Tages Anzieger, Ubran Farmers

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Tages-Anzeiger – Donnerstag, 26. Januar 2012

Linkes Seeufer

Ein kleines Ökosystem für Wädenswil Die Schüler der Zurich International School haben ein neues Studienobjekt: Einen Fischtank, auf dem ein Gewächshaus steht.

Ein Flugblatt empfiehlt ­Gemeinderatskandidat Thomas Klemm (FDP) ohne sein Wissen als ­Schulpräsidenten.

Von Anna-Katharina Ehlert Wädenswil – Die Konstruktion ist 6 Meter lang, 5 Meter hoch und wiegt 3 Tonnen. Sie besteht aus einem Gewächshaus, in dem Gemüse und Salat wachsen. Das steht auf einem riesigen Aquarium. Der seltsame Container ist eine Kleinfarm, die Fischzucht und Gemüseanbau verbindet. Er wurde gestern von den Zürcher Viaduktbögen nach Wädenswil transportiert: Urban Farmers, eine neu gegründete Ablegerfirma der Hochschule für Angewandte Wissenschaften mit Sitz in Zürich, stellt ihren Modelltank der Zurich International School (ZIS) in Wädenswil für ein Jahr zur Verfügung. So lange übernehmen die Schüler im Zuge eines Umweltbildungsprojekts die Pflege der Fisch- und Gemüsefarm. Roman Gaus, Geschäftsführer von Urban Farmers, sagt: «Die Box ist fast so einfach konstruiert wie ein Ikea-Möbel.» Im Idealfall dauere der Auf- und Abbau nur eine Stunde. Da der Tank ausserdem seit der öffentlichen «Uusfischete» im Dezember leer sei, könne er leicht befördert werden. Ein Sattelschlepper mit Anhänger und Hebekran war dennoch nötig, um das tonnenschwere Objekt zu transportieren und in der Zufahrt zur ZIS zu deponieren.

Von Elio Stamm Schönenberg – Der Wahlkampf in Schönenberg erfolgt per Flugblatt. Sämtliche Haushalte finden in den Wochen vor den Gemeinderatsersatzwahlen vom 5. Februar regelmässig einfach gestaltete A4Zettel im Briefkasten vor, auf denen die Kandidaten für die beiden vakanten Sitze und das Gemeindepräsidium beworben werden. Ein Flugblatt ohne Absender, das die Schönenberger vorgestern Dienstag in ihren Briefkästen gefunden haben, sorgt nun aber für Aufregung in der 1900-Seelen-Gemeinde. Es gibt vor, dass Gemeinderatskandidat Thomas Klemm (FDP) die Seiten gewechselt habe: Klemm wird im Flugblatt zur Wahl als neuer Schulpräsident empfohlen. Seine Partei hat ihn aber offiziell für den anderen freien Gemeinderatssitz portiert.

Klemm: «Es ist stillos»

Biologisch und nachhaltig Anfang April wird das Aquarium wieder aufgefüllt und mit Fischen besetzt. Der Fischkot im Wasser dient den Pflanzen, die in Blähtonkügelchen wurzeln, als Dünger. Das Gemüse filtert die im Fischkot enthaltenen Nährstoffe aus dem Wasser. So gereinigt kann dieses zurück in den Fischtank fliessen. Der geschlossene Kreislauf funktioniert ohne zusätzliche Dünger, Pestizide, Fungizide oder Antibiotika. Gemüse und Fische, die der Container hervorbringt, sind demnach biologisch und nachhaltig produziert. Die ZIS denkt darüber nach, diese an

Leserbrief «Ich verspüre vor allem Enttäuschung» – TA vom 20. 1. Auf ein Baugesuch Alsen darf der Gemeinderat nicht eintreten Die Enttäuschung von Bauvorstand Richard Gautschi nach der Rückweisung der BZO-Teilrevision durch den Thalwiler Souverän ist nachvollziehbar. Denn an dieser Gemeindeversammlung ist tatsächlich die Chance verpasst worden, detailliert über die gesamte Vorlage zu diskutieren und darüber abzustimmen, auch über die Waldabstandslinie beim Grundstück Kat.-Nr. 4620 an der Alsenstrasse. Das Aussichts- und Ruhebänkli an der Alsen ist sicher nicht das gewichtigste Thema dieser Vorlage. Allerdings war für den ­Gemeinderat bereits im Rahmen der Mitwirkung klar ersichtlich, dass sich über 150 Thalwiler für dessen Erhaltung einsetzten, ohne dass ihn dies zu einer Reaktion veranlasst hätte. Mit einem Flyer in alle Haushaltungen haben diese daher versucht, sich zusätzliches Gehör zu verschaffen. Auch den übrigen, klar gewichtigeren Anliegen und Ängsten der Bevölkerung vor Verdichtung, Aufstockung und Einzonung von Grünflächen etc. hat der Gemeinderat wohl zu wenig sorgfältig Rechnung getragen. Der Gemeinderat will die Gründe für den Rückweisungsentscheid nun gründlich analysieren. Das ist sehr zu begrüssen. Es wäre ihm und uns ­Thalwilern zu wünschen, dass dabei geäusserte Vorbehalte ernst genommen werden. Für das Aussichts- und ­Ruhebänkli an der Alsen heisst das, dass auf ein allfälliges Baugesuch für das – wegen des Fehlens einer Waldabstandslinie – nicht baureife Grundstück Kat.-Nr. 4620 nicht eingetreten wird. Und zwar so lange, bis die Bevölkerung an einer Gemeindeversammlung dem Waldabstandslinienplan zustimmt. Sonst könnte leicht der Eindruck entstehen, der Gemeinderat politisiere mit der Opferung dieses jahrhunderte­ alten Aussichtspunkts bedenkenlos an der Thalwiler Bevölkerung vorbei. Fredi Wittenwiler, Thalwil

Anonymes Flugblatt irritiert Schönenberger

In diesem Container düngen Fische mit ihrem Kot Gemüse, das wiederum das Wasser reinigt. Foto: Sabine Rock

einem Stand am Wädenswiler Wochenmarkt anzubieten. Die Schule kann das System in verschiedene Schulfächer wie Biologie, Umweltnaturwissenschaften und Mathematik integrieren. ZIS-Projektleiter Nicholas Bentley sagt: «Es ist uns wichtig, die Schüler für ökologische Zusammenhänge und nachhaltiges Handeln zu sensibilisieren.» Mit dem Urban-FarmersContainer könne die Schule das nicht

nur im Klassenzimmer, sondern anhand eines kompletten Ökosystems im Kleinformat auch ausserhalb davon vermitteln. Die Mitarbeiter von Urban Farmers unterstützen Schüler und Lehrer in technischen Belangen. Ausserdem stellen sie Lehrmittel bereit, beispielsweise zum Thema «Ressourcen-Management». Die Stadt Wädenswil unterstützt die Zusammenarbeit der Zurich International School und den Urban Farmers mit

4500 Franken. Stadtpräsident Philipp Kutter (CVP) ist von den Vorzügen des Projekts überzeugt: «Wir möchten die Forschung, die in Wädenswil passiert, sichtbar machen.» Es freue ihn deshalb, dass der an der Wädenswiler Hochschule entwickelte Container nun wieder zurück in die Forschungs- und Bildungsstadt komme und den ZIS-Schülern als Studienobjekt dienen werde, sagt Kutter.

Richterswil plant weitere Alkoholtestkäufe ­Richterswil will Jugendliche weiterhin für Testkäufe einsetzen, obwohl Geschäfte und Restaurants nicht mehr gebüsst werden dürfen. Von Elio Stamm Richterswil – Während Stäfa ab sofort auf Alkoholtestkäufe verzichtet, will Richterswil weiterhin Jugendliche losschicken. Der Stäfner Gemeinderat ­reagiert damit auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 10. Januar und zieht eine Beschwerde am höchsten Gericht der Schweiz zurück (siehe Seite 15). Das Bundesgericht hat entschieden, dass Ver-

käufer nicht gebüsst werden dürfen, wenn sie Jugendlichen im Rahmen eines Testkaufs Alkohol verkaufen. Aus Sicht von Armin Steinmann (SVP), Statthalter des Bezirks Horgen, seien Bussen nicht die einzige wirkungsvolle Sanktion. Man könne wiederholt fehlbaren Wirten mit dem Patententzug drohen.

Situation analysieren Ob der Stäfner Entscheid, künftig keine Testkäufe mehr durchführen zu lassen, Signalwirkung hat für die Gemeinden am linken Seeufer und im Sihltal, lässt sich momentan noch schwer abschätzen. Die Verwaltungen und Exekutiven müssen erst die neue Situation analysie-

ren. Nicht alle dürften aber dieselben Schlüsse daraus ziehen. Die Richterswiler Gemeinderätin ­Renate Büchi (SP), die auch im Kantonsrat an vorderster Front für die Testkäufe kämpfte, sagt: «Die diesjährigen Testkäufe sind seit letztem November im Budget 2012 und beim Blauen Kreuz reserviert.» In Horgen dagegen will der Jugend­ beauftragte Ulrich Meyer dem Gemeinderat Horgen empfehlen, künftig auf Testkäufe zu verzichten. Er pflichtet dem Stäfner Gemeinderat bei: «Ohne Bussen ist die Wirkung der Testkäufe ­gering.» Ein Entscheid stehe aber noch aus, genauso wie die Prüfung alternativer Massnahmen.

Ein alter Hase in neuer Rolle Raphael Egli aus Adliswil steht wieder auf seinen Rollschuhen: In einem prämierten Video tritt der CVP-Gemeindrat als weisser Hase auf. Von Bettina Ledergerber Adliswil – Ein Hase auf Rollschuhen dreht seine Runden auf einem Stadtzürcher Industrieareal. Ziellos und sachte gleitet er über den Asphalt. Seine Ohren wippen scheu zum Song «Hailey Fought the Law». Das Klavier setzt ein, der Hase dehnt seine Oberschenkel. Flauschig und weiss ist sein Fell, die Hände stecken in weissen Fäustlingen. Der 31-jährige Raphael Egli hat wieder einen Auftritt. Der Adliswiler Rollkunstläufer hat zwar im letzten Sommer seinen Rücktritt vom Sport gegeben. Von der Bildfläche ist er deswegen noch nicht verschwunden. An den Solothurner Filmtagen ist er diese Woche wieder aufgetaucht. Er ist der Hauptdarsteller im Musikvideo der Zürcher Indieband Blanket, das zum besten Schweizer Mu-

Raphael Egli im Musikvideo der Zürcher Indieband Blanket. Foto: PD

sikvideo 2011 gekürt worden ist. Egli ist als Vizeweltmeister, Europameister und 50-facher Schweizer Meister das Siegen

gewohnt. Der Turnlehrer und neue Adliswiler CVP-Gemeinderat weiss daher, was er in solchen Momenten sagen muss: «Ich fühle mich sehr geehrt.» In der langen Sportlerkarriere ist fast an jedem Wettkampf eine Medaille hinzugekommen, bei jeder Adliswiler Sportlerehrung ein Goldvreneli. Ob dieser Palmarès auch der Jury bekannt war? Jedenfalls schreibt sie über Eglis Auftritt: «‹Hailey Fought the Law›, inszeniert von Piet Baumgartner, ist eine Choreografie von kunstvoller Eleganz.» Mit hängendem Kopf dreht der Hase eine Pirouette. Der melodiöse Song dämmert vor sich hin, sein einziger Antrieb scheint der fragile Hase mit den traurigen Augen zu sein. Den Auftritt hat Egli gratis auf den Asphalt gelegt. Produzent Baumgartner hatte ihn über seinen Rollschuhklub angefragt. Die Band hat er nicht gekannt, inzwischen war er aber an zwei Konzerten. Egli ist froh, muss er sich nicht wieder das wärmende Hasenfell überziehen. In der Erinnerung ist ihm nämlich geblieben, wie die schwarze Schminke für die Augen beim Rollschuhfahren über das ganze Gesicht gelaufen ist.

Thomas Klemm wusste weder vom Flugblatt, noch hat er sich entschieden, für das Schulpräsidium zu kandidieren. Er distanziert sich deutlich vom Wahlvorschlag und sagt: «Ich werde eine allfällige Wahl ablehnen.» Dass er hinter seinem Rücken für ein Amt vorgeschlagen wird, findet Klemm stillos. Er hat sich noch am Dienstag mit FDP-Präsident Hanspeter Sihler getroffen und klargemacht, dass er weiter hinter der Strategie der Partei steht: Für das Schulpräsidium empfiehlt die FDP Brigitte Käser Hägin, Vizepräsidentin der Schulpflege, für den siebten Gemeinderatssitz Klemm und den parteilosen Jerome Koch. Fürs Gemeindepräsidium schlägt sie Willi Schilling (FDP) vor. FDP-Präsident Sihler hat per Telefon und E-Mail über 30 Reaktionen von irritierten Wählern erhalten. Er verurteilt das Verwirrspiel. Um die Sache klarzustellen, verfasste er eine Medienmitteilung. «Die FDP hält nichts von anonymen Flyern», schreibt er.

Thomas Klemm Der FDP-Politiker kandidiert für den Gemeinderat.

Sihler hat eine Theorie, wer für das Flugblatt verantwortlich sein könnte: «Man wird den Eindruck nicht los, dass dieses Flugblatt aus dem gleichen Winkel kommt wie das Pro Komitee für die Wahl von Felix Meier.» Eine Vermutung, die wohl viele haben: Der parteilose Meier ist direkter Konkurrent von Klemm um den siebten Gemeinderatssitz und wird im Flugblatt auch gleich noch als Gemeindepräsident empfohlen – für das Amt kandidiert er auch offiziell. «Lebenserfahrung, Führungserfahrung, Intelligenz: Thomas Klemm und Felix Meier» heisst es in grossen Lettern. Beim Komitee Pro Felix Meier weist man den Vorwurf der Urheberschaft aber entschieden zurück. Die angefragten Tony Blaser, Uschi Müller und Beatrice Wagner wissen allesamt nicht, woher das Flugblatt stammt. Meier selbst war gestern nicht zu erreichen. Er habe sich aber auch unwissend und überrascht gezeigt, sagt Müller. Bei der Post Schönenberg, wo die Flugblätter normalerweise aufgegeben werden, ist wegen des Postgeheimnisses nichts zu erfahren. Anzeige

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