ZAS MAGAZIN, 309. Ausgabe, Dezember 2021

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„Weil mich ein Lied hat“

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r ist als Liedermacher ein radikaler Utopist, der von einer herrschaftsfreien Welt träumt. Bis in die 1990er Jahren war Konstantin Wecker schwer kokainsüchtig und wurde dafür auch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Diese sowie viele weitere Erfahrungen hat er in seinen Büchern verarbeitet. „Poesie und Widerstand in stürmischen Zeiten“ (Kösel-Verlag) lautet der Titel seines aktuell erschienenen Buchs. Auch in seinem 75. Lebensjahr will der Musiker, Komponist, Schauspieler und Autor Ungerechtigkeiten klar benennen. „Utopia“ heißt sein aktuelles Album und ebenso die Tournee, die ihn am 16. Dezember nach Freiburg führen wird. Ein Gespräch mit dem sympathischen, unverbesserlichen Weltverbesserer. Welche Bedeutung hat Poesie für Sie? Konstantin Wecker: Ich denke mal, dass Poesie der Leitfaden meines Lebens ist. Immer schon. Und natürlich die Musik, die ja auch Poesie ist, genau wie auch ein schönes Gemälde. Das Geheimnis der Poesie war für mich, dass sie einfach immer klüger war als ich. Ich habe Gedichte zu einer Zeit geschrieben, in der ich rational noch gar nicht richtig begriff, was ich da geschrieben hatte. Es ist wie bei Melodien, die kann man sich auch nicht ausdenken. Die passieren einem. Genauso passieren mir die Verse. Vielen meiner schreibenden Kolleginnen und Kollegen geht es ähnlich. Manchmal hat man sogar das Gefühl, ein Gedicht ist in einem schon fertig geschrieben und wartet nur darauf gepflückt zu werden. Die sehr von mir bewunderte Mascha Kaléko hat das einmal so schön auf den Punkt gebracht, in vier Zeilen: „Mein schönstes Gedicht? Ich schrieb es nicht. Aus tiefsten Tiefen stieg es. Ich schwieg es.“ Das ist wunderbar.

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Interview

Foto: ThomasKarsten

Der Liedermacher Konstantin Wecker kommt mit seinem aktuellen Album „Utopia“ für ein Konzert nach Freiburg. Im Gespräch sprüht der gut gelaunte 74-Jährige vor Esprit. Interview von Barbara Breitsprecher

Haben Gedichte in der heutigen, schnelllebigen Zeit bei jungen Menschen noch ihren Platz? Konstantin Wecker: Bei jungen Leuten heißt es dann Slam Poetry, und natürlich schreiben die in den seltensten Fällen noch Sonette. Das Motto meines Lebens, das Lied meines Lebens, habe ich als 19-Jähriger geschrieben: „Ich singe weil ich ein Lied hab, nicht weil es euch gefällt“. Heute im Alter würde ich fast sagen: Ich singe, weil mich ein Lied hat.

der Pandemie, zumal sie nicht im gleichen Maße gefördert wird, wie die freie Wirtschaft… Konstantin Wecker: …und wie der Fußball (lacht). Das Publikum ist wahnsinnig verunsichert. Es wurden so viele Konzerte verschoben, dann sind die Regeln in den verschiedenen Bundesländern oft unterschiedlich. Viele haben richtig Angst, Karten zu kaufen, was ich auch verstehe. Für die meisten Politiker ist Kultur nicht systemrelevant. Nur wenn es um ein Foto bei der Premiere in Bayreuth geht, das ist dann ganz wichtig. Es war interessant, ich habe in Bayreuth gespielt, als die Festspiele stattfanden. Ins Festspielhaus durften damals tausend Leute rein. Ich habe im Freien gespielt und da durften gerade mal 400 Leute mit Abstand zuhören. Den meisten Politikern wäre es recht, wenn die Subkultur verschwindet und nicht mehr so viel mitreden will.

Eine Zeile weiter heißt Ihr Liedtext von damals „…oder weil ihr es bei mir bestellt“. Es geht Ihnen also um das freie kreative Denken, den nicht auftragsgeprägten Künstler? Konstantin Wecker: Anfangs wollte mein Publikum immer nur „Willy“ von mir hören, das war halt mein bekanntestes Lied als ich noch unter 30 war. Die Hallen wurden immer voller bei meinen Wohnmobile + Wohnwagen Weil die Subkultur für utoKonzerten und ich merkte, pische Gedanken steht? So dass mein Publikum eine wie Ihr Traum der einer ganz bestimmte Erwartung www.wm-aw.de (Fa.) herrschaftsfreien Welt ist? hat. Da bin ich dann auf die Bühne und habe – ganz im Konstantin Wecker: Das Sinne von Hanns Dieter Hüsch, meinem Mentor steckt dahinter, natürlich. Ich habe auch im – gesagt: „Ich bin es nicht! Ich bin auf keinen Rahmen dieses Buches ganz viel recherchiert, Fall der oder das, was ihr erwartet habt!“ Das zu meinem Thema Utopia, das mich ja schon habe ich durchgezogen, dass ich auch entgegen seit Jahrzehnten umtreibt. Ich habe mich schon den Erwartungen meines Publikums das, was in als sehr junger Mann mit Thomas Morus bemir brannte, raus gelassen habe. Und wie schön schäftigt, weil ich Stefan Zweig sehr liebe. Über ist es, ein Publikum zu haben, das dies über dessen Buch „Triumph und Tragik des Erasmus Jahrzehnte auch mitgemacht hat. von Rotterdam“ kam ich auf Morus. Das Buch von Stefan Zweig habe ich jetzt übrigens wieder Sie haben wiederholt von der Systemrelevanz der gelesen – es ist atemberaubend schön. Zweigs Kultur gesprochen. Gerade die Kultur leidet ja in Sprache ist einfach hinreißend. Und natürlich

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