schon lange begonnen hat. Unser Reden ist nicht das erste Wort, sondern das zweite Wort – eben eine Ant-wort auf das Wort, das wir von Gott empfangen haben. Die vielfältigen Weisen, wie wir auf Gottes Wort hören und im Gebet mit Gott reden, verleihen dem Gottesdienst den kommunikativen Charakter. Sie machen deutlich, dass die vertikale Kommunikation bedeutsamer ist als die horizontale zwischenmenschliche Kommunikation. Es wird in der Gestaltung des Gottesdienstes darauf ankommen, diesen Dialog mit Gott in Wort und Antwort im Schwung zu halten. Anders formuliert: Wenn man darauf achtet, dass der Bibel und dem Gebet im Gottesdienst viel Beachtung geschenkt wird, ist die Grundlage für das wechselseitige Reden mit Gott gelegt.
Auszug aus dem aktuellen Buch von Dr. Stefan Schweyer. ›Gottesdienst verstehen – gestalten – feiern. Grundlagen und praktische Impulse‹ Brunnen-Verlag, 224 Seiten Erhältlich: willowshop.de