Mineralöl in Deutschland

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JUNI 2015

JAHRGANG 57

MINERALÖL IN DEUTSCHLAND NATURWISSENSCHAFT UND TECHNIK IM UNTERRICHT

1

2

3

4

ENTSTEHUNG

FÖRDERUNG

VERARBEITUNG

NUTZUNG


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

INHALT

04 14 18

22

03 Vorwort

28 Arbeitsblatt 1: Die Entstehung von Erdöl

04 Zahlen und Fakten

29 Arbeitsblatt 2:

06 Ein ganz besonderer Stoff

12 Die Entstehung von Erdöl

30 Arbeitsblatt 3: Der Ölpreis

14 Wo ist mein Öl?

31 Arbeitsblatt 4:

16 Unter Druck

18 Tanker, Trassen, Tankstellen

32 Arbeitsblatt 5:

20 Höchst raffiniert!

22 Cracker und Coker

33 Arbeitsblatt 6: Oktanzahl und Verzweigung

24 Interview

34 Glossar

26 Hinweise für Lehrkräfte

35 Impressum, Fotonachweis,

Die atmosphärische Destillation

Biokraftstoffe – eine Alternative?

Energie, Wachstum und CO2

Lösungshinweise 36 Lesetipps, Linktipps

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VORWORT

Liebe Lehrerinnen und Lehrer, Mineralöl ist vielleicht der wichtigste Rohstoff unserer modernen Welt und zeichnet sich durch eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten aus. Als Kraftstoff für den Verkehr, als Energieträger für Industrie, Gewerbe und Haushalte, als Schmierstoff sowie als Rohstoff für die chemische Industrie ist Mineralöl aus unserem Leben nicht wegzudenken. Kein anderer Energieträger lässt sich vergleichsweise so einfach transportieren und kein anderer Rohstoff so einfach verarbeiten und so vielfältig verwenden wie Mineralöl. So wurde Öl seit der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zu einem der größten Handelsgüter der Welt und hat zur Entwicklung der modernen Gesellschaft so viel beigetragen wie kaum ein anderes Wirtschaftsgut. Mineralöl spielt im Energiemix der Bundesrepublik nach wie vor eine bedeutende Rolle. Und dies wird voraussichtlich auch in den nächsten Jahrzehnten so bleiben. Gleichzeitig waren und sind die Diskussionen um die Nutzung von Mineralöl oft sehr kontrovers. Das vorliegende Zeitbild WISSEN „Mineralöl in Deutschland“ ist Teil der Bildungsreihe des Zeitbild Verlags zu Fragen der künftigen Energieversorgung. Es liefert Ihnen aktuelle Daten und Fakten sowie Hintergründe und Meinungen. Es soll dazu beitragen, dass Ihre Schülerinnen und Schüler sich durch eine kritische Auseinandersetzung mit dem großen Themenkomplex Erdöl bzw. Mineralöl sachkundig an der gesellschaftlichen Debatte um die zukünftige Nutzung von fossilen Energieträgern beteiligen können. Ihre Zeitbild-Redaktion

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Mineralöl

PRIMÄRENERGIEVERBRAUCH in Deutschland, 2013 Quelle: AG Energiebilanzen

0,8

ANDERE

7,6

in Zahlen

33,6

MINERALÖL

KERNENERGIE

11,8

BRAUNKOHLE 2013 Importkosten Rohöl

55,3

10,4

ERNEUERBARE

12,9

STEINKOHLE

% 22,9

ERDGAS

Mrd. Euro

ROHÖLVERSORGUNG in Deutschland, 2013

93,2

Mio. Tonnen

90,6

Mio. Tonnen Importmenge (97 %)

2013

2,6

Mio. Tonnen heimische Produktion (3 %)

Quelle: BAFA, LBEG

2013 4


ENTWICKLUNG DES KRAFTSTOFFVERBRAUCHS in Deutschland, 2013 Quellen: MWV, Statista

Inlandsabsatz von Ottokraftstoff

Inlandsabsatz von Dieselkraftstoff

2013

1990

31,3 Mio. t

Inlandsabsatz von leichtem Heizöl

2013

1990

18,4 Mio. t 21,8 Mio. t

34,8 Mio. t

2013

1990

31,8 Mio t

19,8 Mio. t

BEDEUTUNG DES MINERALÖLSEKTORS FÜR DIE BESCHÄFTIGUNG IN DEUTSCHLAND in Tausend Quelle: HWWI 2014, Zahlen gerundet

Mineralölverarbeitung

240

30 direkt

210 indirekt/induziert

Indirekte Arbeitsplätze entstehen durch Auftragsvergaben der Mineralölwirtschaft an

Großhandel

120

Zulieferer und Dienstleister. Induzierte Arbeits-

50 direkt

plätze entstehen aufgrund von Einkommens-

70 indirekt/induziert

effekten, durch gesteigerten Konsum der direkt und indirekt Beschäftigten im regionalen

Einzelhandel

160

Umfeld der Mineralölwirtschaft.

120 direkt

40 indirekt/induziert

WIE VIEL ÖL STECKT IN ALLTAGSPRODUKTEN? Quelle: BP Deutschland

68 g

29 g

99 g

0,6 l

2,4 l

0,5 l

0,4 l

PET-FLASCHE

PLASTIKTÜTE

HANDY

SCHUHSOHLE

FERNSEHER

TASCHENRECHNER

HEMD

Steuerabgaben der Mineralölwirtschaft: Mineralölsteuer bzw. Energiesteuer

39,4 Mrd. Euro

Umsatz in der Mineralöl verarbeitenden Industrie in Deutschland

93,7 Mrd. Euro

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2013

Quelle: Stat. BA, VCI

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Ein ganz besonderer Stoff Erdöl ist noch immer der wichtigste Rohstoff der Industrienationen. Keine andere Ressource hat für die Entwicklung der modernen Welt so viel beigetragen wie das „schwarze Gold“. Was vor Millionen von Jahren unter enormem Druck und mithilfe von Bakterien entstand, ist heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken – unser Lebensstil basiert zu großen Teilen auf Erdöl.

56 %

Deutschland zählt zu den führenden Volkswirtschaften der Welt und ist damit auch einer der größten Ölverbraucher. Tag für Tag nutzen die 80 Millionen Menschen in Deutschland rund 250.000 Tonnen Mineralöl, insgesamt sind das über 90 Millionen Tonnen im Jahr. Der überwiegende Teil, über 80 Prozent, wird zur Energieerzeugung eingesetzt: Benzin und Diesel als Treibstoffe für Fahrzeuge und Maschinen, Kerosin als Flugzeugtreibstoff und Heizöl für die Wärmeversorgung zu Hause. Bestandteile des Rohöls werden für die Herstellung von nahezu allen chemischen Erzeugnissen verwendet. Für die chemische Industrie ist Rohöl von großer Bedeutung, es dient als Ausgangsmaterial für die Herstellung einer großen Palette von chemischen Erzeugnissen. Alle Produkte, die Kunststoffe enthalten, basieren auf dem aus dem Rohöl raffinierten Mineralöl. Sei es die Wohnzimmercouch, die Innenausstattung des Autos, Teppichböden, Haushaltsgeräte, Folien, Matratzen, Kreditkarten, Computergehäuse, Farben, die Rahmen von Kunststofffenstern, Textilien und sogar die Zahnbürste. Pflegemittel und Kosmetika wie Seife, Haarspray, Waschmittel, Shampoo, Vaseline und sogar viele Arzneimittel enthalten Stoffe, die aus Erdöl hergestellt wurden. Der Erdölanteil einer Aspirintablette zum Beispiel beträgt rund 30 Prozent. Sogar Windkraftanlagen enthalten Stoffe, die ursprünglich aus Erdöl gewonnen wurden. Sie sind in den Verbundwerkstoffen der Rotoren enthalten. Es gibt kaum einen anderen Rohstoff, der das moderne Leben so geprägt hat wie das Erdöl. Erdöl enthält viel Kohlenstoff und ist daher ein wichtiger Ausgangsstoff für die Industrie. Kohlenstoff ist aber auch in nachwachsenden Rohstoffen wie zum Beispiel in Holz, 6

VERKEHR

Maisstärke, Zuckerrüben oder Pflanzenöl enthalten. Bisher werden diese pflanzlichen Kohlenstoffquellen noch sehr wenig zur Herstellung von Kunststoffen, Lacken, Schmierstoffen und Feinchemikalien genutzt. Forscher weltweit arbeiten mit Hochdruck daran, dass nachwachsende Rohstoffe in naher Zukunft auch in großtechnischem Maßstab nutzbar und bezahlbar werden. Im Moment ist noch nicht abzusehen, wie sich dieses Forschungsfeld in den nächsten Jahren entwickeln wird. Weitere Alternativen, die das Erdöl ersetzen können, werden seit einigen Jahren intensiv erforscht. Zu diesen Alternativen gehören auch die Biotreibstoffe. Der Anbau und die Verarbeitung von Mais, Raps, Zuckerrohr oder Palmöl wurden in den letzten Jahren weltweit intensiviert, um daraus Biodiesel und Bioethanol herzustellen und damit fossile Treibstoffe zu ersetzen beziehungsweise zu ergänzen. Sie sollen dabei helfen, die Kohlenstoffdioxid-Emissionen des Verkehrs zu mindern; auch die Abhängigkeit von Erdölimporten soll so reduziert werden. Ob die Biotreibstoffe letztendlich ökologisch und sozial verträglich sind, wird derzeit in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.


ENERGIEVERBRAUCH NACH SEKTOREN Industrie 29 %

Verkehr 29 %

Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 42 %

Quelle: AG Energiebilanzen (2012)

WOFÜR BRAUCHEN WIR MINERALÖL?

ENERGIEVERBRAUCH INDUSTRIE nach Energieträgern, 2012 in %

2%

20 %

SONSTIGE

CHEMISCHE INDUSTRIE

(u. a. Stromerzeugung, Bitumen, Schmierstoffe)

22 % HEIZUNG

Steinkohle Braunkohle Mineralöl Gase Strom Fernwärme Sonstige*

11,4 2,8 3,8 36,2 31,2 6,5 8,1

Quelle: AG Energiebilanzen * Regenerative Energien wie Holz, Torf und andere Festbrennstoffe

ENERGIEVERBRAUCH HAUSHALTE, GEWERBE, HANDEL, DIENSTLEISTUNGEN nach Energieträgern, 2012 in %

Steinkohle Braunkohle Mineralöl Gase Strom Fernwärme Sonstige*

1,3 0,5 20,8 35,1 26,0 7,0 9,3

Quelle: AG Energiebilanzen Quelle: Eigene Berechnungen; Bafa (Mineralöldaten 2013)

ERDÖL Erdöl ist ein Stoffgemisch, das hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen besteht. Entgegen der landläufigen Meinung liegt Erdöl nicht in Form von unterirdischen Seen vor, sondern befindet sich fein verteilt in den Poren und Klüften der umgebenden Gesteine.

* Regenerative Energien wie Holz, Torf und andere Festbrennstoffe; Solar-/Umweltwärme

ENERGIEVERBRAUCH VERKEHR

ROHÖL Das aus Lagerstätten gewonnene Erdöl wird als Rohöl (engl. „Crude Oil“) bezeichnet. Es wird sowohl an Land (OnshoreFörderung) wie auch auf See (Offshore-Bohrung) gewonnen – teilweise bis in sehr große Tiefen.

MINERALÖL Erdöle bzw. deren flüssige Derivate. Oft als Gegensatz zu tierischen oder pflanzlichen Ölen bzw. synthetischen Ölen gleicher Zusammensetzung benutzt.

nach Energieträgern, 2012 in %

Mineralöl Strom Bio-Kraftstoffe

93,0 2,0 5,0

Quelle: AG Energiebilanzen * Motorenbenzin, Diesel, Flugkraftstoffe, Autogas

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Deutschland verfügt nur über geringe heimische Erdölvorkommen und importiert daher den größten Teil des Rohöls, den wir verbrauchen. Russland ist Deutschlands größter Ölversorger, gefolgt von Norwegen und Großbritannien. Aus diesen drei Liefergebieten bezieht Deutschland über 55 Prozent seiner Ölimporte. Die restlichen 45 Prozent des importierten Rohöls stammen aus aller Welt. Die Importe aus den ehemaligen Hauptlieferländern am Persischen Golf und auf der arabischen Halbinsel sind seit der Ölkrise von 1973 beständig zurückgegangen, ohne dass Versorgungsschwierigkeiten aufgetreten wären.

10,4 %

GROSSBRITANNIEN

12,1 %

NORWEGEN

1,3 % ÄGYPTEN

DEUTSCHLAND IMPORTIERT RUND

97 %

SEINES ÖLBEDARFS

8,1 %

NIGERIA

DIE GRÖSSTEN ÖLLIEFERANTEN DEUTSCHLANDS 2013

2,7 %

SAUDIARABIEN

Weltkarte mit farbigem Eintrag: Deutschlands Öllieferländer 2013 Quelle: BAFA, MWV

2,9 %

ALGERIEN

LIBYEN

ÖLSAND (TEERSAND)

TIEFSEEÖL

Der überwiegende Teil des Mit dem Begriff „nicht-konven- Schieferöl wird aus Tonge-

Sandstein mit einem Anteil

Erdölvorkommen in meh-

heute geförderten Erdöls

tionell“ werden alle Rohölar-

stein gefördert, das organi-

an zähflüssigen Schwer- und reren hundert Metern Was-

wird dem konventionel-

ten bezeichnet, für deren

sches Material enthält. Das

Schwerstölen, die zum Teil

sertiefe, vor allem an den

len Erdöl zugerechnet.

Gewinnung erhöhter Aufwand

Gestein wird im Tagebau ab-

oberflächennah bzw. im

Küsten von Brasilien, Nigeria,

Aufgrund der geografisch

notwendig ist. Die Weiter-

gebaut und auf rund 500° C

Tagebau gefördert werden.

Angola und Indonesien

günstigen Lage der Vor-

entwicklung der Techniken

erhitzt. Der Nettoenergieer-

Die Trennung von Sand und

sowie im Golf von Mexiko.

kommen und der guten

ermöglicht eine Verringerung

trag und die Ökobilanz von

Öl ist aufwendig, führt aber

Da die Förderung sehr teuer

Fließfähigkeit, kann das Öl des Aufwandes und die Ver-

Schieferöl ist ungünstiger als

zu einem für die Raffinerie-

und aufwendig ist, wird es

verhältnismäßig einfach

besserung der Ökobilanzen, so

bei anderen Ölvorkommen,

verarbeitung gut geeigneten

oft zu den nicht-konventio-

gefördert werden.

dass die Grenzen fließend sind.

wird aber ständig verbessert.

synthetischen Rohöl.

nellen Vorkommen gezählt.

KONVENTIONELLES ERDÖL

NICHT-KONVENTIONELLES ERDÖL

8

SCHIEFERÖL

7,3 %


BESTÄTIGTE RESERVEN STEIGEN

34,7 % RUSSLAND

Erdöl ist für die Energieversorgung der Welt von großer Bedeutung und wird es aller Voraussicht nach noch für lange Zeit bleiben. Während in Deutschland der Energieverbrauch und damit auch der Ölbedarf tendenziell abnimmt, steigt die Nachfrage nach Öl weltweit an. Neue Untersuchungen zeigen: Noch nie waren die sicheren Ölreserven so hoch wie heute. Das belegen Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Nach Analysen der BGR haben sich die weltweit bestätigten Ölreserven innerhalb der vergangenen zwölf Jahre um beinahe die Hälfte erhöht – trotz eines enorm gestiegenen globalen Verbrauchs. Neue Fördertechniken helfen dabei, die Ausbeute aus bestehenden Feldern zu erhöhen und neue Vorkommen zu erschließen. Das Gesamt-

potenzial der derzeit bekannten Ölvorkommen liegt nach Berechnungen der BGR bei 653 Milliarden Tonnen. Das bedeutet: Erdöl wird auch in den nächsten Jahrzehnten ausreichend zur Verfügung stehen. Zwei Drittel der heute bekannten Erdölreserven befinden sich in der Region der arabischen Halbinsel. Saudi-Arabien allein verfügt über rund ein Viertel der weltweiten Vorräte. Weitere große Ölvorkommen befinden sich im Irak, in den Emiraten, Kuwait und Iran. Bedeutende Vorkommen wurden auch in Mittel- und Südamerika (v. a. in Mexiko und Venezuela) erschlossen, sowie rund um das Kaspische Meer und in Afrika – hier insbesondere in Algerien, Libyen, Nigeria und Angola. Zahlreiche kleinere Ölfelder finden sich rund um den Globus. Die europäischen Reserven sind hauptsächlich in der Nordsee zu finden.

7,9 %

KASACHSTAN

RESERVEN Quellen, die heute mit vorhandenen technischen und wirtschaftlichen Mitteln mit Sicherheit gefördert werden können. Es müssen drei Bedingungen erfüllt sein: Bohrungen haben das Vorkommen bestätigt und mit heutiger Technik und bei heutigen Preisen ist es wirtschaftlich förderbar.

9,2 %

SONSTIGE

WELTWEITE RESERVEN UND RESSOURCEN Quelle: BGR (2014)

4,1 %

ASERBAIDSCHAN

653 Mrd. Tonnen Gesamt 600

POLARES ÖL Wegen der klimatischen Bedingungen in der Nähe

400

200

des 66. Breitengrades (Fördergebiete in Alaska und Sibirien), ist die Förderung von Erdöl in diesen Regionen sehr teuer und aufwendig. Es wird daher oft zu den nicht-konventionellen Lagerstätten gerechnet.

435 Mrd. Tonnen Zusätzliche Ressourcen

0

218 Mrd. Tonnen Sichere Reserven 175 Mrd. Tonnen Gesamtverbrauch 19. Jhdt. bis 2013

RESSOURCEN Ölvorräte, die geologisch bekannt sind, aber noch nicht durch Bohrungen bestätigt wurden und derzeit nicht wirtschaftlich gewinnbar sind. Zu den Ressourcen gehören sowohl konventionelle Lagerstätten als auch nicht-konventionelle Vorkommen. Ressourcen können zum Beispiel mit innovativen Technologien zu neuen Reserven entwickelt werden.

NEUE ENTWICKLUNGEN Nach Einschätzung von Fachleuten werden die Ölvorräte der Welt aus heutiger Sicht vor allem wegen der nicht-konventionellen Quellen ausreichen, um auch einen steigenden Bedarf für mehr als 100 Jahre zu decken. Neben der Entdeckung und Erschließung neuer Felder sind es vor allem die technisch-wissenschaftlichen Fortschritte, die das Ende des Ölzeitalters, gegenüber den Annahmen von vor 20 Jahren, weit in die Zukunft verschoben haben. Neue Explorations- und Produktionstechniken ermöglichen die Erdölförderung auch in bisher schwerer zugänglichen Lagerstätten. 9


Z E I T B I L D W I S S E N

Erdöl ist kein chemisch reiner Stoff, es ist ein Stoffgemisch. Erdöl stellt mit mehreren hundert Komponenten eine der komplexesten Mischungen an organischen Stoffen dar, die natürlicherweise auf der Erde vorkommen. Erdöl besteht aus Verbindungen, die sich ganz oder überwiegend aus den Elementen Kohlenstoff und Wasserstoff zusammensetzen – die Kohlenwasserstoffe. Erdöl besteht daher zu 83 bis 87 Gewichtsprozent aus Kohlenstoff und zu 11 bis 15 Gewichtsprozent aus Wasserstoff. Diese Verbindungen bilden, je nach Anzahl der in ihnen enthaltenen Kohlenstoffatome, leichtflüssige, schwerflüssige bis feste Substanzen. Je nach Fördergebiet sind unterschiedliche Mengen an Schwefel (bis zu 6 Prozent) und Spuren von Stickstoff, Sauerstoff und Metallen im Erdöl enthalten.

MINERALÖL

In Deutschland wurde die erste Bohrung nach Erdöl im Jahr 1856 durchgeführt. Aufsehen erregte kurz danach der Fund größerer Öllagerstätten in Pennsylvania (USA), es war der Beginn des weltweiten Siegeszugs des Erdöls. Leuchtöle, besonders Petroleum, schufen neue Lichtquellen, sie ersetzten den

damals häufig genutzten Waltran. Anfang des 20. Jahrhunderts läutete die Entwicklung des Automobils ein neues Zeitalter ein. Aus Erdöl wurde Benzin destilliert und als Kraftstoff für Automobile genutzt. Weltweit gibt es Dutzende verschiedener Rohölsorten. Sie unterscheiden sich nach

WELCHE FARBE HAT ERDÖL? Farbe und Konsistenz von Erdöl variieren von transparent und dünnflüssig bis tiefschwarz und dickflüssig. Erdöl hat aufgrund der Schwefelverbindungen einen charakteristischen Geruch, der zwischen angenehm bis abstoßend liegen kann. Farbe, Konsistenz und Geruch sind je nach geografischer Herkunft des Erdöls sehr unterschiedlich.

Erdöl gelangt bisweilen als zähe schwarze Masse an die Erdoberfläche und bildet asphaltartige Stoffe. Schon vor Tausenden von Jahren nutzten die Menschen dieses Naturprodukt. Steinzeitjäger befestigten mit klebrigem Bitumen (manchmal auch Pech oder Teer genannt) ihre Pfeilspitzen. In Mesopotamien wurde Teer benutzt, um Boote abzudichten. Persische Bogenschützen tauchten ihre Pfeile in Bitumen und zündeten sie an. Im 19. Jahrhundert begann die eigentliche Erschließung der Erdöllagerstätten. Am Anfang stand die Suche nach einem guten Lampenbrennstoff. Schon lange war bekannt, dass bei Bohrungen nach Wasser gelegentlich Erdöl in die Bohrlöcher einsickerte. Also begann man, direkt nach Öl zu bohren. Mitte der 1840er-Jahre erfolgte am Kaspischen Meer, im heutigen Aserbaidschan, die erste industrielle Ölbohrung der Welt.

HAUPTGRUPPEN DER KOHLENWASSERSTOFFE PARAFFINE (ALKANE) Gesättigte Kohlenwasserstoffe mit geraden (Normal-Paraffine) und verzweigten (Iso-Paraffine) Ketten.

Kohlenstoffatom (C)

Methan CH4

10

Ethan C2H6

Wasserstoffatom (H)

Propan C3H8

Hexan C6H14

usw.


dem Ort der Lagerstätte, der Dichte, dem Schwefelgehalt und der Zähflüssigkeit des Öls. Aufgrund der Dichte wird zwischen leichten Ölen, Ölen mittlerer Dichte und schweren Rohölen unterschieden. Raffinerien trennen zudem nach dem Schwefelgehalt in süße Rohöle mit geringerem Schwefelgehalt

und saure Rohöle mit höherem Schwefelgehalt. Gradmesser für die Qualität der einzelnen Rohölsorten sind letztendlich die Dichte und die Zähflüssigkeit des Rohöls. Leichte Rohöle sind fließfähiger und der Schwefelgehalt ist in der Regel geringer. Je leichter und süßer ein Rohöl ist, desto höher ist die Qua-

lität. Aus diesen Rohölen werden bevorzugt Benzin- und Dieselkraftstoffe sowie Heizöle gewonnen; sie sind deshalb auch teurer als andere Rohölsorten. Einige Rohölsorten haben eine so hohe Dichte, dass aus ihnen fast nur Produkte wie Bitumen und Schmierstoffe gewonnen werden können.

ERDÖLSORTEN AUF DEM WELTMARKT Auf dem globalen Erdölmarkt werden mehr als 30 Sorten angeboten. Für die Beobachtung der Preisentwicklung sind aber nur wenige Sorten wichtig, die sogenannten Referenzsorten. Die Mengenangabe erfolgt in Barrel (Fass, ca. 159 Liter). 7,3 Barrel entsprechen ungefähr 1 Tonne Erdöl.

WEST TEXAS INTERMEDIATE – WTI Das nordamerikanische Öl ist das meistgehandelte Referenzöl, mit sehr niedrigem Schwefelgehalt und geringer Dichte, ein typisches süßes Rohöl. Es eignet sich vor allem für die Herstellung von Benzin. Der niedrige Schwefelgehalt macht das Öl sehr beliebt.

BRENT CRUDE Es repräsentiert 15 verschiedene Ölsorten, die aus den Fördergebieten in der Nordsee gewonnen werden. Es wird allgemein als süßes Rohöl bezeichnet, weist allerdings einen etwas höheren Schwefelgehalt als WTI auf und hat eine mittlere Dichte.

DER OPEC-KORB

DUBAI FATEH

Er gilt als Referenzmarke für die 12 wichtigsten Rohölsorten der OPEC-Mitglieder. Meist sind es Rohölsorten mittlerer Dichte, mit mittlerem Schwefelgehalt. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten. Algerisches Öl ist ein süßes, leichtes Rohöl mit geringer Dichte und niedrigem Schwefelgehalt, Öl aus Kuwait ist ein leichtes Rohöl mit höherem Schwefelanteil. Öl aus Venezuela ist ein sehr schwefelhaltiges Schweröl. Die OPEC-Öle sind meist qualitativ nicht so hochwertig wie Brent oder gar WTI.

Das im Mittleren Osten geförderte Rohöl ist ein weiteres Referenzöl für die asiatisch-pazifische Region, wohin es auch hauptsächlich exportiert wird. Es weist eine mittlere Dichte und einen höheren Schwefelgehalt auf, ist also ein mittleres, saures Rohöl.

URALS So heißt das russische Referenzöl. Leichte Rohölsorten aus Sibirien werden beim Transport in den Pipelines mit sauren und schweren Rohölsorten aus

TAPIS

dem Wolgagebiet/Baschkirien gemischt

Das Öl wird in Malaysia gefördert, es gilt als das Referenzöl Asiens. Tapis ist ein sehr leichtes Rohöl mit sehr geringem Schwefelgehalt, Tapis ist eine teure Rohölsorte.

und die Qualität des Öls so auf einen Durchschnittswert gebracht – eine Rohölsorte eher mittlerer Qualität. Es ist in der Regel preisgünstiger als die Sorten Brent und WTI.

OLEFINE (ALKENE)

NAPHTENE

AROMATEN

Ungesättigte Kohlenwasserstoffe, reaktionsfreudiger als Paraffine und daher Grundstoffe für chemische Weiterverarbeitung

Gesättigte Kohlenwasserstoffe mit Ringen aus meist fünf, sechs oder sieben Kohlenstoffatomen (auch Cyclo-Paraffine genannt); zeichnen sich durch KältebestänCyclohexan digkeit aus. CH

Grundgerüst der Aromaten ist der besonders stabile Benzolring aus sechs Kohlenstoffatomen mit drei Doppel- und drei Einfachringen. Aromaten sind beständig gegen Temperaturen, besitzen gute Klopffestigkeit in Motoren und sind Ausgangsstoffe für Benzol die chemische Industrie. CH

Ethen C2H4

Propen C3H6

Hexen C6H12

usw.

6

12

6

11

6


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Die Entstehung von Erdöl Um der Entstehung des Erdöls auf die Spur zu kommen, müssen wir mehr als 250 Millionen Jahre in der Zeit zurückreisen. Die Dinosaurier standen damals am Anfang ihrer Entwicklung. Das Erdöl, das heute weltweit gefördert wird, stammt überwiegend aus dieser Zeit.

Vor allem in flachen tropischen und subtropischen Meeresbuchten lebten massenhaft Algen, Plankton und andere winzige Wasserbewohner. Diese sanken nach ihrem Absterben auf den Meeresboden und bildeten dort über Jahrmillionen enorme Ablagerungen. Herrschte Sauerstoffmangel in der Tiefe, konnte die abgestorbene Biomasse nicht verwesen, sie faulte. Das war der Anfang der langen Verwandlung von Plankton in das „Schwarze Gold“. Die abgestorbene Biomasse, vermischt mit feinen Sandkörnern und Tonteilchen, bildete unter Luftabschluss eine Faulschlammschicht. Immer wieder wurden auf diese Faulschlammschichten weitere Sedimente abgelagert. Wenn sich pro Jahr eine Schicht von nur einem Millimeter Dicke bildete, wurde daraus in einer Million Jahren ein Sedimentpaket von 1.000 Metern Mächtigkeit. Die Schichten sanken langsam in immer tiefere Bereiche der Erdkruste. Unter dem hohen Druck, den die darüber liegenden Schichten erzeugten, wurden die Sedimentlagen allmählich zu Gestein gepresst. Mit zunehmender Mächtigkeit der Sedimentschichten und dem damit verbundenen Anstieg von Druck und Temperatur in der Tiefe entstanden in den feinen Poren des Gesteins aus den organischen Reststoffen durch chemische Prozesse flüssige Kohlenwasserstoffe – das Erdöl. Die Bildung von Erdöl aus

dem Entstehungsgestein, dem sogenannten Muttergestein, vollzog sich im Laufe von Jahrmillionen. Dabei fanden mehrere komplexe Abläufe gleichzeitig und in verschiedenen Stufen hintereinander statt. Die wesentlichen Schritte waren stets eine Aufspaltung des organischen Materials der abgestorbenen Lebewesen in einfache organisch-chemische Verbindungen und eine teilweise Wiederanlagerung dieser Verbindungen untereinander zu komplexeren Molekülen. Voraussetzung für diese Prozesse waren hohe Temperaturen, die dann gegeben waren, wenn das Muttergestein durch Überlagerung mit anderem Gesteinsmaterial in größere Tiefen gelangte und dort durch die natürliche Wärme aus dem Erdinneren langsam aufgeheizt wurde. Fachleute nennen das die „Reifung“ des Muttergesteins. Für die Bildung von Erdöl liegt die optimale Temperatur zwischen 65° C und 120° C, wie sie in einer Tiefe von 2.000 bis 4.000 m herrscht. Im Laufe der Erdgeschichte faltete sich die Erdkruste wiederholt. Der Druck der darüber liegenden oder auch seitlich liegenden Gesteinsschichten presste aus dem Muttergestein das Erdöl heraus. Es wanderte durch Klüfte und Spalten in poröse Speichergesteine wie Kalk- oder Sandstein. Da Erdöl eine geringere Dichte hat als das Wasser und andere Substanzen

Gliedertiere

Mikroorganismen

Fische

Landpflanzen Insekten

PHASEN DER ERDÖLBILDUNG MIO. JAHRE

4600

600

550

ERDURZEIT

URZEIT

450

400 ERDALTERTUM

570 12

500


ENTSTEHUNG VON ERDÖL BILDUNG VON FAULSCHLAMM Meeresbereich mit geringer oder fehlender Tidenströmung

Abgestorbene Lebewesen sinken auf den Meeresgrund. Sauerstoffarmer Bereich Enstehung von Faulschlamm

BILDUNG DES ERDÖLS

im Gestein, wanderte es weiter nach oben. Diese Wanderung durch das poröse und durchlässige Gestein – auch Migration genannt – setzte sich so lange fort, bis sie durch ein unterirdisches Hindernis aufgehalten wurde. Dies konnte z. B. eine undurchlässige Schicht aus Salz, Mergel oder Ton sein. Das Öl sammelte sich in den Poren des Speichergesteins wie das Wasser in den Poren eines Schwammes. Es war in eine sogenannte geologische Falle geraten. So bildeten sich abbauwürdige Konzentrationen von Erdöl – die Lagerstätten. Diese Lagerstätten können heute angebohrt und das wertvolle Erdöl gefördert werden. Wurde die Aufwärtsbewegung des Öls nicht durch ein Hindernis aufgehalten, so gelangte das Öl an die Erdoberfläche und die flüchtigen Bestandteile des Erdöls verdampften. Häufig bildete sich dann an der Austrittsstelle ein asphaltartiger Belag. Zu sehen sind solche Phänomene zum Beispiel in Los Angeles (USA), auf der Insel Trinidad oder am Golf von Suez in Ägypten.

Ablagerungen z. B. aus Sand und Ton sowie tektonische Vorgänge drücken den Faulschlamm in größere Tiefen. Druck und Temperatur nehmen zu. Es kommt zur Umwandlung der Kohlenwasserstoffverbindungen, Erdöl und Erdgas entstehen.

BILDUNG VON LAGERSTÄTTEN Lagerstättenbildung

Feinstruktur eines Speichergesteins Gesteinskorn

Poröse Gesteinsschichten Undurchlässige Gesteinsschicht

Erdgas

Haftwasserfilm um Gesteinskörner freies und schwach gebundenes Wasser

Erdöl

Erdöl Gesteinszement

Reptilien

350

Nadelbäume

300

Dinosaurier

250

Säugetiere

200

Vögel

Blütenpflanze

150

Aussterben der Dinosaurier

100

Menschen

50

ERDMITTELALTER

ERDNEUZEIT 13

0


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

WO IST MEIN ÖL? Wenn Erdöl auf dem Weg nach oben auf eine undurchlässige Gesteinsschicht stieß und nicht weiterwandern konnte, sammelte es sich unter dieser Deckschicht an. War das Gestein durch Bewegungen der Erdkruste verformt, konnte das nach oben wandernde Öl an den höchsten Stellen der Verformungen eine Lagerstätte bilden. Eine Ansammlung von Erdöl wird jedoch nur dann als Lagerstätte bezeichnet, wenn ausreichende Mengen vorhanden sind und die

Durchlässigkeit des Speichergesteins groß genug ist, um eine wirtschaftliche Förderung zu erlauben. In den Lagerstätten tritt Erdöl meist gemeinsam mit Erdgas und salzigem Bodenwasser auf. Aufgrund der Dichteunterschiede befindet sich das Erdgas oberhalb des Erdöls (Gaskappe), das Bodenwasser unterhalb des Erdöls (Randwasser). Geologen unterscheiden drei Haupttypen von Lagerstätten: die Antiklinale, den Salzdom und die Verwerfung.

TYPEN VON LAGERSTÄTTEN

ANTIKLINALE

SALZDOM

VERWERFUNG

Rund 80 Prozent der bestätigten Erdölreserven der Welt liegen unter dem Scheitel eines Sattels oder einer Antiklinale. Hier haben sich die Gesteinsschichten emporgewölbt und Erdöl sowie Erdgas sammelten sich in diesen porösen Schichten unter der „umgestülpten Schüssel“.

Beim Aufwölben haben Salzstöcke erdölund erdgashaltige poröse Speichergesteine zur Seite gedrängt und emporgehoben. Erdöl und Erdgas sammelten sich dann an den Rändern der Salzstöcke (3 Prozent der Welterdölreserven). Einige deutsche Erdölvorkommen liegen an Salzstockrändern.

Diese Lagerstätten (rund 1 Prozent der Welterdölreserven) sind durch tektonische Brüche in der Erdrinde entstanden, bei denen sich undurchlässige Gesteinsschichten neben poröse Speichergesteine geschoben haben.

SUCHEN UND FINDEN

Bohrungen bis zu 3.000 m Tiefe

Mithilfe von Hightech-Messgeräten spüren Geologen Gesteinsformationen im Untergrund auf, die möglicherweise Erdöl enthalten könnten. Die weitaus wichtigste Methode bei der Suche nach Öl ist die Reflexionsseismik. Durch kleine Sprengungen oder durch schwere Rüttelgeräte werden zahlreiche Erschütterungswellen ausgelöst, diese pflanzen sich, je nach Beschaffenheit des Untergrundes, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fort und werden an den Grenzflächen zwischen verschiedenen Gesteinsschichten gebeugt oder reflektiert. Hochempfindliche Messgeräte an der Erdoberfläche, die Geofone, registrieren die abgelenkten und zurückgeworfenen Wellen. Computer verarbeiten die Messdaten und liefern anschließend ein dreidimensionales Bild des Untergrundes in mehreren tausend Metern Tiefe. Seismische Untersuchungen können an Land und auf See durchgeführt werden.

Nach Auswertung der seismischen Untersuchungen zeigt eine Versuchsbohrung, ob eine Gesteinsformation tatsächlich Erdöl enthält. Ist die Probebohrung erfolgreich, müssen Größe, Qualität und Ergiebigkeit der neu entdeckten Lagerstätte untersucht werden. Erst wenn feststeht, dass die Ausbeutung des Vorkommens kommerziell lohnend ist, werden die ersten Produktionsbohrungen angelegt. Die meisten Bohrungen werden senkrecht in die Tiefe getrieben. Moderne Bohrtürme arbeiten vorwiegend mit dem Rotary-Verfahren. Dabei wird der Bohrmeißel über ein drehendes Bohrgestänge mit 60 bis 120 Umdrehungen pro Minute angetrieben. Je nach Härte des Gesteins dringt der Meißel nur wenige Dezimeter oder viele Meter pro Tag vor. Zum Wechseln des Meißels, das bei hartem Gestein recht häufig erforderlich sein kann, muss das gesamte Bohrgestänge aus der Bohrung gezogen werden. Meißelwechsel können bei einer Bohrung bis zu 3.000 Meter Tiefe mehr

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Messgeräte (Geofone)

Messwagen

Bohrturm

Bohrturm

kleine Sprengungen

Reflexionsseismik

Richtbohrung

als hundert Mal erforderlich sein. Damit das Bohrloch offen bleibt und sich das Bohrgestänge nicht festklemmt, wird die Bohrung abschnittsweise verrohrt. Man beginnt mit weiten Rohren, durch die dann Rohre mit geringerem Durchmesser geschoben werden. Die Verrohrung gleicht also einem Teleskop. Durch das hohle Bohrgestänge wird eine Spülflüssigkeit gepumpt. Sie kühlt und schmiert den Meißel, schützt die Bohrung dort vor dem Einsturz, wo sie noch nicht verrohrt ist und verhindert durch ihr Gewicht den Ausbruch von unter Druck stehendem Erdöl, wenn die Bohrung auf eine Lagerstätte stößt. Am oberen Ende der Bohrung ist eine Sicherheitseinrichtung montiert, der sogenannte Blow-Out-Preventer. Er verschließt die Bohrung, sobald der Druck in ihr plötzlich steigt und ein Ausbruch von Erdöl – ein Blow-Out – droht. Viele wichtige Erdölvorkommen befinden sich nicht auf dem Festland (onshore), sondern unter dem Meeresboden

(offshore), wie z. B. im Persischen Golf, im Kaspischen Meer oder in der Nordsee. Bohrungen auf dem Meer erfolgen von schwimmenden oder am Meeresboden verankerten Bohrplattformen. Die Technik gleicht im Prinzip der Bohrtechnik am Festland, allerdings sind Aufwand und Kosten wesentlich höher. Manchmal ist es von großem Vorteil, wenn man „um die Ecke bohren kann“. Solche Richtbohrungen sind möglich, weil das Bohrgestänge über eine ausreichende Flexibilität verfügt. Richtbohrungen erreichen in der Regel die ölführenden Schichten in einem weiten Umkreis; die Bohrungen können heute sogar über eine längere Strecke horizontal verlaufen. Mit der Technik der Horizontalbohrungen kann die Förderleistung gegenüber senkrechten Bohrungen deutlich gesteigert werden, weil die ölführenden Gesteinsschichten horizontal auf ganzer Länge erfasst werden und nicht nur lokal durch eine senkrechte Bohrung. 15


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

UNTER DRUCK Die Erdölförderung lässt sich in drei Phasen unterteilen: die Primär-, die Sekundär- und die Tertiärförderung. Anfangs fließt das Erdöl aufgrund des natürlichen Lagerstättendrucks noch selbsttätig zum Bohrloch und steigt an die Erdoberfläche. Mit der Zeit lässt der Druck in der Lagerstätte jedoch nach, das Öl fließt nicht mehr von allein. Jetzt kommen Pumpen zum Einsatz; diese sogenannten Pferdeköpfe kennt jeder aus Hollywoodfilmen. Eruptivförderung und Pumpenförderung werden zur Phase der Primärförderung gezählt. Bei der Sekundärförderung nutzt man das in vielen Lagerstätten enthaltene Erdgas. Wird es ins Gestein rund um das Förderrohr gepresst, vermischt sich das Gas mit dem im Untergrund vorhandenen Öl, die Mischung steigt dann ohne weitere Unterstützung im Bohrloch auf. Lässt der Druck im Inneren der Lagerstätte weiter nach, wird Wasser eingepresst, das noch vorhandene Öl wird nach oben ins Förderrohr gedrückt. Durch die Einleitung von heißem Dampf und die Zugabe von Hilfsstoffen wird die Fließfähigkeit des Öls verbessert; das Erdöl gelangt leichter zum Förderrohr. Dies ist die Tertiärförderung. Auch das sogenannte Fracking wird genutzt, um die Ausbeute aus Öllagerstätten zu erhöhen. Dabei wird der Druck im Untergrund so weit erhöht, dass das Muttergestein bricht und Spalten bildet, die durch spezielle Zusätze in der Fracking-Flüssigkeit offen gehalten werden. Damit kann dann mehr Öl zum Bohrloch fließen. Diese Methode hat insbesondere in den USA zu einer drastischen Erhöhung der Fördermengen und der Reserven geführt. Die Menge der Ölimporte der USA hat sich zwischen 2005 und 2013 um mehr als ein Viertel verringert. In den feinen Poren des Gesteins wird ein Teil des Erdöls zurückgehalten. Mit heutiger Technik lassen sich bislang üblicherweise bis zu 50 Prozent des im Gestein gespeicherten Erdöls gewinnen.

DRAUSSEN AUF DEM MEER Viele Erdölvorkommen befinden sich unter dem Meeresboden. Es kommen dieselben Techniken wie bei Bohrungen auf dem Festland zur Anwendung, aufgrund der schwierigeren Umweltbedingungen

ist die Förderung jedoch wesentlich aufwendiger und kostspieliger. Welche Bohrinseltypen eingesetzt werden, hängt von der Tiefe des Meeres ab. Offshore-Bohrungen erfolgen von schwimmenden oder am Meeresboden verankerten Hubinseln, Plattformen oder Halbtauchern aus. Hubinseln kommen in Küstengebieten bis zu einer Tiefe von ca. 60 m zum Einsatz. Sie ragen so weit über die Wasseroberfläche hinaus, dass sie vom Seegang nicht erreicht werden. Plattformen können bis zu einer Meerestiefe von 300 m eingesetzt werden. Halbtaucher werden von Pontons getragen, von Stahlseilen stabilisiert und am Meeresboden verankert. Damit sind sie mobil einsetzbar. Mit Halbtauchern werden bis zu 3.000 m Wassertiefe erreicht. Bohrschiffe können in sehr tiefen Gewässern eingesetzt werden. Ein Antriebssystem sorgt dafür, dass das Schiff seine Bohrposition beibehält und nicht durch die Meeresströmung abtreibt. Die Dimensionen der Förderplattformen sind riesig. Die größten Halbtaucher sind so breit wie drei Fußballfelder und höher als die Türme der Frauenkirche in München.

ERDÖL AUS DEUTSCHLAND Die wichtigsten Erdölfördergebiete Deutschlands liegen im Norddeutschen Becken. Aus den Ölfeldern in SchleswigHolstein und Niedersachsen werden jährlich ungefähr 90 Prozent der deutschen Gesamtproduktion gefördert. Daneben wird noch an einigen Stellen in Rheinland-Pfalz und in Bayern gefördert. Die Gesamtmenge der Förderung von Erdöl in Deutschland betrug 2013 etwas mehr als 2,6 Millionen Tonnen, das ist ungefähr drei Prozent des deutschen Ölbedarfs. Im Wattenmeer Schleswig-Holsteins befindet sich das größte in Deutschland bekannte Ölvorkommen. Dort steht, sieben Kilometer vor der Küste, Deutschlands einzige Offshore-Bohrinsel. Die Anlage fördert rund 1,5 Mio. Tonnen Erdöl jährlich, etwa die Hälfte des in Deutschland geförderten Erdöls. Seit einigen Jahren wird die Lagerstätte zusätzlich vom Festland aus angebohrt. Diese Bohrung verläuft in 2.000 m Tiefe über acht Kilometer waagerecht durch den Meeresboden.

GRÖSSENVERGLEICH BRANDENBURGER TOR 150 m 100 m 50 m

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FRAUENKIRCHE MÜNCHEN

HALBTAUCHER


SICHER FÖRDERN Bei der Suche nach und der Förderung von Öl besteht die Gefahr, dass Verschmutzungen von Boden und Gewässern eintreten. Zum Beispiel können schon geringe Mengen Rohöl große Mengen Grundwasser für die Trinkwassergewinnung unbrauchbar machen. Verschmutzungen dieser Art treten bei der Ölsuche und der Ölgewinnung mittlerweile nur noch sehr selten auf, da lang erprobte und ausgefeilte technische und organisatorische Maßnahmen darauf abzielen, das Öl vollständig zu gewinnen – also Ölaustritte zu verhindern. Wegen der potenziell viel größeren Auswirkungen von Unfällen auf die Umwelt muss bei Offshore-Bohrungen mit besonders hohen Sicherheitsstandards gearbeitet werden.

BOHRSCHIFF

PLATTFORM

HUBINSEL

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Tanker, Trassen, Tankstellen Bevor Rohöl auf seine Reise zu den Raffinerien geht, muss es aufbereitet werden. Das Rohöl wird von Lagerstättenwasser und Sand getrennt, das abgetrennte Wasser über Injektionsbohrungen zur Druckerhaltung wieder in die Lagerstätte eingepresst. Anschließend verwirbelt ein Gasabscheider das Gemisch aus Rohöl und Gas, hierbei entweicht das Erdgas. Es wird aufgefangen und kann als Energieträger verwertet oder ebenfalls in die Lagerstätte eingepresst werden, um mehr Öl zu fördern. Zum Schluss werden die letzten Wasserreste sowie die Salzrückstände aus dem Öl herausgefiltert. Das so gereinigte Rohöl lagert bis zum Weitertransport in Öltanks an der Förderstelle. Tankschiffe besitzen heute eine doppelwandige Außenwand, der Laderaum ist durch Schotten in mehrere Tanks untergliedert. So können die Schiffe gleichzeitig verschiedene Rohölsorten Satellitennavigation

transportieren. Der Aufbau der Tanker stabilisiert das Schiff und trägt wesentlich zur Sicherheit bei. Die größten Supertanker können bis zu 400.000 Tonnen Öl aufnehmen. Freier Laderaum mit inerten Gasen* gefüllt

*Als Inertgase bezeichnet man Gase, die sehr reaktionsträge (inert) sind. Zu den Inertgasen gehören z. B. Stickstoff, Kohlenstoffdioxid und sämtliche Edelgase (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon, Radon).

Treibstofftank in geschützter Innenlage 18


GUTE REISE Von den Erdölfeldern der Welt bis zu den Raffinerien in Europa und in Deutschland ist es meist ein langer Weg. Rohöl aus außereuropäischen Förderländern gelangt in der Regel per Pipeline zum nächstgelegenen Erdölhafen. Von dort aus übernehmen Öltanker den Transport über die Weltmeere. In Europa ist der niederländische Hafen Rotterdam der wichtigste Ölumschlaghafen und -handelsplatz. Von dort erfolgt der Weitertransport zu den über ganz Deutschland verteilten Raffinerien und Zwischenlagern, vor allem per Pipeline, gelegentlich aber auch mit dem Schiff.

TRANSPORT AUF SEE Der sichere Transport von Hunderttausenden von Tonnen Rohöl über die Weltmeere ist eine große Herausforderung. Im Laufe der Jahre wurden immer strengere Standards für Bau, Unterhalt und Betrieb von Öltankern erlassen. Zuständig für die Sicherheitsstandards der Tankerfahrt ist die International Maritime Organization (IMO), eine Unterorganisation der UNO. Unglücke auf See sind sehr selten, sollte es aber zu einer Havarie kommen, sind die Auswirkungen auf die Um-

welt meist erheblich. Daher erhalten Unfälle mit Öltankern immer eine sehr hohe Aufmerksamkeit in der öffentlichen Berichterstattung. Gemessen an den riesigen Mengen, die Tag für Tag über die Meere transportiert werden, ist die Unfallrate jedoch sehr klein.

TRANSPORT ÜBER LAND Pipelines gelten wegen ihrer Unabhängigkeit von allen Störungen an der Oberfläche als das sicherste Transportmittel für Rohöl. Die Leitungen sind mit aufwendigen Sicherungssystemen versehen und werden ständig überwacht. Der Transport von Mineralölprodukten über Schiene und Straße unterliegt den Bestimmungen für den Transport gefährlicher Güter. Dank strenger Sicherheitsbestimmungen und ausgefeilter Technik kommt es nur sehr selten zu Unfällen. In Wasserschutzgebieten mahnen spezielle Verkehrszeichen Fahrzeugführer, die wassergefährdende Stoffe wie z. B. Heizöl geladen haben, zu besonderer Vorsicht oder verbieten sogar die Durchfahrt solcher Fahrzeuge. Mineralöl darf in Wasserschutzgebieten auf keinen Fall in den Erdboden gelangen, weil schon geringe Ölmengen Geruch und Geschmack des Trinkwassers beeinträchtigen.

PIPELINES Die einfachste Methode ist es, das Rohöl durch lange Rohrleitungen (Pipelines) von der Sammelstelle im Ölfeld direkt zur Raffinerie zu leiten. Das lohnt sich jedoch nur bei sehr großen Ölmengen und einer günstigen Entfernung. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Pipeline „Druschba“ (Freundschaft). Sie liefert russisches Öl aus Sibirien nach Deutschland. Jährlich erreichen uns so etwa zwanzig Millionen Tonnen Öl, das entspricht ungefähr einem Fünftel des hiesigen Gesamtbedarfs.

DRUSCHBA

Leuna

Deutschland

TANKSTELLEN

Ballastwasser mit Doppelhülle

Seit den 1990er-Jahren sind in Deutschland alle unterirdischen Lagertanks an Tankstellen mit Doppelwänden versehen. Auffangwannen an den Füllstellen, Leckanzeigesysteme und Füllsicherungen bieten zusätzliche Sicherheit und gewährleisten, dass ein Leck rasch festgestellt und der Schaden eingegrenzt werden kann. Gleichzeitig wurden die Tankstellen mit einem Fahrbahnbelag versehen, der verhindern soll, dass kleine Kraftstoffreste, die versehentlich aus der Zapfpistole verschüttet werden, in das Erdreich gelangen. Die modernen „Saugrüssel“ wiederum sorgen dafür, dass gesundheitsschädliche Benzindämpfe aus dem Fahrzeugtank beim Tanken eingesaugt werden.

Die Erdölpipeline „Druschba“ (deutsch: „Freundschaft“) wurde von 1959–1964 errichtet. Sie verbindet die russischen Ölfelder mit den europäischen Raffinerien und hat eine Transportkapazität von 2,5 Mio. Barrel pro Tag. Die Pipeline endet in Leuna/Sachsen.

LAGERUNG IN TANKS Tankanlagen mit Heizöl und Diesel (über 10.000 Liter) müssen regelmäßig durch Sachverständige geprüft werden. Diese Pflicht gilt für alle, auf deren Grundstück sich derartige Tanks oder Anlagen befinden. Um die Überfüllungen von Lagerbehältern zu verhindern, sind elektrisch gesteuerte Sicherungen für die Behälter vorgeschrieben. Behälter müssen doppelwandig sein oder, falls einwandig, einen Auffangraum haben.

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Höchst raffiniert! Mineralöl ist sowohl ein Energieträger als auch ein wichtiger Rohstoff und zeichnet sich durch eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten aus. Tausende verschiedener Produkte basieren auf Mineralöl als Ausgangsstoff. Wie aber wird aus Erdöl diese Vielzahl von Produkten gewonnen? Die Antwort hierauf findet sich in der Raffinerie. Mit dem Eintreffen des Rohöls in der Raffinerie beginnt der weite Aufgabenbereich der Mineralölverarbeitung. An seinem Ende stehen diejenigen gasförmigen, flüssigen und festen Produkte, die uns in allen Bereichen des täglichen Lebens begegnen. Der grundlegende Verarbeitungsprozess in einer Raffinerie ist die Rohöldestillation. Dabei wird das Rohöl in verschiedene Fraktionen zerlegt.

Dampf

Dampf

ATMOSPHÄRISCHE DESTILLATION

VAKUUMDESTILLATION

Das Rohöl wird zunächst aus Lagertanks über einen Entsalzer und anschließende Wärmetauscher in einen Röhrenofen gepumpt und dort auf 350° - 370° Celsius erhitzt, wobei das Rohöl zum größten Teil verdampft. Das Dampf-Flüssigkeits-Gemisch wird dann bei atmosphärischem Druck in den unteren Teil des ersten Destillationsturms geleitet. Dieser ist in seinem Innern durch zahlreiche Zwischenböden – die sogenannten Trennböden – stockwerkartig unterteilt. Der Dampf steigt im Destillationsturm nach oben, wird dort abgekühlt, sodass die größten Moleküle im Dampf wieder in den flüssigen Zustand übergehen: So entsteht die erste Fraktion – das „schwere Mitteldestillat“ (Leichtes Heizöl und Diesel). Die kleineren Moleküle bleiben im Dampf und entweichen weiter nach oben, wo sich der Vorgang wiederholt. Daher spricht man hier von der fraktionierten Destillation. Nach diesem Prinzip wird das Rohöl in die Fraktionen „schweres Mitteldestillat“, „leichtes Mitteldestillat“ (Flugkraftstoff), Rohbenzin und Gase getrennt. Die Bezeichnungen „schwer“ und „leicht“ beziehen sich dabei auf die Dichte der Fraktionen: Je grösser die Moleküle sind, desto höher ist ihre Dichte, desto schwerer ist ein Liter der abgetrennten Flüssigkeit. Da sich der Prozess bei normalem Druck abspielt – dem Atmosphärendruck –, wird diese Trennmethode „Atmosphärische Destillation“ genannt. Der schwere Rückstand verbleibt am Boden der Kolonne.

Rohöl enthält sehr große Moleküle, die auch bei 350° Celsius noch flüssig bleiben, aber dann beginnen, sich zu zersetzen. Sie bilden den atmosphärischen Destillationsrückstand. Dieser Rückstand am unteren Ende des Turmes kann zu schwerem Heizöl weiterverarbeitet werden oder wird nochmals erhitzt und in einen weiteren Destillationsturm mit vermindertem Druck (ca. 50hPa) geleitet. Im Vakuumturm verdampfen schwerere Kohlenwasserstoffe, da sie bei verringertem Druck bereits bei niedrigeren Temperaturen sieden. Weil im Vakuum über der Flüssigkeit „viel Platz“ verfügbar ist, zeigen die Moleküle in der Flüssigkeit beim Verdampfen weniger Widerstand und verdunsten bereits bei niedrigeren Temperaturen. Zusätzlich wird Wasserdampf eingedüst, um die Kohlenwasserstoffmoleküle, die sich über der Flüssigkeit im Dampf befinden, nach oben mitzureißen, damit sie nicht wieder in den Rückstand gelangen. Bei der Vakuumdestillation gewinnt man Vakuumgasöl sowie leichtes und schweres Wachsdestillat. Aus den Fraktionen können Schmieröle oder schweres Heizöl entstehen und feste Stoffe wie z. B. Kerzen. Der Rückstand der Vakuumdestillation kann zu Rohöl Bitumen verarbeitet und dann im Straßenbau oder als Dachpappe verwendet werden.

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Trennböden

Röhrenofen


FRAKTIONIERTE DESTILLATION VON ROHÖL ATMOSPHÄRISCHE DESTILLATION

VAKUUMDESTILLATION

Fraktionen, Siedebereich

Gase, Chemierohstoffe <35°C

Fraktionen

Leichtes Schmieröl

Benzine, Chemierohstoffe 35°C bis 150°C

Mittelschweres Schmieröl

Flugkraftstoff 150°C bis 250°C Schweres Schmieröl

Leichtes Heizöl, Diesel 250°C bis 360°C Rückstand Bitumen 400 C°

Rückstand Schweres Heizöl, Schiffskraftstoff

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

CRACKER UND COKER

DIE KETTEN BRECHEN

Das Verhältnis der einzelnen Produkte zueinander, die aus einem bestimmten Rohöl erzeugt werden, ist durch die Destillation nur in engen Grenzen veränderbar. Man spricht daher von Koppelproduktion. Um die Marktnachfrage abzubilden, muss die Menge an schwerem Heizöl vermindert und gleichzeitig die Produktion an Benzinen und/oder Dieselkraftstoff bzw. leichtem Heizöl vergrößert werden. Deshalb werden zusätzliche Anlagen eingesetzt, in denen die weniger erwünschten schweren Bestandteile des Rohöls in leichtere umgewandelt werden können.

Raffinerien produzieren in der Regel einen Überschuss an schwerem Heizöl. Da dieser Überschuss abgebaut werden muss, werden mittels Konversionsanlagen schwere Heizölprodukte in Benzine und Gase umgewandelt. Schwere und lange Kohlenwasserstoffmoleküle werden in leichte und kürzere Ketten umgeformt, indem man die langen Moleküle spaltet. Man nennt diesen Vorgang auch Cracken – abgeleitet von dem englischen Wort „crack“ – zerbrechen oder spalten. Man unterscheidet grundsätzlich drei Verfahrensarten beim Cracken. Die optimale Verfahrenskombination richtet sich nach den vorhandenen Rohölen, den gewünschten Produkten und den wirtschaftlichen Voraussetzungen, denn die Investitionsund Betriebskosten der verschiedenen Crackverfahren sind höchst unterschiedlich. Die Verarbeitungskosten sind um so höher, je weiter die Ausbeuteanteile an leichten Produkten steigen. Die verschiedenen Crackverfahren gehen von unterschiedlichen Einsatzprodukten aus: Destillate (Vakuumgasöl, Wachsdestillat) aus der Vakuumdestillation sind das bevorzugte Einsatzprodukt für den katalytischen Cracker und den Hydrocracker, während der Vakuumrückstand in thermischen Crackern und im Coker (vom engl. Wort Coke=Koks) eingesetzt wird.

TYPISCHER AUSSTOSS EINER RAFFINERIE Quelle: MWV

THERMISCHES CRACKEN

ohne Konversion

Das älteste und einfachste Konversionsverfahren ist das thermische Cracken. Hohe Temperaturen bringen die großen Moleküle in so starke Schwingungen, dass die Bindungen zwischen den einzelnen Kohlenstoffatomen zerbrechen. Temperatur – etwa 500° C – und Verweilzeit im Crackofen werden so gewählt, dass ein möglichst hoher Umwandlungseffekt erreicht wird. Ergebnis des Crackens ist – wie bei der Rohöldestillation – eine Produktpalette, die von Gasen über Benzin und Mitteldestillat bis zu schwerem Destillationsrückstand reicht.

KATALYTISCHES CRACKEN

mit thermischer Crackanlage

mit Hydrocracker

Ein wesentlich höheres Umwandlungsergebnis als beim thermischen Cracken erreicht man mit dem katalytischen Cracken. Der Spaltvorgang erfolgt ebenfalls bei etwa 500° C, aber in Gegenwart eines Katalysators (Aluminiumsilikate). Ergebnis des katalytischen Crackens ist ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen, das vom gasförmigen Methan bis zum Schweröl reicht.

HYDROCRACKEN Das technisch eleganteste, zugleich aber auch aufwendigste Konversionsverfahren ist das Hydrocracken. Es handelt sich hierbei um ein katalytisches Spaltverfahren in Gegenwart von Wasserstoff bei einem Druck von 100 bis 150 bar, das eine sehr weitgehende Umwandlung des Einsatzproduktes ermöglicht. Wenn die Kohlenwasserstoffketten zerbrechen, sind die neuen Kettenenden extrem reaktiv. Bei den Folgereaktionen können diese sich mit großen Molekülen zusammenschließen – zu noch größeren Produkten. Befinden sich aber sehr viele Wasserstoffmoleküle in der Reaktionsmischung, werden diese bevorzugt an die Kettenenden angelagert und die Ausbeute an niedrig siedenden Produkten steigt.

COKEN

mit katalytischer Crackanlage

Benzin

Mitteldestillate

Heizöl schwer

Sonstige Produkte 22

Vakuumdestillation und thermische Crackverfahren erzeugen Destillationsrückstände, die schwerer sind als das normale schwere Heizöl. Solche Rückstände können hohe Anteile von Schwefel-, Stickstoff- und Metallverbindungen enthalten, die eine katalytische Verarbeitung stark behindern würden. Diese schweren Rückstandsöle können jedoch in einer weiteren Konversionsanlage, dem Coker, unter Druck in einen Ofen geleitet und auf etwa 500° C erhitzt, in Gase, Benzine und Mitteldestillate umgewandelt werden. Der Petrolkoks, der dabei ebenfalls entsteht, findet zum Beispiel bei der Herstellung von Aluminium Verwendung.


EMISSIONEN VON LUFTSCHADSTOFFEN DEUTSCHER RAFFINERIEN Quelle: Umweltbundesamt

100 % 80 %

Schwefeloxide 60 %

KEIN SCHWEFEL BITTE! Industrieanlagen wie eine Mineralölraffinerie benötigen Strom, Wasser und Druckluft, die Abwässer und Nebenprodukte müssen gefahrlos beseitigt werden. Ein Beispiel dieser Nebenanlagen ist charakteristisch für heutige Mineralölraffinerien: die Schwefelrückgewinnung. Bei der Entschwefelung der Mineralöle entsteht Schwefelwasserstoff. Dieser wird in den Anlagen zur Schwefelrückgewinnung zu flüssigem Schwefel umgesetzt. Die Schwefelproduktion der Erdgas- und Mineralölverarbeitung in Deutschland reicht heute aus, um den gesamten Bedarf der chemischen Industrie – zum Beispiel bei der Produktion von Gummi – zu decken.

40 %

Staub 20 % 0%

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012

Wie jede große Industrieanlage wirken sich auch Raffinerien auf die Umwelt aus. Weil fast alle Raffinerieprozesse mit hohen Temperaturen durchgeführt werden (über 300° C), stehen an allen Raffinerieanlagen Öfen. Ihre Verbrennungsemissionen erzeugen den größten Einfluss der Raffinerien auf die Umwelt und wurden entsprechend den gesetzlichen Regelungen massiv reduziert. So ist es durch Kombination verschiedener Maßnahmen gelungen, die Emissionen der Raffinerien an Schwefeldioxid (Verursacher des „sauren Regens“) zwischen 1990 und 2012 um rund 80 Prozent zu senken. Und das, obwohl zusätzliche Anlagen errichtet wurden. Da heute immer mehr Produkte bereits in der Raffinerie weitgehend entschwefelt werden, emittieren sowohl der Straßenverkehr wie auch die Ölheizungen heutzutage fast kein Schwefeldioxid mehr.

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

„NOCH EFFIZIENTER MIT ÖL UMGEHEN“ Herr Dr. Bardt, müssen wir befürchten, dass in 20 Jahren für uns kein Erdöl mehr da ist? Nein, müssen wir nicht. Die Nachfrage nach Öl ist trotz des weltweit wachsenden Bedarfs gedeckt, es ist immer noch genug vorhanden und es wird auch in 20 Jahren noch ausreichend Öl geben. Allerdings wird es immer schwieriger, neue Ölquellen zu erschließen, wie zum Beispiel in der Tiefsee oder in der Arktis. Die dafür nötige Technik ist sehr kompliziert. Wird Öl künftig unbezahlbar? Sicherlich nicht! Wie der Ölpreis künftig sein wird, lässt sich heute nicht genau vorhersagen. Selbst Fachleute haben sich in den letzten Jahren dabei immer wieder geirrt. Ein hoher Preis aber ermöglicht eben auch den Einsatz neuer Techniken zur Erkundung und Förderung von Erdöl. Dass die USA heute einer der größten Förderer weltweit sind, hat auch mit den hohen Preisen der letzten Jahre zu tun. Es lohnt sich jetzt, aufwendige Fördertechniken einzusetzen.

Dr. Hubertus Bardt Geschäftsführer und Leiter Wissenschaftsbereich Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V.

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Erdöl ist zurzeit wieder deutlich günstiger als noch vor einigen Jahren. Woran liegt das? Das hat zwei Gründe: Die USA und Kanada fördern sehr viel mehr Erdöl aus heimischen Quellen als noch vor Jahren. Mit neuen Fördertechniken haben die USA ihre Ölproduktion 2013 stark gesteigert, ausgelöst durch massive Investments in die Erschließung von sogenannten nicht-konventionellen Lagerstätten wie Schieferöl und Tight Oil*. Kanadas Ölboom wiederum beruht auf der Förderung von Öl aus Teersanden. Das nordamerikanische Öl wird zwar auf dem heimischen Markt verbraucht, hat aber dazu beigetragen, dass die USA sehr viel weniger Öl auf dem Weltmarkt nachfragen und das globale Angebot deshalb gestiegen ist. Gleichzeitig wird durch das bescheidenere Wachstum in den Schwellenländern und durch die Wachstumsschwäche der Eurozone, insbesondere in den Staaten Südeuropas, weniger Öl nachgefragt. Das alles drückt insgesamt den Preis.


Kann man Erdöl nicht einfach ersetzen? Vor über 100 Jahren war die Kohle der Treibstoff der Wirtschaft. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Öl so eminent wichtig. Das liegt vor allem daran, dass es mit Öl möglich ist, relativ viel Energie mit wenig Volumen und wenig Gewicht zu nutzen. Das ist von großem Vorteil. Erdöl hat eine hohe Energiedichte und ist sehr leicht zu transportieren, es ist flüssig, lässt sich gut verbrennen – insgesamt ist das eine sehr praktische Sache. Neben der Nutzung als hervorragender Energieträger für Kraftfahrzeuge und für die Wärmeerzeugung ist Öl aber auch ein wertvoller und sehr wandlungsfähiger Rohstoff für die Herstellung von Produkten. Alles, was in unserer Welt aus Kunststoff besteht, ist aus Erdöl erzeugt. Selbst Kosmetika oder Arzneimittel basieren häufig auf Erdöl als Ausgangsstoff. Elektroautos sind die Zukunft, heißt es oft. Gibt es in 20 Jahren überhaupt noch Autos mit Benzin oder Diesel? Es wird zukünftig wohl deutlich mehr Elektroautos geben als heute, vor allem viele Hybridfahrzeuge. Die große Mehrheit der Fahrzeuge wird aber immer noch mit flüssigen fossilen Kraftstoffen wie Benzin und Diesel betrieben werden, ergänzt durch Gasfahrzeuge (Erd- oder Flüssiggas) oder durch Beimischungen von Biokraftstoffen. Offen ist ferner, wie hoch der Anteil von Biosprit künftig sein wird. Die Nachhaltigkeit heutiger Biokraftstoffe wird ja kritisch diskutiert, während neue Biokraftstoffe aus Abfällen oder Reststoffen weiter auf sich warten lassen. Die Nutzung von Erdöl belastet die Umwelt und insbesondere das Klima. Sehen Sie da eine Lösung? Eine Pauschallösung gibt es nicht. Wichtig ist, dass wir noch effizienter mit dem Rohstoff Öl umgehen. Das betrifft sowohl den Einsatz

als Brennstoff wie auch als Kraftstoff. Da tut sich ja auch viel. Wichtig wäre ein international abgestimmtes Vorgehen. Dazu sollte sich die Weltgemeinschaft auf verbindliche Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen einigen. Ein Weltmarktpreis für CO2-Emissionen, zum Beispiel über den Emissionshandel, wäre hilfreich, um Emissionen dort zu vermeiden, wo dies am günstigsten ist. Was kann ein jeder von uns tun, um dem Klima zu helfen? Niemand kann allein die Welt retten, so viel ist sicher. Aber jeder kann einen wichtigen persönlichen Beitrag dazu leisten, der auch nicht weh tut. Es geht gar nicht darum im Winter zu frieren, weil man die Heizung abgedreht hat, oder ständig mit einem schlechten Gewissen Auto zu fahren. Eine intelligente und bewusste Nutzung von Energie kann da schon viel helfen. Die wichtigsten Verhaltensmaßnahmen sind ja allgemein bekannt: Raumtemperatur bei 20 Grad, richtig (Stoß-)Lüften, das Auto bewusst nutzen und eine Kraftstoff sparende Fahrweise pflegen. Wenn künftig in Deutschland weniger Öl verbraucht wird, werden dann überhaupt noch Fachkräfte gebraucht? Auf jeden Fall. Die Mineralölwirtschaft bietet ein breites Spektrum an Berufsbildern. Ein Studium der Geowissenschaften, der Chemie oder ein Ingenieurstudiengang bietet interessante Jobmöglichkeiten, auch Betriebswirte werden gebraucht. Besonders gefragt sind Facharbeiter, hier gibt es zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten. Außerdem erwirbt man Fachwissen, das einen auch für andere Aufgaben qualifiziert. Herr Dr. Bardt, vielen Dank für das Gespräch. * Mit Tight Oil bezeichnet man Rohöl, das in Muttergesteinen geringer Durchlässigkeit (z. B. dichter Sandstein) gespeichert ist. Tight Oil wird meist mittels Fracking gefördert (siehe auch Tight Gas).

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Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

METHODISCHE UND DIDAKTISCHE HINWEISE FÜR DEN EINSATZ IM UNTERRICHT

Im Zusammenhang mit dem Rohstoff Erdöl kristallisieren sich zahlreiche Fragestellungen heraus, die Schülerinnen und Schüler in ihrem Lebensumfeld persönlich betreffen. Gerade die in der Öffentlichkeit immer wieder präsente Diskussion um die Endlichkeit der fossilen Rohstoffe macht es erforderlich, dass Schülerinnen und Schüler genauere Einblicke in die wichtigsten Fragen um den Energiemix der Zukunft erhalten, um sich so kompetent an der Diskussion über eine wirtschaftliche und umweltschonende Energieversorgung beteiligen zu können. Dazu bietet das vorliegende Bildungsmaterial einen Materialpool, der ab der 8. Klasse eingesetzt werden kann. Das Material besteht aus zwei Teilen – dem Magazinteil und den Arbeitsblättern –, es vermittelt einen vertieften Einblick in die komplexen technologischen Prozesse und vermittelt Kenntnisse aus verschiedenen Fachdisziplinen wie Chemie, Physik, Geografie, Politik oder Wirtschaftslehre. Sowohl der Magazinteil als auch die Arbeitsblätter können von Ihren Schülerinnen und Schülern genutzt werden. Der Magazinteil bereitet das Grundlagenwissen im Zusammenhang mit der Nutzung von Erdöl bzw. Mineralöl auf: Zahlen und Fakten zu Mineralöl in Deutschland, Bedeutung von Erdöl bzw. Mineralöl für Deutschland, Entstehung von Erdöl, Erkundung von Lagerstätten, Förderung, Transport und Verarbeitung von Rohöl sowie Herausfor-

derungen an die Mineralölwirtschaft in Deutschland. Dieser Teil ist überwiegend informativ gehalten und orientiert sich bei der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themen neben wissenschaftlichtechnischen auch an gesellschaftlichen Fragestellungen. Dabei wird das Thema Mineralöl anhand unterschiedlicher Aspekte betrachtet. Daraus ergibt sich ein fächerübergreifender Blickwinkel, der das vernetzte Denken fördert. Der Umgang mit globalen und komplexen Entwicklungen erfordert eine Anpassung bisheriger Verhaltensweisen und Handlungsstrategien auf der Grundlage von fundiertem Fachwissen und Beurteilungsvermögen. Insbesondere Aspekte der Nachhaltigkeit sollten dazu angesprochen werden und dazu überleiten, Alternativen zur Nutzung von Mineralöl zu diskutieren. Das vorliegende Material hilft Schülerinnen und Schülern dabei, sich argumentativ an der öffentlichen Debatte um eine nachhaltige Ressourcennutzung zu beteiligen und eigene Verhaltensweisen zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zu reflektieren. Die Arbeitsblätter unterstützen die selbstständige Auseinandersetzung mit den im Magazinteil angesprochenen Themen und ermöglichen einen Erwerb von inhaltsbezogenen und prozessbezogenen Kompetenzen. Wirtschaftliche und technologische Prozesse werden nachvollziehbar und deren Zusammenhänge verständlich.

LEHRPLANANBINDUNG

GEOGRAFIE

Das Thema „Erdöl“ ist unter der Rubrik „Rohstoffe“ in den unterschiedlichen deutschen Lehrplänen fest verankert. Das vorrangige Ziel ist dabei eine bewusste und kritische Auseinandersetzung mit der Verfügbarkeit und Nutzung der Ressource Erdöl. Das vorliegende Bildungsmaterial ist primär für den Einsatz im Fach Geografie und in den naturwissenschaftlichen Fächern Chemie und Physik vorgesehen. Aber auch in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern wie Politik, Gesellschaftslehre oder Wirtschaft lassen sich die Materialien gewinnbringend einsetzen.

Entstehung von Erdöl und Erdöllagerstätten, Exploration, Förderung und Transport von Rohöl. Ökologische Folgen des Erdölabbaus und der Verarbeitung sowie die Nutzung von Erdölprodukten im Alltag. Strukturwandel unter dem Einfluss moderner Techniken und industrieller Produktionsweisen. Natürliche Grenzen des Wirtschaftens.

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CHEMIE, PHYSIK Struktur und Aufbau von Kohlenwasserstoffen. Destillation und weitere Verarbeitung von Rohöl zu Mineralölprodukten. Bedeutung des Erdöls als Rohstoff und Energieträger.

GESELLSCHAFT, POLITIK, WIRTSCHAFT Wirtschaftliche Fragestellungen rund um das Thema Erdöl und Mineralöl. Bedingungen des Wandels in einer globalisierten Welt. Grundlagen von Produktionsabläufen. Kampf um Macht und Ressourcen.


LERNZIELE UND KOMPETENZEN Die Schülerinnen und Schüler sollen: die Entstehung der Rohstoffe Erdöl und Erdgas beschreiben, verschiedene Arten von Erdöl- und Erdgaslagerstätten unterscheiden, Methoden der Erkundung von Lagerstätten mittels verschiedener Verfahren erklären, die Bedeutung von Erdöl für die globale Wirtschaft und für ihr eigenes tägliches Leben beurteilen, den Einfluss ihres eigenen Handelns auf die Umwelt analysieren und Möglichkeiten eines verantwortungsbewussten und nachhaltigen Umgangs mit Erdöl bzw. Mineralöl erörtern,

ÜBERSICHT DER ARBEITSBLÄTTER

verschiedene technische Möglichkeiten der Förderung von Erdöl und Erdgas an Land und im Meer darstellen, die Risiken, die bei der Förderung, dem Transport und der Verarbeitung von Rohöl und Erdgas entstehen, beurteilen, die Nutzung von Erdöl und Erdgas als wichtige Rohstoffe für die petrochemische Industrie, die verarbeitende Industrie und als vielfältige Energieträger erörtern, sich kritisch mit dem eigenen Konsumverhalten und dem daraus resultierenden Verbrauch von Erdöl auseinandersetzen, sich mit den aktuellen Herausforderungen der Ressourcennutzung beschäftigen und Lösungsansätze entwickeln, die Notwendigkeit nachhaltiger Ressourcennutzung von Rohstoffen erörtern, Energieträger und wichtige Rohstoffe für die chemische Industrie beschreiben, die Vor- und Nachteile von Rohstoffen und Produkten erkennen, diskutieren und bewerten, den häuslichen Energiebedarf und dessen Verteilung realistisch einschätzen, ihre Kenntnisse zur Beurteilung von Energiesparmaßnahmen nutzen, über einen altersgemäß ausgeschärften Energiebegriff verfügen, wertend Stellung zu Möglichkeiten nachhaltiger Energienutzung nehmen.

Arbeitsblatt 1: Die Entstehung von Erdöl Arbeitsblatt 2: Die atmosphärische Destillation Arbeitsblatt 3: Der Ölpreis Arbeitsblatt 4: Biokraftstoffe – eine Alternative? Arbeitsblatt 5: Energie, Wachstum und CO2 Arbeitsblatt 6: Oktanzahl und Verzweigung

27


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Arbeitsblatt 1: DIE ENTSTEHUNG VON ERDÖL

A

1

Im Laufe von Jahrmillionen wurden die Torflagen mit sandigen und tonigen Gesteinsschichten überlagert. Durch die weitere Sedimentation gelangte das Muttergestein in tiefere Schichten. Dort wurden die erhalten gebliebenen organischen Bausteine unter hohem Druck und hohen Temperaturen in komplexen Prozessen zu Erdöl umgewandelt.

B Ausgangsmaterial für die Entstehung von Erdöl sind große Mengen abgestorbener organischer Substanzen. Das organische Material sank auf den Meeresgrund ab, blieb unter Luftabschluss als Faulschlamm erhalten und formte im Laufe von Jahrtausenden mächtige Sedimentlagen, aus denen sich das Muttergestein für Erdöl bildete.

2

C Oft verblieb das Erdöl nicht im Muttergestein, da es durch die Last der darüber liegenden Schichten zusammengepresst wurde. So stieg es durch die Poren durchlässiger Schichten oder entlang von Klüften nach oben bis zu undurchlässigen, abdeckenden Gesteinsschichten (Migration). Dort sammelte sich das Erdöl in Lagerstätten an.

3

AUFGABEN 01. Ordnen Sie die Textbeschreibung den einzelnen Schaubildern zu. 02. In welchen Phasen der Erdgeschichte entstand das meiste Erdöl, das wir heute fördern? 28


Arbeitsblatt 2: DIE ATMOSPHÄRISCHE DESTILLATION

Dampf

Dampf

AUFGABEN 01. Setzen Sie folgende Begriffe in der Grafik ein. Trennböden, Röhrenofen, Rohöl, Rückstand, Benzine, Flugkraftstoff, Leichtes Heizöl, Diesel, Gase 02. Mit welchem Verfahren wird der atmosphärische Destillationsrückstand weiter aufbereitet? 29


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Arbeitsblatt 3: DER ÖLPREIS Eine der wichtigsten Einflussgrößen der globalen Weltwirtschaft ist der Rohölpreis. Auf die Verbraucher wirkt er sich direkt durch die Preise für Benzin, Diesel und Heizöl aus. Der Ölpreis unterliegt immer wieder erheblichen Schwankungen, wenn Angebot und Nachfrage aus dem Gleichgewicht geraten. Die Gründe dafür sind vielfältig:

Angebot steigt

Nachfrage steigt

- Neue Fördertechniken (Stichwort „Fracking“) - Erschließung neuer Fördergebiete - Erhöhung der Fördermengen

- Wohlstandsfortschritt in großen Wirtschaftsregionen (z. B. China) - Globale Konjunktur „brummt“

Angebot sinkt

Nachfrage sinkt

- Konflikte oder Naturkatastrophen in wichtigen Fördergebieten - Erschöpfung bedeutender Lagerstätten - Politisch gewollte Verknappung (z. B. Ölkrise 1973)

- Wirtschaftlicher Abschwung in großen Wirtschaftsregionen - Sinkende Nachfrage durch Effizienzsteigerungen bzw. Einsparungen

Der Ölpreis richtet sich aber nicht nur nach Angebot bzw. Nachfrage, sondern auch danach, welche Entwicklungen auf der Angebotsbzw. Nachfrageseite die Marktteilnehmer in der Zukunft erwarten – die marktpsychologischen Aspekte des Ölpreises.

ENTWICKLUNG DES ÖLPREISES IN DEUTSCHLAND

Quelle: Stat. BA, EZB, IWF; Berechnungen: Economic Trends Research

Nominal

€/bbl

Real

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1970

1974

1978

1982

1986

1990

1994

1998

2002

2006

2010

AUFGABEN 01. Der Ölpreis lag Anfang 2015 bei unter 50 US-Dollar pro Barrel und damit real um rund 30 US-Dollar niedriger als zu Beginn der 1980er-Jahre. Recherchieren Sie im Internet die Gründe für den Preisverfall. 02. Entwickeln Sie eine Prognose für die langfristige Entwicklung des Ölpreises. Begründen Sie Ihre Stellungnahme. Beachten Sie auch die Aussagen des Interviews in diesem Magazin. 30

2014


Arbeitsblatt 4: BIOKRAFTSTOFFE – EINE ALTERNATIVE?

Durch ihre hohe Energiedichte und leichte Handhabbarkeit sind die Kraftstoffe Benzin und Diesel die Energiequelle der Wahl im Straßenverkehr. Die EU-Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass damit Treibhausgasemissionen und die Abhängigkeit von Ölimporten verbunden sind. Biokraftstoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Verringerung dieser Effekte. Nach Untersuchungen der EU-Kommission, soll aber die Verringerung der Treibhausgasemissionen durch Biokraftstoffe geringer sein als bisher angenommen. Grund dafür sei, dass Rohstoffe für Biokraftstoffe auf Flächen ange-

baut werden, die eigentlich für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt wurden. Die Nahrungsmittel werden dann auf bisher nicht genutzten Naturflächen angebaut. Gleichzeitig verursacht die Vorbereitung der Naturflächen zur Nahrungsmittelproduktion hohe Treibhausgasemission. Mit zusätzlichen Vorschriften für Biokraftstoffe soll diesen Effekten entgegen gewirkt werden. Die anhaltende Diskussion über die Konkurrenz zwischen Biokraftstoffen, Ernährung und Naturschutz belastet die Akzeptanz der Biokraftstoffe auch in Deutschland ganz erheblich.

ENTWICKLUNG BIOKRAFTSTOFFE IN DEUTSCHLAND Quelle: BAFA; BMF, FNR (2014)

in 1.000 t

4,0 Mio. t

4.000

3.000

4,6 Mio. t 3,7 Mio. t

3,4 Mio. t

3,8 Mio. t

3,7 Mio. t

3,8 Mio. t

3,4 Mio. t Biokraftstoffanteil* Pflanzenöl Biodiesel Hydrierte Pflanzenöle (HVO) Ethanol Biomethan

2,2 Mio. t

2.000

1.000

0

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

3,7 %

6,3 %

7,4 %

6,0%

5,6 %

5,8 %

5,6 %

5,7 %

5,3 %

* Anteil am gesamten Kraftstoffverbrauch in Deutschland

AUFGABEN 01. Beschreiben Sie mithilfe der Grafik die Entwicklung der Nutzung von Biokraftstoffen. 02. Biokraftstoffe sind „eine umweltfreundliche und nachhaltige Alternative zu Erdöl“. Nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage. 03. E10 – der Begriff ist mittlerweile allen Autofahrern geläufig. Recherchieren Sie die Hintergründe dazu. Was versteht man unter E10, warum wurde der Begriff eingeführt und was hat der Gesetzgeber damit beabsichtigt? 04. Teller oder Tank? Die Diskussion um den Anbau von Energiepflanzen ist voll entbrannt. Erstellen Sie ein Thesenpapier, das die wichtigsten Diskussionspunkte aufführt. 31


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

Arbeitsblatt 5: ENERGIE, WACHSTUM UND CO2

Mineralöl ist bis heute der wichtigste Energielieferant der modernen Industriegesellschaft und somit auch eine unverzichtbare Grundlage für ein funktionierendes und leistungsfähiges Wirtschaftssystem. Es ist für Wohlstand und Arbeitsplätze wichtig und Grundlage für Bildung, medizinische Versorgung und sichere Sozialsysteme. Gleichzeitig stellen der Schutz der Umwelt und des Klimas und die Sicherheit einer verlässlichen Energieversorgung zu bezahlbaren Preisen wichtige gesellschaftliche Ziele dar. Um den energie- bzw. klimapolitischen Entwicklungsstand eines Landes zu beurteilen, ist

die alleinige Betrachtung des Energieverbrauchs oder der CO2-Emissionen nicht ausreichend. Viel aussagekräftiger ist vielmehr das Verhältnis von Energieverbrauch bzw. CO2Emissionen je Euro Wirtschaftsleistung (= Energieintensität bzw. CO2-Intensität). In vielen OECD-Ländern ist seit Jahren ein Rückgang der Energieintensität bzw. CO2-Intensität zu beobachten – in Deutschland ist das besonders deutlich zu erkennen. Wesentliche Treiber dieser Entwicklung sind Effizienzfortschritte bei der Industrieproduktion sowie im Verkehr und in der Heizungstechnik.

ENTKOPPLUNG VON WIRTSCHAFTSWACHSTUM UND ENERGIEVERBRAUCH Quelle: BMWi (2014)

1990 = 100 140 130

Wirtschaftswachstum

120 110

Primärenergieverbrauch

100 90 80

Energieintensität

70 60 50 1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006

2008

2010

AUFGABEN 01. Erklären Sie die Begriffe „Energieintensität“ bzw. „CO2-Intensität“. Stellen Sie die Begriffe in einen Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum, Klimaschutz und Effizienzsteigerung. Nutzen Sie dazu seriöse Informationsangebote im Internet wie z. B. www.umweltbundesamt.de, www.bmwi.de und www.ag-energiebilanzen.de. 02. Was versteht man unter dem Fachbegriff „Carbon Leakage“? Welcher Zusammenhang besteht zum Emissionshandel, der Wettbewerbsfähigkeit und dem Wirtschaftswachstum? Auf den Webseiten der Europäischen Kommission und der Deutschen Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt (DEHSt) finden Sie weitere Informationen. 32

2012


Arbeitsblatt 6: OKTANZAHL UND VERZWEIGUNG

In den Zylindern eines Motors wird das verdichtete Benzin-Luft-Gemisch durch den Funken der Zündkerze gezündet. Die Flammfront breitet sich in den Zylinder aus und verdichtet und erwärmt das noch unverbrannte Benzin-Luft-Gemisch. Dies kann zur Zündung von Bestandteilen des Benzins führen, bevor diese von der Flammfront erreicht werden. Dadurch steigt der Druck im Zylinder plötzlich an. Die harten Druckstöße erzeugen Klopfgeräusche, verringern die Leistung des Motors und erhöhen den Verschleiß. Die Klopffestigkeit des Benzins ist von seiner Zusammensetzung abhängig. Alkane aus kettenförmigen und unverzweigten Molekülen sind klopffreudig, da sie sich schon bei niedrigen Temperaturen entzünden. Sie sind umso klopffester, je mehr Verzweigungen die Moleküle aufweisen. Der Widerstand gegen die Selbstentzündung – die Klopffestigkeit – von Ottokraftstoffen wird über die Oktanzahl (OZ) definiert. Um die Klopffestigkeit von Benzinen vergleichen zu können, benutzt man das besonders klopffeste 2,2,4-Trimethylpentan (Isooctan) als Maß für die Klopffestigkeit. Es erhielt die Oktanzahl 100, das klopffreudige n-Heptan die Oktanzahl 0. Grundsätzlich haben leichtere Kohlenwasserstoffe eine höhere Oktanzahl als schwerere. Verhält sich ein Kraftstoff wie ein Gemisch aus 20 Prozent Heptan und 80 Prozent Isooctan, so hat er die Oktanzahl 80. Die bei der Destillation gewonnenen Benzinfraktionen haben meist zu niedrige Oktanzahlen. Um die Oktanzahl zu erhöhen, leitet man das Benzin bei 500° C über Platinkatalysatoren. Dabei werden kettenförmige und unverzweigte Kohlenwasserstoffmoleküle in verzweigte und ringförmige Moleküle umgewandelt.

n-Heptan

OZ = 0

2-Methylhexan

2,3-Dimethylpentan

2-Methylheptan

n-Octan

2,3-Dimethylhexan

AUFGABEN

2,2,4-Trimethylpentan (Isooctan) OZ = 100

01. Ordnen Sie die dargestellten Isomere nach steigender Oktanzahl. Beachten Sie dabei die jeweilige Kettenlänge und den Verzweigungsgrad! 02. In Deutschland wurden bis 1985 dem Benzin Bleiverbindungen (zur Erhöhung der Oktanzahl) zugesetzt. Informieren Sie sich über die Hintergründe und erläutern Sie, warum verbleites Benzin letztendlich verboten wurde.

33


Z E I T B I L D W I S S E N

MINERALÖL

GLOSSAR BARREL

befreite Erdöl bezeichnet. Erdöl findet sich haupt-

aus einen wesentlichen Teil des Ölbedarfs anderer

Traditionelles Maß aus der Frühzeit der Ölindustrie,

sächlich fein verteilt in Sandstein und klüftigem

Länder. Die OPEC hatte sich bei ihrer Gründung

als Rohöl ausschließlich in Fässern transportiert

Kalkstein, der von undurchlässigen Schichten

zum Ziel gesetzt, im gegenseitigen Interesse

wurde. Ein Barrel entspricht rund 159 Litern. Es hat

bedeckt ist, in Ölschiefern und in Ölsanden.

eine gemeinsame Ölpolitik zu betreiben. Heraus-

für das Ölgeschäft eine große Bedeutung. Förder-

ragende politische Bedeutung erhielt die OPEC

statistiken werden in Barrel-Einheiten veröffentlicht,

FÖRDERTECHNIKEN

in den 1970er-Jahren, als sie durch schockartige

die Preisfestlegung erfolgt in Dollar je Barrel.

Das in einer Lagerstätte vorhandene Erdöl kann

Preiserhöhungen die Geschehnisse am Welt-

nicht in vollem Umfang gewonnen werden.

ölmarkt bestimmte. Gründerstaaten der OPEC

BENZIN

Im Weltdurchschnitt beträgt der Entölungs-

sind Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Vene-

Benzine sind Kohlenwasserstoffe des Rohöls, die

grad heute gegenwärtig zwischen 35 und 40 %.

zuela. Später kamen noch die Vereinigten Ara-

im Bereich von 35° C bis 210° C sieden. Die Be-

Ein Teil des Erdöls kann durch den natürlichen

bischen Emirate, Indonesien, Libyen, Algerien,

zeichnung ist ein Sammelbegriff für Rohbenzin

Lagerstättendruck gefördert werden (primäre För-

Nigeria, Ecuador, Katar und Gabun hinzu. Ecua-

(Naphtha), im allgemeinen Sprachgebrauch ist es

derung). Zu den sekundären Verfahren zählt v. a. das

dor und Gabun sind 1992 bzw. 1996 aus der OPEC

die übliche Bezeichnung für Ottokraftstoff. Seit

Einpressen von Wasser oder Gas in die Lagerstätte.

ausgeschieden.

1997 wird in Deutschland nur bleifreies Benzin ange-

Zur tertiären Förderung gehören die thermischen

boten, seit 2003 ist er zudem schwefelfrei.

Verfahren, wie z. B. die Injektion von Dampf oder hei-

OTTOKRAFTSTOFF

ßem Wasser. Außerdem können chemische Substan-

Ottokraftstoff ist die offizielle Bezeichnung für

BIOKRAFTSTOFFE

zen wie Polymere und Tenside eingesetzt werden.

Normal-(Regular-) und Super-(Premium-) Kraft-

Sammelbegriff für alle Kraftstoffe, die aus Biomasse

Tertiäre Fördertechniken sind außerordentlich teuer,

stoffe für Vergaser- und Einspritzmotoren mit

hergestellt werden. Derzeit kommen in Deutsch-

ihre Wirtschaftlichkeit hängt vom Rohölpreis ab.

Fremdzündung (Ottomotoren). Wichtigste Kri-

land hauptsächlich Biodiesel und Ethanol zum

Mit der Weiterentwicklung der Fördertechniken

terien der Ottokraftstoffe sind Klopffestigkeit,

Einsatz. Biogas und Pflanzenöl sind in ihrer Anwen-

wurden Horizontalbohrungen möglich, sie verbes-

hoher Energiegehalt, gute Vergasbarkeit und

dung auf spezielle Kraftfahrzeuge beschränkt und

sern deren Erschließbarkeit. Hinzu kommen „Exten-

geringe Rückstandsbildung im Kraftstoffsystem

haben daher einen sehr begrenzten Anteil.

ded reach“-Bohrungen: Mit diesen weit abgelenkten

und im Motor.

Bohrungen erreicht man Lagerstätten, die ohne

BITUMEN

diese Technik nicht erschlossen werden könnten.

Als Bitumen werden Rohölbestandteile bezeichnet,

PETROCHEMIE Als Petrochemie wird die auf Erdölbasis arbei-

die auch in der Vakuumdestillation nicht verdampf-

HEIZÖL

tende Erzeugung von chemischen Primärpro-

bar sind. Bitumen findet Verwendung im Straßenbau

Heizöl aus Rohöl wird in zwei Sorten unterteilt:

dukten bezeichnet. Rohstoff der Petrochemie ist

sowie für Isolierungen und Dichtungsbahnen.

leichtes Heizöl und schweres Heizöl. Leichtes

in erster Linie Rohbenzin. In besonderen Fällen

Heizöl, das wie Dieselkraftstoff zur Gruppe der

kommen auch Mitteldestillate oder Destillations-

DIESELKRAFTSTOFF

Mitteldestillate gehört, siedet zwischen 200° C

rückstände in Betracht. Es werden vorwiegend

Dieselkraftstoff wird aus Kohlenwasserstoffen des

und 360° C und kann ohne Vorwärmung in Öfen,

Kunststoffe, aber auch Weichmacher, Waschroh-

Rohöls hergestellt, die etwa zwischen 200° C und

Zentralheizungen und industriellen Feuerungs-

stoffe, Lösemittel und Vorprodukte für die chemi-

360° C sieden. Dieselkraftstoff gehört zu den soge-

anlagen verbrannt werden. Vom Verbrauch an

sche Weiterverarbeitung erzeugt.

nannten Mitteldestillaten. An deutschen Tankstellen

leichtem Heizöl entfallen etwa 60 % auf die pri-

wird nur Diesel mit einem Schwefelgehalt unter

vaten Haushalte, 30 % auf das Gewerbe und

PETROLEUM

10 ppm (Bezeichnung: schwefelfrei) angeboten.

knapp 8 % auf die Industrie. Der Rest (2 %) dient

Wortbildung aus petros (griech.) = Fels und oleum

Hauptverbrauchssektoren sind der Straßenverkehr

zur Strom-, Fernwärme- und Gaserzeugung.

(lat.) = Öl, also Felsöl/Steinöl. Petroleum ist eine

(rund 85 %, davon Lkw 2/3, Pkw 1/3), die Land-

Schweres Heizöl muss für Transport und Verbren-

als Brennstoff, als Leuchtöl und zu Putzzwecken

wirtschaft (rund 6 %) sowie die Binnenschifffahrt

nung vorgewärmt werden. Vom Verbrauch an

benutzte Fraktion der Rohöldestillation im Siede-

einschließlich Fischerei (rund 2 %). Der Rest entfällt

schwerem Heizöl entfallen rund 62 % auf die che-

bereich von etwa 150° C bis 250° C. Hauptver-

auf den Schienenverkehr (Bahn) und auf den Be-

mische Industrie, 12 % werden in der Eisen- und

wendungszweck von Petroleum ist der Einsatz

trieb von Baumaschinen und stationären Motoren.

Stahlerzeugung und 2 % für die Stromerzeugung

als Flugturbinenkraftstoff. Die englische Bezeich-

in öffentlichen Elektrizitätswerken eingesetzt.

nung für Petroleum ist Kerosin (Kerosene). „Pe-

ERDÖL

Schweres Heizöl darf nur mit Schwefelgehalten

troleum“ in englischsprachigen Texten bedeutet

Ein natürlich vorkommendes Gemisch aus Koh-

unter 1 % verwendet werden, leichtes Heizöl ist

„Mineralöl“.

lenwasserstoffen

auf Schwefelgehalte von 0,1 % begrenzt.

verschiedenster

Zusammen-

setzung, mit unterschiedlichen Molekülgrößen,

PIPELINE

das unter Lagerstättenbedingungen flüssig ist.

OPEC

Außer Kohlenstoff und Wasserstoff kommen in

Die OPEC (Organization of the Petroleum Exporting

setzten Rohölmengen werden durch Rohölfern-

geringerer Menge und in unterschiedlicher Kon-

Countries) wurde 1960 gegründet und hat ihren

leitungen transportiert. Daneben dienen Fernlei-

zentration Schwefel, Stickstoff und Sauerstoff

Geschäftssitz in Wien. In den Mitgliedsländern

tungen auch dem Transport von Halbfertig- und

vor. In chemischer Bindung sind außerdem die

dieser Organisation lagern rund zwei Drittel der

Fertigprodukten zwischen den Raffineriezentren.

Metalle Vanadium und Nickel in Spuren enthalten.

nachgewiesenen Weltölreserven. Die OPEC-Mit-

Das Rohölfernleitungsnetz in Deutschland hat

Mit Rohöl (Crude Oil) wird das von leichten Gasen

glieder decken weit über den eigenen Bedarf hin-

eine Gesamtlänge von über 2.000 km.

34

Rund 80 % aller in deutschen Raffinerien einge-


IMPRESSUM ZEITBILD WISSEN Mineralöl in Deutschland, Juni 2015

HERAUSGEGEBEN VON Zeitbild Verlag und Agentur für Kommunikation GmbH, in Zusammenarbeit mit dem Mineralölwirtschaftsverband e. V.

GESAMTHERSTELLUNG Zeitbild Verlag und Agentur für Kommunikation GmbH, Kaiserdamm 20, 14057 Berlin, www.zeitbild.de

VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT Frank J. Richter

BILDNACHWEIS S. 23: BP Europa SE; S. 24: Institut der deutschen Wirtschaft Köln; S.24/25: BP Europa SE

DRUCK DCM Druckcenter, Meckenheim Printed in Germany

GESTALTUNG UND GRAFIKEN KAMA GbR, Berlin, www.visual-kama.de

Lösungshinweise zu den Arbeitsblättern Arbeitsblatt 1, Aufgabe 01: 1-B; 2-A; 3-C Arbeitsblatt 1, Aufgabe 02: 350 bis ca. 250 Mio. Jahre und ca. 140 bis ca. 30 Mio. Jahre vor unserer Zeitrechnung Arbeitsblatt 2, Aufgabe 01: siehe Magazinteil, Seite 21 Arbeitsblatt 2, Aufgabe 02: Vakuum-Destillation Arbeitsblatt 3, Aufgabe 01: Die allgemein schwache globale Konjunktur drückt weltweit auf die Nachfrage, während das Angebot massiv steigt. In den USA wurde mit der neuen Technologie „Fracking“ (Gewinnung von Schieferöl) die Ölförderung in den letzten Jahren um 70 Prozent erhöht – aktuell sind die USA wichtigster Ölförderer der Welt. Arbeitsblatt 4, Aufgabe 03: E10 ist ein Ottokraftstoff, der einen Anteil von bis zu 10 % Bioethanol enthält. Die Beimischung von Bioethanol in fossilen Ottokraftstoff dient der Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Biokraftstoff-Quote und soll den Verbrauch fossiler Energie und CO2-Emissionen reduzieren. Arbeitsblatt 5, Aufgabe 01: Die Energieproduktivität gibt das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt und Energieverbrauch wieder. Sie kann als Maßstab für die Effizienz im Umgang mit Energieressourcen dienen. Die CO2-Intensität ist das Verhältnis von CO2-Emissionen zu realem Bruttoinlandsprodukt. Arbeitsblatt 5, Aufgabe 02: „Carbon Leakage“ beschreibt den Umstand, dass Unternehmen ihren Standort außerhalb der EU verlagern, um der Teilnahme am EU-Emissionshandel und den damit verbundenen Kosten zu entgehen. Arbeitsblatt 6, Aufgabe 01: n-Octan > 2-Methylheptan > 2-Methylhexan > 2,3-Dimethylhexan > 2,3-Dimethylpentan

35


LESETIPPS

LINKTIPPS

Das Buch vom Erdöl Deutsche BP (Hrsgb.) Verlag Reuter + Kloeckner; 5. Auflage (2000) ISBN-10: 3921174104

Publikationen des Mineralölwirtschaftsverbandes www.mwv.de/index.php/service/publikationen

Erdöl: Die Macht des schwarzen Goldes John Fardon Gerstenberg Verlag; 1. Auflage (2008) ISBN-10: 3836955555

Statistiken, Grafiken, Preise www.mwv.de/index.php/daten

Webangebote der Mitgliedsunternehmen des MWV (Auswahl)

Die Welt der Rohstoffe: Lagerstätten, Förderung und wirtschaftliche Aspekte Florian Neukirchen Springer Spektrum; 1. Auflage (2014) ISBN-10: 3642377386

www.bp.com/de_de/germany.html

Faktor Öl Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974 Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes C. H. Beck Verlag, München 2003 ISBN 9783406502767

gunvor-raffinerie-ingolstadt.de/hp1/Startseite.htm

www.eni.com/de_DE/deutschland/eni-in-deutschland.html www.exxonmobil.com/germany-german/pa/default.aspx

www.elementare-vielfalt.de/kmu/profil/holborn-europaraffinerie-hamburg-70 www.jet-tankstellen.de

Mineralöle und verwandte Produkte Carl Zerbe 2. neubearb. u. erw. Aufl. (1969) Springer Verlag, Berlin-Göttingen-Heidelberg Erdöl-Lexikon K. Kramer 5., wesentlich erweiterte Auflage (1971) Hüthig Verlag

www.omv.com www.orlen-deutschland.de www.heiderefinery.com www.shell.de www.total.de

Der Preis Daniel Yergin Fischer Verlag (1993)

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