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Die erwachsenen lassen die Jugendlichen im stich!

Sein roter Schopf und seine prägnante soulige Stimme machten ihn weltberühmt: Mick Hucknall. Mit Simply Red kreierte der Brite große Hits wie ”Holding Back The Years”, “If You Don’t Know Me By Now” oder „Something Got Me Started“ und verkaufte bis heute 50 Millionen Alben. Auch die Stücke in dem neuen Album „Time“ sind eingebettet in einen eigenwilligen funkigen und jazzigen Dance-Sound, der eindeutig als Simply Red wiederzuerkennen ist. Hinter den eingängigen Klängen verbirgt sich oftmals ein sehr kritischer Blick auf die Welt. Frontmann Michael James Hucknall, 62, gab Olaf Neumann Auskunft über Diktaturen und Demokratien, Melancholie und Musik, Konzerte und Klimaschutz.

5 Das Album „Time“ ist eine Reise durch Soul, Funk, R&B und Blues. Lassen sich Emotionen mit dieser Art von Musik am besten ausdrücken?

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Mick hucknall: Ich versuche, in meiner arbeit menschliche Gefühle auszudrücken, basierend auf der r ealität, die ich sehe. Manchmal sind die Songs Geschichten, manchmal persönliche erfahrungen. aber ich versuche immer, meine Gefühle einzubringen, und ich hoffe, dass die Person, die zuhört, diese emotionen teilt und denkt: „Dieser Song ist meiner!“ Wenn ich ein lied veröffentliche, geht dieses baby in die Welt hinaus und kann von jedem hörer als sein lied interpretiert werden.

5 Zuletzt gab es von Simply Red ein Gute-Laune-Blue-Eyed-Soul-Album. Seitdem sind in der Welt furchtbare Dinge passiert. In welcher Stimmung waren Sie, als Sie den Nachfolger „Time“ aufgenommen haben?

Das ist genau richtig. Ich habe an „blue eyed Soul“ gearbeitet, weil ich dachte, wir würden damit auf Tour gehen. Diese Songs wären in einer live-Situation perfekt gewesen. aber dann passierte Covid-19. Wir sagten die Tournee zweimal ab und legten das album einfach zu den akten. alles, was vor Covid passierte, schien plötzlich nicht mehr angemessen zu sein. Während einer Phase des Stillstands habe ich mich dabei ertappt, wie ich eine akustikgitarre in die hand nahm, und mir kamen die ersten Ideen für diese Songs. Ich habe also wirklich versucht einzufan- gen, wie wir uns während dieser seltsamen zeit gefühlt haben, die die Menschen noch nie in ihrem leben erlebt haben. Ich habe das Gefühl, dass diese zeit der abriegelung psychologische Folgen für unsere Kinder und auch für erwachsene haben wird. nicht alle lieder müssen traurig sein, aber manchmal lernt man mehr aus seinen Fehlern und negativen erfahrungen. Weil man dann sicherstellt, dass man diese Fehler nicht noch einmal begehen wird. Ich versuche in dem Album zu reflektieren, was es bedeutet, in den zeiten, in denen wir leben, ein Mensch zu sein. Was die herausforderungen sind, denen wir uns stellen müssen. Überall auf der Welt gibt es Diktatoren, die versuchen, menschliche ausdrucksformen und Freiheit zu unterdrücken. Wir befinden uns in einer art Kampf mit Ideologien. Ich versuche, die Freiheit der liebe zu repräsentieren.

5 Muss man als Künstler der Welt positiv begegnen, um überhaupt Kunst machen zu können?

5 In „Too Long At The Fair“ singen Sie: „Demokratie ist wunderbar, wunderbar, aber kümmert es dich wirklich?“ Warum verachten immer mehr Menschen die Demokratie? Wir als Gesellschaft haben uns sehr polarisiert. Die Menschen holen sich Informationen aus einer oder zwei Quellen, die nur eine Seite der Diskussion widerspiegeln. Wenn ich jemandem einen r at geben soll, würde ich sagen: lesen Sie eine rechte und auch eine linke zeitung! Vergewissern Sie sich, dass Sie eine ausgewogene Meinung haben. Im Moment gibt es in den sozialen Medien viele leute mit großen Meinungen, die aber schlecht informiert sind. Sie wurden einer Gehirnwäsche unterzogen und mit einer bestimmten Sichtweise indoktriniert. Sie wollen nicht einmal die andere Seite der argumente hören. Sie denken, sie sei böse und wolle sie vernichten. Diese Form der Gehirnwäsche ist extrem hirnverbrannt. Das ist sehr faschistisch.

5 Was ist die Aufgabe eines Künstlers in diesen Zeiten?

Die Menschen zum nachdenken und zum Fühlen zu bringen. Ich vertrete die ansicht: leben und leben lassen. Toleriere andere Menschen! Versuche, die Sichtweise anderer zu verstehen! höre auf andere Menschen!

5 Der Song „Butterflies“ ist Ihrer Tochter Romy gewidmet, die zu der Generation gehört, die die Zukunft des Planeten gestalten wird. eigentlich habe ich das Stück für Cindy lauper geschrieben. Die Version, die ich ihr geschickt habe, war ein r ock‘n‘r oll-Song im Stil des Musicals „Grease“. (Fängt an, den Song zu singen) Sehr schwungvoll. Cindy hat die nummer zwar eingesungen, aber sie war mit ihrer Performance nicht wirklich zufrieden. Sie sagte, sie würde lieber ein Duett mit mir machen, aber das wollte ich damals nicht, weil ich mit diesem album sehr beschäftigt war. und Cindy ihrerseits hatte Verpflichtungen am broadway. und dann sagte ich zu meinem Produzenten: Wie würde ich diesen Song selbst interpretieren? also habe ich ihn a cappella gesungen, und es fühlte sich leicht und jazzig an. und so haben wir es dann auch aufgenommen. Der Song handelt von meiner Tochter und ihrer Generation.

5 Ist Ihre jugendliche Tochter Romy eine Sympathisantin der jungen Klimaaktivisten, die mit radikalen Aktionen auf sich aufmerksam machen? Verzeihen Sie mir, aber das ist ein sehr breiter Pinsel, den Sie da benutzen. Die junge Generation ist etwas komplizierter als das. nicht jeder Mensch in diesem alter ist ein Klimaaktivist. Viele von ihnen sind genau wie wir und versuchen, ihr leben und ihren alltag zu meistern. Wenn sie älter werden, werden sie ihre Steuern zahlen und hoffen, dass ihre r egierungen verantwortungsbewusst handeln werden. Warum müssen ausgerechnet unsere Kinder diesen Kampf anführen? Wo zum Teufel sind die Politiker? Wo zum Teufel machen sie ihre arbeit? Weil sie so sehr damit beschäftigt sind, sich um die Industrie zu kümmern und die Menschen nicht zu verärgern, erledigen sie ihre arbeit nicht wirk- lich. Die Kinder machen also eine Menge lärm um die umwelt und die Politiker tun nicht viel. es ist wirklich sehr traurig, wenn man sieht, dass die erwachsenen die Jugendlichen im Stich lassen.

5 In „Earth In A Lonely Space“ machen Sie sich Gedanken um unseren Planeten: „Es gibt im Inneren mehr zu erforschen, als wegzulaufen“. Haben Sie das Gefühl, dass wir nicht genug tun, um die Erde zu schützen? nun, es gibt eine Menge r ealitäten, mit denen wir konfrontiert werden. Das universum dehnt sich mit großer Geschwindigkeit aus. Die Vorstellung, dass es da draußen einen anderen Planeten gibt, auf den wir umziehen können - abgesehen vom Mars -, ist lächerlich. Die Idee von außerirdischen, die irgendwie hier ankommen, ist ebenfalls lächerlich. bei ihrer ankunft wären sie wahrscheinlich schon 15.000 bis 20.000 Jahre alt! Jedes lebewesen, das so lange existieren kann, ist sehr beeindruckend. Was will ich also mit diesem lied sagen: Die erde ist alles, was wir haben.

5 Elon Musk, Jeff Bezos, Richard Branson - die Milliardäre treibt es ins Weltall. Sie gelten als Pioniere der modernen, privaten Raumfahrt. Was halten Sie davon?

William Shatner übrigens - Sie müssen versuchen, ihn zu googeln, er hat fantastische Clickzahlen. (anmerkund der r edaktion: Die meisten kennen ihn als Captain Kirk vom r aumschiff enterprise,) nachdem er ins Weltall geflogen war - ich glaube, er hat es mit Jeff bezos r aumschiff getan - war er völlig deprimiert. er sagte, dass es da draußen nichts gibt. Dieser Planet ist alles, was wir haben, er ist unser Juwel! Ich bin davon überzeugt, dass es dort draußen leben gibt, aber wir werden niemals dorthin gelangen. Das ist absurd! es sei denn, man kann mehr als 10.000 Jahre leben. Diese Milliardäre denken, dass sie etwas für die Menschheit tun, aber in meinen augen gehen sie mit ihren vergrößerten Penissen nur auf egotrips. Sie sollten lieber nach innen schauen und mit ihrem Geld anfangen, die Welt zu verbessern. 5 Auch Konzerte sind umweltschädlich: Der Strom für die Bühne, die Reisen der Bands mit Crew und Equipment, die Anreise der Fans, Verpflegung, Merchandise und unnötiger Müll wie Plastikbecher oder Konfetti - all das schadet unserem

Planeten. Aber ein Tourverzicht kann ja keine Lösung sein, oder?

Diesem argument kann ich überhaupt nicht zustimmen. Denn wenn wir mit elektroautos unterwegs sind und elektrische Instrumente und batterien haben, sehe ich das Problem nicht. Das einzige Problem beim r eisen sind die fossilen brennstoffe. Wenn alles elektrisch betrieben wird, ist man so gut wie kohlenstoffneutral. Schon jetzt ist der anteil sehr gering, und in jedem berufszweig wird bereits versucht, eine gewisse Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Die Musikindustrie ist da nicht anders. Wir brauchen mehr Maßnahmen von den r egierungen und mehr mutige Politiker, die nicht unter dem Druck von aktieninhabern und der Industrie stehen, um schneller zuzuschlagen. unsere Politiker versagen dramatisch.

5 Wenn eine Band sich für Klimaschutz einsetzen möchte, dann könnte sie das zum Beispiel auch über Songtexte, Botschaften und Spenden tun.

Ja, das könnte sie, aber es geht ein bisschen am Thema vorbei. Die Gesellschaft muss handeln! Wir live-Künstler sind nur eine Par- tei der Gesellschaft. Die Gesellschaft muss kollektiv handeln, um dieses Problem zu lösen. Wir sind von den Politikern abhängig, die wir gewählt haben und die die Gesellschaft repräsentieren. Das ist ihre aufgabe! aber sie tun es nicht! nun, sie kommt und sie geht. Ich glaube nicht, dass die Menschheit dazu geschaffen ist, dauerhaft glücklich oder dauerhaft traurig zu sein. Wir müssen auf und ab und seitwärts gehen. Ich versuche, in jedem Song in dem album verschiedene Stimmungen auszudrücken. Ich finde, „Too Long At The Fair“ ist eigentlich der pessimistischste Titel. und „Shades“ ist ein ziemlich düsteres lied. aber Stücke wie „Just like You“ und „better With You“ sind sehr positiv und optimistisch. es ist an Fanatiker adressiert. Ich will sie aber nicht namentlich nennen, weil ich ihnen nicht den Sauerstoff geben will. Sie wollen uns zu Fall bringen, anstatt uns voranzutreiben und den Menschen eine bessere zukunft zu geben. nun, ich bin froh, Ihnen sagen zu können, dass ich nicht das Gefühl habe, irgendwelche Opfer zu bringen. Ich fühle mich unglaublich glücklich, dass ich den Job machen kann, den ich liebe. Ich bin Sänger, Songwriter und bandleader. Wenn ich mir alle anderen Menschen auf dieser Welt ansehe, wünsche ich mir einmal mehr, dass wir eine Gesellschaft erschaffen, in der alle einen Beruf finden können, den sie wirklich lieben und für den sie sich belohnt fühlen. Man muss nicht berühmt sein, man muss nicht reich sein, viele Menschen lieben auch so ihre arbeit.

5 Drückt „Shades On A Rainy Day“ Ihre melancholische Seite aus?

Ja, ich stimme Ihnen zu, es ist ein sehr düsterer und stimmungsvoller Song. er wurde von den Fans ziemlich gut aufgenommen. Ich schrieb den Text zuerst und mein Produzent andy hat dann großartige arbeit geleistet, um diese Stimmung zu erzeugen.

5 Welche Rolle spielt Melancholie in Ihrem Leben?

5 An wen ist das Stück „Hey Mister“ adressiert?

5 Sie sind seit 40 Jahren im Geschäft. Welche Opfer muss man bringen, wenn man in der Musikbranche dauerhaft erfolgreich sein will?

Simply r ed spielt am 12. Juli im Mönchengladbacher SparkassenPark und zwei Tage später in bonn (Kunstrasen). 4 verlost je 2 Freikarten. Wer gewinnen möchte, sendet eine Mail mit name, adresse & Telefonnummer an verlosung@youandme.de, Im betreff bitte Gladbach oder bonn nennen (beide Städte sind nicht möglich). Die Gewinner werden am 7. Juli ermittelt & verständigt.

ein Leben auf der überholspur

Das künstlerische Leben von Nico Santos hat sich wie im Traum entwickelt. Der Musiker gilt als einer der angesagtesten Acts aus Deutschland. Gold- und Platinauszeichnungen, TVAuftritte etwa bei „Sing meinen Song“ unterstreichen den Erfolgsweg des 30-Jährigen. Er hat auch an den Songs einiger deutscher Popstars mitgeschrieben. Aktuell konnte der Bremer mit seiner letzten Single ‚Weekend Lover‘ abräumen. Auf seiner im Mai erschienenen Platte ‚Ride‘ unternimmt der Singer&Songwriter eine persönliche Bestandsaufnahme. Die letzten drei Jahre waren so ereignisreich, dass der Künstler das Album in Auseinandersetzung mit den Höhen und Tiefen dieser Zeit nutzte. Nico Santos ist am 16. Juli auf der Freilichtbühne Eschweiler zu Gast. Weitere Termine in Eschweiler: 13.7. Adel Tawil, 14.7. Philipp Poisel. [MN]

Zwischen Vergänglichkeit und natur

Als Künstler bewegt man sich zwischen Vorstellungskraft, Erinnerungen und der Offensichtlichkeit des Sichtbaren. Jan Stieding verarbeitet diese inspirierenden Aspekte als Betrachtung seiner Umwelt und im Spiegelbild der Natur. Das Museum Ratingen zeigt noch bis zum 30. Juli unter dem Titel 'Jan. Stieding. Draußen' eine Auswahl seiner Werke von 1995 bis heute. Es sind Gemälde, die von Orten in der Natur und vom Unterwegssein zeugen. Es können auch Umgebungen abseits geschlossener Räume und Gesellschaftssysteme sein. Der Düsseldorfer Künstler bewegt sich zwischen figurativer und abstrakter Darstellung. Dabei rücken Gesammeltes, Alltägliches, Erinnerungen in Verbindung mit Gruppen oder einzelne Figuren in den Vordergrund. Es entwickelt sich ein Kunstwerk, in der die Motive teils als verblassende Erinnerungen wahrgenommen werden.

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