ZAS MAGAZIN, 303. Ausgabe, Juli 2021

Page 8

Vom Sh zum Alb

Seit Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin Gegenwind ausgesetzt. Experten warnen vor der um das Thema Klimaschutz. Demokratische Pa Von Mich

S

eit Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert wurde, gibt es jeden erdenklichen Shitstorm gegen sie. Das reicht von gefälschten Fotos (teils sogar pornografische), über rein erfundene Statements der Politikerin bis hin zu Hohn und Häme wegen tatsächlicher Fehler wie etwa dem versäumten Melden von Nebeneinkünften bei der Bundestagsverwaltung. Nicht nur in sozialen Medien werden also alle Geschütze gegen Annalena Baerbock aufgefahren, sondern auch diverse Medien („Bild“ und „Focus“ tun sich da hervor) versuchen alles, um ein negatives Image der Kanzlerkandidatin zu erzeugen. Warum ist das so? Weil Baerbock mit ihrem Griff nach der Macht die „Todeszone“ der Politik betreten hat, wie es Joschka Fischer formulierte? Vielleicht besteht die Logik aber auch darin, dass viel Angst bei den Angreifern dahinter steckt, weil Baerbock und die Grünen eine nahezu perfekte Inszenierung ihrer selbst hingelegt haben. Sie haben jetzt nicht nur Inhalte zu bieten, sondern auch die Show dazu. Das war ja früher bei den Grünen nicht so. In Rockerkluft oder Schlabberpullies lümmelten sie im Bundestag herum, gerne auch mal mit den runtergetretenen Turnschuhen (die damals noch nicht Sneaker hießen) auf den Tischen. Wer wüsste das besser als Joschka Fischer, der damals schon dabei war? Der Realo-Grüne verkörperte ja höchstpersönlich den Wandel – raus aus der

8

Politik und Gesellschaft

schäbigen Lederjacke und rein in feine Anzüge, als Außenminister in der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder. Und heute sagt er: Sollte Baerbock wirklich Kanzlerin werden, wäre dies „ein zukunftsorientiertes und extrem positives Signal für Veränderung“, so Fischer, denn es würde zeigen, „dass unser Land bereit ist für eine neue Generation“. Er fügte an, dass Annalena Baerbock „die Fähigkeiten habe“, um Kanzlerin zu sein. „Ich wäre äußerst glücklich, wenn das passieren sollte. Andererseits wäre das auch eine gewaltige Herausforderung“, so Fischer. Sprich: Todeszone, dünne Luft da oben und Gegenwind. Tja, das sieht man jetzt schon an diversen Fake-Meldungen über Baerbock, die in den „sozialen Netzwerken“ ihr Unwesen treiben. Da wird zum Beispiel behauptet, Baerbock wolle die Witwenrente ebenso wie auch Hunde und Katzen als Haustiere abschaffen. Das ist zwar völliger Blödsinn, aber folgt stets dem Narrativ, dass die Grünen als „Verbotspartei“ die Freiheit der Bürger einschränken und uns alle unters grüne Joch zwingen wollten. Na ja, erkennen kann man die Fälschungen leicht. Ein Beispiel: „Wir können alleine durch den Wegfall der Hunde in Deutschland ca. 19 Millionen Tonnen Kolenstoffdioxid einsparen. Das entspricht fast so viel CO2 wie man mit einem Auto bei 10000 Erdumrundungen feisetzen würde – fast 10% des Straßenverkehrs. Dazu kommen noch Katzen,

Pferde und viele weitere Tiere. Die private Tierhaltung muss daher ein Ende haben und wenn es durch eine CO2 Steuer auf Haustiere erfolgt.“, sagt Annalena Baerbock (39). Man sieht sofort: Baerbock ist nicht 39 Jahre alt, sondern 40. Und es fallen direkt mehrere Rechtschreibfehler auf – dem Wort „Kolenstoffdioxid“ fehlt ein „h“, bei dem Wort „feisetzen“ ein „r“. Ist ja klar, dass dies nie bei einem offiziellen Statement von Baerbock passiert wäre (auch weil da dann doch ein paar PR-Profis daran arbeiten). Nachfragen haben ergeben, dass dieses Zitat ganz einfach frei erfunden wurde. Es gibt zahlreiche solcher Fake-Zitate. Etwas anderes ist es bei eigenen Fehlern von Baerbock wie etwa ihr Versäumnis, dem Bundestag Nebenverdienste zu melden. Doch auch da wird etwas arg aufgebauscht. Da ging es um rund 25.000 Euro, bezahlt von den Grünen, hauptsächlich Weihnachtsgeld. Blöd, wenn Baerbock da die Formalität nicht einhielt, diese Nebeneinkünfte dem Bundestag zu melden. Aber es ging nicht um Steuerhinterziehung, wie schnell und falsch behauptet wurde. Und vor allem hat Baerbock das Geld von der eigenen Partei bekommen und nicht von dritter Seite. Und genau darum geht es bei der Meldepflicht der Nebeneinkünfte: Man will wissen, ob Abgeordnete von dritter Seite „gekauft“ worden sind. Dies ist also bei Baerbock keineswegs der Fall. Völlig absurd war es auch, ZAS MAGAZIN


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.