Hannover 2025 - Agora of Europe (Deutsche Version)

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Gottfried Wilhelm Leibniz

Kurt Schwitters Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 Leipzig – 1716 Hannover), deutscher Philosoph, Mathematiker, Jurist, Historiker und politischer Berater. Der Universalgelehrte war einer der bedeutendsten Philosophen des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts und wichtigsten Vordenker der Aufklärung.

Kurt Schwitters (1887 Hannover – 1948 Kendal), deutscher Künstler und Autor, der unter dem Begriff MERZ eine Material- und Collagekunst zwischen Dada und Konstruktivismus entwickelte, und heute zu den einflussreichsten Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts zählt. Die weltweit umfangreichste Sammlung von Werken des facettenreichen hannoverschen Künstlers bildet eine der Hauptsäulen des Sprengel Museum Hannover. Im Mittelpunkt dieser Präsentation steht die Rekonstruktion des ›Merzbaus‹, eine raumfüllende, begehbare Plastik, die alle Kunstsparten zusammenfasst.


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der abgrund

u bist schon so weit gelaufen, bist schon so lange unterwegs. Und dann ist er auf einmal da: der Abgrund. Dunkel breitet er sich vor dir aus. Du bleibst davor stehen, starrst hinab und weißt: Es geht nicht mehr, keinen Schritt. Das ist kein Loch, das man umlaufen oder mit beherztem Anlauf überspringen kann. Es ist ein tiefer Riss, dessen Ränder sich links und rechts in der Ferne verlieren und dessen Boden man allenfalls erahnen kann.

Was ist passiert? Ein ganzes Land, eines der einwohnerreichsten, entscheidet sich dafür, die

Union zu verlassen. Zur gleichen Zeit sitzen mit jedem Jahr mehr antieuropäische Parteien in den Parlamenten und fressen sich ins Herz der Union. Sie wankt. Nach Jahrzehnten ihrer Existenz, ihres Wachstums und der gemeinsamen Kämpfe um die Gestaltung ihrer Zukunft stellt sich nun mehr denn je die Frage nach ihrer Überlebensfähigkeit. Also fragst du dich: Kann man – im Angesicht all dieser Erschütterungen – einfach so weitermachen? Alles wie immer, als wäre nichts gewesen?

Und dann kommt so ein Berater von einer Agentur auf dich zu und erklärt dir,

dass bald die Abgabefrist für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2025 sei. Ein sehr, sehr wichtiger Termin, wie er betont. Aber du müsstest dir keine Sorgen machen. Er habe nämlich bereits zahlreiche Bid Books für Städte geschrieben und wisse genau, was zu tun sei. Daraufhin zeigt er dir seine Arbeit der letzten Jahre: Dutzende Bewerbungen, alle originell und ansprechend gestaltet. Seine Agentur, sagt er, verspreche nichts Geringeres als einen maßgeschneiderten, bestechenden Bewerbungstext, der die richtigen Worte für die wichtigen Themen zu finden weiß, mit einem griffigen Motto, das die Jury berührt. Du liest in den Texten von ›open spaces‹, ›open minds‹ und ›framework‹, von ›empowerment‹ und ›urban labs‹. Und so ziemlich alle Städte, stellst du fest, liegen offenbar ›im Herzen Europas‹ und sind Knotenpunkte des Austauschs. Der Berater steht neben dir, nickt und zum Schluss nennt er dir einen Preis für seine Kunst.

Will man das? Originalität von der Stange? Verliert nicht jedes Wort dadurch sein

utopisches Potenzial? Du fragst dich: Muss eine Bewerbung im Jahr 2019 nicht völlig andere Töne anschlagen als eine von vor fünf Jahren, nach allem, was passiert ist? Müsste sie nicht unmittelbar auf die kulturelle und politische Realität des Kontinents reagieren, auf den Riss, der durch Europa geht? Sollte es nicht vielmehr um dringend nötige echte Begegnung von Menschen auf Augenhöhe gehen?

Der Berater steht vor dir und wartet. Du sagst nichts. Es braucht andere Stimmen als diese, beschließt du. Also wendest du dich ab und noch ehe du dich versiehst, begrüßt dich Kurt Schwitters, der Dadaist mit breitem Lachen und verknittertem Hemd, mit kräftigem Händedruck. Und er ist nicht allein. Er wird begleitet von Gottfried Wilhelm Leibniz, dem großen Europäer und Aufklärer, mit seiner typischen Perücke. War ja klar: zwei Männer. Europa steht am Abgrund und man schickt zwei Männer, um die Welt zu retten. Fragend schaut ihr gemeinsam in die Tiefe. Doch wie es scheint, haben die beiden einen Plan.


Einleitung – allgemeines 1 Warum sie hier seien, fragst du die zwei, und Kurt antwortet: »Die Bürger*innen unserer Heimat-

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stadt haben entschieden, sich als Kulturhauptstadt Europas zu bewerben. Nicht die Verwaltung, nicht irgendeine Partei oder ein Oberbürgermeister, sondern die Bevölkerung selbst hat 2016 im Bürgerdialog Mein Hannover 2030 die Bewerbung angestoßen. Dieser Idee wollen wir kritisch nachgehen.« »Eines ist klar: Hannover braucht Europa«, sagt Gottfried. Denn die niedersächsische Landeshauptstadt war und ist eine internationale Stadt, die schon immer vom Austausch mit der Welt profitiert hat. Ihre Internationalität erschöpft sich jedoch nicht darin, dass sie eine der bedeutendsten Messestädte Europas ist oder internationale Großunternehmen beheimatet oder ein bedeutender Wissenschaftsstandort ist. International ist die Stadt auch nicht nur wegen der historischen Personalunion mit England von 1714 bis 1837, als Großbritannien und Hannover gemeinsam regiert wurden. International ist die Stadt vor allem wegen der Menschen, die hier leben. Aus 178 Nationen kommen sie und sprechen 72 verschiedene Sprachen. Die Hälfte aller hier lebenden Familien hat einen Migrationshintergrund und ist mit Angehörigen in Europa und der ganzen Welt verbunden. Auf dem Ernst-August-Platz vor dem Hauptbahnhof verteilt ein junger Mann Zettel an Passant*innen. Es handelt sich um ein utopisches Manifest, von dem niemand weiß, wer es geschrieben hat, das aber seit Beginn der Bewerbung für Aufruhr in der Stadt sorgt. »Warum braucht Europa Hannover?«, heißt es dort. »Weil Europa droht, von innen zu zerfallen, weil es den Mut braucht, Kulturhauptstadt neu zu denken: Statt dass Europa seine Städte stärkt, sollen die Städte Europa stärken. Hannover will für 2025 einen solchen Paradigmenwechsel wagen, indem wir gemeinsam die Stadt in die Agora Europas verwandeln.« Eine neue Agora für Europa 1 Warum möchte Agora. Das griechische Wort schwebt Ihre Stadt am Wettbewerb um über der Stadt. Hannover will eine den Titel »Kulturhauptstadt Europas« teilnehmen? moderne Interpretation jenes antiken Versammlungsplatzes sein, jener Wiege der Demokratie. Ein Forum, auf dem gemeinsam und interdisziplinär die drängenden Themen Europas verhandelt und neue Visionen ausprobiert werden, ohne Tabus. »Wir sind uns im Klaren«, heißt es im Manifest, »dass die großen Fragen unserer Zeit äußerst komplex sind und polarisieren: Klimawandel und Fridays for Future, soziale Spaltung und die Gelbwesten, Populismus und Proteste gegen Korruption. Wir behaupten deshalb auch nicht, eindeutige und einfache Lösungen zu kennen. Vielmehr soll Hannover mit dem Prinzip der Agora das Experimentieren wagen, das Scheitern und Neuversuchen riskieren. Und zwar hier jetzt alle für Europa!« K lingt alles schön und gut, denkst du. Große Worte, viel Getue. Aber warum das so provinzielle, das vermeintlich gesichtslose Hannover? Hannover sagt dir nichts, Hannover hat nichts. »Nicht mal Dialekt haben wir hier!«, lacht ein Hannoveraner. »Darüber gibt es sogar ein Lied: › I c h f ü h l ’ m i c h s o l a l a h i e r i n H a n n o v e r / I ch h a b e k e i n ’ H u m o r u n d k e i n ’ A k z e n t / M a n i s ( s ) t ga n z g e r n e D u rch s ch n i tt i n H a n n o v e r / D a s i st d a s Ty p i s c h e , w o ra n m a n u n s e r k e n n t / M a n v e r l i e b t s i c h n i ch t gl e i ch a u f d e n e r st e n B l i ck / M a n fä l l t n i c h t g e r n e a u f h i e r i n H a n n o v e r / M a n k l e i d e t s i ch ge d e ck t , b l o ß n i ch t z u s ch i ck . ‹ Aber ich sag ja immer: Man weint zweimal, wenn man nach Hannover kommt – einmal, wenn man kommt, und einmal, wenn man geht.« Denn mag sie in ihrer Außenwahrnehmung als langweilig gelten, so schätzen die hier lebenden Menschen diese Landeshauptstadt im Grünen für ihre hohe Lebensqualität, für die reiche Kulturszene, für die Infrastruktur, für ihre kurzen Wege und Weltoffenheit.

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Eine starke Mitte

Eine Stadt in Balance mit sich selbst, keine Stadt der Extreme. Im lauten Stimmengewirr der Gegenwart ist Hannover ein Ort der Besonnenheit. Ein Ort, der nicht in Panik verfällt, sondern mit ruhigem Puls und bestimmt voranschreiten kann. Wo sich Stimmen nicht überschlagen, sondern sich noch Möglichkeiten des Austauschs finden. Groß genug, um gehört zu werden, klein genug, um etwas zu wagen. Eine starke Mitte, in der konträre Positionen, die zunehmend aneinander vorbeisprechen, zumindest zusammenkommen können. Hannover als Agora Europas. Du bleibst skeptisch, hast noch jede Menge Fragen. »Gut so«, meint Gottfried. »Es braucht eine kritische Geisteshaltung. Alles muss auf den Prüfstand.« Und dafür wird es nicht ausreichen, bloß zwei, drei Orte zu besichtigen. Denn die Antworten auf deine Fragen finden sich nicht irgendwo ordentlich in einem Aktenordner abgeheftet. Sie sind verteilt auf die ganze Stadt, auf das Umland, sind teilweise noch im Entstehen. In jedem Fall drängt die Zeit, denn es gibt viel zu sehen. »Also los«, sagt Kurt und klemmt sich unter deinen Arm. Und so lauft ihr.

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2 Hat Ihre Stadt die Absicht, die umliegenden Regionen mit einzubeziehen? Warum?

Eckdaten Hannover Einwohner*innen 545.000 (mit Region Hannover insgesamt 1,1 Millionen) aus 178 Nationen Fläche 2.291 Quadratkilometer Lage am Fluss Leine, im Übergangsgebiet zwischen norddeutschem Tiefland und niedersächsischem ›Bergland‹ Historie 1241 Stadtrecht, 1636 welfische Residenzstadt, 1714 – 1837 Personalunion mit Großbritannien, ab 1866 Hauptstadt der preußischen Provinz Hannover, 1946 Hauptstadt des neu geschaffenen Bundeslandes Niedersachsen Wissenschaft Standort einer Universität, zahlreicher Hochschulen und Bibliotheken; Eintrag im Weltdokumentenerbe der UNESCO: Goldener Brief von 1756 sowie Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz Kultur vielfältige Kulturszene mit international renommierten Theatern und Museen; jährlich internationale Theater-, Musikund Tanzfestivals; größtes Schützenfest und größtes Seefest Deutschlands (Maschseefest); seit 2014 UNESCO City of Music Sport über 1.000 Sportvereine in Stadtgebiet und der Region Hannover, außerdem Fußball (Hannover 96), Handball (Die Recken TSV Hannover Burgdorf) und Eishockey (Hannover Indians) in überregionalen Sportligen Architektur nach Zerstörung der Innenstadt im Zweiten Weltkrieg viele Nachkriegsbauten; in anderen Stadtvierteln beachtlicher Altbaubestand, hohe Dichte an Straßenkunst und zahlreiche Baudenkmale Wirtschaft Sitz zahlreicher, weltweit bekannter Industriebetriebe; u. a. der Continental AG, Komatsu Hanomag GmbH und VW Nutzfahrzeuge; ausgeprägter Dienstleistungssektor mit Schwerpunkt Touristik (TUI AG), zweitgrößter Versicherungsstandort Deutschlands Messe international führender Messestandort mit der Deutsche Messe AG als größter deutscher Messegesellschaft und dem größten Messegelände der Welt Verwaltung 51 Stadtteile und Teil der Region Hannover mit 21 Städten und Gemeinden Natur »Großstadt im Grünen«: hoher Anteil an Grünflächen (11 Prozent); zahlreiche Parks und historischen Gärte, u. a. die Herrenhäuser Gärten und Europas größter Stadtwald, die Eilenriede Infrastruktur hervorragende Verkehrsnetze mit nationaler und internationaler Anbindung aufgrund infrastruktureller Maßnahmen im Vorfeld der Weltausstellung EXPO 2000

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2 Zu deiner Verwunderung steigt ihr in den Bus und fahrt erst mal raus aus der Stadt. Das war Gott-

frieds Idee. Es sei nur logisch, meinte er, sich von außen nach innen vorzuarbeiten. »Auf diese Weise lässt sich nicht zuletzt begreifen, was die einzelnen Teile der gesamten Region miteinander verbindet. Man muss so ein Bündnis von seinen Rändern her denken.« Also fahrt ihr einmal quer durch die 21 Städte und Gemeinden der Region Hannover. »K napp 50 Prozent des Gebiets stehen unter Landschafts- oder Naturschutz«, meint der Busfahrer zu euch, woraufhin Gottfried anfängt, die lateinischen Namen verschiedenster Kleinvögel aufzulisten. Kurt winkt ab. »Hör mir auf mit Vögeln. Erzähl mir lieber, was es hier an Kunst und Kultur gibt.« »Na, jede Menge«, sagt eine junge Frau, die vor euch im Bus sitzt und offenbar zugehört hat. »Interessiert Sie denn was Bestimmtes? Wir haben nämlich eine breite Palette an Kulturangeboten in den Kommunen der Region. Ich denke da zum Beispiel an den Kultursommer, das Musikfestival der Region Hannover, das musikalische und künstlerische Programm im Schloss Landestrost oder den Klosterstollen in Barsinghausen‹. Und wenn Sie sich für Bildende Kunst interessieren, empfehle ich Ihnen den Atelierspaziergang. Da öffnen jedes Frühjahr Künstler*innen der Region für ein paar Tage die Ateliers und stellen ihre Arbeit vor. So kann man der Kunst beim Entstehen zusehen.« Kommunalverwaltung solidarisch gedacht Was das Besondere an der Region Hannover ist, erfährst du im Anschluss: die Solidarität. Die Gründung der Region Hannover im Jahr 2001 gilt bis heute als Meilenstein: Die Region Hannover wurde nämlich 2001 als ein deutschlandweit einzigartiges Modell für die Gestaltung eines gemeinsamen Lebensraumes von Stadt und umliegenden Kommunen, mit der Besonderheit, dass gewählte Vertreter*innen aus den Kommunen die gesellschaftlichen Veränderungen gemeinsam angehen und solidarisch gestalten. Die Idee: die Daseinsvorsorge für 1,2 Millionen Menschen aus den 21 Städten und Gemeinden nachbarschaftlich zu organisieren. Hannover und die übrigen Städte und Gemeinden bilden seitdem eine schlagkräftige Einheit. Und wenn man genau hinsieht, findet man überall Spuren davon. Außerhalb der Landeshauptstadt fahren zum Beispiel die gleichen Busse und Müllabfuhren wie in Hannover. Die Region ist aber auch die Trägerin der örtlichen Sozialhilfe, der berufsbildenden Schulen und der kommunalen Krankenhäuser. Alles wird zusammen gedacht. Es geht darum, das leuchtet dir ein, dass sich alle Kommunen auf Augenhöhe begegnen. Die Region als Europa im Kleinen »Aber eine Sache wünsche ich mir für unsere Region noch«, sagt die junge Frau. »Denn es ist ja so: Wir haben zwar bereits ein reiches und vielfältiges Kulturangebot. Aber was ich vermisse, ist der sichtbare kulturelle Zusammenhalt. Das mag vielleicht nur daran liegen, dass man nicht immer alle Angebote und Veranstaltungen auf dem Schirm hat, die es so gibt. Kann sein. In jedem Fall fehlt mir das Gefühl, alles gehöre auch kulturell zusammen.« Und da kommt dir auf einmal der Gedanke, dass die Region Hannover in diesem Sinne etwas Ähnliches wie Europa im Kleinen ist: auf jeden Fall ein wirtschaftlich erfolgreicher Zusammenschluss, dem jedoch noch eine gemeinsame kulturelle Identität fehlt. Hier wie dort gilt: Die kulturelle Verbundenheit muss sichtbarer werden. »Man verliebt sich schließlich nicht in einen Binnenmarkt oder ein Verwaltungsmodell«, sagst du, woraufhin Kurt meint: »Oder mit den Worten des großen Europäers Jean Monnet: ›Würde ich die Europäische Union neu aufbauen, würde ich genau damit beginnen: Kultur.‹« Aus diesem Grund hat die Stadt Hannover, so erfahrt ihr, im Zuge der Bewerbung eine Reihe von Workshops mit sämtlichen Bürgermeister*innen und Kulturbeauftragten der 21 Städte und Gemeinden gestartet. Das Ziel: Kulturentwicklung gemeinsam zu denken und eine Struktur für die künftige Zusammenarbeit im Kulturbereich aufzubauen.

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wenn die Stadt zur »Kulturhauptstadt Europas« ernannt wird.

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4 Erklären Sie das Programmkonzept, das Sie umsetzen würden,

3 Erklären Sie kurz das Gesamtkulturprofil Ihrer Stadt.

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3 Zurück in der Stadt drückt man euch touristische Broschüren in die Hand. Sehenswürdigkeiten in Hochglanz. Es ist die Rede vom großen Maschsee, dem prachtvollen Rathaus und den barocken Herrenhäuser Gärten, die 2015 als bester historischer Garten Europas ausgezeichnet wurden und jährlich 600.000 Menschen anziehen, mit ihrem Internationalen Feuerwerkswettbewerb und den KunstFestSpielen Herrenhausen. »Ein absolutes Must-see!« Und von Musik ist die Rede. Natürlich. Seit 2014 trägt die Stadt schließlich den Titel UNESCO City of Music. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass hier die Schallplatte und das Grammophon erfunden wurden, sondern dass es in Hannover bis heute eine starke Kreativwirtschaft gibt. »Wir haben auch die bundesweit zweitgrößte Musikhochschule, die renommierte Staatsoper sowie den Kuppelsaal, den größten klassischen Konzertsaal Deutschlands!«, heißt es in den Broschüren. Und Popkultur? »Hat Hannover natürlich auch: Die Scorpions kennen Sie vielleicht aus dem Radio!« Kultur bis unters Dach Und so geht das immer weiter. Vom SchauKulturelle Geheimtipps spielhaus lest ihr, von der großen Freien Theaterszene beispielsweise mit dem Festival • PLATZprojekt selbstorganisierte Theaterformen und dem Arabischen TheaKeimzelle für die Verbindung von tertreffen und von der breiten MuseumsKunst, Kultur und Kreativwirtschaft landschaft, insbesondere der für Bildende im Rahmen einer experimentellen Kunst (Sprengel Museum Hannover, KunstStadtentwicklung für junge Menschen verein Hannover, Kestner Gesellschaft). • TuT-Schule für Tanz, Clown Weltbekannt sind die bunten, überle &Theater bensgroßen Nana-Skulpturen der Künst erste Schule lerin Niki de Saint-Phalle, deren umfang Deutschlands mit reiche Schenkung an die Stadt Hannover staatlich anerkannter übrigens im Jahr 2025 ihr 25-jähriges Ausbildung als geprüfte Darsteller*innen Jubiläum feiert. Ihr erfahrt von der Poet für Clowntheater und Komik ry-Slam-Szene, die in Hannover 2017 • Klatschmohnfestival inklusives die Deutsche Meisterschaft austrug, und Theaterfestival für kreative Menschen mit davon, dass Hannover 1961 das deutschund ohne Handicap landweit erste Stadtteilkulturzentrum • Jugend spielt für Jugend seit über 30 eröffnet hat. Heute hat Hannover über Jahren erfolgreiches Schultheaterfestival 23 davon mit vielfältigen Kulturange• Rosebusch Verlassenschaften boten für Kinder aus den unterschiedKunstsammlung und Zeugnis der lichen Vierteln. Ihr lest außerdem von Industriegeschichte und Zwangsarbeit, Ort einem ehemaligen Fabrikgelände, wo sich des Erinnerns an das industrielle Erbe und das alternative Kulturzentrum ›Faust‹ die NS-Zeit etabliert hat, der heimlichen Haupt• Musik-Gulli klingender Kanaldeckel stadt der Kleinkunst, der Chorstadt von mitten in der Innenstadt oder auch die nationalem Rang und – »Halt, halt, kleinste Disco der Welt halt«, unterbricht Kurt. »Was soll das? • Grotte von Niki de Saint Phalle Hannover ist eine Landeshauptstadt. einzigartige Verbindung von kulturellem Natürlich hat die solche Einrichtungen. Erbe und zeitgenössischer Kunst in den Das wundert doch niemanden. Wir Herrenhäuser Gärten sollten nach dem Versteckten suchen, • Fuchsbau Festival junges dem Abseitigen. Wo finden wir das?« avantgardis tisches Kunst- und Musikfestival


Gottfried widerspricht Kurt zwar nicht, schlägt allerdings vor, sich der Kulturlandschaft der Stadt nicht zu nähern, indem man bloß aufzählt, was alles schon da und besonders ist, sondern die Kulturaktiven auch danach zu fragen, was ihnen fehlt. Also tut ihr genau das und fragt die Kreativszene, wo immer ihr sie findet. »Viele unserer Einrichtungen«, meint ein Kunststudent, »sind veraltete Bauten aus den Sechzigern bis Achtzigern und müssten mal saniert werden.« Aber vor allem brauche es neue Konzepte zur Zusammenarbeit der bestehenden Kulturinstitutionen von Stadt, dem Land Niedersachsen, der Region Hannover und der Freien Kultur, beklagt eine Galeristin. »Obwohl es zum Beispiel zahlreiche Kunstmuseen gibt, fehlt in Hannover eine Hochschule für Bildende Künste, als Bindeglied zwischen Museen und Freier Szene. Denn momentan leben wir so ein bisschen nebeneinander her.« Dasselbe sei im Bereich Theater der Fall, wo Staatstheater und Freie Theaterszene selten zusammenfinden. »Ich finde auch, die Literatur ist nicht präsent genug!« »Und trotz unserer großen Tanztradition – Mary Wigmans New German Dance kommt schließlich von hier! – gibt es in ganz Niedersachsen keine Tanzausbildung«, beschwert sich ein Choreograf. »Und fangen wir erst gar nicht damit an, von Digitalisierung zu sprechen«, meint ein pensionierter Mathelehrer, der ehrenamtlich im Museum arbeitet. »Da sind unsere Institutionen noch in der Steinzeit.« Dieser Schwächen ist man sich jedoch bewusst, weshalb Hannover aktuell einen langfristigen Kulturentwicklungsplan erarbeitet, dem eine aufwendige Analyse der eigenen Stärken und Schwächen vorausgeht. Und wohin ihr auch geht, trefft ihr immer auch diesen neuen Willen an, etwas zu verändern. Überall in der Stadt finden sich neue Ideen für eine breitere, besser vernetzte und reichere Kulturlandschaft. Und das alles – diese Vision des Austauschs, der Debatte und der Verknüpfungen – wird zusammengehalten von einem Motto …  4 »hier jetzt alle für Europa!«, heißt es auf zahllosen Plakaten in der Innenstadt, auf großen Bannern, aufgehängt über dem Staatstheater, dem Neuen Rathaus und der Norddeutschen Landesbank. Überall stoßt ihr auf diesen Aufruf. Auf den Bildschirmen in der Straßenbahn wird er angezeigt, im Radio diskutiert. Ihr findet ihn in Ladenvitrinen, in den Fenstern der Polizeistationen, auf dem Messegelände, in Gotteshäusern und Cafés. Ihr seht ihn auf Stadtbussen und Taxis, auf den Flugzeugen in Langenhagen. Er prangt auf der Titelseite der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, die den Slogan kritisch kommentiert. hier jetzt alle für Europa!, das ist Aufruf und Programmkonzept zugleich, dem sich eine ganze Stadt verschrieben hat. HIER in Hannover entsteht die neue Agora (ἀγορά) Europas. In der griechischen Antike war die Agora die Versammlungsstätte des Volkes. Sie vereinte Marktplatz, politisches Zentrum und Theater in sich. Hier wurde diskutiert, gewählt, gefeiert. Die Agora war damit der Inbegriff und zugleich das wichtigste Instrument der direkten Demokratie Athens. Sie bot eine Bürgerbeteiligung, die bis heute ihres Gleichen sucht: Jeder (freie) Bürger konnte damals an politischen und juristischen Versammlungen partizipieren und war befugt,

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hierfür ein Amt zu bekleiden.1 Diesen Gedanken und dieses Vermächtnis will Hannover zum 40. Jubiläum der Kulturhauptstadt Athen neu beleben. Denn hier in Hannover wird John Cages Aufruf von 1927 in die Tat umgesetzt: Der Fünfzehnjährige thematisierte in seiner berühmten Rede ›Andere Menschen denken‹ die damalige politische Krise zwischen den USA und Lateinamerika und rief zu einem Innehalten und gegenseitigen Zuhören auf. Und genau das ermöglicht die Agora: einander zuzuhören, auf Augenhöhe miteinander zu diskutieren, zu verhandeln, zu experimentieren aber auch miteinander zu feiern. Überall sollen deshalb für 2025 neue partizipative und interdisziplinäre Räume in Hannover entstehen, in denen die großen europäischen Themen diskutiert werden: eine große und zentrale Agora im Herzen der Stadt (Agora of Europe), aber auch zahlreiche dezentrale und temporäre Agoren (Europe on Stage). Das Prinzip der Agora soll sich jedoch nicht auf 2025 beschränken, sondern zum langfristigen Prinzip öffentlicher Kulturpraxis in Hannover werden und deshalb auch über den physischen Raum hinaus digitale Orte der Begegnung schaffen (Europe on Line). JETZT ist es Zeit, die wichtigen Themen Europas mit Kunst und Kultur radikal zu überdenken und zu hinterfragen. Angefangen von der Spaltung der Gesellschaft bis hin zum Klimawandel werden die drängenden Fragen unserer Gegenwart neu aufgeworfen. Kein Stein, der nicht umgedreht wird. In der kritischen Auseinandersetzung mit diesen Fragen wird Hannover 2025 dabei eigene historische und lokale Anker zum Anlass nehmen, um die gesamteuropäischen Themen künstlerisch zu bearbeiten. ALLE sind eingeladen, sich in und durch Kultur neu zu begegnen. Das meint nicht, dass man sich lediglich als Zuschauer*innen in fertige Veranstaltungen setzt. Die Begegnung beginnt bereits vorher. Denn alle sind eingeladen, am Schaffensprozess von Hannover 2025 teilzuhaben. So wird es beispielsweise neben den zahlreichen von Kulturaktiven getragenen Projekten auch eine Vielzahl an Veranstaltungen und Initiativen geben, die von Hannovers Bürger*innen selbst angestoßen werden (Europe at Home). Alle: Das meint also nicht nur die Kunst- und Kulturszene, sondern Digitalisierung auch die Zivilgesellschaft und Nachhaltigkeit die interdisziplinäre ZusammenAudience Building arbeit mit Wirtschaft, WissenPartizipation: barrierefreie schaft und sozialen Institutionen. und inklusive Teilhabe Kulturmarketing, insbesondere Vernetzung und Sichtbarmachung 1 Vermittlung und kulturelle Bildung Ausgeschlossen (Education) von diesen Internationalisierung Beteiligungen waren jedoch Infrastruktur Programme Personal Förderung Frauen, Sklaven ausbauen, anpassen, professio- anpassen und Metöken umbauen entwickeln nalisieren (Bewohner ohne Bürgerstatus), die Die Sektoren Wirtschaft, Kreativwirtschaft, Soziales, Wissenschaft nicht als Bürger im arbeiten zusammen und bieten Know-how für die Leistungspolitischen steigerung im Kulturbereich. Dafür werden Strukturen geschaffen Sinne galten. z. B. Koordinierungsstelle, Workshops und individuelle Beratung

Upgrade Hannover

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Kapitel 1: B e i t r a g z u r L a n g z e i t s t r a t e g i e  5  Ihr spaziert durch den belebten Welfengarten hinter der Uni und durch die angrenzende Nordstadt voller

studentischer Kneipen. Dort kommt ihr an einer unscheinbaren Turnhalle vorbei, in der laute Stimmen zu hören sind. Hunderte Menschen haben sich darin versammelt und diskutieren miteinander, wie derzeit scheinbar überall in der Stadt. Es geht – natürlich – um die kulturelle Zukunft Hannovers. Die will im Grunde nämlich noch geschrieben werden. Denn zu eurem Erstaunen erfahrt ihr, dass die Landeshauptstadt Niedersachsens über keinen Kulturentwicklungsplan verfügt. Das wolle man ändern. »Aber ist es nicht allein Aufgabe der Politik und Verwaltung?«, merkt Gottfried an. »Vor 350 Jahren vielleicht«, erwidert Kurt. I hr setzt euch in die hinterste Reihe und lauscht dem Vortrag eines Mitarbeiters der Stadt. »Heute sprechen wir von zwei besonders ambitionierten Vorhaben: Zum einen der Bewerbung Hannovers für 2025 und zum anderen der überfälligen Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans. Unsere Idee lautet, beide Prozesse von Anfang an gemeinsam zu entwickeln, damit diese sich gegenseitig bereichern können.« Der erste Schritt dazu ist bereits getan: Zunächst wurde ein gemeinsamer Beteiligungsprozess von Hannover 2025 und dem Kulturentwicklungsplan angestoßen, in denen Kulturaktive, Stadtgesellschaft und Verwaltung zusammengearbeitet haben. »Ich erinnere an dieser Stelle noch mal daran, dass wir zusätzlich auch einen eigenständigen Beteiligungsprozess zum Kulturentwicklungsplan gestartet haben. Es war beachtlich, wie engagiert die Leute da mitgezogen haben: 400 Kulturaktive sowie Mitarbeitende der Kulturinstitutionen der Stadt haben wir dafür befragt. Daraus sind 170 Berichte entstanden, die die Stärken und Schwächen beleuchten, um die nächsten Schritte anzugehen. Spannend war zu sehen, dass die Kulturaktiven nicht nur für ihre Sparten gedacht haben, sondern sich mit ihren Ideen viele Gedanken über das grundsätzliche Zusammenleben in der Stadt gemacht haben. Auf diesen Analysen haben sich verschiedene Handlungsfelder herauskristallisiert, in denen dringende Zukunftsthemen wie z. B. Partizipation, Demokratie, die Gestaltung des Stadtraums, Möglichkeitsräume, aber auch Diversity und der Umgang mit der Internationalität Hannovers bearbeitet werden. Diese Themen werden bei der Überprüfung und Weiterentwicklung der städtischen Kulturarbeit ebenso zu beachten sein, wie die Querschnittsthemen Kulturmarketing, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das wird zurzeit noch weiter geschärft.« Kurt raunt Gottfried amüsiert zu: »Haha, interessante Sprache: Querschnittsthema, Handlungsfelder, Diversity – ist das nicht der berühmte Beraterschnack?« 5 Beschreiben »Bevor ich das Wort weitergebe«, sagt der Redner, »noch ein Hinweis: Zu diesen Themen werden wir gemeinsam mit Ihnen bis zum Frühjahr 2020 konkrete Maßnahmen erarbeiten. Sie die Insbesondere wird es darum gehen, ein gezieltes Capacity-Building-Programm zu entwickeln, Kulturstraum die Leistungsfähigkeit sowohl der kulturellen Institutionen als auch der einzelnen Künsttegie, die ler*innen und Kulturaktiven zu steigern und damit gemeinsam Verantwortung für die kultuin Ihrer relle Entwicklung Hannovers zu übernehmen. Wir nennen dieses Programm Upgrade Stadt zum Hannover. Ein solches Programm muss natürlich die gerade genannten Themen Zeitpunkt aufgreifen«, sagt der Redner und wirft eine neue Folie an die Wand. der Bewerbung besteht, einschließlich Dieses Programm umfasst zwei Aspekte. Zum einen geht es um die Verbesserung unserer kulturellen ›Hardware‹. Damit sind infrastrukturelle Maßnahmen wie die der Pläne für nachhaltige Sanierung der Gebäude, der Ausbau der digitalen Infrastruktur oder die Schaffung die Fortfühneuer Räume gemeint. Zum anderen geht es um die kulturelle ›Software‹ Hannovers. Dazu rung kultugehören sowohl die Kulturprogramme als auch das Personal in den Kultureinrichtungen. reller AktiviSowohl Hard- als auch Software müssen in puncto Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Audience täten über Building und Internationalisierung einen Sprung nach vorne machen. Besonders wichtig ist das Veranuns das Audience Building mit den Bereichen Partizipation, Kulturmarketing und Vermittlung. staltungsDenn wir wollen ja nachhaltig etwas für die Entwicklung der Kultur in unserer Stadt tun. jahr hinaus.

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Beschreiben Sie die Pläne der Stadt zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des Kultur- und Kreativbereichs, auch durch die Entwicklung langfristiger Verzahnungen zwischen diesen Sektoren und den Sektoren Wirtschaft und Soziales in Ihrer Stadt. / Wie ist die Aktion »Kulturhauptstadt Europas« in diese Strategie eingebunden? 30

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Wichtig bei so einem Programm ist außerdem, darüber nachzudenken, wie man den Kulturbereich durch einen Know-how-Transfer aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Wissenschaft bereichern kann. Aus der Wirtschaft könnte man beispielsweise Marketing- und ManagementTools für die Kultur fruchtbar machen. Soziale Institutionen könnten wiederum Know-how im Bereich Partizipation liefern. Und die Wissenschaft ließe sich in die Evaluation der eigenen Kulturpolitik einbinden. Dafür müssen allerdings die entsprechenden Strukturen geschaffen werden, wie zum Beispiel Koordinierungsstellen, Workshops oder individuelle Beratungen. Wir glauben in jedem Fall: Das lohnt sich. Denn mit diesem Know-how-Transfer kann man die Leistungsfähigkeit des Kulturbereichs unglaublich steigern.« Kurt lehnt sich zu dir und sagt: »Und zwar ins Unermessliche steigern. Vorwärts nach weit!« Der Redner schließt seinen Vortrag und verabschiedet sich: »Damit wäre ich im Grunde auch schon fertig. Danke für die Möglichkeit, hier heute sprechen zu können. Ich wünsche uns allen noch spannende Diskussionen.«  6/ 7 Ihr zieht weiter und es verschlägt euch in den Stadtteil Linden. Auch hier spürt man, wie an allen Straßenecken Hannovers Kultur kritisch überdacht wird. So trefft ihr in einem Café am Lindener Markt auf eine kleine Arbeitsgruppe, die über der Frage brütet, wie man das Prinzip der Agora nutzen könnte, um die bereits vorhandene Kulturlandschaft zu stärken: »Stichwort: Upgrade Hannover. Wir glauben, dass man zur Steigerung der kulturellen und künstlerischen Leistungsfähigkeit auf intersektionale Zusammenarbeit setzen muss.« Zu Gottfrieds Freude schlagen sie hierfür vor, nicht nur über eine Verzahnung von Kultur mit Wirtschaft und Sozialem nachzudenken, sondern außerdem die Wissenschaft einzubinden: »Schließlich zählt Hannover zu den bedeutendsten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.« Ihr erkundigt euch nach konkreten Beispielen. Wie soll das Programm Upgrade Hannover, von dem auch im Vortrag zuvor die Rede war, praktisch umgesetzt werden, fragst du. Daraufhin nennt man euch gleich mehrere Adressen von anderen Arbeitsgruppen, die sich genau mit dieser Frage in unterschiedlichen Kulturbereichen beschäftigen. Und so trinkt ihre euren Kaffee aus, verabschiedet euch wieder und fangt an, die Adressen abzuklappern, einmal quer durch die Stadt, und erfahrt so von zahlreichen bereits angestoßenen Initiativen: Aufnahmezustand – Vernetzung der FreiAkademie – Vernetzung der bildenden Kunst: Da es in Hannover en Szene: Im Zuge der Bewerbung Hankeine Kunsthochschule gibt, schlägt eine Interessengemeinschaft novers hat sich die Freie Kulturszene vor der Projekträume im Zuge der Bewerbung die Gründung einer Ort erstmals genreübergreifend zusamAkademie vor, um zwischen Museen, Galerien und der Freien Szene ein Bindeglied zu schaffen. Die Akademie wird demengeschlossen und das Netzwerk Aufzentral, international und offen angelegt sein und soll Hannahmezustand gegründet. Nahezu alle, die nover als Heimat für Künstler*innen attraktiver machen, die in der Freien Kulturszene Rang und Naauch interdisziplinär arbeiten. Sie steht für eine alternative men haben, kommen hier zusammen; insForm des Lernens und Austauschs und versucht, nicht-hiergesamt 160 Teilnehmer*innen. Ziel ist es, archische Strukturen zu schaffen. Themen wie Kunstprodukkünftig mehr innovative Kooperationen antion in der Stadtgesellschaft und Gentrifizierung sollen in inzubahnen, eine höhere Sichtbarkeit für alle zu schaffen und die eigene Professionalisierung ternationalen Austauschprogrammen, Residencies, Vortragsweiter voranzutreiben. Sicher ist: Unabhänreihen, Workshops, Arbeitsgruppen und Publikationen reagig von Hannover 2025 wird die Initiative Auf- lisiert und auf einer digitalen Plattform zugänglich gemacht nahmezustand nachhaltig Einfluss auf Hanno- werden. Das gewonnene Wissen wird alle zwei Jahre durch vers freie Kulturlandschaft haben. eine Biennale präsentiert und vertieft.

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International Center of Music & Sounds: Schallplatte, GrammoUp to eleven – Junge Menschen in kreativen phon und CDs – in der Landeshauptstadt wurden wegweisenAusbildungsberufen: In diesem Programm, de Meilensteine erfunden und produziert. Innovation ist also das im Rahmen der Bewerbung Hannover Hannovers Erbe. Dem soll auch in Zukunft durch die Grün2025 initiiert wurde, sollen soziale Aspekte dung des International Center of Music & Sounds gerecht gemit dem Kultur- und Kreativbereich verknüpft worden werden. Ziel dieser gemeinsamen Initiative von Stadt, werden. Up to eleven will jungen Menschen Region, Wirtschaft, Wissenschaft und Freier Musikszene ist den Zugang zu kreativen Ausbildungsberufen es, die eigenen Aktivitäten im Kultur- und Kreativwirtschafts- erleichtern und damit den Nachwuchs und Tabereich enger zu verzahnen, um weiterhin weltweite bedeu- lente fördern. Dies wiederum wird die Innovatende Innovationen auf den Weg zu bringen. In der Hörre- tions- und Leistungsfähigkeit der Kreativwirtgion arbeiten Akteur*innen aus Wirtschaft (u. a. Sennhei- schaft langfristig stärken. Das Programm wird ser, Kind) und Wissenschaft (u. a. das Deutsche HörZen- gemeinsam entwickelt vom städtischen Fachbetrum der Medizinischen Hochschule sowie die HMTMH reich Kultur mit dem Kulturbüro und dem kre|[Hochschule für Musik und Theater und Medien Hanno- H|tiv-Netzwerk, dem 350 Unternehmen aus der ver]) erfolgreich zusammen. Ergänzt durch die Aktivitäten Kreativwirtschaft angehören. Weitere Kooperader UNESCO City of Music soll das International Cen- tionspartner*innen sind die Landesvereinigung tre for Music & Sounds zu einem Erlebnis-, Ausstellungs-, kulturelle Jugendbildung Niedersachsen e. V., die Lern- und Begegnungsort mit internationaler Strahlkraft Hochschulen, die Agentur für Arbeit, die Pro Bezu den Themenkomplexen ›Musik und Musiktechnik‹ so- ruf GmbH, ArbeiterKind.de, zahlreiche Schulen, wie ›Hören-Akustik-Schall und Klang‹ werden. die Handwerkskammer Hannover und viele mehr.

8Welche wären Ihrer Meinung nach die langfristigen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen

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Auswirkungen auf Ihre Stadt (einschließlich der Stadtentwicklung) sollte ihr der Titel »Kulturhauptstadt Europas« verliehen werden?

Wirtschaftliche Auswirkungen: Steigende Tourist*innenzahlen aufgrund des Images als europäische Kulturmetropole; Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Hannover; Steigerung der Leistungsfähigkeit der Kreativwirtschaft; erhöhtes Verantwortungsbewusstsein der Wirtschaft für Stadt- und Kulturentwicklung, positivere Besetzung des Themas Kultur- und Kunstsponsorings. Soziale Auswirkungen: Barrierefreie und inklusive Teilhabe sowie Erschließung neuer Zielgruppen, die vorher durch kulturelle, sprachliche oder finanzielle Barrieren nicht erreicht werden konnten; Neubelebung des öffentlichen Raums und Sensibilisierung für europäische Themen durch das Prinzip der Agora. Kulturelle Auswirkungen: Entwicklung und Umsetzung eines Kulturentwicklungsplans; Steigerung der Leistungsfähigkeit im Bereich Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Audience Building und Internationalisierung; Knowhow-Transfer aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Wissenschaft in den Kulturbereich; Aufbau neuer Strukturen für die Zusammenarbeit zwischen Stadt, Region, Land und Freier Szene; Vernetzung der lokalen mit der internationalen Kulturszene; neue partizipative Dialog- und Streitkultur im Sinne der Agora. Auswirkungen durch die Beteiligung der Wissenschaft: Die Vernetzung und Zusammenarbeit von Kultur, Wirtschaft und Sozialem weckt Innovationspotenziale; Partnerschaften für spätere Evaluation des Kulturhauptstadtjahres und zur Sicherung der langfristigen Effekte; Möglichkeit des internationalen Austauschs und Steigerung der Attraktivität des Wissenschaftsstandorts.

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8 »Könnt ihr noch?«, fragt Kurt. Du nickst, nur Gottfried sieht schon etwas erschöpft aus. »Das macht das 5

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9 Umreißen Sie kurz die Monitoring- und Bewertungspläne.

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Alter.« Ihr lauft weiter, am Ufer der Leine entlang, sprecht immer wieder Menschen an. Dabei stellst du fest: Bei aller Begeisterung, die die Bewerbung entfacht hat, finden sich auch immer wieder Leute, die über das Unterfangen kein gutes Wort zu verlieren haben. Auch in der Presse gibt man sich kritisch. Hannover 2025 polarisiert. Das zeigt sich auch, als ihr auf ein junges Paar trefft. Als ihr es nach seiner Meinung zur Kulturhauptstadtbewerbung und der Idee von Hannover als Agora Europas fragt, kommen sich die beiden in die Haare. »Davon mal abgesehen, dass ich bis eben noch nie etwas von diesem Agora-Begriff gehört habe, denke ich mir: Was haben wir denn von der ganzen Sache? Was bringt das denn?«, fragt der eine spöttisch, »außer vielleicht, dass Hannovers Hotels ein Jahr eine Menge Kohle machen und zwei, drei Leute im Ausland zum ersten Mal den Namen unserer Stadt hören?« Sein Partner sagt, das seien berechtigte Fragen, entgegnet jedoch: »Eine Stadt als Agora zu denken, als Versammlungsstätte, heißt ja gerade nicht, bloß touristisch zu denken. Eine Stadt als Agora zu denken, meint viel mehr: Es ist ein Paradigmenwechsel in der Dialog- und Streitkultur. Denn das Prinzip Agora verspricht eine neue Art, miteinander zu arbeiten, eine neue Haltung, eine geschärfte Sensibilität für europäische Themen und den Mut, etwas Neues auszuprobieren – auch mit dem Risiko zu scheitern.« Gottfried gefällt, dass so offen zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen diskutiert wird: »Eine kritische Auseinandersetzung mit sich selbst ist für eine Stadt eine Bereicherung, auch für Hannover. Wie soll man sonst für die Zukunft lernen?« 9 Ihr beschließt, euch aufzuteilen. Du gehst in die Fössestraße, um mit den Leuten vom PLATZprojekt zu sprechen; ein experimentelles Entwicklungsprojekt auf einem ehemals brachliegenden Gelände, das abseitigen, künstlerischen Visionen Flächen zur Verfügung stellt. Kurt und Gottfried hingegen verschlägt es ins Ihme-Zentrum, dieses surreale und doch anziehend brutalistische Betonmonster mitten in der Stadt. Als ihr euch nach euren kleinen Ausflügen am Küchengarten wieder trefft, sind Gottfried und Kurt in einen Streit verwickelt. »Man kann aber eben nicht alles messen, weil nicht alles binär ist. Ja/nein, gut/schlecht – so funktioniert das nicht«, sagt Kurt genervt. »Man kann nicht nur alles messen, man muss es auch«, erwidert Gottfried, der vor Eifer sogar seine Perücke abgesetzt hat. »Das ist geradezu eine intellektuellwissenschaftliche Pflicht! Allein wegen der großen Summen, die im Spiel sind.« Du setzt dich auf eine Bank und hörst den zankenden Männern leicht gelangweilt zu. Es geht in ihrem Disput um die Frage, wie man all die angestoßenen Initiativen und Projekte später evaluieren soll, um langfristige Effekte von vornherein zu sichern, Lernmöglichkeiten und größeren Kontext zu schaffen. Einig sind sich Kurt und Gottfried darin, dass der Vorgang – von der Ausschreibung bis zur Präsentation der Ergebnisse – transparent sein muss. Einig ist man sich außerdem darin, was man evaluieren muss. Zum Beispiel die gesteigerte kulturelle Leistungsfähigkeit der Stadt oder die Frage, ob die Agora überhaupt die richtige Methode war. Uneinig ist man sich jedoch hingegen, wie man das messen und bewerten soll. Primär qualitativ? Oder doch schön ordentlich quantitativ, so wie Gottfried es am liebsten hätte? Eine Weile geht das noch hin und her. Du holst dir ein Eis bei Giovanni L. und als du zurückkommst, sind die beiden immer noch am Diskutieren. Irgendwann mischst du dich schließlich ein und sagst, dass sich beide Zugänge vereinen ließen. Das sei kein Problem. »Triangulation nennt man das in der empirischen Sozialforschung.« Kurt und Gottfried geben sich skeptisch. »Und wie erheben die ihre Daten?« Üblicherweise kommen diese von Projektpartner*innen, Kultur- und Stadtmarketing, Stadttourismus, Umfragen, Interviews, Medienresonanzanalyse. »Und was soll überhaupt verglichen werden?« Alles beginnt mit der Erfassung der Ausgangsposition Ende 2020. Bis 2025 sollen zwei weitere Messungen stattfinden. Dann noch eine im Titeljahr, eine 2027 und ein letztes Mal im Jahr 2030 im Zuge der Evaluierung der Umsetzung von Mein Hannover 2030. »Und wie werden die Ergebnisse aufbereitet?« In Online-Publikationen sowie durch den Wissenstransfer und Konferenzen zwischen den Städten und Forscher*innen.

»Aha.«

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Dreiteiliger Dreiteiliger 1. Leistungsfähigkeit im Bereich Kultur in Hinblick auf Digitalisierung Nachhaltigkeit Audience Building Internationalisierung

2. Evaluierung der Methode Agora, z. B. Ist Agora das richtige Prinzip, um zu einem Ergebnis zu kommen? Wurde die Methode Agora genau angewendet und durchgeführt? Wurden die Sektoren Wirtschaft, Soziales, Kultur und Wissenschaft zusammengebracht? Konnte ein neues Bewusstsein für europäische Themen geschaffen werden?

3. Qualitative und quantitative Evaluierung der Veranstaltungen und Projekte, z. B.

Evaluierung als kurz- und langfristiges ManagementTool: Übernahme der Ergebnisse aus Hannover 2025 und des Kulturentwicklungsplans in die langfristige Strategieplanung der Stadt Wurden neue Ideen für die großen europäischen Themen entwickelt, die in die gesellschaftlichen Prozesse Eingang gefunden haben? Wie groß und divers war die Partizipation in diesem Prozess?

Dreiteiliger Dreiteiliger Monitoring-Plan Monitoring-Plan dertien


Kapitel2: Kulturelle u n d kUE n s t l e r i s c h e I n h a l t e

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Strategie für das Kulturprogramm des Veranstaltungsjahres aus?

10 Wie sieht die künstlerische Vision und

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10»Europa, wir müssen reden«, sagt eine Slam-Poetin auf einer improvisierten Bühne in der belebten Limmerstraße. »Denn wie kann es sein, dass Menschen, die anderen im Mittelmeer das Leben retten, zu Verbrecher*innen erklärt werden? Wie kann es sein, dass in Teilen Europas Journalist*innen um ihr Leben fürchten müssen? Wie kann es sein, dass es die Jugend und Fridays for Future braucht, um uns daran zu erinnern, dass es keinen Planeten B gibt? Wie kann es sein, dass Regionen wie Deutschland bei der Digitalisierung international den Anschluss zu verlieren drohen? Wie kann es sein, dass nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts mit jedem Jahr mehr populistische und nationalistische Parteien die Parlamente erobern?« Du denkst zurück an den Abgrund. Er ist noch immer da. Wo sollte er auch hin sein? Man kann ihn nicht aussitzen. Das ist kein kurzer Regenschauer, der vorbeizieht. »Ich glaube«, meint auch Kurt, während ihr über die Dornröschenbrücke von Linden nach Herrenhausen lauft, »egal, wer 2025 Europäische Kulturhauptstadt wird: Unsere Städte werden auf die politischen und kulturellen Verwerfungen Europas reagieren müssen – so oder so.« Es brauche eine radikal offene Diskussion über die demokratische Zukunft der Union. Hannover entwickelt hierfür die Vision einer modernen Agora, wo die europäischen Krisen durch Kunst interdisziplinär und gemeinschaftlich verhandelt werden, um neue Ideen für die Zukunft zu entwerfen. »Doch wo anfangen, bei der Fülle an Fragen«, meint Kurt. »Ich schlage vor, mit jenen Themen zu beginnen, zu denen es in Hannover einen lokalen Anker gibt«, sagt Gottfried. »Diese lokalen Referenzen lassen sich als Ausgangspunkt für größere Diskussion denken.« Es sollte in jedem Fall ein offener Prozess sein, an dem sowohl internationale Expert*innen als auch Bürger*innen teilhaben. »Und die Kunst ist das Medium für diese Begegnungen und greifbare Auseinandersetzung mit den Fragen unserer Zeit. Kunst bringt diese Diskussionen auf die Straße und kanalisiert die Emotionen, die die Menschen zu diesen europäischen Themen haben. Also im besten Sinne der Agora.« Das hast du jetzt schon so oft gehört. Agora, Agora, Agora. Wie muss ich mir die Agora denn praktisch und räumlich vorstellen? Wo wird man sie in der Stadt antreffen? »Du stellst immer noch die richtigen Fragen«, sagt Gottfried. Auf einer großen Plakatwand, auf der sonst Werbung klebt, ist ein Entwurf von Hannover im Jahr 2025. Und du siehst: Die Agora soll durch vier verschiedene Programmsäulen erfahrbar werden. Agora of Europe

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Die Hauptagora muss man sich wie kleines Dorf vorstellen, das zentral in der Stadt gelegen sein wird. Sie ist das Herz, das Kraftwerk von Hannover 2025. Ihre temporären Bauten, die sich durch eine außergewöhnliche und nachhaltige Architektur auszeichnen werden, dienen als Begegnungs- und Veranstaltungsorte. Agora of Europe ist eine kreative Ideenschmiede, wo Künstler*innen aus aller Welt, lokale Kulturaktive aus Stadt, Land, Region und Freier Szene, Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sozialem mit zivilgesellschaftlichen Gruppen aufeinandertreffen. Agora of Europe ist ein Brennkessel, in dem ausprobiert, diskutiert, geübt, gelernt, gegessen, geschlafen, gefeiert und gestritten wird. In ihrer Mitte wird das Produktionshaus stehen, in dem experimentelle Formate entwickelt werden, für die bisher in Hannover die Räume fehlen. Was hier produziert wird, soll auch an den anderen Spielorten in der Stadt und Region gezeigt werden. Rings um das Produktionshaus finden sich kleinere Bühnen, Studios und Werkstätten sowie Restaurants, Bars und Lounges. Agora of Europe wird für 2025 zum Festivalzentrum, in dem auch das Organisationsteam und Kurator*innenteam arbeiten werden und in dem rund um die Uhr Leben ist.

Europe on Stage

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Neben diesem großen Zentrum wird es auch zahlreiche dezentrale Agoren über die gesamte Stadt und Region verteilt geben. Unter dem Titel Europe on Stage bilden diese Spielstätten die zweite Säule des Programms. Hierfür sollen zum einen gemeinsam mit den Kulturaktiven Produktionen und Koproduk-

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tionen erarbeitet und auf bereits vorhandenen Bühnen bespielt werden: von der Staatsoper bis zum kleinen Keller von Feinkost Lampe, vom Sprengel Museum Hannover bis zum Gartentheater. Zum anderen sollen an ungewöhnlichen Orten, lost spaces und Hotspots durch künstlerische Interventionen neue temporäre Bühnen entstehen. Trotz ihrer temporären Natur sollen die Interventionen insofern nachhaltig sein, als dass sie auf ökologische Bauweisen setzen und bei deren Konzeption von Beginn an mögliche Nachnutzungen mitgedacht werden. Um die bleibende Bedeutung von Hannover 2025 im Stadtbild symbolisch zu markieren, sollen die temporären Bauten sichtbare Spuren hinterlassen und auch nach ihrem Abbau dauerhaft das Stadtbild prägen. Dabei werden lokale Kulturaktive untereinander und mit internationalen Künstler*innen die Formate für diese Bühnen entwickeln.

Europe on Line

Jenseits der physischen Räume soll die Agora auch im Digitalen eine Heimat finden. 300 Jahre nachdem der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz in Hannover mit der Entwicklung des binären Systems den Grundstein für unsere heutige Computertechnologie legte, will Hannover mit Europe on Line im Digitalen neue Wege zu Gesprächen eröffnen, die mehr denn je verschlossen scheinen. Denn die großen Versprechen und Hoffnungen von einer offenen und vernetzten globalen Gemeinschaft sind weit von der Realität entfernt. Fake News und Hate Speech spalten unsere Gesellschaft. Für 2025 entsteht in Hannover eine digitale Agora, eine Kommunikationsplattform, die auf den europäischen Werten Freiheit und Gemeinschaftsgeist basiert. Die Idee: einen öffentlichen Raum kreieren, in dem (ähnlich wie in einem geregelten Debattierclub) ein Wettkampf der Ideen stattfindet, um so eine zivilisierte Streitkultur zu fördern.

Europe at Home

Über die neuen Bauten und Interventionen hinaus soll das Prinzip der Agora auch in die Häuser und Gärten der Bürger*innen getragen werden. Diese vierte Programmsäule wird unter dem Titel Europe at Home laufen, Hannovers langer Tradition der Privatsalons neues Leben einhauchen und den Bürger*innen erlauben, selbst kleinere Kulturprojekte zu initiieren und auf diese Weise bei der Gestaltung des Kulturprogramms von Hannover 2025 aktiv werden zu können.

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*= Europäisches Thema mit geplantem Projekt

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UNSER ZEITPLAN MAR

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2020 2020 2021 2021 2022 2022 2023 2023

Präparationsphase: Präparationsphase: Eröffnung Eröffnungder der provisorischen provisorischen Agora Agoraof ofEurope Europe Internationale InternationaleSchriftsteller*innen-Konferenz Schriftsteller*innen-Konferenz

2024 2024

Pre-Opening Agora of of Europe Europe

2025 2025

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opening event event

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— ——20 20 große große Ausstellungen Ausstellungen—— — — • • — Theater, Theater, Tanz- und Tanzund Musikfestivals Musikfestivals

Open Air-Festivals Air-Festivals und Art in in Air Air

Theater, Theater, Tanz- und Tanzund Musikfestivals Musikfestivals

• ——— —— — Agora Agora of Europe — —— ——— • • — —— —— — Europe Europe on Stage Stage — —— ——— • Europe at Home — —— ——— • • ——— —— — Europe Europe on Line — —— ——— • • ——— —— — Europe

Ihres Kulturprogramms, einschließlich des Umfangs und der Vielfalt der Aktivitäten/Hauptveranstaltungen, die das Jahr kennzeichnen werden.

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11 Geben Sie einen allgemeinen Überblick über die Struktur

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11 Ihr geht weiter, ins Welfenschloss, das Hauptgebäude der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität. »Ganz

schön protzig, aber passt ja zu dir«, sagt Kurt und stupst Gottfried in die Seite. »Hilf mir auf die Sprünge: Wie viele Hochschulen wurden noch mal nach dir benannt, Kurt?« Man hat euch gesagt, dass dort eine Werkschau der zehn interdisziplinären Think Tanks gezeigt wird, wo deren Vertreter*innen ihre Projektideen für das Kulturprogramm von 2025 besprechen. Dabei geht es insbesondere um die Frage, durch welche Formate man die europäischen Fragen der Gegenwart künstlerisch verhandeln kann. Also geht ihr den langen Westflügel des Gebäudes hinunter, bis ihr vor einer großen Holztür stehenbleibt. Kurt klopft und man bittet euch herein. Ihr seid etwas spät, die Gespräche haben schon begonnen. Gerade geht man den Zeitplan durch. »Sobald die Kurator*innen vorgestellt wurden, beginnen die vierjährigen Vorbereitungen für 2025. In diesem Zeitraum werden die Formate für unsere vier Programmsäulen entwickelt: Agora of Europe, Europe on Stage, Europe at Home und Europe on Line. Hierfür wird eine provisorische Agora of Europe eingerichtet, in dem die Kurator*innen bereits im Vorfeld arbeiten können. Im Sommer 2024 wird es dann das Pre-Opening der echten Agora of Europe geben, gefolgt vom großen Opening Event Anfang 2025 auf dem Cityring. Was es mit dem Cityring auf sich hat, dazu hören wir gleich noch mehr. Das Jahr 2025 selbst wird sich dann in vier Circles unterteilen, die jeweils einen thematischen Schwerpunkt setzen, den das Kurator*innen-Team noch festlegen wird. Eine weitere Idee hinter den vier Circles ist, dass an deren Ende jeweils eine kurze Reflexionsphase stattfinden wird, in der auf die bisherigen Erfahrungen eingegangen wird. Das ist der Plan.«

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Europa als Friedensprojekt

Internationaler Schriftstellerkongress 1935 Vom 21. bis 25. Juni 1935 fand in Paris der Erste Internationale Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur mit 250 Teilnehmer*innen aus 38 Ländern statt, darunter auch namhafte deutschsprachige Exilant*innen. Sie berieten über Wege, sich den Bedrohungen und Gefahren durch den Nationalsozialismus entgegenzustellen. Obwohl die Zusammenkunft keine konkreten Auswirkungen hatte, wurde sie von vielen positiv bewertet. Von 1936 bis 1938 folgten drei weitere Kongresse in London, Valencia und erneut in Paris.

»Hallo allerseits! Unsere Gruppe hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie man das Thema Frieden künstlerisch bearbeiten kann. Denn die EU ist ja vor allem eines: das erfolgreichste Friedensprojekt der neueren Geschichte. Nach den traumatischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts ist die Union nichts Geringeres als die Umsetzung einer jahrhundertealten Utopie: ein vereintes Europa. Das wollen wir mit einem Internationalen Musikfestival des Friedens im Sommer 2025 feiern. Nicht nur ist Musik, als universelle und völkerverbindende Sprache, hierfür die richtige Kunstform, sondern auch Hannover als UNESCO City of Music der richtige Ort. Schon Ende des 17. Jahrhunderts war die Stadt eine Werkstatt europäischer Musik, als Hofkapellmeister Agostino Steffani (1654 – 1728) hier italienische und französische Musik verband und die Grundlagen schuf, auf denen Bach später aufbauen sollte. Und auch heute hat Hannover eine breite Musikszene: von Chor, Klassik und Neuer Musik bis zu Jazz, Elektro, Weltmusik, Rock und Pop. Und wie ihr alle wisst, wurde hier eine der bekanntesten Friedensballaden geschrieben: Wind of Change von den Scorpions. Der Song gilt ja als Hymne der Ost-West-Annäherungen, entstand jedoch noch vor der Wende, als der Sänger Klaus Meine nach zwei Konzerten in der UdSSR spürte, dass die Zeit des Kalten Kriegs bald enden würde. Glücklicherweise verliefen diese großen Umstürze weitestgehend friedlich. Das von uns geplante Festival steht nun wiederum im Schatten einer Neuordnung der Welt: Die USA wenden sich zunehmend von Europa ab, das transatlantische Bündnis schwächelt. Wir hoffen, dass auch dieser Wandel friedlich verläuft und wollen mit unserem Festival die internationale Völkerverständigung feiern und fördern. Statt klassischen Konzerten planen wir eine genreübergreifende und zeitgenössische Musikparade, die sich wie eine Schlange durch die Stadt bewegt und in sie bis die letzten Winkel mit Musik erfüllt. Vielleicht sogar ja auf dem Cityring.«

Konferenz der Literatur

Für die Vorbereitungsphase ist unter anderem eine Schriftsteller*innen-Konferenz angedacht, angelehnt an den ersten Internationalen Schriftstellerkongress von 1935. Damals fanden sich in Paris im Schatten Hitlers und mit lebendigen Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg 250 Literat*innen zusammen. Paul Nizan, Bertolt Brecht, Anna Seghers, Heinrich und Klaus Mann, Lion Feuchtwanger, Robert Musil und viele weitere kamen, um gemeinsam »die Kultur zu retten«. »Auch Hannover wird im Vorfeld zu 2025 Schriftsteller*innen aus ganz Europa einladen. Sie sollen die aktuellen Krisen der Union diskutieren und die europäischen Themen für unser Programm schärfen. Wir erhoffen uns, dass im Zuge dessen ein europäisches Manifest entsteht; ähnlich dem anti-nationalistischen Pamphlet Fight for Europe, das Milan Kundera, Salman Rushdie, Elfriede Jelinek, Orhan Pamuk und andere Intellektuelle beziehungsweise Schriftsteller*innen Anfang 2019 veröffentlicht haben.« Nachdem die Vorbereitungen bis 2025 besprochen sind, fangen im Anschluss die verschiedenen Think Tanks an, ihre Ideen für Hannover 2025 vorzustellen. Sie alle sind bei der Entwicklung von Projekten einer grundsätzlichen Systematik gefolgt: Ziel ist es, große europäische Themen zu verhandeln und diese dafür stets mit einem lokalen Anker in Hannover zu verbinden. Aus diesen beiden Komponenten (Europa-Thema und lokaler Anker) wurden dann die jeweiligen Projekte entwickelt. Den Anfang macht eine junge Frau im Anzug mit unwahrscheinlich breiter Krawatte.

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Cityring

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»Prima. Da kann ich ja direkt anknüpfen«, meint eine junge Frau. »Hallo auch von mir. Ich bin Architektin und vertrete den Think Tank zu Stadtentwicklung und Mobilität. Unser Ziel: Wir verhandeln den Cityring neu! Dazu vielleicht erst mal einen Schritt zurück. Ganz grundsätzlich lässt sich an Hannover ja die Entwicklung der europäischen Stadt zeigen, deren Wandlungen stets von gesellschaftlichen Veränderungen geprägt waren. Das mittelalterliche Hannover wurde zum Beispiel von einer Stadtmauer umschlossen. Unter Hofbaurat Georg Ludwig Laves wurde die Stadt einmal komplett neu geordnet. In der Folge bildete sich ein neues Geschäftszentrum rund um den Bahnhof, während die Altstadt an Bedeutung verlor. Und auch nach dem Zweiten Weltkrieg wird das zerstörte Hannover grundlegend neu gedacht: Die funktional gegliederte und autogerechte Stadt war das Ziel des damaligen Stadtplaners Rudolf Hillebrecht. ›Das Wunder von Hannover‹, titelte Der Spiegel 1959 über diese radikale Umstrukturierung. Im Zuge dessen entstand auch der mehrspurige Cityring, der die Stadtteile miteinander verbinden sollte, de facto die Stadt aber auch spaltete. Um also zu meinem Anfangsgedanken zurückzukehren: So wie die mittelalterliche und auch die neuzeitliche Stadtplanung irgendwann verworfen wurden, so ist heute auch die Vision der autogerechten Stadt überholt und muss überdacht werden. Wir schlagen deshalb vor, den Cityring als Agora zu nutzen und ihn zum Verhandlungsraum und Experimentierfeld zu transformieren, in dem neue Urbanitäts- und Mobilitätskonzepte für die europäische Stadt des 21. Jahrhunderts prozesshaft erprobt werden können. Das bedeutet, sich zu fragen, wie sich die europäische Stadt der Zukunft in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklungen wandeln muss. Nehmen wir zum Beispiel die Digitalisierung: Wie wandelt sich die Kernstadt als Handelszentrum, wenn der Handel zunehmend im digitalen Raum stattfindet? Oder Mobilität: Wie muss Verkehrsplanung aussehen, wenn der Individualverkehr aus Klimaschutzgründen massiv zurückgeht? Oder auch das Stichwort Nachhaltigkeit: Wie sieht die lebenswerte und ökologisch nachhaltige Stadt der Zukunft in Zeiten des Klimawandels aus? Um diese und weitere Fragen zu verhandeln, wollen wir den Cityring für 2025 punktuell bespielen. Neben temporären Installationen und experimentellen Interventionen können auch bleibende Objekte entstehen.

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Beauty of Failure

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»Hi. Ich bin vom Aufnahmezustand, dem neu gegründeten Netzwerk der Freien Szene. Und wir haben uns zum Thema Wohnen und Urbanismus mit Hannovers liebstem Monster beschäftigt: dem Ihme-Zentrum. Dieser gigantische Gebäudekomplex aus den Siebzigerjahren – mit dem größten Betonfundament Europas – galt ja mal als architektonisches Vorzeigemodell für die Verdichtung von Leben, Wohnen und Arbeit. Heute steht sein Verfall für die gesellschaftliche Vernachlässigung zeitgemäßer Wohnkonzepte und eines solidarischen Miteinanders. Das Problem: Investor*innen des Ihme-Zentrum kommen und gehen und waren bisher nur am Profit interessiert, statt dem gesamten Komplex eine nachhaltige Zukunft zu sichern. Wir glauben aber weiterhin an das Potenzial des Ihme-Zentrums und wollen dem Riesen neues Leben einhauchen. Dafür sollen Kulturaktive der Freien Szene mit den Bewohner*innen zusammenarbeiten. So kann das Zentrum im Rahmen von Hannover 2025 bestenfalls zu einer Blaupause für vielfältiges Zusammenleben und zeitgenössische Stadtentwicklung in Europa werden. Die Vision ist, ein Gemeinschaftsgefühl der Bewohner*innen zu wecken, aus dem heraus etwas Großes entstehen kann. Von The Beauty of Failure zur Beauty of Community. Dieser neuen Kraft der Gemeinschaft soll durch eine große Lichtchoreografie aller Bewohner*innen Ausdruck verliehen und der graue Koloss wieder zum Pulsieren gebracht werden.«

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Grüne Stadt

»Auch unser ›Denkbottich‹ hat sich mit Stadtplanung beschäftigt, allerdings vor dem Hintergrund einer anderen spezifischen Frage: Wie grün kann/muss Hannover sein? Hannover ist zwar wegen der vielen Parks und Anlagen bereits eine der grünsten Großstädte Deutschlands – Stichwort: Stadtwald Eilenriede, Herrenhäuser Gärten, und so weiter. Aber wir wollen das Grüne nicht nur in abgesteckten Gebieten denken, sondern die ganze Stadt damit einfärben. Deshalb greifen wir ein Konzept auf, das schon für die Weltausstellung EXPO 2000 entwickelt wurde: die Stadt als Garten. Es ging damals darum, Visionen einer radikal grünen Stadt zu entwickeln, die die Vorzüge von Urbanität und Gartenkultur vereinen. Was damals noch als utopische Vision beschrieben wurde, wird in Zeiten des Klimawandels zur Notwendigkeit, wenn wir unsere Städte nicht in bewohnte Backöfen verwandeln wollen. Für Hannover 2025 sollen deshalb zahlreiche Maßnahmen zur Begrünung und Kühlung der Stadt experimentell ausprobiert werden. Die Flachdächer der Innenstadt, die Häuserfassaden, die Gleise. Alles. Denn die Zeit drängt. Als Kulturhauptstadt werden wir alles dafür tun, damit es endlich richtig losgeht. Wir sehen da drei Möglichkeiten für Hannover 2025. Es muss erstens darum gehen, über Kunst und Kultur die Menschen für das Thema auf eine andere Weise zu sensibilisieren und zu emotionalisieren. Zweitens: Wir müssen die Bürger*innen über Europa at Home dazu bringen, selbst aktiv zu werden. Und drittens sollten wir Hannover 2025 als großes Experimentierfeld für Visionen einer grünen Stadt nutzen!«

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Armut und soziale Integration

»Dann mach ich mal weiter«, sagt eine Mitarbeiterin aus der Stadtverwaltung. »Armut in Hannover hat viele Gesichter. Wir haben uns deshalb zwei Projekte überlegt. Das erste beschäftigt 5 sich mit der Frage, wie man Armut in unserer Stadt durch Kunst sichtbarer machen kann. Unser lokaler Anker ist die Arbeit des Fotografen Walter Ballhause (1911 – 1991): Sein Hauptwerk, das zwischen 1930 und 1933 entstand, dokumentiert die soziale Situation des damaligen ›Lumpenproletariats‹, die Lage von 10 Arbeitslosen, Kriegsversehrten, Bettler*innen, aber auch das Leben von proletarischen Großstadtkindern und alten Menschen in Hannover. Außerdem fotografierte er die Arbeitersiedlungen in Hannover-Linden und dokumentierte die Existenzängste kleiner Gewerbetreibender. Die Visualisierung von Armut durch Kunst wollen wir fortsetzen und durch künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum Armut als sozialpolitisches und gesellschaft15 liches Versagen sichtbar machen. Das ist das eine. Das andere Projekt fokussiert sich auf Kinderarmut. Wir haben mit Asphalt Kids ja das deutschlandweit erste Straßenmagazin für Kinder. Ausgehend von Walter Ballhauses Arbeiten möchte Hannover 2025 das Thema Armut mit all seinen Facetten – Kinderarmut, Obdachlosigkeit, versteckte Armut – würdevoll thematisieren und dafür sensibilisieren. Im besten Falle soll hier mit einzelnen Projekten auch Abhilfe geschaffen werden. Hierfür planen wir unter anderem eine Zusam20 menarbeit mit der Per Mertesacker Stiftung. Die Stiftung mit Sitz in Hannover wurde 2006 gegründet und fördert aktuell rund 100 sozial benachteiligte Kinder in Hannover – und zwar von der ersten Klasse bis zum Schulabschluss. Das von der Stiftung geplante Fair Play Centre for Europe, soll ein innovativer Ort der Begegnung werden und die verschiedenen integrativen Bausteine zu einem Ganzen zusamPer Mertesacker menfügen. Fußball bildet hier den Schwerpunkt und ist das verbinEhemaliger deutscher Fußballspieler, dende Element unterschiedlicher Kulturen, Herkunft und gesellder über 100-mal in der Deutschen schaftlicher Schichten. Kinder und Jugendliche werden in ihren Nationalmannschaft spielte und 2014 sozialen Kompetenzen gestärkt, lernen Teamwork, Fairplay, das Fußballweltmeister wurde. Er kommt Einhalten von Regeln und Respekt. Zusätzlich ist denkbar, benachaus Hannover, begann seine Karriere teiligten Kindern den Zugang zur Kultur über den Zirkus zu bereits im Kindesalter bei Hannover 96 ermöglichen. Zirkus ist eine Kunstform ohne Grenzen. Nirgendwo und hat dort auch als Fußballprofi kommen so viele Sprachen, ethnische und kulturelle Milieus gespielt. Seit Beendigung seiner aktiven am gleichen Ort zusammen. In Hannover gibt es über zwanzig Fußballkarriere verantwortet Per Kinder- und Jugendzirkusgruppen.« Mertesacker als Academy Manager den Nachwuchsbereich beim FC Arsenal.

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und traditionelle Kunstarten mit neuen, innovativen und experimentellen künstlerischen Ausdrucksformen verknüpfen wird?

12 Erklären Sie kurz, wie das Kulturprogramm das lokale Kulturerbe

12 »Es heißt immer: Wir müssen reden, Europa. Von mir aus«, meldet sich ein skeptischer Teilnehmer

zu Wort. »Aber warum muss man dafür die halbe Stadt auf den Kopf stellen? Wenn ich schon höre: den Cityring bespielen. Das kostet doch ein Vermögen. Warum nicht einfach unser schönes Messegelände nutzen?« Für einen Moment ist die Stimmung im Raum angespannt, ehe eine ältere Dame ruhig, aber bestimmt entgegnet: »Weil gesellschaftliche Diskussionen nie in einem luftleeren Raum beginnen, sondern stets in der Wirklichkeit verwurzelt sind. Deshalb sollten wir auch – wo immer möglich – unser lokales Erbe zum Anlass nehmen, um mit und über Europa ins Gespräch zu kommen und die Union vor Ort erlebbar zu machen.«

Frauen in der Kunst

»Was ist mit der bildenden Kunst: das berühmte Hannover der Moderne?«, fragt Kurt. »Auf die müsste man doch eingehen, wenn man vom lokalen Erbe spricht.« »Völlig richtig«, meint die ältere Dame. »Was uns hier jedoch beschäftigt hat, ist der Umstand, dass vor allem Hannovers männliche Künstler Anerkennung genossen haben. Ich erinnere da nur an ein Zitat von Grethe Jürgens (1899 – 1981), die mal gesagt hat: ›Wir wurden gar nicht ernst genommen. Uns kannte keiner, die liefen ja lieber zu Schwitters und den anderen in der Kestner-Gesellschaft, wir waren ja nicht modern genug.‹« Kurt nickt und schaut etwas

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verlegen auf den Boden. »Mit dieser Ungleichbehandlung sehen sich weibliche Künstler*innen bis heute konfrontiert. Allerdings gibt es Fortschritte und ein viel größeres Bewusstsein für das Problem. So hat die Tate Britain in London dieses Jahr beispielsweise nur Künstlerinnen ausgestellt. Und die Kestner Gesellschaft in Hannover startete eine Kollaboration mit den Guerrilla Girls, einer anonym operierenden Gruppe feministischer Aktivistinnen.« »Um aber noch mal auf die Vergangenheit zu blicken: Es gab ja zahlreiche Künstlerinnen, die Hannover zwar geprägt haben, jedoch nicht ausreichend gewürdigt wurden und werden. Mary Wigman (1886 – 1973): Pionierin des weltbekannten New German Dance und Wegbereiterin des expressiven Ausdruckstanzes. Oder ihre Schülerin Yvonne Georgi (1903 – 1975), die am Landestheater erstmals klassisches Ballett mit expressivem Tanz verband. Und was ist mit der Malerin Käte Steinitz (1889 – 1975)? Ihr Privatsalon war in den Zwanzigerjahren der Treffpunkt, an dem sich die Kunstszene vernetzte; eine Agora der Kunst. Nicht zuletzt ihretwegen ist die Salonkultur bis heute in Hannover so ausgeprägt.« Ausgehend von diesen und anderen herausragenden Künstlerinnen, plant Hannover für 2025 das Europäische Festival der Frauen der Kunst, Edition Zero, das sich langfristig im Kulturkalender der Stadt etablieren soll. In Ausstellungen, Performances und Aufführungen wird hier die ganze Bandbreite älterer und zeitgenössischer Kunst von Frauen gefeiert – aus Hannover, Europa und der Welt. Eine Besonderheit dieses interdisziplinären Festivals wird sein, dass sich die Events nicht auf Kulturinstitutionen und den öffentlichen Raum beschränken, sondern auch – ganz im Sinne von Käte Steinitz – in Privaträumen der Bürger*innen stattfinden werden.

Upgration

»Oder man nehme den barocken Großen Garten der Herrenhäuser Gärten, dessen traditionelle Anlage aus Hannover nicht wegzudenken ist.« Dass er maßgeblich vom Franzosen Martin Charbonnier (1655 – 1720) zur kulturellen Blütezeit Hannovers gestaltet wurde, kann als historischer Anker für eine kreative Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Gewinn von Migration und interkulturellem Austausch genutzt werden. Hierfür will Hannover 2025 mit dem Cameo Kollektiv zusammenarbeiten. Der gemeinnützige Verein aus Hannover hat es sich zum Ziel gesetzt, (post)migrantischen Perspektiven eine neue Stimme zu geben, und wurde hierfür 2018 für den Integrationspreis der Bundeskanzlerin nominiert. Neben Ausstellungen und Kulturmagazinen betreibt das Kollektiv auch einen Coworkingspace. Die interdisziplinäre Arbeit des Kollektivs steht im Zeichen ihres Konzepts von Upgration – also der Überzeugung, Migration als gesellschaftliches Upgrade zu verstehen, da sie Vielfalt stiftet und soziale Innovation anstößt: »Nach dem Prinzip 1+1=3 ist es spannend, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen gemeinsam arbeiten. Dann entsteht Neues! Alle Menschen bereichern die Welt, egal woher sie kommen. Großartiges entsteht. Ein Upgrade durch Migration – Upgration.« Hannover 2025 will sich in Kooperation mit dem Cameo Kollektiv in experimentellen Formaten künstlerisch mit der eigenen vielfältigen Migrationsgeschichte auseinandersetzen – angefangen von der Blütezeit im 17. und 18. Jahrhundert über die Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. Es geht darum, jene Geschichten neu zu erzählen, in denen die Bereicherung durch die New-Comer*innen sichtbar wird.

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Kann Kunst gefährlich sein?

»Zum Thema Kunst hätte ich da noch eine etwas andere Idee, die wir in unserer Arbeitsgruppe diskutiert haben. Den Anstoß gaben die Karikaturen von Wilhelm Busch (1832 – 1908) beziehungsweise eine Ausstellung im Museum Wilhelm Busch zu Charlie Hebdo, die 2015 unter Polizeischutz gestellt werden musste. Das Museum ist übrigens das Deutsche Museum für Karikatur und Zeichenkunst! Wir dachten da an eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Frage: Kann Kunst gefährlich sein? Unsere Idee ist, Künstler*innen mit dieser Frage zu konfrontieren und ihnen einen Raum zu geben, sich damit kreativ auseinanderzusetzen. Ein besonderer Fokus wird darauf liegen, Künstler*innen aus Ländern einzuladen, in denen Kunst tatsächlich gefährlich ist – wo Kunst Sprengstoff ist und Zensur aktiv.«

kaksikymmentäseitsemän


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Suche nach den verschwundenen Worten

Als Nächstes meldet sich ein großgewachsener, drahtiger Mann: »Da wir ja mit dem erweiterten Kulturbegriff der UN arbeiten, wollte ich noch einmal dafür plädieren, nicht nur Kunst als unser kulturelles Erbe zu verstehen, sondern auch Hannovers interreligiöse Tradition. Immerhin beheimatet die Stadt ein Haus der Religionen, in dem jüdische, islamische, christliche, orthodoxe, fernöstliche Religionsgemeinschaften sowie Religionslose zusammenkommen können. Das Projekt entstand durch die Weltausstellung EXPO 2000 und war bis vor kurzem europaweit einmalig. Geleitet wird das Haus der Religionen mittlerweile vom Rat der Religionen, der seit 2009 Hannovers Glaubensgemeinschaften gegenüber der Politik und Stadtgesellschaft vertritt. In unserem interreligiösen Think Tank haben wir uns gefragt, welche Werte und Konzepte alle Religionen teilen. Zu denken ist da an so große Wörter wie Nächstenliebe oder Barmherzigkeit, die heute oft bedroht und verloren scheinen. Deshalb kamen wir auf die Idee, ein Museum der untergehenden Worte zu planen, das nach verlorenen Wörtern sucht und Wurzeln einer gemeinsamen Sprache und Kultur wiederentdeckt. In dem, was verloren scheint, hält sich ein Bewusstsein dessen, was diese Gesellschaft hält und tragfähig macht. Hier dachten wir an künstlerische Interventionen zu diesen Wörtern. Eine unserer Projektideen dazu ist es, zum Beispiel würdelose Orte in Hannover, also Orte, an denen sich menschliches Leid und politisches Versagen zugleich zeigen, durch Installationen und soziale Aktionen aus dem Schatten zu holen. Am Raschplatz, im Rotlichtmilieu. Ob durch Poets for Hire, Performances, Lichtinstallationen oder Skulpturen. Hierfür schreiben wir einen Ideenwettbewerb aus, mit dem Ziel gemeinsam mit jungen niedersächsischen Künstler*innen diese Orte ausfindig und künstlerisch sichtbar zu machen.«

13 Wie hat die Stadt örtliche Künstler und Kulturorganisationen bei

der Gestaltung und Durchführung des Kulturprogramms einbezogen bzw. wie beabsichtigt sie, dies zu tun?

13 Du hattest angenommen: So eine Bewerbung, so ein Programm, daran sitzt erst mal nur ein Team

aus der städtischen Kulturabteilung, das sich vom Oberbürgermeister beauftragt über Monate in irgendeinem Büro mit einem riesigen Vorrat an Flipcharts und Kaffee einsperrt, bevor es schließlich irgendwann mit einem fertigen Kulturprogramm auf die Stadt losgeht. Stattdessen stellst du wieder und wieder fest, dass Hannover von Anfang an lokale Künstler*innen und Kulturinstitutionen bei der Programmentwicklung einbezogen hat – bottom up. Ob durch Think Tanks, wie die eben gerade, oder kleine Arbeitsgruppen in Linden. Natürlich gibt es auch das offizielle Kulturhauptstadtteam. Und in der Tat hat dieses Team in den vergangenen Monaten beim Versuch, die vielen Ideen der Kulturszene und Bürger*innen zusammenzuführen, einige Hundert Liter Kaffee vernichtet. Dennoch hat das Team bei Präsentationen stets die Kunst für sich sprechen lassen: durch Theaterstücke, Poetry Slam und Fotografie statt mit PowerPoint, trockenen Reden und Tourismusbroschüren. Selbst das Bid Book hat man einen Schriftsteller schreiben lassen, der etwas zu viel Italo Calvino gelesen hat. Und an diesem Prinzip will das Team festhalten, nicht zuletzt, weil es überzeugt ist, dass durch die starke Einbindung der Kunst- und Kulturszene diese so noch mehr von Hannover 2025 profitieren wird und umgekehrt.

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Einbindung der lokalen Kunst- und Kulturlandschaft

Bewerbungsphase (2018 – 2019)

Vorbereitung (2020 – 2024)

Beratende Gremien: Etablierung von drei Gre- Kurator*innen-Team: Engagement eines Kurator*inmien mit lokalen Kulturaktiven, darunter ein Kul- nen-Teams aus lokalen, nationalen und internatioturrat mit 24 Kreativen aus allen Kunstbereichen; nalen Kulturaktiven; von Anfang an Kooperationen mit der hannoverschen Kulturszene regelmäßige und engmaschige Zusammenkunft und Beratung des Hannover 2025-BewerbungsKulturprogramm: enge Zusammenarbeit mit der teams; auch in Beirat und Kuratorium Mitglieder lokalen Kulturszene in allen Programmlinien aus der Kulturszene Gremien: Bildung eines eigenen Beirats der HanAufnahmezustand: Zusammenschluss von 160 nover 2025 GmbH aus Mitgliedern der bisheriKulturaktiven der Freien Szene auf einer Auftaktgen Beratungsgremien für Hannover 2025 (Beiveranstaltung im Zusammenhang mit der Kulturrat, Kuratorium und Kulturrat) hauptstadtbewerbung Veranstaltungsreihe Out of the Box: Workshop mit Kulturaktiven aus allen Bereichen, jeweils 120 bis 150 Teilnehmer*innen, Diskussion vielfältiger und experimenteller Ideen für Hannover 2025 Think Tanks: Gründung von zehn interdisziplinären Think Tanks als Ergebnis eines breiten Beteiligungsprozesses; jeweils fünf bis 15 Personen, u. a. Vertreter*innen wichtiger lokaler Netzwerke wie Bund der Architekten, Evangelischer Stadtkirchenverband, Kleingärtnerverband, LSBTQ-Community; gemeinsame Arbeit zu den großen europäischen Themen, intensiver Austausch mit dem Kulturrat sowie Präsentation der Ergebnisse in einer Werkschau Kultur Jour Fixe: monatlich fester Termin als freie Austauschplattform der hannoverschen Kunst- und Kulturszene für deren Anregungen und Ideen; auf Vorschlag der Teilnehmer*innen wechselnde Locations zum Kennenlernen unterschiedlicher Kultureinrichtungen in der Stadt AG Kultur: regelmäßige Treffen des Fachbereichs Kultur der Landeshauptstadt Hannover; inhaltliche Arbeit sowohl zum Kulturentwicklungsplan als auch zur Kulturhauptstadtbewerbung

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Kulturhauptstadtjahr (2025) Programm: u. a. Produktion und Präsentation der selbst entwickelten Projekte durch die jeweiligen Kulturaktiven (Produktion, Kooperation, Fremdproduktion) ›Spielstätten-Hopping‹: Bespielung sämtlicher Kultur-Locations mit dem Ziel von Publikumswechseln; z.B. Aufführung einer Oper in einem alternativen Kulturzentrum wie der Faust, Heranführung von Bürger*innen an unterschiedliche Kunstformen und Themen


Kapitel 3: EuropAeische Dimension

14 Geben Sie einen allgemeinen

Abriss der vorgesehenen Aktivitäten im Hinblick auf Folgendes: a) Förderung der kulturellen Vielfalt in Europa, des interkulturellen Dialogs und des besseren gegenseitigen Verstehens der europäischen Bürger; b) Hervorhebung der Gemeinsamkeiten der Kulturen, des Erbes und der Geschichte Europas sowie der europäischen Einigung und aktueller europäischer Themen; c) Getragensein von europäischen Künstlern, Zusammenarbeit mit Akteuren und Städten in verschiedenen Ländern und länderübergreifende Partnerschaften.

14 Die Vision von Hannover als Agora Europas lässt die Stadt pulsieren. Kein Zweifel. Auch im Rathaus weht ein spürbar europäischer Wind durch die Hallen. Ihr geht die Wendeltreppe hoch in den zweiten Stock. Dort lernt ihr jenes Team kennen, das seit Monaten die Bewerbung vorbereitet. In ihrem Büro herrscht reges Treiben. Denn hier laufen die zahlreichen Ideen und Projektvorschläge zusammen, denen ihr bisher in der Stadt begegnet seid. Hier werden sie gebündelt, zusammen- und weitergedacht. Die Wände des Raums sind tapeziert mit Postern voller Notizen und Skizzen. Auf einem steht: ›Kulturhauptstadt muss wehtun!‹ Ständig kommt jemand rein, liefert Updates zu Meilensteinen, füllt die Kaffeekannen wieder auf. »Einer unserer großen Vorteile ist: Wir fangen nicht bei null an. Denn Hannovers Kulturinstitutionen arbeiten ja seit Jahrzehnten mit europäischen Kulturaktiven zusammen. Man denke an internationale Festivals wie die KunstFestSpiele Herrenhausen oder das Arabische Theatertreffen. Diese kulturelle Vielfalt und diesen europäischen Austausch wollen wir 2025 intensivieren, um so das gegenseitige Verstehen noch mehr zu fördern. Und das soll vor allem in unserer Agora of Europe geschehen«, sagt eine junge Frau aus dem Team und deutet auf einen Tisch, auf dem ein Miniaturmodell des dorfähnlichen Gebildes steht. »Hier werden Vordenker*innen und Querdenker*innen aus Kultur, Philosophie, Wirtschaft, Politik und mehr aufeinandertreffen. Die starke Betonung der europäischen Dimension dürfte euch ja längst aufgefallen sein: Fast alle unsere Projekte greifen ja auf einen lokalen Anker zurück, um dadurch aktuelle und relevante Themen Europas greifbar zu machen.« Auf einem Poster neben der Tür liest du ›Die Rettung von 2023‹ und wunderst dich, was es damit auf sich hat. »Das ist ein besonderes Projekt«, erklärt dir ein anderer Mitarbeiter. »Denn 2023 wird etwas Ungewöhnliches passieren: Die ungarische Stadt Vezprém wird die alleinige Kulturhauptstadt in diesem Jahr sein. Das gab es seit 2004 nicht mehr. Eigentlich sollte auch eine britische Stadt den Titel bekommen. Doch dann kam der Brexit. Besonders tragisch war das für die Bewerberstädte. Denn Leeds, Nottingham, Belfast, Dundee, Milton Keynes – sie alle hatten bereits ihre Bid Books erstellt. Komplett fertig, alles da, Hunderte Projekte. Eine Woche vor Abgabe kam dann die Nachricht: get the fuck out Sie würden nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen dürfen. All die jahrelange Arbeit, all die investierten Ressourcen. Pfsch. Weg. Aber genau hier wollen wir uns ins Spiel bringen. Denn Hannover möchte sich mit diesen Städten zusammentun.« Als Beispiel nennt man euch das World Future Festival of Creativity in Dundee, das die europäische Kreativwirtschaft vernetzen will. Dundee (als UNESCO City of Design) und Hannover (als UNESCO City of Music) sind bereits über das Creative-Cities-Netzwerk miteinander verbunden. Das will Hannover ausbauen und in Dundee bereits 2022 eine kleine Agora realisieren, die sich vor allem an junge Menschen richten soll; mit dem Ziel, das Festival 2025 ganz nach Hannover zu holen. Das würde nicht

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Brücke nach England Die Landeshauptstadt hat eine einmalige Beziehung zum Vereinigten Königreich: Durch eine Änderung in der Thronfolgeregelung (dem Act of Settlement) wurde der Kurfürst von Hannover, Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg, 1714 auch König von Großbritannien. Damit begründete er die bis 1837 bestehende Personalunion, in der Großbritannien zur Weltmacht aufstieg und zum Vorbild parlamentarisch regierter Staaten wurde. Verbundenheit zeigte sich auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Vereinigte Königreich Hannover mit wiederaufbaute, indem es den internationalen Handel durch den Aufbau der Messe und der freien Presse (Der Spiegel und stern) vorantrieb sowie nicht zuletzt Hannover 1946 zur Hauptstadt Niedersachsens machte. Mit Bristol verbindet Hannover außerdem eine über 70-jährige Städtepartnerschaft. Zu deren Entstehung gibt es eine schöne Anekdote: Als man kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Bristol erfuhr, dass manche Kinder im zerstörten Hannover nicht zur Schule gehen konnten, weil sie keine Schuhe hatten, sendete man 1947 über 200 große Säcke mit Schuhen, Kleidung und Süßigkeiten nach Niedersachsen. Da Hannover aber nichts Materielles zurückschenken konnte, bedankte man sich mit Musik: Vom 16. bis 30. November 1947 traten hannoversche Musiker*innen in verschiedenen Schulen Bristols auf und bedankten sich für die außerordentliche Großzügigkeit der Brit*innen.

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nur beide Seiten gegenseitig ungemein bereichern, sondern den britischen Städten eine Teilhabe am Europäischen Kulturhauptstadtjahr 2025 ermöglichen. Aber auch mit den ehemaligen ECoCs Glasgow (1990) und Liverpool (2008) wird Hannover zusammenarbeiten, um von deren großartigen Erfolgen zu lernen; schließlich gilt Glasgows Kulturhauptstadtkonzept als Vorbild für die Einbindung einer nachhaltigen Stadtentwicklung und Liverpool seinerseits als Modell für die Evaluation des eigenen Programms. »Und wer, wenn nicht Hannover, mit unserer besonderen historischen Bindung zu England, wäre besser geeignet, solche Brücken zu schlagen?« Was noch? »2025 wird es gleich mehrere Jubiläen geben. Wir feiern zum Beispiel 25 Jahre Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover. Das nehmen wir als Anlass zur Rückschau. Denn das Großereignis hatte für uns große Lerneffekte, die uns jetzt in der Vorbereitung von Hannover 2025 ungemein hilfreich sind. Wie oft habe ich in den letzten Monaten bei organisatorischen Fragen gehört: Fragt doch mal die Leute von damals, die können euch weiterhelfen. Aber auch thematisch wollen wir an die Weltausstellung EXPO 2000 anknüpfen. Die fand damals nämlich unter dem Motto ›Mensch – Natur – Technik‹ statt. Diesem großen Themenkomplex nehmen wir uns mit dem Überthema ›Nachhaltigkeit in Europa‹ an. Nur eben mit anderen Mitteln: Kunst und Kultur.« 2025 jährt sich zudem ein ungleich bedeutenderes Ereignis: 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs und Befreiung vom Nationalsozialismus. »Dieses Jubiläum wollen wir mit zwei Projekten begehen.« Derzeit gibt es 33 europäische Kulturrouten, die die gemeinsame kulturelle Identität der europäischen Bürger*innen sichtbarer machen. Sieben davon haben inhaltliche Schnittmengen mit Hannover, ohne dass es jedoch bislang konkrete Verbindungen gibt. Eine davon ist die Route des jüdischen Erbes. An diese will sich Hannover anschließen und ist bereits mit den europäischen Partner*innen im Gespräch. »Unsere neue Route wird quer durch Niedersachsen führen und an die lokale Geschichte jüdischer Kultur erinnern. Sie wird dabei Orte jüdischen Lebens miteinander verbinden; wie zum Beispiel die Villa Seligman, die heute das Europäische Zentrum für Jüdische Musik beheimatet, oder die Gedenkstätte Ahlem auf dem Gelände der ehemaligen israelitischen Gartenbauschule von 1893, die im Nationalsozialismus zum Sammelort für Deportationen sowie zu einer Haft- und Hinrichtungsstätte wurde, auch aber die Gedenkstätte Bergen- Belsen.«

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Das ist das eine Projekt zum Jubiläum. »Und dann haben wir noch einen

lokalen Anker, an dem wir uns künstlerisch abarbeiten wollen«, sagt die Mitarbeiterin und deutet aus dem Fenster. »Da draußen, nicht weit vom Rathaus, liegt der berühmte Maschsee, der in jeder Tourismusbroschüre erwähnt wird. Er wurde Mitte der 1930er-Jahre errichtet und 1936 mit propagandistischen NS-Feierlichkeiten eröffnet. Mit dem See sollen sich gleich zwei Projekte auseinandersetzen. Das erste Projekt thematisiert die Skulpturen, die rings um den Maschsee aufgestellt worden waren. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird hitzig darüber diskutiert, ob es sich bei einigen davon um nationalsozialistische Kunst handelt. Für 2025 wollen wir europäische Künstler*innen zu einer Auseinandersetzung mit der Geschichte und Entstehung des Maschsees im Allgemeinen sowie mit den Skulpturen im Besonderen einladen, um Fragen nach der Verantwortung von Kunst im öffentlichen Raum zu stellen. Das zweite Projekt nimmt den Ehrenfriedhof am Nordufer und dessen Geschichte in den Blick.«

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Die Projektidee: Es soll ein Dokumentartheater zur Geschichte des Ehrenfriedhofs Maschsee Nordufer

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entwickelt und 2025 aufgeführt werden. Als Dokumentartheater bezeichnet man ein Theaterformat, das nicht auf der Aufführung einer fiktiven Stückvorlage beruht, sondern tatsächliche historische Begebenheiten inszeniert. Dem geht zumeist eine aufwendige Recherche voraus. Dokumente wie Reportagen, Reisen, Filme, aber auch Zeugenaussagen oder Akten dienen hier als Quellen. Gottfried, der kurz auf die Toilette gegangen ist, kommt wieder und erzählt euch, dass er sich über die vielen Kinder und Jugendlichen, die auf den Fluren des Rathauses unterwegs sind, gewundert hat. »Vielleicht ein Schulausflug, dachte ich zunächst. Doch dann sah ich, wie einige von ihnen mit Aktentaschen unter dem Arm gemeinsam mit Politiker*innen in Besprechungssälen verschwanden. Als ich daraufhin einen der Jugendlichen fragte, was sie hier machen würden, antwortete dieser nur trocken: ›Na, Politik. Was denn sonst?‹« Das Ganze, erklärt euch das Team, ist Teil von Pimp Your Town, einem Demokratie-Planspiel für Kinder und Jugendliche in Schulen vom Verein Politik zum Anfassen. Die Schüler*innen schlüpfen dabei in die Rolle von Kommunalpolitiker*innen und beraten und beschließen ihre eigenen Anträge. Über 10.000 Jugendliche haben bereits teilgenommen und über 50 ihrer Anträge wurden realisiert. Als Kulturhauptstadt-Special wurden echte Anträge der Verwaltung zu Hannover 2025 vorher vom Bewerbungsteam mit den Schüler*innen besprochen und in den Gremiensitzungen gemeinsam diskutiert. Für 2025 starten wir eine europaweite Variante des Projektes, bei der wir unsere Partnerstädte einbinden: »Aber das ist natürlich längst nicht alles: Wir wollen, dass 2025 in Hannover kein Weg an Europa vorbeiführt und umgekehrt.«

Ehrenfriedhof am MaschseeNordufer Kurz vor Kriegsende, am 6. April 1945, wurde eine Gruppe von 154 Häftlingen aus Ahlem bei einer Massenerschießung ermordet. Einem einzigen gelang die Flucht. Nach der Befreiung Hannovers am 10. April informierte er die Alliierten über das Massaker. Daraufhin ließen die Besatzungsmächte die Toten sowie weitere 232 Ermordete exhumieren und am 2. Mai 1945 über eine belebte und zentrale Straße im Beisein der Hannoverschen Bürger*innen mitten ins Herz der Stadt transportieren, wo sie am Nordufer des Maschsees – in direkter Nähe des Rathauses – würdevoll bestattet wurden.

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Pimp Your Twin Town Europäische Variante des Konzeptes. Für Pimp Your Twin Town entsteht 2025 in Hannover ein temporäres Pop-upJugendparlament, in dem Schüler*innen aus Hannover gemeinsam mit Schüler*innen aus europäischen Partnerstädten über politische Inhalte diskutieren, verhandeln und experimentieren werden: Schüler*innen aus Bristol waren bereits in Hannover zu Gast und erprobten das Konzept der Agora. Der Gegenbesuch nach Bristol soll im Herbst 2019 folgen – gemeinsam mit Schüler*innen aus Bordeaux. Für Hannover 2025 sollen möglichst viele Partnerstädte und deren Partnerstädte schneeballartig eingebunden werden, in der Hoffnung, das Projekt in einigen Jahren in ganz Europa etablieren zu können.


Sichere Häfen für verfolgte Künstler*innen: Die Landeshauptstadt Hannover ist Mitbegründer des International Cities of Refuge Network (ICORN), einer unabhängigen Organisation von Städten und Regionen, die bedrohten Schriftsteller*innen und Künstler*innen Schutz bieten. ICORN will die Freiheit des Wortes fördern, demokratische Werte verteidigen und internationale Solidarität demonstrieren. Hannover hat deshalb zur Weltausstellung EXPO 2000 das Hannah-Arendt-Stipendium für verfolgte Literat*innen eingerichtet. Für 2025 sollen ehemalige und aktuelle Stipendiat*innen eingeladen und in die kreativen Schaffungsprozesse von Agora of Europe eingebunden werden.

Jenseits der Ränder Europas Bereits jetzt werden aktiv Kulturkooperationen mit außereuropäischen Ländern vorbereitet. 2020 wird Marrakesch die erste Afrikanische Kulturhauptstadt. Das Arabische Theatertreffen, das jährlich in Hannover stattfindet, plant eine enge inhaltliche Zusammenarbeit mit Marrakesch und baut über ein bereits jetzt bestehendes Netzwerk im Arabischen Raum zurzeit eine weitere Kooperation mit dem Festival Dream City Tunis auf. Ausgehend von diesem Netzwerk wird Hannover 2025 auch dort ein Schwerpunkt setzen. Des Weiteren werden derzeit Gespräche mit der mauretanischen Stadt Nouakchott geführt. Sie plant mit dem Kunstprojekt Tires and Wires die Errichtung eines beeindruckenden, kreisförmigen Baus aus Reifen. Ziel ist es, mit diesem kulturellen Versammlungsort das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken. Mit anderen Worten: eine Agora. Über diese Agora will sich Hannover 2025 nach Mauretanien verbinden.

15 Können Sie Ihre

Gesamtstrategie, das Interesse eines breiten europäischen und internationalen Publikums zu wecken, erläutern?

15 »Agora of Europe darf kein Selbstgespräch werden, sondern muss ein breites Interesse in der europäischen

Bevölkerung wecken«, sagt ein junger Mann, der innerhalb des Teams vor allem für die Kommunikation zuständig ist. »Ganz grundsätzlich unterscheiden wir in unserer Strategie zwischen zwei Zielgruppen: Siedler*innen und Nomad*innen. Siedler*innen sind Menschen, die in Hannover leben, arbeiten, sich hier engagieren. Sei es seit Generationen oder weil sie erst vor kurzem hierhergekommen sind. Was sie verbindet, ist, dass sie ihre Zukunft in und mit der Stadt gestalten werden. Die Nomad*innen hingegen bleiben nur vorübergehend in Hannover. Einige kommen seit Jahren regelmäßig, weil sie die internationalen Messen und Festivals besuchen, andere verschlägt es nur einmal hierher. Die Nomad*innen zu begeistern und partizipativ in Hannover 2025 einzubinden, wird eine unserer größten Herausforderungen. Aber wir stehen bei dieser Aufgabe nicht allein da.« Er deutet auf ein Organigramm mit der Überschrift: ›Hannover als internationale Kulturmetropole platzieren.‹ Darauf abgebildet sind Partner*innen aus dem Bereich Tourismus, Kultur, Wissenschaft und Soziales, die mit der Stadt ein internationales Kommunikationskonzept erstellen werden: die TUI AG, die Deutsche Messe AG, der Hannover Airport sowie die Hannover Marketing & Tourismus GmbH haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Auch internationale Netzwerke wie das Goethe-Institut, die Abteilung für Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, die Verantwortlichen für das Marketingprogramm der Weltausstellung EXPO 2000 und die Deutsche Zentrale für Tourismus sind dabei. Die Kommunikationsstrategie soll in der Vorbereitungsphase (parallel mit den Programm-Highlights) entwickelt werden, um für 2025 rechtzeitig Tourismusangebote zu schaffen, die auf gesamteuropäischer Ebene Interesse wecken.

trīsdesmit pieci


Internationale Vernetzung Verbindung mit Plattformen die die großen europäischen Themen diskutieren // Schaffung einer digitalen Agora (Europe on Line) // Einbindung internationaler Medienpartner*innen wie Bertelsmann, dem größten Medienhaus Europas // Aktivierung bereits vorhandener internationaler Netzwerke wie dem UNESCO Creative Cities Netzwerk, dem Netzwerk der ECoCs oder dem Netzwerk der Internationalen Gartenkultur // Aktivierung bereits vorhandener internationaler Netzwerke aus dem Bereich Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, z. B. TANZtheater INTERNATIONAL, Leibniz Universität Hannover sowie der Messe AG und TUI AG // Unterstützung europaweit arbeitender Organisationen wie den Goethe-Instituten, der Abteilung Kulturkommunikation des Auswärtigen Amtes oder der Deutschen Welle 30

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Darüber hinaus gibt es bereits Pläne, wie man vor Ort die Nomad*innen und Siedler*innen miteinander in Kontakt bringen will: durch die Gärten der Hannoveraner*innen. Schon vor fast 30 Jahren öffneten die Bürger*innen der Landeshauptstadt für die Kulturinitiative Offene Pforte erstmals ihre Gärten für die Öffentlichkeit. Und zwar vom Klein- bis zum Villengarten. Diese Tradition soll 2025 wieder genutzt werden. Im Kulturhauptstadtjahr könnten sich 2025 Gärten in Hannover für die internationalen Besucher*innen öffnen. So kämen die Hannoveraner*innen mit den Besucher*innen aus der ganzen Welt im Garten zusammen. Über eine App werden sich die Besucher*innen bei den privaten Besitzer*innen der Gärten anmelden können, um einzukehren – zum Entspannen, zum Kennenlernen, Fußballspielen und Grillen. 16 Inwieweit planen Sie, Verknüpfungen zwischen Ihrem Kulturprogramm und dem Kulturprogramm anderer Städte, die den Titel »Kulturhauptstadt Europas« tragen, zu schaffen?

16 Im Gespräch kommen Gottfried und einige aus dem Team auf Athen zu sprechen, »das altehrwürdige Athen«. Die griechische Stadt war nicht nur Wiege der Demokratie, wo sich die wohl berühmteste Agora befindet, sondern 1985 auch die erste Europäische Kulturhauptstadt. »Deshalb werden wir 2025 auch das 40-jährige Jubiläum des Wettbewerbs feiern. Aber nicht bloß mit einer großen Ausstellung oder so. Es muss diskursiv sein, ganz im Sinne der Agora. Wir wollen eine Konferenz ausrichten, in der Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen aus den über 70 ehemaligen Kulturhauptstädten auf die vergangenen vier Jahrzehnte zurückblicken, Erfolge und Misserfolge reflektieren und Visionen für die Zukunft der Europäischen Kulturhauptstadt entwerfen. Eine große Retrospektive. Auch die britischen Städte, die wegen des Brexits nicht teilnehmen konnten, sind eingeladen. Nicht zuletzt, weil wir überzeugt sind, dass Politik nicht trennen kann, was durch Kultur zusammengehalten wird.« Zudem will Hannover neue Verbindungen nach Osteuropa knüpfen. Sollte Hannover Kulturhauptstadt werden, würde sich außerdem eine neue Möglichkeit ergeben, zwei große Netzwerke näher zusammenzurücken. Und zwar über die Musik. Denn als einzige deutsche Bewerberstadt ist Hannover auch Teil des Creative Cities Network. Von den über 70 bisherigen Europäischen Kulturhauptstädten sind bislang nur etwa 20 daran beteiligt. Das Potenzial der beiden Initiativen kann besser ausgeschöpft werden, indem sich Creative Cities und ECoC-Städte gegenseitig bereichern und spartenübergreifend zusammenarbeiten. »Und auch wenn derzeit noch offen ist, welche der slowenischen Städte in die engere Auswahl gelangen, haben wir dennoch bereits Gespräche mit diesen geführt. Um den Geist der Kooperation zu untermauern, wird auch eine gemeinsame Präsentation angestrebt. In jedem Fall sollen die Kulturprogramme der beiden ECoCs 2025 eng verknüpft werden. Über konkrete Projekte werden wir jedoch erst sprechen, wenn klar ist, wer auf der Shortlist landet.«

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Zusammenarbeit mit zukünftigen Kulturhaupstädten Rijeka 2020 und Kaunas 2022 Aufgrund der neuen ECoC-Richtlinien zur eigenverantwortlichen Evaluation ab 2020 bietet sich diesbezüglich die Zusammenarbeit mit anderen Kulturhauptstädten an. Hannover führt hierfür bereits Gespräche mit Rijeka 2020 und Kaunas 2022, um Know-how und Best Practices auszutauschen sowie Lernprozesse anzustoßen. Das dient nicht nur einer verbesserten Vergleichbarkeit der Ergebnisse, sondern trägt langfristig auch dazu bei, das Erbe des ECoC-Projektes zu sichern und eine gemeinsame europäische Kulturpolitik voranzutreiben. Veszprém 2023 und Tartu 2024 Mit diesen beiden Städten bietet sich eine inhaltliche Zusammenarbeit an. Veszprém 2023 legt in seinem Kulturprogramm dezidiert den Fokus auf Dialogkultur und schlägt damit in eine ähnliche Kerbe wie Hannover mit seinem Agora-Prinzip. Tartu 2024 hat wiederum einen Schwerpunkt auf osteuropäischer Popmusik, was für Hannover als UNESCO City of Music natürlich ebenfalls äußerst spannend ist.

Kapitel 4: Erreichung und Einbindung d e r G e s e l l s c h a f t 17 Erklären Sie, wie die örtliche

Bevölkerung und Ihre Zivilgesellschaft bei den Bewerbungsvorbereitungen eingebunden wurden und wie sie an der Durchführung des Veranstaltungsjahres teilhaben werden.

17 Woher diese ausgeprägte Partizipationskultur kommt, fragst du das Bewerbungsteam. »Na ja, Hannover hat eine längere Tradition der Bürgerbeteiligungen, die seit über 30 Jahren fester Bestandteil unserer Kommunalpolitik sind. Bei diesen Beteiligungen zeigt sich ganz oft: Wir Hannoveraner*innen sind oft erst mal skeptisch. Wir nennen das auch den Nana-Komplex.« Als Niki de Saint Phalle der Stadt einige Nana-Skulpturen schenken wollte, gab es erst mal einen riesigen Aufschrei. Also hat man kurzerhand ein Tauziehen veranstaltet, bei dem die Befürworter*innen knapp gewannen. »Und heute zählen die Skulpturen zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.« Dasselbe war bei der Weltausstellung EXPO 2000 der Fall. In einem Bürgerentscheid wurde darüber abgestimmt, ob man die Weltausstellung überhaupt nach Hannover holen solle. Nur eine knappe Mehrheit sprach sich dafür aus. Die Skepsis war also groß. Erst als die EXPO ihre Tore öffnete, ist der Funke übergesprungen. »Und dann gab es noch City 2020+. Ebenfalls eine Bürgerbeteiligung, bei der Zukunftskonzepte für unsere Innenstadt diskutiert wurden. Das muss 2007 gewesen sein. Und zuletzt eben Mein Hannover 2030. Deswegen sitzen wir ja heute hier und reden überhaupt erst alle von Hannover als Europäischer Kulturhauptstadt.«

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Bürgerbeteiligung und Kulturentwicklung

Denn trotz aller hannoverscher Skepsis nahmen damals insgesamt 17.000 Interessierte bei Mein Hannover 2030 teil. Aus den zusammengetragenen Vorschlägen der Bürger*innen gingen 43 konkrete Vorhaben hervor, zu denen unter anderem die Bewerbung zur Kulturhauptstadt und Erarbeitung eines Kulturent5 wicklungsplans zählen. »Und die Pläne für diese 43 Vorhaben verschwanden nicht in irgendwelchen Aktenschränken, sondern werden bis heute kontinuierlich abgearbeitet. Das wird auch transparent gemacht: Auf einer Website kann man den Status der jeweiligen Projekte einsehen.« M ittagspause. Es bleiben nur noch wenige Tage bis zur Abgabe des Bid Books. Angespannt und vorfreudig zugleich blickt das Kulturhauptstadtteam in einem seltenen Moment der Ruhe darauf zurück, 10 wie alles begann. »Ich erinnere mich, dass, noch bevor über offizielle Mottos und Konzepte diskutiert wurde, die Beteiligungsprozesse angestoßen wurden. Das wurde Anfang 2018 durch einen Ratsbeschluss auch politisch untermauert. Der Auftrag: umgehend mit der Entwicklung partizipativer Konzepte zu beginnen. Kurz darauf nahmen dann unsere vier Gremien auch ihre Arbeit auf.« ber die Gremienarbeit war erst der Anfang. Denn »A Beratende Gremien in der damit erreicht man ja vor allem Personen, die sich bereits Bewerbungsphase zivilgesellschaftlich engagieren. Wir wollten ein größeres Beirat: 25 Vertreter*innen Publikum. Deshalb haben wir uns gefragt: Wie können unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher wir Hannover 2025 vor die Tür der Menschen bringen? Und Gruppen; wie z. B. einem Verein für dann kam uns die Idee: ein mobiler Kiosk! Dazu muss man Menschen mit Behinderung, dem wissen, dass Kioske eine große Bedeutung für das Leben in Frauennotruf, dem Straßenmagazin Hannovers Stadtteilen haben. Denn jeder Kiosk ist eine kleine Asphalt, dem Stadtschüler*innenrat, Insel der Nachbarschaftlichkeit. Nicht ohne Grund haben wir dem Stadtsportbund oder dem Bund für die deutschlandweit größte Kiosk-Dichte und nennen uns Umwelt und Naturschutz Deutschland. gern Kiosk-Hauptstadt. Am Kiosk trifft man sich, tauscht Aufgabe: Initiierung und Begleitung von sich aus, hier beginnt oder endet die Nacht. Den Kiosk Formaten u. a. für Randgruppen wollten wir deshalb als konkreten und metaphorischen Ort Kultur, aus für gesellschaftliche Teilhabe nehmen. Kommt mal mit. Ich der Kuratorium: 15 Mitglie e: zeig euch was.« Wissenschaft und Wirtschaft. Aufgab Man führt euch zu einer kleinen Halle nicht weit vom strategische Beratung zu Finanzierung, sowie tion Rathaus entfernt. Dort ist eine Art Pop-up-Pavillon aus weiß Evalua und ion unikat Komm mas lackiertem Holz aufgebaut. »Das ist unser mobiler KulturLeitthe Schärfung des hauptstadt-Kiosk. Quasi eine mobile Agora. Er entstand in Der Kulturrat: 24 renommierte Zusammenarbeit mit der Initiative Unter einem Dach, die Expert*innen der unterschiedlichen Geflüchtete durch Arbeit im handwerklichen Bereich sowie Kulturszenen und -institutionen. Sprachangebote unterstützt. Mit diesem Kiosk sind wir durch Aufgabe: Beratung zu den Visionen die 13 Stadtbezirke Hannovers gezogen. Dabei haben wir des Kulturprogramms und den bewusst die Kontraste gesucht, waren also sowohl in prekären künstlerischen Projekten wie gutbürgerlichen Vierteln unterwegs und haben die Lenkungsausschuss: Vertreter*innen Bürger*innen nach ihren Visionen für die Stadt und Europa von Stadt, Region, Land und Politik sowie befragt. ›Was würden Sie an Ihrem Stadtteil verändern?‹, der Gremien. Aufgabe: Austausch und ›Was bedeutet für Sie Europa?‹ Alle, die unsere Fragen beantGewährleistung der Transparenz des wortet haben, erhielten eine Bunte Tüte als kleines DankeBewerbungsprozesses schön. Typisch Kiosk eben. Insgesamt 9.224 kleine Süßigkeitentüten mit Fruchtgummi sind über unsere Kiosk-Theke

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gewandert. Die einzelnen Antworten haben wir ausgewertet und geclustert und als Ergebnisse in die Bewerbungskonzeption einfließen lassen. Die starke Identifikation der Kiosk-Besucher*innen für ihren jeweiligen Kiez haben uns beispielsweise zu den temporären, dezentralen Agoren inspiriert, die für Hannover 2025 realisiert werden und stark partizipativ bzw. nachbarschaftsnah ausgerichtet sind. Vor allem jedoch haben die Bürger*innen uns dadurch gezeigt: Der Funke ist übergesprungen. Die Agora ist in Hannover längst zu Hause.«

»Unser Kiosk kam auch in einem Beteiligungsformat zum Einsatz, bei

dem wir mit dem Fußballverein Hannover 96 zusammengearbeitet haben. Hannover 96 hat dafür ein Pop-up-Bolzplatzturnier organisiert, bei dem Kinder mit einigen Fußballprofis spielen konnten. Wir waren da mit unserem Kiosk vor Ort, um über Fußball neue Zielgruppen für Hannover 2025 zu erreichen, also Personen und Familien, an die man mit konventionellem Kulturmarketing oft nur schwer rankommt. Bolzplätze sind wichtige Orte der Vergemeinschaftung in den Nachbarschaften. Aus diesem Grund wollen wir die Zusammenarbeit mit Hannover 96 weiter vorantreiben. Unter anderem will sich der Verein einbringen und notwendige Modernisierungsmaßnahmen für einige der Bolzplätze durch ein großes Benefizturnier finanzieren, das 2025 ausgetragen werden soll.« Die Einbeziehung der Bevölkerung zieht sich wie ein roter Faden durch die Vorbereitungen, durch fast alles, was du bisher gesehen hast. »Zusammengenommen haben sich in mehr als 340 Veranstaltungen, Workshops, Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Gremiensitzungen etwa 14.000 Menschen aus Hannover und der Region auf diese Weise in die Bewerbung zur Kulturhauptstadt eingebracht.«

Kulturhauptstadt-Kiosk Neben der Tour durch die 13 Stadtbezirke Hannovers ist der Kulturhauptstadt-Kiosk auch bei zahlreichen Groß-Events in Hannover und der Region zum Einsatz gekommen, z. B. beim ersten Hannoverschen Kiosktag, Hannover Marathon, Europafest zur Europawahl auf dem Opernplatz, Fest der Kulturen auf dem Trammplatz und Neujahrsempfang der Stadt im Neuen Rathaus. Außerdem war das Team bei mehreren Musikfestivals, dem weltgrößten Schützenausmarsch und dem HandballEuropapokal aktiv. Dazu gab es eine eigene Kiosk-Zeitung, die über den Bewerbungsstand sowie über vergangene und anstehende Termine informierte. Die partizipative KioskTour soll zukünftig fortgesetzt werden und ab 2023 echte Kioske als Infopoints und Treffpunkte einbinden, die die Bürger*innen in den jeweiligen Nachbarschaften über Hannover 2025 informieren und zum Mitmachen aktivieren.

Disgħa u tletin


18 hier jetzt alle für Europa! Okay, aber was meint schon alle, fragst du. »Nun«, sagt ein älterer

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Mann aus dem Team, »Hannover will ja auch in seinem Kulturentwicklungsplan das eigene Capacity Building vorantreiben, um« – »Halt!«, ruft eine Kollegin dazwischen und zeigt auf ein großes Glas auf dem Tisch, woraufhin ihr älterer Kollege sein Portemonnaie hervorkramt, einen Fünf-Euro-Schein rausholt und in das Glas steckt. »Unser Phrasenschwein. Ich musste heute Morgen für ›open spaces‹ schon was einzahlen. Ist nicht mein Tag. Egal. Was ich jedenfalls sagen wollte, ist, dass Hannover die Tradition der Bürger*innenbeteiligung fortsetzen will. Ein besonderer Fokus wird hier auf der kulturpolitischen Einbeziehung marginalisierter Gruppen liegen. Denn Voraussetzung für Partizipation ist die barrierefreie und inklusive Teilhabe. Dies wird sich als Querschnittsthema durch Hannover 2025 ziehen. – Das wird teuer. Heute werde ich noch arm.« Dieser Wille äußert sich unter anderem in der Installation des partizipativen Beirats und der Bildung einer Arbeitsgruppe der Verwaltung, in der die Leitungen aller Fachbereiche der Stadt sich regelmäßig über Hannover 2025 austauschen. »Ganz grundsätzlich soll die Offenheit und Transparenz all unserer Veranstaltungen milieuübergreifend zur Teilnahme an der Entwicklung und Umsetzung des Kulturprogramms einladen.«

Angebot für Alle

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Stadtteilkultur neu beleben Die 23 Stadtteilkultureinrichtungen spielen eine große Rolle in Hannover und damit für die Menschen vor Ort. Dazu gehören in manchen Stadtteilen auch benachteiligte Gruppen. Deshalb sollen die Stadtteilzentren und Freizeitheime 2025 zu den Hotspots der Begegnungsstätten in den Quartieren werden und somit wichtigste Ankerpunkte für kulturelle Bildung in allen Milieus sein.

Mehrsprachigkeit Sowohl in der Kommunikationsarbeit als auch im Marketing hat Hannover von Beginn an auf Mehrsprachigkeit gesetzt. So waren viele Informationsmaterialien und die Fragen der Kiosk-Tour in den meistgesprochenen Sprachen Hannovers: Deutsch, Türkisch, Arabisch und Englisch verfasst. Zukünftig soll auch Leichte Sprache in die Kommunikation integriert werden.


18 Erklären Sie, wie Sie Möglichkeiten für die

Mitwirkung von Randgruppen und benachteiligten Gruppen schaffen wollen.

Einbindung der Kioske Auch Hannovers zahlreiche Kioske sollen für das Kulturhauptstadtjahr 2025 zu Anlaufstellen werden, ihre jeweiligen Nachbarschaften aktivieren und zur Mitwirkung an Hannover 2025 motivieren.

Freiwilligenprogramm Beim Recruiting von Freiwilligen wird in besonderem Maß berücksichtigt, dass diese Gruppe möglichst divers und heterogen ist und Menschen mit Handicap einbezieht. Es besteht bereits ein sehr intensiver Austausch mit dem sehr erfolgreichen Freiwilligenprogramm der ehemaligen Kulturhauptstadt Leeuwarden 2018. Durch die unmittelbare Einbindung von Personen aus marginalisierten Bereichen ins Freiwilligenprogramm sollen diese als Multiplikator*innen für ihre jeweiligen Kulturmilieus fungieren, um eine breite Öffentlichkeit an Hannover 2025 zu beteiligen.

Digitale Formate Durch die Entwicklung von Veranstaltungsformaten, die mit Gaming, Virtual Reality und Augmented Reality arbeiten, sollen Zielgruppen angesprochen werden, die sich sonst für klassische Kulturveranstaltungen teils nur schwer begeistern lassen.

Aktion KulturLeben Um das Kulturprogramm von Hannover 2025 möglichst diversen Gesellschaftsschichten zugänglich zu machen, sollen die meisten Veranstaltungen in der Agora of Europe keinen oder nur einen geringen Eintrittspreis kosten; auch die Events in den Nebenagoren sollen in der Mehrzahl für alle erschwinglich sein. Hier wird die Stadt mit der Aktion KulturLeben zusammenarbeiten, die schon heute vielen Menschen mit geringem Einkommen die Gelegenheit bietet, kostenfrei an kulturellen Angeboten teilzunehmen; die Registrierung dafür ist anonym, um möglichen Hemmschwellen vorzubeugen.

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19 Erläutern Sie Ihre Gesamtstrategie zur Erreichung neuer Publikumskreise, insbesondere zur Verzahnung mit dem Bildungsbereich und zur Einbeziehung von Schulen.

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19 Wie die Zeit vergeht. Draußen ist es dunkel geworden. Vor den Fenstern hörst du Stimmengewirr. An diesem Abend, so erfährst du, findet wie jedes Jahr vor dem Rathaus die Oper für alle unter freiem Himmel statt. Heute im Programm: Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni und Der Bajazzo von Ruggero Leoncavallo. Nicht gerade deins, aber hey. Durch die großen Fenster könnt ihr sehen, wie sich fast 20.000 Menschen mit Picknickdecken und Zelten im Maschpark eingefunden haben, um der Musik zu lauschen. »Die Kunst aus den Institutionen raus- und in den öffentlichen Raum hineintragen. Nur so erreicht man möglichst viele Menschen. Deshalb legen wir ja in unserem Programm für 2025 so viel Wert auf die dezentralen Projekte und Veranstaltungen von Europe on Stage und Europe at Home.« »Um jedenfalls den Gedanken zu Ende zu führen: Partizipation ist aus gutem Grund eines der drei großen Themen von Hannovers Kulturentwicklungsplan. Und diese Teilhabe muss schon in der Schule ansetzen. Wie Mädchen und Jungs von Pimp Your Town das Rathaus aufmischen, habt ihr ja schon gesehen. Wir haben aber noch weitere Projekte, die sich an Schüler*innen richten. Zum Beispiel wollen wir, dass die europäischen Themen in der Schule nach dem Prinzip Agora behandelt werden. Dafür wird ein neues Programm entwickelt, das fächerübergreifenden Unterricht fördert. Vor allem jedoch sollen zu Themen wie Migration, demografischer Wandel oder Krieg Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen werden; beispielsweise aus Altersheimen und Flüchtlingsunterkünften. Die Idee: den oft abstrakt wirkenden Fragen ein Gesicht und der schulischen Behandlung europäischer Themen eine neue Dringlichkeit geben.« »Darüber hinaus werden wir Bürger*innen aus den unterschiedlichen Kulturkreisen und Menschen mit Handicap an der Ada-und-Theodor-Lessing-Volkshochschule Hannover zu Kulturlots*innen ausbilden. Sie sollen als interkulturelle Vermittler*innen aufgrund ihrer lokalen Vernetzung Personen auf die Angebote von Hannover 2025 aufmerksam machen, die man sonst nur schwer erreicht. Angedacht ist auch, dass Tourist*innen die Lots*innen für Guided Tours in ihrer Sprache buchen können. Das fördert die …« Es klopft an der Tür. Eine Frau im Blaumann betritt das Büro und sagt: »Licht aus! Die Oper fängt an, 22.00 Uhr.« Das Team guckt sie ungläubig an. »Man kann von draußen das Licht in diesem Büro sehen. Das stört. Alle Lichter im Rathaus sind aus, nur in Ihrem Büro nicht.« »Aber wir müssen hier noch ein paar Stunden arbeiten. Wir haben bald Abgabe.« »Kann ich nix machen. Hab auch nur meine Anweisung bekommen. Also Licht aus«, sagt sie, betätigt den Lichtschalter und verschwindet so plötzlich, wie sie gekommen ist. Ihr sitzt im Dunkeln. »Das glaubt uns kein Mensch«, sagt eine und alle lachen, holen ihre Handys raus, aktivieren deren Taschenlampenfunktion und weiter geht’s. »Was wir heute endlich abgeschlossen haben, sind die ganzen Verwaltungsfragen. Also alles, was die Finanzierung und so weiter betrifft. Das wurde im Vorfeld ziemlich kontrovers diskutiert. Vor allem jedoch war schön zu sehen, wie sich die Kulturaktiven der Stadt für die Finanzierung des Kulturentwicklungsplans eingesetzt haben. Und da muss man insbesondere der Freien Szene danken, die mit 100 Personen hier im Rathaus in den Ausschuss marschiert ist, um für die Sache zu kämpfen. Falls euch das jedenfalls interessiert, also die ganzen Verwaltungsfragen, könntet ihr ja mal hier reinschauen«, sagt man euch und händigt dir eine unscheinbare fleischfarbene Mappe aus.

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петдесет и три

Wie planen Sie, die aufgezeigten Schwächen zu überwinden?

33»Bei aller Liebe für Zahlen und Planung: Das war intensiv«, gesteht Gottfried. Kurt nickt und zündet sich eine Zigarette an. Ihr seid schon wieder unterwegs, habt euch vom Kulturhauptstadtteam verabschiedet, das, wie es aussieht, noch eine ganze Weile im Büro sitzen wird. Draußen ist es kühl geworden. Überall sind noch Menschen unterwegs, Studierende, Feiernde, Paare auf dem Weg nach Hause. Und während ihr euch vom Rathaus entfernt, hört ihr wie zum Finale der Oper die Bläser noch einmal dunkel und kräftig aufspielen, ehe die Musik schließlich verstummt. Ein Moment der Stille. Dann: Applaus. Langsam neigt sich eure Reise dem Ende zu. »Zeit, Bilanz zu ziehen«, schlägt Gottfried vor. »Aber diesmal weniger Zahlen«, meint Kurt. Was ist mit dem Konzept der Agora? In jedem Fall, denkst du, hat Hannover damit ein neues Werkzeug, mit dem sich die beiden Säulen der Europäischen Kulturhauptstadt verbinden lassen: Stadtentwicklung und europäische Dimension. »Die Entscheidung, europäische Themen ins Zentrum zu stellen, ist vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in Europa der richtige Schritt«, meint Gottfried. Hannover glaubt, der passende Ort zu sein, um Diskussionen über Europas Zukunft zu beheimaten. Wie hieß es doch gleich? Eine Stadt in Balance mit sich selbst. Wo sich Stimmen nicht überschlagen, sondern Austausch möglich ist. Groß genug, um gehört zu werden, klein genug, um etwas zu wagen. Ungefähr so. Was noch? »Was ist mit dem Umstand, dass Hannover seinen Kulturentwicklungsplan noch erarbeiten muss?« Keine Frage, das ist schwierig. Da müssen die dringend ran. Gleichzeitig bietet sich im Zusammenspiel von Kulturhauptstadtbewerbung und Kulturentwicklungsplan die einmalige Gelegenheit, eine umfassende Kulturstrategie zu schaffen. Dann ist da noch Hannovers vielfältige Kulturszene. Die hat nicht erst im Zuge der Bewerbung ihren Ideenreichtum und ihr Engagement unter Beweis gestellt. Denn bei aller norddeutschen Skepsis und NanaKomplex: Was man der Stadt anmerkt, ist ihre Begeisterungsfähigkeit. Ob auf politischer Ebene, ob in der Kulturszene, der Wirtschaft, Wissenschaft oder Zivilgesellschaft – die Leute wirken angesteckt. »A llerdings liegt der Fokus auf Beteiligung: was Stärke und Herausforderung zugleich ist, gibt Gottfried zu bedenken. »Stärke, weil man auf diese Weise alle Bewohner*innen einbinden und aus ihren Ideen schöpfen kann. Herausforderung, weil dann alle mitentscheiden wollen und man jene Leute nicht enttäuschen will, die sich monatelang Projektideen ausdenken. Diese Erwartungen aus Öffentlichkeit, Kulturszene, Politik und Presse zu handhaben und bei aller Partizipation auch eine gewisse künstlerische Qualität des Kulturprogramms zu sichern: Das wird nicht ohne. Aber hierfür wird es ja das Kurator*innen-Team geben, bestehend aus exzellenten Expert*innen der unterschiedlichen Kunstfelder. Dennoch wird es in jedem Fall ein großes Fingerspitzengefühl des Teams brauchen, um die Wünsche und etwaigen Enttäuschungen der Beteiligten zu managen.« »Aber mal Hand aufs Herz«, sagt Kurt. »Die größte Schwäche ist doch, dass vieles von dem, was wir heute gehört haben, ziemlich vage ist. Mehr Vision als Bauplan. Gut, Agora of Europe das Kunstprojekt am Maschsee oder das Projekt Frauen in der Kunst. Klar. Aber so insgesamt.« Dessen ist man sich allerdings bewusst. Immerhin hat man den ergebnisoffenen und experimentelleren Zugang selbst gewählt, um den Kulturaktiven kreative Freiheiten einzuräumen. Hannover startet deshalb nicht mit bombastischen Entwürfen spektakulärer Neubauten, die viele erwarten, sondern mit dem Aufbau einer kreativen Gemeinschaft, die in die großen Themen eintaucht, um daraus ein vielseitiges Kulturprogramm zu spannen. In diesem Sinne ist das Risiko auch eine Chance für das ECoC-Programm. Denn in jedem Fall wird Hannover durch seine Erfahrungen dazu beitragen, das Format Kulturhauptstadt weiterzuentwickeln. Das könnte man mutig nennen, oder größenwahnsinnig, sagst du, während ihr in Richtung Hauptbahnhof geht. »Aber können wir es uns denn leisten, nicht größenwahnsinnig zu denken? Einfach weitermachen, als hätte sich in den letzten Jahren nichts verändert?«

33 Welche sind die wesentlichen Stärken und Schwächen Ihres Projekts?

c) Notfallpläne


d) Marketing und Kommunikation durch Kunst

34 Geben Sie bitte einen Abriss der beabsichtigten Marketing- und

Kommunikationsstrategie der Stadt für das Veranstaltungsjahr »Kulturhauptstadt Europas.« Juni 2017 Treffen der deutschen Bewerberstädte in Hildesheim: Hannover präsentiert ein scheinbar weißes Plakat mit der Überschrift ›Hannover hat nichts‹. Erst durch eine UV-Lampe wird sichtbar, dass das Plakat gespickt mit Zeichnungen der Sehenswürdigkeiten und Hotspots Hannovers ist. Die Präsentation spielt mit dem Image der Stadt, die als langweilig gilt, um zu kommunizieren: Hannover ist Liebe auf den zweiten Blick.

34 So oder so: Eine Agora, wie Hannover sie sein will, kann nur gelingen, wenn die Menschen mitmachen.

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Es geht um die großen Themen Europas. Dies zieht nicht nur Kunstliebhaber an, sondern auch Menschen, die an wichtigen europäischen Themen wie Demokratie oder Nachhaltigkeit arbeiten möchten. »Und dafür braucht es Marketing!«, ruft jemand. Ihr dreht euch um. Es ist der Berater, der dir eingangs schon seine Dienste angeboten hat. Wer weiß, wie lange er euch bereits hinterherläuft. »Pressearbeit und Werbung in Fernsehen, Radio, Blogs und Zeitungen. Ebenso Public Relations, Online- und Social-Media-Marketing und Out-of-Home. Na klar. Auch überraschende crossmediale Below-the-Line-Maßnahmen durch Influencer*innen und Guerilla Marketing. Das muss sein. Es braucht ein solches Marketing innerhalb der Audience-Development-Strategie.« »Na klar, das ist das 1 x 1 des Marketings, jetzt holt der Berater seine Checklisten raus«, meint Gottfried, »selbstverständlich werden wir das auch alles berücksichtigen, aber am Ende geht es darum, ob man etwas zu sagen hat. Für die Siedler*innen müssen die großen europäischen Themen mit den kleinen Dingen des täglichen Lebens verknüpft werden, um klarzumachen: Die Fragen, die hier verhandelt werden, betreffen uns alle. Die Aktivitäten müssen so dargestellt werden, dass die Bürger*innen sich damit identifizieren können.« Kurt ergänzt: »Unsere Ideen müssen so gut sein, dass es scheint, als ob sie sich selbst verkaufen. Dazu müssen Kulturaktive und Marketingexperten von Anfang an intensiv zusammenarbeiten.« »Man kann Hannovers historische Gartenanlagen durch eine Green Line verbinden. Dazu nutzt man einfach die

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Oktober 2018 Vorstellung der Bewerberstädte in Berlin: Hannover lässt einen lokalen Poetry Slammer im Pecha-KuchaFormat auftreten. Auch er beginnt damit, dass Hannover nichts habe und er deshalb lieber über andere Städte sprechen würde. Daraufhin präsentiert er Fotos von Paris, London, Rom und anderen europäischen Metropolen und spricht darüber, wie toll diese seien. Erst zum Schluss löst sich auf: Alle Bilder sind Teil des Projekts EINE STADT des Fotokünstlers Uwe Stelter, das Motive aus Hannover mit Überschriften anderer Städte zeigt.

März 2019 Präsentation des Mottos in Hannover: Im Vorfeld der Veranstaltung lässt das Team Kulturhauptstadtbewerbung den Eindruck entstehen, es handle sich um eine klassische Pressekonferenz mit Podiumsdiskussion. Um diese Illusion aufrechtzuerhalten, wird der Raum entsprechend eingerichtet. Nachdem das Publikum Platz genommen hat, geht jedoch das Licht aus und ein Hörspiel beginnt. Die Szenerie: Es ist 2024 und Hannover will eigentlich sein Programm als die Kulturhauptstadt 2025 vorstellen. Doch stattdessen wird auf einer Leinwand mitgeteilt, dass sich die Deutschen in einem Volksentscheid für den Dexit ausgesprochen haben. Daraufhin verkündet eine sanfte und doch düstere Stimme »das Ende Europas und ein Europa der Nationen«. In der Stille danach setzt Hannovers Programmvorsteller zu einem erst vorsichtigen, dann immer überzeugteren Appell für ein vereintes Europa an. In einem fesselnden Monolog plädiert der Schauspieler dafür, dass Hannover zur Plattform des Diskurses über aktuelle Fragen der Zukunft Europas werden, Hannover jetzt erst recht aufstehen muss: hier jetzt alle für Europa!

Straßenlinie 5, die an fast allen Gärten, die 1 zu 1 alle Epochen der Gartenkunst seit dem 17. Jahrhundert bis heute abbilden, vorbeifährt. Diese wird von außen auffällig gebrandet und innen erhält man Informationen über dieses einmalige grüne Kulturerbe. Quasi ein rollendes Museum, dem man im Alltag begegnet. Es fahren ja überall Busse und Bahnen quer durch die Stadt, in denen man niederschwellig auf die eigenen Kunst- und Kulturinstitutionen hinweisen kann. Solche Linien sind auch für andere Kulturbereiche denkbar, wie eine Linie der Museen oder eine für Hannovers öffentliche Skulpturenmeile«, sagt Gottfried. »Du fängst an, es zu verstehen,« sagt Kurt. »Wir brauchen große Gesten, die die Menschen berühren. Nehmen wir den riesigen Müllberg in Hannover-Lahe, den sie hier liebevoll Monte Müllo nennen. Den Berg könnte man doch zum Thema Nachhaltigkeit bespielen, als Sinnbild für ein überkommenes Verwertungs- und Konsumsystem, das es radikal zu überdenken gilt. Da stellen wir dann einen Hollywood-Schriftzug oben drauf. Am besten aus Schrott von Künstler*innen gebaut und angeleuchtet durch Gase aus dem Berg: Kulturhauptstadt 2025. In großen weißen Lettern. Ist doch genial. So können wir gleich alle Nomaden aus Europa begrüßen, die uns besuchen. Denn der Berg liegt direkt in der Einflugschneise von Hannovers Flughafen und an der Autobahn. Die Botschaft ist klar: wir nehmen Müll und Nachhaltigkeit sehr ernst. Zugleich haben wir so viel mehr Aufmerksamkeit als mit irgendwelcher Werbung.« »Das wird unser Prinzip sein«, sagt Gottfried, »bei jedem inhaltlichen Projekt denken wir sofort darüber nach, wie dies Aufmerksamkeit erregen kann. Kunst und Marketing gehen Hand in Hand.«

cincizeci și cinci


September 2019 Präsentation der Themenschwerpunkte in Hannover: Kommunikationskampagne mit angeblichen Wahlplakaten, die die Programmschwerpunkte auf humorvolle Art und Weise thematisieren. Die Botschaft: Europa kann nicht nur während des Wahlkampfs ein Thema vor Ort sein.

September 2019 Abgabe des Bid Books: Das Bid Book, in Romanform verfasst und mit dem, in Anlehnung an den ›Merzbau‹ des Künstlers Kurt Schwitters gestalteten Cover, tritt die Reise zur Kulturstiftung der Länder nach Berlin als ›Kunstwerk‹ an. Bei einer Performance im Sprengel Museum Hannover wird es in Zusammenhang mit dem ›Merzbau‹ präsentiert und als Kunsttransport versandt.

»Ach ja, und Kooperationen mit lokalen Partner*innen braucht es, um deren Netzwerke für zielgruppen 5

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spezifische Ansprachen zu nutzen. Ich denke da an die Kirchen und Religionsgemeinschaften, Bildungsträger*innen, die Madsack Gruppe mit ihren 17 Tageszeitungen, die Institutionen der Beiratsmitglieder, die üstra, Hannover 96, Institutionen aus den Think Tanks, einfach alle, die bisher schon in die Bewerbung eingebunden worden sind. In diesem Zusammenhang bietet es sich auch an, Hannover 2025 mit Groß-Events zusammenzubringen: IdeenExpo, Hannover Concerts, Internationaler Feuerwerkswettbewerb, Maschseefest, Schützenfest, Hannover Messe uns so weiter.« Der Berater scheint nicht aufhören zu können. »Ja, ja, Danke für Ihre Ratschläge«, rufen Gottfried und Kurt gleichzeitig. Ein leises Seufzen folgt. Dann geht ihr weiter. Eine Weile lauft ihr schweigend nebeneinander her, als Kurt daran erinnert, dass es in Hannover eine lange Tradition gibt, Kommunikationskampagnen mit Künstler*innen zu entwickeln. »Ich habe in den 1920ern mal Werbeplakate für die Leibniz-Kekse von Bahlsen entworfen: ›Keks ist Fortschritt‹ stand da drauf. Warum also nicht die Kunst sprechen lassen?« Hannover hat in der Tat seit dem ersten Tag der Bewerbung zur Kulturhauptstadt diese Tradition fortgesetzt, indem man bei allen bisherigen Präsentationen die Kunst sprechen ließ. Diese Form von Kommunikation und Marketing soll schwerpunktmäßig auch im Titeljahr und auf dem Weg dorthin fortgesetzt werden. Konkret heißt es, dass es in der späteren Organisationsform eine Doppelspitze künstlerisches Programm und Marketing gibt. Damit ist ein integrierter Marketingansatz von Beginn an garantiert.

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35 Wie möchte die Stadt betonen, dass die Aktion »Kulturhauptstadt Europas« auf die Europäische Union zurückgeht?

Eröffnungsfeier: Bei Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres 2025 will Hannover von einer der amtierenden Kulturhauptstädte den Staffelstab übernehmen und diesen übergebeim Abschlussevent an eine der nachfolgenden Kulturhauptstädte ionspräsident*in ben. Eingeladen wird zur Eröffnung außer der*die EU-Kommiss ar*in für Bildung, mmiss EU-Ko der*die Präsident*in des EU-Parlaments sowie der*die g (CULT). Kultur, Jugend und Sport und der Ausschuss für Kultur und Bildun Programm von Hannoim soll 40 Jahre ECoC: Das Jubiläum der Europäischen Kulturhauptstadt n; besondere Prominenz ver 2025 in mehreren Veranstaltungen gefeiert und diskutiert werde en, Wissenschaftler*innen und kommt hierbei einer großen Veranstaltung zu, in der Künstler*inn n auf die vergangenen vier Politiker*innen aus den über 70 ehemaligen Kulturhauptstädte Jahrzehnte zurückblicken. Reflexionsphasen der vier Circles werden Einladungen europäischer Politiker*innen: Zu den jeweiligen Affinität zu den Themen haben. Zu den europäische Persönlichkeiten eingeladen, die eine thematische ondere europäische Politiker*innen, Reflexionsevents sollen gezielt Akteur*innen aus der Politik, insbes

eingeladen werden. n Stadt und veranstaltet zusätzlich Europatag: Hannover feiert jedes Jahr den Europatag in der ganze tlich ausgebaut werden. jährlich das Europafest; ab 2020 sollen diese Festlichkeiten wesen -Media-Aktivitäten des Teams der Kommunikation und Logos: In den Pressemitteilungen und Social sich bei der ECoC um ein EU-Projekt Kulturhauptstadtbewerbung wird darauf hingewiesen, dass es - und Offline-Beiträgen das Hannohandelt; deshalb wird auch in sämtlichen Broschüren sowie Online ver 2025-Logo vom EU-Logo begleitet. Hannover wird eine niederschwelliMelina-Mercouri-Preis: Im Falle der Verleihung des Preises an die Geschichte der Europäige Retrospektive zu Ehren Melina Mercouris organisiert, die auf schen Kulturhauptstädte seit 1985 zurückblickt. Kulturinstitutionen Beflaggung: Am Rathaus, Bahnhofsvorplatz und den wichtigsten während des werden die Europäischen Fahnen wehen – ganz Hannover wird gt. beflag e gesamten Veranstaltungsjahres 2025 mit der Europafahn

EU-Bezug 35 Das ganze Bewerbungsthema schreit doch »Europa«. Denn das Prinzip der Agora will gerade auf die

tiefen Risse reagieren, die durch die Union verlaufen und sie immer weiter zu spalten drohen. Dass dies auf die Europäische Union zurückgeht, wird 2025 dementsprechend in Hannover überall anzutreffen sein.

pedeset sedam


Kapitel 6 : UmsetzungsfAEhigkeit 36 »Ich möchte noch mal daran erinnern«, gibt Gottfried zu bedenken, »dass Kunst und kreative Frei-

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politisch auf breiter Ebene und in starkem Maße unterstützt werden und sich die zuständigen lokalen, regionalen und nationalen Behörden dauerhaft beteiligen.

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36 Bitte bestätigen und belegen Sie, dass Sie

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räume – bei allem Enthusiasmus für breite Beteiligung – am Ende des Tages auch politischen Rückhalt brauchen, um zu gedeihen. Damals wie heute.« Du nickst. »Aber an Unterstützung von oben scheint es Hannover 2025 ja nicht zu mangeln, wenn ich das Bewerbungsteam richtig verstanden habe«, meint Kurt, als ihr gerade durch den Hauptbahnhof zu eurem Gleis lauft. Die Unterstützung fängt bereits mit dem besonderen Umstand an, dass sich alle Parteien der Ratsversammlung (außer der rechtspopulistischen AfD, na klar) in einem historisch einmaligen Vorgang vom Februar 2018 in einer gemeinsamen Drucksache und Pressemitteilung emphatisch für die Bewerbung aussprachen. Einmalig war das insofern, weil Drucksachen normalerweise aus der Verwaltung kommen. Hier waren es nun die Parteien. Und das nicht nur obwohl, sondern gerade weil es in dieser Zeit im Rathaus drunter und drüber ging: In den zwei Bewerbungsjahren haben sich die personellen Zuständigkeiten viermal verändert, da der Kulturdezernent und der Oberbürgermeister abhandenkamen. Deshalb wollte die Politik ein umso deutlicheres Zeichen der Unterstützung setzen und hat sich auch danach in kritischen Phasen immer wieder hinter die Bewerbung gestellt. Aber auch in der Verwaltung war ein starkes Engagement bis in die Führungsspitze spürbar. Zugegeben: Anfangs wunderte man sich auf den Rathausfluren, was für einen Wirbel »die Damen vom Kulturhauptstadtteam« Tag und Nacht veranstalteten und was es eigentlich mit diesem mysteriösen Bid Book auf sich habe. Aber trotzdem waren letztlich alle an Bord und voller Enthusiasmus: die Fachbereichsleiter*innen in den regelmäßigen Workshops, der Kreis der Nachwuchskräfte sowie die Dezernent*innen. Vieles, was in solch einem großen Tanker sonst sehr lange dauert, ging plötzlich ganz schnell und unkompliziert. Und in den Umlandkommunen? Auch da spürt man auf politischer Ebene die Begeisterung für das Projekt. So steht der Regionspräsident voll und ganz hinter der Bewerbung. Mehr noch: Die Region Hannover unterstützt nicht nur finanziell die Bewerbung, sondern wird sich auch inhaltlich und auf der Arbeitsebene bis 2025 einbringen. Des Weiteren haben sich die Bürgermeister*innen und Kulturbeauftragten der 21 Städte und Gemeinden zum Thema Hannover 2025 in gemeinsamen Workshops zusammengesetzt. Mit dem Land Niedersachsen werden natürlich bereits Arbeitsgespräche geführt, das derzeit seinen Letter of Intent zur Mitfinanzierung aufsetzt. Und auch auf Bundesebene ist Hannover präsent, indem man federführend bei der Ansprache aller Bewerberstädte beim Bund war, um die finanzielle Förderung aus Bundesmitteln zu besprechen. Mit anderen Worten: Es kann losgehen. »Dir ist da was aus der Mappe gefallen«, sagt Kurt als ihr gerade in den Zug steigen wollt und deutet auf zwei Papiere auf dem Boden. »Das muss zu den ganzen Finanz- und Verwaltungssachen gehören, so wie das aussieht.« Du hebst die beiden Zettel auf. Es sind in der Tat Antworten auf Frage 37 und 38, in denen Hannover nachweist, dass es für 2025 infrastrukturell bestens aufgestellt ist und nichtsdestotrotz bis 2023 weitere Maßnahmen plant, die Hannover 2025 und den Besucher*innen zugutekommen werden.


hier jetzt alle für Europa!

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um Schluss stehst du wieder dort, wo du zu Beginn losgelaufen bist: vor dem Abgrund, vor einer Zukunft, die dir Angst macht. Dunkel und tief.

»Was also tun«, fragt Kurt. Hannover kann nicht die Welt retten. Alleine sowieso nicht und auch nicht in einem Jahr. Es wird mehr brauchen als nur ein Kulturprogramm mit ein bisschen Feuerwerk am Ende des Jahres, mehr als nur eine Stadt. Es braucht einen grundlegenden Paradigmenwechsel, der der ursprünglichen und fundamentalen Idee des ECoC-Programms neues Leben einhaucht: Europas Zusammenhalt durch kulturell leuchtende Metropolstädte stärken. Diesen Gedanken gilt es wieder aufzugreifen. Zurück zu den Wurzeln. Nicht die Union muss in dieser schwierigen Phase der Krise ihren Städten beistehen, sondern die Städte der Union. Und du stellst dir vor, wie das wäre. Irgendwo wird es seinen Anfang nehmen. Vielleicht in Hannover. Wer weiß. Auf eine Stadt wird die nächste folgen. Wäre das nicht schön? Und von überall kämen sie hierher, an den dunklen Riss heran. Und sie kämen nicht, um diesen Abgrund mit irgendwelchen Konstruktionen vorübergehend zu überbrücken. Sie kämen, um ihn zu verschütten, ihn bis zum Rand zu füllen, dass man wieder über ihn hinweglaufen kann. hier jetzt alle für Europa!


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30/09/2019 12:41 +49-511-168 31957

LANDESHAUPTSTADT HANNOVER

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52/60


Dieses Buch ist Teil der Bewerbung der Landeshauptstadt Hannover zur Kulturhauptstadt Europas 2025. Herausgeberin: LANDESHAUPTSTADT HANNOVER Kulturdezernat Konstanze Beckedorf, Team Kulturhauptstadtbewerbung Leitung: Melanie Botzki, Inga Samii Stellvertretende Leitung: Lisa Weber Team: Thomas Böhm, Halyna Felten, Anja Menge, Sabine Müller, Anett Schweitzer, Franzisca Tinnefeld Redaktion: Gesamtkonzept und Hauptredaktion: Melanie Botzki, Inga Samii Beratung: Dr. Heli Meisterson, Oeds Westerhof Künstlerische Beratung: Ralf Beil, Mazlum Nergiz Schriftsteller: Juan Sebastian Guse Recherche: Kira von der Brelie Bildredaktion: Sebastian Peetz, Michael Stork Lektorat: Anja Menge, Anett Schweitzer, Lisa Weber Korrektorat: Juli Katz, Stefan Kleinschmidt, Barbara Krüger Übersetzung Englisch: Romy Fursland, Franzisca Tinnefeld Korrektorat English: Emma Rault Bid Book Kommunikationskampagne: Michael Stork Design und Layout: Design und Gestaltungskonzept: Sebastian Peetz Schriftsatz, Bebilderung, Layout: peetz & le peetz design, Hannover Kompositionsassistenz und Cinema 4D: Arved Lindau, Hamburg Textschrift: 10,5/13 pt Indigo Antiqua 2 von Johan Ström, Stockholm Auszeichnungsschrift: 11/13 pt Dalle Display von Stawix Ruecha, Bangkok Kapitelüberschriften: 24/18 pt Global Warming von Stan Studios, Stuttgart Im Konzept dieser Type reagiert Schrift schrittweise auf die globale Erwärmung wie unsere Umwelt. Der Wandel winziger Teile eines zerbrechlichen Systems destabilisiert das Ganze. Mit offiziellen Daten der NASA werden die Buchstaben beeinflusst und die Folgen der globalen Erwärmung visualisiert - was die Lesbarkeit immer schwieriger macht. Wir drehen die Reihenfolge um, beginnen mit der gegenwärtigen Situation in der Einleitung und nutzen Zeit und neue Ansätze um die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen und das Klima auszugleichen – siehe Überschrift von Kapitel 6. Papier: Lessebo Design Natural, 440g von Lessebo-Bruk, Schweden Laserschnitt Merzbau: Marc Roth, Kremo Papierschnitte: Matthias Hußmann, Ermonis, Ehlershausen Buchbindearbeiten: Hans-Jürgen Vehse, Vehse Feinbuchbinderei, Hannover Produktionskoordination: Christian Lieb, Hannover Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei, Hannover Gedruckt in Hannover Deutschland MMXIX


Copyright und Bildnachweise: Einband Collage le peetz design; Vorsatz oben Gottfried Wilhelm Leibniz & Kurt Schwitters le peetz design; Vorsatz unten Merzbau im Sprengel Museum Hannover, Sprengel Museum Hannover / Foto: Wilhelm Redemann; 3 Illustration ›Schule von Athen‹ le peetz design; 7 Detail Agora of Europe le peetz design; 15 Agora of Europe le peetz design; 18 oben Collage Europa als Friedensprojekt le peetz design; 18 unten Schriftstellerkongress 1935 Foto: Gisèle Freund / bpk / IMEC, Fonds MCC; 20 Collage Cityring le peetz design; 21 Grafik Das Wunder von Hannover DER SPIEGEL 23/1959; 22 Collage Beauty of Failure le peetz design; 23 Collage Grüne Stadt le peetz design, Foto: HMTG; 24 oben ›Arbeitslosenschlange beim Anstehen zum Stempeln im Hof des Arbeitsamtes Hannover Frühjahr 1932‹ Walter Ballhause-Archiv / Foto: Walter Ballhause; 24 mitte ›Die Verzweifelte‹ Walter Ballhause-Archiv / Foto: Walter Ballhause; 25 Collage Frauen in der Kunst: Mary Wigman (unten links) Sprengel Museum Hannover / Foto: Ursula Richter, Grethe Jürgens (unten Mitte) N.N., Mary Wigman (unten rechts) Getty Images / Foto: Bettmann, Yvonne Georgi (Mitte) N.N., Käte Steinitz (oben rechts) Sprengel Museum Hannover / Foto: N.N., Ada Lessing (oben Mitte) Stadtarchiv Hannover / Peter Gorny, Sophie Lissitzky-Küppers (oben links) Sprengel Museum Hannover / Foto: bpk / Friedrich Müller / Art Resource, NY; 26 oben Foto: Christophe Ena / AP; 26 Mitte Foto: Jacky Naegelen / Reuters; 27 Kann Kunst gefährlich sein le peetz design; 28 Collage Suche nach den verschwundenen Worten le peetz design / Foto: Björn Kietzmann; 33 oben Collage Rettung von 2023 le peetz design; 33 unten Collage Skulpturen am Maschsee le peetz design / Foto: le peetz design; 35 Tires & Wires Assalamalekoum Cultures / Lybien Muftah Abudajaja; 39 KHH25-Kiosk Foto: Isabel Winarsch; 42 KHH25-Team bei Nacht Kulturhauptstadtbewerbung Hannover / Foto: Lisa Weber; 54 links Melanie Botzki vor Plakat Kulturstiftung der Länder / Foto: Ulrich Heemann; 54 rechts Plakat Schwarzlicht Kulturhauptstadtbewerbung Hannover / Foto: Julian Winkhaus; 55 oben Präsentation Leitidee Kulturhauptstadtbewerbung Hannover / Foto: B&B / Tobias Kunze; 55 unten Kulturstiftung der Länder / Foto: Sebastian Semmer; 56 Collage KHH25-Plakate Kulturhauptstadtbewerbung Hannover / Foto: HMTG / Lars Gerhardts, le peetz design Dank: Team Kulturentwicklungsplan: Bernd Jacobs, Dr. Benedikt Poensgen, Dr. Carola Schelle-Wolff Stellvertretend für alle Think Tanks den Sprecher*innen: Stefan Altmeyer, Ronald Clark, Gunnar Geßner, Helene Herich, Maximilian Horn, Magdalena Jackstadt, Harald Kiefer, Katja Krause, Tosh Leykum, Nils Meyer, Hamideh Mohagheghi, Lutz Rädecker, Dorothée Rhiemeier, Matthias Riemann, Ivana Rohr, Dilek Ruf, Ilka Theurich, Ingrid Wagemann Stellvertretend für den Beirat Ninia Binias, für den Kulturrat Magdalena Jackstadt und für das Kuratorium Marlis Fertmann Allen regionszugehörigen Kommunen und dem Team Kultur der Region Hannover und dem Land Niedersachsen Sowie: AG Kultur der LHH, Martina und Rolf Ballhause, Stefan Becker, Anke Biedenkapp, Cameo Kollektiv, Gregor und Monika Dehmel, Förderkreis der LHH, Stephan Kaps, LHH AG KHH, kre|H|tiv Netzwerk Hannover e.V., Kulturausschuss der LHH, Per Mertesacker Stiftung, Christine Preitauer, Georg Rinke, Prof. Dr. Detlef Schmiechen-Ackermann, Franziska Schmidt, Dr. Isabel Schulz, Prof. Dr. Thomas Schwark, Katharina Walter Ein besonderer Dank gilt der ausdauernden Geduld unserer Familien. Landeshauptstadt Hannover Team Kulturhauptstadtbewerbung Trammplatz 2 30159 Hannover



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