«Was ist mir? ... Er ist es, Er, der mich in Seinem Bann hält und meine Gedanken den Weg in die Bereiche des Wahnsinns gehen heißt. Er ist in mir, wird zu meiner Seele. Ich werde ihn töten.»
Guy de Maupassant (1850 – 1893): Der Horla in: Unheimliche Geschichten | Manesse Bibliothek der Weltliteratur Zürich | 1956 | S. 452
02
stimmen im kopf
Susanna Filep | Bachelor-Thesis | Theorie | ZHdK Departement Design | Vertiefungsrichtung Scientific Visualization Fr端hlingssemester 2008 | Niklaus Heeb, Karin Seiler, Gerd Helge Vogel
Inhaltsverzeichnis 04
Einleitung Schizophrenie Symptome
Positive Symptome
Negative Symptome
Psychomotorische Symptome
Diagnose
Erklärungsversuche Behandlung
Bildergeschichten 28 Seitenlayout 28
Seitenaufbau Bildausschnitt 30 Induktion 31 Panelübergänge 32 Panel als Zeitrahmen 34 Bildgestaltung 35 Reduktion und Realismus 35 Figur 35 Umgebung 36 Textgestaltung 36 Die sieben Kategorien für Texteinsatz 36 Sprechblasen 37 Farbe 37 Bedeutung 37 Farbstimmung 37 Farbauftrag 29
Bildanalyse 42 Komm zurück, Mutter 51 Viriconium
71 自殺 サークル ‒ Suicide Circle 85 G.O.D
Fazit 90 Erkenntnisse
95 Einblick–Ausblick
Quellen
Einleitung
Vernichtung immer kurz bevorsteht.» 1
Leben gelingen wird, weil die Gesetze alle gegen dich sind, und dass deine endgültige
du denkst. Es heisst zu wissen, dass du ständig ‹beobachtet› wirst, dass dir nichts im
Mädchen zu beobachten, das deine Kleider trägt und die Handlungen ausführt, die
im eigenen Kopf und sähest dir zu, wie du über dein Gehirn spazierst, oder ein anderes
ist, auf Konferenzen zu sprechen. Es heisst, manchmal das Gefühl zu haben, du seist
stellt und dir die Gedanken ständig aus dem Kopf gesaugt werden, sodass es dir peinlich
Es heisst, geradeaus zu denken, wenn sich ein Labyrinth von Wahrnehmungen in den Weg
irreal aufteilen zu müssen und manchmal nicht zu wissen, wo sich die Kanten überlappen.
«Es heisst Erschöpfung und Verwirrung, es heisst, jede Wahrnehmung in real und
gesagt, aber was bedeutet das für einen Betroffenen?
eine Art Spaltung der eigenen Gefühle vorliegt. Dies alles ist leicht
Persönlichkeitsspaltung. Die Wahl des Wortes sollte verdeutlichen, dass
der Seele und nicht, wie noch heute oft fälschlich angenommen, eine
nicht. Was ist Schizophrenie überhaupt? Die Schizophrenie ist die Spaltung
Gesichter von einem Schizophrenen darstellen.» Aber so einfach ist das
ich Sätze wie: «Oh, das ist spannend, da kannst du ja die verschiedenen
zu hören, was andere, Laien, mit dieser Krankheit verbinden. Häufig hörte
zeichnen, in der es um Schizophrenie geht. Es war sehr interessant
darüber gesprochen, was ich vor hatte. Nämlich eine Bildergeschichte zu
Während den Recherchen zu meiner Arbeit habe ich mit vielen Leuten
06
DDiese betroffene Person beschreibt ein Gefühl, niemandem,
Bilder sagen manchmal mehr als Worte.
und Weise dargestellt werden.
komplexe Themen auf eine leicht verständliche, doch ein drückliche Art
leicht zugänglich zu machen. In Bilder ge schich ten können sehr
eine Geschichte zu verbildlichen und die Krankheit für ein breites Publikum
um Geschichten. Sehr individuelle Geschichten. So ist es naheliegend,
klare Symptome vorhanden sind, welche man illustrieren könnte. Es geht
Das Medium des Comics habe ich gewählt, da bei dieser Krankheit nicht
die nicht über dieses Wissen verfügen.» 2
«die mehr über ihre Psychosen wissen, über längere Zeiträume besser geht als solchen,
Tatsache, dass es Menschen,
die Krankheit zu sprechen und sie verstehen zu lernen. Es ist eine
der Behandlung der Schizo phre nie. Daher ist es auch sehr wichtig, über
das so einfach hinnehmen würde. Genau hier steckt das Dilemma in
und hätte sie mir nur ein gebildet? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich
ich reagieren, wenn man mir sagte, ich hätte gar keine Geschwister
nicht den ei genen Sinnen. Das ist sehr viel verlangt. Wie würde
verlangt der Psychiater von eben diesem Patienten, ihm zu vertrauen und
dass es real ist. Er vertraut seinem Gehör, so wie wir alle. Nun aber
phrenie patient also Geräusche hört die ihn beängstigen, dann nimmt er an,
Kind auf, dass wir immer auf diese vertrauen können. Wenn ein Schizo
sind unser Zugang zur Realität, zur Umwelt und wir lernen von
nicht mal mehr den eigenen Sinnen, vertrauen zu können. Unsere Sinne
08
1
Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 2001, S. 365
2
DeHert, Magiels, Thys: Das Geheimnis des Gehirnchips, Ein Selbsthilferatgeber f端r Menschen, die an Psychose leiden,
EPO Verlag, Antwerpen, 2000, S.3
10
vorhanden.)
raum andauert, ist eine Schizophrenie
(Wenn die Psychose über einen längeren Zeit-
sich in die reale Welt einzugliedern.
auf halten, umso schwieriger wird es für sie,
Je länger sie sich in ihrer eigenen Welt
und ziehen sich in ihre eigene Welt zurück.
an Halluzinationen oder Wahnvorstellungen
aus ge schlossen. Häufig leiden Schizophrene
sich aus der Welt, wie andere sie erleben,
die Um welt anpassen kann. Betroffene fühlen
so ver zerrt, dass man sich nicht mehr an
tung der Umweltreize wird gestört und
zur Realität. Die Wahrnehmung und Verarbei-
Psychose, an einem Verlust der Beziehung
Menschen mit Schizophrenie leiden an einer
eines Rückzugs von der Realität». 3
Spaltung zwischen Gedanken und Gefühlen und
«eines Zerfalls der Denkprozesse, einer
Aus druck benutzte Bleuler zur Bezeichnung
die «Geistesspaltung» bedeuten. Den
Eine Kombination aus griechischen Wörtern,
der «Schizophrenie» 1911 ihren Namen.
Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler gab
Schizophrenie
keiten der Betroffenen etwas weg) und psychomotorische Symptome. 4
etwas hinzu), negative Symptome (sie nehmen von den Fähig -
eingeteilt: positive Symptome (sie fügen der Welt der Betroffenen
Die Symptome der Schizophrenie werden in drei Klassen
Symptome
12
traurig... grausam...
... trauram
den Wörtern «traurig» und «grausam».
Ein Beispiel, das Bleuler zitiert ist «trauram». Zusammengesetzt aus
die nur eine Bedeutung für den Menschen ergeben, der sie braucht.
in Bildung von «Neologismen» zeigen. Neologismen sind erfundene Wörter,
machen zusammenhangslose Bemerkungen. Die Störung kann sich auch
einem Thema zum anderen, so dass man ihnen kaum mehr folgen kann und
eigentümliche Ausdrucksweise, sind zerstreut, springen also von
organisierte Denkmuster und Sprache». Das bedeutet, sie haben eine ganz
bedroht und angegriffen. Manche Schizophrene Menschen haben «des
es gebe eine Verschwörung gegen einen selber und man würde ausspioniert,
Vorstellungen. Sehr häufig ist dabei Verfolgungswahn. Man glaubt,
ihr ganzes Leben beherrscht und andere von mehreren unterschiedlichen
sind. Manche Personen können von einer einzigen Idee überzeugt sein, die
Gedanken, von denen sie überzeugt sind, die aber häufig völlig absurd
und Vorstellungen. Sie haben Wahnvorstellungen. Das heisst, sie haben Ideen,
Viele Schizophrene Personen entwickeln Störungen in ihren Gedanken
Positive Symptome
14
Als würden die Hände wachsen oder der Körper gestreckt.
Gefühl, im Körper ginge etwas Ungewöhnliches vor sich.
Haut krabbeln. Bei «Körperhalluzinationen» hat man das
Gefühl, Insekten wür den einem auf oder unter der
Form eines Kribbelns oder Brennens äussern. Man hat das
Es gibt auch «taktile Halluzinationen», die sich in
geben oder vor Gefahren warnen.
Stimmen, die ihnen vertraut oder fremd sind, die Befehle
sche Halluzination» genannt. Dabei hören Be troffene
Wahrnehmen von Geräuschen äussern und werden dann «akusti-
rung bei der Schizophrenie. Sie können sich durch das
wird. Halluzinationen sind die schwerste Wahrnehmungsstö-
dass obwohl äussere Reize fehlen, etwas wahrgenommen
wirklich Wichtige lenken könnten. Es kann aber auch sein,
flutet, dass sie ihre Aufmerksamkeit kaum auf das
Menschen denken, ihre Sinne würden von der Umgebung über
zo phrene verschärfte Empfindlichkeit der Sinne» 5 sei Schi
«das, was man fälschlich für Wahnsinn bei mir hält, nur eine
Allen Poes «Tell Tale Heart» sagt die Hauptperson, dass
luzinationen oder einer gesteigerten Wahrnehmung.In Edgar
Schizophrene Personen berichten auch häufig von Hal
gegenseitig bestätigt. 6
in seinem Essen halluzinieren. So haben sich der Wahn und die Halluzination
vorstellung haben, sie würde verfolgt werden und gleichzeitig ein Giftgeruch
sich gegenseitig bestärken. Eine Person kann beispielsweise die Wahn
zinationen und Wahnvorstellungen tauchen meist gemeinsam auf und können
rüche wahrnehmen, die sonst von niemandem wahrgenommen werden. Hallu
Essen schmecke seltsam, und Menschen mit «Geruchshalluzinationen», die Ge-
Es gibt auch Menschen mit «Geschmackshalluzinationen», die meinen das
verschwommene Farben und Formen sein, oder Visionen von nicht Vorhandenem.
«Visuelle Halluzinationen» können sehr verschieden sein. Es können
16
Verlust der Fähigkeit Bedürfnisse und Gefühle anderer Personen zuerkennen. 8
Menschen und Aktivitäten. Dies führt zu einem Zusammenbruch sozialer Fertigkeiten und dem
eigenen Ideen, kapseln sich von der Realität ab und vernachlässigen ehemals wichtige
Ein sozialer Rückzug ist ebenfalls nicht selten. Schizophrene beschäftigen sich nur mit ihren
ihnen schwer, ihr Leben in den Griff zu bekommen oder ihr Umfeld zu strukturieren.
zu treffen zeigt sich häufig bei Schizophrenen Personen. Sie werden apathisch. Es fällt
Willenlosigkeit, Verlust jeglicher Motivation oder die Unfähigkeit Entscheidungen
Das wird als «abgestumpfter Affekt bezeichnet».
oder andere Gefühle. Oft leiden Patienten unter der Unfähigkeit, Freude zu erleben.» 7
«Schizophrene Menschen zeigen weniger Emotionen, wie Wut, Trauer, Freude
Negative Symptome
18
Psychomotorische Symptome
verharren oder sie können hy peraktiv und unkontrolliert sein.
men, auch über längere Zeit in einer Position bewegungslos und stumm
seltsame Grimassen oder Gesten entwickeln oder bei extremen For -
oder Bewegung der Betroffenen. Die Menschen können dabei
Diese Schizophreniesymptome beziehen sich auf die Körperhaltung
Diagnose
en deutlich abgesunken ist.
andauern und das Leistungsniveau in verschiedenen Lebensbe reich
gen, wenn die Symptome der Psychose über mehrere Monate
Störungen unterschieden. Die Diagnose kann also nur dann erfol-
Die Schizophrenie wird deutlich von anderen psychotischen
beeinträchtigten Zustand.» 10
das Leistungsniveau steigt wieder, aber viele bleiben in einem allgemein
«In der dritten Phase verschwinden die Symptome der zweiten Phase und auch
treten diese schizophrenen Symptome in den Vordergrund.
rigkeiten, seine Pflichten zu erfüllen. In der zweiten Phase
nimmt langsam ab. Er zieht sich immer weiter zurück und hat Schwie
Symptome im Hintergrund, aber die Leistung der Betroffenen
In der ersten Phase halten sich, wie erwähnt, die schizophrenen
geladene Situationen.
tung vor einer Prüfung, durch einen Todesfall oder emotions
durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, wie starke Belas-
oder verändert werden. 9 Eine psychotische Episode kann
deutlicher zeigt sich das Bild und die Diagnose kann präzisiert
riesigen Puzzles. Je mehr man über den Betroffenen erfährt, umso
gleicht die Diagnosestellung dem Zusammensetzen eines
Da jeder Mensch einzigartig ist und die Symptome anders erlebt,
se verändert wird. Sehr wichtig ist deshalb, schnell zu reagieren.
selber nicht merkt, wie stark die Persönlichkeit von der Psycho -
jedem irgendwann einmal passieren. Charakteristisch ist, dass man
Symptome erscheinen noch normal und man denkt, so was würde
meist schleichend ineinander übergehen. Die ersten Anzeichen und
Der Verlauf der Psychose verläuft über drei Phasen, die jedoch
was wiederum zu einer Psychose führt. 11
Dies hat zur Folge, dass das Gleichgewicht zwischen Dopamin und Serotonin gestört ist,
Betroffenen tritt eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Dopaminrezeptoren auf.
Die bei der Schizophrenie wichtigsten Substanzen sind Dopamin und Serotonin. Bei einem
Informationen im Gehirn werden durch so genannte Neurotransmitter übermittelt.
sich auf biochemische Theorien.
zu erklären. Der vorherrschende Erklärungsansatz für schizophrene Erkrankungen stützt
Es gibt verschiedene Ansätze, die Schizophrenie und ihre «Entstehung im Körper»
Erklärungsversuche
22
24
und dem Lernen die Krankheit zu verstehen. 12
Selbstachtung, dem Wiederfinden der einst verlorenen Stabili tät
die Gesprächstherapien. Sie dienen der Zurückgewinnung der
zu arrangieren und ihr einen Platz im Leben einzuräumen. Dabei helfen
Le ben lang einnimmt. Daher muss man lernen sich mit der Krank heit
zur Folge. Somit kann es durchaus sein, dass man die Präpa rate ein
noch keine Heilung und ihre Absetzung hat häufig einen Rückfall
ängstlich und ruhiger wird. Die Medikamente an sich versprechen aber
Sie haben zur folge, dass der Patient weniger verwirrt, we niger
unter Kontrolle und mildern Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
te (Antipsychotika oder Neuroleptika) bringen die Symp tome
therapien und Familien- Gruppen- und Einzeltherapien. Die Medikamen-
Die Behandlung umfasst eine medikamentöse Therapie, Gesprächs
Behandlung
3
Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 2001, S. 366
4
vgl. Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, 2001, S. 368
5 vgl. Poe, Edgar Allen: the Tell-Tale Heart, http://www.literature.org/authors/poe-edgar-allan/tell-tale-heart.html 6
vgl. Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, 2001, S. 368 – 371
7
vgl. Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, 2001, S. 371
8
vgl. Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, 2001, S. 372
9
vgl. DeHert, Magiels, Thys: Das Geheimnis des Gehirnchips, Ein Selbsthilferatgeber für Menschen, die an Psychose
leiden, 2000, S.20 – 21 10
Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 2001, S. 372
11
vgl. Comer, Roland J.: Klinische Psychologie, 2001, S. 376
12
DeHert, Magiels, Thys: Das Geheimnis des Gehirnchips, Ein Selbsthilferatgeber für Menschen, die an Psychose
leiden, 2000, S. 26 – 43
Bildergeschichten
Sucht man bei Wikipedia nach «Bildergeschichten», wird man auf die Definition von «Comics» verwiesen. Im Brockhaus wird der Be griff «Comic» wie folgt beschrieben: [engl. Komisches, Belustigendes] gezeichnete Bildergeschichte, mit einem festen Inventar an Figuren und mit ins Bild in tegrierten Texten in Sprechblasen. Weitere grafische Zeichen im Comic sind lautmalerische Wörter für Geräu sche, Linien zur Darstellung von Geschwindigkeit oder Sternchen, die Schmerz und Benommenheit symbolisieren. Angeregt durch europäische Bildergeschichten entstand der Comic 1895 in den USA. 13 Was sind also Comics? Ursprünglich leitet sich der Begriff «Comic» vom englischen Begriff «Comic Strip» (komischer Streifen) ab, wird aber heute als sequenzielle Kunst bezeichnet, da er nicht zwingend komisch sein muss. 14 Nach McCloud sind Comics «zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/ oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen sollen». 15 Der Comic ist also eine Form von sequentieller Kunst, die in Bildfolgen eine Geschichte erzählt oder einen Vorgang beschreibt. Der Vorteil dieser Definition ist, dass sie unabhängig vom Inhalt, Umsetzung oder dem Me dium existiert. Aber es bedeutet auch, dass er mindestens aus zwei Bildern bestehen muss. Somit können einzelne Illustrationen und Karikaturen keine Comics sein. Das Wort «Bil dergeschichte» ist daher viel weiter gefasst. Die einzige Voraussetz ung dafür ist, dass mindestens ein Bild eine Geschichte erzählt. Es kann also den Comic
26
in sich enthalten.
Im folgenden Kapitel werde ich Comics nach bestimmten Kriterien analysieren. Aus den Analysen erhoffe ich mir Erkenntnisse darüber, wie die psychotischen Symptome in Bildergeschichten umgesetzt werden. Diese Informationen werde ich im Bezug auf meine gestalterische Arbeit im nächsten Kapitel aus werten. So denke ich, kann ich wichtige Elemente des Comics kennen lernen und später bewusst einsetzten. Für die Analyse habe ich mir vier Hauptkriterien 16 festgelegt, die ich hier zuerst erklären werde. Seitenlayout
Seitenaufbau Bildausschnitt Induktion 17 Panelübergänge 18 Panel als Zeitrahmen
Bildgestaltung Reduktion und Realismus Figur Umgebung Textgestaltung Die sieben Kategorien für Texteinsatz Die Sprechblase Farbe
Bedeutung von Farbe in Comics Farbstimmung Farbauftrag
Seitenaufbau Wenn man einen Comic anschaut, fällt einem der grundlegende Aufbau einer Seite auf. Meistens kann man daran schon erkennen, welches Publikum der Comic ansprechen will. Man kann hier drei Typen unterscheiden. 19 Der «Normaufbau» ist die einfachste Form der Bild aufteilung. Er besteht aus Bilderzeilen, die aus drei bis vier Einzelbilder zusammengesetzt sind. Dieser Aufbau hat den Vorteil, dass er sehr klar und gut lesbar ist. Die Bilder können so gelesen werden, wie ein Text - immer der Reihe nach. Vor allem für Kinder werden Comics auf diese Weise aufgebaut, aber auch für Erwachsene, da diese Struktur für eine direkte Übermittlung der Handlung sorgt. Der «fortgeschrittene Aufbau» ist zwar ebenfalls in Zeilen aufgebaut, aber das Schema wird häufig durch gross
28
Seitenlayout
for matige oder ineinanderverschachtelte Bilder durch brochen. Es werden Techniken aus dem Film, wie «Schwenk», «Nahaufnahme» oder «Totale» verwendet. Dabei wird eine direkte Beteiligung des Lesers an der Geschichte erreicht. Der «Avantgarde-Aufbau» ist die komplizierteste der drei en und wird ausschliesslich für Erwachsenen-Comics ver wendet. Die Seiten gleichen abstrakten Gemälden und zwingen den Betrachter dazu, eine Seite als Ganzes zu be trachten. Natürlich kann jede Geschichte und Handlungsstrang eine eigene Komposition erfordern. Je nachdem welche Informationen vermittelt werden sollen, wird eine ruhige, statische oder dynamische Komposition verwendet.
Bildausschnitt Für eine Bildergeschichte sind das Layout der ganzen Seite, sowie die Form des einzelnen Panels von Bedeutung. Der Rahmen des Panels dient als Fokus. Die einzelnen Bildausschnitte müssen so konzipiert werden, dass sie ihrem Inhalt entsprechen. Welche Informationen werden also vermittelt? Wie eng muss der Bildausschnitt sein? Der Blickwinkel entscheidet über die Komposition des Panels. Geht man nah an eine Szene heran, oder wird die ganze Umgebung präsentiert? Schaut man von oben auf eine Szene herab oder von unten hinauf? Mit der Wahl der Perspektive kann der Betrachter in unterschiedliche Rollen gesteckt werden. Bei der Vogelperspektive bekommt man zum Beispiel nicht nur einen guten Überblick, sondern auch ein Gefühl «über den Dingen zu stehen». Die Komposition in Comics folgt anderen Regeln, als in anderen grafischen Künsten. «Zur Komposition des Bildes kommt die Komposition der Veränderung, die dramaturgische Komposition... und die Komposition der Erinnerung.» 20
Induktion Nun haben wir gesehen, welche Bedeutung das Bild im Panel hat. Jetzt stellt sich die Frage, was zwischen den Panels passiert. Wenn man Comics liest, springt man nicht einfach von einem Bild zum anderen. Man sieht zwar nichts zwischen den Panels, aber die eigene Seherfahrung sagt, dass dort etwas sein muss. In den Panels wird Zeit und Raum zu getrennten Augenblicken zerlegt und muss vom Betrachter verbunden werden. Dies nennt man Induktion. Man erkennt das Ganze, obwohl nur ein kleiner Teil davon zu sehen ist. Kein anderes Medium ist so stark auf die Induktion des Betrachters angewiesen, wie der Comic. Die Beteiligung des Publikums ist zwar auch in Filmen ein wichtiges Mittel zur Erzeugung von besonderen Stimmungen. Es wurde schon vor langer Zeit erkannt, wie wichtig es ist, dem Zuschauer Raum für seine Phantasie zu lassen. Doch der Comic bedient sich viel öfter dem Mittel des «Auslassens». Comics verlangen vom Leser die bewusste Induktion, um Zeit, Raum und Bewegung zu simulieren. «Der Comickünstler fordert uns zu einem stummen Tanz mit dem Realen und
30
dem Imaginären auf. Dem Sichtbaren und dem Unsichtbarem.» 21
Panelübergänge Je nach dem, wie schnell man von einem Ereignis zum anderen kommen möchte oder ob man die Aufmerksamkeit auf Details, wie Mimik oder Gestik lenken will, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, von einem Panel zum nächsten zu kommen. Diese Übergänge können in sechs Typen unterteilt werden. 22 von Augenblick zu Augenblick In diesem Fall wird die Handlung in mehrere, aufeinander folgende Momente unterteilt. Diese Kategorie verlangt vom Leser am wenigsten Induktion. Man kann den Übergang einsetzen um eine Handlung zu verlangsamen oder um eine Art filmische Bewegung zu erzeugen. von Handlung zu Handlung Eine Person, oder Gegenstand wird in mehreren, aufeinanderfolgenden Handlungen dargestellt. Übergänge dieses Typus sind sehr effektiv. Jeder dieser Panels treibt die Geschichte schnell voran. von Gegenstand zu Gegenstand Hier wechseln die dargestellten Gegenstände von Panel zu Panel, aber man bleibt innerhalb der gleichen Szene. Diese Kategorie erfordert eine starke Beteiligung des Lesers, um Bedeutung zu erlangen. Sie bringt die Geschichte aber rasant voran und lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf wichtige Elemente.
von Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt In dieser Art von Übergang wird die Zeit ausgeklammert und stattdessen kann der Betrachter mehrere Aspekte derselben Szene betrachten. Dieser Typus gibt einen starken Eindruck von einer Szene und ihrer Stimmung wieder. Der Leser bekommt Einblicke in eine Situation und kann sie dann im Kopf zu einem Ganzen zusammensetzen. von Szene zu Szene Die Panels überspringen hier grosse zeitliche und räumliche Distanzen. Diese Art von Panelübergang erfordert vom Leser deduktives 23 Denken. Er hilft aber dabei eine Geschichte zu verdichten. die Paralogie Das entspricht einer Reihe von Bildern, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen. 24
Panel als Zeitrahmen Durch die Fotografie ist unser Auge darauf trainiert, in einem Bild einen einzigen Moment zu sehen. In Comics ist das nicht so einfach. In einem Panel können mehrere Dinge nacheinander geschehen. Zum Beispiel ein Dialog. Frage und Antwort befinden sich dann im selben Panel und doch liegt ein deu tig Zeit dazwischen. Der Rahmen kann als zeitliche oder räumliche Unterteilung betrachtet werden. Die Grösse oder die Form des Panels kann das Leseerlebnis beeinflussen. So erweckt ein horizontal ausgedehntes Panel, mit viel leerem Raum, den Eindruck von einer länger andauernden Szene, oder einer Pause. Ein randabfallendes Panel erzeugt ein Gefühl von Zeitlosig-
32
keit. Zeit und Raum sind in Comics also ein und dasselbe.
34
Bildgestaltung
Reduktion und Realismus Nachdem der grundlegende Aufbau des Comics bestimmt wurde, stellt sich die Frage nach der Bildsprache. Einige Comics werden sehr realistisch gezeichnet, andere sind stark abstrahiert. Aber es spielt keine Rolle, wie stilisiert ein Gesicht, zum Beispiel ge zeichnet ist, es kommt uns immer realistisch vor.
Figur Egal wie simpel eine Figur aufgebaut ist, das Gehirn wird sie immer erkennen. McCloud schreibt in seinem Buch «Comics richtig lesen», dass man in einer realistischen Zeichnung eines Gesichtes immer den anderen sieht, in einer abstrakten (oder wie er schreibt: einem Cartoon) aber sich selbst. Eine realistische Zeichnung kann vom Inhalt ablenken. Es ist leichter in eine reduzierte, einfache Welt einzutauchen. «Durch traditionellen Realismus kann die äussere Welt dargestellt werden und durch den Cartoon ihr Inneres.» 25 Mimik, Gestik, Emotion - die Unsichtbare Welt der Gefühle -, Haltung und Ausdruck der Personen können viel über ihre Gedanken verraten. Wie diese gezeichnet werden ist ebenfalls entscheidend. Wann wird eine Geste übersteigert? Wann bleibt sie realistisch? Expressive Stilmittel, also ein Abstrakter oder expressionistischer Zeichenstil kann die Darstellung von Gefühlen verstärken. Grafische Stilisierung kann eine Geschichte mit einer besonderen Grundstimmung versehen.
Umgebung Beim Abstraktionsgrad der Umgebung ist es wie mit der Figur. Es kommt häufig vor, dass die stilisierte Figur, auf einen realistischen Hintergrund trifft. «Diese Kombination erlaubt dem Leser, hinter der Maske einer Figur, gefahrlos in eine Welt sinnlicher Reize einzutauchen.» 26 Mit der Darstellung von Raum, Licht und realistischen Schauplätzen kann man eine bleibende Stimmung erzeugen. Man kann den Betrachter in das Geschehen hineinversetzen. Räumlichkeit und die Lichtführung spielen dann eine grosse Rolle, wenn es um das Simulieren von Realität geht. In diesem Fall fragt sich, welche Rolle das Licht für die Handlung spielt. Gibt es Lichtquellen? Welcher Art sind diese? Jede Lichtquelle hat ihre eigene Farbe und wirft ihren eigenen, charakteristischen Schatten.
Textgestaltung
Textelemente können viel zum Verständnis von Bildern beitragen. Sie erlauben dem Leser die Stimmen der Figuren «zu hören». Durch ungewohnte Text − Bild Kombinationen kann Mehrdeutigkeit entstehen. Es können sogar Geräusche sichtbar gemacht werden. 27
Die sieben Kategorien für Texteinsatz Es gibt sieben Kategorien, in die der Einsatz von Text in Comics unterteilt werden kann. Textlastig — die Informationen werden vom Text geliefert,
das Bild dient nur als Illustration.
Bildlastig — die Informationen werden vom Bild übermittelt,
der Text dient nur dazu, besondere Aspekte hervorzuheben.
Dopplung von Bild und Text — Bild und Text übermitteln das gleiche.
Überschneidung von Bild und Text — teilweise werden Informationen von beiden Ele- menten vermittelt, teilweise von einem allein.
Verschränkung von Bild und Text — Bild und Text übermitteln gemeinsam die
Information, die sie ohne den anderen nicht könnten. Parallele — Bild und Text erzählen verschiedene, nicht zusammenhängende Dinge.
Montage — der Text wird zum Bestandteil des Bildes.
Sprechblasen Die Sprechblase ist ein weiterer Versuch unsichtbares sichtbar zu machen. Sie befindet sich nicht auf derselben Realitäts ebene, wie die Bilder um sie herum. Doch ist sie wie ein Gegen stand, der über den Figuren schwebt. Manche Zeichner halten die Sprechblasen daher unauffällig, oder lassen sie ganz weg. Andere wiederum betonen sie zusätzlich und lassen sie so zu einem wichtigen Teil des Bildes werden. Auch die Schrift in der Sprechblase kann variieren. Sie kann sich dem «Gesagten» anpassen, indem sie ihre Form und Grösse verändert. Aber sie kann auch komplett zu einem Symbol werden, um das darzustellen, was nicht mit Worten zu
36
beschreiben ist. 28
Farbe
Bedeutung Welche Rolle spielt die Farbe in Comics? 29 Jede Geschichte hat seine eigene Farbstimmung, sowie jede Szene sie haben kann. Daher muss sie immer wieder neu auf die Situation angepasst werden. Farben können den Text und seinen Stil unterstützen. Eine blumige Sprache kann so mit einer bunten Farbpalette betont werden. Farbstimmung Jede Farbe hat eine emotionale Bedeutung für den Betrachter. Manche sind abhängig von gesellschaftlichen Normen, manche wiederum beruhen auf persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen. Dadurch trägt die Farbkomposition eine Grosse Verantwortung für die Verständlichkeit der Geschichten. Farbauftrag Wie erwähnt, gibt es verschiedene Arten die Farbe in den Comic zu bringen. Vollflächige Farbe, dezente Schattierungen oder ein Malerischer Auftrag − sie beeinflussen sowohl die Wirkung der Farben, als auch die der ganzen Geschichte.
38
13
vgl. Brockhaus.
14
vgl. Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Comic
15
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, 2001, S. 17; McCloud übernimmt
dabei die Definition von Will Eisner, der Comics als «sequentielle Kunst» bezeichnet. 16
vgl. McCloud, Scott: Comics machen, Alles über Comics, Manga und Graphic Novels, Carlsen Comics, 2007, ab S.10
17
Der Ausdruck Induktion (von lateinisch inducere, «herbeiführen, veranlassen, einführen») wird als
Gegenbegriff zu Deduktion (siehe Fussnote 23) verwendet. Induktion ist ein abstrakter Schluss aus beobachteten Phänomenen auf eine allgemeine Erkenntnis, etwa einen allgemeinen Begriff oder ein Naturgesetz. 18
In der grafischen Kunst des Comics bezeichnet der Ausdruck Panel ein Einzelbild in einer Sequenz. Die Panels
eines Comics sind meist in Zeilen gruppiert, wobei eine kreativ variierte ziegelmauerartige Aufteilung der Seite − das heißt, ein starres Raster − als ästhetisch angenehm und gut zu lesen empfunden wird. Mangas haben im Gegensatz zu Comics oft variablere und weniger starre Panelaufteilungen. 19
vgl. http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/hickethier_grundbegriffe.html
20
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, S. 123
21
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, S. 100
22
vgl. McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, 2001, ab S. 78
23
Unter Deduktion versteht man in der Logik ein Verfahren, das es erlaubt, aus allgemeinen, vorausgesetzten
und elementaren Sätzen speziellere und kompliziertere Sätze korrekt abzuleiten, d.h. die Deduktion ist der Weg von der allgemeinen Theorie zum Einzelfall. 24
Die sechste Kategorie spielt in experimentellen Comics zwar eine Rolle, aber für meine Arbeit kann ich
sie ausklammern. 25
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, S. 49
26
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, S. 51
27
vgl. McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, 2001, ab S.161
28
vgl. Clausberg, Karl: Metamorphosen am laufenden Band. Ein kurzgefasster Problemumriss der Sprechblase, in:
Ästhetik des Comic, Erich Schmidt Verlag, 2002, ab S.17 29
Während den Anfängen der farbigen Comics waren die Farben zunächst nur dafür da, um Aufmerksamkeit zu
erregen. Warum es heute immer noch mehr schwarz weiss Comics gibt, obwohl man eigentlich alles farbig drucken könnte, ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass man immer noch Farben mit Kommerz verbindet.
40
Bildanalyse
methode immer dieselbe bleibt.
Dadurch werden die Resultate aber nicht verfälscht, da die Untersuchungs-
gesetzt, um so der Individualität der Umsetzungen gerecht zu werden.
sucht, habe aber den Schwerpunkt bei jedem Comic auf ein anderes Kriterium
Die Geschichten habe ich mit Hilfe der erklärten Kategorien unter
die Form selbst mehr gewicht. Die Welt wird zu einem Spielplatz von Form und Raum.» 30
transzendiert die Form. Die Kunst nähert sich der Sprache. In vollflächigen Farben hat
«In schwarzweiss werden die Ideen der Kunst direkter vermittelt. Die Bedeutung
sen das Leseerlebnis stark.
schwarzweissen und farbigen Bildergeschichten sind riesig und beeinflus-
eine finanzielle Frage. Aber nicht nur, denn die Unterschiede zwischen
Sicher, ob ein Buch farbig gedruckt werden kann, ist auch oder vor allem
keine willkürliche, sondern durchaus eine bewusste Entscheidung war.
der Bildergeschichten. Ich gehe davon aus, dass die Wahl der Farbigkeit
simpel, doch zeigt sie eine der deutlichsten Unterschiede in der Welt
in farbige und schwarzweisse Umsetzungen. Diese Unterteilung erscheint
Für die Analyse habe ich die Comics in zwei Kategorien aufgeteilt, nämlich
breiten Palette von Stilen und Umsetzungsmöglichkeiten zu gelangen.
ausgewählt, sondern unterschiedliche Geschichten gesucht, um so zu einer
tome einer Psychose aufweisen. Ich habe mir kein spezielles Genre
ging mir um Ausschnitte und einzelne Szenen oder Bildsprachen, die Symp
der Protagonisten in diesen Geschichten Schizophrenie unterstellen. Es
Rolle. Da ich aber keine Psychologin bin, möchte ich natürlich keiner
schichten. Für die Auswahl spielten die genannten Symptome eine grosse
ihre Symptome erläutert. Nun komme ich zur Analyse ausgewählter Bilderge-
Im zweiten Kapitel habe ich das Krankheitsbild der Schizophrenie und
42
Abb. Komm zurück, Mutter
erscheint die Geschichte sehr nüchtern und gut verständlich.
Diese Konzeption sorgt für eine direkte Übermittlung des Handlungsfadens. Dadurch
zusammengesetzt sind. Somit ist die Komposition gut überschaubar und lesbar.
Geschichte) ausschliesslich aus Bilderzeilen, die aus drei bis vier Einzelbildern
Der Seitenaufbau ist sehr simpel. Er besteht hier (und fast während der ganzen
wiederum die Apathie des Vaters.
von ihm vergessen wurden, die sich verändert haben. Die letzten zwei Panels zeigen
in seinem Sessel sitzt. In den nächsten fünf Panels werden Dinge aufgezählt, die
Auf dieser Seite sieht man, während drei Panels, wie der Vater völlig teilnahmslos
Zu Anfang sind Vergesslichkeit und Schlafprobleme Symptome der Psychose. 31
kann nach grossem emotionalem Stress, wie einem Todesfall, ausbrechen.
schliesslich Selbstmord. Und genau hier setzt meine Analyse ein. Eine Psychose
Krebs gestorben ist. Sein Vater zieht sich aus der Welt zurück und begeht
Hornschemeier machen. Die Geschichte handelt von einem Jungen, dessen Mutter an
Den Anfang möchte ich mit einem Ausschnitt aus «Komm zurück, Mutter» von Paul
Komm zurück, Mutter
44
So wie der Aufbau der Seiten, sind auch die Inhalte der einzelnen Panels sehr
Bildes, rechts unten tritt der Sohn in den Raum. Ausser den beiden Protagonisten
wichtigen Elemente der Szene im Blick. Der Vater sitzt in der linken Ecke des
schied ist, dass der Vater im rechten Bild eine Tasse hoch hält. Der Betrachter hat die
filmischen «Zoom». Die nächsten beiden Panels sind fast identisch. Einziger Unter-
Stirn bis zur Nasenspitze sieht. Der Übergang zum nächsten Panel gleicht einem
da sein Gesicht stark angeschnitten ist, so dass man nur das halbe Gesicht von der
Vater. Man blickt ihm direkt in die Augen. Mehr Möglichkeiten hat man auch kaum,
schlicht gehalten. Beim betrachten des ersten Panels ist man auf Augenhöhe mit dem
Abb. Komm zurück, Mutter | Ausschnitt
die Einfachheit mehr Gewicht.
in eine reduzierte, einfache Welt einzutauchen. Somit bekommt die Geschichte durch
Form so viel Aufmerksamkeit schenken, dass die Geschichte unterginge. Es ist leichter
realistisch und detailliert gezeichnet gewesen wäre, würde man wahrscheinlich der
Genau aus diesem Grund geht dem Leser die Geschichte so nahe. Wenn die Geschichte sehr
des Vaters zu sehen ist. Der Junge aber besteht nur aus einigen wenigen Strichen.
bildet hier das erste Panel, in dem eine etwas detaillierter gezeichnete Nahaufnahme
wirken durch die klaren schwarzen Linien sehr grafisch. Die einzige Ausnahme
grad der Zeichnungen. Die Figuren, sowie auch Hintergründe sind stark abstrahiert und
Dass die Seiten so klar wirken und emotional berühren, liegt auch am Abstraktions -
alle Richtungen.
da man die Bilder kaum in der falschen Reihenfolge lesen kann. Sie funktionieren in
be Grösse und es ist keine Hierarchie zu erkennen. Dies spielt hier aber keine Rolle,
ben seine Tätigkeit, wahrscheinlich während eines Tages. Die Panels haben diesel-
zweite Ausschnitt zeigt den Rückzug des Vaters aus der Realität. Vier Panels beschrei-
hori zontale Linien. Trotz der Höhe des Raumes hat diese Szene etwas Beengendes. Der
scheint aufgeräumt, leer und fast leblos zu sein. Es dominieren senkrechte und
handelnden Personen am grössten ist. Der Raum ist sehr simpel gehalten und
unterscheidet sich von allen anderen, indem die Distanz zwischen Betrachter zu den
die eine Handlung in direkter Abfolge zeigt. Das letzte Bild (zehntes Panel)
sprungen. Die zweite und die dritte Zeile werden durch eine Panelabfolge verbunden,
heisst, es werden von Panel zu Panel erhebliche Raum– und Zeitdifferenzen über
Personen und einem Gebäude zu sehen. Es folgen Übergänge «von Szene zu Szene». Das
unteren Ecke des Bildes und es ist ein weiter, offener Raum mit stark stilisier ten
Raum. Der Übergang zur nächsten Zeile ist sprunghaft. Nun ist der Junge in der linken
fällt kaum etwas ins Auge. Es ist, als befänden sich die beiden in einem leeren
46
Abb. Emily the Strange – verlorener Band 2 | Ausschnitt
An dieser Stelle möchte ich ein Vergleich zu einer ebenfalls stili-
Erscheinung, kaum Zeit sich mit ihr zu identifizieren.
schauen soll. Die Figur der Emily lässt, trotz ihrer cartoonhaften
ist so betont, dass man gar nicht weiss, wohin man als nächstes
oder Weiss unterlegt. Es scheint keine Hierarchie zu geben, alles
Sprechblasen. Sie sind mal eckig, mal rund, haben Zacken, sind Schwarz
förmlich um gesehen zu werden. Diesem Prinzip folgen auch die
expressives Potential. Jede der Linien auf diesen Seiten schreit
Emotionen hervorrufen. Nach McCloud hat jede Linie ein
Zickzacklinien und sternförmige Gebilde, die im Betrachter starke
Zusätzlich wird dieser «Lärm» durch grafische Elemente wie
Dadurch wirkt die Geschichte sehr laut.
einen Rahmen, sondern durch die Schwarzfärbung des Untergrunds.
sondern leicht schräg. Ihre Begrenzung entsteht nicht durch
Panels in Bilderzeilen angeordnet, verlaufen aber nicht horizontal,
oder Werte kaufen. Nun aber zum Aufbau der Seiten. Auch hier sind die
stehen, die nicht real sein können. 32 Hier könnte Emily Gedanken
erinnert. Auch der Junge sieht um sich herum Schilder, auf dem Dinge
an den schizophrenen Jungen aus «das Geheimnis des Gehirnchips»
Supermarkt umherirrt. Die Szene habe ich ausgewählt, weil sie sehr
In diesem Bild sieht man Emily, wie sie mit dem Einkaufswagen im
«Emily the strange, Verlorener Band 2».
sierten Bildsprache anbringen. Der folgende Ausschnitt stammt aus
48
"Komm zuruc
wir, dass es um ein Abendessen geht) aus dem Kühlschrank holt. So wird eine Verdoppelung vermieden,
Tisch oder eine Uhr gezeigt, sondern wie der Junge die Zutaten für das Abendessen (aus dem Text wissen
«Das Abendessen stand nicht mehr Punkt halb sechs auf dem Tisch...». Im Bild wird aber nicht etwa der
von beiden übermittelt wird, ein Teil aber jeweils von einem allein. Zum Beispiel Panel fünf. Da steht:
Das Geschriebene und das Gezeichnete ergänzen sich gegenseitig, indem ein Teil der Informationen
durchzieht auch die Textinhalte. Auf den Bildern ist nicht exakt das Gleiche zu sehen, wie im Text steht.
die sie kennzeichnen und sie sind trotzdem klar und lesbar in die Bilder integriert. Diese Klarheit
und in der dritten Zeile wieder die Decke und der Boden. So brauchen die Texte keine speziellen «Blasen»,
Fall. In der ersten Zeile ist es die Linie der Decke in der zweiten ist es die Seite des Kühlschranks
durch architektonische Elemente. Letzteres ist in den Panels zwei, drei, fünf, acht, neun und zehn der
Und gerade dadurch bekommen sie ihre klare Abgrenzung. Entweder durch die Hintergrundfarbe, oder
Die erzählenden Textelemente sind ohne eine klare Trennlinie zum Bild in die freien Flächen platziert.
Zurück zu «Komm zuück, Mutter». Die Texte sind ebenfalls einfach und bewusst platziert.
Komm zuruck, Komm zuruck, Mutter Mutter ck, Mutter"
Komm zuruck, Mutter
Komm zuruck, Mutter
Bild und Text bleiben eigenständig und doch verschmolzen.
und doch stark emotional berührenden Leseerlebnis.
Farbtöne relativieren die Geschichte zu einem nüchternen, einfachen
zieht sich durch die Handlung. Die pastelligen und klaren
verwelkt, und die Hoffnung des Jungen, dass alles wieder gut wird,
(und teilweise auch der Sohn) zieht sich immer weiter zurück,
Diese Farbinterpretation passt sehr gut zur Geschichte. Der Vater
hingegen ist die Farbe der Hoffnung und des Lebens.» 33
«In der Natur ist Braun die Farbe des Welken, Absterbenden. Grün
wirken», symbolisieren braune Töne «die Patina des Vergänglichen».
es erscheint eine objektive Welt. Nach Eva Heller «Wie Farben
Linien begrenzt. So hat keine Form weniger Gewicht, als die andere–
Grüntöne. Die flächig gesetzten Farben sind von klaren schwarzen
tend. Es überwiegen Pastelltöne in Erdfarben, wie Braun– und
Die Farbigkeit ist, wie die ganze Geschichte, ruhig und zurückhal-
Abb. Viriconium | Ausschnitt
Romans von M. John Harrison.
sondern auch Gebäude und Straßen. Die Comic-Erzählung basiert auf der Vorlage eines
Einflussbereich einer mysteriösen Seuche gerät. Der Verfall ergreift nicht nur die Menschen,
Die Handlung von Dieter Jüdts Comic spielt sich in der Stadt Viriconium ab, die in den
Viriconium
52
Abb. Viriconium | Ausschnitt
54
im dritten Bild nur noch das Auge des Mannes zu sehen.
Seite sind sehr ähnlich aufgebaut. In diesem Fall fällt der Zoom aber dramatischer aus. So ist
hat, sie würde einem selbst ins Ohr flüstern. Die drei Panels auf der gegenüberliegenden
näher an ihn heranzoomen. Im fünften Bild ist man so nah an der Person, dass man den Eindruck
den sich drei «hochkant» Panels, die nur den alten Mann zeigen und von Panel zu Panel immer
beiden Bilder auf der ersten Seite sind lang gezogen, sowie auch das unterste. Dazwischen befin -
einzelnen Panels werden durch einen schwarzen Untergrund miteinander verbunden. Die oberen
Der sprunghafte Themenwechsel könnte ein Zeichen für ein desorganisiertes Denkmuster sein. Die
handeln können ist ein Symptom für eine Psychose. (Ein ähnliches Beispiel: Emily the Strange)
wirken psychotisch. Die Vorstellung, das Gegenstände reden können oder überhaupt eigenständig
ihm sprechen. Danach erzählt er plötzlich etwas von seinem Alter. Diese beiden Aussagen
Ashlyme und seinem Begleiter Gegenstände vorführt. Er sagt, er glaube, sie würden irgendwann mit
Die ersten beiden Seiten aus der Geschichte handeln von einem alten Mann, der Portraitmaler
Abb. Viriconium | Ausschnitt
56
letzten Panel erfolgt ein Zoom auf ihr Gesicht. Durch die schmale Form des zweiten Panels, empfindet man
Fokus wieder auf Audsley King, deren Gestalt auch diesmal in der rechten Bildhälfte zu finden ist. Zum
gedrängt, im zweiten springt der Ausschnitt auf Ashlyme, der ihr gegenüber sitzt. Im dritten Panel fällt der
Panel ist der Übergang sprunghaft. Im ersten Bild befindet sich Audsley King in die rechte Ecke des Panels
Balken unterlegt, so dass sie als zusammengehörende Elemente erscheinen. Zwischen dem ersten und dem zweiten
Die vier Panels, die diese Handlung wiedergeben sind zu einem Paket verpackt. Sie sind mit einem Schwarzen
krank und wird auch im Verlauf der Handlung immer labiler.
gangenheit durcheinander bringen und sich eine neue Vorstellung davon zusammenstellen. Audsley King ist sehr
Träumen und von ihrer Vergangenheit, die ihr nicht mehr real erscheint. Schizophrene Menschen können ihre Ver
Im zweiten Ausschnitt erzählt die Künstlerin Audsley King, während einer Sitzung mit Ashlyme, von ihren
Abb. Viriconium | Ausschnitt
58
ken Stil reden, mit einem expressiven Strich.
grafie. Anderseits würde ich hier eher von einem ausdrucksstar-
Ein anderes Bild sieht hingegen schon fast aus, wie eine Foto
davor sieht man ein abstraktes Portrait.
Mannes anschaut, wirkt das Gesicht sehr realistisch. Im Panel
realistisch. Wenn man zum Beispiel die Nahaufnahme des alten
überzeichnet, erscheinen aber auf gewissen Bildern trotzdem sehr
Bildkompositionen sehr einheitlich. Die Gesichter sind zwar
in demselben Abstaraktionsgrad gehalten. Das macht die
Die Zeichnungen von den Figuren und dem Hintergrund sind immer
teilnehmen. Den Stil zu beschreiben ist recht schwer.
man sich, als würde man an der Unterhaltung der Personen
dass man die Szene nie ganz überblicken kann, aber dadurch fühlt
schichte dran. Die Ausschnitte sind immer eng gewählt, so
Durch die Bildeinstellungen ist der Leser sehr nah an der Ge-
licht. Die Handlung lässt sich so relativ klar verfolgen.
Spielereien verzichtet, was die Ruhe während der Szene verdeut-
höhe mit den beiden Personen. Es wird auf perspektivische
Während der ganzen Szene bleibt der Betrachter etwa auf Augen-
Panel, welches über die ganze Länge des Pakets gezogen ist.
die Sequenz mit Ashlyme als sehr kurz. Im Gegensatz zum ersten
Abb. Viriconium | Ausschnitt
60
Abb. Viriconium | Ausschnitt
und sich nun auf der Strasse befindet.
nötig, damit der Leser erkennt, dass die Person das Haus des alten Mannes gerade verlassen hat
Im nächsten Bild ist aber eine relativ detaillierte Hausfassade dargestellt. In diesem Fall ist sie
lenken und der Leser könnte sich nicht auf die Handlung und die Emotionen konzentrieren.
Der Hintergrund ist dadurch meist in einer Farbe gehalten. Unnötige Details würden den Blick nur ab -
Gesichtshälfte und hinter ihr. In den kleinen Panels wird auf Umgebungsdetails häufig verzichtet.
Das starke, grelle Licht auf ihrer Stirn kontrastiert mit den dunklen Schattenpartien auf ihrer rechten
Kopf stützt, zeigt ihre Unsicherheit und Verzweiflung. Dies wird von der Farbigkeit noch gesteigert.
Erinnerungen erzählt. Sie befindet sich zusammengesunken auf dem Sessel. Ihre Haltung, wie sie ihren
Sehr emotional ist das Panel in dem Audsley King bezweifelt, dass sie von ihren eigene
62
Abb. Die Teufelin | Ausschnitt | S. 10
expressiv beschreibt.
Ich finde die Bildsprache interessant, die meiner Meinung nach, Psychosen sehr
Die Geschichte basiert auf dem Roman «die Teufelin» von Fay Weldon.
releiter hinauf.
ruiniert seine Karriere und die seiner Geliebten, steigt dabei selbst die Karrie-
betrogen und verlassen wird. Aus Rache zündet sie ihr gemeinsames Heim an,
Teufelin» gefunden. Der Comic handelt von Ruth, der Teufelin, die von ihrem Gatten
Eine noch expressivere Umsetzung einer Geschichte habe ich im Comic «die
schwarzen Linien und Flächen, von «suchend», über grob bis zu flächig.
Der Farbauftrag bleibt dabei immer flächig. Es variiert nur der Pinselstrich und somit die
zu entfalten. Wie auf der Seite, wo ein stilisiertes Feuer dargestellt wird.
nur für sich selbst zu stehen und somit der Phantasie des Betrachters die Chance zu geben, sich
Manchmal entwickelt die Farbe ein Eigenleben und verdrängt jede figürliche Darstellung, um
fenen Augen lassen sie fast lebendig wirken.
ihre Gefühle ohne Umschweife, sehr direkt. Der weit aufgerissene Mund, die zusammengeknif -
dem gut in diesen abstrakten Gesichtern abzulesen. Die Szene, in der Ruth schreit, übermittelt
Als ob Ruth nicht in der Lage wäre die Menschen um sie herum zu sehen. Emotionen sind trotz -
diese Spaltung wiedergegeben. Die Gesichter werden kaum gezeigt oder sind nur dürftig ausgeführt.
Schizophrenie die Spaltung der Seele bedeutet, dann ist für mich mit dieser Umsetzung genau
spröde Strich kann für die innere Zerrissenheit oder Unruhe der Hauptperson stehen. Wenn nun
Figuren, wie Hintergründe und Requisiten sind stark abstrahiert. Der ungleichmässige und
64
Abb. Die Teufelin | Ausschnitt | S. 16
66
Abb. Viriconium | Ausschnitt
34
Verwirrung, wie der Mann es offensichtlich ist.
dadurch, dass sie hier leicht gewellt sind, entsteht ein starker Eindruck von
Mannes zu kommen scheinen. Als würde er die Laute förmlich ausspucken. Auch
Es gibt aber ein Bild, indem die Sprechblasen wirklich direkt aus dem Mund des
rweise schweben die Sprechblasen über oder neben den Köpfen der Personen.
fester Bestandteil des Erscheinungsbildes und werden nicht kaschiert. Normale-
Die Sprechblasen sind viereckig gehalten und immer weiss unterlegt. Sie sind
Zeichenstrich vermittelt.
werden nie mit Worten wiedergeben. Sie werden durch die Farbgebung und dem
wiedergibt er die Stimmen und Worte der handelnden Personen. Geräusche
Element. Er beschreibt Situationen, die nicht dargestellt werden. Anderseits
Text wird auf zwei Ebenen eingesetzt. Zum einen ist er ein erzählerisches
Atmosphäre zwischen Kunst und Verderb zu vergegenständlichen.»
«Mit der fein abgestuften Farbigkeit gelingt es dem Zeichner, die flüchtige
tobe in jedem Panel ein heftiger Sturm, als könnte die Welt jederzeit untergehen.
farben erzeugt der Künstler eine dramatische Athmosphäre. Man hat das Gefühl, als
Farbtöne. Die Bilder erinnern so an alte, vergilbte Fotografien. Mit Aquarell
einer anderen Farbstimmung gehalten. Trotzdem dominieren die braunen und gelben
Und wie ist die Farbigkeit von Viriconium? Jede Seite der Geschichte ist in
68
nander geratenen, unregelmässigen Schriftzugs.
zweiten Aussage desselben Mannes spürt man seine Verwirrung anhand des durchei-
deutlich zu erkennen. Sie sind gross und einwenig durcheinander. In der
einer Steuerprüfung unterzogen wird. Diese Überraschung ist an den Buchstaben
fühlt. Man sieht rechts den Ehemann, der völlig überrascht ist, dass er
Die Buchstaben variieren in Form und Grösse, je nachdem wie sich der Sprecher
Eine andere Ebene ist die des Gesprochenen. Hier tritt eine Sonderheit auf.
Es ist, als würde sie direkt mit dem Leser kommunizieren.
nicht gezeigt werden. Sie sind häufig aus der Perspektive von Ruth geschrieben.
ebenen. Die eine Ebene ist beschreibend. Sie erzählt Dinge die geschehen, aber
Besonderheiten der Gestaltung von Textelementen aufzeigen. Es gibt mehrere Text
Anhand von einem weiteren Beispiel aus «die Teufelin» möchte ich einige
Abb. Die Teufelin | Ausschnitt | S. 31
70
Abb. 自殺 サークル | S. 143 und 142
自殺 サークル ‒ Suicide Circle
72
Als Beispiel für einen Comic in schwarzweiss habe ich den
darauf folgenden, zweiten Panel wechselt der Blickwinkel,
Perspektive auf die Szene und sind somit mittendrin im Geschehen. Im
dem Betrachter direkt in die Augen. Wir blicken hier aus Kyokos
Genau in der Mitte des Panels kauert ihre Freundin Saya und schaut
vorangehenden Seite verknüpft und steht für Kyokos Gedanken.
Betrachten wir diese Seite etwas genauer. Das erste Panel ist mit der
Hier sind es gerade mal drei bis vier.
für diesen Manga ist, dass eine Seite aus wenigen Panels besteht.
Das heisst, in diesem Fall, von rechts oben nach links unten. Typisch
Panel bewegt, folgt dem ungeschriebenen Gesetz Comics zu lesen.
Der Seitenaufbau ist recht simpel und wie der Blick sich von Panel zu
unter Verfolgungswahn.
schaut hat das gleiche Gesicht und alle lachen sie aus. Sie leidet also
herum überall ein und dasselbe Mädchen. Jede Person, die sie an-
Symptome zeigt. In dieser Szene sitzt Kyoko im Zug und sieht um sich
eine Doppelseite aus dem Manga ausgewählt, die schizophrene
herauszufinden, was eben diese Veränderung hervorruft. Ich habe
lichkeitsveränderung und dem Versuch ihrer Freundin Kyoko
Selbstmordversuch jedoch. Die Geschichte handelt von ihrer Persön-
einen einfahrenden Zug springt. Ein Mädchen - Saya - überlebt den
Eine Gruppe von Schulmädchen begeht Massenselbstmord, indem sie vor
Seiten. Die Handlung ist sehr komplex und brutal.
auf 168 Seiten ausgelegtes Buch, mit gerade mal vier farbigen
Auseinandersetzung mit unfarbigen Comics. «Suicide Circle» ist ein
Die Handlung der Bildergeschichte, bildet die Grundlage für die
Usamaru Furuya gewählt.
Manga 35 自殺 サークル (gespr. Jisatsu Saakuru; Suicide Circle) von
Abb. 自殺 サークル | Ausschnitt | S. 142
74
Abb. 自殺 サークル | Ausschnitt | S. 142
blicken zu können. Das sechste Panel ist erneut eine Nahaufnahme
gleich. Als würden wir im Raum herumschauen, um die Situation über-
vom vierten Panel zum fünften, kommt einem drehen des Kopfes
Wieder sind vier Personen zu sehen, die uns anstarren. Der Übergang
Panel ist verknüpft mit dem letzten von der vorangehenden Seite.
Auf der nächsten Seite geht es zunächst so weiter. Das fünfte
Leser sehr nah an die Handlung.
ganzen Seite. Es zieht sich durch alle Panels hindurch und zieht den
ment des «Anstarren des Betrachters» ist sehr auffällig auf der
sind frontal abgebildet und blicken den Betrachter an. Dieses Ele -
Kopf und sehen durch ihre Augen. Die vier Personen auf dem Bild
ein Sprung des Blickwinkels und wir befinden uns erneut in Kyokos
uns nicht so «anstarren» würde. Zum vierten Panel erfolgt wieder
direkt in die Augen und erfahren ihre Angst viel direkter, als wenn sie
Gesicht. Dieses Bild ist symmetrisch aufgebaut. So schauen wir ihr
Der Übergang zum nächsten Panel geschieht durch einen «Zoom» auf ihr
vertraut, denn er erinnert uns stark an die eigene Seherfahrung.
wir, auch im Zug, direkt ihr gegenüber sitzen. Der Blickwinkel ist sehr
wir sind aus dem Kopf Kyokos raus und blicken sie an, als würden
76
gezeigt. Links im Bild sitzt Kyoko im Profil, mit offenem Mund und weit
aussen zu betrachten.
anstarren, sondern Kyoko, bekommt man die Chance, die Szene von
letzten Seite. Dadurch, dass die Personen nicht mehr direkt den Leser
Bild zur gleichen Fratze verzogen, wie schon im ersten Panel der
die Proportionen deutlich verschoben. Die Gesichter sind in diesem
gleiche Gesicht haben. Durch die Perspektive sind
geöffneten Augen. Um sie herum stehen die Gestalten, die alle das
eine Kunst…
zum Aussenstehenden. Die Szene wird aus der Froschperspektive
von Kyokos Gesicht. Im siebten und grössten Panel wird der Betrachter
„ ... der Pause.
“
der Welt ist der Comic in Japan eine Kunst ... der Pause.» 36
labyrinthischer Kunstwerke. (...) Denn mehr als irgendwo anders auf
«Im fernen Osten gibt es eine grosse Tradition zyklischer und
lungen, sondern an der fernöstlichen Mentalität.
verwenden. Aber es liegt sicher nicht nur an der Länge der Erzäh
filmische Einstellungen oder zum Aufbau der richtigen Athmosphäre
Grosses passiert. So kann der Künstler viele Panels für langsame,
Kapitel erstrecken können und nicht erwartet wird, dass immer etwas
dass sich einzelne Geschichten über mehrere hundert Seiten und
über mehrere Seiten zu beschreiben. Dies liegt sicher auch daran,
lichen. In Mangas ist es ein häufiges Phänomen, kurze Momente
mit den Emotionen Kyokos auseinanderzusetzten und sie zu verinner-
Geschehen künstlich verlängert. Dadurch bekommt der Leser Zeit, sich
Durch die wechselnden Perspektiven auf dieselbe Szene wurde das
handelt. Trotzdem wurden dafür zwei Seiten eingesetzt.
dass es sich bei dieser Szene nur um einige kurze Augenblicke
Auf diesen beiden Seiten ist kaum Zeit vergangen. Man könnte sagen,
78
Abb. 自殺 サークル | Ausschnitt | S. 143
Die zu Fratzen verzogenen, lachenden Gesichter wirken ziemlich beängstigend.
die wahrscheinlich in der Realität nicht zu sehen wären, zeigen ihre Nervosität.
expressive Stilmittel und Symbole eingesetzt. Die Schweisstropfen in Kyokos Gesicht,
fotorealistisch umgesetzt. Um Emotionen zu erzeugen, werden verschiedene
darin sehen will. Die Hintergründe, in diesem Fall der Zug, sind hin gegen schon fast
bieten sozusagen eine Projektionsfläche, für jedes Gesicht, das der Betrachter
mit denen sich der Leser identifizieren soll, sind stark stilisiert. Die Zeichnungen
In seiner Umsetzung entspricht der Manga der japanischen Tradition. 37Die Figuren,
ク ス ク ス
ク ス
ク ス
80
ク
ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク
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ク
ク ス
ス
ク ク ススク ク ク ス クク スス ススク ス スク ス クス ク ク ク ス ス スクス ス
ス ク ス ス スク ク スク
ク ス
dass sie nur in den Gedanken Kyokos vorhanden sind.
Sätze auch nicht einer bestimmten Person zuordnen. Es kann auch sein,
blasen verpackt, sondern schwebt frei im Raum. So kann man die
vermittelt. Im letzten Panel ist der Text ebenfalls nicht in Sprech-
gebraucht, dass sie auch vom Aussehen her schon ihre Bedeutung
reien 38. In japanischen Comics wird die Schrift in solchen Fällen so
Schrift zeichen クス «ku su»). Letzteres sind so genannte Lautmale-
Es wird Überraschung beschrieben («AH») und Kichern (die japanischen
Text vorhanden. Und doch sind die vier Panels nicht stumm.
der betrachteten Doppelseite deutlich. Auf der ersten Seite ist kaum
Japanische Comics kommen häufig ohne Text aus. Dies wird auf
Licht bekommen, glänzen weiss.
Gegenlicht werden die Gesichter dunkler aber die Haare, die direktes
ist ein Fenster, durch welches Licht in den Zug strömt. Durch das
man am deutlichsten in den Panels vier und fünf. Hinter den Personen
den Gesichtern mehr Betonung gibt. Licht und ihre Wirkung sieht
Nebel, der sich an bestimmten Stellen auflöst und somit den lachen
erklären. Im siebten Panel erscheinen die grauen Stellen wie ein
im ersten und im letzten Bild sind nicht durch den Lichteinfall zu
oder zumindest sehr dunkel. Auch die Graue Farbe der Rasterfolie
uniform Kyokos, sondern wahrscheinlich tatsächlich schwarz
des Mannes im zweiten Bild nicht weniger beleuchtet, wie die Schul-
ist hingegen alles was hell oder beleuchtet ist. So ist der Anzug
wird hier Schwarz als Farbe verwendet und nicht als Schatten. Weiss
Und was lässt sich über die Lichtführung sagen? In erster Linie
ク スク ク
ク ク ク スク
ス
ク ス
ク ス
ク ス
ス
ク
ク ス
ク クク ク ク ス ス ス ス スク クク ク ク
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク ス
ク
um die innere Krise des Mädchens.
primär um das «ausgelacht werden», oder die gleichen Gesichter überall, sondern
nichts zu tun. Aber durch sie bekommt das Bild einen anderen Sinn. Es geht also nicht
Die Textinhalte sind vom Bild losgelöst und haben mit der Situation im Zug an sich
ク ス
ク スクス ク ス ク ク ス ス ク
ク ス
ク
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ク ス
ク ス
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ク ス ク ス
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82
ク ス
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ク ス ク
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ク ス
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ク ス ク ス
ク ス
ク ス
Abb. G.O.D
G.O.D
religiöse Erscheinung in Form eines Engels.
In ihm befindet sich auch das Wichtigste auf dieser Seite, nämlich die
Panels, die untereinander angeordnet sind. Das mittlere Panel ist das grösste.
Die Seiten sind simpel aufgebaut. Hier sind es drei horizontal angelegte
ausgewählt. In drei Panels erlebt ein Mann eine Erscheinung (eine Halluzination).
ten zeigen. Ich habe eine Seite aus «G.O.D» aus «Greetings from Hellville»
Text aus kommen, möchte ich an einem Beispiel von Thomas Ott und seinen Geschich-
häufig auf Text in ihren Geschichten. Dass nicht nur Mangas häufig ohne
Wie bei der Analyse von «Suicide Circle» erwähnt, verzichten Manga Künstler
86
In «G.O.D» wird aber darauf verzichtet.
Ein Geräusch, das man von sich gibt, wenn man erschrickt.
japanischen Variante ein Laut beschrieben, nämlich das «AHH!».
überraschte und verängstigte Personen. Jedoch wird in der
Circle» dem zweiten Panel entsprechen könnte. Beide Panel zeigen
zum Gesicht geleitet. Das ist so ein Panel, welches in «Suicide
diagonal verlaufenden Bettdecke, wird der Blick langsam
verschoben ist. Durch die Leere in der linken Bildhälfte und der
liegt auf seinem Gesicht, das in die rechte Hälfte des Bildes
von dem Mann, der gerade aufgeschreckt im Bett liegt. Der Fokus
sehr ähnlich. Im ersten Panel sieht man eine Grossaufnahme
Die Übergänge von Panel zu Panel sind denen aus «Suicide Circle»
Beispiel die Bettdecke in Wirklichkeit hätte.
und dunkel. Sie beschreiben also das Licht, unabhängig davon, welche Farbe zum
Schwarz und Weiss werden nicht als Farben verwendet, sondern als hell
steht, aber nicht wenn eine Person etwas denkt.
wenn sie wirklich real vorhanden sind. Das heisst, wenn an einer Hauswand «G.O.D»
Thomas Ott kommt, wie gesagt, ohne Text aus. Schriftzeichen gibt es nur dann,
erscheinen.
malerisch, so dass die Bilder dadurch weich und wie mit einem Pelz überzogen
ent steht eine ganz «eigene» Bildsprache. Der Einsatz der Schraffuren ist sehr
identifizieren. So bleibt man auf Distanz. Durch die Schabkarton–Technik
Der Stil ist sehr realistisch. Mit dem Mann kann man sich dadurch nicht wirklich
ke, ebenso wie dies auch in «Suicide Circle» der Fall ist.
Mitte des Panels. Zwischen den drei Panels vergehen nur einige wenige Augenblic-
wieder von vorne, aber nicht frontal. Hier befindet sich sein Gesicht in der
Mann leicht von hinten zu sehen ist. Im letzten Panel sehen wir den Mann
Blick des Betrachters von der linken oberen zur rechten unteren Ecke, wo der
ein Fenster erkennen. Die Erscheinung ist hell erleuchtet und leitet den
be finden. Es hängt ein Bild an der Wand, die Tapete ist eingerissen und man kann
Im zweiten Panel wird der Raum charakterisiert, in der sich die Personen
88
30
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, S. 200
31
Da die Schizophrenie erst diagnostiziert werden kann, wenn die Psychose über einen längeren Zeitraum
anhält, werde ich während der Bildanalyse von einer Psychose reden, wenn ich Symptome beschreibe. Das möchte ich so machen, weil ich hier nur ausschnitte aus Geschichten betrachte und somit der Zeitfaktor wegfällt. 32
Im «Geheimnis des Gehirnchips» geht der Junge in einen Supermarkt und sieht überall verdächtige Schilder,
mit Aufschriften wie «denk nach» oder «Schock». Er fühlt sich von den Schildern und den Menschen bedroht. 33
Eva: Wie Farben wirken, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 1999, S. 209
34
vgl. http://www.comic-tempel.de/catalog1/product_info.php/products_id/985/XTCsid/a07c9094d149f3f1ea252446f
0ba82c3 35
Manga ist die Japanische Bezeichnung für Comics. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Entwicklung und
Traditionen des Manga eingehen, da dies an sich schon eine alleinstehende, komplexe Arbeit ergeben würde. Ich werde aber einige wichtige Unterschiede zu europäischen Comics während der Bildanalyse erläutern. 36
vgl. McCloud, Scott: Comics richtig lesen, Die unsichtbare Kunst, Carlsen Comics, Hamburg, 2001, ab S. 89-90
37
McCloud benennt in seinem Buch «Comics machen», acht Manga–Erzähltechniken, von denen sich vier in diesen
Seiten finden. Symbolische Figuren − «Einfache, stilisierte, unmittelbar berührende Gesichter und Figuren, die den Leser zur Identifikation einladen,...» McCloud: Comics machen, Carlsen, 2007, S. 216 Verwendung «prägnanter Schauplätze» − «Umgebungsdetails, die unser Wahrnehmungsgedächtnis ansprechen und, wenn man sie mit symbolischen Figuren kontrastiert, den ‹Maskierungseffekt› erzeugen...» McCloud: Comics machen, Carlsen, 2007, S. 216 Die Kombination von stilisierter Figur mit realistischem Hintergrund, erlaubt dem Leser «hinter der Maske einer Figur gefahrlos in eine Welt sinnlicher Reize einzutreten» S. 51 McCloud: Comics richtig lesen, Carlsen, 2001, S. 51 Gebrauch von stummen Panels und Panelübergängen von «Gesichtspunkt zu Gesichtspunkt» − Diese ermöglichen dem Leser aus einzelnen Fragmenten eine ganze Szene zusammenzusetzen. Gebrauch von expressiven Stilmitteln für die Darstellung der Gefühlswelt − Dazu gehören expressionistische Hintergründe oder karikierende Überzeichnungen. 38
Lautmalerei (griech. Onomatopöie), Nachahmung nichtsprachlicher Töne mit dem menschl. Stimmapparat, etwa
die Darstellung von Motorgeräuschen (brrrm) oder Vogelgezwitscher (piep, tschilp). Als L. wird auch der literar. Versuch der Wiedergabe von Emotionen, Stimmungen und Atmosphäre mit sprachl. Mitteln bezeichnet.
Viriconium
Panelübergänge verlangen häufige
Bildgestaltung
Komm zurück, Mutter
Komposition
Erkenntnisse
Induktion; statische Perspektive; die Zeit wird durch stumme Panel,
simple, leicht verständliche Sprache −
oder durch wenig Handlung verlän-
aus der Sicht eines Kindes geschrieben;
gert, nicht durch die Panelform
starke Einbindung von Text ins Bild
expressive Figurengestaltung; freier teilweise komplexer Seitenaufbau;
und ungleichmässiger Strich; teilweise
schwarz unterlegte Panel; Panelrah-
realistische Hintergründe; Raum und
men variieren stark in der Grösse
Licht spielen eine grosse Rolle
relativ einfacher Seitenaufbau; Suicide Circle
häufiger Wechsel des Blickwinkels (häufig sieht man die Handlung aus
einfache, stilisierte Figuren; sehr
dem Blickwinkel des Handelnden);
realistische Hintergründe; feiner,
viele Pausen durch wenig Handlung
präziser Strich; ausdrucksstarke
auf einer Seite; langsamer, ruhiger
Mimiken; räumliche Zeichnung aber ohne
Spannungsaufbau
erkennbare, klare Lichtführung
realistischer Stil − Figuren, Hinter-
90
G.O.D
gründe und Requisiten sind gleich Normaufbau; langsamer Ablauf der
abstrahiert; durch Schabkartontechnik
Geschichte durch grosse Panel
entsteht ein weicher Strich
Farbe
Textgestaltung stilisierte Personen und Hintergründe; Mimiken durch simple Striche dargestellt und überzeugend − der grafische Stil und
ruhige Farbkomposition; flächiger
der klare Strich vermitteln ein Gefühl
Auftrag − Pastelltöne, vor allem
von Unschuld: keine Lichtführung
im braunen und grünen Farbbereich
malerischer Farbauftrag; expressive Farbigkeit − meist in leuchtenden Braun- und Gelbtönen gehalten; Schwarz Hochsprache, zum Teil sehr zerstückelt
dient nicht nur als Outline, sondern
eingesetzt; auffällige Sprechblasen;
ist fester Bestandteil der Farbkompo-
keine Lautmalerei
sition; (grosse Schwarzflächen)
grau entsteht durch den Einsatz von wenig Text; häufiges Weglassen von
Rasterfolie; Schwarz und Weiss
Sprechblasen; häufiger Einsatz von
stehen häufig für Farben und weniger
Lautmalereien
um Licht zu modellieren
schwarzweiss Umsetzung; hell/dunkel Komposition; viele Schraffuren, malerische Wirkung; klare Licht/ kein Text
Schatten Situation
Fazit
Es hat sich gezeigt, dass schizophrene Symptome häufig mit der Mimik und Gestik dargestellt werden. Ebenfalls deutlich geworden ist, dass Halluzinationen und Wahnvor stellungen bildlich dargestellt werden (siehe «自殺 サークル (Suicide Circle)», «Emily the Strange»), so dass sie für den Leser als etwas Reales erscheinen. Vieles Geschieht aber auch über die Sprache (siehe «Komm zurück, Mutter»), obwohl dieses Element auch vernachlässigt werden kann (siehe «G.O.D.»), wenn man explizite Bildinhalte zeigt. Die Wahl der Bildsprache, das heisst der Stil der Zeichnungen, kann ebenfalls psychotische Symptome verdeutlichen oder sogar selber für sie stehen (siehe «die Teufelin»). Meine Geschichte richtet sich an betroffene Personen, das heisst an Schizophrene und ihren Angehörigen. Sie soll ein Versuch darstellen, die inneren Empfindungen der kranken Person wiederzugeben. Trotzdem soll sie aufklärerische Elemente enthalten und zum Verständnis der Schizophrenie beitragen. Es ist daher wichtig, dass sich Betroffene in den Geschichten selber wieder erkennen und somit ihre Situation begreifen. Da sie ein breites Publikum, frei von Altersbeschränkung erreichen soll, muss sie leicht verständlich sein, aber trotzdem eine interessante Bildsprache haben. Kurz gesagt: Verständlich, Ansprechend, Bewegend. Verständlichkeit erreiche ich durch einen relativ einfachen Seitenaufbau. Die meisten untersuchten Comics hatten dies gemeinsam. Einen nicht geübten Comicleser könnten zu viele expressive Elemente im Format überfordern. Man muss sich stark mit den formalen Aspekten auseinandersetzen und verliert vielleicht die Geschichte aus den Augen. Die Panelübergänge müssen leicht
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nachvollziehbar sein, wie in «G.O.D.». So kann man der
Handlung einfach folgen und sich beim Betrachten der Bilder Zeit lassen. Durch eine realistische Umgebung kann der Wiedererkennungseffekt erhöht werden und der Betrachter fühlt sich näher mit der Geschichte verbunden. Stilisierte Figuren ermöglichen eine zusätzliche Identifikation mit der Handlung. Jedoch erscheint mir, für meine Zwecke die stilisierte Umsetzung von «Komm zurück, Mutter» nicht der richtige Weg zu sein. Da sie doch etwas Kindliches und Naives hat. Die japanische Umsetzung von «自殺 サークル (Suicide Circle)» erscheint mir da objektiver. Der Comic kann zusätzlich durch einen in teressanten Strich ansprechend wirken. Er darf aber nicht zu expressiv sein, damit ungeübte Leser nicht abgeschreckt werden. Eine einheitliche Farbkomposition, wie in «Viriconium» unterstützt die Grundstimmung der Geschichte. Es kann auch von Vorteil sein, farbige Seiten mit schwarzweissen zu kombinieren, damit wichtige Elemente der Handlung betont werden. Die Farbigkeit müsste aber in diesem Fall reduziert sein, damit die einzelnen Seiten nicht zu stark konkurrieren. Durch eine Handlung, mit hohem Wiederkennungseffekt kann der Comic realistisch wirken und der Leser fühlt sich direkt an ge sprochen. Es kann sehr bewegend sein, sich selber in der Geschichte wieder zu finden und zu sehen, dass man mit seinen Problemen nicht alleine steht. Das richtige Zusammenspiel von Handlung, Stil und Farbigkeit kann starke Emotionen auslösen.
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Einblick–Ausblick Ich bin Blindtext. Von Geburt an. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, was es bedeutet, ein blinder Text zu sein: Man macht keinen Sinn. Man wirkt hier und da aus dem Zusammenhang gerissen. Oft wird man gar nicht erst gelesen. Aber bin ich deshalb ein schlechter Text? Ich weiss, dass ich nie die Chance haben werde, im Stern zu erscheinen. Aber bin ich darum weniger wichtig? Ich bin blind! Aber ich bin gerne Text. Und sollten Sie mich jetzt tatsächlich zu Ende lesen, dann habe ich etwas geschafft, was den meisten normalen Texten nicht gelingt. Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen Sie in Buchstabhausen an der
Quellen
Comics und ihrer Konventionen befassen, um mir einen Überblick in diesem Gebiet zu verschaffen.
In der zweiten Phase habe ich mich auf Bücher konzentriert, die sich mit der Geschichte der
http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2007/fr-icd.htm?gf20.htm+ | 17.03.2008
De Hert, Magiels, Thys: Das Geheimnis des Gehirnchips, ein Selbsthilferatgeber für Menschen, die an Psychose leiden. | EPO | Antwerpen| 2000
Comer, Ronald J.: Klinische Psychologie | 2. deutsche Auflage | Spektrum Akademischer Verlag | Heidelberg, Berlin | 2001
Umsetzung der praktischen Arbeit helfen.
mit einer Bildergeschichte illustriert ist. Dies wird mir sicher auch viel bei der
Ich fand auch das Buch «das Geheimnis des Gehirnchips» zum Thema Schizophrenie, das
In einer ersten Phase der Recherche beschäftigte ich mich mit Psychologie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Comic | 17.03.2008
http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/fuchs_comics/fuchs_comics.html | 17.03.2008
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/comic/bcth0007.html | 17.03.2008
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/comic/bcth0006.html | 17.03.2008
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/comic/bcth0005.html | 17.03.2008
http://www.szekatsch.com/comics/wissen/02_comicgeschichte.html | 17.03.2008
Platthaus, Andreas: Im Comic vereint - Eine Geschichte der Bildergeschichte | Insel Verlag | Frankfurt am Main, Leipzig | 2000
Packard, Stephan: Anatomie des Comics, Psychosemiotische Medienanalyse | Wallstein Verlag | Göttingen | 2006
McCloud, Scott: Comics machen, alles über Comics, Manga und Graphic Novels | Carlsen Verlag | Hamburg | 2007
McCloud, Scott: Comics richtig lesen, die unsichtbare Kunst | erstmals erschienen 1994 | Carlsen Verlag | Hamburg | 2001
McCloud, Scott: Comics neu erfinden, wie Vorstellungskraft und Technologie eine Kunstform revolutionieren | Carlsen Verlag | Hamburg | 2001
Kagelmann, H. Jürgen (Hrsg): Comics Anno, Jahrbuch der Forschung zu populär-visuellen Medien Vol.3 1995 | Profil Verlag | München, Wien | 1995
Hein, Hühners, Michaelsen: Ästhetik des Comic | Erich Schmidt Verlag | Berlin | 2002
Havas, Habarta: Comic Welten, Geschichte und Struktur der neunten Kunst | Edition Comicforum | Wien | 1993
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In der dritten Phase habe ich Comics Gesucht, die meinen Kriterien entsprachen.
http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/hickethier_grundbegriffe/hickethier_grundbegriffe.html | 17.03.2008
http://www.literature.org/authors/poe-edgar-allan/tell-tale-heart.html | 17.03.2008
http://www.lettern.de/reweld.htm | 17.03.2008
http://www.infobitte.de/free/lex/allgLex0/l/lautmalerei.htm | 17.03.2008
http://www.comic-tempel.de/catalog1/product_info.php/products_id/985/XTCsid/a07c9094d149f3f1ea252446f0ba82c3 | 17.03.2008
http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/DENKENTWICKLUNG/Deduktion.shtml | 17.03.2008
Katsuki-Pestemer, Noriko: Grundstudium Japanisch 1 | 1. Auflage | Wolf Verlag | Regensburg | 1999http://www.animey.net/reviews/430 | 17.03.2008
Heller Eva: Wie Farben wirken, Farbpsychologie, Farbsymbolik, Kreative Farbgestaltung | Rowohlt Taschenbuch Verlag | Hamburg | 1999
Sonstiges:
Sommer, Anna: Das Beste kommt noch | Strapazin - Das Comicmagazin, Kindheit | Nr. 85 | 2006
Hornschemeier, Paul: Was dann? | Strapazin - Das Comicmagazin | Nr. 83 | 2006
Bellstorf, Arne: Bei Frau Rabe | Strapazin - Das Comicmagazin, Comics aus Hamburg | Nr. 82 | 2006
Usamaru, Furuya: 自殺 サークル (Suicide Circle) | Shodoku | Japan | 2002
Parker, Buzz: Emily the Strange - Verlorener Band 2 | Achterbahn Comics | Oldenburg | 2006
Ott, Thomas: Greetings from Hellville, G.O.D. | Edition Moderne | Zürich | 1995
Oesterle, Uli: Hector Umbra, der Halbautomatische Wahnsinn Teil 1/ fern von Osaka | 1. Auflage | Edition 52 | 2003
Mathieu, Marc-Antoine: Der Wirbel | 1. Auflage | Carlsen Lux | Hamburg | 1994
Ledroit, Mills: Requiem - der Vampiritter, Band 6, Hellfire Club | Kult Edition | Wuppertal | 2006
Jüdt, Dieter: Viriconium | 1. Auflage | Verlag Sackmann und Högndl | Hamburg | 2000
Hulet: Immondys, Au-delà de l’Impossible, Le Casse-Tête | Édition Gélant | Grenoble | 2000
Hornschemeier, Paul: Komm zurück, Mutter | Carlsen Verlag | Hamburg | 2007
Helmbold, Ute: Die Teufelin | 1. Auflage | Carlsen Lux | Hamburg | 1992
Chadwick, Madsen, Strdley: Lies, Death, and Olfactory Delusions | The Dark Horse Book of Hauntings | 1st Edition | Dark Horse Comics | Milwaukie | 2003
Barker, Clive: Der Dieb der Zeit | 1. Auflage | EHAPA Comic Collection | Köln | 2007
Aus dieser Liste habe ich die sieben Geschichten für die Analyse ausgewählt.