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Wozu ein Themendossier? Das Themendossier gibt Journalisten Inspiration für eine Story über Zürich und seine Region. Die Reportagen geben einen kleinen Einblick in das Leben der Menschen, die so unterschiedlich wie ihre Stadt sind. Sie erzählen Geschichten und liefern Ideen für eine Recherchereise nach Zürich. Die Texte und Fotos sind honorarfrei und stehen Redaktionen, Journalistinnen und Journalisten kostenfrei zur Verfügung (Quelle: Zürich Tourismus). Weiteres Bildmaterial steht zum Download bereit unter zuerich.com/themendossier
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GrossmĂźnster am Zwingliplatz
Vorwort Hat Zürich das Reformationsjubiläum verschlafen?
In Zürich lebten seither Querdenker, deren Arbeit
Luther und die Reformation wurden in Deutschland
inspiriert und anregt. Visionäre, die Neues wagen.
doch bereits 2017 ausgiebig gefeiert. Aber Zürich
Christian Bärtsch etwa, der Mehlwürmer in Burger
ist nicht Wittenberg und Zwingli nicht Luther: Zwingli
und Insektenbällchen verwandelt, oder Daniel Drei-
sei kreativer und weltgewandter gewesen, schreibt
fuss, der vom Investmentbanker zum passionierten
»Zeit Online«. Kreativ und
Uhrenmacher
weltgewandt geht es darum
Knutti, der Wissenschaftler,
auch an den Jubiläumsfeier-
der unbeabsichtigt zum Kli-
lichkeiten
makommunikator wurde und
#ZH-Reformation
bis 2019 zu und her.
wurde.
Reto
den Medien immer wieder geduldig erklärt, warum der
Zwingli war Querdenker und
Mensch eben doch etwas mit
Visionär. Seine Bibelüberset-
der Klimaerwärmung zu tun
zung machte den einfachs-
hat. Die Künstlerinnen Brigitte
ten Bürgern deutlich, dass
Dätwyler und Lena Maria Thü-
Sünden nicht mit Geld ab-
ring blicken auf die Riten und
zugelten sind, was zur Ab-
Religionen von Frauen mit Mi-
schaffung des Ablasshandels
grationshintergrund, während
führte. Das Zölibat liess er
Filmemacher Stefan Haupt in
gleich selbst aufheben, um seine Anna heiraten
seinem Zwinglifilm dessen Frau Anna zu Wort kom-
zu können. Und sein Einsatz gegen das Söldner-
men lässt und die Geschichte aus ihrer Perspektive
wesen und für ein von der Kirche mitgetrage-
erzählt. Sie alle verwandeln, revolutionieren und re-
nes Sozialwesen machte Zürich zur wirtschaftlich
formieren Zürich stetig neu und sorgen dafür, dass
stärksten Stadt der Schweiz. Sie ist es bis heute.
die Stadt auch in Zukunft zu reden gibt.
Martin Sturzenegger, Direktor Zürich Tourismus
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Themendossier Zürich | Querdenker
Seiten 6 – 9
Der Influencer | Huldrych Zwingli
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Seiten 10 – 13
Eine köstliche Revolution | Christian Bärtsch, Essento
Seiten 14 – 17
Der Klimakommunikator | Reto Knutti
Seiten 18 – 21
Kollektive Kraft | Brigitte Dätwyler und Lena Maria Thüring
Seiten 22 – 25
Der kreative Beobachter | Stefan Haupt
5
Seiten 26 – 29
Der Menschensammler | Daniel Dreifuss
Seiten 32 – 35 ZÜRICH-NORD
LIMMAT
ZÜRICH-WEST
INNENSTADT
SIHL
NIEDERDORF
SEEFELD
ENGE
ZÜRICHSEE
Informationen, Karte, Impressum & Kontakt
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Der Influencer | Huldrych Zwingli Würde Zwingli heute noch leben, wäre er bestimmt ein Influencer, denn er war schon seinerzeit ein moderner Denker. Zürich feiert Zwingli und die Reformation die nächsten zwei Jahre. Und für uns ist er noch einmal auferstanden. Endlich legt Huldrych Zwingli sein Mobiltelefon zur Seite. Auf diesem schrieb er seit unserem Eintreffen in seiner »Stube« – wie die Zürcher Zwinglis Arbeitszimmer im Grossmünster nennen – eifrig Nachrichten. Auch jetzt lugt er immer wieder auf den Bildschirm des Geräts, auf dem wir das blaue Vögelchen von Twitter entdecken. Wir fragen ihn, was es damit auf sich hat. »Na ja«, beginnt er: »… ihr wisst ja, dass ich ein ›Influencer‹ bin. Als solcher muss ich ständig online sein.« Ob das bei unserem berühmten Gesprächs-
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partner wirklich ein Muss ist, sei dahingestellt. Aber
endlich für alle lesbar ist und so verstanden wird.
eins ist klar: Durch ihn gelangt das Wort Gottes ans
Und doch, so Zwingli seufzend: »Die Leute sind
Volk. Und seine Twitter-Posts sind beliebt. Sie er-
leider faul. Sie lesen keine ganzen Bibeln mehr.
reichen knapp eine Milliarde Follower* täglich – zu
Darum twittere ich Auszüge davon. Mit diesen 280
jeder Tages- und Nachtzeit. Kein Wunder, denn
Zeichen erreiche ich alle meine Schäfchen.«
seine motivierenden und aufmunternden Worte helfen vielen durch den Alltag: »Tuond umb Gotzwillen
Ein cleverer Kerl, denken wir uns – und einfluss-
etwas Dapfers!« (Tu um Gottes Willen etwas Tap-
reich. Die Zürcher hat er bis heute, 500 Jahre nach
feres.) Oder »Wo sich Gott ufftuot, da muoss der
seinem Amtsantritt am Grossmünster, voll im Griff.
Tüfel wychen.« (Wo Gott sich auftut, da muss der
Nicht umsonst sprechen wir von der Zwinglistadt,
Teufel weichen.)
wenn wir Zürich meinen. Das wird bis 2019 ausgiebig gefeiert. Mit Programmpunkten wie zum
Wir nennen ihn darum einen wahren Revolutionär.
Beispiel: #ImmerdieseZwinglis oder #Denkfest und
Doch davon will Zwingli nichts wissen: »Aber nein,
#SchuledesHandelns.
meine Lieben«, sagt er, »ich bin doch kein Revolutionär! Ein Reformator meinetwegen, aber ein Revo-
Bis Anfang 2019 wird das facettenreiche Langzeit-
luzzer?« Bescheiden scheint er zu sein, der Leut-
festival des Reformationsjubiläums über verschie-
priester, der aus dem ländlichen Toggenburg im
dene Spielstätten in der gesamten Schweiz verteilt.
Osten der Schweiz nach Zürich ans Grossmünster
Dabei kooperieren sie mit den großen Institutionen
berufen wurde.
Zürichs (u.a. Schauspielhaus, Opernhaus, Theater Neumarkt, Universität, Landesmuseum) genauso
Und auch eine andere Feststellung von uns verwirrt
wie mit freischaffenden Künstlerinnen und Künstler,
ihn: »Wieso ich so viel twittere?«, fragt er erstaunt.
sowie mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
Dann erklärt er aber doch – großmütig, wie er sich
lern aus ganz Europa.
gibt: »Ihr habt bestimmt mitbekommen, dass ich
zh-reformation.ch
die Zürcher Bibel aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt habe. Dabei war ich schneller als Luther«, triumphiert er augenzwinkernd. »Bei meinem Freund und Buchdrucker Christoph Froschauer – bei dem wir einmal während der Fastenzeit Würste gegessen haben – …«, fügt er kichernd und flüsternd hinzu, »… ließ ich zunächst das Neue Tes-
* Anzahl Christen weltweit gemäß The Changing
tament, dann Teile des Alten Testaments drucken.«
Global Religious Landscape, Pew Research Cen-
Er erklärt, dass die Bibel durch seine Übersetzung
ter, am 5. April 2017
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Eine köstliche Revolution | Christian Bärtsch, Essento Auf den Wurm gekommen: In seiner Firma Essento produziert Christian Bärtsch Burger, Insektenbällchen und sogar Energieriegel aus Insekten und prägt so den Lifestyle der kommenden Generationen. Revolutionary Delicious – das ist das Motto der Firma Essento. Die Ernährungsrevolution, welche Christian Bärtsch gemeinsam mit seinem Team anstrebt, sorgt in unseren Breitengraden häufig noch für Staunen und Skepsis, denn es geht um Insekten. Unter der Marke Essento findet man in einem der größten Lebensmittelgeschäfte der Schweiz inzwischen Insektenburger, -bällchen und seit Neustem auch -energieriegel: »Insekten sind hervorragende Proteinlieferanten, was liegt also näher, als sie in Sportlersnacks
zu packen?«, fragt Christian Bärtsch geradeaus.
Adrian Keller, AT Verlag Aarau) mit lehrreichen In-
Sein Antrieb ist es unter anderem, den allgemeinen
fografiken. »Kochbücher sind überaus beliebt. Und
Fleischkonsum in nachhaltigere Bahnen zu lenken.
wenn man die tollen Bilder der leckeren Gerichte sieht, ist die Hemmschwelle vielleicht bereits ein
Für den jungen Unternehmer und Quereinsteiger
wenig geringer«, meint Bärtsch. Bei der Frankfur-
ist das Insektenessen auch privat längst zur Nor-
ter Buchmesse gewann das Kochbuch prompt
malität geworden. Wie übrigens für 30 Prozent der
die Silbermedaille der Gastronomischen Akademie
Weltbevölkerung. Nur in Europa und Nordameri-
Deutschlands (GAD) als eines der besten deutsch-
ka ist das Thema noch Neuland. Auch Bärtschs Freunde und Familie reagierten auf seinen Weg vom
Volkswirtschafts-
studium zu den Insekten
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»In ein paar Jahren lachen wir über das ganze Theater, das einst um das Essen von Insekten gemacht wurde.«
sprachigen Kochbücher. Die Schweiz hat dank Essento
europaweit
eine Vorreiterrolle in Sachen
Insektennahrung
überrascht. Dank ihm gelten Insekten – um genau
eingenommen und die Produkte der Firma sind
zu sein Grillen, Wanderheuschrecken und Mehl-
stets innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Christi-
würmer – in der Schweiz seit Mai 2017 als legale
an Bärtsch führt das auch auf Zürich und die hier
Lebensmittel. Um seinen Plänen politisches Gehör
lebenden Menschen zurück: »Zürich ist für die
zu verschaffen, organisierte er mit Gleichgesinnten
Schweiz, Essento und mich Dreh- und Angelpunkt:
einen Insekten-Apéro in der Wandelhalle des Bun-
Hier treffen Fachkräfte von Uni und ETH auf ein
deshauses. Die anwesenden Parlamentarierinnen
überaus internationales und offenes, kulinarisch
und Parlamentarier seien positiv überrascht gewe-
interessiertes Publikum, das gerne Neues auspro-
sen und – was Bärtsch besonders freut – neugierig
biert.« Querdenker Bärtsch ist sich sicher: »In ein
auf mehr.
paar Jahren lachen wir über das ganze Theater, das einst um das Essen von Insekten gemacht wurde.«
Nachdem das Lebensmittelgesetz geändert wurde, ging alles Schlag auf Schlag und die Produktion konnte beginnen. Nur: Wie bringt man den Verzehr von Insekten an die Kunden? Der junge Geschäfts-
KONTAKT
mann hatte eine clevere Marketingidee: Um den
Essento Food AG
Menschen das Ekelgefühl zu nehmen, produzierte
Aargauerstraße 3
er gemeinsam mit Sterneköchen, bekannten Au-
CH-8048 Zürich
toren und einem Food-Fotografen ein Kochbuch
christian@essento.ch
(»Grille, Heuschrecken & Co.«, Christian Bärtsch,
essento.ch
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Der Klimakommunikator | Reto Knutti Obwohl das Thema Klimawandel omnipräsent ist, sprechen die wenigsten gerne darüber. Reto Knutti, Klimaphysik-Professor, arbeitet daran, Themen wie Energiesysteme, Klimawandel und -forschung hip, spannend und so verständlich wie möglich zu präsentieren. »Die Zeit läuft uns davon«, sagt Reto Knutti, Professor für Klimaphysik an der renommierten Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH). Er spricht vom Einfluss des Menschen auf das Klima. Das mag düster klingen, aber kaum jemand weiß besser Bescheid als er: Reto Knutti leitet die Gruppe für Klimaphysik am Institut für Atmosphäre und Klima. Zudem ist er einer der Hauptautoren des internationalen IPCC-Klimaberichts des Weltklimarats. Darin steht, dass die Erwärmung des Klimasystems Tatsache ist.
Mit seinem Team entwickelt Reto Knutti Computer-
oder mit dem Auto fährt? Der Mensch klammert
modelle des Klimasystems, um zu verstehen, wie
sich an jedes Argument, welches das eigene Ge-
dieses funktioniert, was dieses macht und wie es
wissen entlastet.« Darum forciert der Professor
sich in Zukunft entwickelt. »Das ist wie eine Wetter-
eine Trendwende in der Vermittlung des Klimapro-
prognose, einfach für die nächsten Hundert Jahre,
blems: »Man sollte aufhören, den Menschen vor-
statt nur für die nächsten zwei Tage«, erklärt er. Es
zuschreiben, was sie tun oder lassen sollen, das
ist ein strahlend schöner Nachmittag, als wir den
führt nur zu einer Abwehrhaltung.« Stattdessen
ETH-Professor in seinem lichtdurchfluteten Büro
müsse das Thema cool und hip werden. Als Bei-
auf der Zürcher Universitätsanhöhe besuchen. Die Sonne strahlt durch die riesigen Fenster und in der Ferne glitzert der
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»Zu Lebzeiten Zwinglis – also vor 500 Jahren – war es deutlich kühler als heute.«
spiel nennt er den Tesla. Das Auto ist schön und leistungsstark, wodurch es begehrenswert wird. Solche
Beispiele
sind
Zürichsee. Das Bild ist so perfekt, dass man den
wichtig, aber auch die Vorreiterrolle der Schweiz
Klimawandel glatt als Hirngespinst abtun möchte.
unterstreicht Knutti: »Wenn wir in Zürich mit un-
»Das Thema Klimawandel ist dem Menschen un-
serer Infrastruktur nicht als leuchtendes Beispiel
angenehm«, weiß auch Reto Knutti. »Aber es muss
vorangehen können, wie sollte es denn sonst auf
den Leuten immer noch ein bisschen mehr weh-
der Welt machbar sein?« Um die Gesellschaft zu
tun, bevor sie reagieren.«
bewegen, gemeinsam etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, brauche es einen Anfüh-
Reto Knutti betreibt neben seiner Professur viel
rer, einen Querdenker. Jemand, der inspiriert, wie
Öffentlichkeitsarbeit. Er möchte die Expertise, über
einst Zwingli mit seiner Reformation: »Der Mensch
welche die ETH verfügt, einer breiten Öffentlichkeit
ist ein Herdentier und wenn einer inspiriert, werden
zugänglich und verständlich machen: »Die Maß-
ihm viele folgen.«
nahmen gegen den Klimawandel haben mit Fairness gegenüber kommenden Generationen zu tun. Wir müssen endlich gemeinsam den ersten großen Schritt machen. Denn die Fakten sind klar: A. Es wird wärmer, B. Der Mensch hat’s verursacht und
KONTAKT
C. Um das zu verhindern, müssen wir den CO2-
Institut für Atmosphäre und Klima ETH Zürich
Ausstoß reduzieren.«
Universitätstraße 16 CH-8092 Zürich
Doch ihm ist klar: »Wer hat schon gerne ein
reto.knutti@env.ethz.ch
schlechtes Gewissen, wenn er in die Ferien fliegt
iac.ethz.ch
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Kollektive Kraft | Brigitte Dätwyler und Lena Maria Thüring Anlässlich des Reformationsjubiläums inszenieren Brigitte Dätwyler und Lena Maria Thüring das Kunstprojekt »Arbeit als Liebe. Liebe als Arbeit.« Die beiden Künstlerinnen möchten damit zum Denken anregen. Dass die Künstlerinnen Brigitte Dätwyler und Lena Maria Thüring an einem Projekt zusammenarbeiten, ist dem freien Kurator Damian Christinger zu verdanken: Er hatte vom Verein 500 Jahre Zürcher Reformation den Auftrag erhalten, im Rahmen des Reformationsjubiläums ein Projekt zu initiieren. »Er hat uns für dieses
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Projekt verheiratet«, lachen die zwei sympathischen
Herkunft der Frauen in den Hintergrund rückt. Am
Damen. »Damian hat viel über die Geschichte der
Ende sind diese Inszenierungen als performative
Reformation und die Rolle der Frau in der Refor-
Geschichten anzusehen: »Es wird eine Art Choreo-
mation recherchiert«, erklären sie. Er hatte die Idee,
grafie aus dem biografischen Material der Frauen.
ein Kunstprojekt gemeinsam mit der FIZ, Fachstelle
Dabei soll sich eine kollektive Kraft entwickeln, die
Frauenhandel und Frauenmigration, zu realisieren.
hoffentlich als Gemeinschaft sichtbar wird.«
Die Künstlerinnen – sie selbst bezeichnen sich als Feministinnen –, die sich von der Zürcher Hochschule der Künste
»Es wird eine Art Choreografie aus dem biografischen Material der Frauen.«
Sowohl Dätwyler als auch Thüring sehen ihre Kunst auch als Forschung, in der sie diverse Themen
(ZHdK) kennen, fühlten sich sofort von der Heraus-
hinterfragen. Dätwyler leitet unter anderem Team-
forderung angesprochen. Allerdings mit der Prämis-
building-Events und Organisationsentwicklungen,
se, das Kunstprojekt frei gestalten zu dürfen: »Wenn
wo sie Fragen zu Arbeit und Motivation artistisch
wir den Frauen ein bestimmtes Thema aufzwingen,
ins Zentrum stellt. Und Lena Maria Thüring setzt ihre
wirkt das aufgesetzt und unrealistisch.« Darum ha-
Kunst ein, um immer wieder aus dem Alltag zu ler-
ben Dätwyler und Thüring entschieden, die Frauen
nen. Als forschende, untersuchende Künstlerinnen,
in mehreren Drehtagen zu begleiten und gemeinsam
als die sie sich sehen, werden sie stets aufs Neue
mit ihnen eine Videoarbeit zu entwickeln, welche
zu »Teilexpertinnen«, wie Thüring es nennt, aller-
schlussendlich in einer Videoinstallation mit dem Tiel
dings mit der Freiheit, all das Wissen, das sie sich
»Arbeit als Liebe. Liebe als Arbeit.« ersichtlich wird.
aneignen, so kreativ zu nutzen, wie sie es möchten.
Die Frauen bringen unterschiedliche Kulturen und
KONTAKT
Religionen mit – sie stammen aus Kolumbien, Bra-
Brigitte Dätwyler
silien und dem Irak. Sie müssen sich aneinander
Kurhausstraße 20
gewöhnen und das Vertrauen zu den Künstlerin-
CH-8032 Zürich
nen aufbauen. »Wir werden sie aus diesem Grund
info@brigittedaetwyler.ch
wahrscheinlich auch nicht frontal filmen, sondern
brigittedaetwyler.ch
ihre Hände, Gesten und Bewegungen.« An fünf Drehtagen geht es um Kultur und Ritus. Es wird ge-
Lena Maria Thüring
kocht, getanzt und gesungen: Zum ersten Treffen
Rousseaustraße 59
bringt jede Frau ein Rezept aus ihrer Heimat mit, ein
CH-8037 Zürich
anderes Mal werden sie ein Kostüm – man könnte
mail@lenathuering.net
von einer Uniform sprechen – nähen, wodurch die
lenathuering.net
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Der kreative Beobachter | Stefan Haupt Einem breiteren Publikum ist Regisseur und Filmemacher Stefan Haupt durch den Doku-FictionFilm »Der Kreis« bekannt, welcher die Geschichte der Homosexuellen in Zürich erzählt. Im neusten Film geht’s um den Reformator Zwingli. Auf die Frage, ob er sich selbst als Querdenker sieht, zögert Stefan Haupt: »Was mir Freunde attestieren, ist, dass ich mich mehr als andere auf die Geschichten einlasse, die ich in meinen Filmen erzähle.« Gerade junge Filmkünstler fokussierten sich oft auf Bildästhetik, wohingegen er die Wurzeln einer jeden Story zum Vorschein bringen wolle. Dazu braucht es »einen gesunden Mix aus Neugier, Beharrlichkeit und der Begabung, Menschen zuzuhören«. Zum Film ist der studierte Theaterpädagoge durch einen glücklichen
Zufall gekommen – ein Freund engagierte ihn kur-
formator Zwingli zum Tragen kommen. Schon beim
zerhand für ein Filmprojekt mit Jugendlichen.
Erzählen gerät Haupt ins Schwärmen: »Zwingli hat so vieles gemacht, das ich toll und überraschend
Dass Haupt sich auf den Kern der Geschichte und
finde.« Dank Zwinglis vollständiger Übersetzung
nicht auf das Drumherum fokussiert, sieht man
der Bibel ins Deutsche wurde die Bibel für ein brei-
nicht nur in »Der Kreis«, der an der Berlinale den
tes Publikum verständlich. Er setzte ein damals
Publikumspreis sowie den Teddy Award gewann
revolutionäres Sozialwesen durch und war ein
und die Schweiz im Oscar-Rennen vertrat. »Ein
wichtiger Wegbereiter für die Schweizer Demo-
Lied für Argyris« verschlägt dem Zuschauer die
kratie. »Zwingli war ein schlauer Fuchs und hat in
Sprache und das neuste Projekt »Zwingli« verspricht ein ebenso spannender Erfolg zu werden.
»Ein erfolgreicher Film ist längst keine Altersvorsorge.«
Zürich viele Dinge geändert, für die die Stadt ihm heute noch dankbar sein kann.« Diesen moder-
nen Vordenker – im Gegensatz zu Martin Luther
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In »Der Kreis« beleuchtet Haupt die mitreißende
las Zwingli die Schriften von Aristoteles, Erasmus
Geschichte der Homosexuellen im Zürich der 50er-
von Rotterdam oder Pico della Mirandola – möch-
und 60er-Jahre. Ergänzt werden Spielfilmsequenzen
te Haupt porträtieren und einem breiten Publikum
durch dokumentarische Einschübe, in welchen Röbi
mittels seines Spielfilms näherbringen. Dafür lässt
Rapp und Ernst Ostertag, die heute noch glück-
er sogar die mit Heizelementen versehenen Bänke
lich zusammenlebenden Protagonisten, zu Wort
aus dem Grossmünster entfernen: »Das wird kost-
kommen. Eine packende und ergreifende Story,
spielig, aber es wird sich lohnen!«, ist sich Haupt
die national und international ausgezeichnet wur-
sicher. Und wer weiß, vielleicht gibt es sogar eine
de. Bekannte und Freunde nahmen den Erfolg gar
Filmpremiere im Grossmünster, wo Zwingli vor 500
zum Anlass, den Regisseur als gemachten Mann zu
Jahren amtete? »Das Publikum stehend«, schmun-
betrachten. »Denkste!«, lacht Haupt. »Ein erfolgrei-
zeln wir gemeinsam. So war das in Gotteshäusern
cher Film ist noch längst keine Altersvorsorge.« Er,
um 1500 schließlich üblich.
der sich in jeden seiner Filme hineinfühlt, -liest und -denkt, lehnt Lehraufträge und alternative fixe Geldquellen bislang konsequent ab – obwohl er vier Kin-
KONTAKT
der hat. »Wer sagt, ohne Geld könne man keine Fa-
Fontana Film GmbH
milie ernähren, ist nicht besonders kreativ«, lächelt er.
Dienerstraße 7 CH-8004 Zürich
Seine Schöpferkraft und der Blick fürs Detail dürf-
stefan.haupt@fontanafilm.ch
ten auch in seinem neusten Projekt über den Re-
fontanafilm.ch
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Der Menschensammler | Daniel Dreifuss Sein Label Maurice de Mauriac kennen Uhrenliebhaber weltweit. Ein Besuch beim Uhrmacher und Farbendenker zeigt, wie und warum ein ehemaliger Banker im Uhrenbusiness Erfolg hat. »Ich habe das nicht von Grund auf gelernt«, betont Daniel Dreifuss gleich zu Beginn unseres Gesprächs. Er ist ein Enfant terrible in der Schweizer Traditionsbranche. »Trotzdem habe ich Erfolg, denn alle meine Taten basieren auf Tugenden wie Geduld, Demut und Fleiß – aber auch Mut und Intelligenz.« Wenn man ihm in seinem lebendigen Atelier – dem Herzen der Marke – zuhört, fühlt man die positiven Schwingungen, die Daniel ausstrahlt. Er hat sich nicht aus einer Laune in die Uhrmacherei gestürzt, auch wenn sein Lebenslauf das vermuten lässt.
Nach einer Ausbildung als Bankkaufmann geht
Dreifuss hat sich als einziger Uhrmacher auch auf
der designbegeisterte Dreifuss als Investment-
Uhrenarmbänder spezialisiert. »Niemand hat so
banker nach New York an die Wall Street. Als
viele verschiedene Armbänder wie ich«, sagt er
sein Arbeitgeber wegen Insidergeschäften bank-
stolz. Andere namhafte Juweliergeschäfte schi-
rottgeht, kommt er vier Jahre später arbeits- und
cken ihre Kunden zu ihm, wenn diese Spezialan-
fast mittellos nach Zürich. Hier hilft er einem Geschäftsmann
eher
zufällig, 10 000 Werbeuhren zu verkaufen.
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»Das einzige Glück, das ich in meinem Leben hatte, war der Moment, als ich meiner Frau begegnet bin.«
fertigungen wünschen. Diesen men,
nachzukomist
Dreifuss’
größte Freude: »Meine Uhren sind Luxus.
Von diesem Erfolg beflügelt, macht er die Uhrma-
Aber nicht die Sorte Luxus, die man mit Yachten
cherei zum Beruf – 10 Jahre lang. 1997 folgt dann
und Champagner assoziiert, sondern diejenige,
der Schritt zur eigenen Marke – Maurice de Mau-
ein einzigartiges Liebhaberstück zu besitzen, das
riac. »Mich haben Uhren schon als Kind fasziniert.
man über Generationen vererbt. Denn nichts ist
Das Ticken und Surren begeisterte mich«, sagt er,
dem Herzen so nah wie eine Uhr«, meint er au-
dessen Cousine einen Uhrenfabrikanten geheira-
genzwinkernd. Daniel Dreifuss ist ein Philosoph
tet hatte. Mit dem eigenen Geschäft erfüllt er sich
und sein liebstes Hobby sind seine Kunden: »Ich
also einen lang ersehnten Traum.
bin ein Menschensammler«, sagt er. Er hört gerne zu und interessiert sich für sein Gegenüber. Dieser
Bei Dreifuss geschieht nichts zufällig. Der Marken-
Wesenszug widerspiegelt sich im Atelier, das voll-
name beispielsweise ist wohl durchdacht: »Daniel
gestopft ist mit Designfundstücken und Andenken
Dreifuss klingt als Uhrenmarke einfach nicht sexy«,
aus aller Welt. Einiges hat er selbst hier deponiert,
erklärt er. Seine jüdischen Wurzeln will er nicht ver-
viele Gegenstände aber erhält er von seinen Kun-
leugnen, warum er ein französisches Pendant zu
den, die längst enge Freunde des Hauses sind.
Moses wählte: Maurice. Er gibt zu, dass der Zusatz »de« einfach edel klingt. Und Mauriac ist eine Ehrung an den Schriftsteller François Mauriac, Literaturnobelpreisträger. Dreifuss wählte also zwei
KONTAKT
Schutzpatrone für sein Geschäft, denn auf Glück
Maurice de Mauriac
allein vertraut der philosophische Uhrmacher nicht.
Tödistraße 48
»Das einzige Glück, das ich in meinem Leben hat-
CH-8002 Zürich
te, war der Moment, als ich meiner Frau begegnet
info@mauricedemauriac.ch
bin«, sagt er.
mauricedemauriac.ch
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Das nächtliche Zürich
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Weiterführende Informationen Huldrych Zwingli zuerich.com/reformation Christian Bärtsch | Essento Food AG essento.ch delicious-insects.ch facebook.com/essento instagram.com/essentofood Reto Knutti | Institut für Atmosphäre und Klima ETH Zürich iac.ethz.ch Brigitte Dätwyler und Lena Maria Thüring 32
brigittedaetwyler.ch lenathuering.net fiz-info.ch Verein 500 Jahre Zürcher Reformation zh-reformation.ch/projekt/illuminations Stefan Haupt | Fontana Film GmbH fontanafilm.ch zwingli-film.ch derkreis-film.ch Daniel Dreifuss | Maurice de Mauriac mauricedemauriac.ch facebook.com/mauricedemauriac instagram.com/mauriaczurich
Karte von Zürich
ZÜRICH-NORD
Lena Maria Thüring Rousseaustraße 59 CH-8037 Zürich
LIMMAT Christian Bärtsch Essento Food AG Aargauerstraße 3 CH-8048 Zürich
ZÜRICH-WEST Stefan Haupt Fontana Film GmbH Dienerstraße 7 CH-8004 Zürich
Brigitte Dätwyler Kurhausstraße 20 CH-8032 Zürich
INNENSTADT
Klima ETH Zürich Universitätsstraße 16 CH-8092 Zürich
SIHL Daniel Dreifuss Maurice de Mauriac Tödistraße 48 CH-8002 Zürich
Reto Knutti
NIEDERDORF Institut für Atmosphäre und
SEEFELD Huldrych Zwingli
ENGE
Grossmünsterplatz CH-8001 Zürich
ZÜRICHSEE
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Das GrossmĂźnster in der ZĂźrcher Altstadt
Impressum & Kontakt © 2018 häberlein & mauerer ag für Zürich Tourismus Fotos: Adrian Bretscher | Hangar Ent. Group GmbH Text: Gretta Bott Grafik: Anita Lutz | Kristin Hoos KONTAKT Mediendienst Zürich Tourismus
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