REGION
ZÜRICHSEE-ZEITUNG BEZIRK HORGEN DONNERSTAG, 26. JANUAR 2012
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Stäfa zieht Beschwerde zurück – Richterswil plant weitere Alkoholtestkäufe PRÄVENTION. Die Gemeinde Stäfa hat ihre Beschwerde betreffend Alkoholtestkäufe zurückgezogen, nachdem das Bundesgericht in einem analogen Fall entschieden hatte. Sie stellt zudem die Testkäufe ein. In Richterswil dagegen will man noch nicht aufgeben. PATRICK GUT / ELIO STAMM
Für den Stäfner Gemeinderat ist klar: «Ohne strafrechtliche Konsequenzen Die Gemeinde Stäfa verzichtet ab sofort werden die Alkoholtestkäufe zu einem auf Alkoholtestkäufe. Das hat der zahnlosen Instrument.» Die Wirkung Gemeinderat beschlossen. Die Stäfner von Testkäufen werde kaum mehr als Exekutive reagiert damit auf ein Urteil statistischer Natur sein, schreibt der Gedes Bundesgerichts vom 10. Januar. Das meinderat in einer Mitteilung. Würden oberste Gericht hat eine Beschwerde der fehlbarem Verkaufspersonal keine strafStaatsanwaltschaft des Kantons Basel- rechtlichen Konsequenzen drohen, fehle Landschaft abgewiesen. Alkoholtestkäu- der Anreiz für korrektes Verhalten. Gefe stellen nach Ansicht des Bundesge- meint ist die Kontrolle des Alters, die mit richts verdeckte Ermittlungen dar. Straf- zusätzlichem Aufwand verbunden ist. In rechtlich lassen sie sich daher nicht der Öffentlichkeit andererseits werde verwerten. Will heissen: Wer einem Ju- der Eindruck erweckt, es handle sich bei gendlichen im Rahmen eines Testkaufs der Verletzung von JugendschutzbestimAlkohol verkauft, kann dafür nicht ge- mungen durch den Verkauf von alkohobüsst werden («ZSZ» vom 19. Januar). lischen Getränken um ein Bagatelldelikt.
Dies würde der erwünschten präventiven Wirkung völlig zuwiderlaufen, wie der Stäfner Gemeinderat festhält.
Verfahrene Situation Aus Sicht von Armin Steinmann (SVP), Statthalter des Bezirks Horgen, wären Bussen nicht die einzige wirkungsvolle Sanktion. Man könne wiederholt fehlbaren Wirten mit dem Patententzug drohen. Dies wäre für den Stäfner Gemeinderat jedoch keine Lösung. «Die Drohung alleine bringt nichts, und ein Entzug wäre unverhältnismässig», sagt Klaus Geser, Vorstand des Ressorts «Vormundschaft, Kinder, Jugend und Familie». «Es stellt sich zudem die Frage, ob wir einen Entzug rechtlich überhaupt durchsetzen könnten», sagt der parteilose Gemeinderat. Nach dem Entscheid des Bundesgerichts sei die Situation verfahren. Gleichzeitig nehme der Gemeinderat zur Kenntnis, dass es Wirte gebe, denen Jugend-
schutz nichts bedeute. «Ihnen geht es in erster Linie um den Umsatz.» Der Gemeinderat Stäfa sei nach wie vor der Ansicht, dass es sich bei Alkoholtestkäufen nicht um verdeckte Ermittlungen handle. «Da das Bundesgericht anders entschieden hat, ist aber jede weitere Diskussion über diesen Punkt hinfällig», sagt Geser. Der Entscheid des Bundesgerichts bedeutet allerdings nicht, dass Alkoholtestkäufe definitv der Vergangenheit angehören. «Wir hoffen, dass nun das Parlament in Bern die gesetzlichen Grundlagen für einen griffigen Jugendschutz schafft, damit künftig im Zusammenhang mit Alkoholtestkäufen Bussen möglich werden», sagt Geser. Sei dies erst einmal der Fall, komme die Gemeinde wieder auf ihren Verzicht zurück. Ob der Stäfner Entscheid, künftig keine Testkäufe mehr durchführen zu lassen, Signalwirkung hat für die Gemeinden am linken Seeufer und im Sihltal,
lässt sich momentan noch schwer abschätzen. Die Verwaltungen und Exekutiven müssen erst die neue Situation analysieren. Nicht alle dürften aber dieselben Schlüsse daraus ziehen.
Im Budget vorgesehen Die Richterswiler Gemeinderätin Renate Büchi (SP), die auch im Kantonsrat an vorderster Front für die Testkäufe kämpfte, hält fest: «Die diesjährigen Testkäufe sind seit letztem November im Budget 2012 und beim Blauen Kreuz reserviert.» In Horgen dagegen will der Jugendbeauftragte Ulrich Meyer dem Gemeinderat Horgen empfehlen, künftig auf Testkäufe zu verzichten. Er pflichtet dem Stäfner Gemeinderat bei: «Ohne Bussen ist die Wirkung der Testkäufe gering.» Ein Entscheid stehe aber noch aus, genauso wie die Prüfung alternativer Massnahmen.
Kleinfarm nach Wädenswil befördert WÄDENSWIL. Ein Fischtank mit Gewächshaus wurde gestern nach Wädenswil transportiert. Der Container kommt von der Firma Urban Farmers, einem Spin-off der ZHAW. Nun dient er den Schülern der Zurich International School als Studienobjekt. ANNA-KATHARINA EHLERT
Die Konstruktion ist 6 Meter lang, 5 Meter hoch und wiegt 3 Tonnen. Sie besteht aus einem Gewächshaus, in dem Gemüse und Salat wachsen, getragen von einem riesigen Aquarium. Die Kleinfarm im Container, die Fischzucht und Gemüseanbau verbindet, wurde gestern von den Zürcher Viaduktbögen nach Wädenswil transportiert. Urban Farmers, eine Spin-off-Firma der Hochschule für Angewandte Wissenschaften mit Sitz in Zürich, stellt ihren Modelltank der Zurich International School (ZIS) in Wädenswil zur Verfügung. Ein Jahr lang übernehmen die Schüler im Zuge eines Umweltbildungsprojekts die Pflege der Fisch- und Gemüsefarm.
So einfach wie von Ikea Roman Gaus, der Geschäftsführer von Urban Farmers, sagt: «Die Box ist fast so einfach konstruiert wie ein Ikea-Möbel. Im Idealfall dauert der Auf- und Abbau nur eine Stunde.» Da der Tank ausserdem seit der öffentlichen «Uusfischete» im Dezember leer sei, könne er verhältnismässig leicht befördert werden. Ein Sattelschlepper mit Anhänger und Hebekran war dennoch nötig, um das tonnenschwere Objekt zu transportieren und in der Zufahrt zur ZIS zu deponieren. Anfang April dieses Jahres soll das Aquarium wieder aufgefüllt und mit Fischen besetzt werden. Der Fischkot im Wasser dient den Pflanzen, die in Blähtonkügelchen wurzeln, als Dünger. Indem das Gemüse die im Fischkot enthaltenen Nährstoffe aus dem Wasser filtert, wird dieses gereinigt und kann zurück in den Fischtank geleitet werden. Der geschlossene Kreislauf funktioniert ohne zusätzlichen Dünger, Pestizide, Fungizide oder Antibiotika. Gemüse und Fische, die der Container hervorbringt, sind demnach biologisch und nachhaltig produzierte Produkte. Die ZIS denkt darüber nach, diese an einem Stand am Wädenswiler Wochenmarkt anzubieten. Das System Fischzucht-Gemüseanbau kann in verschiedene Schulfächer wie Biologie, Umweltnaturwissenschaften
Die tonnenschwere Urban-Farmers-Box, die Fischzucht und Gemüseanbau verbindet, steht seit gestern vor der Zurich International School in Wädenswil. Bild: Sabine Rock
und Mathematik integriert werden. «Es ist uns wichtig, die Schüler für ökologische Zusammenhänge und nachhaltiges Handeln zu sensibilisieren. Mit dem UrbanFarmers-Container können wir dies nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch ausserhalb davon anhand eines komplet-
ten Ökosystems im Kleinformat vermitteln», sagt Nicholas Bentley, der das Projekt an der ZIS leitet. Die Mitarbeiter von Urban Farmers unterstützen Schüler und Lehrer in technischen Belangen. Ausserdem stellen sie Lehrmittel für die ZIS bereit, beispielsweise zum Thema «Ressour-
cen-Management», die sie an der ZHAW mitentwickelt haben. Die Stadt Wädenswil unterstützt die Zusammenarbeit der Zurich International School und der Urban Farmers mit 4500 Franken. Stadtpräsident Philipp Kutter (CVP) nennt die Vorzüge des Pro-
jekts: «Wir möchten die Forschung, die in Wädenswil passiert, sichtbar machen. Es freut uns deshalb, dass der an der ZHAW entwickelte Container nun wieder zurück in unsere Forschungs- und Bildungsstadt kommt und den ZIS-Schülern als Studienobjekt dienen wird.»