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Allgäu Pride Week: Wir sagen euch wann und wo ihr noch Teil des queeren Festivals werden könnt

fung von Paragraph 219a StGB ist also ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung getan. Die Lage in Deutschland müsste spätestens jetzt eine völlig andere sein als in den USA. Oder? Kaum. So symbolträchtig die Entscheidung des Bundestags auch ist, ändert sie nichts daran, dass der gewollte Abbruch einer Schwangerschaft nach Paragraph 218 StGB grundsätzlich rechtswidrig ist. Und zwar ausnahmslos jeder gewollte Abbruch. Die Straftat ist nur dann juristisch gerechtfertigt, wenn eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit der schwangeren Person besteht oder die Schwangerschaft mit sexuellem Missbrauch zusammenhängt. Eine Strafe wird auch dann nicht verhängt, wenn der Abbruch nach Beratung durch eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft durchgeführt wird. Diese Ausnahmeregelungen sind unschätzbar wichtig für die Selbstbestimmung von Schwangeren in Deutschland. Nichtsdestotrotz befeuert das grundlegende Verbot nach wie vor die gesellschaftliche Stigmatisierung von Abtreibungen.

Groß ist auch die Angst vor Anfeindungen durch radikale Abtreibungsgegner:innen, die vor Praxen patrouillieren, Patient:innen beschimpfen und Abtreibungen mit dem Holocaust vergleichen.

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Daraus folgt das fast größere Problem, dass der praktische Zugang zu einem straffreien Schwangerschaftsabbruch in Deutschland keinesfalls einfach ist. In Bayern ist die Versorgungslage in diesem Bereich katastrophal: Laut Staatsministerium für Gesundheit und Pflege haben im Jahr 2020 nur 20 von über 400 Kliniken im Freistaat ihre Bereitschaft zur Durchführung entsprechender Eingriffe angezeigt. Keine davon in Schwaben. Auf der einzigen offiziellen und offen einsehbaren Liste mit Kontaktdaten der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche anbieten, lassen sich von der Bundesärztekammer in ganz Bayern gerade einmal acht Kliniken und Praxen freiwillig aufführen. Gründe für diese Lage sind vielfältig, fangen aber schon im Medizinstudium an. „Die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen ist kein verpflichtender Teil des Curriculums“, sagt Leo von der Kritischen Medizin München, „weder im Studium noch später in der Facharztausbildung.“ Wenn überhaupt, werde das Thema nur als Konfliktpunkt im Bereich der Medizinethik oder in einem Atemzug mit dem Umgang mit Fehlgeburten angesprochen. Das praktische Wissen müssen sich angehende Gynäkolog:innen selbst aneignen. Die einzige Möglichkeit hierfür bieten Praktika und Kurse von privaten Initiativen wie den „Doctors for Choice Germany“.

Da medizinische Einrichtungen oftmals durch kirchliche Träger verwaltet werden, fürchten viele außerdem, sich hierdurch Karrieremöglichkeiten zu verbauen. Leo studiert selbst Medizin und möchte künftig im Bereich der Frauengesundheit arbeiten. Er bleibt trotz allem zuversichtlich: Das Bewusstsein für die Problematik steigt und auch die Zuständigen in der Lehre scheinen offener für Austausch zu werden. Das Gute an der Abschaffung von Paragraph 219a StGB sieht Leo primär in der medialen Aufmerksamkeit für das Thema. Damit sich die Versorgungslage ändert, würde er sich vor allem wünschen, dass die Praxis rund um Schwangerschaftsabbrüche wenigstens im Rahmen der gynäkologischen Facharztausbildung als Pflichtstoff vermittelt wird.

ALLGÄU PRIDE WEEK

DAS ALLGÄU ERSTRAHLT IN REGENBOGENFARBEN – DAS QUEERE FESTIVAL BIS 03. SEPTEMBER

Der Verein Allgäu Pride e. V. ist eine bunte Gruppe aus queeren Menschen und Straight Allies (Straight Allies sind Personen, die sich als heterosexuell identifizieren, aber trotzdem die Community unterstützen) mit Allgäuer Wurzeln oder Bezug zur Region. Leider ist es immer noch der Fall, dass sich hartnäckige Klischees und Vorurteile gegenüber homosexuellen, bisexuellen, trans oder intergeschlechtlichen Personen in manchen Köpfen manifestiert haben. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, für mehr Vielfalt, Toleranz und Sichtbarkeit der LGBTQIA+ Community im Allgäuer Raum zu sorgen. Im Rahmen dieser Ziele organisieren sie bereits seit dem 28. August in Kaufbeuren und Kempten eine Veranstaltungswoche mit kulturellen Events, Raum für den Austausch und ein buntes, facettenreiches Programm. Ihr möchtet auch ein Zeichen setzen, seid Teil der Community oder wollt Teil der Festivitäten werden? Diese Veranstaltungen finden noch statt:

DONNERSTAG, 01. SEPTEMBER 2022

Von 10:00 bis 16:00 Uhr gibt es in der Kaufbeurer Altstadt einen Stand mit Infomaterial sowie Mitmachaktionen – mit einer menschlichen Bibliothek, der bunten Welt des Lebkuchenmenschens und einem „FragenBierpong“. Der zweite Filmabend mit queeren Filmen und einer anschließenden Diskussionsrunde findet im Colosseum Center Kempten statt.

FREITAG, 02. SEPTEMBER 2022

Um 18:00 Uhr startet der Konzertabend mit der Künstlerin Wilhelmine auf dem Kaufbeurer Spitalhof. Euch erwarten: ehrliche, mutige Texte und wichtige Themen in kraftvollen Songs verpackt. Tickets gibt es unter: www.allgaeu-pride.de

SAMSTAG, 03. SEPTEMBER 2022

Nachmittags – die genaue Zeit und Route werden noch bekannt gegeben – startet die Demo durch die Stadt und endet mit einer anschließenden Kundgebung. Der Festivalabend auf dem Spitalhof in Kaufbeuren bildet den perfekten Abschluss für die Allgäuer Pride Week. Auf der Bühne performen Künstler:innen wie Vicky Voyage, Kriwoe, DJ Catchee, Leopold und AYMZ. Tickets gibt es unter: www. allgaeu-pride.de

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