Wirtschaftsmagazin
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Das Journal für Unternehmer und Investoren 1 | 2010
Wo Kultur gelebt wird Schwerpunkt
Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen
Wirtschaft
Gipfeltreffen der Kreativen
Bildung und Wissenschaft Auf dem Weg zum Oscar
Lebensqualität
Bollywood an der Bergstraße
Unternehmenswettbewerb
Hessen-Champions 2010 schluss s g n u b r 010 Bewe 2 i n u J . rt: 11 unter verl채nge n e b r e w ns.de Jetzt be o i p m a h ssen-c e h . w w w
10 Jahre He
ssen-Champions
Wirtschaftsmagazin Hessen
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser, Hessen steht im Mittelpunkt, das gilt auch und besonders in kultureller Hinsicht. Denn wohl in kaum einem anderen Bundesland gibt es ein derart vielfältiges kulturelles Angebot, im Großen wie im Kleinen, von klassisch bis modern. Als Film- und Literaturland ist Hessen bekannt, seine Museumslandschaft hat Weltniveau, seine Festivals ziehen Kunstfreunde aus aller Welt an. Und es sind beileibe nicht nur die großen Städte, in denen sich das kulturelle Leben abspielt. Auch und gerade auf dem Land, abseits der großen Metropolen, hat sich eine überaus lebendige Kulturszene entwickelt. Orte, an denen Kultur stattfindet, erfahren eine ernorme Aufwertung. Denn Kultur macht einen Standort attraktiver, sorgt für mehr Lebensqualität und einen „Magneteffekt“: Menschen gehen dorthin, wo auch andere Menschen sind – und davon profitieren dann auch andere Bereiche wie Gastronomie und Einzelhandel. Kultur, so viel ist klar, hat einen spür- und messbaren wirtschaftlichen Effekt. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass Kultur – verstanden als Kultur- und Kreativwirtschaft – auch als eigenständiger Wirtschaftszweig von Bedeutung ist. Und auch hier ist Hessen vorn. Denn die kreativen Branchen leisten einen beachtlichen Beitrag zur hessischen Gesamtwirtschaft und spielen eine wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt. Für die Zukunftsfähigkeit eines Landes ist das von entscheidender Bedeutung. In einer globalen Wissensgesellschaft sind die zentralen „Rohstoffe“ nicht mehr Kohle und Stahl, sondern Know-how und Kreativität. Für diese bietet Hessen beste Voraussetzungen: Kreative Köpfe fühlen sich hier wohl – und sorgen dafür, dass Hessen auch als Kulturland spitze ist. Überzeugen Sie sich selbst, und lesen Sie, was der Kultur- und Kreativstandort Hessen alles zu bieten hat. Viel Freude und Gewinn bei der Lektüre des „Wirtschaftsmagazin Hessen“ wünscht Ihnen
Jürgen Illing Sprecher der Geschäftsführung HA Hessen Agentur GmbH
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Wirtschaftsmagazin Hessen
inhalt
22 Dieter Posch
steht seit mehr als einem Jahr an der Spitze des hessischen Wirtschafts ministeriums.
14 Das also war
des Pudels Kern: Faust-Inszenzierung in Wiesbaden dringt zum Wesentlichen vor.
Schwerpunkt
Kultur- und kreativwirtschaft 14 Die spielwütigen
Hohe Besucherzahlen, gute Auslastung – das Hessische Staatstheater Wiesbaden lockt viele Theaterfreunde. Woran das liegt, erzählen Intendant Manfred Beilharz, Theaterpädagogin Priska Janssens und Dramaturg Bodo Busse.
3 Editorial 6 Wo Kultur gelebt wird In Hessen sind die kreativen Branchen ein wichtiger Standortfaktor. Sie spielen nicht nur eine bedeutende Rolle für den Arbeitsmarkt, sondern tragen auch entscheidend zur hiesigen Lebensqualität bei.
9 Vielfalt als Prinzip Beliebter Treffpunkt: Der Schlachthof in Kassel bietet ein breitgefächtertes Angebot für ein bunt gemischtes Publikum.
10 Bilbao in Hessen Kunst- und Kulturangebote sind ein Motor der Stadtentwicklung. Die „kümmerei“ in Gießen macht es vor.
12 Klein, aber fein Die Eckelshausener Musiktage sind ein Geheimtipp für Klassikfreunde.
13 Umfrage: Mein Lieblingsmuseum Für jeden Geschmack etwas: Die hessischen Museen sind einen Besuch wert.
16 Literaturland Hessen Autoren, Literaturpreise, Archive, literarisches Erbe und Verlage: Hessen ist das deutsche Literaturland schlechthin.
18 Blick über den Tellerrand In Hessen wird eine Vielzahl von Radio- und Fernsehsendungen produziert.
19 News
WIRTSCHAFT 20 Kreative Schocklüftung Der Kreativchef der Werbeagentur Ogilvy & Mather will seiner Branche zeigen, dass die Metropolregion Frankfurt am Main zu den Top-Standorten der Industrie zählt.
22 „Hessen lebt von Mobilität“ Wirtschaftsminister Dieter Posch spricht über den Mobilitäts- und Kreativstandort Hessen.
25 Serie „Kleiner Ort – groSSer Name“ Der Familienbetrieb Thonet im nordhessischen Frankenberg (Eder) hat mit seinen Stühlen Designgeschichte geschrieben.
26 Alle (fünf) Jahre wieder Die documenta in Kassel ist eines der kulturellen Aushängeschilder in Deutschland.
28 News
38 Musik, Wein und kulinarische Köstlichkeiten: Die „Steinberger Tafelrunde“ ist ein Höhepunkt des Rheingau Musik Festivals.
32 Kreativität,
BILDUNG UND WISSENSCHAFT 30 Auf dem Weg zum Oscar Film- und Medienschaffende in Hessen profitieren von den umfangreichen Angeboten eines Netzwerks, an dem sich zahlreiche Hochschulen beteiligen.
32 Fruchtbare Verbindung An der Werkakademie Kassel können sich Handwerker aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen in zwei Jahren zum „Gestalter im Handwerk“ fortbilden.
33 Schick und schön Für den gelungenen Berufseinstieg in die Modeund Kreativbranche gibt es in Hessen verschiedene Ausbildungswege.
34 News
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
Foto: Helmut Schulze
handwerkliches Geschick und Ideenreichtum sind an der Werkakademie Kassel gefragte Eigenschaften.
LEBENSQUALITÄT 36 Eine Geschichte aus Heppenheim Die indische Filmindustrie entdeckt die malerische Bergstraße. Bollywood produziert jedes Jahr rund tausend Filme. Davon kann auch Hessen profitieren.
38 Festivals für alle Sinne Ob klassische Musik, Blues, Theater oder Bildende Kunst – das Angebot an Festivals und Ausstellungen in Hessen ist vielfältig und hochkarätig zugleich. Entsprechend beliebt sind Kulturreisen nach Hessen.
40 Das groSSe HessenQuiz 41 NEWS 42 Impressum
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Schwerpunkt
Wo Kultur gelebt wird
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„Als Wirtschaftsfaktor leisten die kreativen Branchen einen beachtlichen Beitrag zur hessischen Gesamtwirtschaft und spielen eine bedeutende Rolle für den Arbeitsmarkt.“ Wirtschaftsminister Dieter Posch
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an soll alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen…“, sagte einst der in Frankfurt am Main geborene Dichter Johann Wolfgang von Goethe. Der rund 200 Jahre alte Ausspruch von Deutschlands berühmtestem Poeten hat heute mehr denn je Gültigkeit. Denn Kultur steigert nicht nur die Lebensqualität der Menschen, die sie vor Ort erleben und genießen können. Sie trägt auch entscheidend zur Bildung – und nicht zuletzt zur regionalen Identität – der Menschen bei. Historische Bauwerke und kulturelle Einrichtungen wie sie in Darmstadt auf der Mathildenhöhe, in Kassel im Bergpark Wilhelmshöhe oder im Rheingau mit seinem Kloster Eberbach zu bestaunen sind – um nur einige Beispiele zu nennen –, machen Hessen zu einem kultur- und kunstgeschichtlichen Standort ersten Ranges. Jahr für Jahr locken die Sehenswürdigkeiten viele Besucher an. Gäste kommen aber auch zu den zahlreichen und vielseitigen Festivals, Konzerten, Museen, Theater und Ausstellungen, die Hessen zu bieten hat. So zieht die documenta, die weltweit wichtigste Kunstausstellung, alle fünf Jahre bis zu 750 000 Besucher nach Kassel. Neben den positiven wirtschaftlichen „Nebenwirkungen“ für die gesamte Region bietet die documenta darüber hinaus auch einen kunsterzieherischen Effekt. „Ich finde es aufbauend und inspirierend, dass wir ein Publikum haben, das sich bilden lassen möchte“, betont documentaGeschäftsführer Bernd Leifeld. Über ähnliche Nachwirkungen kann sich auch der Rheingau freuen: Schon seit Jahren ist das dortige Musikfestival für sein hochwertiges und abwechslungsreiches Programm überregional bekannt. „Allein schon durch die Einbindung des Wortes Rheingau in den Festivalnamen ist
Das Ideal der Schönheit: die Botticelli-Ausstellung im Frankfurter Städel.
das Rheingau Musik Festival ein Kulturbotschafter für die Region und das gesamte Bundesland“, sagt Festival-Intendant Michael Herrmann. Dass in Hessen Kultur gelebt wird, zeigt auch die vielfältige Museumslandschaft, die durch Häuser von internationalem Renommee geprägt ist. Das Museumsufer in Frankfurt am Main zählt zu den bedeutendsten Museumsstandorten in Deutschland und Europa. In Nordhessen ist die Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk) ein in dieser Art einmaliges Projekt: Es umfasst mehrere kunst- und kulturgeschichtliche Sammlungen an verschiedenen Standorten und Schlösser mit historischen Parkanlagen in Kassel und Umgebung. Hochwertige Kulturangebote werden in Hessen gerne angenommen – das zeigt auch der Erfolg der Hessischen Staatstheater, wie beispielsweise in Wiesbaden. „Wir sind ein sehr gut besuchtes Haus“, sagt Intendant Manfred Beilharz. „Bei den Besucherzahlen liegen wir, absolut betrachtet, im deutschlandweiten Vergleich etwa an achter Stelle.“ Gemessen an der Einwohnerzahl Wiesbadens – hier liegt die Stadt in Deutschland auf dem 22. Platz –, ist dies eine beachtliche Position. Aber auch die zahlreichen anderen öffentlichen und freien Theater in Hessen bieten ihrem Publikum ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches Programm. Kein Wunder also, dass sich die sogenannte Kreativwirtschaft in diesem Umfeld mehr als wohl fühlt. Dies gilt vor allem für die Branchen, die sich neben den klassischen Kulturmärkten wie Musik, Kunst, Literatur mit den Teilmärkten Design, Film, Werbung, Software- und Gamesentwicklung beschäftigen. So stellt die Kreativwirtschaft mit rund 37 000 Unternehmen 15 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen in Hessen und beschäftigt rund 138 000 Erwerbstätige. „Als Wirtschaftsfaktor
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Schwerpunkt leisten die kreativen Branchen einen beachtlichen Beitrag zur hessischen Gesamtwirtschaft und spielen eine bedeutende Rolle für den Arbeitsmarkt“, hebt Wirtschaftsminister Dieter Posch hervor. Mit einem Umsatz von gut 22 Milliarden Euro trugen die kreativen Branchen im Jahr 2007 rund 5 Prozent zum Umsatz der hessischen Gesamtwirtschaft bei. Vor allem die Zweige „Werbung und Public Relations (PR)“, „Verlagswesen“ sowie „Software und Games“ haben daran einen erheblichen Anteil. So belief sich der Umsatz in Werbung und PR im Jahr 2007 auf 2,8 Milliarden Euro, im Verlagswesen betrug er 2,3 Milliarden Euro. Mit der Entwicklung von Software und Internetpräsentationen wurden 2,0 Milliarden Euro Umsatz erzielt. Dabei sind die einzelnen Zweige untereinander eng vernetzt. Dass sich die kreativen Branchen gegenseitig befruchten, erlebt Juergen Boos, Direktor der größten und bedeutendsten Buchmesse der Welt – der Frankfurter Buchmesse –, jedes Jahr wieder aufs Neue. „Die Veranstaltung zieht neben der Buchbranche auch Film- und Musikproduzenten, Merchandisingfirmen, Fotoagenturen und Spielehersteller an. Mit der Digitalisierung der Inhalte rücken die kreativen Branchen näher zusammen“, so Boos.
Gipfeltreffen der Kreativen
Dieser Tatsache wird auch das ADC-Festival (Art Directors Club Deutschland) – das größte Treffen der Kreativ- und Kommunikationsbranche im deutschsprachigen Raum – gerecht, das 2010 erstmals und mindestens zwei weitere Male in Frankfurt am Main stattfinden wird. Im Mai ist es soweit: Dann nämlich sollen die Festivalbesucher einen „Clash of Creative Cultures“ – ein Zusammentreffen verschiedener kreativer Kulturen – erleben. Bei der Bewerbung für das Festival hat sich die Mainmetropole gegen Städte wie München, Düsseldorf und Hamburg durchgesetzt. Ein hartes Stück Arbeit, bei dem Verantwortliche aus der Werbebranche, aber auch Unternehmen, die Stadt Frankfurt am Main, die Region und das Land eng zusammengearbeitet haben. „Alle haben gespürt, dass wir jetzt die einmalige Chance haben, unsere Region als einen der Top-Standorte der Kreativ-
Auf der Mathildenhöhe in Darmstadt spiegelt sich Kulturgeschichte.
wirtschaft vorzustellen“, sagt der Frankfurter Wirtschaftsdezernent Markus Frank. Dass dies so ist, liegt nicht zuletzt an den anspruchsvollen und vielseitigen Bildungsangeboten in Hessen. In dem Bundesland sorgt eine Vielzahl von Studiengängen, privaten Akademien und Initiativen für bestens ausgebildete Nachwuchskräfte. Ob an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, an der hessischen Film- und Medienakademie (hFMA) oder an der Werkakademie Kassel – die Kreativen von morgen stehen bereits in den Startlöchern. In Zeiten knapp werdender Rohstoffe und im Wettbewerb der Regionen wird die Bedeutung der Kreativwirtschaft immer wichtiger – darüber sind sich Experten einig. Hessen ist für diesen Wettbewerb bestens gewappnet. K
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Initiative Region Kassel
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Vielfalt als Prinzip Soziokulturelle Zentren haben sich als fester Bestandteil im städtischen Kulturangebot etabliert. Allein rund 30 solcher Zentren gibt es in Hessen. Eines davon: das Kulturzentrum Schlachthof in Kassel.
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o sonst Punker und Rocker zu lauten Bässen tanzen, hockt jetzt artig eine Horde Kinder auf dem Boden und lauscht gespannt den ungewohnten Klängen. Kompositionen von Brahms und Mozart erklingen, extra arrangiert fürs junge Publikum und gespielt von professionellen Musikern. Die Kleinen sind begeistert – und spenden am Schluss lebhaft Applaus. „Große Musik für kleine Menschen“ nennt sich diese Veranstaltung. Sie findet jeden ersten Sonntag im Monat im Kulturzentrum Schlachthof Kassel statt und hat sich zu einem echten Dauerbrenner entwickelt. „Wir wollen Kindern die weite Welt der Musik in ungezwungener Atmosphäre näherbringen“, erläutert Schlachthof-Geschäftsführerin Christine Knüppel. „Das kommt gut an, bei Kindern wie bei Eltern. Die Veranstaltung ist immer gut besucht.“ „Große Musik für kleine Menschen“ ist nur ein Beispiel für die Vielfalt an Veranstaltungen, Aktionen und Programmen, mit der der Schlachthof Kassel das örtliche Kulturangebot bereichert. Seit seiner Gründung 1978 hat sich der Schlachthof zu einer festen Größe im Kulturbetrieb der Stadt und darüber hinaus entwickelt. Das Angebot geht dabei weit über die Veranstaltung von Konzerten hinaus. „Wir verstehen unsere Aufgabe vor allem darin, Menschen unterschiedlicher ethnischer und sozialer Herkunft die Teilhabe an Kultur und Gesellschaft zu ermöglichen“, sagt Christine Knüppel. „Das bedeutet, Menschen zu befähigen und zu ermuntern, selbst aktiv zu werden und nach Möglichkeit ihre eigene Lebenssituation oder die anderer zu gestalten oder zu verbessern.“ Dazu bietet der Schlachthof eine ganze Reihe von Bildungs- und Beratungsprogrammen an. Etwa das Projekt „Aktive Eltern“, das zu den sogenannten Leuchtturmprojekten der Stadt Kassel gehört: „Wir arbeiten mit Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen im Stadtteil zusammen und organisieren Sprachkurse für Eltern, Eltern-Cafés, Spielkreise und andere Aktivitäten zur interkulturellen Begegnung“, erläu-
Hier liebt man‘s bunt: Der ehemalige Schlachthof in Kassel ist ein Ort der interkulturellen Begegnung.
tert Christine Knüppel. „Auf diese Weise wollen wir letztlich dazu beitragen, die Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten Familien zu verbessern.“
Wichtige Ergänzung
Das Veranstaltungs- und Projektangebot des Schlachthofs Kassel ist beispielhaft für die Arbeit der knapp 30 soziokulturellen Zentren in Hessen. Sie bilden eine wichtige Ergänzung zum „klassischen“ Kulturbetrieb und bedienen mit ihrem breitgefächerten Angebot ein bunt gemischtes Publikum: Mehr als 25 Millionen Menschen besuchen jährlich Veranstaltungen in Kulturzentren, 75 000 Veranstaltungen finden pro Jahr statt, der größte Anteil im Bereich Musik, gefolgt von Theater-, Varieté- und Comedyaufführungen. Damit haben sich die einsti-
gen „Schmuddelkinder“ der Kulturszene längst als integraler Bestandteil des kulturellen Angebots ihrer Stadt etabliert. Sie sind mittlerweile sogar durchaus zu einem Standortfaktor geworden. Schließlich ziehen Menschen nicht zuletzt häufig deshalb in eine bestimmte Region, weil es dort eine lebendige Kulturszene gibt. Für viele Gruppen sind die soziokulturellen Zentren eine wichtige Anlaufstelle, in denen sie Hilfe finden oder mit Gleichgesinnten ihre Zeit verbringen können. Auch fungieren die Zentren als Dienstleister, indem sie Interessierten Räume und technische Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wie in Kassel: „Selbstorganisierte Gruppen und Migrantenvereine haben bei uns schon seit Jahren ihren festen Sitz“, sagt Christine Knüppel. „Hier unterstützen sie ihre Landsleute in konsularischen Angelegenheiten, beraten bei sozialen Fragen und koordinieren und organisieren politische und kulturelle Aktivitäten.“ K www.laks.de www.schlachthof-kassel.de
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Schwerpunkt
Bilbao in Hessen Kulturwirtschaft als Motor der Stadtteilentwicklung – das Beispiel „kümmerei“ in Gießen
„Wir wollen Kultur und Kulturwirtschaft sichtbar machen.“ Jörg Wagner
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ie Passanten fühlten sich ein wenig wie im Zoo. „Bitte nicht anklopfen“ stand auf dem Zettel, der an der Scheibe eines Geschäftes in einer Gießener Ladenpassage hing. Hinter der Scheibe wohnte jedoch kein scheues Tier. Vielmehr saß da ein Mensch an einem Tisch und schrieb. Gedankenverloren, konzentriert, mal sich die Schläfen kratzend, mal die Augen gegen die Decke gerichtet, auf der Suche nach dem passenden Wort. „Achtung, hier entsteht ein Roman“ nannte sich diese ungewöhnliche Aktion, mit der der Gießener Schriftsteller HansJürgen Hilbig die Öffentlichkeit an der Vollendung seines Romans „Elke träumt“ live teilhaben ließ. „Wir wollten auf diese Weise den Schreibprozess aus seiner Isolation in der Dichterstube befreien und für alle zugänglich machen. Das war für viele ein spannendes Erlebnis“, erzählt Manuela Weichenrieder. Sie betreibt gemeinsam mit ihrem Kollegen Jörg Wagner ehrenamtlich die Gießener „kümmerei“, dank deren Unterstützung die Aktion mit Hans-Jürgen Hilbig möglich wurde. Die Anfang 2009 an den Start gegangene Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, leerstehende (Gewerbe-)Räume als kulturelle Veranstaltungsorte zu nutzen und auf diese Weise den örtlichen Kulturbetrieb zu unterstützen und zugleich Kulturszene und Wirtschaft zu vernetzen.
Kreatives Potential
„Wir wollen Kultur und Kulturwirtschaft sichtbar machen“, erläutert Jörg Wagner das Ziel der „kümmerei“. Und dieses Sichtbarmachen ist den „Kümmerern“ bereits vielfach gelungen. Allein im vergangenen Jahr konnten dank der Unterstützung durch die „kümmerei“ zahlreiche Kulturprojekte – darunter Lesungen, Filmvorführungen, Ausstellungen, Theaterfestivals und Vorträge
– an unterschiedlichen Orten in Gießen realisiert werden. Zum Beispiel die Ausstellung „Gipsmänner – Methusalem-Kompott“ des Gießener Künstlers Juchan Reinhard. Der platzierte in einem ehemaligen Textilgeschäft an der Marktstraße fünf lebensechte Gipsfiguren alter Männer – und gewährte auf diese Weise einen voyeuristischen Blick auf die Vergänglichkeit des Menschen. Die „kümmerei“ in Gießen ist nur eines von zahlreichen weiteren Projekten in Hessen, die Kultur und Wirtschaft zusammenführen und das kreative Potential der Kunst mit der Entwicklung der Stadt kombinieren wollen. So werden beispielsweise in Kassel leerstehende Fabrikhallen für Kulturveranstaltungen genutzt, zudem ist hier eine Vielzahl von Vereinen, Künstlern, Ateliers, Clubs, Übungsräumen, Tonstudios und Werbeagenturen eingezogen. Ähnlich im Frankfurter Bahnhofsviertel, wo es eine Reihe von ungenutzten Büroge-
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bäuden gibt, die von der Kunstszene „in Beschlag“ genommen wurden. Was den zahlreichen Projekten bei all ihrer Unterschiedlichkeit gemein ist, ist der Aufwertungsprozess, den sie in Gang setzen. Denn Kunst und Kultur sind in der Lage, der Stadtentwicklung einen spürbaren Schub in Richtung Urbanität zu verschaffen und so auch zu einer wirtschaftlichen Belebung beizutragen. „Bilbao-Effekt“ nennt man diesen Prozess – angelehnt an die nordspanische Stadt Bilbao, die sich dank des 1997 fertiggestellten, spektakulären Guggenheim-Museums des amerikanischen Architekten Frank O. Gehry von einer Stadt im Dämmerzustand zu einer echten Touristenmetropole entwickelte. „Die ‚Inbesitznahme‘ von leerstehenden Einzelgebäuden, Gewerbebrachen oder ganzen Quartieren durch junge Kulturschaffende lässt kreative Milieus entstehen, die mit der Stadtentwicklung vielfältige Wechselwirkungen eingehen“, erläutert Dr. Helga Jäger vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. „Das von außen wahrnehmbare Profil und die Ausstrahlung der ganzen Stadt werden von der kreativen Szene positiv beeinflusst.“ Und auch wenn die unterschiedlichen Vorhaben und Ansätze in Hessen von der Größe und der kulturellen Bedeutung her längst nicht mit einem Megaprojekt wie dem Gehry-Bau vergleichbar sind, so besitzen sie doch allesamt das Potential, der Stadt oder dem Viertel Auftrieb zu verleihen – durch die Lebendigkeit, die sie ausstrahlen und bewirken, und durch die Anziehungskraft, die sie auf andere Bran-
[links oben] „Gipsmänner – Methusalem-Kompott“: Inszenierung von Juchan Reinhard. [oben] Was fürs Auge: Ausstellung von neun Gießener Fotografen in den Räumen der „kümmerei“. [links unten] Offen für Ideen: das Büro der „kümmerei“ in Gießen.
chen ausüben. „Dank einer vielfältigen und aktiven Kunst- und Kulturszene werden Städte attraktiver für Touristen, und davon profitieren auch Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe sowie Einzelhandel und Kleingewerbe“, sagt Helga Jäger. K www.kümmerei.org www.kulturwirtschaft-hessen.de
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Schwerpunkt
Klein, aber fein Die Eckelshausener Musiktage sind ein Geheimtipp für Klassikfreunde. Das Festival wurde vor bald 25 Jahren von der heute 86-jährigen Künstlerin Annemarie Gottfried gegründet, die die Geschäfte noch heute ehrenamtlich führt.
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aftig grüne Wiesen, sanft geschwungene, waldbedeckte Hügel, verwunschene Wege – das obere Lahntal ist eine Landschaft von idyllischer Schönheit. Doch nicht nur Naturfreunde finden den Weg hierher. Auch und vor allem Musikliebhabern ist die Gegend rund um Biedenkopf im westlichen Hessen, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Nordrhein-Westfalen entfernt, ein Begriff. Denn hier findet alljährlich um die Pfingstzeit ein Festival statt, das sich seit seiner Gründung 1986 zu einem echten Geheimtipp für Klassikkenner entwickelt hat: die Eckelshausener Musiktage. Trotz ihres mittlerweile beträchtlichen Erfolges und einer auch internationalen Bekanntheit haben sich die Eckelshausener Musiktage – benannt nach dem Biedenkopfer Stadtteil Eckelshausen, von dem das Festival ausging – ihren familiären Charakter bewahrt. Das liegt nicht zuletzt an der Gründerin, der Künstlerin Annemarie Gottfried. Die 86-jährige „Grande Dame“ der Musiktage ist trotz ihres fortgeschrittenen Alters nicht nur nach wie vor die treibende Kraft des Festivals, die rührige Dame, die sich vor allem als Bildhauerin und Puppenmacherin einen Namen gemacht hat, lässt es sich auch nicht nehmen, die aus allen Teilen der Welt angereisten Künstler in ihrem Wohnsitz, dem Schartenhof in Eckelshausen, zu verköstigen. Der Schartenhof, ein 300 Jahre altes Fachwerkgebäude, von Annemarie Gottfried 1970 erworben und nach liebevoller Sanierung zu einem Zentrum für Kunst, Musik und Theater ausgebaut, ist zugleich „Konzertsaal“ für Aufführungen im Rahmen der Eckelshausener Musiktage. Aber beileibe nicht der einzige. Denn die Eckelshausener Musiktage ha-
ben sich in den mittlerweile 24 Jahren ihres Bestehens auf zahlreiche weitere Aufführungsorte ausgeweitet. Darunter sind historische Stätten wie die Martinskirche in Dautphe oder Schloss Wittgenstein im nordrhein-westfälischen Bad Laasphe, aber auch ungewöhnliche Orte wie zum Beispiel der Glaspavillon eines Autohauses oder eine Baumschule, deren Gelände sich gut für Open-Air-Konzerte eignet. Zu den mittlerweile etablierten Aufführungsorten zählt auch das Atrium der Roth-Werke in Buchenau, wo seit 1998 regelmäßig Konzerte stattfinden. „Die Unterstützung durch Unternehmen vor Ort, die Firmenraum für Aufführungen zur Verfügung stellen, ist ein wichtiger Baustein für den Erfolg“, sagt Annemarie Gottfried. „Denn ein Festival wie die Eckelshausener Musiktage lebt davon, dass verschiedene, auch vom Charakter unterschiedliche Aufführungsorte genutzt werden können. Das macht nicht zuletzt seinen Reiz aus.“
Lob des Ehrenamts
Der wichtigste Baustein für den Erfolg ist freilich der Einsatz der zahlreichen ehrenamtlichen Helfer. „Ohne ehrenamtliches Engagement wären die Eckelshausener Musiktage nicht denkbar“, sagt Mareile Zürcher vom Förderverein Eckelshausener Musiktage. Und meint damit vor allem die Festivalgründerin selbst. Seit einem Vierteljahrhundert ist Annemarie Gottfried unermüdlich für die Musiktage aktiv, hatte in den ersten Jahren sogar selbst die künstlerische Gesamtleitung inne, bis sie diese an den renommierten Cellisten Julius Berger abgab, der das Festival bis heute leitet und wesentlich zu dessen guten Ruf beigetragen hat. Neben den Musiktagen kümmert sich Anne-
Kunst und Kommerz: Kammerkonzert im Atrium der Roth-Werke in Buchenau.
marie Gottfried noch um ein anderes Steckenpferd: das Marionettentheater. „Ich bin bildende Künstlerin, und ich liebe Musik – da lag es nahe, beides zu verbinden“, sagt Annemarie Gottfried. Seit 1996 betreibt sie ein Marionettentheater, das mit großem Erfolg klassische Opern zur Aufführung bringt. „In diesem Jahr stehen unter anderem ‚Die Zauberflöte‘, ‚Don Giovanni‘ und ‚Così fan tutte‘ auf dem Programm“, so Gottfried, die alle Marionetten für die Opern nach wie vor selbst herstellt. Für Karl-Hermann Bolldorf, Bürgermeister der Stadt Biedenkopf, ist das Engagement von Annemarie Gottfried, die 2003 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt wurde, gar nicht hoch genug zu würdigen. „Sie hat wesentlich dazu beigetragen, dass unsere strukturarme Region eine spürbare kulturelle Aufwertung erfahren hat“, sagt Bolldorf. „Und das schlägt sich natürlich auch wirtschaftlich nieder, schließlich hören die Gäste der Musiktage und der anderen Veranstaltungen, die übers Jahr im Schartenhof stattfinden, nicht nur Musik. Sie übernachten hier auch, gehen essen und nutzen weitere Angebote in der Region.“ K
Das festival 2010
Die Eckelshausener Musiktage finden alljährlich rund um Pfingsten statt, in diesem Jahr vom 22. bis 30. Mai. Das Festivalthema diesmal lautet „Die Romantik“. Auf dem Programm stehen Werke unter anderem von Schumann, Brahms, Chopin und MendelssohnBartholdy. Weitere Informationen sowie Karten unter www.eckelshausener-musiktage.de
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Mein Lieblingsmuseum in Hessen Vom Apotheken-Museum bis zum Völkerkundlichen Museum, vom Glasmuseum bis zum Rosenmuseum: Mit rund 400 verschiedenen Museen hat die hessische Museumslandschaft ihren Kunst- und Kulturliebhabern einiges zu bieten. Wir haben uns einmal bei Museumsbesuchern umgehört und sie nach ihren Lieblingsmuseen gefragt.
„Beeindruckende Kunst an den Wänden“ Zu meinen Lieblingsorten in Frankfurt zählt eindeutig das Städelmuseum. Und zwar nicht nur, weil ich mir dort gerne die „Orchestermusiker“ von Edgar Degas anschaue. Von Albrecht Dürer bis Gerhard Richter hängt hier beeindruckende Kunst an den Wänden, und trotzdem ist die Atmosphäre alles andere als verstaubt oder elitär. Das Haus ist offen für alle, es gibt viele interaktive Projekte für junges Publikum. An manchen Abenden kann man im Städel sogar tanzen gehen. Und im Sommer geht man nach dem Museum einfach aus der Tür, setzt sich mit einem Bier ans Museumsufer und genießt den Blick auf den Main und die Frankfurter Skyline.
David Hecker, 28 Jahre, Musiker aus Frankfurt am Main
„Nach hundert Jahren noch zeitlos schön“ Zu meinen Favoriten zählt auf jeden Fall die Mathildenhöhe in Darmstadt. Dort gibt es zahlreiche Möglichkeiten, einen schönen Nachmittag zu verbringen. Zuletzt habe ich gemeinsam mit meiner Freundin die Ausstellung über den Gründer der Künstlerkolonie Joseph Maria Olbrich besucht. Das gesamte Gelände umfasst zahlreiche Grünflächen, im Sommer kann man hier wunderbar die Füße hochlegen. Aber auch zu Silvester
wird dort gefeiert und angestoßen. Einen schönen Blick bekommt man auf der Aussichtsplattform des Hochzeitsturms. Beeindruckend sind die verschiedenen Häuser der Künstler, die auch nach hundert Jahren noch zeitlose Schönheit ausstrahlen. An einem schönen Samstagvormittag sollte man sich unbedingt etwas Zeit für einen Spaziergang über die Rosenhöhe nehmen.
Michael Werner, 27 Jahre, Student aus Darmstadt
„Jedes Mal etwas Neues zu entdecken“ Das Museum Anatomicum in Marburg ist eines meiner liebsten Museen – ein absoluter Geheimtipp. Die anatomische Sammlung im Dachgeschoss eines alten Universitätsinstitutes gleicht einem Kuriositätenkabinett, das macht den Museumsbesuch immer sehr lebendig. Zu sehen gibt es jede Menge: von Mumien über Plastinate des menschlichen Körpers bis zu chirurgischen Instrumenten und Skeletten. Die Geschichten zu den vielen ungewöhnlichen Exponaten sind spannend, und es gibt jedes Mal etwas Neues zu entdecken. Außerdem liegt das Museum in direkter Nähe zur berühmten Elisabethkirche, und aus den Fenstern hat man einen schönen Blick über Marburg und das Landgrafenschloss. Regulär bietet das Museum jeden ersten Samstag im Monat von 10 bis 12 Uhr eine Führung an, man kann sich aber
auch einen persönlichen Führer durch das Museum reservieren. Wer es schaurig-schön oder lieber wissenschaftlich mag, kann im Anatomicum in jedem Fall auf seine Kosten kommen.
Nadine Beck, 33 Jahre, Studentin aus Marburg
„Für einen Moment in einer gigantischen Seifenblase“ Mein Lieblingsmuseum in Hessen ist das Mathematikum in Gießen. Ich war schon dreimal mit meiner Familie und einmal mit der Schule dort. Am besten finde ich die vielen verschiedenen Experimente, die man selbst auch ausprobieren kann. Besonders gut gefallen mir die LegeRätsel und der Seifenvorhang. Dabei steht man in einer Art Wanne und muss dann an einem Seil ziehen. Wenn man alles richtig macht, spannt sich eine riesige Seifenhaut um einen herum auf, und man ist für einen Moment in einer gigantischen Seifenblase. Das Mathematikum ist ein echtes Mitmach-Museum. Außerdem kann man im Museumsshop schöne Spiele kaufen. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Besuch!
Johannes Büchner, 12 Jahre, Schüler aus Dreieich
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Schwerpunkt
Die Spielwütigen Hohe Besucherzahlen, gute Auslastung – das Hessische Staatstheater Wiesbaden lockt viele Theaterfreunde. Woran das liegt, erzählen Intendant Manfred Beilharz, Theaterpädagogin Priska Janssens und Dramaturg Bodo Busse.
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bend für Abend entführt das Staatstheater Wiesbaden seine Zuschauer in fremde Gefilde, zu Troubadour und Tristan. Es gibt jede Saison rund 930 Vorstellungen – jeden Tag wartet das Theater mit durchschnittlich drei Aufführungen auf. Das wissen die Besucher zu schätzen: Was die Zuschauerzahlen anbelangt, liegt Wiesbaden in Deutschland an achter Stelle. Insgesamt locken die Hessischen Staatstheater in Darmstadt, Kassel und Wiesbaden jedes Jahr mit Oper, Schauspiel und Tanz mehr als 800 000 Menschen an. Nichtsdestotrotz brauchen die drei Staatsbühnen Unterstützung: Sie werden von Stadt und Land getragen.
Der Sammler: Intendant Manfred Beilharz
Beilharz spürt Inszenierungen für die Festivals auf Wispern im Zuschauerraum. Ein Dolmetscher beugt sich zu Manfred Beilharz hinüber. Wort für Wort, Dialog für Dialog, Szene für Szene flüstert er ihm die Handlung des Stückes ins Ohr. Der Intendant des Staatstheaters Wiesbaden reist von Belgien in die Türkei, von Polen nach Italien, von Kroatien nach Weißrussland, immer auf der Suche nach Inszenierungen für seine beiden Festivals, die Internationalen Maifestspiele und die Biennale. Für die Biennale etwa legt er mit seinen Mitstreitern Tankred Dorst und Yvonne Büdenhölzer achtzigtausend Kilometer in drei Monaten zurück. Insgesamt sehen sie sich hundertzwanzig Stücke an. Meist haben sie vorher eine Übersetzung gelesen, manchmal auch nur eine Inhaltsangabe überflogen. Von Zeit zu Zeit aber stolpern sie ohne Vorwissen in eine Aufführung. Und so kauert sich ein Simultandolmetscher in den Nachbarsessel und tuschelt ihnen das Bühnengeschehen zu. In diesem Jahr steht ein Jubiläum an: Die Biennale findet zum zehnten Mal statt. Im Juni zeigt Manfred Beilharz knapp 25 Stücke, allesamt in der Originalinszenierung und in der Originalsprache, die synchron auf Deutsch übersetzt wird. Wiesbaden ist dann – diesmal zusammen mit Mainz – elf Tage lang die Hauptstadt des Theaterschaffens: Das Publikum soll das europäische Theater der Gegenwart kennenlernen. Beilharz interessieren vor allem die Bühnen jenseits von London, Paris und Rom. Er verfolgt, was sich in den Theatersälen Moldawiens, Kroatiens und Tschechiens abspielt. Besonders spannend findet er derzeit die Türkei. Das dortige Theater erscheine ihm so lebendig, sagt er gleich mehrfach. Er hat unter anderem gerade eine kleine Produktion aufgetan, in der drei junge Frauen weit verbreitete Vorurteile zerpflücken. Dazu braucht man Gespür. Dass er Talente ausfindig machen kann, hat Beilharz schon früh bewiesen. Zum Beispiel bei der im vergangenem Jahr verstorbenen Tänzerin und Choreographin Pina Bausch. Die hat er schon vor mehr als vierzig Jahren verehrt. Dafür hat sie sich 2006 mit einem Auftritt bei den Maifestspielen bedankt.
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Die Vermittlerin: Theaterpädagogin PrisKa Janssens
Janssens bringt Bürger ins Theater Die Aufgabe lautet: „Schreiben Sie eine Arie.“ Ärzte, Anwälte und Arbeitslose stecken die Köpfe zusammen. Sie gehören zu den siebzig Wiesbadenern, die für das Staatstheater ein Libretto verfassen. Die Theaterpädagogin Priska Janssens hat sie unter dem Motto „Eine Stadt macht Musiktheater“ zusammengetrommelt. Menschen mit viel Musikbegeisterung, doch ohne einen Musikberuf versammeln sich einmal in der Woche. In Kleingruppen schreiben sie erst den Text, komponieren dann die Musik. Die einen kümmern sich um ein Duett, die anderen dichten eine Arie. Sie schildern ein altbabylonisches Epos, nämlich die Geschichte von Gilgamesch, dem König von Uruk. Mit dieser Aufgabe sind sie nicht allein. Unterstützung bekommen sie von den Librettisten und Komponisten des Staatstheaters. Und von Priska Janssens. Ihr obliegt die Verantwortung von der ersten Eingebung bis zur ersten Aufführung. In ihren Worten: „Bis das letzte Kind seinen Weg auf die Bühne gefunden hat.“ Das wird kommendes Jahr passieren. Im Sommer 2011 findet die Premiere statt. Gilgamesch hat einen Vorgänger: 2006 hat Priska Janssens das Projekt „move@school“ angestoßen. Kinder und Jugendliche aller Altersklassen und Schulformen entdeckten Musik und Theater. Sie dachten sich Rapsongs aus, entwickelten Tanzschritte, traten vor das Premierenpublikum. Zuletzt haben vor knapp zwei Jahren rund zweihundertachtzig Schüler die Bühne gestürmt. Für viele war es die erste Begegnung mit dem Theater. Doch dank Priska Janssens nicht die letzte. Der Erneuerer: Dramaturg Bodo Busse
Busse versorgt die Regie mit Ideen In Badehosen, mit Schwimmbrillen und in Flipflops stehen die Menschen knietief im Tomatensaft. Das Gemüsepüree schwappt durch die Kleinstadt Buñol unweit von Valencia. Dort dürfen sich jeweils am letzten Mittwoch im August die Einwohner mit Tomaten bewerfen – zur sogenannten Tomatina, zur großen Tomatenschlacht. Dabei gelten nur zwei Regeln. Erstens: Bevor jemand eine Tomate schleudert, muss er sie zerdrü-
cken – schließlich soll niemand ein blaues Auge davontragen. Zweitens: Der Tomatensaft muss an jede Hauswand spritzen. Als Bodo Busse im Sommer nach Spanien reiste, erfuhr er von diesem Brauch. Erotisch, archaisch und sinnlich fand der Dramaturg das Spektakel. Er wusste: Das passt zu Carmen, der Hauptfigur in George Bizets gleichnamiger Oper. Wenig später bekam das Wiesbadener Publikum Carmen zu sehen. Und eine Tomatenschlacht. Den Regisseur mit Ideen versorgen – das ist eine der Hauptaufgaben von Bodo Busse. Dabei lässt er sich von seinem Umfeld – oder von einem Urlaub – anregen: „Man muss die Werke öffnen für das Leben.“ Freilich analysiert er auch das Werk, erforscht den philosophischen, sozialen und historischen Kontext. Dabei muss er sich bisweilen fragen: Geht die Regie zu weit? Passen die Einfälle? Um das beurteilen zu können, liest er die Partitur, die Biographie, die Sekundärliteratur. Er recherchiert die Aufführungsgeschichte, schreibt schließlich das Programmheft – im Grunde arbeitet Busse wie ein Redakteur. Wie ein Redakteur, der auch beim Vorsingen und Vorsprechen dabei ist. Jede dritte, vierte Vorstellung erlebt er außerdem an der Mithöranlage mit. Der schönste Moment ist für ihn jedoch die Premiere. Wenn er das Gelächter während der Aufführung und die Gespräche in der Pause belauscht. K
[linke Seite] Inszenierung mit Wucht: Das Teatro Regio di Parma zeigte bei den Maifestspielen im vergangenen Jahr „Nabucco“. [rechts] Faust in Wiesbaden: Bei den vergangenen Maifestspielen haben „Les ballets de Monte Carlo“ den Klassiker interpretiert.
Informationen
internationale Maifestspiele
Biennale
www.maifestspiele.de
www.staatstheater-wiesbaden.de
Oper, Tanz und Schauspiel – die Maifestspiele bieten Aufführungen aus zwölf Ländern, unter anderem aus Aserbaidschan, Brasilien und China. Das Festival dauert vom 1. bis zum 31. Mai 2010. Eröffnet wird das Programm mit der Uraufführung „Elektras Lächeln“ von Ernst August Klötzke.
Blick über die Landesgrenzen: Das Theaterfestival Biennale findet vom 17. bis zum 27. Juni 2010 statt. Wie gewohnt lautet das Motto „Neue Stücke aus Europa“: Rund dreißig Theaterstücke werden zu sehen sein – in Originalsprache mit Dolmetscher.
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Schwerpunkt
Literaturland Hessen Autoren, Literaturpreise, Archive, literarisches Erbe und Verlage: Hessen kann mit Fug und Recht von sich behaupten, das deutsche Literaturland zu sein.
Es war einmal
mm Brüder Gri zierten die n ite Ze kZu D-Mar Scheine. 1000-Markab 1992 die
„Die Stärkung der Lesekompetenz der hessischen Schülerinnen und Schüler ist eines der wichtigsten Anliegen der Hessischen Landesregierung. Als zentrale Querschnittskompetenz wird sie überall benötigt. Deshalb ist es besonders wichtig, die Lesefähigkeit der Kinder so früh wie möglich zu fördern und die Lust am Lesen zu wecken. Über die Vermittlung der Lesefertigkeit und die gezielte, individuelle Förderung der Lesekompetenz der Kinder hinaus unterstützen die Schulen durch weitere Aktionen während und außerhalb des Unterrichts die Freude am Lesen. Dazu gehören zum Beispiel Vorlesestunden – auch durch Minister und Staatssekretäre der Landesregierung –, der Besuch von Buchhandlungen und öffentlichen Bibliotheken, Lesenächte, Buchausstellungen, Autorenlesungen, Wettbewerbe oder Schreibwerkstätten.“ Dorothea Henzler, Hessische Kultusministerin
„Vor einem großen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hieß Hänsel und das Mädchen Gretel.“ Wer von uns ist nicht mit diesen Zeilen groß geworden? Genauso wie „Der Froschkönig“, „Rapunzel“ und eine Vielzahl anderer Märchen stammt auch „Hänsel und Gretel“ aus der Märchensammlung von Jacob Ludwig Carl Grimm und seinem Bruder Wilhelm Carl. Die beiden Ende des 18. Jahrhunderts in Hanau geborenen Geschwister prägen mit ihren Werken bis heute die deutsche Literatur- und Buchlandschaft. Auf Wunsch ihrer Mutter besuchten sie das Friedrichsgymnasium in Kassel und später die Philipps-Universität in Marburg, an der beide Jura studierten. Nach dem Studium kehrten sie nach Kassel zurück und arbeiteten dort sehr viele Jahre kreativ: Neben den diversen Märchensammlungen haben sie auch die „Deutsche Grammatik“ in vier Bänden veröffentlicht und die Arbeit am „Deutschen Wörterbuch“ begonnen, das posthum erschien. Das Brüder-Grimm-Museum in Kassel widmet sich den beiden Schriftstellern mit einer umfangreichen Sammlung zu ihrem Leben und Werk. www.grimms.de
kein anderes land hat Mehr Verlage …
… oder mehr Buchhandlungen. Unter den Flächenländern in Deutschland hat Hessen die höchste Dichte an Verlagen und Buchhandlungen pro 100 000 Einwohner. Ob Insel, Eichborn, Schöffling, Zweitausendeins oder S. Fischer-Verlag – diese renommierten Verlage stehen beispielhaft für die vielfältige Verlagslandschaft in ganz Hessen. Verlage entdecken und fördern junge Autoren, übersetzen Werke aus anderen Sprachen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur literarischen und kulturellen Weiterbildung.
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Schon gewusst?
„Es ist ein großer Unterschied, ob ich lese zu Genuss und Belebung oder zur Erkenntnis und Belehrung.“
Eines der ersten Zeugnisse deutscher Sprache und Literatur überhaupt ist in Hessen beheimatet: Das „Hildebrandslied“, ein germanisches Heldenepos, stammt aus dem 9. Jahrhundert und wurde im Kloster Fulda von Mönchen verfasst. Der einzige erhaltene Textzeuge des Hildebrandsliedes wird in der Universitätsbibliothek Kassel aufbewahrt.
Johann Wolfgang von Goethe
Zahlen querbeet
Echte Hessen Die Brüder Grimm sind bei weitem nicht die einzigen Schriftsteller und Autoren, die das Land Hessen hervorgebracht hat: Johann Wolfgang von Goethe, Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und Georg Büchner waren echte Hessen, ge-
nauso wie Bettine von Arnim, Heinrich Hoffmann und Carl Ludwig Börne – die Liste ist lang und nimmt auch in der zeitgenössischen Literatur kein Ende, wofür die Autoren Eva Demski, Peter Kurzeck oder Peter Härtling beispielhaft stehen.
9,6 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete der deutsche Buchmarkt 2008. Mehr als 2000 Verlage produzieren regelmäßig Literatur im weitesten Sinne, rund 22 000 Institutionen sind in Deutschland verlegerisch aktiv. 430 öffentliche Bibliotheken gibt es in Hessen.
1 035 000 Leser täglich Am 1. November 1949 erschien die erste Ausgabe der unabhängigen Tageszeitung „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.). Die verkaufte Auflage beträgt heute 370 406 Exemplare. Die Linie der Zeitung wird nicht von einem Chefredakteur vorgegeben, sondern von den fünf Herausgebern Werner D’Inka, Berthold Kohler, Günther Nonnenmacher, Frank Schirrmacher und Holger Steltzner gemeinsam erarbeitet. Die Zeitung wird täglich in rund 120 Länder der Erde geliefert und hat damit die höchste Auslandsverbreitung aller deutschen Qualitäts-Tageszeitungen.
Jedes Jahr im Herbst steht Frankfurt am Main Kopf – der Grund dafür? Die Buchmesse. „Die Frankfurter Buchmesse ist ein Frankfurter Urgestein: Schon vor rund 500 Jahren, mit Erfindung der Druckerpresse durch Johannes Gutenberg, trafen sich hier Verleger, Autoren und Buchhändler. Heute kommen jährlich rund 7300 Aussteller aus 100 Ländern zur weltweit größten Fachmesse für Bücher. Die Stadt Frankfurt und die Region sind wichtige Partner, Veranstaltungen wie das Lesefestival ,Open Books‘ ziehen ein großes und bunt gemischtes Publikum an. Mit rund 3000 Veranstaltungen ist die Frankfurter Buchmesse ein gigantisches Literaturfestival. Der Ehrengast 2010 wird Argentinien sein, aus
gutem Grund: Argentinien feiert in diesem Jahr seine 200-jährige Unabhängigkeit. Die Besucher erwarten junge argentinische Literatur und politische Themen, wie etwa die Aufarbeitung der Militärdiktatur, aber auch viel Geschichtliches.“ Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Schwerpunkt
Blick über den Tellerrand In Hessen wird eine Vielzahl von Radio- und Fernsehsendungen produziert. Zusammen mit einer Reihe privater Sender sorgt vor allem der Hessische Rundfunk für ein umfangreiches Programmangebot.
S
pätestens wenn Deutschlands Lottofee Franziska Reichenbacher zu den Worten „Und die Zusatzzahl lautet …“ ansetzt, ist es wieder so weit: Dann bricht irgendwo in der Republik ein Glückspilz in laute Jubelschreie aus. Dass „alle Angaben wie immer ohne Gewähr“ sind, tut der Freude über das Lottoglück und den erhofften Geldsegen keinen Abbruch. Zu gut ist der Ruf, den sich die „Ziehung der Lottozahlen“ erworben hat – eine Sendung, die der Hessische Rundfunk (HR) seit September 1965 für die ARD, das „Erste Deutsche Fernsehen“, produziert. Rund vier Millionen Zuschauer verfolgen Woche für Woche die Live-Auslosung der sechs Richtigen, die samstagabends
Wellensalat
Einen Überblick über sämtliche privaten Fernseh- und Hörfunksender, die in Hessen via Satellit, Kabel oder auch drahtlos empfangen werden können, bietet die Homepage der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien: www.lpr-hessen.de
live aus dem Frankfurter Main Tower gesendet wird. Doch in Hessen werden bei weitem nicht nur Millionäre gemacht: Diverse hessische Fernseh- und Rundfunksender sorgen hierzulande für ein vielfältiges Programm aus Nachrichten, Unterhaltungsshows und Reportagen. Neben dem öffentlich-rechtlichen HR sind auch einige weltweit operierende Sender wie CNN und Thomson Reuters (Reuters TV) in Hessen ansässig. Seit dem Inkrafttreten des Hessischen Privatrundfunkgesetzes im November 1988 hat sich zudem eine Reihe von privaten Sendern wie „Rheinmaintv“, „Radio Bob“ und „Main FM“ gegründet, unter denen sich insbesondere die Radio Tele FFH GmbH mit ihren Programmen „Hit Radio FFH“, „Planet Radio“ und „harmony.fm“ gerade bei jüngeren Hörern einen Namen gemacht hat. Der Hessische Rundfunk bedient die Interessen eines breiten Publikums. Die rund 1800 fest angestellten und mehrere tausend freie Mitarbeiter produzieren Sendungen für sechs verschiedene Rundfunkwellen (HR 1, HR 2 Kultur, HR 3, HR 4, YOU FM und HR Info) sowie
für das „dritte“ und „erste“ Fernsehprogramm. So finden Magazine wie „Titel, Thesen, Temperamente“ oder „Plusminus“ weit über die Landesgrenzen hinaus große Beachtung. Produziert werden die meisten der Rundfunk- und Fernsehsendungen des HR im Funkhaus „Am Dornbusch“ im gleichnamigen Frankfurter Stadtteil. Seit etwas mehr als zehn Jahren sendet der HR zudem täglich aus seinem Studio im 53. Stock des Main Towers: Vor der Frankfurter Skyline werden in diesem höchstgelegenen Fernsehstudio Europas verschiedene Sendungen produziert. Meldungen aus ganz Hessen für diese und andere Sendungen, wie zum Beispiel die tägliche „Hessenschau“, liefern die HR-Studios in Kassel, Fulda, Gießen, Darmstadt und Wiesbaden sowie mehrere Regionalkorrespondenten hinzu. Und für einen noch weiteren Blick über den Tellerrand sorgen die Fernseh- und Hörfunkkollegen des HR im ARD-Hauptstadtbüro sowie die HR-Korrespondenten in Los Angeles, Washington, Neu-Delhi, Rabat, Brüssel und Madrid. K www.hr-online.de
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Design verpflichtet Seit knapp 60 Jahren informiert der in Frankfurt am Main ansässige German Design Council (Rat für Formgebung) die Wirtschaft zum Thema Design. Der gemeinnützigen Stiftung gehören mehr als 140 Mitglieder aus den Bereichen Wirtschaft, Design, Verbände und Institutionen an, die sich dem Designbegriff verpflichtet fühlen. Wie es der Gründungsauftrag des Deutschen Bundestages formulierte, bildet die Stifter- Bei dieser Lampe gilt: Function follows form. versammlung eine Plattform für Kommunikation und den branchenübergeifenden Wissenstransfer im Bereich Design.
Eine Frage der Kompetenz
www.german-design-council.com
www.designzentrum-hessen.de
Wer auch immer Rat sucht in Sachen Design – bei Hessen Design e.V. wird ihm geholfen.
Hessen Design e.V. ist das hessische Kompetenzzentrum für alle Fragen des Designs. Das Angebot richtet sich sowohl an Unternehmen, Designer und Studierende als auch an die breite Öffentlichkeit. Als landesweit tätige Institution mit Sitz in Darmstadt bietet es ein umfangreiches Beratungsangebot sowie ein Forum für aktuelle Designthemen. Regelmäßig veranstaltet Hessen Design Vortragsreihen, Workshops und Symposien, zeigt Ausstellungen und führt Präsentationen durch.
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Wirtschaft
Kreative Schocklüftung Der Kreativchef der Werbeagentur Ogilvy & Mather will seiner Branche beweisen, dass die Metropolregion Frankfurt zu den Top-Standorten der Industrie zählt. Gelegenheit dazu hat er schon bald: Im Mai findet in Frankfurt das größte Treffen der Kreativbranche im deutschsprachigen Raum statt.
Bei Ogilvy & Mather werden rote Akzente gesetzt.
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autlos gleitet der gläserne Aufzug in die oberste Etage. Hier, im sechsten Stock der Werbeagentur Ogilvy & Mather im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen, haben Geschäftsführung und Chefdesigner ihre Büros. Um 9.30 Uhr geht es noch relativ ruhig zu, nur wenige Mitarbeiter sind zu sehen – nicht umsonst gelten die meisten Kreativen als Nachtmenschen. Doch Stephan Vogel, Executive Creative Director und Geschäftsführer von Ogilvy & Mather Frankfurt – und damit der Kreativchef des deutschen Ablegers einer der größten internationalen Werbeagenturen –, sitzt bereits an seinem Schreibtisch. Hinter ihm eröffnet sich ein beeindrucken-
des Panorama auf die Frankfurter Bankentürme. Heute soll es aber nicht um die Finanzwirtschaft gehen, sondern um eine andere wichtige Branche der Stadt am Main: Vogel berichtet über den Kreativstandort Frankfurt am Main – und seinen jüngsten Coup zu dessen Stärkung: Als Vorstandsmitglied im Art Directors Club (ADC) hat der 46-Jährige gemeinsam mit ADC-Vorstand Claus Fischer, Geschäftsführer der Frankfurter Eventagentur Voss + Fischer, das ADC-Festival nach Frankfurt geholt. Dieses größte Treffen der Kreativbranche im deutschsprachigen Raum wird 2010 und mindestens zwei weitere Jahre in der Metropolregion Frankfurt
zu Hause sein. Bereits vom 12. bis zum 16. Mai ist es so weit: Dann werden zum „Gipfeltreffen der Branche“ rund 10 000 Gäste aus Werbung, Medien, Film, Spielentwicklung und Design erwartet. „Das Festival in Konkurrenz mit Standorten wie Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München nach Frankfurt zu holen war harte Arbeit“, erzählt Vogel. „Aber nicht nur viele Kollegen aus Frankfurt, sondern auch die Stadt, das Land Hessen und zahlreiche Unternehmen haben uns dabei unterstützt.“ Man spüre, dass ein großer öffentlicher Wille und großes Interesse besteht, den Kreativstandort zu fördern. Dennoch hat Frankfurt kein besonders kreatives Image, gelten Städte
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„Im digitalen Bereich ist das Rhein-MainGebiet so stark wie keine andere Region in Deutschland.“
„Ich fänd’s toll, wenn die geballte Kreativität die Stadt ein bisschen aus der Bahn werfen würde.“
Stephan Vogel, Geschäftsführer Creation bei Ogilvy & Mather in Frankfurt
Ulf Schmidt, Creative Director bei OgilvyInteractive in Frankfurt
wie Berlin oder Hamburg hierbei eher als Maß aller Dinge. „Dieses Image hat aber mit der Wirklichkeit nur bedingt etwas zu tun. Denn gerade im digitalen Bereich ist das Rhein-Main-Gebiet so stark wie keine andere Region in Deutschland“, rückt Vogel das Bild zurecht.
internationale stimmung
Er fing vor rund zwölf Jahren als Texter bei Ogilvy & Mather in Frankfurt an und ist von der Atmosphäre der Stadt begeistert. Inzwischen bezeichnet er sich als ein „Lokalpatriot Frankfurts“. „Ich mag die internationale Stimmung hier“, sagt er. Auf dem ADC-Festival im Mai sollen die Gäste denn auch erleben, dass im Schatten der Bankentürme mehr Kreativität gedeiht, als viele glauben. „Wir wollen die Metropolregion Frankfurt in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit und Weltoffenheit zeigen. Schließlich gehen in Frankfurt Banken- und Rotlichtviertel fast nahtlos ineinander über – Edelitaliener und das linksintellektuelle Zentrum trennt nur die Straße, und in Striplokalen findet Kleinkunst statt“, sagt Vogel. Das Festivalkonzept sieht einen „Clash of Creative Cultures“ vor. Geplant ist dafür ein Dialog mit anderen „Kreativkulturen“: In sogenannten Stadtgesprächen sollen die Festivalteilnehmer mit freien Künstlern wie Architekten, Bildhauern,
Produktdesignern oder Dramaturgen aufeinandertreffen. Und zwar an Orten, wo Kreativität entstehe oder zu Hause sei – wie beispielsweise dem Schauspiel Frankfurt oder der Städelschule. „Ich freue mich schon darauf, zu erleben, was beim Auf einandertreffen dieser Kräfte passiert“, sagt Vogel. Mittelpunkt des Festivals ist das Congress Center der Messehalle 5. Hier sind rund 6000 Kreativbeiträge ausgestellt, von denen die besten prämiert werden. Erstmals werden in diesem Jahr auch die Arbeiten der Nachwuchskräfte präsentiert und ausgezeichnet. Ulf Schmidt, Creative Director Interactive bei Ogilvy, freut sich schon auf das Festival: „Das wird ein kreatives Schocklüften für Frankfurt. Ich fänd’s toll, wenn die geballte Kreativität die Stadt ein bisschen aus der Bahn werfen würde.“ Auch er ist überzeugt, dass die Region „im digitalen Markt eine extrem kreative Ge-
ADC Gipfel 2010
Unter dem Motto „The Clash of Creative Cultures“ treffen sich Kreative verschiedener Fachrichtungen vom 12. bis zum 16. Mai 2010 in Frankfurt. www.adc.de
mengelage hat“. Zahlreiche marktführende Unternehmen hätten hier ihren Sitz. „Das führt zu einer belebenden Konkurrenz“, so Schmidt. „Aber es ermöglicht auch die Kommunikation und den kreativen Austausch untereinander. Davon profitiert letztlich die ganze Region.“ Dass sich die Medienlandschaft und damit die Kommunikationsbedürfnisse der Wirtschaft wandeln, bekommt insbesondere Schmidts Abteilung im positiven Sinne zu spüren. „Immer mehr Unternehmen setzen Schwerpunkte im Internet“, sagt der 43-Jährige.
Billy Virtuell
Sein 40-köpfiges Team hat gerade eine digitale Kampagne für Ikea Deutschland gestartet: die Online-Community „Hej“. Mehr als 14 Monate hat das Team daran gearbeitet, „zum Schluss Tag und Nacht“. Ikea-Kunden können sich nun in der „hej community“ eine virtuelle Wohnung einrichten, diese mit Möbeln des Einrichtungshauses bestücken und sich über Wohnideen miteinander austauschen. Und während es sich die „hej community“ gerade im Netz so richtig gemütlich macht, arbeitet Schmidt bereits an der nächsten digitalen Kampagne für die Zurich Versicherung. Verschnaufpausen sind in der schnelllebigen Werbebranche nicht angesagt. K
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Wirtschaft
„ Hessen lebt von Mobilität“
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Dieter Posch ist zum zweiten Mal, nach sechsjähriger Unterbrechung, Wirtschaftsminister des Landes Hessen. Im „Wirtschaftsmagazin Hessen“ äußert er sich zum Verkehr auf Schiene und Straße, zum „Konjunkturprogramm“ Flug hafenausbau sowie zur Anziehungskraft von Kulturevents. Wirtschaftsmagazin Hessen: Herr Minister, einer Frankfurter Tageszeitung haben Sie anvertraut, dass Sie regelmäßig mit der Bahn zwischen Ihrem Wohnort in Nordhessen und Ihrem Arbeitsplatz im Rhein-Main-Gebiet pendeln. Warum gibt der hessische Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung der Bahn den Vorrang? DIETER POSCH: Es ist einfach zweckmäßig: Erstens könnten Sie den ICE auf der Strecke Kassel–Frankfurt nicht mal mit einem Ferrari als Dienstwagen schlagen. Zweitens kann ich im Zug besser Akten studieren als im Autositz. Und drittens erspare ich meinem Fahrer, zu nachtschlafender Zeit aufzustehen, um mich morgens in Melsungen abzuholen – ganz abgesehen davon, dass dabei ja auch Überstunden und hohe Treibstoffkosten anfallen. Da ist eine Zugfahrt für alle Beteiligten besser und für den Steuerzahler billiger. Welchen Verbesserungsbedarf sehen Sie im Fernverkehr der Deutschen Bahn? Wir haben eine ganze Menge Wünsche: Ausbau des Knotens Frankfurt, Ausbau der Kinzigtalstrecke, damit die ICEs dort nicht zur Bummelbahn werden, den Neubau der Schnellstrecke Frankfurt– Mannheim mit Anbindung Darmstadts, den Erhalt der Mitte-Deutschland-Verbindung und noch einige andere. Leider ist die Bahn chronisch unterfinanziert. Der Hauptbahnhof der Finanzmetropole Frankfurt ist noch heute ein Kopfbahnhof – ein echter Zeitfresser also. Dagegen nehmen die Umsteigemöglichkeiten auf die Schiene am Flughafen stetig zu. Wie wichtig wird das in Zukunft für Geschäfts- und Privatkunden sein? Der Flughafen-Fernbahnhof bindet in erster Linie den Flughafen an die Schiene an, ist aber auch eine wichtige Schnittstelle im Fernbahnnetz. Die zentrale Rolle spielt aber der Hauptbahnhof, an dem sich ja nicht nur die Fernlinien kreuzen, sondern auch Regional- und Lokalverkehr, der eine Großstadt und den sie umgebenden Wirtschaftsraum
erschließt. Hier halten täglich 350 Fernzüge sowie 1400 Regional- und SBahnen. Er ist die zentrale Drehscheibe Deutschlands. Damit er diese Rolle weiter spielen kann, ist eine ganze Reihe von Maßnahmen erforderlich, die wir im Konzept „Frankfurt Rhein Main plus“ zusammengefasst und zum Teil – wie das elektronische Stellwerk – schon umgesetzt haben. Auch das S-Bahn-Netz in Rhein-Main stößt angesichts von allein täglich 300 000 Frankfurt-Pendlern schnell an seine Grenzen. Wie kann man den Nahverkehr attraktiver machen? Das fängt schon bei den Bahnhöfen an. Deshalb fördern wir deren Modernisierung: Man muss bequem ein- und aussteigen können, Videokameras sollen das Sicherheitsgefühl verbessern, und man muss sein Auto oder Fahrrad sicher abstellen können. Wir müssen die unterschiedlichen Verkehrsmittel so verbinden, dass eine geschlossene Wegekette möglich wird. Ob dieses Angebot dann angenommen wird, hängt entscheidend von der Pünktlichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel ab. Und um die ist es nicht zum Besten bestellt! Auf den hochausgelasteten Strecken im Rhein-Main-Gebiet müssen die S-Bahnen leider zu oft andere Züge überholen lassen. Da sind Fahrpläne nur schwer einzuhalten. Deshalb brauchen wir auf manchen Strecken eigene S-BahnGleise. Dem Regionalverkehr geht es nicht besser, weil er sich in Richtung Mannheim und Fulda die Gleise mit immer mehr Fern- und Güterzügen teilen muss. Wir müssen zu einer Entmischung kommen. Deshalb würden die beiden geplanten ICE-Trassen – nach Mannheim und nach Fulda – auch dem Nahverkehr helfen. Und dem Güterverkehr ebenso. Nach Ihrer Einschätzung wird der Güterfernverkehr bis 2025 um 65 Prozent auf der Schiene und sogar um 74 Pro-
zent auf der Straße zulegen. Wie wappnet sich das Land dafür? Die Maßnahmen zur Ertüchtigung des Knotens Frankfurt dienen auch dem Güterzugverkehr. Aber für die Eisenbahnstrecken ist der Bund zuständig, und der gibt seit Jahren zu wenig Geld für die Schiene aus. Beim Straßenverkehr haben wir mehr eigene Möglichkeiten. Große Neubaumaßnahmen aber wird es hier auf absehbare Zeit nicht mehr geben. Wenn wir Mobilität weiter sichern wollen, müssen wir die Verkehrswege besser nutzen und die Verkehrsträger besser aufeinander abstimmen. Was heißt das konkret? Im Rahmen unseres Projekts „Staufreies Hessen“ etwa haben wir gute Erfahrungen gemacht mit der zeitweisen Freigabe der Standstreifen. Das hat die Staus drastisch vermindert, deshalb wollen wir diesen Weg weitergehen. Wir unterstützen aber auch die wissenschaftliche Forschung an effizienten Logistikkonzepten. Deshalb engagieren wir uns beim House of Logistics and Mobility. Denn Hessen lebt von Mobilität.
ZUR PERSON
Dieter Posch ist seit 2009 erneut hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Der gebürtige Wiener arbeitete nach dem Abschluss des Zweiten Juristischen Staatsexamens zunächst als Verwaltungsjurist beim Regierungspräsidenten in Kassel. Seine politische Karriere startete als FDPKreistagsabgeordneter, 1987 wurde er erstmals in den Hessischen Landtag gewählt. Dort profilierte er sich unter anderem in der Wirtschafts- und Verkehrspolitik. 1999 begann seine erste Amtszeit als Wirtschaftsminister, nachdem er zuvor bereits als Staatssekretär in dem Ministerium gewirkt hatte. Der Vater von zwei Kindern lebt mit seiner Familie in Nordhessen, fährt gerne Rennrad, Mountainbike und Ski. Außerdem mag er Kabarett, aktiv wie passiv.
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Wirtschaft
Bleiben wir beim Straßenbau. Auch da gibt es noch einiges zu tun, wenn man beispielsweise bedenkt, dass 20 Jahre nach dem Mauerfall immer noch eine große Lücke bei der A 44 besteht. Woran liegt es, dass der Bau nur im Schneckentempo vorankommt? Wenn Sie statt „Schneckentempo“ „Kammmolchtempo“ sagen, haben Sie schon die halbe Antwort. Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass wir im Naturschutz Standards anwenden, die wir uns schon lange nicht mehr leisten können. Sie stammen aus einer anderen Zeit. EU-Vorschriften untersagen Vorhaben, die Naturschutzgebiete oder geschützte Arten erheblich beeinträchtigen. Verkehrsprojekte kommen da zwangsläufig in Konflikte. Fällt Ihnen dazu ein Beispiel ein? Ja, beim Weiterbau der A 49 müssen wir die Auswirkungen auf die Feldlerche berücksichtigen. Eine wissenschaftliche Untersuchungsmethode für den Einfluss von Verkehrslärm auf Brutvögel gibt es aber erst seit einem halben Jahr. Nun müssen wir unsere schon weit fortgeschrittenen Planungen daraufhin überprüfen. Das alles kostet uns nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld. An einem einzigen kleinen Abschnitt der A 44 geben wir 50 Millionen Euro lediglich dafür aus, eine Kolonie von Kammmolchen zu untertunneln. Deutlich schneller voran geht es beim Ausbau des Frankfurter Flughafens. Welche Rolle spielt der Flughafen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes? Der Flughafen ist unser Jobmotor. Er ist mit 71 000 Beschäftigten die größte lokale Arbeitsstätte Deutschlands, und er ist der Grund, warum viele Unternehmen in die Rhein-Main-Region gekommen sind. Der Ausbau sorgt dafür, dass sie weiterhin kommen und der Jobmotor mindestens einen Gang höher schaltet. Darüber hinaus ist der Ausbau ein eigenes – und ziemlich großes – Konjunkturprogramm. Allein die neuen Anlagen stehen für ein Investitionsvolumen von vier Milliarden Euro; weitere drei MilliMobilität und Logistik in Hessen
„Mobilität und Logistik in Hessen“ stand im Mittelpunkt der ersten Ausgabe des „Wirtschaftsmagazin Hessen“. Sie können diese kostenfrei bestellen unter www.invest-in-hessen.de.
„Kunst und Ökonomie sind schon lange nicht mehr getrennte Welten.“ Dieter Posch
arden will der Flughafenbetreiber Fraport in die Modernisierung der bestehenden Anlagen investieren. Zum Vergleich: Das ist rund dreimal so viel wie das Konjunkturprogramm des Landes und der auf Hessen entfallende Teil des Konjunkturprogramms der Bundesregierung. Für neue Investitionen benötigt man gut ausgebildetes Personal. Das wird vor dem Hintergrund des demographischen Wandels in absehbarer Zeit zur Mangelware. Wie stellt sich das Land auf den drohenden Fachkräftemangel ein? Wir wollen uns nicht darauf einstellen, wir wollen ihn abstellen. Und zwar, indem wir unsere Potentiale besser nutzen; indem wir möglichst keinen Jugendlichen mehr ohne Abschluss ins Leben entlassen; indem wir Wege für alleinerziehende Frauen öffnen; und indem wir älteren Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung schaffen. Unsere Qualifizierungsschecks für an- und ungelernte Arbeitnehmer sind eine sehr direkte Antwort auf das Problem, unsere Zuschüsse zu Betriebskindergärten eine indirekte, gleichwohl wirksame. Aber die Aufgabe richtet sich auch an unsere Schulen, die mehr auf das Berufsleben vorbereiten müssen. Herr Minister, wie schon Ihr Amtsvorgänger setzen auch Sie sich für faire Wasserpreise ein. Welche Erfolge haben Sie zu vermelden? Ein sehr großer Erfolg ist zweifellos das Grundsatzurteil, das mein Ministerium im Rechtsstreit mit dem Wetzlarer Wasserversorger enwag Anfang Februar vor dem Bundesgerichtshof erwirkt hat. Seine Bedeutung geht weit über Hessen hinaus. Was läuft denn schief auf den Wassermärkten? Das Grundübel ist ja überall dasselbe: Es gibt gar keinen Wassermarkt. Kein Verbraucher kann sich seinen Versorger
aussuchen, denn anders als bei Strom und Gas gibt es kein nationales oder internationales Netz. Jedes Versorgungsunternehmen hat deshalb ein natürliches Monopol – und der Staat hat die Aufgabe, dessen Missbrauch zu verhindern. Hessen ist dabei Vorreiter. Die zu meinem Haus gehörende Landeskartellbehörde hat in beharrlicher Arbeit bereits einige Preissenkungen durchgesetzt – wenn möglich im Einvernehmen mit den Versorgern, wenn nötig aber auch vor Gericht. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe des „Wirtschaftsmagazins Hessen“ beschäftigt sich mit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Deshalb auch dazu bitte noch eine Einordnung von Ihnen. Inwieweit helfen kulturelle Großevents wie die documenta den Wirtschaftsstandorten in Hessen auch bei der Anwerbung von Investoren? Ansiedlungsentscheidungen hängen nicht nur von harten Faktoren wie Infrastruktur, Arbeitsmarkt, wirtschaftliches Umfeld ab. Bei der ersten, sozusagen gefühlsmäßigen Entscheidung spielt das Image eines Standorts eine ganz wichtige Rolle; das hat eine Umfrage bei den Chefs von Großunternehmen ergeben. Das Kulturangebot ist ein prägender Bestandteil dieses Bilds, das eine Stadt oder Region nach außen abgibt. Insofern ziehen die documenta, das Rheingau Musik Festival, das Frankfurter Museumsufer und die Buchmesse nicht nur Besucher an, sondern auch Wirtschaftskraft. Kunst und Ökonomie, das sind ja schon lange nicht mehr getrennte Welten. Unternehmen suchen geradezu die Nähe zur Kultur, weil sie den Wert für ihre Selbstdarstellung oder auch für die Kreativität ihrer Mitarbeiter erkannt haben. Wir begrüßen deshalb eine Aktion wie „Kunst privat“, bei der hessische Unternehmen einmal im Jahr ihre Sammlungen der Öffentlichkeit zeigen. Und abschließend noch eine Frage zum Privatmensch Posch: Wo finden Sie ein wenig Ablenkung vom Ministeramt – im Theater oder Museum, im Kino oder beim Rheingau Musik Festival? Ein bisschen von allem, aber ich entspanne mich beim Radfahren und beim Skifahren am besten. Hin und wieder greife ich auch zur Zeichenfeder. Und liebend gerne würde ich wieder mal Kabarett spielen. Die Fragen stellte Ludger Kersting.
Wirtschaftsmagazin Hessen
KLEINER ORT – GROSSER NAME
Alte und neue Klassiker: Stühle von Thonet sind mehr als nur Sitzgelegenheiten.
Erste Adresse für Designfreunde Der Familienbetrieb Thonet im nordhessischen Frankenberg (Eder) hat mit seinen Stühlen Designgeschichte geschrieben.
Z
wischen dem Burgwald im Süden und der Breiten Struth im Nordwesten liegt das Städtchen Frankenberg. Die Beschreibung klingt ein wenig nach „Wo sich Fuchs und Hase ‚Gute Nacht‘ sagen“ – und in der Tat ist die 19 000-Einwohner-Gemeinde an der Einmündung der Nemphe in die Eder verkehrstechnisch gesehen etwas ab vom Schuss. Der nächste Fernbahnhof befindet sich im rund 35 Kilometer entfernten Marburg, bis zur nächsten Autobahnanschlussstelle sind es nochmal 10 Kilometer mehr. Vor rund 120 Jahren jedoch, als der Möbelhersteller Thonet hier eine von insgesamt sieben Fabriken gründete, war dies noch ganz anders. Damals sprachen gerade die zentrale Lage, die Anbindung an die Eisenbahn und die wald- und damit rohstoffreiche Umgebung für den Standort.
Postkartenidylle: Das 500 Jahre alte Rathaus von Frankenberg ist das Wahrzeichen der Stadt.
Den Wald gibt es immer noch – und auch Thonet ist geblieben, das nach dem Verlust seiner anderen Fabriken (sie lagen in Osteuropa und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet) den Standort Frankenberg zur Firmenzentrale machte. Seitdem ist es die nordhessische Kleinstadt, aus der jene Möbel stammen, die bei Designfreunden aus aller Welt höchstes Ansehen genießen. Denn Thonet ist der Klassiker unter den Möbelherstellern – berühmt geworden vor allem durch das von Firmengründer Michael Thonet in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts erfundene Verfahren des Holzbiegens, das Designklassiker wie den legendären „Wiener Caféhausstuhl“ mit seiner elegant gebogenen Rückenlehne ermöglichte. Auch die aus Stahl gefertigten Freischwinger-Stühle aus der Bauhauszeit, Ikonen des Möbeldesigns auch sie, werden exklusiv von Thonet hergestellt. Daneben – von Stückzahl und Umsatz her ist dies sogar die mit Abstand wichtigste Linie – fertigt Thonet Möbel für gewerbliche und sonstige nicht private Bauten. Die Referenzliste des Unternehmens ist lang. So befinden sich Thonet-Möbel unter anderem in den Fraktionsräumen und Restaurants des Deutschen Bundestages, in der OECD in Paris sowie in der Deutschen Botschaft in Peking. Trotz seiner weltweiten Bekanntheit ist Thonet jedoch ein relativ kleines Unternehmen. Der heute in fünfter Generation geführte
Familienbetrieb beschäftigt gerade einmal 170 Mitarbeiter.
Starke Wurzeln
Dem Standort fühlen sich die Thonets verpflichtet. „Wir haben nie darüber nachgedacht wegzuziehen“, sagt Claus Thonet. Und sein jüngerer Bruder Peter ergänzt: „Wir haben hier ziemlich starke Wurzeln.“ Das kann Bürgermeister Christian Engelhardt bestätigen, der ein sehr gutes Verhältnis zur Familie pflegt. Er ist stolz auf das Unternehmen, nicht zuletzt weil Frankenberg dank Thonet und seinen Designern immer wieder interessante Gäste anzieht. „Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass der Markenname ‚Thonet‘ einen hervorragenden internationalen Ruf genießt und einen Bekanntheitsgrad, der weitaus höher ist als der von Frankenberg“, sagt Engelhardt. „Daher sehen wir es mit Freude, dass Thonet seine Marketingaktivitäten in Frankenberg mehr und mehr ausbaut.“ Engelhardt nutzt auch privat sowie in seinem Amtssitz Möbel von Thonet – die ihm übrigens nicht selten als Gesprächseinstieg dienen. „Wenn ich in anderen Gegenden zu Besprechungen bin, schaue ich regelmäßig unter dem Stuhl nach der Markenbezeichnung“, so Engelhardt. „Das ist ein schöner ‚Aufhänger‘, um von der Stadt zu erzählen.“ K www.thonet.de www.frankenberg.de
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Wirtschaft
Alle (fünf) Jahre wieder … Die documenta – das „Museum der 100 Tage“ in Kassel – ist eines der kulturellen Aushängeschilder in Deutschland. Das ist aber noch nicht alles: Für die Region Kassel und für ganz Hessen ist es ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.
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ber dem Friedrichsplatz in Kassel liegt ein süßlicher Duft, ein Blütenblatt weht durch die Luft. Roter Mohn so weit das Auge reicht. Hier, vor dem Museum Fridericianum – auf einer Fläche von knapp drei Fußballfeldern – erstreckt sich ein prächtiges Blütenmeer aus Klatsch- und Blaumohn. Dazu ertönen zweimal täglich für jeweils 30 Minuten sozialistische Revolutionslieder aus Kroatien und Afghanistan. In den Liedern geht es um den Kampf gegen die Unterdrückung, um den Ruhm der Schlacht und um gefallene Soldaten. Das Mohnfeld – der Beitrag der kroatischen Künstlerin Sanja Iveković zur documenta 12 im Jahr 2007 – begeisterte die Kasseler Bürger und Ausstellungsbesucher gleichermaßen. Insgesamt wurden bei der Ausstellung vor drei Jahren stolze 754 301 Besucher gezählt, 648 699 davon kamen von außerhalb. Einer Studie von Prof. Dr. Gerd-Michael Hellstern von der Universität Kassel zufolge verbrachte ein Drittel der Gäste 2007 einen Tag auf der Ausstellung, ein weiteres Drittel zwei Tage, ungefähr jeder Sechste blieb drei Tage und der Rest dehnte seinen Besuch sogar auf vier Tage und länger aus. Für gewöhnlich hat die Stadt rund 200 000 Einwohner, zu documenta-Zeiten befindet sich die dreieinhalbfache Menge an Menschen in Kassel. Den zusätzlichen Umsatz, der der Region Kassel während der 100 Tage dadurch beschert wird, beziffern Experten auf mindestens 98 Millionen Euro.
Kulturelle vielfalt
„Die vielen Vorzüge unserer Stadt und der Region haben sich eben herumgesprochen“, sagt Knut Seidel, Geschäftsführer der kassel tourist GmbH. Die kulturelle Vielfalt, insbesondere die herausragende Museumslandschaft, die zahlreichen Sonderausstellungen sowie Attraktionen wie der Bergpark mit Herkules, seien mittlerweile überregional bekannt. „Obwohl die Ausstellung ‚nur‘ alle fünf Jahre stattfindet, können wir durchaus eine Langzeitwirkung für die Stadt Kassel feststellen“, sagt Seidel. „Nach jeder documenta sinken die Besucherzahlen zwar, liegen aber immer noch höher als in den Jahren davor.“ So wurden im Jahr 2008 – ein Jahr nach der documenta 12 – mehr als 700 000 Übernachtungsgäste in der Stadt gezählt, im Jahr 2009 setzte sich dieser Trend mit einem Rekord in einem „Nicht- documenta-Jahr“ fort. „Bei der documenta 13 im Jahr 2012 erwarten wir insbesondere bei den Übernachtungen wieder Zuwächse“, sagt Seidel, „unser Ziel ist es, 850 000 Übernachtungen zu generieren. Dies wäre ein neuer Rekord.“ Jenseits der wirtschaftlichen Bedeutung ist die documenta aber vor allem eins: Kunst. „Ich finde es immer wieder faszi-
nierend zu sehen, wie sich die Besucher auf neue Dinge einlassen“, freut sich Bernd Leifeld, der seit 1996 als Geschäftsführer die documenta GmbH leitet. „Obwohl sie vielleicht nicht jedes Kunstwerk oder jede Intention eines Künstlers auf Anhieb verstehen, sind sie neugierig und suchen nach Inspiration.“ Der Ehrgeiz, mit dem die Vorbereitungen für die documenta 13 vorangetrieben werden, ist groß: Das Team möchte nach Möglichkeit an die Erfolge früherer Ausstellungen an-
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Die documenta
Die erste documenta wurde im Jahr 1955 veranstaltet und galt als ein erster Schritt gegen den Faschismus und zugleich als ein Schritt hin zur Aufklärung. Gezeigt wurde eine Retrospektive auf die Kunst, die die Deutschen während des Faschismus nicht sehen durften. Seitdem findet die weltweit bedeutendste Reihe von Ausstellungen für zeitgenössische Kunst alle fünf Jahre in Kassel statt und dauert jeweils 100 Tage – daher wird sie auch als „Museum der 100 Tage“ bezeichnet. Ihr Name geht auf das lateinische Wort „documentum“ zurück, das die beiden Worte „docere“ (lehren) und „mens“ (Geist) in sich trägt – und damit die Absicht und die Ambition der documenta treffend zusammenfasst.
knüpfen. „In kultureller Hinsicht ist die documenta ein absolutes Aushängeschild für Deutschland“, ist Bernd Leifeld überzeugt. „Neben den zahlreichen Museen in ganz Hessen unterstreicht auch die documenta den verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Geschichte und mit der Kunst, den wir alle pflegen sollten.“ Was genau die Besucher bei der nächsten documenta erwartet, verrät der Geschäftsführer noch nicht. Eines ist aber
sicher, der Querschnitt durch die zeitgenössische Kunstszene wird Besucher aus Hessen, Deutschland und der ganzen Welt erneut begeistern. Und wer weiß, welches Kunstwerk in zwei Jahren an die Stelle des roten Blütenmeers von 2007 am Friedrichsplatz tritt? K www.documenta.de www.kassel.de
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NEWS
Unterstützung für Filmschaffende Deutsche Spielfilme wie „Ich bin die Andere“ oder die „Die Wolke“ wurden in Hessen gedreht. Aber auch einige internationale Produktionen kommen – wenn auch indirekt – aus dem Bundesland. Denn die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen gewährt im Auftrag und unter Mitwirkung des Landes Hessen Darlehen für kulturell und ökonomisch attraktive Filmproduktionen. Der Fonds umfasst ein Volumen von 20 Millionen Euro. Finanziert wird die Produktion von deutschen und internationalen Kinofilmen, Fernseh-, Dokumentar- und Anima„Ich bin die Andere“ mit Katja Riemann tionsfilmen. Aktuell wurde teilweise in Hessen gedreht. verhandeln das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen über die Fortsetzung der Fondsadministration. www.wibank.de
Auf der Eröffnungsgala des Filmmaker‘s Festival (v.l.n.r.): Rolf Krämer, Programmdirektor; Chris Lebenzon, Cutter; Randy Roberts, Präsident American Cinema Editors; Sebastian Popp, Festivalleiter; Chris Dickens, Oscar-Preisträger.
Oscar meets Nachwuchs Ob Roland Emmerich, Michael Ballhaus, Peter Greenaway oder Armin Mueller-Stahl – sie alle waren schon beim „eDIT The Filmmaker’s Festival“ in Frankfurt am Main. Und sie alle haben über Filme diskutiert, gefachsimpelt und dem Publikum tiefe Einblicke in ihre Arbeit gewährt. Dieser kreative Austausch zwischen Oscar-Preisträgern und Nachwuchs, Professionals und Cineasten hat „eDIT The Filmmaker’s Festival“ zu einem Magneten für Filmschaffende aus aller Welt gemacht. www.edit-frankfurt.de
Film ab!
Kontakte und Locations in Hessen
In Hessen gibt es eine Vielzahl kleiner, umtriebiger Firmen, die sich im Spannungsfeld zwischen Kino, Fernsehen, Werbung und Internet bewegen. Im Bereich Postproduktion, also der Nachbearbeitung von Filmen, gehört das Rhein-Main-Gebiet zu den besten Adressen in Europa. Eine Anlaufstelle für Drehbuchautoren und Filmemacher ist die Hessische Filmförderung (HFF), die deren Arbeit finanziell fördert. Sie unterstützt die Kreativen aber auch durch die Vermittlung von Kontakten und bei der Projektrealisierung. Bei der Förderung legt die HFF ihren Schwerpunkt auf kulturell wertvolle und innovative Filme. Dadurch werden Filme möglich, die sich vom Mainstream abheben. So hat sich in Hessen eine aktive, weit über die Landesgrenzen hinaus anerkannte Dokumentarfilmszene etabliert. Regelmäßig entstehen zudem innovative Low-Budget-Spielfilme fürs Kino.
Die Film Commission Hessen unterstützt Filmproduktionen vor Ort. Sie vermittelt Kontakte und Drehgenehmigungen und hilft bei der Suche nach Drehorten. Unterstützt wird die Film Commission Hessen von Location Scouts. Darüber hinaus nennt sie Ansprechpartner in den Kommunen und stellt Firmenkontakte her. Die Location-Datenbank ist ein Rechercheinstrument, das online einen Einblick in das Spektrum hessischer Motive und Drehorte gibt. Eine Kontaktdatenbank nennt und präsentiert Firmen, Freelancer, regionale Dienstleister, Institutionen, Künstler und Filmschaffende. Eine weitere Aufgabe der Film Commission Hessen ist es, Standortmarketing für den Filmstandort Hessen zu betreiben.
www.hessische-filmfoerderung.de
www.film-commission-hessen.de
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Wegweiser in Krisenzeiten Die Wirtschafts- und Finanzkrise stellt auch Hessen vor große Herausforderungen. Hilfreiche Informationen und Tipps hierzu finden Arbeitnehmer und Unternehmen in dem Flyer „Wegweiser in Krisenzeiten“. Herausgeber sind die Hessische Landesregierung, die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), der DGB-Bezirk Hessen-Thüringen sowie die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit.
Hessische Lan desregieru
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Information
en und Adr essen
www.hessen.de
Gewusst, wo… Hilfreicher Service für Investoren: Wer den perfekten Standort für sein Gewerbe, eine passende Immobilie oder Unterstützung bei der Unternehmensgründung sucht, kann das Standortinformationssystem im Internet zu Rate ziehen. Nach Eingabe der individuellen Auswahlkriterien lassen sich auf Landkarten die genaue Lage und die Charakteristika des potentiellen Standortes anzeigen. Zudem sind die Kontaktdaten kompetenter Ansprechpartner hinterlegt. www.standorte-in-hessen.de
Kapital für Kleinunternehmen
Moderne Verwaltung
Als Förderbank des Landes Hessen im Rahmen des Förderprogramms „Kapital für Kleinunternehmen“ vergibt die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen Darlehen, die nicht besichert werden müssen. Diese Finanzierungsmittel dienen der Verbesserung der Finanzierungsstruktur sowie der Liquiditätssituation von Kleinunternehmen und sollen die Aufnahme zusätzlichen Fremdkapitals ermöglichen. Antragstellung und Auszahlung erfolgen über die jeweilige Hausbank. Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und freiberuflich Tätige, die ihren Sitz in Hessen haben. Existenzgründer sind nicht antragsberechtigt. Das Darlehen der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen beträgt mindestens 25 000 Euro und maximal 75 000 Euro pro Endkreditnehmer. Die Laufzeit beträgt sieben Jahre. Zusätzlich zu diesem sogenannten Nachrangdarlehen muss die jeweilige Hausbank ein Darlehen in Höhe von mindestens 50 Prozent des Darlehensbetrags der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen ausreichen.
Per Mausklick in die Selbständigkeit – dies ist nun auch in Hessen möglich. Musste man früher bei der Gewerbeanmeldung noch mehrere Behörden aufsuchen, so können nun alle Formalitäten über den „Einheitlichen Ansprechpartner Hessen“ abgewickelt werden. Der Einheitliche Ansprechpartner Hessen (EAH) ist die zentrale Internetplattform für alle Selbständigen, die sich schnell, einfach und unbürokratisch in Hessen niederlassen oder ihr Geschäft verändern wollen. Ein neues elektronisches Verfahren unterstützt die Antragsteller beim Ausfüllen der Formulare und bei der Übermittlung der Dokumente. Der EAH koordiniert auch den weiteren bürokratischen Prozess, indem er alle zuständigen Stellen, zum Beispiel die Gemeinde und die Kammer, elektronisch beteiligt.
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BILDUNG UND WISSENSCHAFT
Auf dem Weg zum Oscar Film- und Medienschaffende in Hessen profitieren von den umfangreichen Angeboten eines Netzwerks, an dem sich zahlreiche Hochschulen beteiligen.
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ierre und der Spinatdrache“ war ebenso zu bestaunen wie „Der präzise Peter“. Auch „Helden der Arbeit“ und „Das Erbe der Tippeltovs“ konnten begutachtet werden. Und zwar auf den internationalen Filmfestspielen in Berlin, kurz „Berlinale“, die im Februar zum mittlerweile sechzigsten Mal zahlreiche Besucher anlockten. Die erwähnten Filmtitel zählen zu den insgesamt 13 Animations- und Kurzspielfilmen, die die hessische Film- und Medienakademie (hFMA) auf dem Festival präsentierte. „Wir wollen die Nachwuchstalente unserer Region beim Sprung ins Filmgeschäft unterstützen“, sagt die Geschäftsführerin der hFMA Anja Henningsmeyer. „Und die Filmemacher hatten auf der Berlinale die Chance, sowohl ihre aktuellen Arbeiten als auch künftige Projekte den zahlreichen Produzenten, Verleihern und Multiplikatoren vorzustellen.“ Mit Erfolg: Die hessischen Talente konnten viele neue Kontakte knüpfen und somit in dem einen oder anderen Fall auch schon den Grundstein für die erfolgreiche Weiterentwicklung ihrer Karriere legen. Der Auftritt auf der Berlinale ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie sehr sich die hFMA für die Förderung des Film- und Mediennachwuchses des Bundeslandes einsetzt. Gegründet wurde die
Akademie bereits im Oktober 2007. Auf Initiative des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst fand sich das Netzwerk der Film- und Medienfachbereiche von 13 Universitäten, Fachhochschulen sowie Kunst- und Musikhochschulen des Landes Hessen zusammen. In einem Rahmenvertrag vereinbarten die Institutionen eine grundsätzliche Kooperation. Die eigentliche Arbeit nahm die hFMA dann jedoch erst einige Monate später auf, als im August 2008 Henningsmeyer zur Geschäftsführerin bestellt wurde. „Seitdem kommen wir kaum zum Luftholen“, sagt Henningsmeyer, bei der alle Fäden zusammenlaufen. An manchen Tagen reicht die vorhandene Zeit kaum aus, um alle aktuellen Projekte voranzutreiben und die zahlreichen Anfragen aus
dem Netzwerk zu bewältigen. Henningsmeyer ist für die Koordination zuständig, sie bildet die Schnittstelle zwischen allen beteiligten Institutionen. Ihr zur Seite stehen im Wesentlichen studentische Hilfskräfte und seit dem 1. März ein Absolvent als Vollzeitkraft. „Alles eine Frage des Budgets“, erläutert sie. Die Anschubfinanzierung für die Akademie hat das Land Hessen aus dem Hochschul-Innovationsbudget zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen Leistungen der beteiligten Institutionen sowie Drittmittel und Sachleistungen, die von Sponsoren und Kooperationspartnern stammen. Henningsmeyer, die auch vorher schon im Kulturbereich tätig gewesen ist, betont, dass die hFMA trotz der begrenzten Mittel alles andere als defizitär wirtschaftet: „Unsere Zahlen stimmen. Wir
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arbeiten sehr effektiv.“ Sehr zur Freude der angegliederten Universitäten und Hochschulen: Sie profitieren von dem Netzwerkverbund und können durch die starke Verzahnung der Mitglieder die Qualität ihrer Lehre, Forschung und Produktion steigern. Unter anderem erhalten sie über das Internetportal der hFMA zahlreiche Informationen aus der Medienbranche sowie Praktikums- und Jobangebote. Darüber hinaus veranstaltet die Akademie hochschulübergreifende Workshops und Seminare. Dazu zählen unter anderem Coachingprogramme, die den Studenten wertvolle Tipps für die Praxis an die Hand geben – beispielsweise für sogenannte Pitch-Situationen, in denen es darum geht, die eigenen Arbeiten im Wettbewerb mit anderen Filmemachern zu präsentieren. Aber auch zum Film- und Medienrecht und zum Thema Drehbuchschreiben werden Projekte angeboten. „Die Resonanz ist äußerst positiv“, sagt Henningsmeyer. „Die Studierenden loben den interdisziplinären Austausch und betonen, dass sie durch die Teilnahme an unseren Seminaren und Workshops häufig viele neue Inspirationen für ihre Arbeit erhalten.“ Um den Dialog zwischen den verschiedenen Studienfächern und den beteiligten Institutionen zu vertiefen, führt die hFMA auch Diskussionsveranstaltungen und Tagungen durch. Zu den absoluten Höhepunkten zählen aber zweifelsohne die Präsentationen von aus Hessen stammenden Hochschulproduktionen auf großen Events oder Festivals wie der Berlinale. „Damit verhelfen wir der hessischen Film- und Medienarbeit dazu, dass sie sowohl national als auch international viel stärker wahrgenommen wird. Auf diese Weise stärken wir gleichzeitig unseren Standort und sorgen für eine noch bessere Reputation“, so Henningsmeyer. Dass die Arbeit der hFMA auf fruchtbaren Boden fällt, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass mittlerweile auch drei private Hochschulen Interesse bekundet haben, sich in dem Netzwerk zu engagieren. Ob dies über eine feste Partnerschaft oder zunächst über einzelne Projekte ge-
[links] hFMA-Geschäftsführerin Anja Henningsmeyer (r.) mit jungen hessischen Filmemachern. [rechts] Screenshots aus den Filmen „Joe Eskimo“ (oben) und „Steinfliegen“ (unten), die 2009 auf der Berlinale präsentiert wurden.
Die Mitglieder des Netzwerkes:
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt www.uni-frankfurt.de Justus-Liebig-Universität Gießen www.uni-giessen.de Philipps-Universität Marburg www.uni-marburg.de Technische Universität Darmstadt www.tu-darmstadt.de Hochschule für Gestaltung Offenbach www.hfg-offenbach.de Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt www.hfmdk-frankfurt.de Hochschule Fulda www.fh-fulda.de Kunsthochschule Kassel www.kunsthochschule-kassel.de Staatliche Hochschule für bildende Künste – Städelschule www.staedelschule.de Hochschule Darmstadt www.h-da.de Hochschule RheinMain www.hs-rm.de Fachhochschule Frankfurt www.fh-frankfurt.de Fachhochschule Gießen-Friedberg www.fh-giessen-friedberg.de
schieht, ist noch offen. Zudem ist seit Februar 2010 auch die Fachhochschule Frankfurt am Main mit zwei Vorstandsmitgliedern in der hFMA aktiv vertreten. Henningsmeyer jedenfalls wertet dies als überaus positive Signale: „Die Vorteile unseres Verbundes werden von vielen Seiten erkannt. Je stärker unser Netzwerk wächst, umso mehr können die beteiligten Partner davon profitieren.“ Und wer
weiß: Wenn die Erfolgsstorys der hessischen Film- und Medienschaffenden weitergeschrieben werden, kommen die Verantwortlichen von der Berlinale oder anderen Festivals künftig sogar mit einem Preis zurück nach Hause. Es muss ja nicht gleich der „Goldene Bär“ oder ein „Oscar“ sein. K www.hfmakademie.de
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BILDUNG UND WISSENSCHAFT
Fruchtbare Verbindung An der Werkakademie Kassel können sich Handwerker aus den unterschiedlichsten Fach richtungen in zwei Jahren zum „Gestalter im Handwerk“ fortbilden. Handwerk, Kunst, qualitätvolle Gestaltung: An der Werkakademie Kassel findet zusammen, was zusammengehört.
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chubladendenken ist hierzulande beliebt: Entweder man hört ernste Musik oder Unterhaltungsmusik, kauft bio oder konventionell, fährt Auto oder Bahn, ist Handwerker oder Designer ... Doch so richtig interessant wird es häufig erst, wenn man einmal Dinge kombiniert, die scheinbar getrennten Sphären angehören. Das zeigt eine hessische Institution, die die Kombination zweier Welten schon im Namen trägt: die Werkakademie Kassel. Hier können sich Gesellen und Meister ganz unterschiedlicher handwerklicher Berufe – vom Schneider bis zum Tischler, vom Schmied bis zum Optiker – in zwei Jahren zum „Gestalter im Handwerk“ fortbilden. Die 1990 gegründete Werkakademie steht in der kulturgeschichtlichen Tradition des Bauhauses. „Eine zentrale Idee der Bauhaus-Bewegung war eine Arbeitsgemeinschaft, in der die Unterscheidung zwischen Künstler und Handwerker aufgehoben werden sollte. Handwerkern wurde eine Qualifikation angeboten, um so eine angemessene gestalterische Antwort auf die industrielle Massenproduktion von Alltagsgegenständen zu finden“, erklärt Barbara Eiffert, die Leiterin der Werkakademie Kassel. In dieser Tradition gab es bereits einmal eine Werkkunstschule in Kassel. Diese aber wurde in den sechziger Jahren in die Hochschule für Bildende Künste integriert – und war damit Handwerkern verschlossen. Doch die Handwerkskammer Kassel nahm die Idee wieder auf und rief 1990 mit der Werkakademie ein Haus ins Leben, das sich der Verbindung zwischen den Gewerken, der Kunst und der qualitätvollen Gestaltung verschrieben hat und somit wieder an alte Zeiten anknüpft. Das besondere an der Ausbildung ist auch der fächerübergreifende Ansatz: Da schaut in den Projektarbeiten der Schmied dem Tischler über die Schulter, lernt die Schneiderin von der Holzbildhauerin. Und alle gemeinsam studieren zwei Jahre lang die Kernfächer Zeichnen, Farbenlehre, Form und Gestalt, Produktdesign sowie Kunst- und Kulturgeschichte. Faszinierend ist laut Akademieleiterin Barbara Eiffert der Materialmix, der durch die fächerübergreifende Ausbildung an der Werkakademie entsteht. „Die Studenten werden in unserer Werkstatt angeregt, mit unterschiedlichsten Materialien zu experimentieren. So hat zum Beispiel ein Tischler, der an der Werkakademie den Werkstoff Metall kennengelernt hat und zugleich ein großer Feuerfan war, diese beiden Materialien kombiniert. Er gestaltete einen Tisch, in dessen Mitte sich eine Feuerstelle befindet – und schuf so die Möglichkeit, offenes Feuer im Raum zu machen. Solche neuen,
kreativen Kombinationen in handwerklich guter Qualität sind immer gefragt.“ Dass die Einblicke in andere „Gewerke“ (so die branchenübliche Bezeichnung für Handwerkszweige) wie Keramiker, Steinmetz und Textilgestalter „sehr spannend“ waren, erzählt auch die Holzbildhauerin Julia Lambertz. Die 32-Jährige studierte von 2002 bis 2004 an der Werkakademie, nach ihrer Ausbildung in Holzbildhauerei an der staatlichen Berufsfachschule in Bischofsheim in der Rhön. „Davor habe ich mich eher auf künstlerische Aufgaben konzentriert, also vor allem Skulpturen gefertigt. Seit der Ausbildung führe ich aber eine viel größere Bandbreite an Aufträgen aus. Es kann dann auch mal darum gehen, für jemanden einen ansprechenden Sichtschutz aus Holz zu produzieren“, berichtet Lambertz. „Viele Menschen sind bereit, für anspruchsvoll gestaltete Alltagsgegenstände deutlich mehr zu bezahlen. Mit der Verbindung zwischen Handwerk und Design bei funktionalen Objekten konnte ich mir damit ein weiteres Standbein aufbauen.“ So bereitet Julia Lambertz derzeit zum einen zwei Kunstausstellungen mit ihren Holzskulpturen vor, arbeitet aber zugleich an einem Entwurf für die Gestaltung eines erlebnispädagogischen Ausstellungsraumes. „Kunst und Handwerk möchte ich gar nicht voneinander abgrenzen – im Zentrum steht für mich immer die hochwertige handwerkliche Arbeit“, sagt Lambertz.
auf den markt vorbereiten
Gefördert wird an der Werkakademie aber nicht nur das kreative Arbeiten. „Es ist eines unserer wichtigsten Ziele, die Absolventen auf den Markt vorzubereiten. Schließlich steigen die Studenten zwei Jahre aus dem Arbeitsleben aus“, sagt Eiffert. Der Wiedereinstieg funktioniere sehr gut: Viele machten sich in dem Handwerk selbständig, aus dem sie kommen, entwickelten neue Produkte und übernähmen zusätzliche Verantwortlichkeiten von der Produktion bis hin zur Markteinführung. Bestätigen kann sie die Aussagen von Julia Lambertz: Kunden, die nach einer handwerklich und gestalterisch ausgefeilten Lösung suchen, zahlen auch dafür. „Wir befragen unsere Absolventen regelmäßig“, so Eiffert. „In der großen Mehrheit berichten sie von einer besseren Wettbewerbssituation: Viele schaffen neue Stellen, weil sie erfolgreicher sind.“ K www.werkakademie-kassel.de
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Schick und schön In der Rhein-Main-Region entwickelt sich seit einigen Jahren eine wachsende Modeszene. Für den gelungenen Berufseinstieg in die Modeund Kreativwelt gibt es unterschiedliche Wege.
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ie schwingen ihre Pinsel, Tuschefedern und Kreiden, als gelte es, einen Wettbewerb im Schnellzeichnen zu gewinnen. Nur fünf Minuten Zeit bekommen die Teilnehmer des Kurses „Figürliches Zeichnen“, dann muss ein Abbild des gerade Modell stehenden Mitschülers zu Papier gebracht sein. „Ich möchte, dass unsere Schüler ihre Grenzen überwinden. Bei manchen dauert es ein bisschen, bis die Freude am Experimentieren aufkommt und sie ein Gefühl für Formen und Farben und für das Spiel von Licht und Schatten entwickeln“, erklärt Kursleiterin Daniela Ballweg. Aber mit der Zeit finde jeder seinen Stil und lege munter drauf los – egal, welche Technik gerade auf dem Kursplan steht. Die 55-jährige Diplom-Designerin Daniela Ballweg leitet die „Schule für Mode.Grafik.Design“ in Offenbach – eine deutschlandweit bislang einmalige Bildungsinitiative, in der künstlerisch Begabte und Designinteressierte fit gemacht werden für das Studium einer kreativen Fachrichtung. „Wer einen Studienplatz an einer Hochschule für Gestaltung ergattern möchte, braucht eine Bewerbungsmappe mit eigenen Werken. Doch um diese zu gestalten, muss man erst einmal die wichtigsten künstlerischen Techniken draufhaben“, erläutert Ballweg das vorrangige Lernziel ihrer Schule. „Wer unser einjähriges Basisstudium absolviert hat, kann nicht nur eine tolle Bewerbungsmappe vorzeigen, sondern bewegt sich aufgrund seiner Vorbildung später an der Uni in allerbester Gesellschaft“, sagt die Schulleiterin selbstbewusst. Das Figürliche Zeichnen nach Modell sei zum Beispiel eine Königsdisziplin für alle, die später einmal Hüte, Mäntel und Kostüme entwerfen möchten. Eine hundertprozentige Garantie, dass die Bewerbung um einen Studienplatz auch tatsächlich gelingt, gibt Ballweg ihren Absolventen nicht. Seit der Gründung der Schule vor mehr als zwanzig Jahren hat sie aber gemeinsam mit ihrem Dozententeam schon vielen jungen Menschen
den Weg zum Traumjob geebnet. „Ein Mensch, der gestalterisch arbeitet, muss ein Thema ausdauernd und mit Herz erforschen wollen – und genau das lernen die Schüler bei uns“, versichert Daniela Ballweg.
einstieg in die modewelt
Dass der Einstieg in die Modewelt aber auch auf andere Art gelingen kann, bestätigt der Erfolg der jungen Designerin Charlotte Köhler: Die 29-jährige Frankfurterin, die ursprünglich als Bühnen- und Kostümbildnerin ans Theater wollte und dazu zunächst das Studium der Visuellen Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung – ebenfalls in Offenbach – aufnahm, vertreibt seit 2003 ihre eigene Damenkollektion unter dem Label „charlotte am main“. Ihr geradliniger und schlichter Stil findet mittlerweile bis weit über die Grenzen Frankfurts eine stetig wachsende Anhängerschar. An ihren Karrierestart erinnert sich die Jungdesignerin noch genau: „Vor vielen Jahren habe ich für eine Ausstellung ein paar Taschen und kleinere Accessoires erstellt – und war überrascht, dass die Besucher meine Einzelstücke tatsächlich kaufen wollten.“ So sei sie damals als Studentin ganz ohne Schneiderlehre und mehr oder wenig zufällig in die Modewelt „hineingerutscht“. „Ich habe mir eigentlich alles selbst beigebracht. Meine Ausdauer und meine Geduld fürs filigrane Arbeiten waren entscheidend, dass ich durchgehalten habe“, erzählt Köhler. Dass aus ihren Anfängen mit wenigen Einzelstücken innerhalb kurzer Zeit einmal ganze Kollektionen entstehen würden, die sie inzwischen sogar in einem Laden in Frankfurt-Sachsenhausen anbietet, das sei für sie bis heute kaum zu fassen. „Es gab natürlich auch immer wieder Durststrecken“, berichtet Charlotte Köhler. „Aber offensichtlich trifft der klassisch-elegante Stil meiner Mode bei meiner Kundschaft genau den richtigen Ton.“ Wer auf der Suche nach einem exklusiven Kleidungsstück durch Rhein-Main
Mode made in Frankfurt: Der klassischelegante Stil von „charlotte am main“ findet eine stetig wachsende Anhängerschar – auch weit über die Grenzen der Hessen-Metropole hinaus.
bummelt, wird mit Sicherheit fündig: Denn neben „charlotte am main“ hat sich in der Finanzmetropole Frankfurt und in benachbarten Städten und Gemeinden bereits eine ganze Reihe kreativer Modedesigner angesiedelt – darunter zum Beispiel der Herrenausstatter Cem-Mustafa Abaci, der sich auf maßgeschneiderte Anzüge spezialisiert hat, das für seine Detailverliebtheit bekannte Label Lockstoff und GoyaGoya, die Marke der schweizerischen Designerin Elena Zenero. K www.maincouture.de www.schule-fuer-mgd.de www.charlotteammain.de www.hfg-offenbach.de
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news
Vorhang auf für Reklame!
Duales Studium
Der Werbefilmwettbewerb, der vom Verband deutscher Post- und Werbefilmproduktionen (VDW) e.V. ins Leben gerufen wurde, ist der Inbegriff eines neuen Selbstbewusstseins der Werbebranche und das „Werbe-Aushängeschild“ für die Region Frankfurt/Rhein-Main. Darüber hinaus ist die Verleihung des „vdw awards“ ein großes Come-together der Branche. In 18 Kategorien wetteifern
Praxisnahe Berufsausbildung oder akademisches Studium? Die Entscheidung für den richtigen Weg ins Berufsleben fällt Schülern nicht immer leicht. Mit dem dualen Studium können sie beides – Ausbildung und Studium – unter einen Hut bringen. In Hessen wird dies mit der Kampagne „Duales Studium Hessen“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung in Kooperation mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst besonders unterstützt. Vor zwei Jahren startete sie mit dem Ziel, den Auf- und Ausbau dualer Studiengänge voranzutreiben. Dieses innovative Qualifizierungsmodell, das ein Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie mit einer Ausbildung beziehungsweise Berufstätigkeit in einem Unternehmen verbindet, wird in Hessen mittlerweile von über 15 Institutionen angeboten. Erstmals werden in diesem Jahr im Rahmen des „Duales Studium Hessen Award“ Studierende oder Unternehmen ausgezeichnet. Prämiert werden Kurzkonzepte zu Ideen rund um das Duale Studium in Hessen sowie besonderes Engagement im Rahmen dieses Ausbildungsmodells.
die Filmschaffenden um den Branchenpreis. Förderer ist neben dem Land Hessen auch die Stadt Frankfurt am Main. Der Wettbewerb wird 2010 zum neunten Mal veranstaltet. Die Preisverleihung mit anschließender Party mit rund 1000 Gala-Gästen wird wieder im Schauspiel Frankfurt stattfinden. www.vdw-award.de
Neben den Moderatoren Roberto Cappelluti und Christine Henning waren im vergangenen Jahr beim „vdw award“ unter den Laudatoren auch Rolf Scheider, Casting Director und ehemaliges Jurymitglied bei Heidi Klum, und das Model Carolin Ruppert sowie Kultregisseur Detlev Buck und Stadtrat Markus Frank.
IT-Kongress zum Konrad-Zuse-Jahr
www.dualesstudium-hessen.de
Kulturcoaching für Kreative
Der visionäre Computerpionier Konrad Zuse, der 46 Jahre im jetzigen HaunetalNeukirchen zwischen Hünfeld und Bad Hersfeld wirkte, würde am 22. Juni 2010 einhundert Jahre alt. Seine innovative Einführung des binären Codes und des gleitenden Kommas veränderte die Funktionsweise automatischer Rechenmaschinen und legte die Grundlagen für die digitale Revolution. Anlässlich des Konrad-Zuse-Jahres 2010 lädt die Hessische Landesregierung am 26. Mai zu einem öffentlichen Kongress „Zuse 2.0 Hessen – Standort der Ideen“ nach Wiesbaden ein. Im Mittelpunkt stehen brandneue IT-Anwendungen und aktuelle Fragestellungen zum Technologiestandort Hessen. Eingeladen sind Fachleute, Schüler, Studierende und andere Interessierte.
Kreativ und gleichzeitig ökonomisch arbeiten? Wie das geht, zeigt Kulturschaffenden das „Kulturcoaching“ des RKW Hessen. Es bietet Interessierten Unterstützung in betriebswirtschaftlichen und marketingrelevanten Angelegenheiten. Denn wenn es um Zahlen oder um die Vermarktung geht, stehen Kulturschaffende oft auf verlorenem Posten. 50 Kulturbetriebe, vom Maler über Designer bis hin zum Artisten, konnten bereits in fünf Projektdurchläufen seit Der Kreativität freien Lauf zu lassen, fällt Künstlern 2005 von den Tipps und nicht schwer – kaufmännische Tätigkeiten schon eher. Tricks der Profis profitieren – weitere Projekte sind vorgesehen. Das hessische Wirtschaftsministerium und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung unterstützen das Projekt.
www.zuse.hessen.de
www.rkw-hessen.de
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Eldorado der Games-Branche
„Bilbao-Effekt“: Das Guggenheim-Museum verhalf der Stadt zu internationaler Aufmerksamkeit und Wirtschaftswachstum.
Impulse für die Stadtentwicklung
Hessen hat sich zu einem Standort der Computer- und Videospieleindustrie mit internationaler Strahlkraft entwickelt. Das Land Hessen unterstützt die Branche auf vielfältige Weise. So fördert es beispielsweise die „gamearea- FRM“, einem Zusammenschluss von Games-Schaffenden im Rhein-Main-Gebiet. Aber auch Initiativen wie „GAMEplaces“, eine Kommunikationsplattform in Frankfurt am Main, oder die jährliche Veranstaltung „GamesDays“ in Darmstadt werden unterstützt. International bekannt ist der „European Innovative Games Award“ (EIGA), der ebenfalls in Hessen verliehen wird. Um diese renomierte Auszeichnung bewerben sich Spielentwickler, Publisher, Verlage, Freelancer und Nachwuchskräfte mit ihren Spielen.
„Kulturwirtschaft fördern – Stadt entwickeln“, so lautet der Titel des Dritten Hessischen Kulturwirtschaftsberichts. Die umfassende Studie untersucht das Impulspotential der Kulturwirtschaft für die Entwicklung der Städte. Anhand zahlreicher Beispiele aus Hessen, Deutschland und dem Ausland macht die Untersuchung deutlich, wie kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen das Profil und das Image von Städten und Regionen positiv beeinflussen. Darüber hinaus stellt der Kulturwirtschaftsbericht auch die Ergebnisse einer Workshopreihe vor, die das Land Hessen und die SchaderStiftung gemeinsam mit den Städten Eschwege, Frankfurt am Main, Gießen, Hanau, Kassel und Wiesbaden veranstaltet hat. Am Beispiel der jeweiligen Stadt wurde diskutiert, ob und wie Raumansprüche von Gründern und Selbständigen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft und vorhandene Gebäudeleerstände im Interesse von Kulturwirtschaft und Stadtentwicklung genutzt werden könnten − mit außerordentlich interessanten und anregenden Ergebnissen.
Weg von Kohle, hin zu Gas oder Biomasse: Mit dem Joint-Implementation-Modellprojekt Hessen, kurz JIM.Hessen, startet ein Klimaschutzprojekt, das nach den Richtlinien des KyotoProtokolls durchgeführt wird. Angesprochen sind Betreiber von Heiz- und Dampfkesseln, die einen Wechsel zu Gas oder Biomasse anstreben. Die CO2-Einsparungen werden den Teilnehmern aus dem Verkauf der Emissionszertifikate rückvergütet.
Zu bestellen unter: info@hessen-agentur.de
www.transferstelle-emissionshandel-hessen.de
www.hessen-it.de/games
Für besseres Klima
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Lebensqualität
Eine Geschichte aus Heppenheim Die indische Filmindustrie entdeckt die malerische Bergstraße. Bollywood produziert jedes Jahr rund tausend Filme. Davon kann auch Hessen profitieren.
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atthias Wilkes blieben 24 Stunden. In dieser Zeit musste der Landrat die Filmproduzenten aus der Kinometropole Mumbai vom Nibelungenland Bergstraße überzeugen. Elf indische Gäste waren gekommen, um in der hessischen Region neue Drehorte zu finden. Sie hofften auf Ritterburgen, Fachwerkhäuser, Weinberge. Wilkes enttäuschte sie nicht. Er hatte das Programm sorgsam ausgetüftelt: Mit dem Reisebus fuhren sie zum Kloster Lorsch, mit einem Ausflugsdampfer schipperten sie über den Neckar. Auf Schloss Auerbach konnte sich die Besuchergruppe stärken – Wilkes hatte ein Rittermahl angesetzt. Die Kellner rassel-
ten mit Kettenhemden, auf den Tellern dampften Schweinshaxen. Die Schlossschänke, die Fürstenstube, der Ritterkeller – die Filmschaffenden konnten sich kaum sattsehen. Der Höhepunkt aber stand ihnen noch bevor. Unter den Mammutbäumen des Fürstenlagers warteten Königinnen. Die Gurkenkönigin und die Spargelkönigin, die Blütenkönigin und die Weinkönigin – insgesamt zwanzig junge Frauen hatten sich in der Sommerresidenz der Landgrafen und Großherzöge versammelt, in langen Roben und mit funkelnden Kronen. „Wir sind nun einmal der Landkreis mit den meisten Hoheiten“, sagt Matthias Wilkes. Das machte Eindruck. Die Gäste
zückten die Kameras. Am liebsten hätten sie gleich „Action“ gerufen. Sie sahen: An der Bergstraße kann Bollywood sich niederlassen. Zumindest für einige Wochen im Jahr. Drei Monate später begannen die ersten Dreharbeiten. Ausgerechnet im November. Doch weder von Nebelschwaden noch von Sprühregen ließen die Filmleute sich abschrecken. Je herbstlicher, desto exotischer, fanden sie. Knapp fünf Jahre liegt Matthias Wilkes erste Begegnung mit den indischen Filmproduzenten zurück. Seither sind drei Bollywood-Produktionen an der Bergstraße entstanden. Den Anfang machte „Humraah“, ein Low-BudgetWerk über einen Regierungsmitarbeiter,
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der Geheimunterlagen stiehlt. Anschließend entwischt er nach Heppenheim, wo er eine Frau findet und eine Tochter bekommt. Lange lebt er unbehelligt – bis ein Agent des indischen Geheimdienstes ihn enttarnt. Der Agent jedoch verfällt der Tochter. Er umgarnt sie mit Gesang und Tanz. Er tanzt über Waldwege und durch die Burgruine, über den Marktplatz und durch die Rathausgasse. Dabei rücken die Sehenswürdigkeiten Heppenheims ins Bild, die Apotheke, in der Justus Liebig mit Knallsilber experimentierte, das Fachwerkhaus, in dem Grace Kellys Großmutter aufwuchs. Auf manche Drehorte hätte Matthias Wilkes selbst keine Kamera gerichtet, etwa auf die Straßenbahnstation, die Tankstelle oder die Fußgängerzone. Auch das leerstehende Geschäft wäre von ihm wohl nicht zur Kulisse auser-
koren worden. Doch er grämt sich nicht. Denn – Tankstelle hin oder her – die indischen Touristen strömen nach Heppenheim. Auf ihren Europatouren erkunden sie London, Brüssel – und Heppenheim. Dann folgt vielleicht noch Norditalien. Sie wollen die Orte besichtigen, die sie im Kino gesehen haben. Manchmal halten vier Reisebusse zugleich vor dem „Indian Palace“ gegenüber vom Bahnhof. Dass ein Ansturm einsetzen könnte, hat Wilkes schon geahnt, als für die Deutschland-Premiere von „Humraah“ der rote Teppich in Viernheim ausgerollt wurde. Von dort berichteten unter anderem „Heute Journal“, „Der Spiegel“ und „Die Zeit“. Nicht nur in Deutschland herrschte Interesse. Auch in Bollywood verfolgte die Branche das Geschehen. Zwei Wochen nach der Premiere meldete sich
Himesh Reshammiya, Indiens berühmtester Schlagerstar. Er wolle sein Leinwanddebüt geben. Dazu suche er noch einen Drehort. Ob Wilkes für eine Zusammenarbeit zu haben sei? Das war er. Sie verabredeten ein Treffen in London. In Wembley – dort trat Reshammiya vor 30 000 Fans auf – einigten sie sich: Reshammiya würde mit 80 Mitarbeitern kommen und für zwei Monate bleiben. „Aap Kaa Suroor“ sollte der Film heißen – und ein großer Erfolg werden. Das Werk eroberte die Top-Ten der KinoCharts in Indien. Als Wilkes zur Filmpremiere durch Mumbai fuhr, entdeckte er an einem Hochhaus ein Kinoplakat, das über mehrere Stockwerke reichte. Darauf stand: „Aap Kaa Suroor. Eine Geschichte aus Heppenheim“. K www.heppenheim.de
Touristenmagnet BergstraSSe
Mandeln, Pfirsiche und Aprikosen – an der Bergstraße sieht es ein bisschen aus wie in Südeuropa. „Hier fängt Deutschland an, Italien zu werden“, soll Kaiser Joseph II. im Frühjahr 1764 auch gesagt haben. Der Odenwald schützt die Bergstraße vor Ostwinden – daher verzeichnet die Region Temperaturen, die über dem Bundesdurchschnitt liegen. Insgesamt 1600 Sonnenstunden lassen nicht nur Magnolien, Zierkirschen und Flieder blühen, www.diebergstrasse.de
sondern auch Wein reifen. Die Bergstraße ist ebenso für ihren Riesling wie für ihren Spätburgunder berühmt. Eine weitere Besonderheit: Es gibt eine Fülle an Sehenswürdigkeiten, etwa das Auerbacher Schloss, die Starkenburg in Heppenheim und die Orangerie in Darmstadt. An fast allen Burgen der Bergraße führt der Burgweg entlang, den der Odenwaldclub zwischen Weinbergen und Wäldern für Wanderer und Radfahrer markiert hat.
Wirtschaftsmagazin Hessen
Lebensqualität
Festivals für alle Sinne Ob klassische Musik, Blues, Theater oder Bildende Kunst – das Angebot an Festivals und Ausstellungen in Hessen ist vielfältig und hochkarätig zugleich. Entsprechend beliebt sind Kulturreisen nach Hessen.
Über mehr als 600 Meter ziehen sich die von Weinreben flankierten Tische der „Steinberger Tafelrunde“. Neben Musik werden Vesper und Wein bei dieser beliebten Veranstaltung des Rheingau Musik Festivals geboten.
M
it einer solchen Erfolgsgeschichte wird Michael Herrmann wohl kaum gerechnet haben, als er als junger Mann Anfang der siebziger Jahre von einem Klassikfestival in seiner Heimat träumte. Damals sang der heutige Intendant des Rheingau Musik Festivals noch selbst in Chorkonzerten im Kloster Eberbach mit. 1987 wurde seine Vision dann Wirklichkeit. Was in jenem Sommer mit zwei Konzerten startete, hat sich inzwischen zu einem international geschätzten Festspiel entwickelt. Heute werden den mehr als 120 000 Besuchern an über 40 Spielstätten rund 150 Konzerte geboten. Und wer beispielsweise einmal die Konzertatmosphäre im altehrwürdigen Kreuzgang von Kloster Eberbach miterleben durfte, wird schnell zum „Wiederholungstäter“. „Es ist die Mischung aus Musik, Architektur und Landschaft, die den Erfolg des Rheingau Musik Festivals ausmacht“, betont Intendant Michael Herrmann. Und gerät darauf regelrecht ins Schwärmen: „Wenn Sie die Allee zum Schloss Johannisberg entlang schlendern und dann im Schloss ein Glas Riesling trinken, geht Ihnen das Herz auf. Abschließend hören Sie noch Rudolf Buchbinder mit einer Beethoven-Sonate; etwas Schöneres kann es überhaupt nicht geben.“ So ziehen die hochwertigen Musikveranstaltungen und ausgewählten Loca-
Foto: Helmut Schulze
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tions des Festivals jedes Jahr zahlreiche nationale, aber auch internationale Besucher an. Das breite Musikspektrum – von Ernster Musik verschiedener Epochen bis hin zu Jazz und Kabarett – begeistert Musikliebhaber der unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Da wundert es kaum, wenn Michael Herrmann es in einem Atemzug mit den großen KlassikMusik-Festivals wie den Salzburger Festspielen oder dem Lucerne Festival nennt. Viele Festivalgänger verbinden den Musik- mit einem kulinarischen Genuss. Sie kehren vor oder nach dem Konzert in eines der urigen Rheingauer Weinlokale ein, um dort in geselliger Runde traditionelle Gerichte und Getränke wie Handkäs und Riesling zu genießen. Beliebt ist auch ein Besuch beim Winzer. Allein
Gaststättenbesuche und Weinverkäufe bescheren der Region Zusatzeinnahmen in Millionenhöhe.
hessische kultursommer
Ebenso etabliert ist mittlerweile eine andere Kultureinrichtung, die vier Hessischen Kultursommer. Der Startschuss für diese Reihe fiel mit der Gründung des Kultursommers Nordhessen im Jahre 1988. Inzwischen haben drei weitere Regionen ähnliche Veranstaltungskonzepte auf die Beine gestellt: den Kultursommer Mittelhessen, den Kultursommer Südhessen und als vierten Zugang im Jahr 2000 den Kultursommer MainKinzig-Fulda. Die jüngste und zugleich kleinste Einrichtung kann bereits nach zehn Jahren
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Die Hessischen Kultursommer haben auch Kinder als Zielgruppe im Blick: Auf unserem Bild wird gerade das Märchenspiel „König Drosselbart“ aufgeführt.
eine beachtliche Bilanz vorweisen. Die beiden beteiligten Kreise Main-Kinzig und Fulda zählten im vergangenen Jahr 21 000 Gäste, die mehr als 50 Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen besuchten. Musikmärchen wie „Peter und der Wolf“ und Leihgaben aus dem Dalí-Museum in Berlin lockten ebenso wie klassische Konzerte. Es sei geglückt, eine Nische in der kulturellen Vielfalt zu besetzen, begründen die beiden Landräte Erich Pipa und Bernd Woide die erfolgreiche Entwicklung. Das Angebot sei qualitativ hochwertig und spreche vor allem auch Familien an. Renate Nettner-Reinsel, Geschäftsführerin des Kultursommers Main-KinzigFulda beobachtet verstärkt, dass die Veranstaltungen in 28 Kommunen immer
häufiger auch von Besuchern außerhalb der Kreise aufgesucht würden, zum Teil auch aus Thüringen und Bayern. Angezogen vom kulturellen Angebot, lernten sie bei dieser Gelegenheit die für sie bisher unbekannte Region kennen, und zwar „durchaus als eine Bereicherung“.
viele weitere events
Die Kultursommer sorgen übrigens nicht nur für mehr Lebensqualität in der Region und höhere Umsätze bei den Gastwirten. Die Organisatoren in Mittelhessen berichten beispielsweise, dass sich als Folge des Kultursommers in den beteiligten Landkreisen Lahn-Dill, Vogelsberg und Gießen neue Vereine und Kulturinitiativen gebildet hätten. Außerdem habe die Reihe in den Landkreisen Anstöße zu weiteren
Kulturprojekten und regelmäßiger Kulturarbeit gegeben. Neben dem Rheingau Musik Festival und Kultursommern ziehen auch zahlreiche Burgen, Schlösser und UNESCOWelterbestätten Kulturinteressierte nach Hessen. Allein die öffentlich zugänglichen Sammlungen der Museen addieren sich auf mehr als 400, und jeden Sommer präsentiert die Stadt Frankfurt ihre Museen im Rahmen des Museumsuferfests. Dazu gesellen sich Events wie die Steinauer Puppenspieltage, die Freienfelser Ritterspiele, die Golden Oldies in Wettenberg oder das Orgel- und Drehorgelfestival in Laubach. K www.kulturportal-hessen.de www.rheingau-musik-festival.de
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Lebensqualität
Das große Eine beliebte Sendung im hr-fernsehen des Hessischen Rundfunks ist das große HessenQuiz, das jeden Sonntagabend ausgestrahlt wird. Vier Fragen zu Kunst und Kultur haben wir Ihnen hier zum Nachspielen abgedruckt.
Frage 1: Alle fünf Jahre richtet Kassel die documenta aus und lockt damit Kunstfreunde aus aller Welt in die Stadt. Wie wird die Kasseler documenta noch genannt? A: Museum der 100 Tage B: Festival der Welt C: Galerie der Perfektion D: Show der Avantgarde
Frage 2: Die Odenwälderin Jessica Schwarz hat im vergangenen Jahrzehnt eine erstaunliche Karriere hingelegt – von der Nachwuchsmoderatorin im Musikfernsehen zur anerkannten Schauspielerin. Dass sie jetzt auch bereit ist, sich mit den allergrößten Stars vergleichen zu lassen, beweist eine Rolle aus dem vorigen Jahr.
Frage 3: Viele wichtige Preise werden in Hessen verliehen. Sogar fernöstliche Filmschaffende können sich in Hessen eine wohlverdiente Ehrung abholen. Denn nicht in Japan, sondern in unserem schönen Bundesland findet das weltweit größte japanische Kinofilmfestival, die „Nippon Connection“, statt.
Welchen Weltstar verkörperte Jessica Schwarz im Jahr 2009 in einem Fernsehfilm? A: Maria Schell B: Hildegard Knef C: Romy Schneider D: Marlene Dietrich
In welcher hessischen Stadt findet das weltweit größte japanische Kinofilmfestival statt? A: Kassel B: Wiesbaden C: Frankfurt am Main D: Darmstadt
Frage 4: Im Bad Nauheimer Stadtteil Steinfurth kann man sich in einem romantischen Fachwerkhäuschen verzaubern lassen – denn hier dreht sich alles um eine betörende Pflanze, die für die Gegend typisch ist. Welcher Kulturpflanze ist in Bad Nauheim/Steinfurth ein eigenes Museum gewidmet? A: Mohn B: Raps C: Hafer D: Rose
Einsendeschluss ist der 31. August 2010. Alle Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wer alle Fragen richtig beantwortet, hat die Chance – mit etwas Glück – bei einer Aufzeichnung der Sendung dabei zu sein. Der Hessische Rundfunk hat uns 6 × 2 Freikarten zur Verfügung gestellt, die wir unter allen richtigen Einsendungen verlosen.
Senden Sie uns die richtigen Antworten per Post, per E-Mail oder per Fax an: HA Hessen Agentur GmbH, Hessen-Marketing Abraham-Lincoln-Straße 38–42, 65189 Wiesbaden Fax: + 49 (0) 611 774 80 40, info@hessen-agentur.de
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Freizeit, Urlaub oder Geschäftsreise – in Hessen sind Sie immer richtig! Hessen hat seinen Besuchern eine Menge an kulturellen und touristischen Highlights zu bieten: NeWir pflegen unsere ben einer Vielzahl an Burgen, Schlössern und GärKulturschätze . ten gibt es interessante Museen, Musikevents sowie Welterbestätten der UNESCO, zu denen vielleicht auch bald der Bergpark Wilhelmshöhe zählen könnte. Als größter Bergpark in Europa und insbesondere durch die Kasseler Wasserspiele, den Herkules, das Schloss Wilhelmshöhe und die Löwenburg ist er auch international bekannt. Neben Kassel locken aber auch die vielen anderen Städte und Regionen mit ihren Besonderheiten die Besucher, wie beispielsweise die mondäne Wilhelmstraße in Wiesbaden, die Fachwerkidylle im Wir bieten die Odenwald oder die documenta-Stadt Kassel. schönsten Kulturstädte. Hessen entdecken ist jetzt noch einfacher und geht sogar von zu Hause aus: Auf der Internetseite www.hessen-tourismus.de können informative Broschüren zu verschiedenen Themen rund um Hessen bestellt oder heruntergeladen werden. So können sich Interessierte bereits vorab oder während ihrer Reise nach Hessen über die schönsten Kulturstädte, die imposantesten Kulturschätze und über die Vielfalt an Veranstaltungen ein genaues Bild machen. In den Broschüren gibt es neben wissenswerten InforWir unterhal ten auf höchstem N mationen zum Land und seinen Sehensiveau. würdigkeiten viele attraktive Angebote, die jede Kulturreise und jeden Eventtrip nach Hessen zu einem anregenden und erholsamen Erlebnis werden lassen. www.hessen-to
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Ein Meer aus Blumen erwartet die Besucher der Landesgartenschau in Bad Nauheim, die am 24. April ihre Pforten öffnet. Während der gut sechsmonatigen Öffnung werden rund eine halbe Million Besucher in der Kurstadt erwartet. Der Kurpark und der Goldsteinpark – im Herzen Bad Nauheims gelegen – bilden auch den Kernbereich der Gartenschau. Beide Landschaftsparks, historisch wertvolle Jugendstilanlagen, sind für das Gartenkunst-Festival zum Teil nach alten Vorbildern neu gestaltet worden. Die Landesgartenschau wird Trends im Gartenbau präsentieren. Daneben laden die prachtvollen Blumenausstellungen und zahlreiche Themengärten sowie mehr als 1000 Veranstaltungen zum Genießen, Staunen und Entdecken ein. 26.02.10 18:12
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Wirtschaftsmagazin Hessen
Ausblick
Die nächste Ausgabe des Wirtschaftsmagazin Hessen erscheint im Herbst 2010.
Kostenlos zu beziehen unter www.invest-in-hessen.de Herausgeber: HA Hessen Agentur GmbH, Abraham-Lincoln-Straße 38–42, 65189 Wiesbaden Im Rahmen der Standortkampagne des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesent wicklung Projektleitung: Heidi Wörner Redaktion: Christina Höhn, Ludger Kersting (stv.); F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und Medieninformationen GmbH, Mainzer Landstraße 199, 60326 Frankfurt am Main
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Impressum
m Ich interessiere mich für eine Insertion in der Herbstausgabe mit dem Schwerpunkt „Innovation“.
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Bitte senden an: per Fax: +49 (0)611 774 80 40 per E-Mail: info@hessen-agentur.de online: www.invest-in-hessen.de
Autoren: Ellen Bolduan, Jenni Glaser, Michael Jakob, Alexander Schneider, Jan Voosen, Inka Wichmann Art-Direktion: Jan Walter Hofmann Anzeigenverkauf: Zeitungsanzeigengesellschaft RheinMainMedia mbh Fotos: Titelfoto: Marie-Laure Briane; S.3: Hermann Heibel; S.4: MarieLaure Briane, Jürgen Röhrscheid; S.5: Werkakademie Kassel; S.6: picture alliance (pa); S.8: pa; S.9: Schlachthof Kassel; S.10-11: kümmerei.org; S.12: Eckelhausener Musiktage; S.13: privat; S.14: Martin Kaufhold; S.15: Michael Kretzer, Martin Kaufhold, MarieLaure Briane; S.16: pa, Hessisches Kultusministerium; S.17: istock, pa, Frankfurter Buchmesse; S.18: hr; S.19: German Design Council, istock; S.20-21: Ogilvy & Mather; S.22: Jürgen Röhrscheid; S.25: Thonet, Stadt Frankenberg; S.26-27: pa; S.28: Cinetext, eDIT The Filmmaker’s Festival, istock; S.29: Hessen Agentur, istock; S.30: Harald Schröder; S.31: hFMA; S.32: Werkakademie Kassel; S.33: Laura Nickel; S.34: vdw award Büro, istock; S.35: pa, istock; S.36-37: Kreis Bergstraße Pressestelle, www. diebergstrasse.de; S.39: BrüderGrimm-Haus, Steinau an der Straße; S.40: hr; S.41: Hessen Agentur, Landesgartenschau Bad Nauheim; S.42: istock
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