WR Bewertung Klimaschutzplan 2050

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POSITIONSPAPIER Wirtschaftsrat: Für die Wirtschaft liest sich der Entwurf zum Klimaschutzplan 2050 wie ein Horrorkatalog Wolfgang Steiger: „Neue deutsche Alleingänge helfen dem Klima nicht und bürden uns weitere immense volkswirtschaftliche Kosten auf.“ Der Wirtschaftsrat kritisiert den Klimaschutzplan 2050 des Bundesumweltministeriums (BMUB). Die Pläne gehen weit über die bestehenden europäischen Ziele und Instrumente zum Klimaschutz hinaus. Die Ziele des vorgelegten Entwurfs sind wage. Es fehlt ihnen an ökonomisch nachvollziehbaren sowie technologisch umsetzbaren Vorgaben, wie sie erreicht werden sollen. Ihre Umsetzung würde den deutschen Sonderweg in der Klimapolitik weiter verfestigen und Desinvestitionen sowie die schleichende Deindustrialisierung des Standorts Deutschland massiv befördern. Statt auf nationale Alleingänge zu setzen, sollten der europäische Emissionshandel gestärkt und das Pariser Klimaabkommen global umgesetzt werden. Eine einseitige nationale Klimaschutzpolitik belastet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und gefährdet Investitionen. Bundesminister Gabriel hält auch beim Klimaschutzplan an seinem altbekannten Schlingerkurs zwischen den Positionen des Wirtschaftsministers und des SPD-Vorsitzenden fest: Zwar hat er die vom Bundesumweltministerium vorgesehene Halbierung der Emissionen des Energiesektors um 170 Millionen Tonnen Kohlendioxid, ebenso wie den Kohleausstieg bis 2050, aus dem Entwurf gestrichen. Dies ändert aber wenig daran, dass der Klimaschutzplan ein Horrorkatalog für die Wirtschaft darstellt, der sie nicht nur mit neuer Bürokratie überzieht, sondern auch teuer zu stehen kommt: Mit massiven Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, das Wachstum und die Arbeitsplätze in Deutschland. Deshalb setzt sich der Wirtschaftsrat dafür ein, vor Verabschiedung des Klimaschutzplans 2050 eine breite gesellschaftliche und parlamentarische Debatte zu den Auswirkungen der geplanten klimapolitischen Zielvorgaben für Gesellschaft und Industrie zu führen. Der Wirtschaftsrat möchte diese Debatte mitanstoßen und steuert diese Positionen bei: Monitoring gleichrangig an wirtschaftlichen Indikatoren ausrichten. Oberste Prämisse muss es sein, dass alle Maßnahmen im Klimaschutz die vollständigen Wertschöpfungsketten, und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft berücksichtigen. Folglich darf sich das im Klimaschutzplan angestrebte Monitoring nicht allein darauf beschränken, Reduktionsziele einzuhalten. Stattdessen sollte bei der Definition von Monitoring-Kriterien eine Verbindung zwischen Klimaschutz, Investitionen und Wirtschaftsentwicklung angestrebt werden. Neben den Klimaschutzzielen müssen die Ziele zur Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und Anteile der Industrie am Bruttoinlandsprodukt gleichrangig berücksichtigt werden. Der Klimaschutzplan sollte zudem eine Folgekostenabschätzung beinhalten. Grundlegendes Ziel muss sein, Treibhausgase zu den geringstmöglichen Kosten zu vermeiden und den Aufbau weiterer Bürokratie zu vermeiden.

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EU- und nationale Klimapolitik in Einklang bringen, Marktprinzipien beim Klimaschutz stärken. Der Wirtschaftsrat bekennt sich zum europäischen Emissionshandel (ETS). Erklärtes Ziel des ETS ist es, durch die kontinuierliche Absenkung der Emissionen einen Beitrag zur Senkung der Gesamtemissionen um bis zu 80 bis 95 Prozent im Jahr 2050 im Vergleich zum Basisjahr 1990 zu leisten. Der Wirtschaftsrat fordert daher, dass die deutsche Klimaschutzpolitik europafähig wird. Ab dem Jahr 2020 müssen nationale und europäische Klimaschutzinstrumente wieder in Einklang gebracht werden. Neue, isolierte nationale Maßnahmen und Vorgaben sind unwirksam, ineffizient und schwächen den EUEmissionshandel. So führt etwa die Verringerung der Emissionen in Deutschland dazu, dass das Angebot von ETS-Zertifikaten - und damit die Treibhausgas-Emissionen - in anderen EU-Staaten ansteigen. Im Ergebnis wird europaweit kein einziges Gramm an Treibhausgasen mehr eingespart, es findet lediglich eine Verlagerung zu Lasten der deutschen Industrie statt. In Sektoren, die nicht durch das ETS-System abgedeckt werden, wie beispielsweise Gebäude und Verkehr, sollten ferner EU-weit einheitliche, technologieoffene und diskriminierungsfreie Instrumente genutzt und weiterentwickelt werden. Nur so können sich die effizientesten und gleichzeitig auch wirtschaftlichsten Technologien zum Klimaschutz durchsetzen. Die Klimapolitik muss auf ein breites Fundament gestellt werden. Damit die Industrie in Deutschland stark bleiben kann, fordert der Wirtschaftsrat ein globales levelplaying-field, also einen internationalen Wettbewerb mit vergleichbaren Bedingungen für alle. Seit Jahren übersteigen am Industriestandort Deutschland die Abschreibungen die Investitionen. Eine Kernforderung des Wirtschaftsrates ist es daher, dass sich die Bundesregierung für eine globale Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen einsetzt, anstatt immer wieder neue nationale Initiativen zu starten. So zielt beispielsweise die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung auf die Umsetzung der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Anstatt mit dem davon völlig entkoppelten Klimaschutzplan 2050 Doppelstrukturen zu schaffen, sollte die Integration der Klimaschutzpolitik im globalen Kontext vorangetrieben werden. So können die Emissionsreduktionsziele Deutschlands am effizientesten erreicht werden. Folgekostenabschätzung für alle neuen Klimaschutzinstrumente. Neue Gesetzesentwürfe zum Klimaschutz sollten unbedingt auch stets darlegen, welchen Einfluss sie auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nehmen. Und ob Wirtschaft und Verbraucher mit höheren Kostenbelastungen rechnen müssen. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass die Ziele Klimaschutz und Gewährleistung eines hohen industriellen Anteils an der Bruttowertschöpfung gleichrangig behandelt werden. Die Einbeziehung der Parlamente ist zudem ein zentraler Faktor zur Steigerung der Akzeptanz. Der Wirtschaftsrat fordert, alle Klimaschutzmaßnahmen künftig diesen Prüfkriterien zu unterwerfen: 1.

Auswirkungen der Maßnahme auf die gesamte Wertschöpfungskette. Es ist eine Analyse der Wirkungen von Maßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich. Höhere Kosten, gerade im Energiebereich oder bei der Herstellung von Grundstoffen, werden häufig in der Wertschöpfungskette weitergegeben. Leidtragende im Wettbewerb sind oft gerade das Handwerk und der Mittelstand.

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2.

Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplatzeffekte. Klimapolitik ist immer auch Wirtschafts- und Sozialpolitik. Arbeitsplatzverlagerungen in andere Länder bringen dem globalen Klimaschutz nichts und setzen die Akzeptanz für die Klimapolitik aufs Spiel. Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplatzeffekte sind von zentraler Bedeutung für die Beurteilung von Klimaschutzmaßnahmen.

3.

Kosten-Nutzen-Analysen. Klimapolitik muss die Kosten für Bürger und Wirtschaft so gering wie möglich halten. Voraussetzung dafür sind belastbare Kosten-Nutzen-Analysen der Maßnahmen.

4.

Technologieoffenheit. Die Maßnahmen sollen weitestgehend technologieoffen und damit innovationsfördernd ausgestaltet werden.

5.

Freiwilligkeit. Statt staatlicher Gängelung braucht es Wettbewerb und Innovation.

6.

Rechts- und Investitionssicherheit. Bestandsschutz für Investitionen und Vermeidung von Überforderungen einer sozialen Strukturpolitik durch ausreichende Übergangsfristen sind zu gewährleisten.

7.

Konsistenz und EU-Kompatibilität. Deutschlands nationale Klimapolitik, einschließlich der Ziele, muss mit der europäischen Klimapolitik abgestimmt sein. Mittelfristig brauchen wir keine nationalen Ziele mehr, sondern müssen ein europäisches Ziel anstreben. Maßnahmen und Ziele müssen konsistent sein, der EU-Emissionshandel als funktionierendes Marktinstrument gestärkt werden.

8.

Vermeidung von Überregulierung. Angesichts der Probleme, die Deutschland dabei hat, die Klimaziele für das Jahr 2020 zu erreichen, ist zumindest zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist, nochmals die Zielvorgaben höher zu hängen.

9.

Einbettung in globales Engagement. Klimaschutz ist nur global wirklich erfolgreich. Daher sollten nationale deutsche Alleingänge vermieden und Klimaschutzmaßnahmen stets auch Elemente unseres Engagements für den internationalen Klimaschutz enthalten.

Berlin, im Juli 2016

Kontakt: Klaus-Hubert Fugger Pressesprecher Wirtschaftsrat der CDU e.V. Tel. 030/240857-300 kh.fugger@wirtschaftsrat.de 3


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