REGION 3
ZÜRICHSEE-ZEITUNG BEZIRK HORGEN FREITAG, 2. SEPTEMBER 2011
Ein Prinzenpaar der jungen Welt
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ie kommen, they are coming, raunt es durch die Gruppe der wartenden Fotografen, der Schulleitung, englischen Boulevardjournalisten und des Begrüssungskomitees der Schule. Keine Staatslimousine fährt vor die Upper School der Zurich International School in Adliswil, sondern ein schlichter weisser Reisebus. Und siehe da, Kronprinz Haakon entsteigt als Erster mit seiner Mette-Marit. Im Bus mitgefahren sind 30 junge Delegierte der Organisation One Young World (eine junge Welt), deren Botschafter der Prinz ist.
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in paar Schritte geht das berühmte Paar, und schon stehen zwei Blumenmädchen da mit rot-weissen Sträussen. Carina Mile aus Adliswil und Venetia Sdene aus Wollerau strahlen um die Wette. Die Kameras klappern so laut, dass man gar nicht versteht, was der Prinz zu den Mädchen spricht. «Wie wir heissen, hat er gefragt», berichtet Venetia, eine waschechte, aber sehr internationale Norwegerin: Immerhin spricht die Neunjährige vier Sprachen und ist mächtig stolz auf ihren Auftritt, zumal sie auch noch fürs Fernsehen interviewt wird. Das nächste Begrüssungskomitee ist schon im Anmarsch: der 17-jährige Cedric Uribe samt zwei Kolleginnen heisst sie ebenfalls willkommen. Besinnlich wird es dann im Gedenken an das Massaker in Norwegen. Im Foyer der Schule brennt eine weisse Kerze umkränzt mit roten Rosen. Jugendliche übergeben dem Paar einen Brief, das in stillem Gedenken verweilt, bevor es in die Aula geht.
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er Star auf der Bühne ist eindeutig der Prinz. Völlig unverkrampft ruft er in die Menge: «Hello, how are you?» Als die Resonanz verhalten tönt, verlangt er Lautstärkeres. Mit überkreuzten Beinen lehnt er locker
am Rednerpult, findet sofort den Draht zu den 400 Jugendlichen, erklärt, was One Young World erreichen will und wofür Global Dignity (globale Menschenwürde) steht, dies am Beispiel seiner Begegnung in Südafrika mit einer jungen Aids-kranken Frau. Sie hatte sich nicht von ihrem schweren Schicksal einschüchtern lassen, gründete Selbsthilfegruppen für Aids-Betroffene. «Derartige Engagements sind ein Beweis, dass Dignity von allem und jedem und überall umgesetzt werden kann», sagt der Prinz und setzt sich neben Mette-Marit, um für den nächsten Redner Platz zu machen. Kurz hält er auch ihre Hand. Das Paar ist seit zehn Jahren verheiratet, gemäss Regenbogenpresse glücklich. Der Eindruck in Adliswil bestätigt das. Nicht so eloquent wie der geschulte Prinz hält Pekka Himanen eine Rede, was für ihn Menschenwürde bedeutet. Der etwas düster wirkende Finne wurde bekannt durch ein Buch über die Neuformulierung der Hackerethik. In Adliswil ist er als Botschafter von Global Dignity unterwegs.
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m Erfahrungen mit Projekten, die Menschen helfen, würdig zu leben, geht es in Arbeitsgruppen, an denen der Prinz wie Mette-Marit teilnehmen. Im nachfolgenden Plenum berichten die Schüler, was sie alles in Schulprojekten in Polen, Kenia oder Ghana erreicht haben. Jeder bekommt einen Händedruck von Kronprinz Haakon, der keine Berührungsängste hat, dem einen oder anderen auch auf die Schulter klopft. Tommy Cochran war in der Arbeitsgruppe von Haakon. «Ich war beeindruckt, wie offen der Prinz sprach, wie leicht es mir fiel, mit ihm zu reden», berichtet der 17-Jährige und sieht den Tross der einigen jungen Welt samt adligen Botschaftern in den Bus einsteigen. Gaby Schneider
Grundrecht auf würdevolles Leben One Young World ist ein Forum für junge Führungskräfte, sozusagen eine Art jugendliches WEF, das zur Verbesserung der Weltlage beitragen will. Werber Frank Bodin gelang es, das globale Forum dieses Jahr nach Zürich zu holen. In Verbindung mit One Young World steht das Projekt «Global Dignity». Es hat sich zur Aufgabe gemacht, weltweit das Grundrecht jedes Menschen auf ein würdevolles Leben durchzusetzen. «Global Dignity» wurde von
Kronprinz Haakon von Norwegen, Pekka Himanen, Professor an der Hochschule für Kunst und Design in Helsinki und Gastprofessor an der Oxford University, sowie John Hope Bryant gegründet. Es handelt sich um ein eigenständiges, gemeinnütziges und unabhängiges Projekt. Im Rahmen von «Global Dignity» besuchten Prinz Haakon und Pekka Himanen im Mai dieses Jahres auch das Freie Gymnasium in Zürich. (gs)
Die Zurich International School heisst die prominenten Gäste, das norwegische Kronprinzenpaar, willkommen (Bild oben). Auf der Bühne geht es darum, wie künftige Führungskräfte die Welt verbessern können. Bilder: Sabine Rock
Das lokale Gewerbe leidet noch nicht unter dem harten Franken THALWIL. Vor wenig Publikum lieferten sich vier politische Schwergewichte des Bezirks eine «Chiflete» über den harten Franken und die Auswirkungen auf das Gewerbe. Neben Wortgefechten herrschte erstaunlich viel Einigkeit. GABY SCHNEIDER
Sie sitzen alle vier im Kantonsrat und kennen die politischen Positionen der Kollegen genau. Am Mittwoch an der Thalwiler «Gmeinds-Chiflete» 2011 warnten und beruhigten sie, was der derzeit harte Franken wohl in der regionalen Wirtschaft bewirken werde. Eine «Chiflete», die sich mit ihren neun Besuchern eher zum Wirtschaftsseminar und zur «Chropfleerete» der Gewerbetreibenden entwickelte. Gesprächsleiter Walter Bernet, Redaktor der «NZZ», beschreibt das Szenario des Euro, der innerhalb eines Jahres um 30 Prozent schwankte. Julia Gerber Rüegg bewertet das als eine dramatische Situation für die Schweiz: Dadurch würden wegen der gebeutelten Exportwirtschaft bald 100 000, in drei Jahren sogar 200 000
Arbeitsplätze verloren gehen. Arnold sieht aufgrund des harten Frankens eher eine langfristige Gefahr, dass die internationalen Headquarters den Standort Schweiz verlassen könnten. Philipp Kutter befürchtet langfristig Auswirkungen auf den Steuerertrag. Unheimlich ist für ihn, dass das «Drama ausserhalb der Schweiz, nämlich in Griechenland, be-
gann und wir da wenig Einfluss haben». Optimistischer hingegen ist Hans-Peter Portmann: «Aufschwung beginnt im Kopf, der Abschwung auch», ist er überzeugt und geisselt die ewige Schwarzmalerei und betont, dass es der Schweizer Wirtschaft derzeit sehr gut gehe. Auch die Arbeitslosigkeit in Europa sei am Sinken. Auf die riesige Summe des EU-Rettungspakets von 800 Mrd. Euro blickt die Runde eher skeptisch, sieht es als vertrauensbildende Massnahme und Rosskur. Das Stichwort EU veranlasst Arnold dazu, Gerber ein wenig zu provozieren. Ob sie noch immer eine vehemente EU-Be-
ZU DEN PERSONEN Martin Arnold, SVP, Oberrieden, 48, Geschäftsleiter Kantonaler Gewerbeverband Zürich, Gemeindepräsident Oberrieden, Kantonsrat seit 2003, Listenplatz Nationalrat: 19. Hanspeter Portmann, FDP, Thalwil, 48 Jahre, Leitungsmitglied LGT Bank Zürich, Kantonsrat seit 1995, Listenplatz 7.
Julia Gerber Rüegg, SP, Wädenswil, 54, Leiterin Abteilung Vertragsvollzug bei Gewerkschaft Unia Region Zürich-Schaffhausen, Kantonsrätin seit 1994, Listenplatz 11 Philipp Kutter, CVP, Wädenswil, 36 Jahre, Historiker, Journalist, Kommunikationsfachmann, Stadtpräsident von Wädenswil, Kantonsrat seit 2008, Listenplatz 5. (zsz)
fürworterin sei. Gerber kontert, die Krise sei das Resultat der Finanzkrise. Kutter verweist auf Griechenland: Da war es der wuchernde Staat und nicht der wuchernde Kapitalismus, der die Krise verursachte. Martin Arnold wiederum empfiehlt, sich von der EU ab- und anderen Staaten zuzuwenden, nämlich China, was ihm den launigen Einwurf von Kutter «Frühchinesisch in der Schule» einbringt.
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Jetzt Lohnerhöhungen? Ausserdem will Julia Gerber, dass die Arbeitnehmer von der derzeit guten Konjunktur mit Lohnerhöhungen profitieren sollten. Diese Forderung beschert ihr einen schweren Stand und allerlei Repliken, nämlich dass der Produktionsstandort Schweiz dann noch teurer werde. Das abgespeckte Hilfspaket des Bundesrats finden alle gut und sind froh, dass viel der Arbeitslosenversicherung zugutekomme, das helfe letztendlich auch dem lokalen Gewerbe. Das aus den Reihen des Gewerbes stammende Publikum hat derzeit (noch) weniger Sorgen mit dem starken Franken, mehr mit ein-
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