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EIN SPEZIELLES WINTERPORTRAIT
Bild: kb Bild: shutterstock ARTIER-CHÖPF Q U FOLGE 91
ALEX WINTER «Ich bin ein Schatten meines einstigen Selbst»
So weit sei es gekommen, seufzt Alex Winter unüberhörbar laut, schüttelt sich und ein paar mickrige Schneeflocken stieben davon. Dann schnaubt Winter ärgerlich: «Wenn die Menschen über das Wetter sprechen, behaupten sie oft, dass sie es zum Glück nicht ändern können. Von wegen! Menschbeeinflusst wurde das Klima in den letzten Jahrzehnten zur Klimakatastrophe!» Dann aber jauchzt Alex fast: «Momentan kann ich mich immerhin sogar im Unterland ein wenig austoben. Ich bin nicht lauwarm, fad und ausgetrocknet wie letztes Jahr.» Ruft’s, wirbelt durch die Luft und die Schneeregentropfen verwandeln sich in glitzerndes Kristall.
Ich bin weiss und hart und kalt. Das ist meine angestammte Natur. Frostig, grau und dunkel. Manche Leute mögen mich, andere nicht. Manchen bringe ich Depression und Trübsal, andere treiben Wintersport, noch andere ziehen sich zurück, wenn sie nur können, um nichts zu tun. Dieses Jahr mache sich die Schwermut noch breiter als sonst, hörte ich sagen. Gerade unter ganz jungen Menschen, die mich schlecht ertragen, zumal unter den Bedingungen der aktuellen Seuchenpolitik, wo das Beisammensein erschwert und verunmöglicht ist. Sie tun mir leid, die Bedrückten, doch bin ich, wer ich bin. Manchen Tieren bringe ich Ruhe und Schlaf, anderen Hunger und Not. Ich gehöre dazu, es braucht mich, jedenfalls in diesen Breitengraden. Jedenfalls bisher.
Bild: kb
Spass eine kalte Bise ins Gesicht. Nur um zu zeigen, dass ich doch meine Spielräume habe.
Ich kann nicht allein über mich Mütter ziehen ihre Kinder auf Plasbestimmen, doch wer kann das tikschlitten über die halb schneeschon. Ich bin abhängig von glo- bedeckten Quartierstrassen und balen Strömun- reagieren untergen und vom Geschehen in «Ich kann nicht schiedlich auf das trotzige Weider Atmosphä- allein über mich nen der Kleire, genauer in der Troposphäbestimmen, doch wer nen, wenn diese die aperen Stelre. Das entnahm kann das schon.» len auf eigenen ich dem Ge- Füssen überquespräch zweier ren müssen. Ja, junger Meteorologinnen, die kürz- ich konnte nicht die ganze nördlilich an der flaschengrünen, trägen che Welt, die ganze Stadt, das ganAare spazierten. Ich blies ihnen zum ze Quartier so weiss zudecken, wie ich es gerne tun würde, wie es meinem Wesen und meinem Charakter entspricht. Doch wird trotzdem jeder noch so kleine Abhang zum Vergnügungsort für die Kinder, selbst wenn er nur dürftig mit Schnee bedeckt ist. Abefahre, ufeloufe, abefahre, ufeloufe und so weiter.
Die alte Hündin wälzt sich im Neuschnee, als wäre sie wieder jung und hätte es nicht im Kreuz. Die Füchse schreien durch den frühen Morgen, eine vielfältige Vogelschar findet sich bei den Futterhäuschen ein, die streunende Katz sucht Zuflucht in einer mit Lumpen ausgelegten Kartonschachtel unter einer Treppe. Das Wintergemüse in den Beeten steht etwas verdutzt im harschigen Schnee. An Garten- und Aarebordsträuchern leuchten rote Beeren durch die grauen Tage. Hin und wieder ein paar Stunden Sonnenschein. Und am Abend Feuer in Gärten und Hinterhöfen. Dort treffen die Leute einander.
Die Nächte sind kalt. Die Stadt schläft unter dicken, lichtverseuchten Wolken. Meine Nächte in den Bergen aber sind atemberaubend schön. Der Himmel ist dort tiefschwarz über einer schneeweissen Landschaft. Die Sterne funkeln gestochen klar und quer über das ganze Firmament läuft die Milchstrasse, leuchtend und wunderbar. Bei Vollmond strahlen die Gletscher durch die eiskalte Dunkelheit. – Hier bin ich noch in meinem Element!
Jede Jahreszeit hat ihre Schönheit und ihren Zauber. Der ganze Jahreskreis. Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wir haben das Recht zu existieren.
Belauscht und aufgezeichnet von Katrin Bärtschi
Bild: shutterstock
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«Ist mein Anlageportfolio auf Kurs?»
Ein echter Bärner Gieu in der Rolle des Bundesermittlers Kägi: Marcus Signer. Bilder: zVg © SRF Das ungleiche, aber bewährte Duo ermittelt wieder gemeinsam: Manfred Kägi und Rosa Wilder.
DER BERNER SCHAUSPIELER MARCUS SIGNER IM INTERVIEW «Abschiede ohne körperliche Nähe sind fies»•
Seit letzter Woche läuft auf SRF 1 jeweils dienstags die dritte Staffel der SRF-Erfolgsserie «Wilder». Im Mittelpunkt der Krimireihe stehen Ermittlerin Rosa Wilder (Sarah Spale) und Bundespolizist Manfred Kägi, gespielt von Marcus Signer. Signer wurde 1964 in Bern geboren und liess sich nach einer turbulenten Jugendzeit und einer abgebrochenen Hochbauzeichner-Lehre Mitte der 1980er-Jahre in der Berner Theaterwerkstatt 1230 zum Schauspieler ausbilden. Nach mehreren «Tatort»-Auftritten (u.a. in der Berner Folge «Time-Out» von Bernhard Giger 2001) und Filmen wie «Brandnacht» 1993 mit Bruno Ganz konzentrierte er sich vor allem auf die Bühne, u.a. im Stadttheater. Der grosse Kino-Durchbruch folgte erst 2011 mit «Mary & Johnny» (Berner Filmpreis 2012) und mit «Der Goalie bin ig» 2014 nach dem Bestseller von Pedro Lenz. Seither gehört Signer zu den begehrtesten Schweizer Charakterdarstellern, wozu auch seine Rolle in «Wilder» seit 2017 zählt. Der Anzeiger für das Nordquartier hat sich mit Signer über sein aktuelles TV-Engagement und die schwierige Situation für Künstler in Zeiten der Pandemie unterhalten.
Marcus Signer, wie haben Sie die Zeit vom Lockdown bis heute erlebt? Der «Wilder»-Dreh musste bekanntlich im März 2020 unterbrochen werden und das Warten zehrte dann ein wenig. Aber ich durfte nach den Innenaufnahmen im Sommer auch nach Ungarn fahren und unter Markus Fischer «Die Schwarze Spinne» drehen, weil dort jemand ausgefallen war. Gotthelf-Rollen hatte ich ja schon zu Beginn meiner Karriere im Theater. Mir ging es «gäbiger» als anderen, die gar nichts hatten. Natürlich ist die Pandemie mühsam, aber mich traf das Virus nicht und auch niemanden in meiner Familie und meinem Umfeld. Ich verlagerte meine Tätigkeiten auf musische Erholungsgebiete. Malte, schaute viele Filme, las Bücher und Texte. Langeweile, Depression und Existenzangst blieben fern.
Konnten Sie sogar einen positiven Aspekt erkennen? Objektiv betrachtet kaum, subjektiv hingegen schon. Ich habe die Ruhe als sehr angenehm empfunden. Gerade die Leere am Bahnhof wirkte beruhigend. Die Pandemie nahm Tempo aus dem Leben, wir hatten Zeit für die Besinnung auf das Wesentliche. Was sich aber nicht verändert hat: Die Menschen sehnen sich immer noch nach dem alten Leben und nicht nach etwas Neuem. Ich hätte mir mehr Nachhaltigkeit versprochen. Doch da waren bloss kleine Effekte: Die Leute fuhren mehr Velo, was mir immerhin als Naturschützer sehr gefällt.
Haben Sie Kultur anders wahrgenommen? Ich habe das Radio wieder entdeckt. Und das Büchergestell abgesucht, geschaut, was im Vorrat ist, welche Konserven, auch im übertragenen Sinn. Wir haben notgedrungen auf Büchsenfutter zurückgegriffen. Aber wir wurden auch lethargisch und zelebrierten dies am Anfang sogar ein wenig. Home Office, Sweet Home, Family Home … Am Schluss waren sich die Leute sogar zu schade, die neu gewonnene Zeit mit Kochen zu verbrauchen. Mir fiel vor allem auf, dass mehr Büchsen gekauft wurden. Die Stalden-Schoggicreme stand plötzlich wieder zuvorderst in den Regalen.
Bloss schade, dass sie nicht mehr aus dem Emmental kommt … Ja. Aber ihr Image ist seit längerem problematisch. Die Firma, die sie herstellt, ist ja nicht gerade ein Sympathieträger. Auch das ist typisch: An der Krise verdienen vor allem die Unsympathischen, die Multis. Doch das ist alles alter Hafenkäse und war vorher nicht anders. Schon früher gingen immer die Kleinen schneller ein. Und die Einsamen wurden noch einsamer. Beerdigungen ohne die Liebsten sind gemein und furchtbar, Abschiede ohne körperliche Nähe fies. Auf dem Dreh vermisste ich jeweils am meisten, dass ich die Crew-Gesichter nicht mehr richtig sehen konnte. Und die alltäglichen Berührungen, Händeschütteln zum Beispiel.
Haben Sie je mit Ihrer Rolle in «Wilder» gehadert? Nein, nein, die gefiel mir immer zu gut. Und «Wilder» ist ein toller Auftrag. Das einzige, was manchmal mühsam ist, ist die Warterei. Aber auch daran kann man sich gewöhnen. Seriendrehs sind spezieller als jene für Filme, die Gefahr ist da, träge zu werden. Man sollte die Kräfte gut einteilen, die Präsenzzeit ist gross. Wach hält einen, dass man sich immer in neue Situationen und Orte versetzen muss, weil selten chronologisch gedreht wird. Es ist wie ein Puzzle und strengt den Kopf an.
Ist Ihr Einfluss mit der Zeit gestiegen? Ja, ich mache mittlerweile als Berner viele Vorschläge, wie man Dinge anders sagen könnte. Wobei es unter den Drehbuch-Autoren auch einen Berner hat, den Moritz Gerber. Es ist schön, dass ich die Freiheit habe, mich einzubringen und hilft beiden Seiten.
Welche Rolle spielt der Regiewechsel von Pierre Monnard zu Jan-Eric Mack? Beide haben ihre Qualitäten und sind sehr geduldig. Den Umgebungswechsel von den Bergen in den Jura nahm ich allerdings als fast entscheidender wahr. Beim Dreh zur ersten Staffel auf dem Urnerboden gab es Schwierigkeiten, Fälle von kalter Lungenentzündung und einige Leerläufe. Aber die Crew war toll und hat alles gerettet. Aus Amerika hört man oft: «Such a great team». Hier war und ist es wirklich so.
Ergaben sich aus dem Stopp im März zusätzliche Schwierigkeiten? Es war sehr unangenehm, im Sommer Winterkostüme zu tragen, eine «schwitzige» Sache. Man musste alle Räume «abecoole», was viel Energie verschlang. Der Unterbruch gefiel niemandem, färbte aber nicht auf die Qualität ab, habe ich jedenfalls das Gefühl.
Wir haben Sie kürzlich in der SRFSerie «Motel» von 1984, die zur Zeit wiederholt wird, in einem kurzen Auftritt als Rekrut gesehen. Wir haben gar nicht mehr gewusst, dass Sie dort auch dabei waren. Da schliesst sich mit dem jüngsten SRF-Serienerfolg «Wilder» ja ein Kreis ... Doch, doch, das bin ich, ich sehe aus wie ein Gartenzwerg ohne Hut. Ich war knapp 20 damals. «Motel» wird übrigens gar nicht in meiner Filmographie geführt, das müsste man fast noch nachtragen. Apropos SRF-Serien: Die «Kummerbuben» von Franz Schnyder sind jüngst auch wieder gelaufen. Aber dort war ich definitiv nicht dabei ...(lacht; Signer war damals 4-jährig) Aufgezeichnet von Jean-Claude Galli
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