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Lehrerinformationen

Einführung

Mit diesem Modul können Sie zwei bis drei abwechslungsreiche, fächerübergreifende und praxisbezogene Schulstunden gestalten.

Die Arbeitsblätter (AB) 1 bis 3 sind dabei als Grundmodul vorgesehen, die bei Bedarf erweitert werden können um die beiden Arbeitsblätter A und B.

Im Grundmodul geht es von biologischen Fragen (AB 1 Wie sich Fortbewegung und Lebensraum beeinflussen) zur Physik (AB 2 Strömungswiderstände in Abhängigkeit von der Form). Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler (SuS) durch praktische Versuche selbstständig die Zusammenhänge erkennen und beschreiben. Im letzten Teil wird der Bogen zur Technik geschlagen (AB 3 Von der Natur lernen: Formen von Automobilen) und die SuS können das Gelernte anwenden. Zum Schluss und als Lockerungsübung sollen die SuS das ihrer Meinung nach optimale Auto malen oder beschreiben.

Praxistipp:

Zur Einführung in das Modul können Sie

• den bereits schülergerecht formulierten Text unter „Informationen zum Begriff Bionik“ kopieren, austeilen und in Gruppen bearbeiten lassen,

• den Text vorlesen und eine Diskussion durchführen oder

• die SuS im Internet unter den angegebenen Links recherchieren lassen.

Zur Binnendifferenzierung bieten wir Ihnen die beiden Arbeitsblätter A und B. A knüpft direkt an die Lebenswirklichkeit der SuS an und eignet sich als Einstieg in das Thema von einem eher physikalischen Standpunkt aus. Anschließend lässt sich der Aspekt „Strömungswiderstände in Abhängigkeit von der Fläche“ durch Arbeitsblatt B vertiefen – wiederum durch praktische Versuche, die von den SuS selbstständig durchgeführt und ausgewertet werden.

Praxistipp:

Beachten Sie zur Unterrichtsvorbereitung die Materiallisten und Versuchsaufbauten in den beiden Arbeitsblättern 2 und B. Wenn Sie das komplette Modul bearbeiten lassen, weisen Sie die SuS darauf hin, dass auch der Luftwiderstand beim Fahrradfahren ein Strömungswiderstand ist und nennen Sie den Strömungswiderstand als Oberbegriff für Widerstände in Flüssigkeiten (AB 2) und Luft (AB B, siehe Formel zur Luftwiderstandskraft unten).

Luftwiderstandskraft (allgemein die Strömungswiderstandskraft FW)

Der Strömungswiderstand ist von der Querschnittsfläche A des Körpers, seiner Form und der Geschwindigkeit v abhängig. Damit ergibt sich für die Kraft FW, die den Körper bremst:

Luftwiderstandskraft: FW = ½ · cw· ρ L· A · v 2 (ρ L: Dichte der Luft)

Der sogenannte cw-Wert hängt von der Form des Körpers ab. Er ist umso größer, je mehr Kraft (Energie) die Luft benötigt, um um einen Körper herumzufließen.

Der cw-Wert wird experimentell über Windkanalmessungen bestimmt oder über Computersimulationen von Strömungen berechnet. Im Windkanal wird die Luftwiderstandskraft gemessen; bei bekannter Querschnittsfläche (Stirnfläche) A, der Luftdichte ρ  L und der (im Windkanal eingestellten) Luftgeschwindigkeit lässt sich die Formel nach dem cw-Wert auflösen.

Hinweise zu den einzelnen Arbeitsblättern

AB 1 „Wie sich Fortbewegung und Lebensraum beeinflussen“

Das Arbeitsblatt ist als Einstieg in die Thematik des Spannungsfeldes „Form und Zweck“ gedacht. Die Brücke zur Bionik bildet die Frage „Wo dient die Natur als Vorbild?“ Die Schülerinnen und Schüler (SuS) vergleichen bestimmte Formen von Meeresbewohnern und deren Lebensraum und Fortbewegung.

AB 2 „Strömungswiderstände in Abhängigkeit von der Form“

Diese Versuche erfüllen nicht vollständig die Anforderungen an ein naturwissenschaftliches Experiment. Entweder ändert sich die Kraft geringfügig bei anderer Form oder die Querschnittsfläche bleibt nicht exakt konstant, wenn beispielsweise aus gleichem Volumen verschiedene „Fische“ modelliert werden. Folglich lassen sich in allen Schülerexperimenten nur qualitative Aussagen ableiten. Entschädigt wird man aber durch den fächerübergreifenden Aspekt der Versuche und die praktische Arbeit, die von den SuS mit Begeisterung durchgeführt werden.

Praxistipp:

Die Blumenkästen sollten nicht mit Wasser gefüllt transportiert werden. Sie sollten mit einer Gießkanne gefüllt und nach den Versuchen mithilfe eines Schlauches entleert werden (Schlauch mit Wasser füllen, ein Ende in den Blumenkasten, das andere Ende tiefer als den Kasten in einen Eimer halten).

AB A „Luftwiderstand beim Fahrradfahren“

Dieses Arbeitsblatt knüpft an eigene Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler beim Fahrradfahren an. Darauf aufbauend können die SuS andere Radfahrsituationen überdenken und unabhängig von abstrakten physikalischen Herleitungen den Zusammenhang von Luftwiderstand zu Angriffsfläche und Geschwindigkeit qualitativ erfassen. Der quadratische Zusammenhang zwischen Luftwiderstandskraft F und Geschwindigkeit v wird qualitativ und im Diagramm halb quantitativ erkannt.

AB B „Strömungswiderstände in Abhängigkeit von der Fläche“

Wie bei allen praktischen Arbeiten müssen die SuS eine Einweisung an den benötigten Werkzeugen und Maschinen erhalten. Fächerübergreifend (Mathematik/Informatik) wird die Erstellung einer Excel-Tabelle zur Erfassung der Fläche und des Diagramms empfohlen. Bei der Umsetzung der Messanordnung muss man unbedingt auf die möglichst reibungsarme Drehung des Stabes und die Einhaltung der rechten Winkel achten.

Wenn diese praktischen Versuche durchgeführt werden, sollte dies direkt nach der Bearbeitung von AB A erfolgen.

Leitfragen

• Was versteht man unter dem Begriff „Bionik“?

• Wo kann die Natur als Vorbild für technische Entwicklungen dienen?

• Welche technischen Umsetzungen sind bekannt?

Dieses AB ist eine Erweiterung und Ergänzung von AB 1 und bildet den Abschluss des Moduls durch die Beantwortung der Frage „Wo kann man von der Natur lernen?“. Ein weiterer fächerübergreifender Aspekt ist möglich, indem man die SuS nach allen Versuchen und theoretischen Erläuterungen ihren Autofavoriten zeichnen oder sogar modellieren lässt (Kunstunterricht)

• Von welchen Faktoren hängen Strömungswiderstände ab? (qualitative Aussage)

• Wie können Strömungswiderstände in Versuchen erforscht werden? (halbquantitative Aussagen)

Informationen zum Begriff „Bionik“

Der Begriff Bionik bezeichnet die Verbindung von Biologie und Technik. Dabei beobachten Forscher Phänomene der Natur und versuchen, ihre Grundprinzipien zu verstehen, um sie dann in die Technik zu übertragen.

Es gibt viele Dinge, die von Tieren oder Pflanzen abgeschaut wurden:

• Für Schwimmflossen, die man zum Tauchen verwendet, dienten z. B. die Schwimmhäute von Fröschen als Vorbild.

• Der Klettverschluss entspricht dem Klettprinzip von Klettenfrüchten, einer Pflanzenart mit vielen winzigen elastischen Häkchen, die sich an Objekten festhängen können.

• Die Lotusblume hat eine spezielle Oberfläche, an der das Wasser mitsamt aller Schmutzpartikel abperlt. Der Trick der Lotuspflanze besteht aus zwei besonderen Eigenschaften der Oberfläche ihrer Blätter: Erstens sind sie von einer feinen Wachsschicht überzogen. Diese ist wasserabweisend und bewirkt, dass Feuchtigkeit, die auf das Blatt gelangt, sich zu schmalen, hohen Tropfen formt und vom Blatt abperlt. Zweitens ist die Oberfläche von kleinen Noppen übersät: Befindet sich Schmutz auf dem Blatt, dann bleibt dieser oben auf den Noppen sitzen – wie ein Fakir auf einem Nagelbrett. Die Wassertropfen, die vom Blatt abperlen, können so die Schmutzpartikel mit sich reißen und vom Blatt wegtragen. Die Blätter der Lotuspflanze sind deswegen immer glänzend sauber. Dieses Prinzip haben sich auch Wissenschaftler zu Nutze gemacht und eine Fassadenfarbe entwickelt, die ähnlich wie die Lotuspflanze funktioniert und sich durch Regentropfen selbst reinigt.

• Der Flugpionier Otto Lilienthal beobachtete jahrelang Vögel, bevor er den ersten funktionierenden Flugapparat entwickelte.

• Saugnäpfe, mit denen man Objekte an glatten Flächen befestigen kann, kennt man auch von den Tentakeln der Kraken.

• Die Form eines U-Boots orientiert sich an der rundlichen, aber dennoch dynamischen Rumpfform des Pinguins.

• Ein weiteres Wunderwerk der Natur ist die Haihaut. In Schuppen von Haien findet man viele kleine Rillen. Diese sind so ausgerichtet, dass in Schwimmrichtung große, zusammenhängende Rillen entstehen – die ganze Haut des Hais ist von diesem Rillenmuster überzogen. Dadurch wird der Reibungswiderstand des Wassers verringert und somit benötigt der Hai weniger Kraft zum Schwimmen und kommt schneller voran. Diese Erkenntnisse machen sich Forscher in verschiedenen Bereichen zunutze: Für Schwimmer wurden spezielle High-Tech-Anzüge entwickelt, die ähnlich wie die Haihaut gebaut sind und so dazu führen, dass die Profis noch schneller durchs Wasser schießen. Auch bei Flugzeugen kommt die Haihaut zum Einsatz: Forscher entwickeln momentan eine spezielle Folie ähnlich der Haihaut, die auf Flugzeuge geklebt wird. Dadurch soll bei einem Flug der Strömungswiderstand der Luft verringert werden und das Flugzeug verbraucht weniger Treibstoff. Eine solche Erfindung ist also nicht nur ein technisches Wunderwerk, sondern hilft auch noch, die Umwelt zu schützen.

Es gibt noch viele weitere Beispiele aus der Bionik, die einen zum Staunen bringen:

Roboter, die sich wie Insekten fortbewegen, Tsunamiwarnsysteme, die ähnlich wie die Kommunikation zwischen Delphinen funktionieren, Flugzeuge, deren Flügel denen von Vögeln nachempfunden sind… Von der Natur gibt es noch einiges zu lernen und dank der Bionik sind schon viele Probleme gelöst und neue Erfindungen getätigt worden.

Ein Forschungsfahrzeug: Mercedes-Benz bionic car

Auch in der Automobilindustrie dient die Natur bei der Konstruktion von Fahrzeugen als Vorbild. Daraus ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, wie Fahrzeuge noch sicherer und effizienter hergestellt werden können, um das Autofahren für den Menschen noch einfacher zu gestalten. Durch die entsprechende Optimierung von Fahrzeugen lassen sich außerdem Energie und Treibstoff sparen und so wird ein wichtiger Beitrag zur Schonung von Klima und Ressourcen geleistet.

Beispielsweise untersucht Mercedes-Benz mit dem Konzeptfahrzeug bionic car das große Potenzial der Bionik für die Automobilentwicklung und erzielt im Zusammenspiel mit zukunftsweisender Dieselmotorentechnik und einer neuartigen Abgasreinigung Bestleistungen bei Kraftstoffverbrauch und Emissionen.

Erstmals suchen die Ingenieure für das Fahrzeug gezielt in der Natur nach einem Vorbild, das nicht nur durch Details, sondern ganzheitlich in Form und Struktur den Vorstellungen von einem aerodynamischen, sicheren, komfortablen und umweltverträglichen Auto nahekommt. Gestoßen sind sie dabei auf den Kofferfisch. Dieser Fisch, der in tropischen Gewässern lebt, hat trotz seines kantigen, würfelähnlichen Rumpfes hervorragende Strömungseigenschaften und stellt deshalb ein aerodynamisches Ideal dar. Mit einem originalgetreuen Modellnachbau des Kofferfisches erzielen die Ingenieure im Windkanal einen Luftwiderstandsbeiwert (cW-Wert) von 0,06.

Links http://www.genius-community.com/community/magazin/phaenomene/126 http://www.genius-community.com/community/genius-reporter/reportagen/3008

Zum Vergleich: Ein Fahrradfahrer erreicht ganz unterschiedliche cW-Werte, je nach Fahrposition. Die reicht von einem cW-Wert von 1,0 bei einem Tourenfahrer bis zu 0,3 bei Rennfahrern im Zeitfahren.

Die Erkenntnisse dieser Untersuchungen nutzen die Wissenschaftler und Ingenieure bei der Entwicklung des MercedesBenz bionic car, einem voll funktionstüchtigen, fahrbereiten Kompaktwagen von 4,24 m Länge. Er bietet Platz für vier Personen plus Gepäck. Mit einem cW-Wert von 0,19 zählt das Konzeptfahrzeug zu den strömungsgünstigsten Automobilen dieser Größenklasse.

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