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Was ist rechtlich normal?
ZURÜCK ZUR NORMALITÄT? WAS IST RECHTLICH NORMAL?
«Dä isch jo ned normal!» oder «Bisch ned ganz normal!» – solche Ausdrücke und Begriffe sind in unserem täglichen Wortgebrauch. Doch was ist «normal» im Rechtssinne?
Normal hat gemäss Duden zwei Bedeutungen: Einerseits kann etwas der Norm entsprechend sein, also vorschriftsmässig sein. Es kann aber auch ausdrücken, wie sich die allgemeine Meinung das Übliche, Richtige vorstellt. Es geht also um das Einhalten gewisser Regeln, wobei diese mit dem Wort «normal» nicht genau umschrieben sind. So ist es normal für einen Weitspringer, über ein zwei Meter breites Bachbett zu springen, hingegen nicht normal für eine 80-jährige Person. Oder es ist normal, wenn Nestlé eine grosse schweizweite Werbekampagne fährt, hingegen ist es nicht normal, wenn dies ein Einzelunternehmen macht. Wir sehen also, Normalität ist relativ. Und schon das zweite komische Wort: «relativ».
Bleiben wir bei der Normalität und dem Recht. Das Recht versucht ja, die heute geltenden Regeln – also das, was eigentlich «normal» sein sollte, festzuhalten. Eben zu «normieren». Hier beginnt die grosse Schwierigkeit. Es gibt eigentlich keinen «Normalfall», es gibt auch keine «NormMenschen» und auch keine «NormPolitiker», sondern jede und jeder ist anders. Normalität bezeichnet nämlich einen bestimmten Bereich, der okay ist – dieser Bereich ist aber eben nicht genau abgegrenzt. Das Recht legt in der Regel aber starre Grenzen fest.
Gesetze und Normalität
Recht tritt in unserer Gesellschaft anstelle des Faustrechts. Nicht eine Einzelmeinung bzw. eine Reaktion aufgrund eines Ereignisses soll «Recht» ausmachen, sondern das, was in einem demokratischen System die Mehrheit der Leute will. Also das, was die meisten als «normal» anschauen. So war früher in der Schweiz Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt, welches mit einer Busse bestraft wurde. Aufgrund ausländischen Drucks hat sich die Normalität verschoben. Heute wird Steuerhinterziehung allgemein als verwerflich betrachtet. Sie ist also nicht mehr «normal». Auch in anderen Lebensbereichen ändern sich die Normalitäten, also das, was normal ist. Wenn wir nun immer für die neuen Realitäten einfach ein neues, zusätzliches Gesetz machen, so wächst die Menge an Gesetzen. Und weil die neuen Lebensrealitäten immer spezifischer werden – es gibt überall immer mehr Spezialisten –, wachsen die Gesetze umso mehr. Und in vielen Bereichen profitieren ein paar wenige von der Situation. Aber die alten Gesetze und Einschränkungen bleiben. Damit verliert man die Übersicht und das Wissen, was wo normal ist, d. h., was für welche Situation gilt. Das macht uns unsicher, was wir dann in Referendums- oder Initiativabstimmungen zum Ausdruck bringen. Ist diese Entwicklung noch normal? Nein. Wir müssen sie stoppen. Hier ziehe ich mein erstes Fazit:
Dr. Hans R. Schibli
Konsulent AGV ➔ Mehr Normalität. Für jedes
Gesetz, welches erlassen wird, soll eine anderes aufgehoben werden.
Politik und Normalität
In der Politik ist es normal, dass man viele parlamentarische Vorstösse oder Initiativen macht. Nur das gibt die notwendige Aufmerksamkeit, welche man braucht, um wiedergewählt zu werden. Wer diese Normalität nicht beachtet, geht schliesslich unter. Auch wenn dies zu einem steigenden Aufwand für staatliche Stellen, Verbände etc. führt, so ist es doch normal geworden und ersetzt quasi die Diskussion über Gemeindeangelegenheiten, welche früher am Stammtisch stattfand. Daher der zweite Schluss für uns Gwärbler: ➔ Mehr Normalität: Wir als AGV
müssen auch fordern. Immer wieder. Derzeit ganz wichtig: die Behebung des Fachkräftemangels. Der AGV ist mit seinem Programm «Schule trifft Wirtschaft» vorne dabei.
Alter und Normalität
Bis heute ist normal, dass man mit 65 in die Pension geht. Wenn man etwas Geld hat, dann will man ja «noch etwas haben vom Leben». Nun der Krieg. Dieser wird – glücklicherweise – als nicht normal empfunden. Und auch die weiteren Drohungen von Russland und China. In den letzten dreissig Jahren wurde es normal, dass man eine Rente hat mit 65, von der man leben kann. Diese «Normalität» könnte sich aber auch wieder ändern. Dazu kommt der Fachkräftemangel. Hier sollten wir uns darauf vorbereiten, dass morgen nicht mehr alles normal ist, was heute normal ist.
➔ Neue Normalität: Pensionierte
weiterhin einsetzen im Betrieb, mit den PK entsprechende Lösungen suchen.
➔ Neue Normalität: Pensionier-
te müssen wieder arbeiten, weil die Umwandlungssätze sinken werden.
Ich wünsche Ihnen einen normalen Tag, normale Kunden und viel Freude bei der Arbeit.