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In Zeiten In Zeiten In Zeiten
Dunkel breitet er sich vor uns aus – der Abgrund. Ungläubig starren wir hinab und wissen: Es geht nicht mehr, nicht einen Schritt. eines verheerenden Mangels an Gemeinschaftlichkeit, in denen EU-Mitgliedstaaten nach Ausbruch der Pandemie wochenlang den Export medizinischer Schutzausrüstung stoppten. in denen ein Land wie Deutschland nur fünfzig Kinder (!) aus den menschenunwürdigen Lagern von Lesbos befreien will, gleichzeitig aber 40.000 Erntehelfer*innen mit Sonderflügen aus Ost-Europa holt, um unseren Billig-Spargel zu retten. in denen Autokraten die Corona-Krise nutzen, um sich diktatorische Machtbefugnisse zu verschaffen, in denen überhaupt das Nationale so eindrücklich vor das Europäische tritt.
In solchen Zeiten
braucht es einen radikalen Wandel des Denkens, braucht es einen solidarischen Turn. Normalität ist keine Option.
Das gilt besonders für die
Kulturhauptstadt Europas
1.
Wir sagen: Kunst und Kultur müssen dort vorangehen, wo die Politik zaudert, indem sie vor Augen führen, dass nur das Kollektive und Kollaborative eine Zukunft hat. Aus diesem Grund lehnen wir die Idee eines Wettbewerbs ab, der nur einzelne Gewinner*innen kennt.
2.
Wir sagen: Städte und ihre Kulturszenen dürfen sich nicht als Konkurrenz um knappe Ressourcen begreifen – Ressourcen, die aufgrund von Corona in den nächsten Jahren nur noch knapper werden. Wem machen wir da was vor? Wir planen in unseren Bid Books Millionen-Beträge für Großprojekte ein, wissen aber nicht, was in fünf Jahren von unserer Kulturlandschaft noch übrig sein wird.
3.
Wir sagen: Kultur ist systemrelevant und darf nicht an Sieg oder Niederlage geknüpft werden.
Deshalb fordern wir, dass das Geld für Kulturhauptstadt 2025 zusammengelegt und fair unter den Bewerberstädten aufteilt wird. Es wäre ja da. Die Bewerberstädte haben im Vorfeld Zusagen in Millionenhöhe erhalten. Allerdings fließt das Geld nur, wenn man gewinnt. Verliert man, ist es auf einmal weg, als wäre es nie da gewesen. Wir wollen eine Kulturhauptstadt Europas sein, die nicht der Logik der sogenannten »Leistung« folgt. Aber eine solidarische Verteilung unserer Gelder ist nicht durchzusetzen.
r i w n e h c i e r b l Und desha ! in e k o o B id B s e it e w z in e k hart gearbeitet Und das, obwohl wir in den letzten Monaten l obwoh und und leidenschaftlich Projekte entwickelt haben, wir weiterhin fest an unser Programm glauben, an jedes Wort, an jede Idee.
Wir sagen: Es kann für 2025 keine singuläre Kulturhauptstadt Europas geben. Normalität ist keine Option. Es braucht eine Koalition solidarischer Städte, die gemeinschaftlich den Abgrund zuschütten!
HANNOVER 21. September 2020
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Das verschollen geglaubte Bid Book Hannovers aus dem Jahr 2020 Anna B. Danielewski
1. Auflage 2059 Anna B. Danielewski (*2018) ist Postdoc am Institut für Kulturwissenschaft der Universität Riga. Nach ihrem Studium der Literaturwissenschaft und European Studies an der Humboldt-Universität Berlin und der University of Bristol wurde sie am Europäischen Hochschulinstitut Florenz zur Dr. rer. pol. promoviert. Für ihre Dissertation zum Verhältnis von Sprache und Gewalt, für die sie über 400 Reden im EU-Parlament zwischen 2000 und 2050 ausgewertet hat, erhielt sie 2058 den Ernst-Bloch-Preis. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind die Erosion der europäischen Idee sowie Science-Fiction-Literatur des frühen 21. Jahrhunderts.
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Vorwort der Herausgeberin Es ist bekannt, dass im Jahr 2020 mit Hannover erstmals eine Bewerberstadt vom Wettbewerb »European Capital of Culture« (ECoC) disqualifiziert wurde. Grund dafür war, dass die niedersächsische Landeshauptstadt in der zweiten Runde des Auswahlverfahrens statt eines sogenannten Bid Books das Manifest »Normalität ist keine Option« eingereicht und somit die formalen Vorgaben nicht erfüllt hatte. Erwartet wurde die Beantwortung eines Fragenkatalogs, der ein detailliertes Bild davon vermitteln sollte, welches die Landeshauptstadt Hannover für ein Kulturprogramm bei Titelerhalt auflegen würde. Ein solches Bid Book ging jedoch nie bei der Jury ein. Die darauffolgende Disqualifizierung Hannovers schlug hohe Wellen. Insbesondere im Feuilleton entbrannte ein wochenlanger Streit über diesen »solidarischen Turn«. Viele Stimmen lobten »den Mut und die Sprengkraft von Hannovers Aufruf« (Binias 2020). Dieser sei ein »wegweisender Schritt zu einem Europa, das sich voll und ganz der schwesterlichen Gemeinschaft verschreibt und sich der Logik von Besserem und Schlechterem, von Wettbewerb und Konkurrenz mit aller Leidenschaft verweigert« (Calvino 2020). Andere wiederum kritisierten die Aktion als »symbolisches Feuerwerk, das fahrlässig Kulturförderung für einen billigen Showeffekt über Bord werfe« (Steinbeck 2020). Auch Hannovers Kulturszene kritisierte den Schritt in einer Stellungnahme: Man habe damit »eigentlich nichts erreicht. All die entwickelten Ideen, die Projekte. Was soll daraus jetzt werden? Ihr habt euch mit dem ›Manifest‹ verrannt. Es kann nicht ersetzen, was Kulturhauptstadt für uns bedeutet hätte: ein gigantisches Konjunkturprogramm.« (Aufnahmezustand 2020) Die sich in dieser Debatte entladenden Spannungen kann man nicht ohne den historischen Kontext verstehen: 2020/21 gab es eine weltweite Pandemie wegen eines Corona-Virus, der zum Lockdown ganzer Gesellschaften und zur größten globalen Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg führte. Die Pandemie machte bestehende Missstände innerhalb der Europäischen Union noch deutlicher. Das zeigte sich insbesondere darin, dass die Mitgliedstaaten in den ersten Monaten der Corona-Krise nicht gemeinschaftlich agierten, »sondern sich buchstäblich hinter ihre nationalen Grenzen verzogen« (Geerarts et al. 2039). Soweit der bekannte Teil dieser Geschichte. Ungeklärt blieb jedoch, was aus Hannovers Bid Book geworden war. Hatte man überhaupt je eines verfasst oder wurde die Arbeit daran schon frühzeitig zugunsten des »Corona-Manifests« (Begrich 2020) abgebrochen? Heute wissen wir: Alles wäre da gewesen. Dies geht aus einem überraschenden Fund im Frühjahr 2058 hervor, als man auf die Google Drive Cloud eines ehemaligen Teammitglieds stieß. Dort waren Hunderte interne Dokumente zu Hannovers Bewerbung abgespeichert. Darunter befand sich auch ein fast vollständiges zweites Bid Book, zuletzt bearbeitet am 27. Juli 2020, das jedoch nie eingereicht oder veröffentlicht wurde.
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Ich habe die letzten Monate damit verbracht, seine Entstehung zu verstehen. Das Ergebnis ist diese kommentierte Erstausgabe des verschollen geglaubten Bid Books. Sie ist in zweifacher Hinsicht ein Versuch. Sie ist erstens der Versuch, zu rekonstruieren, wie Hannovers Team zum Entschluss kam, statt seines Bid Books das Manifest einzureichen. Denn wie aus internen Protokollen und E-Mail-Korrespondenzen hervorgeht, begleiteten Zweifel an einem »Weitermachen-wie-immer« das Team während des gesamten Prozesses. Und auch im Bid Book finden sich die später im Manifest formulierten Überlegungen bereits angedeutet. So verspricht Hannover in der Tat, 15 Millionen Euro als Solidaritätszuschuss an die restlichen deutschen Bewerberstädte abzugeben (siehe S. 78 und 81). Interne Dokumente machen jedoch deutlich, wie sehr das Team damit haderte: »Wir wissen doch alle: Selbst das ist nicht genug, ist nicht wirklich solidarisch.« (dok_em_2706). Mehr sei aber nicht durchsetzbar gewesen. Ich verstehe dieses Buch zweitens als eine ungeöffnete Zeitkapsel. Denn es erzählt von den Problemen und Sorgen, aber auch von den Utopien und Sehnsüchten, die die Menschen Anfang der 2020erJahre in Europa bewegten; diesem so wichtigen Jahrzehnt der Umbrüche und Weichenstellungen, dessen Auswirkungen wir bis heute spüren. Und deshalb glaube ich, dass uns dieser Text als Spiegel für unsere Gegenwart dienen kann. Denn ich schreibe dieses Vorwort in jenem Jahr, in dem in einem Referendum darüber abgestimmt wird, ob unsere Völkergemeinschaft einen entscheidenden Schritt zurück machen und als rein wirtschaftliche Freihandelszone deklariert werden soll. Eine »Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Plus«, wie sie Nationalist*innen propagieren. Keine EUKommission mehr, keine gemeinsame Außenpolitik, keine kulturelle Verbundenheit. Nur noch ein paar Institutionen, die den Handel zwischen Staaten regeln. Ich schreibe dieses Vorwort in einer Zeit, in der die Diskussionen über Europas Zukunft außer Kontrolle geraten, wenn zu Gewalt gegen proeuropäische Demonstrationen aufgerufen wird, wenn rechtsnationale Regierungen europäisches Recht mit Füßen treten. Wir wissen nicht, wohin wir steuern. Verloren scheinen die Träume, die wir so lange gehegt haben: von den Vereinigten Staaten von Europa, für die noch immer so viele kämpfen, trotz aller Rückschläge. Wenn ich also einen Wunsch für dieses Buch habe, dann, dass es an etwas erinnert, das im Zentrum von Hannovers Bewerbung stand und von dem niemand so treffend zu schreiben wusste wie Ernst Bloch: »Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. Seine Arbeit entsagt nicht, sie ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern.« (Bloch 1987: 4) Abschließend noch einige redaktionelle Hinweise: Die Datei, auf die ich mich hauptsächlich beziehe, war abgespeichert als »20-07-27_KHH25_BB2_final_ final«. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass hieran noch kleinere Änderungen vorgenommen werden sollten. So finden sich beispielsweise an einigen Stellen Wiederholungen im Text. Diese habe ich beibehalten, ebenso etwaige Rechtschreibfehler. Anna B. Danielewski, 2059
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Hannover Culturele Hoofdstad van Europa 2025
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Einleitung-Allgemeines 1. Hat sich das für das Veranstaltungsjahr »Kulturhauptstadt Europas« (ECoC) beschriebene Programmkonzept zwischen Vorauswahl- und Auswahlphase geändert? 1 Kontext: Alle Wenn ja, beschreiben Sie bitte das neue Bewerberstädte Konzept und erläutern Sie die Gründe mussten dieselben 45 für die Änderung. 1 Fragen beantworten. Wie sie diese ge-
Unser Konzept Agora of Europe ha- wichten, war ihnen ben wir nicht geändert, jedoch we- überlassen. sentlich geschärft. Die Details dieser Schärfung beschreiben wir ausführ- 2 Damit reagierte man auf einen der Kritiklich in Frage 5. 2 An dieser Stelle wollen wir zunächst punkte der Jury: »The concept of klarmachen, welche Haltung wir als Agora, although Kulturhauptstadt einnehmen wol- straightforward and len. thus easy to undersSeit Jahren und Jahrzehnten schei- tand, is too open and tern unsere Nationalstaaten daran, therefore not clearauf drängende Probleme gemeinsa- ly leading to a me Lösungen zu finden – seien es coherent cultural Klimawandel, Migration, Pande- and artistic promien oder der Umgang mit auto- gram, a powerful narrative and clear kratischen Regimen. Zu groß sind aims or outcomes.« die politischen Spaltungen, zu stark (Jury-Report 2020: das Beharren auf Eigeninteressen. 12) Angesichts dieser Handlungsunfähigkeit beginnen jedoch andere Akteure sich zunehmend dieser Verantwortung anzunehmen: Städte. Städte sind die politischen Aktivist*innen der Zukunft. Denn hier, in den urbanen Agoren, ballen sich die sozialen, ökologischen und politischen Herausforde- 3 Der Begriff des rungen. Hier werden sie verhandelt Mikrolateralismus und gelöst. wurde Anfang der Aktuell erleben wir eine neue Ära 2020er Jahre von der der Zusammenarbeit, in der Städ- Harvard-Politologin te transnationale und mikrolaterale Cathryn Clüver Koalitionen bilden und dort die In- Ashbrook geprägt und itiative ergreifen, wo Nationalstaa- ist heute ein fester Bestandteil jedes ten hadern. 3 So hat sich im Kampf gegen den Klimawandel beispielsweise die C40 Group (Cities Climate Leadership Group) gegründet, der über 90 Städte mit insgesamt 650 Millionen Einwohner*innen angehören.4 27 davon berichteten zuletzt, dass die Zusammenarbeit eine Reduktion der CO2-Emissionen von zehn Prozent in nur fünf Jahren ermöglicht habe. Auch beim Schutz von Menschenrechten übernehmen Städte immer häufiger Verantwortung. Die European Charter for the Safeguarding of Human Rights in the City ist dafür nur eines von vielen Beispielen.
politikwissenschaftlichen Studiums (Clüver Ashbrook 2020, 2019b, 2019a).
4 Im Jahr 2020 wurde
geschätzt, dass im Jahr 2050 etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung in urbanen Zentren leben werden. Diese Vorhersagen haben zwar den grundsätzlichen Trend korrekt eingeschätzt, die Geschwindigkeit der Urbanisierung jedoch unterschätzt. Vor allem die sich beschleunigende
Auch Hannover engagiert sich bereits in zahlreichen dieser Initiativen und Bündnissen: 1. Wir sind Teil des kommunalen Seerettungsnetzwerks Sichere Häfen und erklären uns damit bereit, mehr Geflüchtete aufzunehmen als die nationale Verteilungsquote vorsieht. Zuletzt forderte Hannover mit weiteren Städten des Netzwerkes in einem Brandbrief an die Regierung, dass sie innerhalb der EU-Ratspräsidentschaft sofort handeln müsse, um die humanitäre Katastrophe in den griechischen Flüchtlingslagern zu beenden. 2. Wir beteiligten uns 2015 mit anderen Städten an einem Sonderprogramm, durch das 1.100 jesidische Frauen und Kinder nach Deutschland geholt wurden, die von dem sogenannten IS gefangen gehalten worden 5 Unter diesen Frauen waren waren.5 war auch die Friedensnobelpreisträgerin 2018 Nadia Murad. Sie wurde 2039 als erste »nicht-gebürtige Europäerin« zur Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt. Ihre Wahl war der letzte symbolische Zusammenschluss aller Fraktionen gegen die rechtsnationale Fraktion ID, die seit 2044 die absolute Mehrheit innehat.
3. Wir engagieren uns als Vizepräsidentin in dem von Hiroshima gegründeten Netzwerk Mayors for Peace. Ziel dieser weltweit größten kommunalen Friedensbewegung mit rund 7.900 Städten aus 164 Ländern ist eine Welt ohne Atomwaffen. Wir werden 2025, 80 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, zu einer europäischen Jugendfriedenskonferenz einladen.
4. Wir setzen uns im U CO MNetzwerk für Gender-Equality in der Musik ein und wurden 2018 für unser Diversity-Management mit dem Max-Spohr-Preis ausgezeichnet. Wir waren eine der ersten deutschen Städte, die die Arbeit für LGBTIQ+-Mitarbeiter und Einwohner*innen als wesentlichen Teil ihrer Aufgaben erkannt hat. 5. Auch im Bereich Nachhaltigkeit gehen wir voran: Hannover ist Gründungsmitglied der internationalen Städtenetzwerke ICLEI und Climate Alliance mit jeweils über 1.800 Mitglieder*innen und setzt sich im Bereich Wassermanagement in Blantyre (Malawi) und Changde (China) ein. 2018 wurden wir für unser Engagement mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.
Klimakatastrophe, die Hunderte Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben hat, führte dazu, dass 2050 bereits 85 Prozent der Weltbevölkerung in urbanen Zentren lebten (UN-Report 2052).
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Beitrag zur La Doch das ist nur der Anfang. Nun gehen wir den nächsten Schritt. Wir nutzen Hannover 2025 als Plattform, um eine neue, künstlerische Dimension des städtischen Aktivismus ins Leben zu rufen. Durch Kunst und Kultur werden die Europäer*innen für globale Herausforderungen mobilisiert, müssen Stellung beziehen. Hannover wird so zum kreativen Verhandlungsraum für die Zukunft Europas. Dafür transformieren wir unsere gesamte Kulturregion Hannover in eine Agora of Europe – einen Ort, an dem deutlich wird, dass Europa und die Welt nicht weit weg sind, irgendwo da draußen, sondern genau dort anfangen, wo wir uns als Teil davon verstehen und beginnen so zu handeln. Okay. Aber warum Hannover? Weil wir das große Privileg haben, in einer Stadt zu leben, die selbstverständlich nicht ohne Schattenseiten ist, die aber sowohl die Kapazitäten hat, um einen positiven Wandel anzustoßen, als auch den zivilgesellschaftlichen und politischen Willen, diese Verantwortung zu übernehmen.
2. Beschreiben Sie etwaige Änderungen der Kulturstrategie seit der Vorauswahlphase und gegebenenfalls die Rolle der ECoC-Vorauswahl bei diesen Änderungen. Führen Sie insbesondere an, zu welchen Prioritäten innerhalb dieser Strategie die Aktion »Kulturhauptstadt Europa« beitragen soll und wie dies vonstattengeht. 6 Kurt Schwitters Als wir unser erstes Bid Book ein-
(1887 Hannover–1948 Kendal) war ein Künstler, der mit MERZ eine Collagekunst zwischen Dada und Konstruktivismus entwickelte (Oxford 2059). Seine MERZÄsthetik war stilgebend für Hannovers erstes Bid Book; das hierfür mit dem iF-Design-Award, dem Red-Dot-Design-Award und dem German Design Award 2021 ausgezeichnet wurde (Brelie 2020). Im ersten Bid Book trat Schwitters noch als Protagonist auf. Dazu sei erwähnt, dass der erste Text als Roman angelegt war. Statt klassischen Informationstexten, gab es dort Figuren, Dialoge und Szenen. Damit wollte man, laut eigener Aussage, »das Utopische betonen, imaginieren, in großen Pinselstrichen erzählen.« (dok_ em_0601) Wie aus internen Dokumenten hervorgeht, zirkulierten im Januar 2020 noch sehr unterschiedliche Ideen, welche Form das zweite Bid Book annehmen sollte. Im Gespräch waren u.a. eine Don-Quijote-artige Fortsetzungsgeschichte, ein Essayband sowie ein Text, der in der Programmiersprache Python geschrieben ist (dok_pr_2103). Letztlich entschied man sich für einen stilistisch schlichten Text, um den Fokus auf die Inhalte zu legen.
gereicht haben, hatte Hannover noch keinen beschlossenen Kulturentwicklungsplan (KEP). Das haben wir nachgeholt. Im April 2020 wurde der KEP vom Rat der Landeshauptstadt verabschiedet. Das Kulturdezernat legt darin eine Strategie für die Kulturentwicklung bis 2030 vor. Diese wurde in einem intensiven Beteiligungsprozess mit der lokalen Kulturszene entwickelt. Dass Hannover zunächst keinen K E P hatte, haben wir von Anfang an als einmalige Chance verstanden. So konnte die ECoC-Bewerbung Hand in Hand mit der langfristigen Kulturstrategie entwickelt werden und sichert so den nachhaltigen Impact des ECoCProgramms. Beides greift dadurch nahtlos ineinander. Nicht ohne Grund haben KEP und das erste Bid Book dasselbe Motto, das Zitat des hannoverschen Künstlers Kurt Schwitters: »vorwärts nach weit!«6 Der KEP ist (in all seinen Details) zu umfangreich, um sämtliche geplanten Maßnahmen hier aufzulisten. Es sei an dieser Stelle jedoch auf die vier großen Handlungsfelder für Hannovers Kulturentwicklung eingegangen. Im Folgenden wollen wir zeigen, wie unsere ECoC-Projekte die Ziele in diesen Handlungsfeldern unterstützen:
1. Ein starkes Fundament: Hierzu zählt u.a. die Modernisierung von Infrastruktur und Gebäuden hinsichtlich Nachhaltigkeit. Auf die Errichtung neuer Bauten soll bewusst verzichtet werden. Auch für Hannover 2025 sind keine neuen, protzigen Gebäude geplant, sondern lediglich temporäre Gebilde. Das beste Beispiel für diese Philosophie ist unsere Mobile Agora (S. 14). Dieses »wandernde Festivalzentrum« aktiviert bereits bestehende Orte und haucht ihnen neues Le-
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angzeitstrategie ben ein. (Das macht in ein paar Seiten mehr Sinn, versprochen). Es ist dabei so designt, dass 90 Prozent der verbauten Rohstoffe nach 2025 neu benutzt werden können. Dieses Prinzip gilt für sämtliche (!) baulichen Interventionen. Die Modernisierungspläne des KEP sehen außerdem vor, Hannovers Kulturinstitutionen digital aufzurüsten. Es wird eine Online-Plattform entwickelt, auf der die gesamte Kulturszene aus Stadt, Region, Land und Freier Szene sichtbar und vernetzt wird. Und nicht zuletzt würdigt der KEP in diesem Handlungsfeld die Freie Szene als elementare Säule der Kulturlandschaft, die es zu fördern gilt. Beispiele hierfür sind das Netzwerk Aufnahmezustand, das sich im Zuge der ECoCBewerbung gegründet hat. Im Rahmen des KEP soll diese bisher ehrenamtliche Interessenvertretung der Freien Szene um eine dauerhafte Koordinationsstelle ergänzt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Absent Academy – ein dezentraler Zusammenschluss von Künstler*innen und Kurator*innen, der sich der künstlerischen Forschung verschrieben hat und damit die Lücke einer abwesenden 7 Dieser Gedanke Kunsthochschule in Hannover fül- wurde bereits im len will.7 Die Akademie wird eng ersten Bid Book mit unserem Projekt Internationales formuliert; damals Zentrum für Künstlerische Forschung noch unter dem Namen Akademie für bildenzusammenarbeiten (S. 56). de Künste (BB1 2019: 14).
2. Kultur als Möglichkeitsraum: Ganz im Sinne einer partizipativen Agora beschreibt dieses Handlungsfeld die Notwendigkeit, öffentliche Verhandlungsräume durch Kunst und Kultur zu stärken. Es beinhaltet auch die Schaffung neuer digitaler Räume, in denen Kulturaktive frei arbeiten können. Pate hierfür steht unser Projekt Don’t Mesh With Me! (S. 49), für das wir ein dezentrales Internet aufbauen werden, das weltweit seinesgleichen sucht, sowie unsere Agora-App (S. 50), an deren offenen Schnittstellen Kulturprojekte andocken 8 Im finalen Bid-Book- können. Laut KEP sollen darüber Dokument finden sich hinaus experimentelle Räume gestellenweise immer fördert werden. Gemeint ist damit: wieder Kommentare Leerstehende Räume und Flächen von Teammitgliedern, sollen Kunst und Zivilgesellschaft die vermutlich noch zur Verfügung gestellt werden, um umgesetzt werden dort in größtmöglicher Freiheit sollten. und Eigenverantwortung Projekte An dieser Stelle umzusetzen. Beispiele hierfür sind stand beispielsweise folgender Hinweis unser Internationales Zentrum für von [TK]: »Ich weiß, Künstlerische Forschung (S. 56) und das Future Residential Lab (S. 73).8 der Platz ist knapp.
Aber müsste hier nicht dringend auf das Problem der Gentrifizierung verwiesen werden? Zumindest ein Halbsatz dazu, dass wir uns beim Umgang mit Leerständen des längst ausführlich diskutierten Problems bewusst sind, dass Kunst und Kultur hier mit aller Sorgfalt vor Instrumentalisierung geschützt werden müssen. Das könnte uns davor bewahren, dass hier der Eindruck entsteht, die Naivität der vergangenen zehn Jahre fortzusetzen.« (dok_dk_0507)
3. Auf der Weltbühne: Hannover will sich stärker als internationale Kulturstadt positionieren. Unsere ECoC-Bewerbung spielt hierbei eine wichtige Rolle. Schließlich zieht sich die europäische Dimension unseres Kulturprogramms wie ein roter Faden durch all unsere künstlerischen Projekte (siehe Frage 11) – ausnahmslos. Nehmen wir als Beispiel die Musik: Hannover hat den Titel einer UNESCO City of Music (UCOM), füllt diesen bisher aber nicht mit Leben. Das wollen wir mit unseren Projekten wie UCOM-Festival (S. 58) und Wind of Change (S. 44) ändern.
4. Im Mittelpunkt der Mensch: Dieses Handlungsfeld widmet sich der Stärkung einer lebendigen Demokratie durch Kunst und Kultur. Will heißen: Es geht darum, sich zu fragen, wer an welchen gesellschaftlichen Verhandlungsprozessen beteiligt ist und wer nicht, um dann systematisch Barrieren abzubauen und eine breite Teilhabe zu ermöglichen. Diese partizipative Geisteshaltung findet sich in vielen unserer Projekte wie zum Beispiel Agora-Theater (S. 41), Mini-Elphi (S. 33) oder History at Home (S. 64). In dieses KEP-Handlungsfeld fällt auch die kulturelle Bildung, die in Hannover bisher kaum aufeinander abgestimmt ist. Im Rahmen des KEP wird bis 2025 das Netzwerk Kulturelle Bildung zur Systematisierung und Professionalisierung der unterschiedlichen Bildungsakteur*innen in Stadt, Region, Land und Freier Szene gegründet.
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Hannover Kulturhauptstadt Europas 2025
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upgrade Hannover Upgrade Hannover ist unser Innovationsprogramm zur langfristigen Weiterentwicklung von Hannovers Kunst- und Kulturszene. Ziel ist es, die Art und Weise, wie künstlerische Projekte erarbeitet werden, umzukrempeln und sie in vier unterschiedlichen Dimensionen auf 9 In älteren Versioein neues Qualitätslevel zu heben. nen war Upgrade Auch KEP-Projekte werden nach Hannover noch als diesem Prinzip entwickelt – was in- »Leistungsnerhalb der Verwaltung nicht üb- steigerungsprogramm für Kulturszene und lich ist.9 1. Nachhaltigkeit: Die künstlerischen Projekte haben den Anspruch, »as sustainable as possible« zu sein; sowohl ökologisch, ökonomisch, sozial wie kulturell. Schwerpunkte liegen auf Mobilität, Ressourcennutzung und dem ökologischen Fußabdruck von Veranstaltungen.
Kreativwirtschaft« beschrieben worden; was übliches ECoCVokabular war. Davon verabschiedete man sich jedoch frühzeitig, wie aus einem Meeting-Protokoll hervorgeht: »Kunst darf keinen Zwecken genügen und an keiner Leistung gemessen werden.« (dok_ pr_0103)
2. Audience Building: Bei den künstlerischen Projekten müssen Partizipation, Kulturmarketing und Education zusammengedacht werden, um barrierefreie und inklusive Teilhabe durch entsprechende Standards zu ermöglichen. 3. Internationalisierung: Bei den künstlerischen Projekten soll ein Fokus auf Zugang zu EU-Fördermitteln, Mitgliedschaften in internationalen Netzwerken und ECoC-Austausch gelegt werden. 4. Digitalisierung: Jedes künstlerische Projekt wird eine digitale Dimension haben.
Wie geht das? Wenn wir durch unsere ECoC-Bewerbung eines gelernt haben, dann, dass es für Arbeitsprozesse immer bereichernd ist, Menschen mit den unterschiedlichsten Expertisen und Hintergründen aufeinander loszulassen. Dem Ansatz der »Learning Organisation« folgend, sind wir davon überzeugt, dass unsere Welt so komplex geworden ist, dass interne Arbeitsprozesse nicht länger starr, sondern fluide organisiert werden müssen. Durch Upgrade Hannover wollen wir das Projektmanagement durchrütteln, indem wir bei der Projektentwicklung von Anfang an externe Expert*innen aus Wissenschaft, Sozialem und (Kreativ-)Wirtschaft hinzuziehen. Wichtig dabei: Wir wollen eine möglichst bunte Mischung, damit es ordentlich knallt 10 Zum kulturund festgefahrene Denkmuster und geschichtlichen Strukturen gesprengt werden.10 Wandel moderner
Organisationen im 21. Jahrhundert empfehle ich sehr die Lektüre von Paulina Önders »Arbeiten im Teilchenbeschleuniger« (2052).
Ein Beispiel: Unser Projekt Experimentelle Verkehrskultur (S. 19) beschäftigt sich aus künstlerischer Perspektive mit urbaner Mobilität. Hier bietet es sich natürlich an, Expert*innen aus Unternehmen wie Volkswagen Nutzfahrzeuge, aus Hochschulen, aus dem Verband International Federation of Exhibition and Event Services sowie Verantwortliche aus anderen ECoCs hinzuzuziehen, die vergleichbare Projekte umgesetzt haben. Tartu, Tampere, Savonlinna, Piran, Nova Gorica, Faro, Leeuwarden und Tallinn haben bereits zugesagt, sich grundsätzlich als Expert*innen einzubringen. Das reicht uns jedoch nicht. Wir wollen mehr Reibung, diverseren Input. Deshalb holen wir zusätzlich Fridays-for-Future-Aktivist*in11 Das Konzept von nen, Inklusionsexpert*innen und Upgrade Hannover Hacker*innen an Bord. Aber auch wurde 2024/25 (un- Städte aus der C40 Group binabhängig von ECoC) den wir ein, die sich wiederum mit unter anderem Namen Hannovers Stabstelle für Mobilität auf Verwaltungsebene vernetzen können. Kurzum: Wir implementiert. wollen aus jeder Projektentwick30 Jahre später lung einen dynamischen Think erscheint uns die Tank machen, in dem auch konträVorstellung natürre Perspektiven aufeinanderprallen lich absurd, dass interdisziplinäres und neue gegenseitige Lernprozesse angestoßen werden.11 Arbeiten nicht der Normalfall ist.
Eine solche Zusammenarbeit mit »freien Radikalen« bietet zahlreiche Vorteile: • sektorenübergreifenden Wissenstransfer, • Know-how-Sponsoring, • Stakeholdership für Projekte, • Bildung eines neuen interdisziplinären Netzwerks. Es ist uns wichtig zu betonen, dass das Ganze keine Knowhow-Einbahnstraße ist, bei der nur wir etwas lernen. Upgrade Hannover ist dem gegenseitigen Lernen verschrieben. Und wir sind fest davon überzeugt, dass die beteiligten Expert*innen ihrerseits mit neuen Erkenntnissen in ihre Organisation zurückkehren werden. Wann haben Mitarbeitende der Verwaltung einmal die Chance ihren eigenen Tätigkeitsbereich aus der Sicht von Aktivist*innen oder Künstler*innen zu sehen? Um diese langfristigen Lerneffekte strukturell sicherzustellen, arbeiten wir eng mit unserem Partner, dem kreHtiv Netzwerk Hannover, das über einen großen Methodenkoffer verfügt, zusammen. Ziel ist es, um Upgrade Hannover ein Alumni-artiges Netzwerk aufzubauen, in dem sich die Expert*innen regelmäßig über ihre Beteiligung an Projekten austauschen und Erkenntnisse zurück in ihre Netzwerke spielen. Bleibt die Frage, woher all die externen Expert*innen kommen sollen. Darum kümmert sich unser Upgrade Management Team, für das eigens Stellen im Organigramm vorgesehen sind (S. 83). Seine Aufgabe ist es, einen diversen Pool an externen Expert*innen zusammenzustellen und einen passenden Mix an Leuten für aktuelle Projekte zu finden. Die
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Upgrade Manager*innen verfügen dementsprechend über eine große thematische Übersicht und können auch zwischen den Projekten und Personen vermitteln; sind also Headhunter und Agile Coach in einem.12 3. Haben sich Ihre Absichten bezüglich der langfristigen Auswirkungen der Aktion »Kulturhauptstadt Europa« auf die Stadt seit der Vorauswahl geändert? Wenn ja, beschreiben Sie bitte die Änderungen bzw. die weiteren vorhersehbaren Auswirkungen. Kulturelle Auswirkungen: ECoC und KEP als Konjunkturprogramm für die von Corona angeschlagene Kulturlandschaft;13 Capacity Building mit Fokus auf Audience Building, Internationalisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit; Professionalisierung von internationalem Know-how; neue Zusammenarbeitsstrukturen zwischen Stadt, Region, Land und Freier Szene; Vernetzung der lokalen und internationalen Kulturszene; partizipative Streitkultur im Sinne der Agora. Soziale Auswirkungen: Standard für Veranstaltungen etablieren: as inclusive as possible; Menschenrechte für Jeden; Stärkung unserer Demokratie; Sensibilisierung für europäische Themen; resilientere Gesellschaft; Belebung des öffentlichen Raums der Stadt, stärkere Einbindung der Stadtteile und ihrer Einwohner*innen sowie marginalisierter Gruppen durch das Prinzip Agora.
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12 »Agile Coach« war
Anfang des 21. Jahrhunderts eine modische Bezeichnung für Personen, die in komplexen Arbeitsabläufen dafür sorgen, dass eine gewisse Ordnung sichergestellt wird; bspw., indem sie zwischen Bereichen wie Projektmanagement, Finanzen und Produktion vermitteln. Der Begriff entstammt der sogenannten »Start-Up«-Szene rund um die Jahrhundertwende, bei der es zum guten Ton gehörte, mit Begriffen wie »Agile Coach« oder »Scrum Master« um sich zu werfen (Hedayat 2055).
13 Einer von vielen Hinweisen im Text, die das spätere »Corona-Manifest« andeuten. Besonders in den regelmäßigen Meeting-Protokollen wird deutlich, wie mit jedem voranschreitenden Monat es dem Team immer abstruser erscheint, »in was für einer Traumwelt, in was für einer Blase wir leben, wenn wir von Projekten für mehrere Mio. Euro fantasieren, während um uns herum alles kaputtgeht.« (dok_ em_1105). Eine historischtechnische Anmerkung zu diesen Protokollen, die ich ausgewertet habe: Hierbei handelt es sich um Notizen und Transkripte von Online-Meetings. Zur Eindämmung des Corona-Virus wurden
Wirtschaftliche Auswirkungen: Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Hannover; Steigerung der Innovationsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft durch Upgrade Hannover;; steigende Tourist*innenzahl als Konjunkturprogramm für von Corona besonders angeschlagene Wirtschaftszweige wie Hotels und Gastronomie; durch intensive Einbindung wirtschaftlicher Akteur*innen soll ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein der Wirtschaft für Stadt- und Kulturentwicklung ebenso wie für Themen wie Nachhaltigkeit und Diversität entstehen; Knowhow-Sponsoring als krisenfestes Sponsoring wird etabliert.
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Auswirkungen durch Beteiligung der Wissenschaft: Partnerschaften für spätere Evaluation zur Sicherung der langfristigen Effekte; Etablierung der künstlerischen Forschung in Hannover; Steigerung der Attraktivität des Wissenschaftsstandorts. Was bleibt also, wenn die letzten Gäste abgereist sind? Vieles. Denn das Kulturhauptstadtjahr wird Hannover und die Region nachhaltig transformieren und bereichern. Vor allem wird es uns umdenken lassen, wie wir Kunst und Kultur gemeinsam organisieren. Besonders relevant für das langfristige Erbe von Kulturhauptstadt sind: 1. Eine Mobilisierung der Bevölkerung für europäische und globale Probleme durch Kunst und Kultur. 2. Unser Innovationsprogramm Upgrade Hannover, durch das ein interdisziplinärer Modus der Zusammenarbeit in Hannover etabliert wird, in dem ganz selbstverständlich Kultur, Wirtschaft, Soziales und Wissenschaft zusammenarbeiten, voneinander lernen und sich vernetzen. 3. Die Schaffung einer Kulturregion Hannover, in der Stadt, Region, Land und Freie Szene aufs Engste miteinander vernetzt sind. 4. Es ist das Konjunkturprogramm – nicht nur für den Kulturbereich, sondern auch für die Wirtschaft. Insbesondere für die Bereiche, die von Corona besonders betroffen sind, wie zum Beispiel die Gastronomie und die Tourismus-Branche.
in Deutschland umfassende Kontaktverbote auferlegt, weshalb ab März 2020 alle Teamgespräche via Internet stattfanden. Das war für die damalige Zeit eher ungewöhnlich (Kittler 2024).
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4. Beschreiben Sie bitte Ihre Pläne für das Monitoring und die Bewertung der Auswirkungen des Titels auf Ihre Stadt sowie für die Verbreitung der Bewertungsergebnisse. Dabei könnten insbesondere folgende Fragen in Betracht gezogen werden (s. Fragen 4a-g). Okay, seien wir ehrlich: Die meisten haben wenig Liebe für Evaluation übrig. Langweilig, aufwendig, kein Buffet, keine Party. Wir sehen das Ganze etwas anders. Wir freuen uns drauf. Im Ernst. Denn wir würden unseren eigenen Ansprüchen einer kritischen Geisteshaltung nicht gerecht werden, wenn wir uns selbst nicht genau auf die Finger schauen würden. Wir wollen uns – wenn alles vorbei ist – nicht nur auf die Schulter klopfen, sondern uns nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen: Was haben wir vermasselt? Was sollten andere besser machen? Was hat funktioniert? Ein umfassendes Monitoring ist ein Garant für die Beantwortung dieser Fragen. Für das ECoC-Programm bricht diesbezüglich gerade eine neue Ära an: Ab 2020 sind die Städte selbst für Evaluation zuständig. Wir werden uns deshalb nach Titelgewinn sofort mit ECoCs vernetzen, um eine Vergleichbarkeit der Daten sicherzustellen. Diesen Erfahrungsaustausch wollen wir auch dadurch fördern, dass wir 2025 eine große Evaluationskonferenz zum 40-jährigen Jubiläum von ECoC einrichten. Gemeinsam mit Vertreter*innen aus sämtlichen ECoCs blicken wir kritisch auf die Vergangenheit des Programms zurück und entwerfen Visionen für dessen Zukunft. Aber nicht nur künftige ECoCs profitieren von unserer umfassenden Evaluation. Auch Hannover selbst kommt sie zugute, da wir die gesammelten Erkenntnisse in die langfristigen Stadtentwicklungskonzepte wieder einfließen lassen werden. Hier sehen wir insbesondere die Fehler der EXPO 2000 als wichtige Learning Curve. Aber dazu gleich mehr. 4a) Wer wird die Bewertung vornehmen? Wir verstehen Monitoring als Managementtool unserer zukünftigen GmbH und richten deshalb eine eigene Koordinationsstelle für Evaluation und Legacy ein. Durchgeführt wird die Evaluation natürlich von unabhängigen Dritten, die durch eine europaweite Ausschreibung gefunden werden. Für die Entwicklung eines vorläufigen Evaluationskonzeptes haben wir das Forschungsinstitut CIMA um dessen wissenschaftliche Expertise gebeten: Bei der Wahl der methodischen Evaluierungsinstrumente sind hohe wissenschaftliche und ethische Standards erforderlich. In diesem Zusammenhang sollten sieben Qualitätskriterien berücksichtigt werden: 1. Transparenz: Verfahren und Ergebnisse der Evaluierung sind nachvollziehbar und intersubjektiv überprüfbar. 2. Unabhängigkeit: Klare Rollenverteilung zwischen den unabhängigen Evaluator*innen und den Verantwortlichen des Veranstaltungsjahres. 3. Methodenpluralität: Flexibilität, zwischen quantitativen und qualitativen Methoden je nach Bewertungsobjekt angemessen zu wählen. 4. Offenheit: Vermeidung von Engführungen bei der Methodenwahl, um auch experimentelle Projektansätze bewerten zu können.
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5. Ethische Standards: Anwendung von Methoden, die Datenschutzregeln und Persönlichkeitsrechte der Beteiligten streng einhalten. 6. Vergleichbarkeit: Bewertungsergebnisse lassen sich mit Ergebnissen anderer Kulturhauptstädte vergleichen. 7. Partizipation: Einbeziehung der kulturellen Akteure und der Bevölkerung im Sinne des Citizen-ScienceAnsatzes. Alle Schritte der Evaluierung werden durch ein unabhängiges Expert*innenboard begleitet, das zugleich als Multiplikator der Ergebnisse fungiert. Das Board setzt sich aus circa zehn Personen unterschiedlicher Bereiche zusammen; wie z.B. Kultur, Architektur, Stadtplanung, Soziologie, Soziales, Politologie und Regionalökonomie. Mindestens die Hälfte sollte einen regionalen Bezug haben, um die lokalen Gegebenheiten einschätzen zu können. Gleichzeitig sollten auch internationale Mitglieder berücksichtigt werden. Zentrale Aufgabe des Boards ist es, sämtliche Arbeitsschritte und Ergebnisse der Evaluation zu diskutieren, zu bewerten und zu dokumentieren. Bei der EXPO 2000 hat Hannover mit dem International Advisory Board bereits gute Erfahrungen sammeln können. 4b) Welche Ziele und Meilensteine zwischen der Ernennung und dem Veranstaltungsjahr werden in Ihren Bewertungsplan mit ein14 Eine Warnung: Es bezogen? + 4f) Über welchen Zeitraum folgen mehrere hinweg und wie regelmäßig wird die Bewertung durchgeführt werden?14 Seiten, auf denen
detailliert HannoNatürlich gibt es Tausende kleine vers EvaluationsmaßZiele auf dem Weg nach 2025. Wir nahmen beschrieben werden. fokussieren an dieser Stelle jedoch
bewusst lediglich jene großen drei, die wir als besonders relevant und prägnant für unser Kulturprogramm erachten.
Das Agora-Prinzip: Wir wollen es besser machen als die antike Agora und niemanden ausschließen. Unser Ziel ist deshalb eine breite Teilhabe an Hannover 2025, indem wir auch jene Menschen erreichen, die (aus unterschiedlichsten Gründen) kaum Zugang zu Kulturveranstaltungen haben. Für unsere Evaluierung heißt das, nach 2025 die Frage beantworten zu können, ob wir eine größere Diversität und Qualität der Beteiligung erreicht haben. Das erheben wir über unsere Agora-App (S. 50) sowie Umfragen. Als Vergleichswert dient eine identische Erhebung, die wir bereits 2021 durchführen. Ein weiterer Gradmesser dafür, ob uns eine intensive Beteiligung gelungen ist, ist unser Bürger*innen-Fonds. Wurde er überrannt mit guten Ideen? Oder hatten wir Schwierigkeiten, das Geld loszuwerden? Hier gilt es auch zu diskutieren, warum diese Form der Partizipation auf ein Jahr beschränkt sein und warum der Fonds nicht verstetigt werden sollte. Europäischer Schwerpunkt: Wir setzen voll und ganz auf europäische Themen und weniger auf eine »HannoverShow«. Ziel ist es, bei Besucher*innen und Bürger*innen eine höhere Sensibilisierung und persönlichere Auseinandersetzung mit Europa anzustoßen. Auch hier soll über Umfragen in Erfahrung gebracht werden, ob sich der eigene Blick auf bestimmte Themen verändert hat – sei es Demokratie,
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Hannover Capitale Européenne de la Culture 2025
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Human Rights, Nachhaltigkeit oder Digitalisierung. Darüber hinaus lässt sich durch teilnehmende Beobachtung dokumentieren, wie diskussionsreich unsere Veranstaltungen waren. Saßen die Besucher*innen nur still und stumm da? Oder entfachten sie spannende Diskussionen? Upgrade Hannover: Da diese Art zu arbeiten für uns alle neu ist, stellen sich nach 2025 die Fragen: Hat sich der Arbeitsprozess von Upgrade Hannover bewährt? Ist es gelungen, die unterschiedlichen Sektoren bei der Entwicklung der Projekte einzubinden? Wurde der Input der Expert*innen angenommen? Haben diese sich untereinander vernetzt? Haben wir eine Innovationssteigerung der Kulturszene in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Audience Building und Internationalisierung erreicht? Hat sich diese Art zu arbeiten langfristig verstetigt und auch in anderen Bereichen etabliert? Plus: Über welchen Zeitraum hinweg und wie regelmäßig wird die Bewertung durchgeführt werden? 2021: Nullmessungen der drei Ziele, Upgrade Hannover, Vorbereitungsphase der Evaluierung, Start der unterschiedlichen Panels (Evaluationskonzept) 2022: Schriftsteller*innenkonferenz & Medienbeobachtung 2023: Diverse Calls (Bürger*innen-Fonds) 2024: Agora-App, Warming-Up, Volunteer-ProgrammAkquise, Zwischenevaluation 2025: Evaluationskongress ECoC 40 4c) Welche grundlegenden Studien oder Erhebungen haben Sie vor zu nutzen? + 4d) Welche Art von Informationen werden Sie nachverfolgen und überwachen? Es gilt hier zwischen primären Daten, die neu erhoben werden, und sekundären Daten, die sich aus Datenpartnerschaften ergeben, zu unterscheiden. Die meiste Arbeit entfällt auf die Erhebung primärer Daten. Die Evaluierung gliedert sich in drei Phasen, die nicht getrennt voneinander betrachtet, sondern durch entsprechende Methoden verknüpft werden: 1. Vorbereitungsphase (2021 – 2024) 2. Durchführungsphase (2025) 3. Nachnutzungsphase (2025 – 2030) In der Vorbereitungsphase wird auch eine umfassende Metaanalyse relevanter Studien zu den sozioökonomischen Wirkungen von Events und Kulturveranstaltungen erfolgen. Ziel ist es, Hinweise auf geeignete Indikatoren für die Evaluierung zu erhalten und gleichzeitig einen Benchmark zur Einordnung der eigenen Ergebnisse zu erhalten. Dabei werden Studien aus ganz Europa berücksichtigt, obgleich ein Fokus auf Deutschland liegt, um die spezifischen Rahmenbedingungen berücksichtigen zu können. Darunter fallen Forschungen zum Impact der EXPO 2000 sowie Evaluationen von ECoCs wie Liverpool, Aarhus, Wrocław und Ruhr. Diese Hinweise auf geeignete Indikatoren ergänzen den von der Europäischen Kommission vorgegebenen Indikatorenkatalog. Ebenfalls Teil der Metaanalyse ist die Berücksichtigung langfristiger Stadtentwicklungskonzepte, für die die Bürger*innen nach
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ihren Wünschen und Visionen für die Stadtentwicklung bis 2030 befragt wurden. Aus deren Vorschlägen wurden langfristige Strategien entwickelt, wie beispielweise der KEP oder die ECoC-Bewerbung. Im Zusammenspiel von ECoC und KEP streben wir eine langfristige Aufwertung des Kultursektors an. Daher gilt es, die Wirkungen auf die Einwohner*innen zu erfassen. Hierzu wird ein Einwohner*innenpanel aufgebaut, das zufällig ausgewählte Personen über alle Phasen online befragt. Ziel ist es, Veränderungen in der Wahrnehmung von Kultur in der Stadtgesellschaft nachzuzeichnen. Hierzu wird erfasst, welche Angebote bekannt sind, welche besucht werden, welchen Stellenwert Kultur hat und wie ECoC diese Aspekte beeinflusst hat. Die Teilnehmer*innen werden mit Hilfe einer geschichteten Zufallsauswahl aus den Einwohnermelderegistern der Region Hannover gezogen. Ergänzend zum Einwohner*innen-Panel wird ein Panel der Kulturaktiven der Region Hannover aufgebaut. Ziel ist die mehrjährige Begleitung von Kulturaktiven und die Darstellung der sich wandelnden Kulturlandschaft. Die Teilnehmenden des Panels werden über Aufrufe zur Teilnahme in den sozialen Medien, Aushänge und Ansprechpartner*innen in 15 »Eine filmi- Kultureinrichtungen gewonnen. Technisch wird das Panel ebenfalls über eine sche Begleitung als Langzeit- Online-Befragung realisiert, die in allen dokumentation drei Phasen der Evaluierung durchgeführt wird.15 wäre hier schön. So könnte man die Entwicklung der Protagonist*innen hautnah verfolgen.« (dok_ dk_0807)
2025 werden Besucher*innenbefragungen durchgeführt, um die Zufriedenheit mit unserem Kulturprogramm zu erfassen. Zugang zur Befragung erhält man über unsere Agora-App oder über Links in Form von QR-Codes, die während aller Veranstaltungen in den Eingangsbereichen sichtbar sind. Mehrfachteilnahmen von Personen können über technische Merkmale wie die IP-Adresse identifiziert und bei der Auswertung entsprechend berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Medienresonanzanalyse wird die Medienpräsenz von Hannover 2025 ausgewertet, um die Qualität der Berichterstattung sowie die Zielgruppenreichweite zu überprüfen. Dabei werden sowohl klassische Nachrichtenseiten als auch Social Media berücksichtigt. Grundlage bildet eine automatische Volltextsuche nach entsprechenden Schlagworten. Zusätzlich werden Parameter wie Datum der Veröffentlichung, Länge des Artikels, Reichweite, Likes etc. aufgenommen. Auf der Grundlage dieser Daten erfolgt eine qualitative Analyse, die die Bewertung ermittelt, Schwerpunkte herausstellt und die Zielgruppe des Medienbeitrags identifiziert. Viele unserer Projekte haben einen »experimentellen Charakter«. Um diesen zu erfassen, greifen wir bei ausgewählten Veranstaltungen auf die Methode der teilnehmenden Beobachtung zurück. Hier stehen die Reaktionen des Publikums im Fokus. Ergänzend werden vertiefende Interviews mit Kulturaktiven und Besucher*innen geführt. ECoC hat einen beachtlichen regionalwirtschaftlichen Impact; vor allem für Branchen wie Hotels und Gastronomie.
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Zu den direkten Effekten zählen alle Investitionen, Ausgaben und geschaffenen Arbeitsplätze. Mit Hilfe einer InputOutput-Analyse können anhand der direkten Effekte sowie Angaben der amtlichen Statistik zur ökonomischen Verflechtung der Branchen die indirekten und induzierten Effekte ermittelt werden. Indirekte Effekte entstehen bei Zulieferern, während induzierte Effekte aus den Ausgaben der Löhne generiert werden. Werden alle Effekte kumuliert, lässt sich der Gesamtnutzen für die Region ermitteln. 4e) Wie werden Sie »Erfolg« definieren 1. Anzahl der Besucher*innen 2. Zufriedenheit der Besucher*innen 3. Zufriedenheit der Kulturaktiven 4. Zustimmung der Bevölkerung zur europäischen Idee 5. Bedeutungsgewinn der Kulturlandschaft in der Region 6. Etablierung von Upgrade Hannover 7. Waren Projekte so nachhaltig wie möglich? 4g) Wie werden die Ergebnisse verbreitet werden? Der Evaluierungsbericht wird Ende 2026 vorgelegt. Die Dokumentation erfolgt online, auf unserer und der Website der EU-Kommission. Die Präsentation von Zwischenergebnissen, die sich auf die Vorbereitungsphase beziehen, sollte zeitnah zu den jeweiligen Meilensteinen erfolgen. Eine erste Zwischenbilanz kann im Rahmen unserer Evaluationskonferenz zum 40-jährigen Jubiläum von ECoC gezogen werden.
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40 Jahre ECoC: Das nehmen wir nicht nur als Anlass zum Feiern, sondern auch um Bilanz zu ziehen. Dafür laden wir Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Projektmanager*innen aus den über 70 ehemaligen ECoCs ein, um in einer mehrtägigen Konferenz auf die vergangenen Jahrzehnte zurückzublicken. Welche kulturpolitischen Konzepte und Methoden der Planung und Umsetzung haben sich als sinnvoll erwiesen? Welche Ziele wurden erreicht, welche verfehlt? Was waren die wichtigsten Meilensteine? Auf Grundlage der Lessons Learned sollen neue Visionen für die Zukunft von ECoC entstehen, die in einem gemeinsamen Abschlusspapier dokumentiert werden. Wünschenswert wäre es, dass sich ein solches Evaluations-Event als fester Termin im ECoC-Kalender etabliert.
Eine solche Retrospektive wäre nicht vollständig, wenn man nicht auch Städte einladen würde, die nicht den Titel gewonnen haben. Wir fragen: Welche kulturpolitischen Reaktionen und (positiven oder negativen) Konsequenzen ergaben sich aufgrund des Nicht-Erhalts des Titels? Welche Mechanis16 Diese Passage men bräuchte es, um sicherzustelwurde oft über- len, dass all die Ressourcen nicht arbeitet und die verloren gehen, die in die Bewerfinale Fassung letzt- bung und Programmentwicklung gesteckt wurden?16 Hier wollen lich deutlich entschärft. Dennoch wir mit dem Netzwerk Culture schimmert in dieser Next zusammenarbeiten, das 2017 unscheinbar formu- als Städteverbund gegründet wurde lierten Frage noch und sich genau mit diesen Fragen immer jene Skepsis beschäftigt: Wie können Kandidagegenüber einem Auswahlverfahren tenstädte ihre Mobilisierung von durch, das »de facto Talenten und Ideen auch ohne Tiein Winner-Takes- tel nutzen? In diesem ZusammenAll-Markt ist« (dok_ hang wollen wir auch die britischen em_0502). Städte einladen, deren Bewerbung Trivia: Das ECoC- aufgrund des Brexit auf Eis gelegt Programm war nicht wurde. Denn wir sind davon übervon Beginn an als ein zeugt, dass Politik nicht trennen wettbewerbsbasiertes Verfahren designt. kann, was durch Kultur zusammenDies wurde erst 2009 gehalten wird. eingeführt. Das heißt: »Verlierer*innen« hatte es zuvor in diesem Sinne nicht gegeben (Nairobi 2059).
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Kulturelle und künstlerisch 5. Beschreiben Sie detailliert die in der Vorauswahlphase umrissene künstlerische Vision und Strategie für das Kulturprogramm des Veranstaltungsjahres und erklären Sie etwaige Änderungen, die seit der Vorauswahl vorgenommen wurden. / 6. Beschreiben Sie die Struktur des Kulturprogramms, einschließlich des Umfangs und der Vielfalt der Aktivitäten sowie der Hauptveranstaltungen, die das Veranstaltungsjahr kennzeichnen werden. Führen Sie für jede Position Informationen zu den Projektpartnern und dem geschätzten Budget an. / 7. Wie werden die Veranstaltungen und Aktivitäten, aus denen sich das Kulturprogramm für das Veranstaltungsjahr zusammensetzt, ausgewählt werden? / 8. Wie wird das Kulturprogramm das lokale Kulturerbe und traditionelle Kunstarten mit neuen, innovativen und experimentellen künstlerischen Ausdrucksformen verknüpfen? Wir glauben, dass Europas Kulturhauptstadt neue Narrative braucht. In Zeiten, in denen die Grundpfeiler unserer Werteunion nicht aufhören zu wanken, braucht es eine Erzählung, in der nicht lokale Stadtentwicklung im Fokus steht, sondern Europas gemeinsame Suche nach Antworten auf drängende soziale, politische und ökologische Fragen. Unsere Städte werden hierbei eine entscheidende Vorreiterrolle einnehmen – als transnationale Aktivist*innen. Wir sehen Hannover 2025 in dieser Konstellation als eine Agora of Europe, die ECoC als Plattform nutzt, um durch Kunst und Kultur eine intensive Auseinandersetzung mit Themen wie Demokratie, Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Digitalisierung anzustoßen. Alle unsere künstlerischen Projekte sind daher als Verhandlungsräume angelegt, 17 Eine ältere Verdie mobilisieren und ein Gefühl sion enthielt noch der Selbstwirksamkeit stärken sol- folgenden Abschnitt: len.17 »Einer der KritikAn dieser Vision von Hannover punkte an unserem als Europas Agora halten wir fest. ersten Bid Book war, Allerdings haben wir unsere Pro- dass nicht klar sei, grammstruktur seit der Vorauswahl was Hannover mit der geändert, sie hat nun drei Elemen- Agora zu tun hat: Was ist an der Stadt te: Mit unserer Mobilen Agora haagorahaft? Das ist ben wir kein stationäres, sondern aber nicht der Punkt. ein wanderndes Festivalzentrum, Wir haben das Prinzip das sich wie ein großes Kultur-Le- der Agora nicht bewesen auf dem Cityring durch gewählt, weil es mit Hannover bewegt, mit seinen lan- Hannover zu tun hat. gen Armen um sich greift und dabei Wir haben es gewählt, die ganze Stadt aktiviert. Die Mobi- weil wir überzeugt le Agora macht jeden Monat an ei- sind, dass es als partizipative Methonem anderen Ort Halt und richtet de zur Mobilisierung dabei immer einen neuen Blick auf für europäische Europa. Dadurch entstehen unsere Themen funktioniert. Spotlights,, die uns als Programm- Wir fangen ja ganz kompass dienen. Und schließlich bewusst nicht bei widmen wir uns in einem geson- lokalen Besonderderten Schwerpunkt der digitalen heiten oder Problemen an, sondern bei Agora.
Europa und der Welt.« (dok_dk_0907)
Budget-Definition Künstlerische Produktion Produktionsleitung, Assistenzen, Künstler*innenhonorare, Künstler*innenbetreuung, Vertragshonorare, Projektgeld, Künstlersozialkasse Sachkosten Auf- und Abbauten, Entsorgung, Miete, Transport, Versicherungen, Material Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung Technik Technisches Team, Technische Wartung, Planung/Statistik, Security
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Hannover Capitale europea della cultura 2025
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he Inhalte 1. Mobile Agora Flagship-Projekt
Von der Idee eines unverrückbaren Dorfs als Festivalzentrum haben wir uns verabschiedet.18 Unser neues Zentrum wandert, es lebt! Wir nennen es: die Mobile Agora.. Sie ist weniger ein Gebäudekomplex, als vielmehr ein lebender Organismus, der entlang des Cityrings durch Hannover zieht. Dadurch verwandelt sie den Cityring und die ganze Stadt in eine große Bühne und Spielfläche.19 Denn sie belebt alles um sich herum, aktiviert ihre Umgebung. Wo immer sie auftaucht, kann man sich ihrem spektakulären Anblick nicht entziehen. Ihre ganzjährige Reise wird zum festen Bestandteil des Stadtlebens. Man wird sich morgens im Café, auf der Arbeit und in der Bahn darüber unterhalten: Wo ist sie gerade? Was macht sie dort? Und wo geht sie als nächstes hin? Die Mobile Agora besteht aus zwölf begehbaren Modulen, die sich je nach Umgebung variabel zusammensetzen lassen. Mal türmen sie sich auf, mal bilden sie einen Ring, mal schlängeln sie sich in die Straßen oder wuchern in Parks. Wo immer die Agora sich in der Stadt niederlässt, entsteht ein kleines Kulturnest, an dem es den ganzen Tag Programm gibt, Tanz, Musik und Diskussionen.
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19 Trivia: Gottfried
18 Hier wird auf eine
Programmsäule aus dem ersten Bid Book verwiesen, die man jedoch verworfen hat. Unter dem Titel »Agora of Europe« sollte ein kleines Künstlerdorf mitten in der Stadt entstehen, dass das Festivalzentrum von Hannover 2025 sein würde: »Seine temporären Bauten dienen als Veranstaltungsorte und Ideenschmiede, wo internationale Künstler*innen, zivilgesellschaftliche Gruppen und Expert*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft sich in experimentellen Formaten europäischen Themen widmen. Das Dorf ist voller Bühnen, Studios und Werkstätten sowie Restaurants und Bars.« (BB1 2019: 19)
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Wilhelm Leibniz träumte bereits 1675 in seinem Drôle de Pensée von einer Kulturhauptstadt avant la lettre, von einem Spektakel im öffentlichen Raum – zwischen Theater, Labor, Garten, Raritätenkabinett, Galerie, Wissenschaftspark, Spielwiese, Zirkus und Ballspielhaus. Er schreibt von Konferenzen und Konzerten, großen Marionetten, Experimenten, nachgestellten Seeschlachten, chinesischen Drachen, indischem Theater und holländischen Windwagen. Ein gigantisches interdisziplinäres Kulturprogramm mit Verbindungen nach Rom, Amsterdam, Wien und Hamburg. Dieses Gedankenspiel blieb jedoch unverwirklicht. (Leibniz 1906)
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Die Reise der Agora verläuft in zwölf Etappen, unterteilt unser Kulturhauptstadtjahr also in zwölf vierwöchige Phasen. Jeden Monat macht sie an einem anderen Ort am Cityring Halt und verweilt dort für 30 Tage. Sie wandert jedoch nicht linear im Uhrzeigersinn, sondern hüpft in ihrem eigenen Algorithmus von Ort zu Ort. Sobald sie eine solche Zwischenstation erreicht, streckt sie wie ein Krake ihre langen Arme aus, dockt am jeweiligen Ort an und küsst ihn wach. Das Rathaus zum Beispiel. Oder das Dreieck aus Oper, Schauspielund Künstlerhaus. Durch das Blockieren der Straßen und das Verwachsen mit ihrer Umgebung werden ungewöhnliche Situationen in der Stadt provoziert. Sie dienen als Anstoß, um neue Kultur- und Stadtkonzepte zu erproben. Am Ende des Monats zieht die Mobile Agora dann weiter, wobei sie am jeweiligen Ort einen »Knutschfleck« hinterlässt, der an ihre Anwesenheit erinnert.
Zugesagte Partner*innen: Absent Academy, Kestner Gesellschaft e. V., Kunstverein Hannover e. V., Bund Deutscher Architekten Hannover e. V. (BDA) Weitere Partner*innen: JeConstructLab, Studio Umschichten, Bruit du Frigo, Atelier Bow-Wow, studioBASAR, Künstlerkollektiv Atelier van Lieshout (AVL), N55, Erwin Wurm, Rainer Maria Matysik, Kai Schiemenz, Außen-GbR PlanBude, Jonas Staal, Yayoi Kusama
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Die Module Jedes ihrer zwölf Module ist anders und individuell, alle sind jedoch begehbar und für künstlerisches Arbeiten und/oder Veranstaltungen gedacht. Manche können variabel von unterschiedlichen Projekten genutzt werden – als Bühnen, Ausstellungs- und Seminarräume. Andere Module haben hingegen das ganze Jahr über einen festen Zweck. Zum Beispiel:
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Beschwerdeturm: Auch wenn natürlich die Standorte der Mobilen Agora mit der Verkehrsplanung abgestimmt werden, wird ihre Anwesenheit trotzdem einigen nicht in den Kram passen. Sie stört den Verkehr, ist oft laut und immer voller Menschen. Überhaupt wird es viele Leute geben, die an unserem Kulturprogramm etwas auszusetzen haben. Was also tun? Wir wollen diese Beschwerden nicht unter den Teppich kehren. Im Gegenteil. Deshalb werden wir nicht nur eine eigene Stelle für Beschwerden einrichten, die sich im Vorfeld natürlich ernsthaft mit ihnen beschäftigt, sondern wollen auch künstlerisch-spielerisch mit diesen umgehen. So könnte 20 Wie aus Protokol- man die Beschwerden zum Beispiel einmal am Tag von ausgebildeten len hervorgeht, war die Idee eines »Be- Sänger*innen vom Beschwerdeschwerdeturms« turm singen lassen. Dazu werden anfangs nur ein Gag die Beschwerden im Vorfeld gesaminnerhalb des Teams, melt und anschließend die mit den als man über Formen kreativsten Lösungsvorschlägen eines kreativen verkündet. Über diese LärmbelästiBeschwerde- gung werden sich natürlich wiedermanagements nachum Leute beschweren. Und immer dachte. Zitat: 20 »Vorschlag von Lotte/ so weiter. In der restlichen Zeit dient dieses Modul als Arbeitsraum Till: Beschwerden für unsere*n Kulturhauptstadtder Anwohner*innen et al. werden von schreiber*in. Denn wir richten ein kleinem Turm dreimal Writers-in-Residence-Programm am Tag verlesen, am ein, das jeden Monat eine*n eurobesten geschrien päische*n Schriftsteller*in an Bord lol«. (dok_pr_0503) der Mobilen Agora beherbergt, um ihre Reise durch die Kulturhauptstadt literarisch zu dokumentieren.
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Hannover Europäesch Kulturhaaptstad 2025
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Modul für Kinder und Jugendliche: Die antike Agora kannte keinen Platz für Kinder. Niemand fragte sie, in was für einer Welt sie leben wollen, man stülpte ihnen die Welt einfach über. Wir wollen ihre Meinungen und Beiträge wertschätzen, deshalb sind unsere Projekte alle kinder- und jugendtauglich. Zusätzlich widmen wir ihnen ein eigenes Modul. Dieses Modul ist jedoch nicht nur ein artsy fartsy Småland, in dem Eltern ihre Kinder parken können, um in Ruhe Veranstaltungen zu besuchen. Stattdessen wird das Modul ein eigenständiges Programm haben, das die Themen der Projekte am jeweiligen Tag aufgreift und vermittelt. Ein Beispiel: Für unser Projekt The Art of Coding (S. 52) wird es ein niedrigschwelliges Programm geben, das sich mit dem Verhältnis von Computern und Kunst auseinandersetzt und in dem die Kinder selbst kreativ werden können; unter anderem durch die Nutzung von 3D-Druckern. So können die Kinder beim Abendessen mit den Erwachsenen mitreden, wenn sie den Tag Revue passieren lassen. Gebaut werden die zwölf Module der Mobilen Agora bereits ab 2023 in einem aktivierenden Prozess gemeinsam mit lokalen Kulturinitiativen. Ab Sommer 2024 tauchen sie dann erstmals unangekündigt an den unterschiedlichsten Orten in Stadt und Region auf. Wie Skulpturen im öffentlichen Raum. Plötzlich sind sie einfach da – im Park, in der Einkaufsmeile, mitten im Wald. Wie kleine abgestürzte Raumschiffe platzen sie in unseren Alltag. Sie irritieren, wecken Neugier. Ihre Ankunft wird begleitet durch kleine Happenings und ein kulturelles Vermittlungsprogramm, die Vorfreude auf das anstehende Kulturhauptstadtjahr wecken. Am 30. Januar 2025 finden die verteilten Module dann zum ersten Mal in einem gleißenden Lichterfest auf der Autohochbrücke am Raschplatz zusammen. Dieser Moment, in dem sich die Module erstmals miteinander verbinden, steht im Zentrum unserer Eröffnungsfeier.
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Sie wird geleitet von unserem Botschafter: dem Pianisten Igor Levit, der politisches Engage21 Ich will Hannovers ment und Kunst in Deutschland Team nicht zu nahe repräsentiert.21 Dann geht es treten, aber wenn das endlich los. Stellt euch vor: Es ist meine Bewerbung dunkel. Die Sonne ist bereits untergewesen wäre, hätte ich eine ganze Seite gegangen. Elf Module warten oben darauf verwenden kön- auf der Brücke auf das letzte Puznen, warum Igor Levit zleteil. Unterhalb der Brücke ist ein als Botschafter so Lichtermeer aus Laternen, Handys, ein unwirklich Scheinwerfern, Einsatzfahrzeugen. großer Gewinn für die Dann nähert sich das letzte Modul Stadt ist. und fährt langsam die Brücke hinLevit, geboren in auf. Zehntausende Bürger*innen 1987 in Russland, war warten, um es in Empfang zu nehvon 2019 bis 2037 Professor für Kla- men. Und dann endlich, rastet es vier an der Hoch- ein, die Mobile Agora erwacht zum schule für Musik, Leben. Es gibt Musik. Es knallen Theater und Medien in Korken. Hannover 2025 beginnt Hannover. Er galt und die ganze Stadt wird aktiviert. schon damals nicht nur als einer der weltbesten Pianisten, sondern bezog im Gegensatz zu vielen seiner Klassikkolleg*innen immer wieder politisch Stellung: »Die Zeit, in der man passiv sein konnte ist für fast alle vorbei.«
(Eilenberger 2020) Seine künstlerischpolitische Stimme hat noch heute Gewicht. So zählt er in der Debatte um das bevorstehende Referendum über die Auflösung der EU zu den wichtigsten, kritischen Stimmen, die sich gegen ein nationalistisches Auseinanderbrechen der Union stellen.
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Modul für Experimentelle Verkehrskultur: Der Cityring steht beispielhaft für die autozentrierte Stadtplanung der 1950erJahre, die man heute so vielen europäischen Städten ansieht. Die Mobile Agora bietet die perfekte Chance, dieses überholte Konzept spielerisch zu überdenken. Denn durch ihre Anwesenheit wird der Cityring zwangsläufig transformiert. Sie blockiert, verändert den Verkehr 22 Die Idee, Verkehr – und schafft so die Möglichkeit, durch Kunst zu modelexperimentelle Verkehrskonzepte lieren, wurde 2027 in Hannover als eigenauszuprobieren. Und genau dafür ständiges Projekt wird es ein eigenständiges Modul realisiert. Hier geben. Das werden wir nicht nur arbeiteten die Freie nutzen, um Konzepte umzusetzen, Szene und die Stabsdie schon lange in den Schubladen stelle »Mobilität« liegen: mehr Fahrräder, mehr Grün des damaligen Oberusw. Wir wollen unbekanntes Ter- bürgermeisters Belit rain betreten! Deshalb geben wir Onay zusammen. den Verkehr in die Hände europäiAnfangs belächelt, war das Projekt scher Künstler*innen. Als Material, mit dem sie arbeiten können. letztlich so erfolgEinen Tag der Pferde ausrufen? reich, dass es nicht Warum nicht? Fahrrad-Ballett? nur dazu führte, dass der Cityring 2031 Den Cityring in einen Kreisverkomplett für den kehr umwandeln. Neue Fortbewe- privaten Autoverkehr gungsmittel erfinden. Das Schlengesperrt wurde, dern einführen. Kreuzungen als sondern auch, dass Orte der tänzerischen Bewegung die seit 2029 von einem Künstler*inwie in den »Barnes Dances« der nen-Kollektiv geKreuzung in Shibuya/Tokio. (Fast) leitet wurde (La alles geht.22 Ferrante 2053).
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Zugesagte Partner*innen: Allgemeiner Deutscher FahrradClub e. V. (ADFC), European Cyclists’ Federation ECF asbl, Bund Deutscher Architekten Hannover e. V. (BDA), SHP Ingenieure GbR, Christophe Meierhans Weitere Partner*innen: skate by night SOULSTYLE GmbH, Critical Mass Hannover, VELOGOLD GmbH & Co KG, lef Spincemaille
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Flagship-Projekt Im Lauf des Jahres reist die Mobile Agora nie allein von Station zu Station: Jede ihrer zwölf Wanderungen wird mit einer großen Parade gefeiert, die von europäischen Künstler*innen inszeniert wird. Auf diese Weise wird jedes Monatsende zum Happening, das die ganze Stadt in Bewegung bringt. Die Paraden werden dabei jeweils unter einem anderen thematischen Stern stehen, der sich am Spotlight des aktuellen Monats orientiert (dazu gleich mehr). Hier ein paar Beispiele:
Parade der Unerwünschten: Peter Schumann, der in Hannover zu Schule ging und studierte, gründete die Bread and Puppet Company, die für ihre Landschaftsinszenierungen weltberühmt wurde. Gemeinsam mit dem Schauspieler Oscar Olivo wird er eine wertschätzende Parade zur Sichtbarmachung von Niedriglohnarbeiter*innen, Drogenkranken, Sexarbeiter*innen und Geflüchteten umsetzen.
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Hannover Culturele Hoofdstad van Europa 2025
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Zugesagte Partner*innen: Bread and Puppet Theater, Oscar Olivo, Regina José Galindo, Staatsoper Hannover, Ari Benjamin Meyers, Künstlerkollektiv Graffitimuseum, Cameo Kollektiv e. V.
Grand Prix de la Eurovision Militaire: Die guatemaltekische Performancekünstlerin Regina José Galindo wird mit Niedersachsens Militärbands, Schützenkapellen und Polizeiorchestern ein Orchester formen, das rückwärts läuft und europäische Marschmusik rückwärts spielt. Dieses phonetisch und ästhetisch verwirrende Projekt stellt Fragen nach der Tradition von Militarismus und Nationalismus in Europa und der Wiederkehr überwunden geglaub- 23 Trivia: Hannover ter nationaler Positionen.23 hat (bis heute) den Drohnenparade: Wir laden dazu ein, nicht-militärische Drohnen in Trachten als eigene Schützenfest-Gruppe mit »marschieren« zu lassen. Alles geht. Was sind queere Drohnen? Wie sehen freundliche Drohnen aus? Kinderparade: Der US-Komponist und Künstler Ari Benjamin Meyers wird gemeinsam mit 1.000 Schüler*innen der Musikschulen Hannovers und ihren unterschiedlichen Instrumenten einen Umzug erarbeiten. Meyers hat bereits mehrere Stadtumzüge in Europa umgesetzt, bei denen er mit Straßen- und Laienmusiker*innen gearbeitet hat. Care-Parade: Die U S-Konzeptkünstlerin Mierle Laderman Ukeles beschäftigt sich in ihrer Arbeit intensiv mit Care-Arbeit sowie Abfall- und Abwasserentsorgung. Sie wird mit Care-Arbeiter*innen, Reinigungspersonal, Mülllastern und Reinigungsmaschinen ein sich fortbewegendes Ballett inszenieren.
größten Schützenausmarsch der Welt (Oxford 2059). Damals wurde der alljährliche Marsch von 150.000 bis zu 300.000 Besucher*innen besucht. Allerdings hat sich das so traditionsreiche Schützenfest in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Insbesondere dessen patriarchalische Strukturen wurden im Verlauf der Jahre Stück für Stück aufgebrochen. So wird bspw. das prestigeträchtige Amt des Bruchmeisters seit 2031 nicht nur an Männer, sondern auch an Frauen vergeben – zum ersten Mal nach über 350 Jahren.
Weitere Partner*innen: Jeremy Deller Doma – Art Collective, Arto Lindsay, Mobile Albania, Niedersächsische Militärbands, Schützenmusiker*innen Hannover, Bundespolizeiorchester Hannover, Musikschulen Hannover, Mierle Laderman Ukeles, skate by night SOULSTYLE GmbH, European Youth Circus Organisation, Drachenfest Hannover
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2. Zwölf Spotlights Die Mobile Agora und ihre Umgebung sind wichtige Spielstätten für viele Projekte. Die meisten Veranstaltungen werden jedoch auf die ganze Kulturregion Hannover verteilt sein. Im ersten Bid Book haben wir diese »dezentralen« Projekte unterteilt in Veranstaltungen 24 Im ersten Bid Book auf bestehenden Bühnen (Europe Europe hieß es: Europe on on Stage) und in Privaträumen (EuEu- Stage: In der gesamten Region wird es rope at Home).24 Eine inhaltliche Verknüpfung fehlte uns in der alten zahlreiche deProgrammstruktur. Das haben wir zentrale Agoren geben. Hierfür sollen geändert – mit unserem neuen Prodie vorhandenen grammkompass Spotlights. Bühnen bespielt werden sowie an ungewöhnlichen Orten, Lost Places und Hotspots temporäre Bühnen durch künstlerische Interventionen entstehen. Europe at Home: Diese Programmsäule will Hannovers langer Tradition der Privatsalons neues Leben einhauchen und Bürger*innen erlauben, Dadurch stellen wir jeden Monat selbst Kulturein anderes Tortenstück der Welt in projekte zu initiieren. (Bid Book 1: 15)
Die Mobile Agora wirft von der Station, an der sie sich gerade befindet, ein Spotlight nach außen, gibt uns also jeden Monat eine Blickrichtung vor. Nachts tut sie das buchstäblich vom Beschwerdeturm durch einen Leuchtstrahl in die jeweilige Himmelsrichtung. Die Spotlights enden jedoch nicht an den Rändern der Region Hannover. Sie verlaufen bis an die EU-Außengrenzen und darüber hinaus.
den Fokus unseres Programms. Nahezu alle Projekte richten sich nach diesen Spotlights aus, indem sie Bezüge zu Orten, Menschen und Themen im jeweiligen Bereich herstellen. Wie sie das machen ist dabei extrem unterschiedlich. Das UCOM-Festival (S. 58) ist zum Beispiel eine Reihe von Konzerten, die sich jeden Monat Ländern und Themen aus aktuellen
Spotlights widmet; einen Monat steht Rumänien musikalisch und personell im Fokus, im nächsten Italien. Unser Benefizkonzert Wind of Change (S. 44), das in ein südliches Spotlight fällt, thematisiert wiederum das sinnlose Sterben von Menschen im Mittelmeer, vor den Toren Europas. Ziel dieser Methode ist es, nicht nur überraschende Verbindungen zu finden, sondern sicherzustellen, dass es zu einem transeuropäischen Austausch kommt. Denn so nehmen wir auch jene Ecken Europas in den Blick, die leicht vergessen werden, weil man sich allzu oft an naheliegenden Kulturorten orientiert. Durch die festgelegten Blickrichtungen wollen wir bewusst Cherry-Picking vermeiden. Auch Orte, die auf den ersten Blick keine Bühne zu bieten scheinen, sollen dabei aktiviert werden. Zum Beispiel kreuzen die Spotlights immer wieder auch geographische Linien und Netzwerke wie Straßen, Bahn- und Buslinien, Flüsse und Kanäle. Auch diese können Ausgangspunkt für Projekte werden; wie Reclaiming Mittelland (S. 31), Ringe der Region (S. 89) oder Die Fahrradbewegung (S.61). Das heißt nicht, dass sich unser gesamtes Programm für einen Monat nach den Spotlights ausrichtet, sondern nur, dass in einem besonderen Umfang ortspezifische Veranstaltungen in Wohnungen, Stadtteilzentren und Institutionen in der Kulturregion Hannover stattfinden werden, die die Länder und Themenschwerpunkte des jeweiligen Spotlights behandeln. Es ist also nicht so, dass es nur Licht gibt, wo das Spotlight gerade ist, während der Rest im Schatten liegt. Vielmehr ist es im Spotlight nur besonders hell.
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3. Digitale Agora Jenseits der Spotlights gibt es noch unsere digitalen Projekte, die keinen festen Ort haben. Denn wenn wir uns den großen globalen Fragen unserer Zeit widmen, wäre unser Programm unvollständig ohne eine Berücksichtigung der transformativen Effekte, die die Digitalisierung schon heute ausübt. Es gibt kaum einen Bereich unserer 25 Vgl. Bid Book 1 Gesellschaft, der nicht direkt oder hieß es zu dieser indirekt diesen Wandel erfährt. ehemaligen ProgrammUnd dabei meinen wir nicht nur die säule: Zukunft der Arbeit und die Auto- »Jenseits der physinomisierung des Straßenverkehrs, schen Räume soll die sondern auch den Einfluss von di- Agora auch im Digitagitalen Plattformen auf unsere Dis- len eine Heimat kurskultur und auf demokratische finden. (…) Die Idee: einen öffentlichen Wahlen. Raum kreieren, in dem Im ersten Bid Book hatten wir mit (…) ein Wettkampf der der Programmsäule Europe on Line Ideen stattfindet, um lediglich einen kleinen Online-De- so eine zivilisierte battierklub geplant, der auf den Streitkultur zu europäischen Werten Freiheit und fördern. Kerngedanke der Plattform ist Gemeinschaftsgeist basiert.25 also, Europäer*innen zusammenzubringen, die den Mut haben, die wichtigen Themen sachlich zu diskutieren, an denen Europa arbeiten muss.« (BB1 2019: 20)
Jetzt widmen wir uns den Fragen und Herausforderungen der Digitalisierung in zahlreichen Projekten in einem viel umfassenderen Maße. Beispielsweise werden wir ein weltweit führendes dezentrales Mesh-Netzwerk aufbauen (S. 49), 26 Historischer aus Coding Kunst machen (S. 52) Agora-App entwickeln Kontext: Betriebs- sowie eine 26 (S. 50). systeme (und damit
auch die Distribution von Apps) waren bis in die 2030er-Jahre zum Großteil in der Hand von nur einigen wenigen US-Konzernen, ehe diese Anfang der 2040er Jahre kartellrechtlich zerschlagen wurden (Harishchandra 2055).
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Kriterien der Projektentwicklung Vor der Entwicklung und Auswahl unserer künstlerischen Projekte haben wir fünf Programmkriterien festgelegt, die an alle Projekte für 2025 angelegt werden. Diese Kriterien sollen auch für alle künftigen Projekte im Rahmen von Upgrade Hannover herangezogen werden. 1. Begegnungen und Partizipation: Alle Projekte müssen so gestaltet sein, dass sie auf inklusive und barrierefreie Teilhabe setzen. Dabei ist es besonders wichtig, dass nicht nur Altbekannte aufeinandertreffen, sondern Unbekannte aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten sich begegnen. Hierfür muss es eine Öffnung für Gruppen geben, die sonst nicht beachtet werden. Sichtbarmachung und Teilhabe sind hier oberste Prinzipien. 2. Lokaler Bezug: Auch wenn wir europäische/internationale Fragen ins Zentrum unseres Programms stellen, müssen sich alle Projekte auf die Region Hannover beziehen. Dieser Bezug kann örtlich, historisch, personell oder ganz anderer Art sein. Diese lokalen Anker sind essenziell, um die Bürger*innen für die großen Themen zu mobilisieren. 3. Europäischer Bezug und Internationalität: Alle Projekte müssen sich mit den großen europäischen und globalen Herausforderungen und Themen beschäftigen. Sei es durch Einbeziehen internationaler Themen und Netzwerke oder durch ihr internationales Publikum. 4. Experiment: Alle künstlerischen Projekte sollen etwas wagen, ausprobieren und Bestehendes möglichst experimentell erweitern. Ein Wiederholen und Umformatieren von bereits Etabliertem soll vermieden werden. 5. Nachhaltigkeit: Alle Projekte müssen über den Moment ihres Erscheinens hinauswirken. Gemeint ist damit nicht nur ein ökologischer Umgang mit Ressourcen, sondern auch die langfristige, ökonomische, soziale und kulturelle Wirksamkeit. Unsere Projekte sollen also wenig materielle Spuren hinterlassen, dafür aber umso mehr inhaltliche, persönliche und politische.
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Das ist uns wichtig zu betonen: Die zahlreichen Projekte, die wir auf den nächsten Seiten vorstellen werden, bilden letztlich nur einen kleinen Teil unseres Programms ab. Sowohl programmtechnisch als auch finanziell wird es nämlich noch viel Spielraum geben, um (nach Titelgewinn) Projekte entwickeln und umsetzen zu können, von denen wir heute noch nichts ahnen. Diese noch »unbekannten« Projekte werden natürlich in unsere Programmstruktur eingebettet sein. Dafür rufen wir zu jedem Spotlight unterschiedliche Calls aus. In diesen regionalen und internationalen (Open) Calls können sich ab 2021 Künstler*innen mit Projektideen bewerben, die sich inhaltlich jeweils auf die Spotlights des jeweiligen Monats beziehen und unseren fünf Projektkriterien entsprechen. Die Calls werden zeitlich gestaffelt, damit auch noch 2025 Ideen eingereicht und realisiert werden können.
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Vorbereitendes Projekt – Europäische Dimension: Schriftsteller*innenkonferenz 2023 Schwerpunkt
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Art of Noise Partizipation
Hannover den Hannoveranern Flagship Kulturelles Erbe Die Mergelgrube Flagship Kulturelles Erbe Natur-Theater Paraden Flagship Kulturelles Erbe »Internationales Zentrum für künstlerische Forschung« Flagship
Mobile Agora Flagship Paraden Flagship Kulturelles Erbe Carte Blanche Partizipation Notfallkonzerte Mapping of … Partizipation Multilinguale Literaturförderung Pimp Your Twin Town! NETKIDz.eu Partizipation Ringe der Region Partizipation Der Schwarm Partizipation
Die Fahrradbewegung
History at Home Erinnerungskultur Kulturelles Erbe
Kulturberg Schwerpunkt
Digitalisierung Don't Mesh With Me! Agora-App Gamifying Hannover Flagship The Art of Coding Trollfabrik for Good
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Agora-Theater Partizipation Flagship Kulturelles Erbe
UNESCO Cities of Music (UCOM) Festival Flagship Kulturelles Erbe Future Residential Lab
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Zentren der Macht Flagship Kulturelles Erbe
Los! Flagship
Mini-Elphi
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Demokratie AGGRRRRO! Partizipation
Re-EDOcation Kulturelles Erbe
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Planet Erde Reclaiming Mittelland Flagship
Übersicht der Projekte
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Blind Spots Erinnerungskultur Kulturelles Erbe
Verflechtungen Erinnerungskultur Befreit? Erinnerungskultur Adolf-Hitler-Straße Erinnerungskultur Die Stadt als Ganzes Erinnerungskultur Kulturelles Erbe Schwerpunkt
Menschenrechte Black Boxes Coming-out Wind of Change Flagship Carry Us Away Arabisches Theatertreffen Pop-Up Club Europa Walk With Me Mind the Gap Die anderen sind wir Paraden Flagship Zentren der Macht Flagship Agora-Theater Partizipation Flagship UNESCO Cities of Music (UCOM) Festival Flagship
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Schwerpunkt:
Planet Erde Wir wissen: Es gibt keinen Planeten B. Wir kennen die Fakten, die Prognosen, wissen, was wir tun müssten. Und doch ändern wir kaum unseren Kurs, unsere Gewohnheiten, unsere Policies. Als würde ein Lastwagen auf uns zurasen, noch wenige Meter entfernt, und wir machen nur Mini-Schritte zur Seite. 27
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2030er-Jahre waren tragische Schlüsseljahrzehnte für die Klima- und Umweltkatastrophe (Jelinek 2054). Hier versäumten es sämtliche Industriestaaten, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Ziele des Pariser Abkommens auch nur ansatzweise einzuhalten. Es waren die Jahrzehnte, in denen weltweit ein Ökosystem nach dem anderen zusammenbrach, in denen der Permafrost unwiederbringlich auftaute und ganze Städte in Sibirien auf einmal im Schlamm versanken. Es waren die Jahrzehnte, in denen man Lithium-Batterien für Autos als ökologische Rettung feierte, die »letztlich nur ein Rebranding desselben Wahnsinns war« (Cordero 2047). Die Konsequenzen der damaligen Untätigkeit spüren wir heute. Globale Waldbestände sind dezimiert. Ein so massives Insektensterben führte dazu, dass billige Arbeitskräfte heute händisch unsere Pflanzen
Wir wissen auch, dass Großevents wie die Olympischen Spiele oder das Programm Kulturhauptstadt aus ökologischer Sicht oft problematisch sind. Das fängt bereits mit den Unmengen von Merchandise an, all den Kugelschreibern, Schlüsselanhängern und USB-Sticks, die niemand wirklich braucht. Noch problematischer ist der Bau neuer Gebäude, wenn diese nach einem solchen Event nicht mehr voll ausgelastet werden. Wir errichten ganz bewusst keine neuen Gebäude, sondern arbeiten stattdessen mit der großen Vielfalt an Bestehendem, das wir lediglich um temporäre Bauten ergänzen. Diese temporären Bauten folgen der Philosophie des Architekten Thomas Rau, einem internationalen Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit. Sein Grundsatz: Im Angesicht der Klimakatastrophe geht es nicht länger darum, sich zu fragen, was möglich ist, sondern darum, was nötig ist. Und nötig ist, dass wir unseren Umgang mit Ressourcen radikal überdenken. Deshalb designen wir all unsere temporären Bauten so, dass sie eine Nachnutzung finden können. Das heißt, sie müssen als Ganzes an einem anderen Ort wiederverwendet oder in ihre einzelnen Rohstoffe zerlegt werden können, mit denen sich neue Bauten errichten lassen. All unsere temporären Bauten (wie zum Beispiel unsere Mobile Agora oder die MiniElphi) erhalten hierfür einen sogenannten Materialpass, der sämtliche verbauten Materialien auflistet und den wir sichtbar an deren Außenwänden befestigen werden. Ein gelungenes Beispiel für eine solche Nachnutzung ist der Schweizer Pavillon der EXPO 2000 von Architekt Peter Zumthor, aus dessen Holz unter anderem der Globe of Science and Innovation am CERN entstand. Aber nicht nur auf einer baulichen Ebene gilt es, das Verhältnis von Mensch und Natur zu überdenken. Die folgenden Projekte widmen sich genau dem.
befruchten müssen. Städte wie Marrakesch und Wolgograd sind praktisch Wüstengebiete. Hongkong, Barcelona, Abu Dhabi, Los Angeles, Neapel und viele andere entsalzen Meerwasser in immer größeren Mengen und versuchen verzweifelt, mit der ständigen Einwanderungswelle aus trockenen Gebieten Schritt zu halten. Der Colorado River ist nur noch ein Rinnsal. In Paris gab es dieses Jahr 32 Tage mit über 40 Grad Celsius. Zentralindien ist de facto unbewohnbar. Zum ersten Mal in der modernen Geschichte verschwinden Länder nicht aus kriegerischen oder politischen Gründen von der Karte: Kiribati, die Malediven und Vanuatu. All das und mehr. Dabei wäre eine radikale Umstrukturierung der Wirtschaft und Gesellschaft auch ökonomisch sinnvoll gewesen, da der wirtschaftliche Schaden heute ein
Materialpass Alle Module sind zu 100 Prozent nachnutzbar und verfügen über einen Materialpass. Das heißt, sie können nicht nur als Ganzes an anderer Stelle genauso genutzt werden, sondern sind auch so designt, dass sie in ihre einzelnen Rohstoffe zerlegt werden können, die alle danach noch nutzbar sind, also nicht durch Ab- und Wiederaufbau beschädigt/zerstört werden.
Vielfaches von dem ist, was damals an Anpassungen nötig gewesen wäre (UN-Report 2051). Und der Grund, weshalb wir uns unser damaliges Versagen nicht vergeben können, ist, dass wir all dies bereits wussten.
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Flagship-Projekt
Wenn wir Klimaschutz ernst meinen, dann braucht es in Zukunft nicht intelligentere und sauberere Autos, sondern schlicht weniger. In Städten lässt sich dieser Trend seit Längerem beobachten. Doch was passiert mit all dem freiwerdenden Raum, wenn Autos zunehmend aus einem Stadtbild verschwinden, das sie jahrzehntelang dominiert haben? Unser Projekt Los! ist der Versuch, baulich-experimentelle Antworten auf diese Frage zu finden. Dafür transformieren wir die Autohochbrücke am Raschplatz durch temporäre Interventionen radikal und erobern den Raum durch Kultur nachhaltig zurück. Der Raschplatz ist der Hinterausgang des Hauptbahnhofs: ein teilweise tiefergelegter Ort mit Casinos, Diskos, günstigen Hotels, Parkhäusern und ein Ort für Obdachlose und Suchtkranke. Mit seinen vielen Ebenen und sozialen Gruppen steht der Raschplatz sinnbildlich für ein Europa der Unterschiedlichkeit und des friedlichen Miteinanders.
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Die gleichnamige Hochbrücke, auf der der mehrspurige Cityring-Verkehr vorbeirauscht, steht sinnbildlich für die überholte Vision eines autozentrierten Urbanismus. Für 2025 sperren wir die Hochbrücke für den Verkehr, begrünen sie und verbinden sie durch eine spektakuläre Brücke mit dem Hauptbahnhof. Dadurch entsteht ein völlig neuer öffentlicher Ort. Und genau hier geht Hannovers Kulturhauptstadt Los! In der Mitte der Hochbrücke errichten wir ein temporäres Landschloss aus alten VW-Bussen. Es beherbergt das offizielle Informationsbüro, eine große Haltestelle für unsere Shuttles sowie die Dauerausstellung »Was nun?«, die unseren Umgang mit Ressourcen, Klima und Natur hinterfragt. Im Info-Büro können sich Besucher*innen ein maßgeschneidertes Kulturprogramm erstellen lassen – je nach persönlichen Interessen und Mobilität. Auch ankommende Künstler*innen werden hier in Empfang genommen und bekommen ihre Willkommenspakete überreicht. In den Betrieb des Info-Büros wird das Publikum vor Ort zusammen mit unterschiedlichsten gemeinnützigen Initiativen einbezogen. Sie sollen nicht verdrängt, sondern Teil der Kulturhauptstadt werden.
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28 Das Kollektiv Yes Die einzigen Verkehrsmittel, die auf
we camp! wurde 2013 aus Anlass der Kulturhauptstadt Marseille-Provence gegründet, um dort ein inoffizielles Künstlerdorf für Kulturhauptstadtflüchtlinge zu errichten. In den darauffolgenden Jahren wurde es für Projekte wie »Les Grands Voisins« berühmt, als es ein leerstehendes Pariser Krankenhaus für Geflüchtete, Künstler*innen und Obdachlose umnutzte. 2035 machte das Kollektiv weltweit Schlagzeilen, als es ein leerstehendes Hochhaus der Deutschen Bank in Frankfurt besetzte, nachdem diese im Zuge der Finanzkrise von 2034 Insolvenz anmelden musste. Neben zahlreichen Sozialwohnungen entstand dort auch ein Kinderfreizeitpark, mit der längsten Indoor-Rutsche Europas (Céline 2037).
der begrünten Brücke halten dürfen, sind unsere Cityringshuttles: Solarbusse und Pferdedroschken bringen von hier aus Besucher*innen zu Veranstaltungsorten in der ganzen Stadt und Region. Die zentrale Haltestelle wird vom Künstler Martin Kaltwasser entwickelt, der sich in seinem Werk mit der Transformation unserer antiquierten Mobilitätskonzepte auseinandersetzt. Nicht weit entfernt von all dem befindet sich auf einem leerstehenden Parkhausdeck das Hotel Europa. Es besteht aus vielen kleinen Zimmern, die komplett unterschiedlich gestaltet sind: Buden, Hütten, Lauben, Kisten, Zirkuszelte oder bewohnbare Raummodule. Diese Cabins dienen unseren internationalen Besucher*innen als poetische, kostengünstige Übernachtungsräume über den Dächern der Stadt. Für die Bauten, die zu 100 Prozent nachnutzbar sein müssen, wird das französische Architekturkollektiv Yes we camp!28 verantwortlich sein und gemeinsam mit dem Bund Deutscher Architekten Hannover einen internationalen Design-Wettbewerb organisieren. Ebenso wie das Info-Büro wird auch der Hotelbetrieb von den gemeinnützigen Initiativen, die sich um den Raschplatz kümmern, organisiert.
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Der Raschplatz ist faktisch das »Wohnzimmer« vieler Menschen, die über keine eigene Wohnung verfügen. Hier befinden sich verschiedene Hilfsangebote auf die die Menschen angewiesen sind. Wir wollen diese Menschen nicht verdrängen, sondern sie sollen Teil der Kulturhauptstadt werden. Uns geht es um eine friedliche Ko-Existenz der Menschen vor Ort, der Kulturhauptstadt-Besucher*innen und der lokalen Bevölkerung, aber auch darum, die Menschen einzubeziehen. Gerade Menschen am Rande der Gesellschaft sind auf Teilhabe angewiesen. Es ist uns besonders wichtig, nicht nur die obere Ebene des Raschplatzes zu bespielen und einen Blick nach unten zu ermöglichen, sondern auch den unteren Platz mit seinen dunklen Winkeln und Ecken bewusst miteinzubeziehen. Deshalb wird das Projekt Los! zusammen mit allen sozialen Akteur*innen vor Ort entwickelt.
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Zugesagte Partner*innen: Martin Kaltwasser, 100land Landschaftsarchitektur – Thilo Folkerts, Bund Deutscher Architekten Hannover e.V. (BDA), Step – Paritätische Gesellschaft für Sozialtherapie und Pädagogik mbH, Herrenhäuser Gärten, hanova WOHNEN GmbH, Sparkasse Hannover, Hannover Region Grundstücksverwaltung (HRG), Architektenkammer Niedersachsen KdöR, Drewes & Speth GmbH, raumlabor berlin, Asphalt – gemeinnützige Verlags-und Vertriebsgesellschaft mbH, Diakonisches Werk Hannover gGmbH, Zentrale Beratungsstelle Niedersachsen (Diakonisches Werk evangelischer Kirchen in Niedersachsen e. V.), Kontaktladen Mecki (Diakonisches Werk Hannover gGmbH), Kompass (Diakonisches Werk Hannover gGmbH), Neues Land e.V. Drogenberatungsstelle, SeWo – Selbsthilfe für Wohnungslose e. V., Werkheim e.V. – Hilfen für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten, Yes We Camp! Weitere Partner*innen: Kino am Raschplatz, CinemaxX Entertainment GmbH & Co. KG, Spielbanken Hannover, Nachtclubs am Raschplatz, Gastronomie vor Ort & weitere Mieter*innen
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Reclaiming Mittelland Flagship-Projekt
Was sind das für Geräusche am sonst so ruhigen Ufer, wo Leine und Ihme aufeinandertreffen? Dort, wo Hannoveraner*innen abends am Strand entspannen, braut sich etwas zusammen: Dutzende kleine, merkwürdige Boote treffen ein. Schwimmende Werkstätten, Labors und Plantagen, eine Bäckerei als Tretboot, eine Insektenarche, ein Floß aus Müll von Kreuzfahrtschiffen. Sie strömen aus allen Ecken Europas herbei. Und sie sind hier, um sich zusammenzuschließen, um eine Insel zu bilden.
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Unser Projekt Reclaiming Mittelland bringt Kunst und Kultur aufs Wasser! Dafür holen wir die spannendsten Kultur-Boote Europas nach Hannover: Von schwimmenden Jugendzentren, Galerien, Bibliotheken und Museen, über Radiostationen und Gärten auf Flößen zu den wildesten Projekten von Einzelkünstler*innen und Freaks. Wir laden 25 europäische 29 Ich wunderte mich, Städte ein, ihre Bootprojekte zu dass Hannover eine entsenden, um hier eine schwimHansestadt sein soll- mende Kulturzone entstehen zu te, las dann, dass lassen. Hierbei kooperieren wir die Stadt 2019 dem mit dem europäischen Netzwerk Hanse-Netzwerk (Neue Neue Hanse.29 Hanse) beigetreten war (König 2019).
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Logistisch ist das kein Problem: Hannover ist durch Leine, Ihme und Mittellandkanal an die Europäischen Wasserwege angeschlossen: Niederlande, Schweden, Tschechien, Polen. Selbst aus Griechenland könnten Boote kommen. Ihre Anreisen werden auf Instagram dokumentiert und wecken so Neugier auf Hannover 2025.
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Das Projekt hat aber noch einen zweiten Teil. Wir lassen aus Abfällen von Industriebetrieben am Mittellandkanal neue schwimmende Kulturplattformen entstehen. In Zeiten schrumpfender Ressourcen und vermüllter Meere entsteht so ein kreatives Versuchslabor für eine regionale zirkuläre Ökonomie. Für den Bau der Plattformen schreiben wir einen Wettbewerb aus. Die Aufgabe: Plattformen für Orte in Europa entwerfen, denen etwas fehlt: eine Bäckerei, ein Gefühl der Freiheit, ein Spielplatz, eine Rettungsinsel. Im Sommer 2025 werden die Gewinner*innen nach Hannover eingeladen, um ihre Projekte umzusetzen. Material und Werkzeug stellen wir zur Verfügung, ebenso ingenieurfachliche Unterstützung, Unterkunft und Verpflegung. Als »Werft« kann ein stillgelegter Teil der Ernst-August-Schleuse an der Leine genutzt werden. Dieser verkehrsbefreite Arm des Flusses ist nur wenige hundert Meter vom Leinespitz entfernt, wo die andere schwimmende Kulturzone treiben wird. Nach 2025 werden die Bauten an ihren Bestimmungsort in Europa geschleppt.
Zugesagte Partner*innen: Joy Lohmann, Laurie Peake Weitere Partner*innen: Marciej Markovitz, Manfred Lauschke, Städtebund Die Hanse
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Hannover Πολιτιστική πρωτεύουσα της Ευρώπης 2025
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Mini-Elphi Die Elbphilharmonie ist natürlich beeindruckend. Aber nichts für ungut, Hamburg: Das hätte man auch einfacher haben können. Statt einen Gebäudeklotz für 866 Millionen Euro zu errichten, bauen wir mit unserer Mini-Elphi einen mobilen Konzertsaal, der in zweifacher Hinsicht eine Antithese zur »echten« Elbphilharmonie ist. Zum einen, weil er kostengünstig zu produzieren ist und 100 Prozent der verbauten Materialien (wie auch bei den Modulen der Mobilen Agora) nachgenutzt werden können. Trotz dieses baulichen Minimalismus bietet er eine exzellente Akustik für alle Formen von nicht-verstärkter Musik: von Kammermusik, über Singer-Songwriter und Musik nicht-westlicher Kulturen. So schaffen wir auf engstem Raum intensive Musikerlebnisse. Zum anderen ist das Projekt partizipativ angelegt. Das beginnt bereits damit, dass wir die Mini-Elphi nicht einfach in der ohnehin kulturreichen Innenstadt parken, sondern an Zugesagte Partner*innen: Orchester im Treppenhaus Weitere Partner*innen: Ensembles der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
Hotspots und Lost Places in der ganzen Region reisen lassen. Jeden Monat hält sie sich dabei in einem anderen Spotlight auf, ist also wie ein Satellit unserer Mobilen Agora. Die zwölf Orte, an denen sie Halt macht, können Bürger*innen der Region vorschlagen. Dafür richten wir 2024 einen Fotografie-Wettbewerb aus, zu dem jede*r ein Foto mit einem Vorschlag für einen Standort der Mini-Elphi einsenden kann. Partizipativ ist auch das musikalische Programm. Denn wir laden nicht nur Top-Ensembles aus ganz Europa ein, sondern lassen es außerdem von Bürger*innen kuratieren und sie so ihre eigenen Musikveranstaltungen umsetzen. Von Kinderchören bis zu kurdischen Blaskapellen – die Mini-Elphi soll möglichst allen gehören.
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Natur-Theater
Im Süden Hannovers befindet sich das ehemalige Expo-Gelände. Hier wurde 2000 unter dem Motto »Mensch, Natur, Technik – eine neue Welt entsteht« versucht, die Weltausstellung von der Nachhaltigkeit her zu denken. Damals vorbildlich mit dem Ansatz der Nachhaltigkeit, muss dies heute zum großen Teil als gescheitert gelten. Der Deutsche Pavillon ist das beste Beispiel für die ökologische Ignoranz eines lernresistenten Jahrhunderts: Errichtet für mehrere Millionen DM diente er 153 Tage als Ort des Spektakels und steht nun seit 20 Jahren leer; denn aufgrund seiner speziellen Konstruktion ist er nicht für eine Nachnutzung geeignet. Wo, wenn nicht hier, muss das Verhältnis von Mensch, Natur, Technik neu gedacht werden?
Ob verwunschener Wald, stillgelegter Bergstollen oder verlassene Ruinen: Hannovers Region ist voller spannender Orte, die vom Leben des Menschen in und mit der Natur erzählen. Mit Natur-Theater fragen wir nach dem Verhältnis von Mensch und Natur. Hierfür entwickelt der Regisseur Stefan Kaegi vom Kollektiv Rimini Protokoll mit bildenden Künstler*innen aus der Region sowie europäischen Performer*innen wie Janet Cardiff, Massimo Furlan, Lotte van den Berg, Kollektiv Anna Kpok und Alper Aydin Interventionen für sechs Orte.
Hierfür wenden wir den Blick weg von Europa auf unsere Partnerstadt Hiroshima. Während der Edo-Periode (1603– 1867/68) experimentierte Japan 250 Jahre lang erfolgreich damit, ohne Energie und Ressourcen von außen zu wirtschaften. Es gelang nicht nur, eine hohe Bevölkerungsdichte zu etablieren, Waldfläche zu vergrößern und den Boden fruchtbarer zu machen, sondern auch eine Kultur zu entwickeln, die heute als typisch japanisch gilt. Sushi, Tatami-Matten, Kimono und Papierwände – diese kulturelle Vielfalt entstand letztlich aus einem intelligenten Umgang mit Ressourcen. Die Ergebnisse dieser Arbeit können im Edo-Camp im Deutschen Pavillon erlebt werden; als Lectures, Videos, Performances, aber auch in sinnlicher Form wie zum Beispiel neuen Hotel- oder Restaurantkonzepten. Dort können die Besucher*innen Reduktion nicht nur als Weniger und Begrenzung, sondern auch als Mehr und Möglichkeit erleben. Das Camp läuft einen Monat, die 30 Seit 2041 beAufenthaltsdauer ist frei wählbar. herbergen der eheAbschließend wird ein partizipa- malige Deutsche tiver Kongress unter der Leitung Pavillon und das von Metis Art aus dem Vereinigten umliegende Areal das Königreich inszeniert, der einen »Ecovillage Nr. 3« zusammenfassenden Ausblick bie- – ein nachhaltiges, soziales Stadttet.30
quartier, in dem etwa 5.000 Menschen leben.
Zugesagte Partner*innen: Tokyo Goethe-Institut Japan, Christian Tschirner, Makiko Yamaguchi, Toshiki Okada, Akira Takayama/Port B, Dominic Huber, Sven-Julien Kanclerski, Dieter Froehlich, Marlene Bart, FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit, Europa-Universität Flensburg, The Japan Foundation Weitere Partner*innen: Deutsch-JapanischeGesellschaft Hannover e. V., Deutsch-JapanischerFreundschaftskreis Hannover Hiroshima-Yukokai e. V., Metis Art, Institut für Freiraumentwicklung der Leibniz Universität Hannover, Hannover University of Applied Sciences and Arts
Alle Interventionen am jeweiligen Ort liegen nah beieinander und werden so koordiniert, dass sie gemeinsam einen Tag füllen. Das heißt, sie beginnen am Vormittag und enden am Abend. Das Publikum ist eingeladen, frei umherzustreifen und die Installationen und Performances zu erleben – von einer Lichtung voller Tänzer*innen bis zu sprechenden Bäumen. Dieser inszenierte Tag in der Natur ist beliebig oft wiederholbar. An passenden Orten mangelt es nicht. Mitten im Hemminger Wald steht das verfallene Mausoleum von Carl von Alten, das 1842 erbaut wurde, heute aber nur noch eine überwucherte Ruine ist. In Barsinghausen gibt es wiederum einen stillgelegten Klosterstollen aus der Bergbauära mit einem Ensemble aus Zechensaal, Museum, Halde und Park. Und in Poggenhagen gibt es ein Waldstück an einem dunklen See. Zugesagte Partner*innen: Stefan Kaegi/Rimini Protokoll, Verein KulturGutPoggenhagen, Region Hannover Weitere Partner*innen: Janet Cardiff, Massimo Furlan, Lotte van den Berg, Kollektiv Anna Kpok, Alper Aydın
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ist bewusst vage gehalten. Wie aus Pferderasse der E-Mails hervorgeht, Hannoveraner wurde gingen die Meinungen gezüchtet, um dem im Team bezüglich der hiesigen Königshaus Niedersachsens Wappentier ist ein »Befreiung der Pferd. In Niedersachsen gibt es so zu Prestige zu verPferdestatue« sehr helfen, und wurde zu viele Pferde wie nirgendwo anders auseinander. Während einer der am meisten und der Hannoveraner ist welteinige nur für eine manipulierten weit die am stärksten vertretene Verhüllung von Ernst Pferderasse der Welt. Pferderasse.31 In diesem Projekt In Niedersachsen August plädierten, wollten andere »den übergeben wir ihnen die Landes- befindet sich heute Dude einfach runternoch die weltweit hauptstadt! Eine längst überfällifl exen«. Ist ja kein größte Zucht von ge Geste. Denn über Jahrhunderte Geheimnis, dass das Hannoveranern (Bolamussten Pferde dem Menschen dieein reaktionärer und nen. Pferde im Krieg, Pferde unter ño 2035). unbeliebter HerrKönigen, Pferde vor Kutschen, Pferde auf der Rennbahn, auf scher war, der 1837 dem Markt und in der Wurst. Wir wollen unser Verständnis Hannovers erste des Lebens mit Tieren in Frage stellen und am Beispiel der liberale Verfassung aufgehoben und die Pferde neue Kulturen des Zusammenseins entwickeln. sieben Göttinger Gelehrten, die diesen Schritt kritisierten, des Landes verwiesen hat. Der Typ kann also weg; gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Black Lives Matter-Diskussionen um das Niederreißen von Statuen von Unterdrückern (dok_ em_2006).
Flagship-Projekt
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Als symbolische Geste wird gleich zu Beginn des Kulturhauptstadtjahres die Statue des Hannoveraners vor dem Hauptbahnhof von seinem zweifelhaften Reiter befreit: Herrscher Ernst August (1771–1851).32 Das ist jedoch erst der Anfang: Pferde sollen den ganzen Sommer über im Stadtraum präsent sein. Grünflächen in der Innenstadt werden zu Weideflächen umfunktioniert. Und natürlich haben Pferde 2025 grundsätzlich Vorrang im Verkehr. Das versteht sich ja von selbst. All dies wird begleitet von zahlreichen Ausstellungen, Fachtagungen und Theateraufführungen, an denen immer auch Pferde teilnehmen sollen. Am Ihme-Ufer wird zum Beispiel das große Hannoveraner-Konzil stattfinden. Alle Pferde, die teilnehmen wollen, sind eingeladen ihre neue Hauptstadt zu besuchen. Weidegelände befindet sich auf den nahegelegenen Auen unterhalb des
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Ihme-Zentrums. Umgesetzt wird das Konzil vom Théâtre du Centaure aus Marseille, das in seinen Arbeiten das Verhältnis von Tier und Mensch neu auslotet. Bekannt ist es für seine Inszenierung Surgissements, wo ein Reiter öffentliche Räume der Stadt durchsucht, sowie für seinen Beitrag zur ECoC Marseille-Provence 2013, für den es einen riesigen Herdentrieb mit Schafen, Kühen und Schweinen aus der Provence in die Stadt organisierte. Darüber hinaus widmet sich eine Fachtagung der Frage: »Wo geht es hin mit Mensch und Pferd?« Eingeladene Expert*innen sind u.a. Dr. Axel Brockmann (Landstallmeister Landgestüt Celle), Elsa Sinclair (Erfinderin des »Freedom Based Training«), Richard Hinrichs (Institut für Klassische Reiterei Hannover), Kenzie Dysli (Dresseurin von »Ostwind«) und Dr. Anja Schwanhäußer (Pferde-Ethnologin). Auch hier sitzen – natürlich – Pferde im Publikum.
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Zugesagte Partner*innen: Dr. Axel Brockmann (Niedersächsisches Landesgestüt Celle), Théâtre du Centaure (Camille & Manolo), Richard Hinrichs (Institut für Klassische Reiterei e. V.), Dr. Anja Schwanhäußer Weitere Partner*innen: Reiterstaffel der Polizeidirektion Hannover, Sandra Diaz de Cunha, Elsa Sinclair, Willem de Rooij, alle Pferdebesitzer*innen und Hannoveraner, Kenzie Dysli
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Die Mergelgrube – ein postindustrieller Garten Flagship-Projekt
Hannover ist eine Stadt der Gärten. Jeder davon ist Ausdruck einer historischen Vorstellung von beherrschter Natur: Vom barocken Großen Garten von 1674, dem Hinüberschen Garten des 18. Jahrhunderts und dem klassischen Georgengarten aus dem 19. Jahrhundert über den Hermann-Löns-Park als Idealisierung norddeutscher Landschaft durch das NSRegime bis zum Stadtpark als Ort der ersten Bundesgartenschau in der jungen Bundesrepublik und zu den »Gärten im Wandel« auf dem Expo-Gelände. In diesem Projekt widmen wir uns einer etwas anderen Anlage, die in keiner Tourismusbroschüre vorkommt: der ehemaligen Mergelgrube in Hannover- 33 Mergel ist ein Misburg.33 Sedimentgestein, das ehemals ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Zement war (Oxford 2059).
Hier kann man die Natur ausgelaugt sehen, erschöpft von jahrzehntelangem Gesteinsabbau, der eine surreale Landschaft hinterlassen hat. Nur langsam erobert sich die Natur den Raum zurück. Wir wollen durch künstlerische Eingriffe die Mergelgrube zu einem post-industriellen Garten inszenieren, in dem das grundsätzliche Verhältnis zwischen der Natur und den zerstörerischen Eingriffen des Menschen im Vordergrund steht. Dafür arbeiten wir mit dem Architekturbüro Ecosistema urbano (Madrid), das aus der Sicht der Architektur die ökologische Zukunft der urbanen Land-
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schaft erforscht, dem Künstlerkollektiv Rotor (Brüssel), dessen investigative Arbeiten dem Ursprung unserer menschengemachten Welt auf den Grund gehen, dem Studio uc (Berlin), das 34 Heute befindet sich partizipative Prozesse für versin- dort ein Nahkende Landschaften entwickelt, erholungsgebiet, dem Kollektiv Coloco, dessen sub- dessen ungewöhnliche versive Gartenprojekte weltweit Be- Landschaft zahlreichen europäischen achtung finden, und Gilles Clément Science-Fiction-Fil(Paris), dem Altmeister der moder- men als Kulisse für nen Gartenkunst.34
deren Dreharbeiten diente. Die beiden bekanntesten Beispiele hierfür sind sicherlich »Tage der Sonne« aus dem Jahr 2054, der mit zwei Oskars ausgezeichnet wurde, sowie die »Skrill« von 2043. Trivia zu den Oskars: Bis in die 2030er Jahre wurden die Preise für Schauspieler*innen noch in verschiedenen Gender-Kategorien vergeben, ähnlich wie im Sport. Zum Beispiel: »bester Hauptdarsteller«, »beste Hauptdarstellerin«. Völlig absurd.
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Zugesagte Partner*innen: URBAN CATALYST GmbH, Herrenhäuser Gärten, Planungskollektiv TeleInternetcafe, Atelier Le Balto, Thilo Folkerts, Gartenregion Hannover, Ecosistema Urbano, Architekten- und Künstlerkollektiv Rotor, Gilles Clément, Kollektiv Coloco, Kollektiv Basurama
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Demokratie Unser historisches Vorbild – die antike Agora – kannte keinen Platz für Frauen, Sklaven und Kinder. Dieses zutiefst undemokratische Moment haben wir im ersten Bid Book nur in einer Fußnote erwähnt. Aus dieser ist eine kritische Geisteshaltung erwachsen, die sich wie ein roter Faden durch all unsere Projekte und Arbeitsprozesse zieht. Eine Geisteshaltung, die nicht müde wird zu fragen: Wer wird heute ausgeschlossen? Anders als die Antike verstehen wir Agora nicht als Institution mit festem Ort und fester Uhrzeit. Vielmehr setzt sich unsere Gesellschaft aus vielen kleinen Agoren zusammen. Denn eine lebendige, freiheitliche Demokratie ist mehr als die Summe ihrer Parlamente und Abgeordneten. Sie konstituiert sich nicht nur über den Gang zur Urne, sondern fängt bereits im alltäglichen Miteinander an, im Diskurs bei der Arbeit, in den Medien, in der Kneipe und in unseren Schulen. Dort werden bereits »im Kleinen« jene Fragen verhandelt, die bestenfalls auf den Schreibtischen der Politik landen. Mal bleiben diese Diskussionen in den eigenen vier Wänden, in der Familie. Mal brechen sie aus und bilden Bewegungen – und auf einmal sind da Hunderttausende Menschen, die für den Planeten auf die Straße gehen. Die folgenden Projekte beschäftigen sich mit genau diesen Verhandlungsräumen und ihrer Bedeutung für eine partizipative, egalitäre, demokratische Gesellschaft.35 35 Diese Passagen sind beneidenswert hoffnungsvoll. Aus ihnen spricht noch die Hoffnung darauf, dass sich die liberale Demokratie durchsetzen wird, dass die EU all jene Mitgliedstaaten bändigen wird, die demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien unterwandern. Heute, 30 Jahre später, markiert das bevorstehende Referendum über die Auflösung der EU und ihre Ersetzung durch eine »Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Plus« einen vorläufigen Endpunkt dieser Hoffnungen (dok_dk_0707)^.
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Zentren der Macht Flagship-Projekt
Ein Energiekonzern will den Wald vor deiner Tür roden, um Kohle abzubauen. Deine Universität beschließt, mit dem Militär für »zivile Zwecke« zusammenzuarbeiten. Eine RatingAgentur stuft die Kreditwürdigkeit deines Landes herab. Es gibt so viele Entscheidungen, auf die wir (fast) keinen Einfluss haben und von denen wir oft nicht wissen, wie sie entstanden sind, obwohl sie Konsequenzen für uns alle haben. Unser Projekt Zentren der Macht widmet sich Verhandlungsräumen, in denen solche Entscheidungen getroffen werden, und macht diese durch künstlerische Interventionen sichtbar. Hierzu laden wir internationale und regionale Künstler*innen ein, jene Orte in Hannover offenzulegen und zu hinterfragen, wo Menschen über das Leben anderer verhandeln. Die Orte und Institutionen ergeben sich aus den Spotlights der Mobilen Agora. Die Künstler*innen werden Formate für die jeweiligen Räume entwickeln, die neue Perspektiven auf deren soziale, politische, ökonomische und emotionale Verantwortung eröffnen – von partizipativen Konzerten über dokumentarische Theaterstücke bis zu postdramatischen Performances. Hier drei plastische Beispiele, die das Ganze illustrieren: Bankhaus: Vier Wochen lang werden die Kollektive kritischer Geograph*innen Orangotango aus Berlin und iconoclasistas aus Buenos Aires im Sitzungssaal einer großen Bank Position beziehen. Mit Blick auf die gesamte Region werden sie einen kritischen Kartierungsprozess wagen und mit dem Publikum eine grafische Übersicht der Einflüsse der Banken auf unseren Alltag in Stadt und Region erstellen. Die entstehende Karte wird öffentlich einsehbar sein. Ausländerbehörde: In dieser Behörde werden existentielle Einzelfallentscheidungen über Aufenthaltstitel und Ausweisungen beschlossen, bei denen es oftmals einen Ermessensspielraum gibt. Die brasilianische Performancegruppe E Quem é Gosta? reflektiert hier in einem interaktiven Format über Privilegien und Ausschlüsse. Aus den intersektionalen Perspektiven der sich selbst als »schwarz, queer, behindert und dick*fett« beschreibenden Mitglieder der Gruppe entstehen provokante, aber auch charmante Konfrontationen mit dem Publikum.
Neues Rathaus: Die Choreografinnen mit Behinderungen Claire Cunningham aus England und Manri Kim aus Japan werden hier eine Arbeit zu Fragen der Selbstbestimmung entwickeln. Sie wollen Strukturen der Ausgrenzung durch persönliche Erfahrungen auf den Grund gehen. Dazu werden sie choreografische Interventionen im Büro der Beauftragten für Menschen mit Behinderung zeigen; denkbar sind auch Performances bei den Interessenvertretungen der Werkstätten oder dem inklusiven Café Anna Blume. Weitere Projekte der Reihe: Supermarkt: Auch ein Supermarkt ist ein Ort permanenter Verhandlung: Was kaufe ich? Wen unterstütze ich damit? Rugilė Barzdžiukaitė, Vaiva Grainytė und Lina Lapelytė aus Litauen werden ein Informationskonzert zum Thema Ausbeutung und Solidarität erarbeiten. Gericht: Der südafrikanische Choreograf Boyzie Cekwana und die tunesische Poetry-Slammerin Mira Hamdi führen im Gerichtssaal sprachliche und körperliche Verhandlungen zu Fragen von Gerechtigkeit auf. Orte der politischen Debatte: Die Gruppe Frl. Wunder AG wird mit den hannoverschen Bürger*innen eine der ersten parlamentarischen Debatten in Niedersachsen nach dem Zweiten Weltkrieg originalgetreu rekonstruieren. Außerdem werden der niederländische Künstler Jonas Staal und LobbyControl sich kritisch mit Einflüssen von Lobbyist*innen auf politische Entscheidungen in Deutschland und der EU auseinandersetzen.
Zugesagte Partner*innen: Internationales Festival Theaterformen, kollektiv orangotango, iconoclasistas, Peng! e. V., Beauftragte für Menschen mit Behinderung der Landeshauptstadt Hannover, Kestner Gesellschaft e. V., Frl. Wunder AG, Außen-GbR PlanBude, ConstructLab, Ulrike Willberg: AWP Agentur für Weltverbesserungspläne, Markus&Markus Weitere Partner*innen: E �uem é Gosta?, Alexandra Pirici, Claire Cunningham, Manri Kim, Rugilė Barzdžiukaitė, Vaiva Grainytė, Lina Lapelytė, Boyzie Cekwana, Mira Hamdi, Jonas Staal, Lobbycontrol – Initiative für Transparenz und Demokratie e. V., Roger Bernat, Rabih Mroué
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Agora-Theater Die antike Agora war kaputt. Sie war kaputt, weil sie einen Großteil der Bevölkerung aktiv ausschloss: Frauen, Kinder und Sklaven. Niemand hat diese Menschen danach gefragt, in welcher Gesellschaft sie leben wollen. Und auch wenn wir heute formal alle dieselben bürgerlichen Rechte besitzen, heißt das noch lange nicht, dass wir alle dieselbe Teilhabe an der Gesellschaft genießen. Hieran knüpft unser Projekt Agora-Theater an, indem es sich unterschiedlichen Aspekten von Ausgrenzung widmet. Jeden Monat soll dafür ein großangelegtes Theaterstück oder eine Performance in der Mobilen Agora präsentiert werden, um darüber zu reflektieren, was eine zeitgemäße Agora of Europe sein kann oder gar muss. Dafür stellen wir Menschen mit geringer Selbstwirksamkeit ins Rampenlicht; also Personen, die sonst ausgeschlossen oder wenig beachtet werden. Für die Umsetzung laden wir zwölf europäische Künstler*innen aus dem jeweiligen Spotlight ein, die Erfahrung in der Arbeit mit Laienschauspieler*innen haben. Sie werden mit Bürger*innen der Stadt und Region deren Themen und Fragen künstlerisch umsetzen. Hier drei Beispiele für bereits zugesagte Aufführungen: Chor der Vielen: Die polnische Regisseurin Marta Górnicka wird ein Chorstück mit 100 Bewohner*innen umsetzen. Der Chor vereint eine möglichst große Bandbreite an Personen hinsichtlich Größe, Alter, Geschlecht, Mode, Hautfarbe, Beweglichkeit und Körperlichkeit. Sie werden gemeinsam einen Text über eine visionäre Verfassung für Europa in einem multilingualen Chor inszenieren. Die Ideen zum Text werden ab 2023 europaweit von Bürger*innen gesammelt und anschließend von Górnicka zu einem Libretto verarbeitet. Górnicka ist bekannt für ihre chorischen Arbeiten mit Schauspielprofis und -laien. Sie gründete 2009 mit Unterstützung des Warschauer Theaterinstituts den Chorus of Women. Fünf Griechen: Die griechischen Regisseure Anestis Azas und Prodromos Tsinikoris erzählen die Migrationsgeschichten von fünf Menschen, die zu unterschiedlichen Zeiten nach Hannover gekommen sind: Georgios wurde 1944 als Zwangsarbeiter hierher deportiert, um bei Hanomag zu arbeiten. Kostis kam 1960 als »Gastarbeiter« und arbeitete bei Rheinstahl-Hanomag. Ioannis floh 1972 vor der griechischen Militärdiktatur in die DDR, bevor er nach Hannover zog, um bei Hanomag-Henschel zu arbeiten. Konstaninos kam 2010 während der griechischen Staatskrise als Erasmus-Student und fing später bei Komatsu-Hanomag an. Ahmed strandete als Flüchtling auf Lesbos, wurde 2020 nach Deutschland geholt und begann eine Ausbildung bei Komatsu Germany. Tsinikoris und Azas haben die Leitung der Experimentalbühne -1 des Nationaltheaters in Athen inne. Zuletzt inszenierten sie das weltweit tourende Stück Clean City, ein Projekt mit fünf migrantischen Putzfrauen über den politischen Reinigungswahn in Griechenland. Arbeit ohne uns: Der aus Marokko stammende Franzose Taoufiq Izeddiou wird eine Choreographie mit Robotern, Kindern und Jugendlichen zwischen sieben und 15 Jahren aus bildungsfernen Schichten aus Davenstedt und Badenstedt zum Thema »Zukunft der Arbeit« umsetzen. Dabei geht es um
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36 Die ursprüngliche
Beschreibung des Agora-Theaters war um ein Vielfaches ausführlicher; das gilt für fast alle Projekte, die stark verdichtet werden mussten, um nicht den Rahmen zu sprengen. Um eine Vorstellung dieser Verdichtung zu bekommen: Das allererste Bid-BookDokument, das Guse angelegt hatte und in dem die Projektbeschreibungen ungekürzt vorlagen, hatte 1.5 Mio. Zeichen. Die finale Version hätte etwa 250.000 Zeichen gehabt.
die künftigen Herausforderungen aufgrund von zunehmender Digitalität und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Erwerbsarbeit. Izeddiou studierte Architektur, war Boxer und Schauspieler, ehe er seine Leidenschaft für Tanz fand. 2001 gründete er Anania, die erste zeitgenössische Tanzkompanie Marokkos, sowie 2005 das On Marche Festival, das er bis heute leitet. Erst kürzlich eröffnete er Nafass, die erste Hochschule für Choreografie in Marrakesch. Außerdem wird er 2020 die künstlerische Leitung der Dance in Africa Biennale innehaben.36
Weitere Beispiele: Der aus Togo stammende Regisseur Iweala, der sich mit AkOlaudah Iweala teuren der People of Color (PoC) Community in Hannover auf die Spuren des deutschen Kolonialerbes machen wird. Valentina Moroz aus Minsk wird sich mit Opfern und Tätern von häuslicher Gewalt beschäftigen. Oksana Buga und Rusanda Curca aus Chişinău arbeiten mit moldawischen Rentner*innen, die privat zum Arbeiten nach Deutschland kommen, um im Pflegedienst ihre Renten aufzubessern. Die ägyptische Regisseurin Laila Soliman wird sich in das Arbeitsmilieu der Sexarbeiter*innen der Hannover Messe begeben. Die argentinische Regisseurin Lola Arias wird mit Polizist*innen und Demonstrant*innen die bewegten Jahre zwischen Ökoprotest und Chaostagen aufarbeiten. Guy Weizman aus Groningen wird mit Senior*innen aus Wunstorf und Garbsen eine Choreographie aus Erinnerungen an die Nachkriegsjahre Hannovers erarbeiten. Jess Thom alias Touretteshero aus Großbritannien wird mit Menschen mit Behinderung einen Abend präsentieren. Der dänische Regisseur Tue Biering würde mit den oberen ein Prozent Hannovers, den Extrem-Reichen unserer Gesellschaft arbeiten. Zugesagte Partner*innen: Marta Górnicka, Anestis Azas Prodromos Tsinikoris, Taoufiq Izeddiou, Schauspiel Hannover, Cameo Kollektiv e. V., KunstFestSpiele Herrenhausen Weitere Partner*innen: »On Marche« Festival International de danse contemporaine á Marrakech, Olaudah Iweala, Valentina Moroz, Oksana Buga, Rusanda Curca, Laila Soliman, Lola Arias, Guy Weizman, Jess Thom, Tue Biering
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AGGRRRRO!
Art of Noise
Demokratie heißt auch, sich streiten zu können, ohne sich an die Gurgel zu gehen. Wie in jeder Stadt gibt es auch in Hannover zahlreiche kleinere und größere Konflikte zu Fragen wie autofreier Innenstadt, Umbenennung von Straßennamen, Hochbahnsteige auf der Flaniermeile Limmerstraße oder der Bewerbung als Kulturhauptstadt. Das ist an sich nichts Dramatisches. Im Gegenteil. Es ist gut für jede demokratische Stadtgesellschaft, wenn verschiedene Positionen miteinander diskutieren müssen. Unproduktiv und frustrierend wird es erst, wenn sich diese Positionen festgefahren haben. Wenn der Eindruck entsteht: Nichts geht mehr. Was wiederum oft dazu führt, dass man dem*der anderen nicht mehr zuhört. Für genau solche Situationen wollen wir in unserem Projekt AGGRRRRO! Streitlösungsmethoden aus unterschiedlichen Kulturkreisen sammeln und in Workshops vermitteln. Dafür suchen wir nach Vorbildern aus anderen Kulturen der Welt, die Formate oder Rituale gefunden haben, um soziale Konflikte auszutragen, bei denen es sich letztlich auch um Verhandlungsmethoden handelt. Ein Beispiel: In den Dörfern Mallorcas gibt es die Tradition, Konflikte einmal im Jahr in einem Kreis auf dem Dorfplatz offen auszutragen. Ankläger*in und Beschuldigte*r treten abwechselnd in den Kreis und artikulieren ihre Bedürfnisse. Die Redebeiträge werden begleitet von Trommeln und Gesang. Auch die Redebeiträge werden in einer Art Sprechgesang gesungen. So wird jeder Konflikt in einen musikalischen Rahmen gesetzt, der durch die feste Form nicht eskalieren kann und beiden Parteien in einem geschützten Raum die Möglichkeit gibt, die Konfrontation auszutragen. Ab 2024 entwickeln zwei europäische Musiker*innen gemeinsam mit Menschen aus den jeweiligen Kulturkreisen sowie einem Konflikttherapeuten vom Winnicott Institut in Hannover das Workshop-Programm für 2025. Die Workshops werden im Kulturhauptstadtjahr dann regelmäßig Gruppen aus Firmen, Familien, Parteien, Kindergärten oder Vereinen angeboten. Sie werden in der Mobilen Agora stattfinden.
»Den ganzen Tag ist es laut hier!« An Hannovers vielspurigem Cityring gibt es mehrere Wohnblocks. Umgeben von nie endendem Straßenlärm, leben deren Bewohner*innen an diesem rauschenden Fluss aus Autos, im Zentrum der Stadt, nur ein paar Meter von teuren, ruhigen Wohnvierteln entfernt. Welche Strategien haben sie entwickelt, sich in dieser prekären Wohnsituation einzurichten? Wie erobern sie sich ihren Raum gegen den Lärm?
Zugesagte Partner*innen: Mazda Adlii Weitere Partner*innen: Winnicott-Institut Hannover zur Förderung der Psychoanalyse bei Kindern und Jugendlichen e. V., ein*e Therapeut*in aus Hannover
Unser Projekt Art of Noise widmet sich eben diesen Lebenswelten an vielbefahrenen Straßen. Hierfür werden Anwohner*innen am Cityring gemeinsam mit der belgischen Künstlerin Anna Rispoli (Mitglied des Kollektivs Zimmerfrei, Mailand) nach künstlerischen Ausdrucksformen für das Leben im Lärm finden.
Zugesagte Partner*innen: Anna Rispoli (Kollektiv ZimmerFrei)
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Black Boxes
Schwerpunkt:
Human Rights Wir müssen uns an unseren eigenen Ansprüchen messen. Wenn Europa also Länder wie Russland, Saudi-Arabien oder China für ihren Umgang mit Minderheiten verurteilt, wenn wir weltweit für Gender Equality, Anti-Rassismus, LGBTIQ+-Rechte und Menschlichkeit stehen wollen, dann darf Europa nicht vergessen, auch vor der eigenen Tür zu kehren. Dann müssen wir uns fragen, wie es sein kann, dass Menschen, die andere vor dem Ertrinken retten, zu Verbrecher*innen erklärt werden? Wie kann es sein, dass in Polen über 90 Städte sich stolz als »LGBTIQ+-freie Zone« bezeichnen? Dass in Bulgarien und Malta Journalist*innen um ihr Leben fürchten müssen? Dass Deutschland nur 50 Flüchtlingskinder aus Lesbos aufnimmt, gleichzeitig aber Zehntausende Erntehelfer aus Ost-Europa während einer Pandemie in voll besetzte Flieger setzt, um unseren Billig- 37 Dieser Abschnitt Spargel zu retten?37 wurde später fast im Unsere Projekte, die sich diesen Themen widmen, sind – das ist uns allzu klar – nur ein Tropfen auf den
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selben Wortlaut in das »Corona-Manifest« übernommen (dok_dk_0707).
Es muss über Nacht passiert sein, denn niemand hat es gesehen: Ein orangefarbener Würfel ist in Hannover plötzlich vom Himmel gefallen. Mitten in die Stadt. Es ist die Black Box des Flugzeugs »Europa2025«. Auf ihrem Voice Recorder sind Ereignisse aus europäischen Ländern abgespeichert, die Aufschluss über den Absturz des Flugzeugs »Europa« geben. Black Box ist eine mobile, immersive Rauminstallation. Sie wandert mit der Mobilen Agora mit, befindet sich also jeden Monat an einem anderen Ort in der Region. Wer sie betritt, wird in ein europäisches Land des jeweiligen Spotlights versetzt und erlebt einen intensiven Moment, in dem eine europäische Idee abgestürzt ist. Man durchlebt zum Beispiel die Geschichte einer ungarischen transsexuellen Frau, die in einer Punkband spielt, nach einem Konzert brutal zusammengeschlagen wird, sich aber aufgrund ihres Genders nicht bei der Polizei melden kann. Oder man erfährt die Geschichte eines Jugendlichen in einem Flüchtlingscamp auf Lesbos, der seinen Glauben an den europäischen Traum verliert. Du betrittst die Black Box allein, mit verbundenen Augen. Eine Stimme erzählt dir über Kopfhörer die Geschichte. Zwei Performer*innen nehmen dich an die Hand, lassen dich Dinge fühlen, riechen, die in der erlebten Handlung vorkommen. Sie werden zu Akteur*innen der Geschichte, die in deinem Kopf entsteht. Die Sounds, Gerüche und die Gegenstände, die du berührst, bringen dich in mal verwirrende, mal beängstigende, mal berauschende Situationen. Die europäischen Widersprüche, aber auch der Spirit, der das Flugzeug »Europa2025« in der Luft hält, sind intensiv erlebbar. Zugesagte Partner*innen: Theaterkollektiv krügerXweiss
heißen Stein. Dennoch sind wir davon überzeugt, dass die langfristigen Lösungen dieser Probleme nicht auf politischer Ebene ihren Anfang finden werden, sondern auf kultureller, auf gesellschaftlicher. Dem wollen wir Raum geben.
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Coming-out Queere Jugendliche sind in ganz Europa massiver Diskriminierung ausgesetzt. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Jugendinstituts erfahren über 50 Prozent in der Schule Beschimpfungen, rund 10 Prozent erleben sogar körperliche Gewalt. Auch die Familien reagieren viel zu oft negativ. Das führt unter anderem dazu, dass sie eine vier- bis fünffach erhöhte Selbsttötungsneigung haben. In unserem Projekt Coming-out wollen wir uns diesen sensiblen Themen vorsichtig nähern, indem wir jungen queeren Personen einen geschützten künstlerischen Rahmen geben, um sich und ihrer Identität Ausdruck zu verschaffen. Dafür arbeiten wir mit Hannovers 38 Alison Bechdel queerem Jugendzentrum sowie (*1960) wurde mit dem Comiczeichner Ralf Kö- bekannt mit dem nig zusammen. König wurde 1987 Comicstrip »Dykes To mit seinem Comic »Der beweg- Watch Out For« von te Mann« weltberühmt, in dem er 1983 bis 2008, der sein öffentliches Coming-out hat- eine der ersten te. Heute gilt er als eine*r der wich- Repräsentationen von tigsten Chronist*innen der deut- Lesben in der Popkultur war. 2044 schen LGBTIQ+-Bewegung. 2025 wurde ihr als erste*r wird er zusammen mit der US- Comic-Zeichner*in amerikanischen Comic-Zeichnerin der Nobelpreis für Alison Bechdel einen Workshop Literatur verliehen, für queere junge Menschen zu ih- den sie jedoch ablehnte (Nairobi rem Coming-out anbieten.38 Die dabei entstehenden Comics werden 2059). im Museum Wilhelm Busch in einer mehrwöchigen Ausstellung gezeigt. Diese wird begleitet durch ein internationales Symposium zum queeren Aktivismus. 2025 soll außerdem ein Stadtparcours entstehen, um die Geschichte und Gegenwart von LGBTIQ+-Aktivismus in der Stadt freizulegen. Hierfür arbeiten ältere und jüngere queere Hannoveraner*innen zusammen. Für die Entwicklung des Parcours widmen sie sich den Fragen: Wie lässt sich das Erbe der Emanzipationsbewegungen heute jungen Menschen vermitteln? Wie divers waren die Solidaritätsallianzen von damals wirklich und welche Rückschlüsse lassen sich diesbezüglich auf heutige Verbindungen ziehen? Der Stadtparcours wird als mehrsprachiger Audiowalk angeboten sowie optional von den jeweiligen Teilnehmer*innen durchgeführt. Zugesagte Partner*innen: Ralf König, Museum Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst (Wilhelm-Busch-Gesellschaft e. V.), Hannover Events Rädecker GmbH & Co.KG, »�ueerUnity« Hannover – Niedersachsens erstes queeres Jugendzentrum Weitere Partner*innen: Alison Bechdel
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Wind of Change Flagship-Projekt
Wieder ein Boot mehr. Wieder irgendeine Zahl in den Nachrichten: 17, 22, 4, 63. Das Mittelmeer, Europas südliche Grenze, ist in den letzten Jahren das Grab Zehntausender Menschen geworden, die sich aus Afrika aufgemacht haben, um ein besseres Leben zu finden. 39 Und den braucht es »Black Lives Matter« verkündet bis heute. Noch immer derweil das EU-Parlament stolz in verschanzt sich Euro- einer Resolution im Juni 2020. An pa hinter seinen der EU-Grenzpolitik ändert das Mauern. Wir entziehen nichts: Noch immer wird die priuns damit der Verantwortung, Menschen vat organisierte Rettung von ErSchutz zu bieten, die trinkenden behindert, gar krimivor Krisen fliehen, nalisiert. Noch immer duldet man die wir selbst mit- menschenunwürdige Gefängnisse verursacht haben. In in Ländern wie Algerien. unseren aktuellen Es braucht einen Windwechsel, Debatten haben diese Europa.39 Wind of Change ist ein Menschen keinen Platz großes Benefizkonzert in der HDImehr. Zu sehr sind wir mit uns selbst Arena, das gegen neue Mauern nach beschäftigt. Afrika und gegen die Zustände an Allein die Klimaka- den Grenzen der Europäischen tastrophe und Bürger- Union aufsteht. Titelgebend ist der kriege um Rohstoffe Song »Wind of Change« (1989) haben dazu geführt, der hannoverschen Rockband Scordass seit 2050 welt- pions. Er entstand in einer Zeit des weit fast 300 Mio. Umbruchs, kurz vor dem Fall der Menschen ihre Heimat Mauer, und wurde so zur Hymverlassen mussten. Und diejenigen, die ne dieses historischen Ereignisses. es wagen, sich auf Die Hoffnung und Zuversicht jener den Weg nach Europa Zeit wollen wir in diesem Projekt zu machen, werden von auf das Einreißen neuer Mauern in Stacheldraht, Gummi- Europa übertragen. geschossen und schreienden Männern Das Konzert organisieren wir in begrüßt. Zusammenarbeit mit Hannover
Concerts. Klaus Meine, der Sänger der Scorpions‚ der mit seiner Band seit vielen Jahren als musikalischer Brückenbauer weltweit unterwegs ist, wird zusammen mit der beninischen Sängerin Angélique Kidjo eine neue völkerverbindende Hymne vorstellen. Das Konzert, an dem noch weitere Bands teilnehmen, wird per Public Viewing in die ganze Stadt sowie live im Internet übertragen. Mit ihren Auftritten sammeln die Musiker*innen Geld für UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen. Zugesagte Partner*innen: Klaus Meine/ Scorpions, Hannover Concerts GmbH & Co. KG Betriebsgesellschaft, Angélique Kidjo
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Hannover Kulturhauptstadt Europas 2025
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Carry Us Away Manchmal will man einfach nur weg: Zusammen mit der Stadt Hildesheim organisieren wir deshalb eine Tragschrauber-Reise quer durch Europa, die genau das ermöglicht. Es wird eine Geschichte von Menschen, die Grenzen überwinden. Aber auch eine Geschichte des Perspektivwechsels: Man sieht Europa von der Luft aus. Die Wälder Europas, den weiten Horizont. Ein Instagram-Kanal lässt alle daran teilnehmen, wie und wohin geflogen wird. Man kann die Reisenden anschreiben, mit ihnen diskutieren oder nur die Reisevideos bestaunen. Die Reise beginnt zwischen Hildesheim und Hannover und hat zwölf Etappen. Bürger*innen aus beiden Regionen können sich dafür bewerben, die erste Etappe zu fliegen, indem sie in einem kurzen Video beschreiben, wovor sie fliehen. Der Arbeit. Dem Stress. Dem Regen. Der Polizei. Der Familie. Wohin die Reise geht, »erspielen« Hannoveraner*innen und Hildesheimer*innen in einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung mit Glücksrad und Würfel. Hier wird für jede der zwölf Etappen Himmelsrichtung und Flugstrecke ermittelt. Die maximale Flugstrecke eines Tragschraubers liegt pro Tag bei 600 Kilometern. Wird eine eins gewürfelt, reicht die Etappe also maximal 600 Kilometer weit; bei einer sechs bis zu 3.600 Kilometer. Sobald diese Daten feststehen, wird das internationale Vertriebsnetzwerk der AutoGyro GmbH die Strecke im Detail planen und notwendige Korrekturen vornehmen, damit niemand im Atlantik landen muss.
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Beispiel für ein Projekt, das trotz Hannovers Disqualifikation umgesetzt wurde. Trivia: An Bord einer der Reisen des Traghubschraubers befand sich die Autorin Alba Bélen Maci (*1999). Sie stieg in einem Vorort von Valencia hinzu und landete drei Wochen später in Albanien. Überwältigt von der Reise und den Personen, die sie dort kennengelernt hatte, begann sie mit einem Kollektiv aus etwa 20 Personen den Bau eines großen Luftschiffs namens »Nautilus«, das 2029 erstmals abhob. Das Luftschiff konnte mehrere Wochen in der Luft sein und war weitestgehend autark, da dort auch Lebensmittel angepflanzt wurden. Insgesamt reiste die Mannschaft mehrfach um den gesamten Globus. Diese Erfahrungen dienten Maci als Grundlage für ihren späteren Roman »Verdeckt die Sonne« (2033), der zum weltweiten Erfolg wurde.
Dort, wo die Reisenden landen, übergeben sie den Tragschrauber, müssen also Nachfolgende finden. Dafür begeben sie sich auf die Suche nach Geschichten. Sie suchen zum Beispiel die älteste, reichste oder ärmste Person, suchen jemanden, der wegziehen und irgendwo neu anfangen möchte. Dafür finanzieren Hannover und Hildesheim an jedem Ort eine Wohnung für einen Monat sowie die Rückreise bzw. den Umzugswagen. Es wird ein Projekt, das die Frage nach Heimat in Europa in einem spielerischen Licht sieht. Das Ganze ist jedoch nur der Anfang einer engen Zusammenarbeit mit Hildesheim. Bei Titelgewinn werden wir die Grenzen der Metropolregionen aus unseren Köpfen wegradieren und unsere Nachbarn zum essenziellen Bestandteil unserer Agora of Europa machen. 40
Zugesagte Partner*innen: Kulturhauptstadt-Bewerbungsbüro Hildesheim, AutoGyro GmbH
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Arabisches Theatertreffen
Pop-Up Club Europa
Wer hat welchen Zugang zu Europa? Wie steht es um die Frauenemanzipation in der arabischen Welt? Und wie in Deutschland? Wie um die Rechte von queeren Menschen? Was ist aus der Zedernrevolution geworden, aus der Jasminrevolution und was aus der Frauenrevolution im Sudan? Statt eines monolithischen Blicks auf Europa und die arabische Welt wagen wir den Widerspruch, das Fragment, die ästhetische Vielfalt und die Verflechtung! Beim Arabischen Theatertreffen kommen Feminist*innen, Revolutionär*innen, Marginalisierte, Visionär*innen und Kritiker*innen des Theaters zu Wort. In den verschiedenen künstlerischen Handschriften, ästhetischen Ansätzen, Biografien und politischen Perspektiven entsteht beim Arabischen Theatertreffen 2025 eine Agora der Vielen, eine Agora für alle. Die seit 2011 aufgebauten Netzwerke bilden das Fundament für diese herausfordernde Ausgabe des Arabischen Theatertreffens.
*Pop!*Auf einmal ist er da: der Pop-Up Club Europa. Jeden Monat taucht er an einem anderen Ort in Stadt oder Region auf und bietet von Donnerstag bis Samstag erstklassige DJs an ungewöhnlichen Orten – von verlassenen Fabriken bis U-Bahn-Stationen. Die auftretenden DJs kommen sowohl aus Hannover als auch aus unterschiedlichen ECoCs, die im Spotlight des jeweiligen Monats liegen. Dadurch, dass sich ein Pop-Up Club an den Spotlights orientiert, steht er jeden Monat unter einem anderen thematischen Stern.
Zugesagte Partner*innen: Arabisches Theater Institut (Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate), Sharm El Sheikh International Theatre Festival for Youth (Sharm El Sheikh, Ägypten), Journées théâtrales de Carthage (Tunis, Tunesien), Internationales Festival für zeitgenössisches und experimentelles Theater (Kairo, Ägypten) International Festival of University Theatre of Casablanca (Casablanca, Marokko), Théâtre de l’Aquarium (Rabat, Marokko), Gewerkschaft irakischer Künstler*innen (Bagdad, Irak), Association Ah? (Parthenay, France), Kulturzentrum Pavillon (Trägerverein Bürgerinitiative Raschplatz e. V.), theaterwerkstadt hannover e. V.
Ein Beispiel: Wir laden queere DJs aus Plovdiv (2019) ein, um die problematische Lage der LGBTIQ+-Szene in Bulgarien zu thematisieren. Dafür feiert Pop-Up Club Europa ein großes Glitterbox-Event im Kuppelsaal Hannover. Glitterbox ist ein extrem erfolgreiches Partyformat, das vom Studio 54 inspiriert wurde und von Beginn an Drag-Queens als Show Act hatte. Hannovers Szene wird daher aktiv in die Planung 41 Voguing ist ein der Party eingebunden und entwickelt das Format Glitterbox weiter. Tanzstil, der Anfang der 1980er-Jahre in Unsere Glitterbox-Party 2025 wird der Ballroom-Szene eine Voguing-Edition mit Billy der LGBTIQ+ sowie Porter sowie nationalen und interPoC-Kultur in New nationalen queeren Acts.41
York City entstand. Durch die Serie »Pose« wurde der Tanzstil in den 2020er-Jahren wieder populär (Oxford 2059).
Es wird jedoch nicht nur gute Musik bis in den frühen Morgen geben. Auch tagsüber sollen die Räume für Veranstaltungen genutzt werden: Zusammen mit dem hannoverschen Musikproduzenten und DJ Mousse T. werden im Pop-Up Club Europa DJ-Workshops für Jugendliche angeboten. Zugesagte Partner*innen: DJ Mousse T, Pioneer, Hannover Marketing & Tourismus GmbH (HMTG)
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Walk With Me
Mind the Gap
Wir wollen nicht nur großformatige Projekte anbieten, sondern auch viele kleinere, die man allein erleben kann. Eines davon ist unsere Audiotour Walk With Me, die auf krasse Kontraste setzt: Spaziert man zum Beispiel an der Leine entlang, hört man eine künstlerisch-literarische Beschreibung des Evros-Ufers, an dem täglich Geflüchtete versuchen, aus der Türkei nach Griechenland zu gelangen. Vielleicht erfährt man die Geschichte einer Familie auf der Flucht oder vielleicht vom Alltag der Grenzpolizist*innen. Indem wir Orte in Hannover mit Orten aus Europa verbinden, schaffen wir eine intensive Auseinandersetzung mit den Geschichten von dort.
Seit 40 Jahren liegt unter Hannovers Hauptbahnhof eine verlassene U-Bahn-Geisterstation. Eigentlich sollte hier eine zusätzliche Linie halten, doch die Pläne wurden fallengelassen. Zurück blieb eine fast fertige Station mit Gleisbett, Bahnsteigen und Tunneln, die im Nichts enden. Auf den ersten Blick erzeugt sie den Anschein, ein Ort der Bewegung und des Aufbruchs zu sein. Das steht jedoch im krassen Widerspruch zu den zugemauerten Tunneln und der Abwesenheit von Menschen.
Die Audios werden von zwölf europäischen Künstler*innen und/oder Schriftsteller*innen aus den unterschiedlichen Spotlights entwickelt. Die Künstler*innen sammeln Geschichten aus ihrer Heimat und bringen sie assoziativ mit Orten in Hannover in Verbindung. Eingelesen werden die Texte von Sprecher*innen auf Deutsch sowie 42 Kontext: Die Englisch. Angedacht sind zwölf Hörregion ist ein Walks, die man über unsere Agora- interdisziplinäres App abrufen kann (S. 50). Bei der Projekt der Region Umsetzung arbeiten wir mit Ton- Hannover, das alle spuren Stadtlandschaften, die seit lokalen InstitutioJahren Audiowalks in der Region nen zusammenbringt, Hannover entwickeln, sowie mit die sich aus medizinischer, wissender Hörregion Hannover zusamschaftlicher, men, die ihr geballtes Know-how wirtschaftlicher, in den Bereichen Schall, Klang und pädagogischer und Akustik mitbringt.42 kultureller PerspekZugesagte Partner*innen: Hörregion Hannover, Tonspur Stadtlandschaft
tive mit dem Hören beschäftigen. In der Bewerbung Hannovers als »UNESCO City of Music« wurde das Projekt von der Jury als einzigartig gelobt (Benne 2014).
Diese gespenstische Dysfunktionalität sehen wir als symbolischen Denkraum für die Zukunft Europas. Denn wie die Geisterstation scheint auch Europa in vielen Dingen festzustecken. Klimawandel, Migration, Europäische Integration – es bewegt sich nichts, obwohl alle Werkzeuge dafür da wären. Um Europa wieder aus diesen Sackgassen zu holen, braucht es neue, positive Perspektiven. Hierfür wird der Künstler Heiner Goebbels die Geisterstation mit einer multimedialen Rauminstallation bespielen. Bekannt ist Goebbels für seine musiktheatralischen Kompositionen und sinnlichen Installationen aus Text, Bild, Musik, Licht und Bewegung. Für die Installation wird er mit seinem künstlerischen Partner René Liebert zusammenarbeiten und die Geisterstation durch Spiegelungen, Lichteinfälle, Projektionen und Klangskulpturen derart inszenieren, dass man sie mit einem neuen Blick auf Europa verlassen wird. Zugesagte Partner*innen: Üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG, Heiner Goebbels, René Liebert
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Hannover Europeisk kulturhuvudstad 2025
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Die anderen sind wir Die anderen bleiben solange die anderen, bis man sich auf Augenhöhe begegnet. Wir wollen über Fußball solche Begegnungen zwischen jungen Menschen aus der Region Hannover und Europa möglich machen. Dafür bringen wir 100 Jugendliche aus der Region zusammen, die aufgrund ihrer unterschiedlichen soziokulturellen Hintergründe im Alltag nur wenige Schnittmengen haben: von Jugendlichen aus bildungsfernen Familien, über Gymnasiast*innen bis zu unbegleiteten Flüchtlingen. Betreut werden sie von 25 Teamer*innen vom Verein zur Förderung benachteiligter Kinder sowie Student*innen der Sonderpädagogik. Fußball dient als Eisbrecher, um sich gegenseitig kennenzulernen. Dafür organisieren die Teilnehmenden gemeinsam mit dem Fußballmuseum Springe und Hannover 96 ein kleines Soccercourt-Turnier, bei dem die Teams bunt gemischt werden. Anschließend können sie an einem Graffiti-Workshop teilnehmen, in dem sie sich mit Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung künstlerisch auseinandersetzen. Betreut werden die Workshops, in deren Rahmen die Banden der Soccercourts zu den genannten Themen bunt gestaltet werden, von den renommierten Graffiti-Künstlern Jascha Müller und Philipp von Zitzewitz, die bereits Erfahrungen mit partizipativen Jugendprojekten haben.
In der zweiten Phase des Projektes reist die gesamte Gruppe nach Oświęcim (Auschwitz), um dort an einem Friedens-Fußball-Jugendturnier mit polnischen Jugendlichen teilzunehmen. Das Turnier wird von der Stadt Oświęcim organisiert, um spielerisch die europäische Völkerverständigung vorzuleben. Auch hier werden die Teams wieder bunt durchmischt und anschließend in Kunstworkshops zusammenarbeiten. Ein abschließender gemeinsamer Besuch der 43 Die dauerhafte und Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau immer stärkere soll dafür sensibilisieren, dass sie, Präsenz von rechtsnationalen Parteien als die kommende Generation, in Parlamenten hat auch eine Verantwortung für ein »Nie Wieder« tragen.43 nicht zuletzt die
hässlichen Formen des Geschichtsrevisionismus wieder salonfähig gemacht. Umso wichtiger ist es heute, dass unsere Zivilgesellschaft eine kritische Erinnerungskultur bewahrt.
Zugesagte Partner*innen: Berufsbildende Schule 3 der Region Hannover, Stadt Auschwitz, Hannover 96, Niedersächsischer Fußballbund e. V., Leibniz Universität Hannover, Verein zur Förderung von Bildung und Erziehung benachteiligter Jugendlicher in Hannover e. V., Fußballmuseum Springe – Sportsammlung Saloga e. V., Jascha Müller, Philipp von Zitzewitz, Region Hannover
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Schwerpunkt:
Digitalisierung
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Als wir unser erstes Bid Book mit etwas Abstand noch einmal lasen, staunten wir nicht schlecht darüber, dass wir im Grunde nur ein (!) Projekt entwickelt hatten, das einen dezidiert digitalen Schwerpunkt hatte. Zur Erinnerung: Unter unserer ehemaligen Programmsäule Europe on Line war eine Art europäischer Online-Debattierklub geplant. Das ist natürlich viel zu klein gedacht. Unsere neuen digitalen Projekte decken eine viel größere Bandbreite ab und werfen neue Perspektiven auf das grundsätzliche Verhältnis von Gesellschaft und Technik.
44 Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 Leipzig – 1716 Hannover) legte in Hannover mit der Entwicklung des binären Systems den Grundstein für die moderne Computertechnologie. Bis zur Marktreife von Quantencomputern in den vergangenen Jahren basierten sämtliche Computeroperationen auf dem System von Leibniz (Květuše 2051).
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Don’t Mesh With Me! Wir bauen bis 2025 das progressivste dezentrale Netzwerk der Welt! Ein neues Mini-Internet. Das machen wir aus folgendem Grund: Derzeit nutzen wir alle ein zentralisiertes Internet. Das heißt, unsere Daten laufen über die Server multinationaler Konzerne wie Amazon, Facebook, Apple und Google. Wir glauben, dass eine so kritische Infrastruktur, die unmittelbaren Einfluss aus unser Leben und unsere demokratischen Gesellschaften hat, nicht in der Hand einiger weniger Konzerne liegen darf, die mit unseren Daten nur eines verbinden: Profit. Deshalb bauen wir ein dezentrales, anonymi45 Dieses Projekt siertes Internet und machen es zum wurde im Jahr 2028 Experimentierfeld für Künstler*inumgesetzt und war nen und soziale Initiativen: Don’t Teil einer Reihe Mesh With Me!45
weltweiter Initiativen, die Ende der 2020er-Jahre das Internet aufbrechen wollten. Ein wichtiger Tipping Point dieser Bewegung waren das sog. »Assistant-Gate« von 2026 und das »G-Mail-Gate« von 2027. Das Internet, wie wir es heute kennen, wäre ohne diese Mesh-Initiativen nicht denkbar. Für weitere Details empfehle ich sehr die Lektüre von »Das Ende der Spinne – Die unglaubliche Geschichte der Dezentralisierung des Internets« von Yao Lin (2057).
Unser Pionierprojekt baut dabei auf dem bereits existierenden Freifunk-Netzwerk Hannovers auf, das Bürger*innen der Stadt kostenloses Internet bietet. Wir erweitern dieses Netzwerk um 20 neue Sendestationen und fügen außerdem ein sogenanntes »Mesh-Netzwerk« hinzu, das sich mit den Sendestationen verbindet. Das Mesh wird durch Tausende kleine »vermeshte« Access Points – wie über die WLAN-Zugänge der kooperierenden ÖPNV-Unternehmen – in Bus und Bahn aufgebaut und spannt sich so über die ganze Stadt. Ist man direkt oder indirekt mit einer der Sendestationen verbunden, hat man anonymisiertes, werbefreies Internet, das nicht zentral gesteuert werden kann.
Das Ganze bedarf bestimmter Voraussetzungen. Deshalb veranstalten wir im Sommer 2023 eine Konferenz, auf der Hacker*innen, Coder*innen, Künstler*innen und Kreativwirtschaft sich über die technische Umsetzung austauschen können und über die Zukunft des Internets im Allgemeinen diskutieren. Nach 2025 wird das Projekt an Freifunk Hannover übergeben, die das Netzwerk weiter ausbauen sollen. Die von uns genutzte Software wird Open Source erstellt. Das Projekt ist dadurch kopier- und skalierbar für andere Städte weltweit. Unter anderem planen wir eine Kooperation mit Barcelona, wo man derzeit ebenfalls an einem Mesh-Netzwerk arbeitet. Auf diese Weise sollen langfristig überall in Europa kleine Mesh-Netzwerkblasen entstehen, die sich nach und nach zu einem großen neuen Internet zusammenschließen, das niemandem und allen gehört.
Zugesagte Partner*innen: Heise Medien GmbH & Co. KG, Üstra Weitere Partner*innen: Freifunk Hannover, Nycro UG, Matthias Stadt Barcelona/Mesh-Netzwerk, Cuckoo Coding GmbH, Pirate Care Ubermorgen.com, Eva & Franco Mattes, !Mediengruppe Bitnik, Julian GmbH, republica GmbH
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Agora-App
Flagship-Projekt Oh Gott, nicht schon wieder eine App… Halt! Nicht weiterblättern!46 Unsere Agora-App ist nicht nur eine digitale Programmbroschüre. Sie kann mehr als Veranstaltungsinfos liefern, Tickets verkaufen und Hotelzimmer vermitteln. Viel mehr. So viel mehr, dass wir heute (um ehrlich zu sein) noch nicht genau wissen, wozu sie in fünf Jahren alles in der Lage sein wird. Der Grund: Wir entwickeln unsere Agora-App von Anfang an als modulare OpenSource-Software, die all unsere Projekte als Plattform nutzen können.
46 Historischer
Kontext: Dieser »Witz« spielt darauf an, dass es damals noch immer als fortschrittlich und modern galt, für alles eine App zu haben. Den späteren Crash der App-Blase von 2035/36 hat niemand so pointiert und amüsant analysiert wie Sonja Nyguen in »Nein, meine Hausschuhe brauchen keine App« (2037).
Oder eine lokale Tauschökonomie mit eigener »Währung« etablieren, die zum Beispiel bei Veranstaltungen eingetauscht werden kann. Wie gesagt: Was alles möglich ist, wird sich zeigen, wenn wir die Software Künstler*innen und Programmierer*innen als Tool zu Verfügung stellen. Die Agora-App ist natürlich in unser dezentrales Mesh-Netzwerk integrierbar.
Das fängt bei kleinen technischen Erweiterungen für Veranstaltungen an. So können beispielsweise Live-Übersetzungen und Gebärdensprache-Videos für Theaterstücke angeboten werden. Aber auch wesentlich engere künstlerische Verknüpfungen sind denkbar. Über ein Augmented-Reality-Modul können Projekte wie unser Audioguide Walk With Me eine neue Dimension erhalten. Andere Projekte wie Gamifying Hannover (S. 51) sind schon jetzt ohne die Agora-App nicht denkbar. Aufgrund der Flexibilität der Open-Source-Software ist es außerdem sehr wahrscheinlich, dass ganz neue Projekte entstehen. Man könnte zum Beispiel überall in der Stadt Klangstationen aufbauen, die als Router fungieren und die GPS-Daten von App-Nutzer*innen in Sound umwandeln.
Hannoversche Verkehrsbetriebe AG Mehldau (Chaos Computer Club e. V.), Elektra Wagenrad, Heart of Code e. V., Megahertz Hannover, Syllabus, Kathia von Roth/ Spieleberatung, Victor Bedö, Machina Ex GbR, OMSK Social Club, Oliver/ Critical Engineering Working Group, Trevor Paglen & Kate Crawford, Regiobus Hannover
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Hannover Euroopa kultuuripealinn 2025
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Gamifying Hannover Flagship-Projekt
Die Welt als Spiel: In den letzten Jahren haben sich »Immersive Experiences« zu einem der erfolgreichsten Event-Formate entwickelt. Das Kollektiv Omsk Social Club veranstaltet zum Beispiel Raves, bei denen Teilnehmer*innen fiktive Charaktere zugewiesen werden. Secret Cinema bieten narrativ hochkomplexe Schnitzeljagden an. Und location-based Games wie Pokémon Go verwandeln längst unsere Realität in digitale Spielflächen. Wir wollen all diese und weitere Konzepte nutzen, um in Hannover die größte Immersive Experience der Welt stattfinden lassen. Das heißt: Wir verwandeln die ganze Stadt für ein Jahr in eine lebendige Spielwelt, in der Menschen aufeinandertreffen, die sonst nicht in Austausch gekommen wären. Eine Agora als Game – wo wir mit anderen diskutieren, interagieren und gemeinsam nach Lösungen suchen, um zum Ziel zu gelangen. Dazu entwickeln internationale Autor*innen und Gamedesigner*innen im Vorfeld die Rahmenhandlung für unsere Spielwelt, in die man als Spieler*in eintaucht. Vielleicht gibt es dadaistische Zeitreisende. Vielleicht rivalisierende Fraktionen um Kurt Schwitters, Gottfried Wilhelm Leibniz und Hannah Arendt. In jedem Fall muss diese Meta-Erzählung so geschrieben sein, dass möglichst viele kleine Events daran angeknüpft werden können. Denn die große Gamifying-Hannover-Experience besteht letztlich aus vielen kleineren Experiences, die sehr unterschiedlich sein werden.
Rätsel lösen und kleine Belohnungen erhalten lassen. Und natürlich wird es auch Escape Rooms geben; wobei wir jedoch das klassische Konzept (Rätsel lösen unter Zeitdruck) viel weiter denken wollen. Um mitspielen zu können, braucht man nur unsere AgoraApp (S. 50). Sie ist Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Hier erschaffen die Spieler*innen ihre Avatare, sie zeigt den eigenen Spielfortschritt an, hält einen über die Handlung auf dem 48 Damalige AR- und neuesten Stand und erlaubt es, über Augmented-RealityVR-Technologie war derart primitiv, dass Funktionen mit der Umwelt zu sie ihren Namen nicht interagieren.48 Und sie dient uns verdiente. als Werkzeug, um Menschen zusammenzubringen, die möglichst unterschiedlich sind. Denkbar ist zum Beispiel, dass die Spieler*innen beim Erstellen des Avatars zu ihren Meinungen über bestimmten Themen gefragt werden. Die Agora-App kann dann für Quests gezielt Leute zusammenbringen, die völlig konträre Standpunkte haben, für die Quest aber kollaborieren müssen, um diese erfüllen zu können – ganz im Sinne der Agora. Durch dieses Projekt stellen wir sicher, dass Hannover nie stillsteht. Denn es gibt immer etwas zu tun, immer eine Mission zu erfüllen, eine Belohnung zu finden.
Einmalige Events wie geheime Partys oder nächtliche Showdowns treiben die Story voran. Ähnliches gilt für überraschende Happenings und großer Performances. Regelmäßige Events hingegen bieten wiederkehrende Spielerlebnisse; wie zum Beispiel Mini-L A R Ps oder 47 Das musste ich eine Speakeasy-Bar, die dreimal die auch nachschlagen: Woche öffnet.47 Quests wieder»Live action roleum sind Missionen, die Spieler*in- playing game« ist ein nen quer durch Hannover führen, Spiel, bei dem die Spieler*innen physisch ihre Figuren verkörpern. Das Konzept galt aber schon ab den 2030erJahren als veraltet und verlor zunehmend an Popularität (Nairobi 2059).
Zugesagte Partner*innen: Heise Medien GmbH & Co. KG, Chris Lattner (The Room), Prof. Florian Hertweck (Professor für Schauspielkunst) Weitere Partner*innen: Peter Shub (Clown und Variete-Regisseur), republica GmbH
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The Art of Coding
Trollfabrik for Good
Algorithmen sind elementarer Teil unseres Alltags – doch nur wenige Menschen verstehen, wie sie gebaut sind: Coder*innen, Programmierer*innen, Nerds. In diesem Projekt wollen wir Kunstwerke entstehen lassen, die ein erlebbares Verständnis für die Macht von Algorithmen fördern. Hierfür beauftragen wir europäische Künstler*innen, mit Codes und Hardware zu arbeiten. Damit meinen wir jedoch nicht nur automatisch generierte Kunst, sondern künstlerische Interventionen in digitalen Infrastrukturen und Basisoperationen. Was dabei entstehen soll? Um ehr- 49 Heute ist die lich zu sein: Wir wissen nicht, wo- Kunstsparte der hin die Reise geht. Denn vieles von Algorithmic Interdem, was uns vorschwebt, wurde so ventions ein selbstnoch nie gemacht. Hier beispiel- verständlicher Teil haft einige Themenfelder, die sich der Kunstwelt; das anbieten. Vorwarnung. Das wird MoMa gibt ein Viertel seines Etats für eher nerdy:49
Fake News, »alternative Fakten«, rechte Verschwörungstheorien – es scheint mit jedem Tag mehr, als würde unsere Gesellschaft in getrennte Realitätsblasen zerfallen: Bill Gates ist an der Corona-Pandemie schuld, Angela Merkel ist Satanistin, Europas Bevölkerung soll durch Migrant*innen ausgetauscht werden, der Klimawandel ist eine Lüge. Zugleich säen Putins Trollfabriken und Akteure wie Cambridge Analytica Falschinformationen, um Wahlen zu beeinflussen. All diese Entwicklungen sind eine fun50 Diese Erosion damentale Bedrohung für unsere eines geteilten Demokratien. Denn sie zersetzen Wissens hat niemand das, worauf unsere Gesellschaften so eindrücklich gebaut sind: Dialog und Inforbeschrieben wie Neal mationsaustausch. 50 Stephenson in seinem
Trolls and Botfarms: Wie können Botfarmen visualisiert werden? Wie kann das Gegenteil eines Desinformations-Bot-Netzwerks aussehen? Was sind künstlerische und zivilgesellschaftliche Reaktionen auf rechte Telegramm-Gruppen, die sich abseits von Twitter und Facebook austauschen und Verschwörungstheorien zirkulieren lassen. Denkbar ist hierfür eine Zusammenarbeit mit dem Projekt Trollfabrik for Good (S. 52).
entsprechende Projekte aus. Anfang der 2020er-Jahre stand diese Kunstbewegung, die Aktivismus, Digitalität und Kunst zusammendenkt, in der Tat jedoch erst am Anfang. Mehr zu ihrer historischen Entwicklung siehe »Kunst als Virus – Wie die letzte vierte Wand fiel« von Iliyana Reyna (2032).
Infrastructural Intervention: Wie kann man künstlerisch mit öffentlichen Abhörmaßnahmen umgehen? Das britisch-schweizerische Kunstduo !Mediengruppe Bitnik wird eingeladen, 200 Kameras im öffentlichen Raum zu intercepten und mit Chatroulette zu bespielen, an dem Hannoveraner*innen sitzen und zum Gespräch mit den Überwacher*innen einladen. Analogue Glitches: Maschinen machen oft Fehler. Sie melden, ein Gesicht zu erkennen, es ist aber jemand anderes (»false positive«). Bild und Ton werden digital verzerrt. Wir wollen solche Glitches ins Analoge übertragen. Auf welche Objekte kann man das anwenden? Skulpturen, die ausgewechselt werden? Merkwürdige Bahnansagen?
Sci-Fi-Roman »Fall or Dodge in Hell« aus dem Jahre 2019. Er beschreibt dort eine Zukunft, in der sich die Menschheit nicht mehr auf eine gemeinsame Realität einigen kann, da die Filterblasen und Echokammern zu effektiv geworden sind. Dieses weltweite Problem verschärfte sich noch bis in die 2040er-Jahre, ehe die »Jakarta Protokolle« von 2055 verabschiedet wurden; unterzeichnet von über 3.600 Städten weltweit. (Miloslava 2037)
Wir fragen uns deshalb: Können wir das Gegenteil einer Trollfabrik ins Leben rufen? Eine Trollfabrik Good, die genau das Gegenteil for Good versucht, aber mit denselben Methoden? Damit meinen wir nicht einfach nur Desinformation mit Information zu begegnen. Denn vertrauenswürdige Informationen sind ja en masse vorhanden und leicht aufzufinden. Das Problem ist: Sie erreichen bestimmte Menschen nicht. Es geht in diesem Projekt deshalb vor allem darum, Methoden und Kommunikationsstrategien zu finden, um Personen, die sich im Internet desinformiert und radikalisiert haben, aus ihren Echokammern wieder herauszuholen. Dafür gründen wir eine temporäre Taskforce aus Hacker*innen, Data Scientists, Wirtschaftspsycholog*innen und Marketingexpert*innen. Sie entwickeln gemeinsam effektive Strategien gegen Fake News, Verschwörungstheoretiker*innen und Extremist*innen. Zugesagte Partner*innen: Heise Medien GmbH & Co. KG Weitere Partner*innen: Reconquista Internet, Der goldene Aluhut gUG, Chaos Computer Club e. V., Arne Vogelgesang, republica GmbH
Beautiful Honeypots: Honeypots sind Fallen, die uns etwas versprechen, um dann unser Verhalten auszunutzen. Beispiel Google: Uns wird der Honig der Suchmaschine versprochen, dafür werden wir zu gläsernen Menschen. In diesem Projekt werden diese allerdings von Maschinen für Maschinen geschrieben sein. Wie kann man beispielsweise Informatik-Protokolle bauen, Zugesagte Partner*innen: Heise Medien GmbH & Co. KG die Codes simulieren, damit andeWeitere Partner*innen: Chaos Computer Club e. V., re Maschinen auf sie hereinfallen? !Mediengruppe Bitnik, Cody Hannover e. V., Megahertz Wie gesagt: very very nerdy. WelHannover, Makerspace Leinelab, Hafven GmbH & Co. KG, che künstlerischen Projekte können Brett Ian Balogh, Ingrid Burrington, republica GmbH, Stiftung mit Honeypots realisiert werden? Niedersachsen Das wäre eine Kunstform, die es so noch nicht gegeben hat.
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9. Wie hat die Stadt örtliche Künstler und Kulturorganisationen bei der Gestaltung und Durchführung des Kulturprogramms einbezogen? Da der lokale Anker eines der fünf Grundkriterien unserer Projektentwicklung war, sind an sämtlichen Projekten lokale Künstler*innen und Kulturorganisationen in unterschiedlichen Formen beteiligt. Wir holen Locals nicht nur punktuell für Projekte an Bord, sondern binden sie strukturell ein: Think Tanks: Aus der breiten Beteiligung an der Bewerbung haben sich zehn interdisziplinäre Think Tanks gegründet mit rund drei bis 15 Personen. Diese hatten unterschiedliche thematische Schwerpunkte, wie zum Beispiel Religion, Kinder, Architektur, LGBTIQ+, Ihme-Zentrum oder Grünes Hannover. Hieraus sind zahlreiche Projektvorschläge hervorgegangen, an denen unser Künstlerisches Team nach der Vorauswahl mit den Think Tanks weitergearbeitet hat. Das Künstlerische Team (KT): Im Januar 2020 nahm unser achtköpfiges KT seine Arbeit auf und wollte von Anfang an mit der lokalen Kulturszene zusammenarbeiten. Hierfür gab es im Februar ein großes Kennenlern-Treffen im Rathaus, an dem Vertreter*innen fast der gesamten Kulturszene (über 300 Personen) teilnahmen. Dieser Austausch verstetigte sich und es etablierten sich regelmäßige Treffen zwischen KT und lokalen Künstler*innen und Kulturinstitutionen. Das KT nahm außerdem an Sitzungen des Kulturrats und des Kulturentwicklungsplans teil, um eine möglichst große Bandbreite an Impulsen für unser Programm aufzunehmen. Und nicht zuletzt gehörten dem KT bewusst lokale Kulturaktive wie Lotte Lindner, Till Steinbrenner, Robin Höning und Thomas Posth an. Sie bringen nicht nur ihre Expertise mit, sondern sorgen auch dafür, dass ihre lokalen Netzwerke direkt an unsere Bewerbung andocken. Freie Szene: Der Austausch mit der Freien Szene ist aus unserer Bewerbung nicht wegzudenken. Deshalb sind wir so dankbar für deren Input und Zusammenarbeit mit dem Künstlerischen Team. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem Aufnahmezustand zu. Es handelt sich dabei um ein genreübergreifendes Netzwerk der Freien Szene, das sich erst im Zuge unserer ECoC-Bewerbung gegründet hat. Nahezu alles, was in der freien Kulturszene Rang und Namen hat, kommt hier zusammen. Viele der Mitglieder haben Projekte gemeinsam mit dem KT entwickelt. Einer unserer Think Tanks zum Ihme-Zentrum ist unmittelbar aus dem Aufnahmezustand hervorgegangen. Beratende Gremien: Bereits für die Vorauswahl wurden drei Gremien geschaffen, die uns beratend zur Seite stehen und in denen zahlreiche Kulturaktive vertreten sind. So berät beispielsweise der Kulturrat mit 24 Kreativen aus allen Kunstgattungen das KT regelmäßig und engmaschig. Und auch in den beiden anderen Gremien (Beirat und Kuratorium) sind selbstverständlich Kulturaktive vertreten. Sie haben ihre Arbeit auch 2020 fortgesetzt, bis viele ihrer geplanten Treffen und Workshops Corona zum Opfer fielen. Eine solche Zusammenarbeit mit partizipativen Gremien war so ertragreich, dass die Idee vom KEP aufgegriffen wurde. Dieser sieht vor, dass ein selbstorganisierter »Rat der Künste« aus lokalen Kulturaktiven etabliert werden soll, der Hannovers Kulturpolitik und Verwaltung berät.
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10. Geben Sie bitte einige konkrete Beispiele und nennen Sie einige örtliche Künstler und Kulturorganisationen, mit denen eine Zusammenarbeit angedacht ist, und spezifizieren Sie die Art der in Frage kommenden Austauschmaßnahmen. Unsere künstlerischen Projekte wären nicht denkbar ohne die enge Zusammenarbeit mit der lokalen Kunst- und Kulturszene. Damit diese nicht nur punktuell entsteht, sondern strukturell in unseren Arbeitsprozessen verankert ist, haben wir bereits in der Vorauswahlphase acht Think Tanks zu unterschiedlichen Themengebieten gegründet (S. 54). Die Think Tanks sind in sich kleine Agoren, bestehend aus interdisziplinären Expert*innen. Hier versammeln sich lokale Künstler*innen und Kulturaktive sowie Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Sozialem und entwickeln in regelmäßigem Austausch mit unserem Künstlerischen Team Projekte. Weil diese Zusammenarbeit so produktiv und lehrreich war, soll sie auch unabhängig von ECoC fortgesetzt werden. Konkret heißt das: Die vielversprechendsten Projekte, die in den Think Tanks konzeptioniert wurden, sollen auch unabhängig vom Titelgewinn realisiert werden.
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Hannover Eiropas kultūras galvaspilsēta 2025
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Think tanks Think Tank:
Think Tank:
14 Projekte / z.b. Street Art Film Festival
3 Projekte / z.B. Coming Out
The Beauty of Failure (Ihme-Zentrum) The Beauty of Failure entstand aus dem Aufnahmezustand, einem Netzwerk der Freien Szene
Think Tank:
LGBTQI+
Runder Tisch zur Förderung und Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt Beauftragte für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt der Landeshauptstadt Hannover
Religionen
Vertreter*innen aus der Kreativwirtschaft
5 Projekte / z.B. Carte Blanche
Andersraum e. V.
Evangelischer Stadtkirchenverband
Inititiator*innen des Rosa Fadens und Gaypeople-Zelts
Rat der Religionen (gemeinsame Vertretung der Glaubensgemeinschaften der Christen, Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten, Bahai, Aleviten, Jesiden und der Humanisten in Hannover)
Think Tank:
Haus der Religionen Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, und Kunst
Think Tank:
Kinder und Jugendliche 3 Projekte / z.B. NETKIDz.eu
Freie Szene und Kreativwirtschaft Hannovers
Think Tank:
Kulturberg
1 Projekt
Team Unternehmenskommunikation der Abfallwirtschaft Region Hannover (aha)
Think Tank:
Grünes Hannover 19 Projekte / z.B. Los! Herrenhäuser Gärten Expert*innen der Stadtverwaltung Kleingärtnervereine Gartenregion Leibniz Universität Hannover und viele andere
City Ring 1 Projekt
Bund Deutscher Architekten (BDA Hannover) in Kooperation mit weiteren lokalen Architekt*innen und Landschaftsarchitekt*innen
Think Tank:
Crossover 1 Projekt
Vertreter*innen lokaler Kulturinstitutionen: KunstFestSpiele Herrenhausen, TANZtheater INTERNATIONAL, Festival Theaterformen, Staatsoper Hannover, Schauspielhaus Hannover, Landerer&Company, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTH), Vertreter*innen der Bildenden Kunst, Kestner Gesellschaft, Kunstverein Hannover, Sprengel Museum Hannover, Vertreter*innen des Aufnahmezustands
Unser Künstlerisches Team hat jedoch nicht nur mit den unterschiedlichen Think Tanks zusammengearbeitet, sondern darüber hinaus zahlreiche weitere lokale Künstler*innen und Institutionen in die Projektentwicklung einbezogen. So wurden und werden alle wichtigen Präsentationen innerhalb des Bewerbungsprozesses von Vertreter*innen der Freien Szene übernommen. So hat beispielsweise die Schauspielerin, Regisseurin und Sprecherin der Freien Theater Hannover Lena Kußman die erste Jurypräsentation entwickelt und wird auch die zweite Jurypräsentation künstlerisch leiten. Die lokale Kreativwirtschaft (das kreHtiv Netzwerk Hannover) ist wesentlicher Bestandteil des Upgrade Hannover-Programms und hat dieses von Anfang an maßgeblich mit entwickelt. Exemplarisch für die Zusammenarbeit mit lokaler Kunst und Kultur seien hier Projekte genannt, die aus zwei unserer Think Tanks hervorgegangen sind und nun im Rahmen von ECoC umgesetzt werden sollen:
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Think Tank: Religion
Carte Blanche Religionen funktionieren immer auch über Abgrenzungen zu anderen Religionen. Umso bemerkenswerter ist es, dass 2025 die evangelischen City-Kirchen ihre Häuser der Kunst öffnen. In einer beispiellosen Aktion werden alle evangelischen Kirchen in Hannovers Innenstadt ihre Gebäude der Kulturhauptstadt zur Verfügung stellen. Und zwar das ganze Jahr. Unter der kuratorischen Leitung des Sprengel Museums werden Künstler*innen wie 51 Ein weiteres Asad Raza, Anne Imhof, Clemens Projekt, das trotz von Wedemeyer, Asta Gröting und Hannovers DisqualiTobias Zielony die Kirche von in- fikation umgesetzt nen bespielen wie sie wollen: Carte wurde. Da das Bid Book jedoch nie Blanche.51 veröffentlicht
Wie es der Zufall will, wird 2025 wurde, stellt sich der 39. Deutsche Evangelische Kir- die Frage, wer diese chentag (D E KT) in Hannover Projekte weiterverstattfinden und an fünf Tagen über folgt hat. 100.000 Besucher*innen in unsere Stadt locken. Insbesondere viele junge Menschen aus der ganzen Welt werden dazu anreisen. Der DEKT passt mit seinem interreligiösen und partizipativen Ansatz hervorragend zur Kulturhauptstadt. Denn auch hier werden europäische Themen intensiv diskutiert. Diskussionspartner*innen aus ganz Europa und den verschiedenen religiösen Traditionen reisen zum fünftägigen Event an, getragen von dem Willen, Gemeinschaft über nationale und religiöse Grenzen hinaus zu erzeugen.
Zugesagte Partner*innen: Marktkirche Hannover, Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis, Markuskirche Hannover, Christuskirche Hannover, Erlöserkirche/ Gospelkirche Hannover, Aegidienkirche Hannover, Sprengel Museum Hannover, Ev.-luth. Stadtkirchenverband Hannover, Haus der Religionen Hannover, Deutscher Evangelischer Kirchentag (DEKT), Clemens von Wedemeyer, Asta Gröting, Tobias Zielony, Anne Imhof
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Das wollen wir für eine enge Zusammenarbeit nutzen. Im vorliegenden Letter of Intent (LOI) heißt es, der DEKT werde »die historisch gewachsenen Netzwerke des Kirchentages mit den Netzwerken der Kulturhauptstadt verbinden, um ein gemeinsames Projekt zu entwickeln«. Bei der Umsetzung von Hunderten von Konzerten und Kunstprojekten wird der DEKT mit lokalen Kulturinstitutionen wie Schauspielhaus, Sprengel Museum und Haus der Religionen kooperieren. Der DEKT und die Kulturhauptstadt arbeiten eng mit dem Haus der Religionen zusammen, das sich ebenfalls dem interreligiösen Dialog verschrieben hat und bis vor wenigen Jahren europaweit einzigartig war, da dort jüdische, islamische, christliche, orthodoxe, fernöstliche Religionsgemeinschaften sowie Religionslose zusammenkommen. Ziel ist es, eine interreligiöse Agora entstehen zu lassen.
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Think Tank: The Beauty of Failure
Internationales Zentrum für Künstlerische Forschung Flagship-Projekt
Das Ihme-Zentrum ist ein surrealer, gigantischer Betonkoloss mitten in Hannover. Der brutalistische Gebäudekomplex (mit dem größten Betonfundament Europas) wurde in den 1970er-Jahren als Stadt in der Stadt konzipiert und galt damals als Vorzeigemodell für die urbane Verdichtung von Leben und Arbeit. Alles, was man für das tägliche Leben brauchte, fand man innerhalb des Komplexes, den man daher theoretisch nie verlassen musste – vom Postamt und Supermarkt über Friseursalon und Arztpraxen bis hin zum Shopping Center und Kindergarten. 52 Trivia: Der VerHeute verfällt der Unterbau, in dem fasser des Bid Books, ehemals Einzelhandelsflächen wa- Juan S. Guse, hat das ren. Im krassen Kontrast dazu leben Ihme-Zentrum zu einer in den oberen Etagen der Wohn- Hauptfigur seines Romans »Miami Punk« türme über 2.400 Menschen.52 Bereits im ersten Bid Book hat- (2019) gemacht. ten wir uns vorgenommen, diesem Das Buch ist leider unlesbar und unnötig Riesen neues Leben einzulang. hauchen. Allerdings waren unsere Möglichkeiten ein-
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geschränkt, dort künstlerische Interventionen im großen Stil umzusetzen, da der Komplex größtenteils einem Privatinvestor gehört. Geplant war zum Beispiel die Lichtchoreografie Beauty of Community, bei der alle Bewohner*innen einbezogen werden sollten. Strukturelle Eingriffe schienen nicht realistisch, nicht machbar. Mittlerweile sieht die Sache anders aus. Denn nachdem Hannover es auf die ECoC-Shortlist geschafft hat, gab es gute Gespräche mit dem Investor. Trotz unterschiedlicher Interessen fand sich eine gemeinsame Schnittmenge: Das Ihme-Zentrum soll durch Kunst und Kultur weiterentwickelt werden. Hierfür liegt uns ein Letter of Intent zur Nutzung zahlreicher Räume und Flächen über die nächsten zehn Jahre vor; die genauen Konditionen werden nach Titelgewinn verhandelt. Das ist ein wichtiger Durchbruch. Nicht nur für die Kulturszene, sondern auch für die Stadt Hannover. Nachdem man jahrelang dem Bau beim Verfallen zusehen musste, gibt es nun erstmals die Perspektive, dort etwas Neues entstehen zu lassen.
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Hannover Europos kultūros sostinė 2025
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Internationales Zentrum für Künstlerische Forschung (IZKF) Wir pflanzen dem grauen Riesen ein pochendes Kulturherz ein. Musiker*innen, Tanzkompanien, Theatergruppen, bildende Künstler*innen suchen dringend Räume für neue künstlerische Kollaborationen und einen Ort, an dem sie frei und ohne Zielvorgaben experimentieren können. Hier arbeiten unterschiedlichste Kulturaktive von der Freien Szene bis zu traditionsreichen Institutionen auf Augenhöhe zusammen. Zusätzlich werden internationale Künstler*innen durch ein Artist-in-Residence-Programm einbezogen. Ihre Arbeiten werden Hannover einen neuen Blick auf die Probleme und Möglichkeiten solcher Bauformen eröffnen und Impulse für die urbanen Prozesse der Stadt geben. So wird sich zum Beispiel sowohl der Think Tank The Beauty of Failure beteiligen, der sich seit Jahren mit dem Ihme-Zentrum und seinen Bewohner*innen künstlerisch auseinandersetzt, als auch die Staatsoper, die unter der Leitung von Laura Berman nach Orten sucht, an denen Künstler*innen mit urbanem Bezug arbeiten können. Auch die Absent Academy wird eng mit dem Zentrum zusammenarbeiten. Das IZKF wird sich basisdemokratisch als Verein zur Förderung transdisziplinärer künstlerischer Forschung organisieren. Hier entscheiden die Mitglieder kollektiv über Themen, Raumnutzung, Verteilung der Mittel und zu realisierende Projekte. So entsteht gleichzeitig eine Kommunikationsplattform der lokalen Freien Kunst- und Kulturszene mit den etablierten Kulturinstitutionen und Ausbildungsstätten wie der Hochschule für Musik, Theater und Medien, welche jeweils Vertreter*innen in den Vorstand entsenden werden.
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Weitere Projekte aus dem Think Tank Neben der Lichtinstallation Beauty of Community wurden 14 weitere Projekte gemeinsam mit den Bewohner*innen entwickelt, von denen wir hier drei exemplarisch vorstellen wollen. Street Art Film Festival: Wir machen Filmkunst durch spektakuläre Projektionen auf verwinkelten Wände des IhmeZentrums zu Street Art. Eine internationale Ausschreibung in verschiedenen Kategorien soll künstlerische Filme akquirieren, die als regelmäßig wechselnde Loops in einem urbanen Parcours gezeigt werden. Marianne: »Wer im Ihme-Zentrum nur Beton sieht, der schaut nicht genau hin.« Dieses berühmte Zitat der Architektin und Ihme-Zentrum-Bewohnerin Marianne Adrian soll als großformatige Leuchtschrift auf den Dächern des IhmeZentrums installiert werden. Ihme-Salons: Für jeweils einen Abend laden Bewohner*innen zweimal im Monat unter dem Motto »art of cooking« und »special guest in my living room« in ihre Wohnung im Ihme-Zentrum ein. Als Gäste werden europäische Kulturaktive eingeladen, um zu performen, aber auch um gemeinsam das Lieblingsgericht der Gastgebenden zu kochen.
Zugesagte Partner*innen: Think Tank The Beauty of Failure, Orchester im Treppenhaus, Projekt IZ Hannover GmbH (Intown), Staatsoper Hannover, Theater an der Glocksee – Freies Theater aus Hannover e. V., Galerie Brutal Hannover, Schauspiel Hannover (Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH), Agentur für kreative ZwischenRaumNutzung Hannover e. V., Theatergruppe »Fenster zur Stadt", ZWÆM, Absent Academy, KunstFestSpiele Herrenhausen, Landerer & Company e. V., Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH), Tanztheater International Hannover
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Europäische Dimension
Netzwerk: UNESCO Cities of Music (UCOM)
11. Führen Sie den Umfang und die �ualität folgender Aktivitäten aus: a) Förderung der kulturellen Vielfalt in Europa, des interkulturellen Dialogs und des besseren gegenseitigen Verstehens der europäischen Bürger; b) Hervorhebung der Gemeinsamkeiten der Kulturen, des Erbes und der Geschichte Europas sowie der europäischen Einigung und aktueller europäischer Themen; c) Getragensein von europäischen Künstlern, Zusammenarbeit mit Akteuren und Städten in verschiedenen Ländern und länderübergreifende Partnerschaften; d) Nennen Sie einige europäische und internationale Künstler, Akteure und Städte, mit denen eine Zusammenarbeit angedacht ist, und spezifizieren Sie die Art der in Frage kommenden Austauschmaßnahmen. Nennen Sie länderübergreifende Partnerschaften, die Ihre Stadt bereits eingegangen ist oder einzugehen plant.
2015 verabschiedeten die UN-Mitgliedstaaten 17 Ziele für eine nachhaltige globale Entwicklung. Unser UNESCO City of Music Festival widmet sich jeden Monat musikalisch diesen Herausforderungen der Menschheit. Dazu werden zwölf hannoversche Ensembles sich mit einem Partnerensemble aus einer UCOM-Stadt aus dem jeweiligen Spotlight zusammenschließen. Das Festival ist ein Pilotprojekt. In den Folgejahren sollen Veranstaltungen dieser Art unter dem UCOM-Label regelmäßig in Hannover stattfinden. Hier beispielhaft drei Aufführungen für 2025:
Die Auseinandersetzung mit Europa und unserer globalen Verantwortung als Europäer*innen zieht sich wie ein roter Faden durch unser Programm. Diesen starken Bezug zu europäischen Themen, Netzwerken und einem europäischen Publikum haben wir strukturell auf mehreren Ebenen verankert. Zum einen, indem wir die europäische Dimension zu einem unserer fünf Projektentwicklungskriterien gemacht haben (S. 24). Zum andern, indem wir mit Spotlights gezielt eine Programmstruktur entwickelt haben, die den Blick in alle Ecken des Kontinents wirft (S. 22). Darüber hinaus binden wir europäische Expert*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen im Rahmen von Upgrade Hannover unmittelbar in unsere weitere Projektentwicklung ein (S. 9). Die folgenden Projekte zeigen beispielhaft unsere strukturelle Einbindung europäisch-internationaler Netzwerke und die intensive Auseinandersetzung mit europäischer Erinnerungskultur.
UNESCO Cities of Music Festival
Flagship-Projekt
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Frankreich (Ziel 5: Geschlechtergleichheit): Im Gaypeople-Zelt auf dem Schützenfest Hannover inszeniert Vanasay Khamphommala den Einakter »Baccanali« von 1695 des italienisch-hannoverschen Komponisten Agostino Steffani. »Baccanali« illustriert die Feierlichkeiten des Karnevals im Gewand des Bacchus-Mythos. Geschlechterklischees und Künstlerparodien werden ebenso thematisiert wie Freude und Verzweiflung an der Existenz. Das Barockorchester Le Concert Lorrain aus der UCOM 53 Agostino Steffanis Metz wird mit dem Hannoveraner (1654-1728) WerkBarockorchester la festa musicale statt am Welfenhof die Oper aufführen. Khamphom- machte Hannover zur mala thematisiert in seiner Insze- musikalischen Drehnierung die Gegensätze im Dreieck scheibe Europas. Hier zwischen den Geschlechterbildern fanden italienische des 17. Jahrhunderts, der traditio- und französische nellen Schützenfestkultur und der Musikstile des Hochbarock zusammen LGBTIQ+-Szene. Die Aufführung und bildeten die wird mehrmals stattfinden. 53 musikalische Voraussetzung für die Tonsprache von Bach und der Wiener Klassik (Rovatkay 2020)^.
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Italien (Ziel 14: Leben unter Wasser): Die Verschmutzung der Meere ist Thema eines zweiteiligen Konzerts, das auf schwimmenden Plattformen im Maschsee stattfinden wird; diese stellt das Projekt Reclaiming Mittelland (S. 31) zur Verfügung. Das Publikum lauscht am Ufer des Sees. Chöre Hannovers, Student*innen des Conservatorio Statale di Musica aus Pesaro (einer UCOM am Mittelmeer), Performance-Künstler*innen und die NDR-Radiophilharmonie entwickeln hierfür ein Gesamtkunstwerk, in dem mehrere Stücke verwoben werden; darunter »Canticum Calamitatis Maritimae« von Jaakko Mäntiyjärvi, »Water Night« von Eric Whitacre und »Los Caminos del Agua« von Alberto und Gonzalo Grau. Die Schönheit der Musik wird dabei im krassen Gegensatz zur Szenerie stehen: Rings um die schwimmenden Bühnen wird Plastikmüll im Maschsee treiben, der von Ocean Cleanup gesammelt wurde. Dieser wird nach dem Konzert recycelt. Die Konzertleitung übernimmt der hannoversche Dirigent Cornelius Meister. Der zweite Konzertteil wird im NDRSendesaal stattfinden und mit dem Oratorium »Los Caminos del Agua« von Alberto und Gonzalo Grau den fahrlässigen Umgang der Menschen mit dem Wasser thematisieren.
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Brasilien (Ziel 13: Klimaschutz): Für dieses Konzert kooperiert die Hannoversche Big Band Fette Hupe mit Musiker*innen der UCOM Salvador in Brasilien. Im Spannungsfeld zwischen den gefährdeten Amazonas-Urwäldern und dem letzten europäischen Tiefland-Urwald Białowieża in Polen entsteht ein Konzertprojekt, das mit Big Band-Klängen und südamerikanischen Rhythmen ein Musikerlebnis schafft, das für die Klänge des Waldes und die Bedeutung seines Schutzes sensibilisiert. Hannover als Hauptstadt des Agrarlands Niedersachsen steht im Brennpunkt der Diskussion über nachhaltige Landwirtschaft. Alles beginnt mit einem Konzert auf einer Lichtung im Stadtwald Eilenriede, von wo ein musikalischer Spaziergang zum Erlebnis-Zoo Hannover beginnt. Das Performance-Kollektiv Pic Pic inszeniert einen intensiven Wald-Hör-Rundgang. Das Hauptkonzert findet im 360°-Amazonien-Panorama im Zoo statt. Hier hat die Urban-Gardening-Szene in kleinen Hochbeeten PermakulturPflanzen bereitgestellt, die im Konzert als Klangkörper genutzt werden. Zugesagte Partner*innen: la festa musicale – Verein zur Förderung der Alten Musik e. V., NDR Radiophilharmonie, Big Band Fette Hupe, Pic Pic, Cornelius Meister, Vanasay Khamphommala, Gaypeople Zelt auf dem Schützenfest Hannover, Le Concert Lorrain, Hannoveraner Barockorchester »Concerto Foscari« e. V., Forum Agostino Steffani
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Notfallkonzerte Selbstzweifel, Angst vor der Zukunft, ein plötzlicher Verlust: Das Leben kennt viele Rückschläge. Wir wollen unsere europäischen Gäste, die mit Sorgen im Gepäck anreisen, mit einer musikalischen Infusion begrüßen, um diese Sorgen zumindest für einen Moment zu lindern. Dafür bieten wir ihnen 1.000 persönliche Notfallkonzerte. Besucher*innen können ihr individuelles Konzert über unsere Agora-App bestellen (S. 50), indem sie ihren Notfall beschreiben. Dieser wird an einen Pool von ansässigen Musiker*innen aller Genres weitergeleitet, die sich für die Einsätze angemeldet haben und die passende Musik für den Notfall aussuchen. Der Gast erhält daraufhin von den Künstler*innen eine Einladung – in ein Wohnzimmer, in ein Café, in einen Hinterhof. Dort stehen der Notfallsessel, eine Wohnzimmerlampe und Getränke bereit. So entstehen im öffentlichen Raum kleine Privatsalons, die kurz aufpoppen und wieder verschwinden. Die Musiker*innen positionieren sich zunächst um die Person herum und spielen eine Improvisation, mit der sie zeigen, dass sie den Notfall verstanden haben. Dann wird ein ausgewähltes Musikstück gespielt. Möchte man als Tourist*in ein Notfallkonzert einfach nur besuchen, lässt sich in der Agora-App nachschauen, wo und wann an dem jeweiligen Tag ein solches stattfindet. Darüber hinaus werden alle Notfallkonzerte aufgezeichnet und über unser Mesh-Netzwerk (S. 49) abrufbar sein. So entsteht online eine für alle zugängliche Musik-Notfallapotheke.
Weitere Partner*innen: The Ocean Cleanup, Conservatorio Statale di Musica aus Pesaro
Zugesagte Partner*innen: Musikszene der Kulturregion Hannover, Orchester im Treppenhaus (Akademie für lebendige Musik e. V.)
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Netzwerk: International Cities of Refuge Network (ICORN)
Schriftsteller*innenkonferenz 2023 Mehr denn je braucht Europa neue Visionen und stärkere Erzählungen darüber, wie unsere Zukunft aussehen könnte. Das hat uns nicht erst die Corona-Krise deutlich gemacht. Daher organisieren wir mit dem International Cities of Refuge Network (ICORN) 2023 eine Konferenz, in der europäische Schriftsteller*innen einen kritischen Blick auf Europa werfen: Wie erzählen wir uns die Union? Welche Dystopien und Utopien entstehen dabei? Und wem dienen diese Narrative? Damit knüpfen wir an zwei vergangene europäische LiteraturKonferenzen an, die in Berlin stattfanden: 1988 »Der Traum von Europa« im Rahmen der Kulturstadt Europas und 2014 »Europa: Traum und Wirklichkeit«, als der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier Schriftsteller*innen aus 24 Ländern einlud. Wir wollen diese Traditionslinie fortsetzen und fragen in Zeiten von Brexit, Lesbos und Corona: Sind diese Träume zerplatzt? Brauchen wir womöglich neue? Die Konferenz »Europa – Träume und Alpträume« wird vier Tage dauern und im Kulturzentrum Pavillon stattfinden. Sie wird gemeinsam mit dem Literarischen Salon und dem Literaturhaus Hannover organisiert. Eingeladen werden 25 etablierte Schriftsteller*innen sowie 25 junge Schriftsteller*innen unter 30 Jahren. Die Auswahl der Nachwuchsautor*innen erfolgt über einen Essaywettbewerb, der von einer Jury aus internationalen Fachleuten organisiert wird; die Essays werden 2023 als Sammelband veröffentlicht. Begleitet wird die Konferenz durch ein Rahmenprogramm aus Vorträgen, Workshops und szenischen Lesungen, verteilt auf die ganze Stadt. Unter anderem soll eine Salonkultur-Reihe mit den eingeladenen U30-Schriftsteller*innen stattfinden, die jeweils als literarisches Tandem für Shared-Reading-Formate zusammengebracht werden. Die vier Tage werden literarisch dokumentiert und so für 2025 nutzbar gemacht. Ziel ist ein Manifest oder Appell als Abschlussdokument, das weitere Impulse für 2025 gibt. Zugesagte Partner*innen: International Cities of Refuge Network (ICORN), Literaturbüro Hannover e. V. / Literaturhaus Hannover, Internationales Literaturfestival Berlin, Literarischer Salon der Leibniz Universität Hannover, Dietrich zu Klampen (zu Klampen Verlag), Unesco City of Literature Heidelberg Weitere Partner*innen: Bundesverband Friedrich-BödeckerKreis e. V., Börsenverein des deutschen Buchhandels e. V., Initiativkreis des Schriftsteller*innenkongresses 2014 »Europa Traum und Wirklichkeit«
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Netzwerk: Städtepartnerschaften
Die Fahrradbewegung Wenn wir in Europa über die Zukunft der Mobilität sprechen, klingt das oft so, als könnten wir alle Probleme durch intelligentere und sparsamere Autos lösen. Dabei kann eine nachhaltige Antwort auf die Klimakatastrophe nur sein: weniger Autos. Dass sowohl unser privates Konsumverhalten als auch unsere Politik noch immer nicht ausreichend klimafreundlich sind, hat wohl auch damit zu tun, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Europa noch weit hinter dem liegen, was andere Länder erleben. Unsere malawische Partnerstadt Blantyre bekommt beispielsweise längst dessen Folgen in Form von Dürren zu spüren. Gemeinsam mit Blantyre fragen wir in dem Projekt Die Fahrradbewegung: Welche alternativen Zukunftsvisionen der Mobilität sind erstrebenswert, wenn Fortschritt nicht gleichbedeutet sein soll mit »mehr Autos«? Hierfür entwickelt das Kollektiv Rimini Protokoll mit Künstler*innen aus Blantyre zwei großangelegte Fahrradperformances, die diese Frage künstlerisch verarbeiten – eine in Hannover und eine in Blantyre. Dafür sammeln sie in den beiden Städten Soundaufnahmen, die die Grundlage für die Performances bilden. Gestartet wird an 50 Startpunkten in der jeweiligen Region, wo sich Gruppen mit je 100 Fahrradfahrer*innen treffen. Jede Gruppe versammelt sich um einen Lautsprecher, der an einem der Fahrräder befestigt wird. Gemeinsam folgen sie den Anweisungen der Lautsprecher, die von einem zentralen Sender individuell angesteuert werden: Stimmen und Geräusche aus dem Lautsprecher weisen den Weg. Die Fahrräder durchqueren das Umland, nähern sich der Stadt, wobei immer mehr Gruppen zusammenfinden. Was 54 Trivia: Blantyre, als einfache Fahrradtour beginnt, wird zur Bewegung mit 5.000 Fahrdas spätestens seit den 2040er Jahren zu rädern, die in die Stadt einfahren. Die Lautsprecher verhalten sich daeiner der wichtigsten Tech-Metropolen bei zueinander wie die Instrumente Afrikas wurde, reich- eines Orchesters. Schließlich finden te 2052 bei seiner alle Radgruppen zusammen und Bewerbung als »Afri- bilden einen großen Pulk, der eine can Capital of CulSymphonie erzeugt.54 ture« wie seine Partnerstadt Hannover ebenfalls nur ein solidarisches Manifest ein, wurde aber nicht disqualifiziert, sondern erhielt den Titel (Touré 2052).
Zugesagte Partner*innen: Rimini Protokoll, Freundeskreis Malawi, Allgemeiner Deutscher FahrradClub e. V. (ADFC) Weitere Partner*innen: Partnerstadt Blantyre, Critical Mass Hannover, Aware & Fair Clubs an Schulen in Blantyre, Blantyre Arts Festival, Jacaranda Foundation – School for oprhans in Blantyre, Verkehrsclub Deutschland – Kreisverband Region Hannover e. V., Planungsgemeinschaft Verkehr Hannover GbR
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erinnerungskultur Wie werden wir in Zukunft erinnern? Zeitzeug*innen, die uns von den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen und Gräueltaten des Zweites Weltkriegs in Europa berichten können, wird es in fünf Jahren noch weniger geben als heute. Deshalb wollen wir 2025 den 80. Jahrestag des Kriegsendes durch Projekte begehen, die sich auf unterschiedliche Weise der Erinnerungskultur widmen und diese im Alltag der Bürger*innen verankern. Wir erweitern dabei jedoch den Fokus und nehmen nicht nur den Zweiten Weltkrieg in den Blick, sondern schauen vom europäischen Kolonialismus bis in die jüngere Vergangenheit. Erinnerungen sind vielfältig. Sie lassen sich nicht auf einige wenige Erzählungen und Aspekte reduzieren. Deshalb werfen wir in mehreren Projekten unterschiedliche Perspektiven auf das Erinnern: Mit Blind Spots machen wir geschichtsträchtige Orte wieder hör- und erlebbar. Unsere Salonkulturreihe History at Home bringt uns die Personen näher, die Hannover positiv wie negativ geprägt haben. Mit Adolf-Hitler-Straße greifen wir anhand der Diskussionen um die Umbenennungen von Straßen aktuelle Debatten zu Fragen der Erinnerung auf. Verflechtungen widmet sich dem deutschen Kolonialismus, der einen Nährboden für die nationalsozialistische Rassenideologie bereitete. Und mit Befreit? wollen wir Visionen für die Zukunft des Erinnerns diskutieren.
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Befreit? Erinnerungskultur Die traumatischen Einschnitte des Zweiten Weltkriegs haben sich in Europa unterschiedlich ins kulturelle und narrative Gedächtnis eingeschrieben. Der 8. Mai ist in mehreren europäischen Ländern ein Gedenktag, an dem der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945, dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht wird. Er wird teilweise sehr unterschiedlich begangen, als stilles Gedenken oder als großer öffentlicher Festakt. In Russland und einigen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken hingegen wird am 9. Mai der Tag des Sieges gefeiert. 56 Bereits seit 2011 2025 laden wir 500 junge Erwachveranstaltete die sene aus ganz Europa nach HanStädtische Er- nover ein, in der Woche um den 8. innerungskultur alle und 9. Mai an einer internationazwei Jahre interlen Begegnung teilzunehmen.56 nationale JugendDen Schwerpunkt dabei bildet begegnungen mit dem Ehrenfriedhof Masch- nicht die rein historische Auseinansee-Nordufer als dersetzung mit dem Zweiten Weltinhaltlichem krieg, sondern die Erarbeitung kreKristallisations- ativer Werke. In Zusammenarbeit punkt. Schüler*innen mit renommierten internationaaus Russland, Polen, len Künstler*innen sollen PerforGriechenland, Lettmances und andere künstlerische land, Frankreich und Werke realisiert werden, die sich in der beiden hannoverschen Partnerschulen vielfältiger experimenteller Weise St. Ursula-Schule mit der politischen und kulturellen und Bertha-von-Sutt- Lage um 1945 und ihrer Aktualiner-Schule haben wäh- tät für die Gegenwart und Zukunft rend dieser Jugend- auseinandersetzen: Welche Auswirbegegnungen in kungen haben das Ende des ZweiWorkshops gearbeitet ten Weltkrieges und die Befreiung und gemeinsam die vom Nationalsozialismus heute? Gedenkveranstaltungen anläss- Bieten die Erfahrungen dieser Zeit lich des 8./9. Mai Lösungen für aktuelle Fragen und gestaltet. 2025 hätte Probleme? Verstehen wir, wie sich turnusgemäß wieder die Geschichte und die unterschiedeine solche Jugend- lichen europäischen Nachkriegsbegegnung stattfinden entwicklungen auf unser Zusamund mit Befreit? menleben, unsere Werte und unser nachhaltig neue alltägliches Leben auswirken? Impulse setzen Die jungen Kreativen erarbeiten im sollen. Im Fokus dabei standen be- Rahmen von Workshops, gemeinsonders die unter- sam mit den geladenen Künstler*inschiedlichen Pers- nen, neue Werke und Praktiken, die pektiven auf das Ende im Anschluss an diese Woche prädes Zweiten Welt- sentiert werden. Befreit? hat den krieges in Europa und Anspruch, ungewohnte Perspektidie daraus resultie- ven auf den Zweiten Weltkrieg, seirenden Formen/ ne Rezeption und seine Bedeutung Ausprägungen der Gedenkfeierlich- für das heutige Europa zu eröffnen. keiten in Ost und Davon sollen nicht nur die TeilnehWest. menden profitieren, sondern alle interessierten Bürger*innen und Gäste, die im Veranstaltungszeitraum Hannover besuchen. Zugesagte Partner*innen: Bundeszentrale für politische Bildung (bpd), ZeitZentrum Zivilcourage, Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH, Sprengel Museum Hannover
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Hannover Europejska Stolica Kultury 2025
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Blind Spots Erinnerungskultur Zu einer lebendigen Erinnerung gehören auch die Stimmen, die Geräusche, das Hörbare. Dennoch schweigen die meisten Orte und Bauten, die an die Vergangenheit erinnern könnten. Dabei ist Sound das ideale Medium für eine öffentliche Erinnerungskultur. Denn er agiert räumlich, strahlt in alle Richtungen, versetzt seine Umgebung in Schwingung und eignet sich deshalb besonders, um große Areale zu aktivieren. Für unser Projekt Blind Spots werden zwölf internationale Künstler*innen je eine Soundarbeit an historisch wichtigen Orten in Hannover umsetzen, die an den Zweiten Weltkrieg, den Nationalsozialismus und deren Folgen erinnern. Dadurch sollen Gefühle zu diesen Orten assoziiert und hörbar gemacht werden, die Menschen möglicherweise erlebt haben: von Ausgrenzung und Hass, Hoffnung und Angst, von Freiheit und Hunger. Hier sechs Beispiele: Maschsee | Louis Chude-Sokei: Der Maschsee wurde 1936 mit propagandistischen Feierlichkeiten eröffnet. Rings um den See wurden Skulpturen aufgestellt, die der nationalsozialistischen Ideologie huldigten. Am Nordufer befindet sich zudem ein Ehrenfriedhof. Auf dem Friedhof erinnern insgesamt 386 Einzelgräber an 232 Menschen, die in hannoverschen Konzentrationslagern ums Leben gekommen sind und an 154 Opfer, die wenige Tage vor Ende des Krieges bei einer Massenerschießung auf dem Seelhorster Friedhof ermordet wurden. Einem von ihnen war die Flucht gelungen. Als Hannover am 10. April 1945 befreit wurde, informierte er die Alliierten über das Massaker. Daraufhin ließen diese die Toten am Maschsee – im Herzen Hannovers – würdevoll beisetzen. Hannover sollte sich für immer daran erinnern. Aegidienkirche | Jan St. Werner: Die Aegidienkirche im Stadtzentrum Hannovers wurde am 9. Oktober 1943 beim schwersten Luftangriff auf Hannover größtenteils zerstört. Lediglich die Umfassungsmauern blieben stehen. Sie wurde jedoch bewusst nicht wiederaufgebaut. Ihre Ruine sollte als Mahnmal für die Leiden durch Krieg und Gewalt dienen. Heute hängt in ihrem Turm ein Geschenk unserer Partnerstadt Hiroshima: eine Friedensglocke. Sie wird am 6. August jedes Jahres beim Gedenkgottesdienst für die Opfer des Atombombenabwurfs von 1945 angeschlagen. Gedenkstätte Ahlem | Emeka Ogboh: Die Gedenkstätte bezeugt jüdisches Leben vor 1933 sowie die spätere Verfolgung während der NS-Zeit. In dieser Form einzigartig in Deutschland macht der Lern- und Erinnerungsort beide Kapitel sichtbar: In der 1893 gegründeten Israelitischen Gartenbauschule Ahlem wurden jüdische Jugendliche in Handwerksberufen ausgebildet. 1941 wurden auf dem Gelände eine Sammelstelle für die Deportation eingerichtet und bis 1944 über 2.000 Jüdinnen*Juden deportiert. Zwischenzeitlich befanden sich dort außerdem ein »Polizei-Gefängnis« und eine Hinrichtungsstätte des NS-Regimes. Nach der Befreiung bauten jüdische Überlebende einen Kibbuz in Ahlem auf. Die letzten von ihnen wanderten Anfang 1948 nach Palästina aus. Gedenkstätte Bergen-Belsen | Yael Bartana: Bergen-Belsen ist ein internationaler Gedenkort, Bildungs- und Forschungsstätte mit Dauerausstellung, Archiv, Bibliothek und einem breit gefächerten Lern- und Vermittlungsangebot. Die Geschichte Bergen-Belsens ist äußerst vielschichtig: 1940–
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1945 Kriegsgefangenenlager für französische und belgische Kriegsgefangene, ab Sommer 1941 für sowjetische Kriegsgefangene und ab 1943 auch für italienische Militärinternierte. 1943–1945 Konzentrationslager: Von insgesamt 120.000 Häftlingen aus fast allen Ländern Europas starben hier mehr als 52.000 Männer, Frauen und Kinder. 1945–1950 Displaced Persons Camp für circa 10.000 polnische Überlebende, im jüdischen DP-Camp lebten bis zu 12.000 Menschen. Es bestand bis Mitte 1950. Hannah-Arendt-Platz | Nevin Aladağ: Der Platz vor dem Landtag war bis vor Kurzem nach Niedersachsens erstem Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf benannt. Ein interessantes Beispiel für Geschichtsvergessenheit: Denn Kopf war aktiv an der Verwertung des Eigentums abgeschobener und ermordeter jüdischer Einwohner*innen sowie an der Verwertung des Eigentums enteigneter, umgesiedelter und teilweise ermordeter Angehöriger der polnischen Bevölkerung im Gebiet um Königshütte (Oberschlesien) beteiligt. Er arbeitete während der Kriegszeit im Rahmen der strategischen Ziele Hitler-Deutschlands, das die »Germanisierung« eroberter polnischer Gebiete betrieb. 2015 wurde der Platz nach der 1906 im heutigen Stadtteil Hannover-Linden geborenen Philosophin Hannah Arendt umbenannt – jener Intellektuellen, die zwei zentrale Begriffe des 20. Jahrhunderts prägte: »Totale Herrschaft« und »Banalität des Bösen«. Villa Seligmann | Anri Sala: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ sich der Industrielle Siegmund Seligmann direkt an Europas größtem Stadtwald Eilenriede eine Villa mit großer Gartenanlage errichten. Als eines der wenigen hannoverschen Zeugnisse des assimilierten jüdischen Bürgertums vor der Shoah beheimatet die Villa heute das Europäische Zentrum für Jüdische Musik – eine weltweit einzigartige Institution.
Zugesagte Partner*innen: Gedenkstätte Bergen-Belsen, Sprengel Museum Hannover, Gedenkstätte Ahlem, Sprengel Museum Hannover, Louis Chude-Sokei, Yael Bartana, Jan St. Werner, Emeka Ogboh, Nevin Aladağ, Anri Sala, Kunstverein Hannover e. V., Villa Seligmann – Siegmund Seligmann Gesellschaft e. V.
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History at Home Erinnerungskultur Hannover hat eine lange Tradition der Salonkultur. Prominentestes Beispiel dafür war der Salon der Künstlerin Käte Steinitz (1889–1975), wo sich regelmäßig Kurt Schwitters, El Lissitzky, Raoul Hausmann, László Moholy-Nagy, Ada und Theodor Lessing trafen, ehe Steinitz 1936 aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln in die USA emigrieren musste. Unsere Veranstaltungsreihe History at Home will durch das besondere Format des Salons die Geschichte Hannovers von der Jahrhundertwende um 1900 bis in die Gegenwart von einer anderen Seite beleuchten: Wo und wie haben die Menschen gewohnt, die Hannover positiv wie negativ geprägt haben? Wie hat sich die Umgebung ihrer ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätten verändert? Wer wohnt und arbeitet heute dort und was wissen die Menschen von ihren historischen Vorgänger*innen? Wie blicken wir heute auf sie? Diesen Fragen widmet sich jeweils ein Abend zu der Geschichte einer historischen Person und ihres gesellschaftlichen Wirkens. Die Salonveranstaltungen werden (wenn möglich) in deren ehemaligen Wohnungen und Wirkungsstätten statt-
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finden. Dabei sollen sowohl im positiven Sinne bedeutende Persönlichkeiten wie Hannah Arendt (1906–1975) als auch problematische Figuren wie Niedersachsens erster Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf (1893–1961) vorgestellt werden. Eingeladen werden zu jedem Abend die heutigen Bewohner*innen, Expert*innen zum jeweiligen historischen Kontext, ein*e Moderator*in vom Literarischen Salon Hannover und wenn möglich eine Person aus den Wirkungskreis der vorzustellenden historischen Person. Es soll ein offenes Gespräch mit dem Publikum entstehen, in dem die komplexen Verflechtungen von Person und Geschichte, von Individuum und Gesellschaft durchleuchtet werden. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716): Philosoph, Mathematiker, Jurist, Historiker und politischer Berater, wichtiger Vordenker der Aufklärung. Marie Ballauff, Therese Bremer, Mathilde Drees, Frieda Harms and Dr. Auguste Jorns: Die ersten fünf Frauen im Rat Hannovers (1919).
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Siegmund Seligmann (1853 – 1925): Vorstand der Continental-Caoutchouc- und Gutta-Percha Compagnie (heute Continental AG), in dessen Villa sich das Europäische Zentrum für jüdische Musik befindet.
Hinrich Wilhelm Kopf (1893 – 1961): erster Ministerpräsident des 1946 gegründeten Landes Niedersachsen, der in der Nachkriegszeit seine Verstrickungen in die Verbrechen des NS-Regimes verheimlichte.
Paul von Hindenburg (1847 – 1934): Oberste Heeresleitung im Ersten Weltkrieg, später Reichspräsident; ernannte 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler, ebnete mit Unterzeichnung der »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« den Weg in die NS-Diktatur.
Hannah Arendt (1906 – 1975): Philosophin, eine der wichtigsten politischen Theoretiker*innen und kritischen Publizist*innen des 20. Jahrhunderts. Rudolf Hillebrecht (1910 – 1999): Architekt und Stadtplaner, im Wiederaufbaustab Albert Speers, ab 1948 Stadtbaurat in Hannover, Planer des heutigen Cityrings und der »autogerechten« Stadt.
Carl Peters (1856 – 1918): Publizist, Kolonialimperialist und Afrikareisender mit ausgeprägt rassistischer Einstellung, einer der Gründer der Kolonie Deutsch-Ostafrika. Mary Wigman (1886 –1973): Choreografin, Tanzpädagogin und Pionierin des Ausdruckstanzes (»New German Dance«) mit ambivalenter Haltung zum NS-Regime. Kurt Schwitters (1887 – 1948): Maler, Bildhauer, Zeichner, Typograph, Schriftsteller und Raumkünstler, der unter dem Begriff MERZ eine Material- und Collagekunst zwischen Dada und Konstruktivismus entwickelte.
Rudolf Augstein (1923 – 2002): Herausgeber des 1947 in Hannover gegründeten Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL, wichtige Figur des Nachkriegsjournalismus. Zugesagte Partner*innen: Literarischer Salon der Leibniz Universität Hannover, Sprengel Museum Hannover, ZeitZentrum Zivilcourage
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Hannover Európske hlavné mesto kultúry 2025
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Verflechtungen
Erinnerungskultur Die europäische Kolonialgeschichte gilt als Geschichte der Männer: Von Kolonialpionieren, die einst auszogen, um andere Völker zu unterjochen, fernab der Heimat, wo die Frauen warteten. Die Verstrickungen von Frauen in Kolonialismus und Rassismus sind bis heute wenig erforscht. Darin zeigt sich die Macht patriarchalen Denkens, das die Frau nur als Opfer vorsieht, nicht als Täterin und Mitwisserin. Unser Projekt Verflechtungen will diese Lücke füllen, indem es fragt: Welche Rolle haben (weiße) Frauen im Kolonialismus gespielt und welche Rolle wird ihnen in der Geschichte zugeschrieben? Wie wirken die komplexen Verflechtungen von Rassismus und Sexismus bis in unsere Gegenwart nach? Und wie kann Feminismus heute – anders als in der ersten Frauenbewegung – transkulturell solidarisch gedacht werden? Um diesen Fragen nachzugehen, lassen wir die Archive des Landesmuseums Hannover aus postkolonial feministischer Perspektive sichten. Dafür richten wir ein Residence-Programm für vier internationale Künstler*innen ein, die die Sammlung im Kontext des europäischen Kolonialismus und der ersten Frauenbewegung untersuchen und künstlerisch verarbeiten werden. Der Zugang zu den Archiven des Landesmuseums wurde uns bereits zugesichert. Ein Beispiel für eine Künstlerin, die wir mit dieser Aufgabe betrauen würden, ist Grada Kilomba aus Portugal. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit Erinnerung, Trauma und der Dekolo- 55 Das Projekt wurde nisierung von Wissen. Kilomba ist 2024 umgesetzt. Was bekannt für ihre unkonventionelle damals niemand ahnen künstlerische Praxis, in der sie ih- konnte, war, dass Kilomba auf Grundren eigenen Texten Körper, Stim- lage ihrer Recherme und Bild verleiht.55 chen in Hannover das neue Standardwerk für post-koloniale Verstrickungen schreiben würde: »Alle deine Geister«, erschienen 2027.
Die Ergebnisse der Recherchen sollen in Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Hannover präsentiert und mit einem Rahmenprogramm weiterer Künstler*innen ergänzt werden, die thematisch im Spannungsfeld von Rassismus, Kolonialismus und Sexismus arbeiten. Dieses Programm umfasst Performances, Talks und Screenings und wird vom Landesmuseum Hannover kuratiert.
Zugesagte Partner*innen: Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Grada Kilomba, Anna Ehrenstein, ZeitZentrum Zivilcourage Weitere Partner*innen: Rajkamal Kahlon, Firelei Báez
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Die Stadt als Ganzes
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Erinnerungskultur Die Geschichte Hannovers wird nicht nur in Museen und Geschichtsbüchern festgehalten. Sie findet sich zum Beispiel auch in ungezählten Familienfotoalben sowie Werbe- und Industriefotografien dokumentiert, die in Aktenschränken und Schubladen liegen. Das Sprengel Museum Hannover widmet sich mit dem Projekt Die Stadt als Ganzes diesen unerforschten Schätzen in einer großen Foto-Ausstellung. So wird die private, künstlerische, bauliche und wirtschaftliche Geschichte der Region Hannover der letzten 100 Jahre in einer noch nie dagewesenen Vielfalt sichtbar. Der Ausstellung geht eine umfangreiche Recherche in privaten und öffentlichen Archiven voraus. Vom Sprengel Museum aus mäandert das Projekt in die ganze Region, indem andere Ausstellungshäuser, aber auch Schaufenster und Privaträume eingebunden werden. Beispielsweise mit abendlichen Projektionen von historischen Urlaubsdias in Parks oder indem Werbeflächen mit alter Werbe-, aber auch Alltagsfotografie bespielt werden. Weitere Partner*innen des Projektes sind das Historische Museum Hannover, das Team Erinnerungskultur und das Stadtarchiv Hannover. Erste Gespräche mit anderen Akteuren wie der Medizinischen Hochschule, dem Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte, der Messe und vielen weiteren zeigten bereits ein großes Interesse. Sie würden ihre Archive für das Projekt öffnen. Zugesagte Partner*innen: Sprengel Museum Hannover, ZeitZentrum Zivilcourage
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Adolf-Hitler-Straße
Erinnerungskultur An wen und was erinnern wir im 57 Im Auftrag des öffentlichen Raum? Und vor allem: Rates der LandesWie tun wir das? Black Lives Mat- hauptstadt Hannover ter hat jüngst auch in Europa wieder wurden zwischen 2014 Debatten über die Statuen, Plätze und 2018 etwa 500 Straßennamen auf und Straßennamen angestoßen, die NS-Verstrickungen dunkle Kapitel unserer Geschichte hin untersucht. Der würdigen. In Hannover stand zu- Beirat des Projekts letzt der Platz vor dem Landesparla- »Wissenschaftliche ment in der Kritik, der ursprünglich Betrachtung von nach dem ersten Ministerpräsiden- namensgebenden ten Hinrich Wilhelm Kopf benannt Persönlichkeiten« worden war und seit 2015 Hannah- empfahl davon 17 Umbenennungen. Arendt-Platz heißt.57 Solche Umbenennungen sind (erstaunlich) oft umstritten. Hier entladen sich Spannungen aus Privatem und Politischem, Gegenwart und Vergangenheit. Genau diesem Diskurs der Erinnerungskultur widmet sich unser Projekt Adolf-Hitler-Straße.. Das Projekt ist dabei gezielt partizipativ angelegt, indem es die Anwohner*innen aus 58 Hermann von WissStraßen mit kontroversen Namen mann (1853–1905): einbezieht. Beispiele dafür gibt es Befehlshaber der in Hannover genug: So waren die »Schutztruppe« in Wißmannstraße und die Nachtigal- Deutsch-Ostafrika, straße ursprünglich namhaften Ko- der dort den antikolonialen Widerlonialisten gewidmet.58 Andere Benennungen wie die Ost- stand blutig niederafrikastraße oder der Kamerunweg, schlagen ließ. erinnern ebenfalls an die Koloni- Gustav Nachtigal (1834–1885): »eralzeit, wurden aber beide 1937 im warb« als SonderbeSinne der nationalsozialistischen auftragter und Expansionspolitik benannt. Nach Reichskommissar dem Zweiten Weltkrieg wurden ei- Kamerun und Togo für nige Neubauviertel mit Straßenna- das Deutsche Kaisermen versehen, die die Erinnerung reich. In beiden an und den Anspruch auf »verlo- Fällen hatte bereits rene« Territorien im Osten wach- vor 2020 eine »Dehalten sollten; wie zum Beispiel das kolonialisierung« stattgefunden. Die Westpreußenufer. Straßen wurden Auf der Grundlage einer kritischen 2009/2010 umgewidmet Auseinandersetzung mit diesen Na- und haben seitdem men entwickeln die Anwohner*in- andere/neue Namensnen gemeinsam mit europäischen geber: Johann Carl Künstler*innen Interventionen un- Christoph Nachtigal terschiedlichster Natur: von histo- (1753–1819): Theorischen Rundgängen und Gedenk- loge, Philologe, Schriftsteller und platten, über Ausstellungen bis hin Erzählforscher. zu Performances. Dabei soll explizit Hermann Wißmann versucht werden, die Geschichte aus (1902–1933): Gewerkder Perspektive der Betroffenen und schafter, KPD-MitOpfer zu erzählen. glied und Sportler, Zugesagte Partner*innen: ZeitZentrum Zivilcourage
im Konzentrationslager Heuberg bei Stetten ums Leben gekommen.
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12. Können Sie Ihre Strategie, das Interesse eines breiten europäischen und internationalen Publikums zu wecken, im Detail erläutern? Eine Agora verdient ihren Namen nicht, wenn sie es nicht schafft, Menschen zu erreichen, sie einzuladen, an Verhandlungsräumen teilzunehmen. Natürlich hoffen wir, dass wir viele Europäer*innen durch unsere Erzählung, durch unseren Fokus auf Europa und durch unser Programm neugierig machen. Darüber hinaus setzen wir auf folgende Strategien: Nostalgie: In allen ehemaligen ECoCs sollen die ECoC-Plakate wieder aufgehängt werden, die damals genutzt wurden. Damit schaffen wir bei den Bürger*innen zunächst ein Moment der Verwunderung; insbesondere bei jenen, die erst vor kurzem ECoC waren. »Schon wieder?« Dann sieht man den Hinweis auf Hannover 2025 und die Einladung dort hinzureisen. Die Plakate werden außerdem auf Social Media gezielt an europäische Bürger*innen ausgespielt. de Saint Phalle x Kusama x Murakami: Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Schenkung von Niki de Saint Phalle an das Sprengel Museum Hannover würdigt das Museum die Künstlerin in einer gemeinsamen Ausstellung mit Yayoi Kusama und Takashi Murakami. Diese wird eine internationale Strahlkraft haben. Wie bei Saint Phalle trifft auch in den Werken von Kusama und Murakami Persönliches und Politisches, Buntes und Gewalttätiges 59 Die Ausstellung aufeinander. Eine weitere Besonwurde 2025 umgesetzt derheit, die die drei Künstler*innen und als »intergemeinsam haben, sind ihre Arbei- nationales Highlight ten für den öffentlichen Raum. Es im europäischen ist geplant, dass eine künstlerische Kunstkalender« Arbeit von Kusama oder Murakami gelobt (Saddhi 2025, (dauerhaft) in Hannover aufgestellt The Guardian). Schlagzeilen machte wird.59
vor allem die Aktion von Kusama, die einen 50 Meter hohen Kürbis (sic) mitten auf ein brachliegendes Feld in der Region Hannover stellte.
Retrospektive von Lovis Corinth: Zum 100-jährigen Todesjahr von Corinth wird das Niedersächsische Landesmuseum 2025 eine mehrwöchige Ausstellung zu dessen Gesamtwerk umsetzen. Lovis Corinth zählt zu den einflussreichsten Vertretern des deutschen Impressionismus.
Medienpartnerschaften: Bertelsmann ist ein Medien-, Dienstleistungs- und Bildungsunternehmen, das in rund 50 Ländern der Welt aktiv ist. Zum Konzernverbund gehören die Fernsehgruppe RTL Group, die Buchverlagsgruppe Penguin Random House, der Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr, das Musikunternehmen BMG, der Dienstleister Arvato, die Bertelsmann Printing Group, die Bertelsmann Education Group sowie das internationale Fonds-Netzwerk Bertelsmann Investments. Diese riesigen Kommunikationsressourcen wollen wir im Rahmen einer angestrebten Medienpartnerschaft nutzen, damit 2025 in ganz Europa kein Weg an Hannover vorbeiführt. Es gibt bereits Gespräche mit Bertelsmann, die nach Titelgewinn intensiviert werden.
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Messe: Die Deutsche Messe AG (DMAG) in Hannover richtet einige der größten Messen weltweit aus und zieht jährlich ein internationales Millionenpublikum an. Wir planen eine enge Zusammenarbeit mit der DMAG auf unterschiedlichen Ebenen, um die internationale Sichtbarkeit von Hannover 2025 zu stärken. Die DMAG wird die Kulturhauptstadt aktiv in die Vermarktung der Messen einbinden. So sind beispielsweise Besucher*innenpakete angedacht, die im Messeticket die Teilnahme an ECoC-Veranstaltungen beinhalten. Internationale Netzwerke: Alle bisher genannten Netzwerke (wie ICORN, UCOM, Städtepartnerschaften, Hansestädte etc.), mit denen wir im Rahmen unserer Projekte arbeiten werden, fungieren natürlich auch als Multiplikator*innen, die Hannover 2025 in ihre eigenen Netzwerke weitertragen. Digitales: Unsere Strategie für die Werbung im Internet beschränkt sich nicht auf die üblichen Social Media Kampagnen. Ganz Europa soll Hannover virtuell besuchen können. Jede Person, die die Agora-App installiert hat und sich in Hannover befindet, kann für eine andere Person ein Guide sein und ihr Teile der Stadt und des Kulturprogramms zeigen. Sei es durch Bilder, Stories, Sprachnachrichten oder Streams. Internationale Kampagne: Nicht zuletzt haben wir eine aufmerksamkeitsgenerierende Kampagne entwickelt, die in zahlreichen europäischen Metropolen zu sehen sein wird und deren Grundanlage weltweit und in allen Sprachen funktioniert. Siehe hierzu Frage 38/39. 13. Beschreiben Sie die Beziehungen, die zwischen Ihrem Kulturprogramm und dem Kulturprogramm anderer Städte, die den Titel »Kulturhauptstadt Europas« tragen, aufgenommen wurden oder aufgenommen werden sollen.
Strukturelle Kooperationen Vorhaben: Upgrade Hannover Zugesagte Städte: Novi Sad 2021, Esch-sur-Alzette 2022, Kaunas 2022, Bad Ischl 2024, Tartu 2024, Nova Gorica 2025, Piran 2025, Savolinna 2026, Tampere 2026, Faro 2027 Inhalte: Internationaler Expert*innen-Pool, Know-howTransfer der Capacity-Building- und der Professionalisierungsprogramme, Antrag auf EU-Fördermittel. Vorhaben: Evaluation Zugesagte Städte: Galway 2020, Rijeka 2020, Esch-surAlzette 2022, Kaunas 2022, Veszprém 2023, Bad Ischl 2024, Tartu 2024, Nova Gorica 2025, Piran 2025, Savolinna 2026 Inhalte: Vergleichbarkeit der Forschungsdesigns, Methoden, Zugang zu Datenressourcen, geteilte Veröffentlichungsplattformen; Konferenz 40 Jahre ECoC. Vorhaben: Vernetzung und Zusammenarbeit mit der lokalen kreativen Community Zugesagte Städte: Faro 2027 Inhalte: Austausch zum Aufnahmezustand und den Think Tanks der Projektentwicklung.
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Hannover Evropska prestolnica kulture 2025
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Programmatische Kooperationen Thema: Erinnerungskultur Zugesagte Städte: Kaunas 2022, Tartu 2024, Bad Ischl 2024, Piran 2025, Nova Gorica 2025 Inhalte: European perspectives on remembrance. Hannover: Befreit?, Adolf –Hitler-Straße, Blind Spots, Verflechtungen, History at Home Kaunas: Memory Program Tartu: Konferenz 20 Jahre EU-Osterweiterung Bad Ischl: What Happened to... Stories from the Edges of Darkness Nova Gorica: European Platform for Interpretation of XXCentury History Piran: Uprooted – Pan-European Art and History Initiative; für die Diskurse über Straßennamen bietet Piran einen Brückenkopf in die ganze Region mit dem Geschichtsraum K.u.K.-Monarchie, Ex-Jugoslawien, Balkan. Thema: Demokratie & Europa Zugesagte Städte: Piran 2025, Faro 2026 Inhalte: Pimp Your Twin Town goes ECoC! Piran erweitert die Politikplanspiele auf die ganze crossborder Region (Ungarn-Slowenien-Italien), Faro bietet eine südeuropäische Perspektive. Zugesagte Städte: Savonlinna 2026, Tampere 2026 Inhalte: Gender Equality in Kunst und Gesellschaft Hannover: UCOM Gender Equality Initiative, Savonlinna: Minna Canth House – historisches Erbe der Frauenbewegung, Netzwerke, Residencies Tampere: Concepts of Equality. Zugesagte Städte: Tampere 2026, Tartu 2024 Inhalte: Meinungsfreiheit, Digitalisierung, Diskurse über Europa und Demokratie Hannover: Art of Coding, Trollfabrik for Good, Mobile Agora, Schriftsteller*innenkonferenz Tampere: To Learn to Read, Write Tartu: Prima Vista Literaturfestival Zugesagte Städte: Nova Gorica 2025 Inhalte: Grenzgeschichten Hannover: Sichere Häfen, Wind of Change Nova Gorica: March of Friendship. Zugesagte Städte: Veszprém 2023 Inhalte: Demokratische Verhandlungsprozesse Hannover: Mobile Agora, Agora-Theater, AGGRRRRO!, Zentren der Macht Veszprém: Balaton Free Republic.
Thema: Nachhaltigkeit Zugesagte Städte: Bad Ischl 2024, Bodø 2024, Tartu 2024 Inhalte: Drei Nachhaltigkeitskonzepte der ECoCs 2024 dargestellt und ergänzt in Hannover 2025 Tartu: Tartuer Weltuniversität, Meinungsfestival der europäischen Studierenden Bad Ischl: Life Factory, Perspectives, Hallstatt Disappeares, Hyper Critical Mass B145 Bodø: Join 2024. Zugesagte Städte: Tampere 2026 Inhalte: Nachhaltigkeit und Patrizipation Hannover: Art of Noise, Notfallskonzerte, Natur-Theater Tampere: Touch of Water. Zugesagte Städte: Savonlinna 2026, Faro 2027 Inhalte: Gartenkultur und Innovationen Hannover: Grünes Hannover, Natur-Theater Savonlinna: Kesämökki-Kultur Faro: Faro Rooftop Festival, Netzwerk der Dachgärten als Kreativorte. Zugesagte Städte: Bad Ischl 2024, Faro 2027 Inhalte: Privater versus öffentlicher versus digitaler Raum Hannover: Salonkulturprojekte Bad Ischl: Surf the SKGT Couch Faro: Europe at Home.
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Erreichung und Einbindung der Gesellschaft 14. Erläutern Sie im Detail, wie die örtliche Bevölkerung und Ihre Zivilgesellschaft bei den Bewerbungsvorbereitungen eingebunden wurden und wie sie an der Durchführung des Veranstaltungsjahres teilhaben werden.
Begeisterung in der Stadt: 12. Dezember 2019: Das Rathaus in Hannover ist berstend voll. Über 600 Menschen versammeln sich, um in einem Public Viewing die Verkündung der ECoC-Shortlist zu verfolgen. Die Bilder der jubelnden Menschen werden am nächsten Tag auf der Titelseite der Zeitungen sein. Eine solche Begeisterung für Hannovers Bewerbung zeigte sich auch in dem Sturm auf unser erstes Bid Book: Als wir am selben Tag unseren »Roman« als Taschenbuch veröffentlichten, war die erste Auflage sofort ausverkauft. Der Andrang war so groß, dass wir die Stückzahl begrenzen mussten, die eine Person kaufen konnte. Kurz darauf meldeten sich Buchhandlungen bei uns und wollten wissen, wie man an die Bücher rankäme. Und auch die zweite Auflage war in zwei Stunden vergriffen. Insgesamt haben wir 1.500 Bid Books unter die Hannoveraner*innen gebracht; dazu kommen über 20.000 Downloads. Für Aufsehen hatte auch das Design unseres Bid Books gesorgt. Die komplexe Gestaltung, die stilistisch mit Schwitters’ Merzbau spielt, wurde nicht nur von der Presse gefeiert: Sie bekam drei der wichtigsten Design-Auszeichnungen weltweit, den iF-Design-Award, den Red Dot Award 2020 und den German Design Award 2021 verliehen. Das Buch überzeugte die internationalen Jurys durch seine Gestaltung, detaillierte Typographie und Materialität: »Schon beim Betrachten des Titels wird die geballte Kraft der Bewerbung sichtbar« (iF-Design-Award). Eines der wenigen originalen Exemplare des Bid Books wurde für 2.400 Euro für einen guten Zweck versteigert. So viel wurde noch nie für ein Bid Book bezahlt. Die positive Wahrnehmung von Hannover 2025 zeigte sich auch in einer repräsentativen Um60 Seit 1969 führt frage von 2018, in der die Bürger*innen neben Fragen zu Wohn- die Stadt Hannover regelmäßig alle drei und Lebensqualität auch nach ihrer Jahre kommunale Meinung zur Kulturhauptstadtbe- Bürgerumfragen zur werbung befragt wurden. 71 Pro- Stadtentwicklung zent bewerteten die Bewerbung als durch. Das tut sie positiv (»sehr gut« oder »gut«). bis heute. Lediglich elf Prozent aller Einwoh- Trivia: Es wird seit ner*innen gab eine negative Bewer- 2047 auch die Frage aufgenommen, ob tung (»weniger gut« oder »gar Hannover sich an der nicht gut«) ab.60
Kolonisierung des Mars aktiv beteiligen sollte.
Veranstaltungsreihe: In Zusammenarbeit mit der Volkswagen-Stiftung gab es eine Veranstaltungsreihe, die den Bürger*innen einige Themen unserer Bewerbung und deren Bezug auf Hannover und die Region näherbringen sollte. Gleichzeitig hatten diese Podiumsdiskussionen aber auch für uns Lerneffekte, die wir unmittelbar in Projekte übersetzen konnten. Die Veranstaltung mit dem Titel »Wie geht grüne Stadt?« beschäftigte sich zum Beispiel damit, wie durch grünere Stadtplanung nicht nur die Luft verbessert wird, sondern auch neue Orte des Austauschs entstehen. Viele der besprochenen Punkte haben wir direkt für unsere Projekte Die Mergelgrube – ein postindustrieller Garten (S.37) und Los! (S. 27) umgesetzt. Eine andere Veranstaltung nahm unser Konzept der »Digitalen Agora« auf und fragte nach digitalen Räumen, die Demokratien brauchen. Hieran haben wir in Don’t Mesh With Me! (S. 49) angeknüpft. Besonders lehrreich war jedoch die Veranstaltung zu Obdachlosigkeit in Hannover. Im voll besetzten Saal waren nicht nur das übliche bürgerliche Publikum, sondern auch viele Menschen ohne festen Wohnsitz sowie Mitglieder der neu gegründeten Selbstvertretung obdachloser Menschen. Ihre Botschaft: »Wir werden von euch in ein weißes Schloss eingeladen, können uns aber nicht mal das Ticket hierher leisten. Kommt stattdessen doch mal zu uns und redet mit uns, statt über uns.« Und genau das haben wir mit unserem Projekt Los! (S. 27) vor, bei dem wir die Community am Raschplatz in die Organisation der unterschiedlichen Stationen des Projektes einbinden. Beteiligungsgremien: Zur Einbindung lokaler Akteure in den Bewerbungsprozess wurden bereits 2018 vier partizipative Gremien eingerichtet. Besonders wichtig für die Einbindung der Bürger*innen ist unser Beirat. Er versammelt 25 Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Gruppen wie das Straßenmagazin Asphalt, den Stadtschülerrat, den Frauennotruf, den Stadtsportbund, einen Verein für Menschen mit Behinderung, Umweltschutzvereine und weitere. Ziel des Beirats ist es, insbesondere jene Formate zu begleiten, die sich an alle Gruppen der Stadtgesellschaft richten. Auch 2020 haben all unsere Gremien wieder getagt – bis Corona kam. Am 17. März haben wir unser Büro an einem Tag geräumt und ins Digitale verlagert. Unsere Beteiligungsmaschinen kamen deshalb zwar nicht zum Erliegen, wurden aber in jedem Fall deutlich verlangsamt. Einbindung von Studierenden: In Kooperation mit dem künstlerischen Team und dem Bund Deutscher Architekten (BDA) haben Studierende der Hochschule Hannover ein Semester lang an dem zentralen Projekt Los! der Kulturhauptstadtbewerbung gearbeitet: Das Projekt Los! wird der Ausgangspunkt der Besucher*innen und somit ihr erster Kontakt mit Hannover 2025 sein. Für dieses Projekt haben die Studierende verschiedene nachhaltige Konzepte entworfen, die die unterschiedlichen Möglichkeiten der Nutzung dieses Raumes verdeutlichten und inspirierende Ideen für die Schaffung weiterer Orte des gemeinschaftlichen Miteinanders beinhalten.
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Große Regionstour: Nach Verkündung der Shortlist haben wir uns mit 21 Bürgermeister*innen der Region und dem Regionspräsidenten zusammengesetzt und uns gefragt: Wie können wir die Region noch stärker einbinden? Die Idee: Eine Roadtour durch alle Kommunen! Diese sollte nicht nur Neugier für die Bewerbung schaffen, sondern auch die strukturelle Zusammenarbeit und kulturelle Vernetzung vorantreiben. In den Diskussionsrunden unserer Roadtour mit Bürger*innen und Kulturaktiven gingen über Hundert Ideen und Vorschläge ein, die vom KT weiterbearbeitet wurden und von denen einige in Projekten umgesetzt wurden. Hierfür haben wir eine temporäre Koordinationsstelle eingerichtet, als Link zwischen Bewerbungsteam und Region. Bürger*innen-Fonds: Den Ideenreichtum der Bürger*innen wollen wir für 2025 noch mehr beflügeln und richten deshalb einen Fonds ein, wo sich Bürger*innen der Region um Gelder für ihre eigenen Projekte bewerben können, die sie dann eigenverantwortlich umsetzen werden. Dadurch entsteht ein starkes Stakeholdership, da Bürger*innen hier nicht nur Kommunikator*innen sind, sondern selbst Veranstalter*innen. Experiment Straßenkunst: Kunst im öffentlichen Raum hat in Hannover eine lange Tradition: Im Lauf der Jahrzehnte wurden mehr als 200 Skulpturen, Plastiken und Installationen im Stadtraum platziert. Kaum eine andere deutsche Stadt weist eine so hohe Dichte auf. Als eine der ersten deutschen Kommunen holte sich Hannover in den 1970er-Jahren mit dem Straßenkunstprogramm zeitgenössische Kunst gezielt in öffentliche Räume. Wer heute durch die Stadt läuft, kann die Kunst nicht umgehen. Das gleichnamige Vermittlungsprogramm ist bis heute erfolgreich und findet damit überregionale Beachtung. Hier soll ein neuer, niedrigschwelliger Schwerpunkt gesetzt werden.
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15. Wie wird der Titel in Ihrer Stadt für die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen neue und nachhaltige Möglichkeiten schaffen, an kulturellen Aktivitäten teilzuhaben oder daran mitzuwirken, insbesondere für junge Menschen, Freiwillige, Randgruppen und benachteiligte Gruppen wie Minderheiten? Bitte erläutern Sie auch, wie diese Aktivitäten auch älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht werden. Nennen Sie die betreffenden Teile des Programms, die für diese verschiedenen Gruppen geplant sind.
Diversität des Programms Die antike Agora kannte eine klare Trennung zwischen InGroup und Out-Group. Deshalb haben wir uns bei der Programmentwicklung mit der Frage auseinandergesetzt: Wer wird heute ausgeschlossen? Diese Haltung führte dazu, dass wir Partizipation zur Leitlinie unserer Projekte erklärt haben. Hierfür stehen sowohl unsere Beteiligungsgremien als auch Upgrade Hannover Pate; da im Rahmen von Upgrade Hannover zu allen Projektentwicklungen Partizipationsexpert*innen hinzugezogen werden. Was unser vorliegendes Programm angeht, haben wir uns bewusst entschlossen, marginalisierten Randgruppen nicht einfach nur Projekte zu widmen (beispielsweise »Konzert für Gehörlose«). Stattdessen beziehen wir Personen aus den un61 Es ist in der Tat terschiedlichsten Communities diauffällig, dass im rekt in unsere Projektentwicklung und -umsetzung ein. 61 Bid Book zahlreiche Künstler*innen mit Das ist ein Ergebnis einer kritiBehinderung auf- schen Auseinandersetzung mit ungelistet werden, serer eigenen Arbeitsweise in der deren Behinderung ersten Bewerbungsphase: Statt jedoch nicht aus- zum Beispiel Projekte erst zu entgewiesen wird; außer wickeln und uns dann im Inklusies spielt für das ons-Check zu fragen, ob diese injeweilige Projekt eine Rolle. klusiv genug sind, hätten wir von Heute ist das selbst- Anfang an stärker Personen aus den verständlich. Anfang unterschiedlichen Communities des 21. Jahrhunderts einbinden müssen. Das war eine wurde die Beteiligung wichtige Learning Curve für 2025, von behinderten die uns von nun an durchgehend Menschen jedoch begleiten wird. tendenziell hervorgehoben, um deutlich zu machen, wie progressiv man sei.
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Hannover Evropské hlavní město kultury 2025
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Einbindung von Freiwilligen Der Anspruch von Diversität wird sich auch in unserem Freiwilligenprogramm niederschlagen. Hier planen wir ein europaweites Recruiting-Programm, das besonderen Wert darauf legt, dass unser Pool an Freiwilligen möglichst divers ist – hinsichtlich Gender, Race, Alter, Körper. Hierbei können wir uns glücklich schätzen, in Hannover ein so riesiges Aktivierungspotential an Freiwilligen zu haben. Über 150.000 Menschen sind in der Region ehrenamtlich tätig. Diese starke Tradition spiegelt sich auch in der Verwaltung wieder: Als eine der wenigen deutschen Großstädte hat Hannover einen eigenständigen Verwaltungsbereich für bürgerschaftliches Engagement und ein Freiwilligenzentrum. Ein Blick zurück auf die EXPO 2000 verdeutlicht unsere Kapazitäten: Dort fanden an 160 Tagen Paraden statt, für die allein 25.000 Freiwillige eingesetzt wurden. Nur für die Paraden! Für uns heißt das: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern können auf das Know-how vor Ort zurückgreifen. Hierfür werden wir mit ehemaligen Verantwortlichen der Expo zusammenarbeiten, von denen noch viele im Rathaus tätig sind, sowie mit Verantwortlichen der Special Olympics Deutschland, die 2016 in Hannover stattfanden. Außerdem werden wir im Rahmen unserer Partnerschaft mit dem Deutschen Evangelischen Kirchentag zusammenarbeiten, der 2025 in Hannover stattfinden wird und auf jahrzehntelange Erfahrung im Freiwilligen-Management für Großevents mit Hunderttausenden Besucher*innen zurückblickt. Bei der Rekrutierung werden wir außerdem mit der Niedersächsischen Landesvereinigung für kulturelle Bildung kooperieren. Sie ist das Bindeglied zwischen Kulturinstitutionen und jungen Menschen, die ein freiwilliges Kulturjahr absolvieren wollen. Geschult werden die Freiwilligen durch die Volkshochschule Hannover, die bereits die ehrenamtlichen Integrationslotsen ausgebildet hat und gerade für die Erwachsenenbildung ein Fortbildungsprogramm aufbaut, das Weiterbildungsinhalte durch Kunst vermittelt. Eine besondere Zusammenarbeit soll es mit den Stadtteilmüttern und -vätern geben. Dabei handelt es sich um ein Programm der 50 Familienzentren in Hannover, in dem engagierte Mütter und Väter sich in der Volkshochschule Hannover weiterqualifizieren. Sie sind ein wichtiges muttersprachliches Bindeglied zwischen Familie, Familienzentrum und Angeboten in sozialen Brennpunkten. Wir wollen sie als Volunteers und Botschafter*innen von Hannover 2025 gewinnen, da sie neue Zielgruppen in ihren Stadtteilen erschließen und mit ihrer Mehrsprachigkeit als Ansprechpartner*innen für unsere ausländischen Besucher*innen helfen können. Auch hierfür legen wir mit der Volkshochschule Hannover ein eigenes Schulungsprogramm auf.
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Projekte mit Bürger*innen
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Future Residential Lab Europas Gesellschaft altert. Vor allem in unseren wachstumsoptimierten Städten gehören ältere Menschen jedoch oft schlicht nicht mehr zur Zielgruppe. Für die einzelnen Personen bedeutet das oftmals einen schleichenden Ausschluss aus der Stadtgesellschaft und nicht selten Vereinsamung. Wie können wir also dafür Sorge tragen, dass unsere Städte für Ältere lebenswert bleiben? Mit unserem Future Residential Lab wollen wir auf diese Frage baulich-künstlerische Antworten finden. Dazu gründen wir 2023 das Komitee für eine fortgeschrittene Gesellschaft. Es setzt sich zusammen aus hannoverschen Senior*innen sowie unseren bereits zugesagten Projektpartner*innen. Das Komitee
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schreibt einen Wettbewerb aus, der sich an Künstler*innen, Stadtplaner*innen, Aktivist*innen und Architekt*innen richtet. Gesucht werden Ideen für baulich-künstlerische Interventionen, die das Altern in der Stadt neu denken. Das Komitee wählt die 25 vielversprechendsten Vorschläge aus. Anders als bei vergleichbaren Ausschreibungen muss bei der Umsetzung ein Einbeziehen der zukünftigen Nutzer*innen (also älteren Personen) gewährleistet werden. Das Ergebnis ist keine klassische Bauausstellung, sondern eher eine Mischung aus Kunstausstellung und Testquartier, die während des Kulturhauptstadtjahres Veranstaltungsort für unterschiedlichste Formate und Events sein kann. Interventionen, die gut funktioniert haben, sollen durch die Baugesellschaft hanova verstetigt und als Bauprojekte umgesetzt werden.
Zugesagte Partner*innen: hanova WOHNEN GmbH, PLATZprojekt e. V., Kollektiv Assemble, Preisstiftung Humanes Wohnen – Carl-Friedrich Fischer, Wohnblau e.G., European Youth Circus Organisation (EYCO), Bund Deutscher Architekten Hannover e. V. (BDA), Endboss GmbH Weitere Partner*innen: Seniorenbeirat der Landeshauptstadt Hannover, Seniorenheime
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Mapping of … Kioske sind Knotenpunkte unserer Stadtviertel. Jeder ist eine kleine Insel der Nachbarschaftlichkeit. Hier treffen die unterschiedlichsten Menschen aufeinander, tauschen sich aus, hier beginnt oder endet die Nacht. Fast immer werden sie von postmigrantischen Besitzer*innen betrieben. Ihre Geschichten führen uns in alle Winkel Europas, vor allem in die Türkei, aus denen sich vor Jahrzehnten Arbeiter*innen auf den Weg gemacht haben. Diese Migrationsgeschichten schreiben sich auch in die Gestaltung der Kioske ein, werden gesampelt mit anderen Elementen Hannovers. 62 Geplant war auch Wir werden sämtliche Kioske Hannovers dokumentieren, all ihre Geeine künstlerische Auseinandersetzung: meinsamkeiten und Eigenarten, »Zuschauer*innen um so ein Stück Migrationsgefolgen einem Par- schichte unserer Stadt festzuhalten. cours von Kiosken. Mapping of … ist eine Inventur von Dort erwartet sie Namen, Schaufenstern, Grundrisjeweils eine Per- sen, Rezepten und Einrichtungsformance, Theater- gegenständen, die um Interviews szene oder eine mit Kundschaft und Besitzer*inRauminstallation. nen ergänzt wird. So entsteht eine Inszenierte und erlebte Wirklichkeit Mischung aus Reiseführer, Katavermischen sich zu log und Manual. Mal traurig, mal einer neuen Erfahrung ernst, mal politisch, mal persönlich, mal alles auf einmal. 62 des Stadtviertels und seiner Bewohner*innen. Angedachte Künstler*innen waren Pinar Akbulut, Nurkan Erpulat, Manal Khader und Rabih Mroué, Ayham Majid Agha, Nevin Aladağ, Fatih Akın, Amirhossein Mashaherifard und Christian Weise.« (dok_dk_2806)
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Hannover Európa Kulturális Fővárosa 2025
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16. Erläutern Sie im Detail Ihre Strategie zur Erreichung neuer Publikumskreise, insbesondere zur Verzahnung mit dem Bildungsbereich und zur Einbeziehung von Schulen. Die antike Agora kannte keinen Platz für Kinder. Niemand fragte sie, in welcher Welt sie leben wollten. Wir wollen ihre Meinungen und Beiträge wertschätzen und widmen ihnen deshalb eines von zwölf Modulen der Mobilen Agora. Darüber hinaus gibt es strukturelle Einbindungen von unterschiedlichen Schulen sowie die programmatische Einbindung durch Projekte, die sich explizit und nur an Kinder und Jugendliche wenden.
Strukturelle Einbindung Zur strukturellen Einbindung weiterführender Schulen arbeiten wir mit dem Netzwerk SCHULE:KULTUR! zusammen. Es handelt es sich um einen Verbund von 36 niedersächsischen Schulen (zehn davon in der Region Hannover), die Kunst und Kultur fest im schulischen Alltag verankert haben. Kultur wird hier als Motor eines ganzheitlichen Lernprozesses verstanden und wirkt qua Curriculum in den Unterricht aller (!) Fächer hinein. Mehr noch: Die Kurt-Schwitters-Schule und das Gymnasium Limmer haben bereits eine Kooperation zugesagt. Zwei Beispiele dafür, wie eine solche Verknüpfung von ECoC und Lehrplan aussehen könnte: Im Fach Biologie/Geografie könnte man die Schüler*innen in unser Projekt Reclaiming Mittelland (S. 31) einbinden. Hier bauen sie aus Müll (Fässern, Behältern, Paletten), die aus dem Mittelandkanal gefischt werden, Kulturplattformen. Dabei lernen sie zugleich etwas über die Folgen überholter Methoden der industriellen Produktion und Entsorgung. Zweites Beispiel: Viele Schulen haben Streitschlichter*innen-Programme, in denen Schüler*innen beigebracht wird, Konflikte produktiv und eigenständig zu lösen. Hier bietet sich eine Kooperation mit unserem Projekt AGGRRRRO! an (S. 42), das den Schüler*innen Konfliktlösungsmethoden von Kulturen aus aller Welt nahebringen wird. Zur Einbindung von Grundschulen arbeiten wir mit dem Netzwerk Demokratie von Anfang an zusammen, das seit 2006 Kinderkonferenzen zur Demokratiestärkung im Grundschulbereich organisiert. Pro Jahr gibt es zwei Konferenzen und ein Vernetzungstreffen im Rathaus anlässlich des Weltkindertags, in Zusammenarbeit mit Politik zum Anfassen, Grundschulen und Landesschulbehörde. Hier können die Kinder ihre eigenen Ideen zur Verbesserung ihrer Schulen vorstellen und dafür Gelder beantragen – sei es für einen kleinen Schulgarten, bunte Klos, neue Spielsachen oder Bio-Essen für die Mittagspausenbetreuung. Zwei Schüler*innen und Lehrer*innen repräsentieren dabei jeweils eine Grundschule. Das Ganze ist als spielerische Auseinandersetzung mit demokratischen Verhandlungsprozessen, nicht als Wettkampf konzipiert. Dies wird durch ein eigenes Budget zur Umsetzung der Projekte sichergestellt. Im Fokus stehen also die Erfolgserlebnisse und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit durch Teilhabe an demokratischen Verhandlungen.
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Multilinguale Literaturförderung Lesen Sie diesen Satz zweimal: Jedes fünfte Kind, das in Deutschland die Grundschule abschließt, kann nicht richtig lesen und schreiben. Nochmal: Jedes fünfte Kind, das in einem der reichsten Länder der Erde die Grundschule abschließt, kann nicht richtig lesen und schreiben. Wir wollen die Lese- und Schreibkompetenz von Kindern und Jugendlichen fördern – und zwar multilingual. Glücklicherweise ist Hannover hierfür schon jetzt ein Hotspot: angefangen beim jährlichen Bilderbuch-Sonntag mit seinem vielfältigen Programm für Kinder ab dem ersten Lebensjahr über die Men63 Bei den Lese- und tor-Lesehelfer*innen bis zum Kinderliteraturfestival Salto Wortale. Schreibfähigkeiten von Kindern gab es Natürlich haben Kinder je nach (in Deutschland) Alter unterschiedliche Bedürfniserhebliche Fort- se und Möglichkeiten. Das berückschritte. Sprach- sichtigen wir durch zwei Pilotprowissen- jekte im Kinder-Modul der Mobilen schaftler*innen sind Agora Agora, die sich an unterschiedliche sich weitestgehend Altersgruppen wenden. 63
darin einig, dass ein entscheidender Faktor hierfür war, dass man in der Bildungsreform von 2041 festlegte, einen Rahmen für die Förderung multipler Muttersprachen zu etablieren. (Günas et al. 2055).
Für Kinder vom ersten Lebensjahr bis Grundschulalter arbeiten wir mit dem Projekt »Mit kultureller Bildung von der Kita in die Schule«. Es bringt Kinder, Erzieher*innen und Eltern zusammen, um Kindern durch gemeinsames Spielen, Musizieren und Vorlesen Zugang zu Literatur zu schaffen. Für 2025 werden sie ein eigenständiges Programm für die Mobile Agora aufsetzen, das thematisch mit dem »Erwachsenen-Programm« spielt. Angeboten wird dieses in den meistgesprochen Sprachen Hannovers: Türkisch, Arabisch, Englisch und Deutsch.
Für Jugendliche an weiterführenden Schulen wollen wir nicht nur Leseförderung anbieten, sondern sie auch in Workshops zur Textproduktion ermutigen. 2024 werden in der Mobilen Agora Poetry-Slam und Creative-Writing-Workshops angeboten, organisiert von der Initiative Macht Worte. Die Workshops werden von internationalen Slammer*innen aus den vier unterschiedlichen Sprachen geleitet und sollen den Schüler*innen die Möglichkeit geben, sich künstlerisch auszudrü64 Historischer cken. Gemeinsam mit dem Pariser KunstKollektiv entstehen außerKontext: Hannover richtete 2017 die dem Poetry-Slam-Clips mit Texten deutschsprachigen aus den Workshops. All dies gipfelt Poetry-Slam-Meister- 2025 in einem Slam im Opernhaus, schaften aus und ist wo die Schüler*innen auf der groseitdem eine der ßen Bühne stehen. 64 wichtigsten Städte für die internationale Szene. (Fischer 2017)
Geplante Partner*innen: Mentor-Die Leselernhelfer Hannover e. V., Kinderliteraturfestival »Salto Wortale«, »Macht Worte!« – Slam Poetry und Live-Literatur in Hannover, Dr. François Conrad (Pariser Kunstkollektiv)
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Pimp your Twin Town!
NETKIDz.eu
Pimp Your Town! ist ein temporäres Pop-up-Jugendparlament, das vom hannoverschen Verein Politik zum Anfassen seit mehr als zehn Jahren organisiert wird. Hier entwickeln Jugendliche mit Kommunalpolitiker*innen eigene Anträge, von denen in den letzten Jahren über 50 realisiert wurden. Für 2025 starten wir eine europaweite Variante des Projektes: In Pimp Your Twin Town! (PYTT!) kommen Jugendliche aus Hannover und Hannovers Partnerstädten zusammen, um sich über aktuelle kommunale und europäische Fragen auszutauschen. Einen ersten erfolgreichen Praxistest gab es bereits mit unseren Partnerstädten Bristol (Vereinigtes Königreich) und Rouen (Frankreich). Bis 2025 werden wir jährlich ein PYTT! mit weiteren europäischen Städten veranstalten. Hier stehen wir mit unseren Partnerstädten Perpignan (Frankreich) und Poznań (Polen) sowie mit der ECoC-Bewerberstadt Piran (Slowenien) bereits in Kontakt. Im Kulturhauptstadtjahr wird dann eine große europäische Jugendkonferenz in Hannover stattfinden. Dort treffen alle 65 Da das Projekt Teilnehmer*innen der bisherigen auch unabhängig von PYTT! aufeinander und bleiben so ECoC weiterbetrieben auch langfristig vernetzt. Sowohl wurde, konnte sich die Jugendkonferenz als auch die dieses in der Tat einzelnen PYTT!-Events -Events werden europaweit etabliekünstlerisch dokumentiert und in- ren. »PYTT!« wurde szeniert. Langfristiges Ziel ist es, bis 2054 umgesetzt. Über 30 Mio. Schüdass unsere Partnerstädte mit ihren ler*innen nahmen insPartnerstädten ein PYTT! umset- gesamt daran teil. zen, sodass sich das Projekt schnee- Während also die ballartig weltweit etabliert. 65 Mitgliedstaaten in
Reisen, ohne das Haus zu verlassen: Genau dafür schaffen wir eine interaktive Plattform, die es Kindern in ganz Europa erlaubt, sich gegenseitig ihre Welt und Kultur zu zeigen. Gemeinsam gehen sie trotz großer Distanzen auf Erkundungstour: Wie gestaltet sich der Alltag von Kindern in anderen Teilen Europas? Wie wohnen sie dort? Welche Sprachen spricht man dort? Was sind Kinder- und Menschenrechte? Woran glauben die Menschen in Europa? Welche Tiere und Pflanzen gibt es noch? Dadurch lernen sie nicht nur etwas über die kulturelle Vielfalt des Kontinents, sondern es entsteht auch ein Gefühl von Gemeinschaft. Mit medienpädagogischen Vermittlungskonzepten werden diese und weitere Themen kindgerecht aufb ereitet und in einem geschützten Rahmen vermittelt. Für die Umsetzung des Projektes arbeiten wir eng mit der Fachhochschule Potsdam zusammen. Die Pilotierung wird fachlich begleitet durch Prof. Dr. Judith Ackermann (Digitale Medien in der Sozialen Arbeit), Prof. Dr. Irene Dittrich (Theorie und Praxis der Kindheitspädagogik) und Robert Fischbach (Bildungsforschung Kindheit und Erziehung). Wichtige Partnerin ist außerdem das internationale Netzwerk UNESCO-Projektschulen, die in ihrem Schulalltag und der pädagogischen Arbeit die Ziele und Werte der UNESCO verankert haben.
Zugesagte Partner*innen: Politik zum Anfassen e. V., Partnerstadt Bristol (England), Partnerstadt Rouen (Frankreich) Weitere Partner*innen: Partnerstadt Perpignan (Frankreich), Partnerstadt Poznań (Polen), Partnerstadt Piran (Slowenien), Partnerstadt Jekaterinburg (Russland)
den 2020er- und 2030er-Jahren immer weiter auseinanderdrifteten, spannten deren Städte im Gegenzug ein immer dichter werdendes Netz an Gemeinschaftlichkeit; siehe hierzu »Die Vereinigten Städte von Europa« von Pessoa (2058). Und genau das war ja die Vision von Hannovers Bewerbung: Starke Städte stehen Europa bei und nicht umgekehrt. Denn es waren und sind die Städte, die sich von nationaler Politik loslösen können, um grenzüberschreitende Gemeinschaft zu stiften.
Zugesagte Partner*innen: Fachhochschule Potsdam Weitere Partner*innen: UNESCO-Projektschulen
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Verwaltung 17. Bestätigen Sie bitte die Budgetzahlen in den nachstehenden Tabellen oder aktualisieren Sie diese. Erläutern Sie etwaige Unterschiede im Vergleich zur Vorauswahlphase. / 18. Operatives Gesamtbudget (d.h. Mittel, die eigens für die Deckung der operativen Ausgaben bereitgestellt werden): / 19. Wie schlüsseln sich die Einnahmen aus dem öffentlichen Sektor auf, die zur Deckung der operativen Ausgaben dienen? Bitte füllen Sie nachstehende Tabelle aus. / 20. Haben die Finanzbehörden (Stadt, Region, Land) bereits über finanzielle Verpflichtungen zur Deckung der operativen Ausgaben abgestimmt oder sind sie solche Verpflichtungen bereits eingegangen? Wenn nein, wann werden sie dies tun?
Einnahmen aus dem öffentlichen Sektor: An unserem Gesamtbudget hat sich seit der Vorauswahl nichts geändert: Es bleibt bei 80 Millionen Euro. Das ist in Zeiten von Corona alles andere als selbstverständlich! Geändert haben sich lediglich die Beteiligungsanteile. Der Sponsoring-Anteil aus dem privaten Sektor ist erwartungsgemäß gesunken, da Unternehmen und Stiftungen derzeit keine Planungssicherheit haben. Dafür hat das Land Niedersachsen deutlich mehr zur Verfügung gestellt als zunächst angenommen. Nicht nur deshalb wollen wir an dieser Stelle betonen, wie überaus dankbar wir für das Vertrauen und die Zusagen von Land, Region und Stadt sind. Ihre finanzielle Unterstützung für Hannover 2025 wurde zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen – Corona hin oder her.
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Öffentliche Mittel
e)Finance Bid Book 1 Bid Book 2 in %
Beschreibung/Anmerkung
Bund
20 Mio.
20 Mio.
25%
Der Bund möchte keine Vorabzusagen über die Fördersumme geben. Das ist eine sehr bedauerliche Entscheidung, insbesondere, da Deutschland im Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. In einer gemeinsamen Initiative haben sich alle Bewerberstädte in einem Schreiben am 27.08.2020 gemeinsam an den Bund gewendet. Sie forderten vom Bund ein klares finanzielles Bekenntnis vor Titelvergabe in Höhe von 30 Mio. Euro für den Titelträger und zusätzlich 5 Mio. Euro für die vier zweitplatzierten Städte. Von diesem Betrag wird Hannover 15 Mio. Euro an die vier anderen deutschen Bewerberstädte abgeben, damit diese zumindest Teile ihres Programms umsetzen können. Daher kalkulieren wir lediglich mit 20 Mio. Euro für »unser« Kulturhauptstadtjahr.66
Land
18 Mio.
25 Mio.
31,25%
Es bleibt bei der Beteiligung, die mit dem Schreiben vom 27.11.2019 zugesagt wurde (Kabinettsbeschluss).
Stadt
18 Mio.
18 Mio.
22,50%
Die Drucksache vom 16.05.2019 durch Ratsbeschluss besteht weiter.
Region
7,2 Mio.
7,2 Mio.
9%
Ein Letter of Intent liegt in Form einer Beschlussdrucksache der Regionsversammlung vom 15.08.2019 vor.
3,75%
All unsere Projekte haben einen europäischen Bezug und viele davon das Potential, die notwendige Komplexität, Vernetzung und den europäischen Mehrwert zu erreichen, um EU-Fördermittel zu erhalten. Hierfür kommen unterschiedliche Fonds in Frage; siehe Frage 21.
Privater Sektor
EU
Wirtschaft
9 Mio.
2 Mio.
3 Mio.
4,5 Mio.
1 Mio.
5,63%
Die Corona-Krise wird vermutlich den größten wirtschaftlichen Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg zur Folge haben. Das Fördervolumen der Privatwirtschaft ist deshalb aktuell völlig ungewiss; wahrscheinlich jedoch deutlich geringer als angenommen. Als Reaktion hierauf haben wir unsere Strategie angepasst: Statt klassischem Geld-Sponsoring setzen wir jetzt gezielt auf strategische Partnerschaften; siehe Frage 23.
1,25%
Nach Einschätzung des Deutschen Stiftungsverbands wird man erst 2022 abschätzen können, welche langfristigen Auswirkungen die Corona-Pandemie auf Stiftungen haben wird und wie es um deren Kapazitäten für 2025 bestellt sein wird. Ticketing: Wir wollen möglichst niedrige Ticketpreise anbieten; idealerweise sollen viele Veranstaltungen umsonst sein. Damit wollen wir unserem eigenen Anspruch einer partizipativen und niedrigschwelligen Agora gerecht werden. Geld sollte kein Grund sein, nicht an Veranstaltungen teilnehmen zu können. Merchandise: Ökologische Nachhaltigkeit betrifft nicht nur Großprojekte. Sie fängt schon im Kleinen an. Deshalb reduzieren wir unser Merchandise bewusst auf ein absolutes Minimum. Das heißt: Wir sparen uns Zehntausende Schlüsselanhänger, Notizblöcke und Kugelschreiber, die ohnehin kein Mensch braucht. 67
Sonstiges
Stiftungen
3 Mio.
Eigene Ein2,8 Mio. nahmen
1,3 Mio.
1,63%
GESAMT
s
80 Mio.
80 Mio.
100%
66 Hier deutet sich
besonders deutlich das an, was sich später im »CoronaManifest« Bahn bricht: Ein Zweifel daran, dass sich Städte als Konkurrenz sehen sollten. Weiter unten, bei Frage 24, wird hierauf nochmal eingegangen.
67 Kontext: Schätzun-
gen zufolge wurden von 1950 bis 2030 zu Merchandisezwecken so viele Kugelschreiber hergestellt und ungenutzt entsorgt, dass man damit das Mittelmeer neunmal hätte bedecken könnte (Eggers 2035). Hierauf spielte die damals berühmte Performance »Real Estate of Merch« des Rimini Protokolls aus dem Jahr 2037 an. Dafür bedeckte man Teile des Bodensees mit mehreren Tonnen an ungenutztem Merchandise und errichtete darauf kleine Holzhütten, die man zu horrenden Preisen mieten konnte. Die daraus erzielten Gewinne gingen an Hilfsorganisationen, die sich der Rettung von Ertrinkenden im Mittelmeer widmeten.
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21. Wie sieht Ihre Mittelbeschaffungsstrategie aus, um zur Deckung der operativen Ausgaben finanzielle Unterstützung aus Programmen/Fonds der Union zu suchen? Unsere Bewerbung fällt in eine Übergangszeit: Die aktuelle EU-Förderperiode läuft gerade aus, die nächste beginnt 2021. Welche neuen Fonds für die kommenden Jahre aufgelegt werden, wissen wir nicht. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese thematisch an aktuelle Fonds wie den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI), Europa für Bürgerinnen und Bürger (EBB), Creative Europe und Horizont Europe anknüpfen werden. Deshalb haben wir zu fünf Schwerpunktthemen aktuelle Fonds ermittelt und unsere Projekte entlang dieser Themen aufgeschlüsselt. Die nachfolgende Tabelle macht deutlich, dass für jedes Projekt mehrere Themenbereiche (und damit auch Fonds) in Frage kommen. Hierbei handelt es sich nur um eine Auswahl an Projekten, von denen wir glauben, dass sie das Potential haben, die notwendige Komplexität, Internationalität und den entsprechenden europäischen Mehrwert zu erreichen, um eine EU-Förderung zu erhalten. Sobald die neuen Fonds aufgelegt sind, werden wir allen Möglichkeiten systematisch nachgehen.
Strukturelle Projekte
Unsere künstlerischen Projekte haben das Potential zur EUFörderung. Auch strukturelle Projekte wie die ECoC-Evaluationskonferenz (S. 13) oder unser innovatives Tool für Capacity Building und Projektentwicklung Upgrade Hannover (S. 9) bieten sich an. Upgrade Hannover passt beispielsweise nicht nur ins Profil von Creative Europe, sondern ist auch interessant für Strukturentwicklungsgelder, die vom Land Niedersachsen verwaltet werden. Hier kommt vor allem der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Betracht, der sich u.a. der »Förderung kultureller Infrastruktur« verschrieben hat. Nicht zuletzt bietet sich Erasmus+ an, da Upgrade Hannover auch zahlreiche Wissenschaftler*innen als Expert*innen hinzuziehen will. Glücklicherweise haben wir hierfür bereits Bildungspartner*innen aus dem Hochschulbereich, die mit ihren europäischen Netzwerkpartner*innen seit Jahren von der EU geförderte Projekte durchführen.
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Künstlerische Projekte Themen Vernetzung / Austausch
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Mobile Agora
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Paraden
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Agora Theater
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Los!
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Zentren der Macht
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Future Residential Lab
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AGGRRRRRO!
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Pop-Up-Club Europa
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UCOM Festival
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Ringe der Region
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Projekte
Digitalisierung
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Nachhaltigkeit
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Beteiligung / Inklusion
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Demokratie
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Reclaiming Mittelland
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IZFKF
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Don’t Mesh With Me!
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The Art of Coding
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NETKIDz.eu
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Gamifying Hannover
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Trollfabrik for Good
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Schriftsteller*innenkonferenz
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Walk with me?!
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Pimp Your Twin Town
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Mergelgrube
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Kulturberg
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Hannover den Hannoveranern
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Re-EDOcation
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Natur-theater
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Befreit?
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Verflechtungen
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History at Home
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Blind Spots
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Adolf-Hitler-Straße
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Hannover Πολιτιστική πρωτεύουσα της Ευρώπης 2025
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22. Nach welchem Zeitplan sollen die Einnahmen zur Deckung der operativen Ausgaben bei der Stadt und/ oder dem für die Vorbereitung und Durchführung des ECoC-Projektes verantwortlichen Organ eingehen, falls die Stadt den Titel »Kulturhauptstadt Europas« erhält? 2021
2022
2023
2024
2025
2026
2021–2026
Gesamt
2,5 Mio.
4 Mio.
10 Mio.
23,5 Mio.
38 Mio.
2 Mio
80 Mio.
Anteil
3,12%
5%
12,5%
29,38%
47,5%
2,5%
100%
Stadt
/
1,5 Mio.
1,5 Mio.
7 Mio.
7 Mio.
1 Mio.
18 Mio.
Region
2 Mio.
1 Mio.
1 Mio.
2 Mio.
1,2 Mio.
/
7,2 Mio.
Land
0,5 Mio.
1,5 Mio
2,5 Mio
2,5 Mio.
17,5 Mio.
0,5 Mio.
25 Mio.
Bund
/
/
4 Mio.
8,5 Mio.
7 Mio.
0,5 Mio.
20 Mio.
EU
/
/
1 Mio.
1 Mio.
1 Mio.
/
3 Mio.
Sonstige
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/
/
/
1,3 Mio.
/
1,3 Mio.
Wirtschaft
/
/
/
2 Mio.
2,5 Mio.
/
4,5 Mio.
Stiftungen
/
/
/
0,5 Mio/
0,5 Mio.
/
1 Mio.
Einnahmen aus dem Privatsektor
23. Wie sieht die Mittelbeschaffungsstrategie aus, um Unterstützung durch private Sponsoren zu suchen? Wie planen Sie, Sponsoren in die Veranstaltung miteinzubeziehen? Die Einbindung der Privatwirtschaft ist für uns mehr als nur finanzielles Kalkül. Wir wollen, dass lokale Unternehmen – ganz im Sinne der Agora – genauso am Entstehungsprozess von Hannover 2025 teilhaben wie andere Bereiche der Gesellschaft. Deshalb haben wir von Beginn an enge Beziehungen zu jenen Unternehmen gesucht, die Interesse an unserer Bewerbung gezeigt haben oder von thematischem Interesse sein könnten. So entstand 2019 ein Unterstützer*innenkreis, in dem die 25 größten Firmen der Region sowie lokale Wirtschaftsverbände vertreten sind. Unsere Zusammenarbeit ist auf zwei Ebenen verankert: Gremienarbeit: Vertreter*innen der Privatwirtschaft sind sowohl im Beirat als auch im Kuratorium vertreten, die unmittelbar zu Beginn unserer Bewerbung etabliert wurden. Sie beraten uns zu strategischen Kommunikationsfragen und deren Umsetzung. Hier profitieren wir unmittelbar von deren Know-how und Netzwerken. Events: Um eine starke Identifikation und Stakeholdership zu fördern, haben wir (vor Corona) regelmäßig Beteiligungsveranstaltungen umgesetzt. Dazu zählt zum Beispiel ein Event zu Mobilität auf dem Gelände von Volkswagen Nutzfahrzeuge, aus dem der LOI hervorging: »Als hannoversches Traditionsunternehmen ist es für uns selbstverständlich, die Bewerbung zu befürworten.« Ein weiteres Beispiel wäre die Initiative »Hannover ohne Plastik«, an der sich u.a. die Abfallwirtschaft Region Hannover (aha), die Drogeriekette Rossmann, der Erlebnis-Zoo Hannover und die Üstra Verkehrsbetriebe beteiligt haben. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere Events mit Mitgliedern großer Wirtschaftsverbände: • Frühstückstalk mit Pro Hannover Region e. V. (einem Netzwerk zur Entwicklung der regionalen Wirtschaft mit 400 Mitgliedsunternehmen); circa 100 Teilnehmer*innen.
• Veranstaltung anlässlich des Europatages vom Industrie-Club Hannover e. V. (seit 1887 bestehende Vereinigung von Vertreter*innen der Führungsebene der regionalen Wirtschaft mit 220 Mitgliedern) mit dem damaligen EU-Kommissar Günther Oettinger und dem Vorstandsvorsitzenden der Bertelsmann-Stiftung Aart Jan de Geus; ca. 100 Teilnehmer*innen. • Tagung der Industrie- und Handelskammer Hannover (branchenübergreifende Organisation mit 156.000 Mitgliedsunternehmen); circa 100 Teilnehmer*innen. • Präsentation vor den Vorstandsvorsitzenden aller Versicherungskonzerne (Hannover ist der zweitgrößte Versicherungsstandort Deutschlands). Die Früchte dieser Zusammenkünfte waren mündliche Zusagen verschiedenster Unternehmen über Beteiligungen an Hannover 2025. Doch dann kam Corona. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen können heute nicht abgeschätzt werden. Deshalb entwickeln wir in Gesprächen mit den Unternehmen neue Formen der Zusammenarbeit: Weg von einer Geldmittelbeschaffungsstrategie, hin zu einer Ressourcenbeschaffungsstrategie. • Know-How-Sponsoring: Viele unserer Projekte sind thematisch und organisatorisch derart komplex, dass wir für deren Umsetzung das Know-how und die Expertise von lokalen Unternehmen nutzen wollen. Beispielsweise von VW Nutzfahrzeuge für Experimentelle Verkehrskultur, Üstra und der Heise-Gruppe für Don’t Mesh With Me! Das Besondere an unserem Ansatz ist, dass wir diesen Know-how-Transfer nicht als Einbahnstraße verstehen: Auch Firmen werden einen großen Mehrwert aus der Zusammenarbeit schöpfen. Upgrade Hannover steht hierfür Pate!
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• Partnerschaften: Partnerschaften gehen noch einen Schritt weiter als der Know-how-Transfer. Hier sind Unternehmen unmittelbar an der Projektumsetzung als gleichwertige Partner*innen beteiligt. Dies betrifft zum Beispiel Großprojekte wie unser Future Residential Lab, das wir gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft hanova planen werden, oder den Umbau des Ihme-
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Zentrums für unser Internationales Zentrum für Künstlerische Forschung mit den Investoren. • Geldwerte Vorteile: Gemeint sind damit Einnahmeverzichte wie das Entfallen von Mieteinnahmen, aber auch Dienstleistungen wie die Übernahme eines Konzertmanagements sowie unsere angestrebten Medienpartnerschaften.
Operative Ausgaben 24. Bitte schlüsseln Sie die operativen Ausgaben auf, indem Sie die nachstehende Tabelle ausfüllen. Programmausgaben (in Euro) 54 Mio.
67,5 %
Werbung und Marketing (in Euro)
Löhne, Gemeinkosten und Verwaltung (in Euro)
12 Mio.
14 Mio.
Wir gehen von einer Förderung des Bundes von 35 Millionen Euro aus. Allerdings wollen wir davon 15 Millionen Euro an die anderen vier deutschen Bewerberstädte weitergeben, weshalb wir effektiv nur mit 20 Millionen Euro kalkulieren. Bezüglich einer solchen Aufteilung des Geldes werden wir unmittelbar nach Titelgewinn Gespräche mit dem Bund führen, durch wen und wie die Mittel vergeben werden. Insbesondere muss geklärt werden, ob die Vergabe an Bedingungen geknüpft sein soll, wie zum Beispiel, dass die begünstigte Stadt mindestens dieselbe Summe, die sie vom Bund erhält, aus dem ursprünglichen Budget einsetzt. 68
15%
Insgesamt
Solidaritätszuschuss für die vier anderen deutschen Bewerberstädte
80 Mio.
15 Mio.
17,5%
68 Für die Für die
solidarische Verteilung von Geld war zeitweise ein eigenständiges Projekt vorgesehen, das den Namen »Platz an der Sonne trug«, jedoch nicht ins Bid Book übernommen wurde. Vermutlich wurde es gestrichen, da man sich im Team unsicher war, ob das Projekt gegenüber den öffentlichen Geldgeber*innen darstellbar gewesen wäre. Denn anders als im »Solidaritätszuschuss« wäre das Geld nicht (nur) an
deutsche Städte geflossen, sondern zu großen Teilen auch ins Ausland. In der zuletzt gespeicherten Projektbeschreibung heißt es: »Die Spanne zwischen reichen und armen Kommunen in Deutschland, aber auch in ganz Europa wird seit Jahren immer größer und wird auch Zukunft eher zunehmen. Während es in Deutschland vor allem die östlichen Bundesländer sind, die gegen den Süden und
25. Geplanter Zeitplan für die Tätigungen operativer Ausgaben. Zeitplan Programmausgaben Werbung und Marketing
Löhne, Gemeinkosten und Verwaltung
Gesamt
2021
0,5 Mio.
0,93%
0,8 Mio. 6,67%
1,2 Mio. 8,57%
2,5 Mio.
2022
1,6 Mio.
2,96%
1,2 Mio. 10,00% 1,2 Mio. 8,57%
2023
5 Mio.
9,26%
2,4 Mio. 20,00% 2,6 Mio. 18,57% 10 Mio.
2024
17,5 Mio. 32,41% 2,5 Mio. 20,83% 3,5 Mio. 25,00% 23,5 Mio.
2025
28 Mio.
51,85% 5 Mio.
2026
1,4 Mio.
2,59%
Gesamt
54 Mio.
100,0% 12 Mio.
41,67% 5 Mio.
0,1 Mio. 0,83% 100%
4 Mio.
35,72% 38 Mio.
0,5 Mio. 3,57% 14 Mio.
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2 Mio.
100,0% 80 Mio.
Südwesten Deutschlands in deutlichem Kontrast stehen, ist eine Übersicht in Europa nicht ganz so einfach. In fast jedem Land gibt es mittlerweile drastische Unterschiede und fatalerweise kaum Netzwerke. Während sich die Big Player der europäischen Städte in immer mehr Netzwerken und Programmen vernetzen, sind am unteren Ende kaum Solidarisierungsbewegungen zu erkennen. Die Kulturhauptstadt Hannover 2025 stellt daher acht Millionen Euro für künstlerische Projekte und Recherchen zur Verfügung, die die Kriterien der Kulturhauptstadt Hannover erfüllen und sich mit dem Thema der strukturellen Ungleichheit und Verteilungsmechanismen beschäftigen.« (dok_ dk_0105)
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Budget für Kapitalausgaben
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f) Organisationsstruktur
26. Wie schlüsseln sich die Einnahmen aus dem öffentlichen Sektor auf, die zur Deckung der Kapitalausgaben im Zusammenhang mit dem Veranstaltungsjahr dienen? / 27. Haben die Finanzbehörden (Stadt, Region, Land) bereits über finanzielle Verpflichtungen zur Deckung der Kapitalausgaben abgestimmt oder sind sie solche Verpflichtungen bereits eingegangen? Wenn nein, wann werden sie dies tun? / 28. Wie sieht Ihre Mittelbeschaffungsstrategie aus, um zur Deckung der Kapitalausgaben finanzielle Unterstützung aus Programmen/Fonds der Union zu suchen? / 29. Nach welchem Zeitplan sollen die Einnahmen zur Deckung der Kapitalausgaben bei der Stadt und/oder dem für die Vorbereitung und Durchführung des ECoC-Projektes verantwortlichen Organ eingehen, falls die Stadt den Titel »Kulturhauptstadt Europas« erhält? / 30. Fügen Sie hier bitte gegebenenfalls eine Tabelle ein, in der aufgeführt wird, welche Beträge für im Rahmen des Veranstaltungsjahres zu nutzende neue kulturelle Infrastruktur ausgegeben werden.
31. Welche Art von Steuerungs- und Durchführungsstruktur ist für die Umsetzung des Veranstaltungsjahrs »Kulturhauptstadt Europas« geplant? / 32. Wie wird diese Struktur auf Verwaltungsebene organisiert werden? Bitte erläutern Sie, welche Person(en) die letzte Verantwortung für die Gesamtleitung des Projekt tragen werden? / 33. Wie werden Sie sicherstellen, dass das Personal der Struktur über ausreichende �ualifikationen und Erfahrung für die Planung, Verwaltung und Durchführung des Kulturprogramms des Projekts »Kulturhauptstadt Europas« verfügt? / 34. Wie werden Sie eine geeignete Zusammenarbeit zwischen den lokalen Behörden und dieser Struktur, zu der das künstlerische Team gehört, sicherstellen? / 35. Aufgrund welcher Kriterien und unter welchen Voraussetzungen wurden bzw. werden die allgemeine und künstlerische Leitung ausgewählt? Wie sehen ihre jeweiligen Profile aus bzw. wie werden diese aussehen? Wann werden Sie ihre Funktion antreten? Welche werden ihre jeweiligen Tätigkeitsbereiche sein?
Wie schon im ersten Bid Book gilt: keine Kapitalausgaben. Unser Schwerpunkt liegt voll und ganz auf der Programmentwicklung und der künstlerischen Umsetzung. Dabei bleiben wir. Langfristigere Investitionen werden im Rahmen der Umsetzung des KEPs geprüft. Hier profitiert unser Programm jedoch erheblich von diesen Investitionen in die Modernisierung von Institutionen. Hannovers Kultur- und Bauverwaltung erarbeitet hierfür den Masterplan »Kulturbauten«, in dem anstehende Modernisierungsmaßnahmen für alle kommunalen und kommunal geförderten Einrichtungen berücksichtigt sind. Die kulturelle Infrastruktur wird also future proof.
Unsere Steuerungs- und Durchführungsstruktur folgt derselben Philosophie wie Upgrade Hannover und setzt deshalb auf fluide Arbeitsprozesse und ein organisches Wachsen. Ähnlich wie bei einem Festival wachsen wir also personell langsam an; 2020 starten wir mit etwa 15 Personen, aus denen bis 2025 80 bis 90 werden. Um Entscheidungswege kurz zu halten, setzen wir auf flache Hierarchien und hohe Eigenverantwortung in den unterschiedlichen Bereichen. Jeder der fünf großen Verantwortungsbereiche (Verwaltung, Kuratieren, Produktion, Technik und Kommunikation) ist dabei kollektiv organisiert. In jedem der Teams außer im Kurator*innen-Team gibt es eine Leitung. In jedem der Teams werden die Aufgabenprofile nicht festgeschrieben, sondern organisch nach dem jeweiligen Potenzial der Mitarbeiter*innen ausgestaltet. Beim Aufbau dieser Strukturen wird uns die Messe AG als starker Partner beratend zur Seite stehen. Die Messe hat bereits angeboten, ihren Erfahrungsschatz aus der Gründung der EXPO 2000 GmbH einzubringen und uns entsprechend bei unserer Durchführungsgesellschaft zu unterstützen. Darüber hinaus ist angedacht, dass die Messe klar definierte Aufgaben übernimmt, wo diese bereits ein entsprechendes Know-how hat, das wir sonst aufwändig aufbauen müssen; wie zum Beispiel im Bereich Einkauf, Sicherheit, Ticketing oder Catering.
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Aufgabenbereiche Gesellschafter*innenversammlung: Nach Titelgewinn wird eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet (GmbH). Zweck der Gesellschaft ist die Steuerung und Kontrolle von Hannover 2025. Sie ernennt und erlässt die Geschäftsführung und stellt den Jahresabschluss fest. Die Gesellschafter*innenversammlung wird zunächst mit Vertreter*innen der Landeshauptstadt Hannover und der Region Hannover besetzt. Auf Wunsch werden selbstverständlich auch Vertreter*innen des Bundes und des Landes Niedersachsen beteiligt. Geschäftsführung: Eine Besonderheit ist, dass Hannover für die GmbH eine Doppelspitze als Geschäftsführung einsetzen wird. Dieses Konzept hat sich in der Bewerbungsphase bewährt, da es gilt, sehr unterschiedliche Kompetenzen abzudecken, die selten in einer Person zu finden sind: langjährige Verwaltungs- und Kulturmanage- 69 Trivia: Die letzmenterfahrung, Expertise in der ten beiden ECoCs in Konzeption von Kulturprojekten, der Geschichte des internationale Netzwerke, juristi- Wettbewerbs waren sche Kenntnisse, strategische Drit- Den Haag und Palermo im Jahr 2033; die telmittelakquise und Personalihre Bewerbung 69 führung. Beratende Gremien: Es gibt einen Beirat, der aus Vertreter*nnen der bisherigen drei Gremien in verkleinerter Form neu zusammengesetzt wird. Zusätzlich werden Vertreter*nnen der 21 Kommunen der Kulturregion Hannover der Geschäftsführung beratend zur Seite stehen.
gemeinsam und paritätisch konzipiert hatten. Das zeigte sich unter anderem darin, dass alle Organe der beiden Strukturen eine Doppelspitze hatten, mit je einer Person aus beiden Städten.
Verwaltungsteam: Das Team ist zuständig für Personal, Recht, Finanzen, EDV, Controlling und alle verwaltungstechnischen Aufgaben, die bei Hannover 2025 anfallen werden. Kommunikationsteam: Kurt Schwitters gründete 1924 in Hannover die MERZ-Werbezentrale. Hier trafen Typografie, Design, Kunst und Storytelling in einem transdisziplinären Setting aufeinander. 100 Jahre später gründen wir die Zentrale für Hannover 2025 als Teil des Kommunikationsteams neu. Hier werden sämtliche Marketingstrategien für das Kulturhauptstadtjahr konzipiert und umgesetzt – von Schriftsteller*innen, Designer*innen, Bildenden Künstler*innen bis zu Partizipationsexpert*innen.
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Kurator*innen-Team: Üblicherweise wird entweder eine Leitung oder ein fest eingespieltes Kollektiv mit der Programmgestaltung betraut. Wir sind bereits in der Auswahlphase einen anderen Weg gegangen und haben ein Kollektiv zusammengestellt, das so noch nie zusammengearbeitet hat. Als wir bekanntgaben, dass dieses neue Kollektiv selbstverantwortlich unsere Projekte entwickeln würde, meinten viele gleich: »Das klappt niemals!« Und in der Tat ist damit ein hoher Kommunikations- und Koordinationsaufwand verbunden, der uns manchmal hat verzweifeln lassen. Letztlich aber hat sich die Arbeit mit einem selbststeuernden Kollektiv als extrem produktiv und bereichernd herausgestellt. Deshalb soll diese Philosophie auch in der GmbH fortgesetzt werden. Um die notwendige Kontinuität von der Bewerbung
Organigramm HANNOVER Gesellschafterversammlung Beiräte
Programmpla Digitale Proj
Projektmanagement Großprojekte Flagship-Projekte Eröffnungsfeier
Team Künstlerisch Produktionslei
Koordination
Eigenproduktion Co-Produktion Fremdproduktion
Human Resources
Personalgewinn & Entwicklung Freiwilligenprogramm
Recht
Vergabe & Ausschreibung Zuwendungsrecht Vertragsrecht, Urheberrecht
Finanzen & Controlling
Rechnungswesen Drittmittel-Verwaltung Jahresabschluss
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zur GmbH sicherzustellen, wird ein Teil unseres jetzigen Künstlerischen Teams im Kurator*innen-Team weiterarbeiten. Dennoch würden wir für die kuratorische Leitung von 2025 einige Dinge ändern. Zu unserer Learning Curve zählt, dass ein Kollektiv aus acht Personen zu groß ist. Wir streben zwischen drei und fünf Kurator*innen an. Außerdem muss das Team diverser und internationaler sein als bisher. Darüber hinaus braucht es einen längeren Teambuildingsprozess, aus dem klare Ansprechpartner*innen und Rollen hervorgehen sollen. Wie diese verteilt werden, obliegt dem Kollektiv. Die Geschäftsführung greift grundsätzlich nur dann ein, wenn die Kurator*innen in ihrer Entscheidungsfindung nicht weiterkommen oder die vorgegebenen Leitlinien verlassen.
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Technikteam: Das Technikteam ist für die Umsetzung des künstlerischen Projekte und insbesondere für die umfangsreichen digitalen Projekte zuständig.
Upgrade Hannover
1. Audience-Building: Partizipation (barrierefrei/inklusiv), kulturelle Bildung, Vermittlung 2. Internationalisierung, 3. Nachhaltigkeit, 4. Digitalisierung
Evaluation & Legacy
Team Kuration
Drittmittel
Akquise & Verwaltung
Team Kommunikation
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Doppelspitze
Marketing & PR Ticketing/Vertrieb Leitsystem »5 Fäden« Hospitality Beschwerdemanagement
Geschäftsführung
Team erwaltung
Team Technik
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Künstlerisches Produktionsteam: Unsere Produktionen unterteilen sich in Eigenproduktionen, Co-Produktionen und Fremdproduktionen. Die GmbH wird lediglich wichtige Großprojekte in Eigenproduktion umsetzen. Hierzu gehören Flagship-Projekte wie Mobile Agora, Los!, Internationales Zentrum für Künstlerische Forschung oder die Eröffnungsfeier. Alle anderen (auch noch nach 2020 entstehenden) Projekte werden mit Partner*innen in noch zu verhandelnder Konstellation durchgeführt.
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anung jekte Calls
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Umsetzung der Projekte Konstruktion Visualisierung Beleuchtung Akustik
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Hannover Европейска столица на културата 2025
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Schnittstellen Künstlerisches Team der Bewerbungsphase Nach der Vorauswahlphase haben wir unser Team um weitere Querdenker*innen mit unterschiedlicher Expertise ergänzt und die bewährte interdisziplinäre kollektive Arbeit fortgesetzt: Aljoscha Begrich: Dramaturg aus Berlin | Schauspiel Hannover, Hebbel am Ufer in Berlin, Maxim Gorki Theater, Rimini Protokoll. Benjamin Foerster-Baldenius: Architekt aus Berlin | Kollektiv Raumlabor Berlin. Robin Höning: Architekt aus Hannover | Endboss, PLATZprojekt e. V. Çağla Ilk: Kuratorin und Dramaturgin aus Berlin | Maxim Gorki Theater, Berliner Herbstsalon, Kunsthalle Baden-Baden. Lotte Lindner und Till Steinbrenner: Künstlerpaar aus Hannover | MoMa PS1, Londoner Tate Modern, Gastprofessur an der Akademie der Bildenden Künste München. Jean Peters: Politischer Aktivist und Aktionskünstler aus Berlin/Köln | Mitgründer der Seebrücke, Neo Magazin Royale, Peng!-Kollektiv. Thomas Posth: Dirigent, Cellist, Konzertdesigner aus Hannover | Orchester im Treppenhaus, Professur Uni Hamburg, Lehrbeauftragter HMTMH Hannover, künstlerischer Leiter der Académie de Musique de Chambre de Bardou in 70 Viele weitere Südfrankreich. 70
Personen, die an der Entstehung des Programms (und des Bid Books) beteiligt waren, sind hier nicht aufgeführt. Zumal diese Liste, wenn man versucht hätte, sie wirklich vollständig zu führen, den Rahmen gesprengt hätte, da so viele unterschiedliche Personen unmittelbar zur Projektentwicklung beigetragen haben.
Quer durch die oben skizzierten klassischen fünf Bereiche laufen drei Aufgaben, die große Schnittstellen zu allen Teams haben: Drittmittel, Evaluation/Legacy und Upgrade Hannover. Das heißt, keines der Teams hat hier eine gesonderte Hoheit, sondern die Teams müssen gemeinsam den hier anfallenden Aufgaben nachgehen. Drittmittel: Da wir auf eine Ressourcenbeschaffungsstrategie setzen, fällt die Drittelmittelakquise nicht allein in den Aufgabenbereich des Verwaltungsteams, sondern zieht sich durch alle Bereiche hindurch, die sich hierbei gegenseitig unterstützen. Das Verwaltungsteam ist beispielsweise primär für die Finanzierungspläne zuständig. Antragstexte verfasst hingegen das Kurator*innen-Team, weil es am engsten in die Projekte involviert ist. Das Kommunikationsteam organisiert wiederum Events für Sponsor*innen, während das Produktionsteam und die Technik für die Akquise von Sachmitteln verantwortlich sind. Evaluation/Legacy: Zum einen verstehen wir eine Evaluation und kontinuierliches Lernen aus Misserfolgen und Erfolgen als elementares Managementtool. Daher richten wir hierfür eine eigene Stelle ein, bei der die unterschiedlichen Beiträge und Informationen der fünf Teams zusammenlaufen. Zum anderen betrachten wir eine dauerhafte Evaluation als essentiell für das Erbe von Hannover 2025, da die Evaluationserkenntnisse in die langfristige Stadtentwicklungsstrategie Hannovers einfließen und auf diese Weise verstetigt werden sollen. Upgrade Hannover: Auch unser Innovationsprogramm Upgrade Hannover zieht sich durch alle Ebenen der GmbH hindurch. Ähnlich wie bei den Drittmitteln kommt hier jedem der Teams eine andere Rolle zu. Die Verwaltung kümmert sich beispielsweise um die Rekrutierung der Upgrade Manager*innen, während Kurator*innen- und Produktionsteam unmittelbar in die Projektentwicklung durch Upgrade Hannover eingebunden sind, deren Ergebnisse unmittelbare Konsequenzen auch für die Technik haben.
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g)Notfallpläne 36. Haben Sie die Anwendung einer Risikoberatung durchgeführt/geplant? 37. Welche Risikominderungsmaßnahmen haben Sie geplant? Risiken
Beschreibung
Risikominderungsmaßnahmen
Bid Book 1
Hannover hat noch keinen Das Risiko entfällt: Der KEP 2020 wurde beschlossen. Die pa- Keine weiteren Maßnahmen notwendig. langfristigen Kulturent- rallele Entwicklung von KEP und ECoC-Bewerbung hat sich wicklungsplan (KEP) als großer Vorteil erwiesen. Zu viele Visionen und zu Das Risiko entfällt: Unser künstlerisches Team hat aus Visio- Keine weiteren Maßnahmen notwendig. wenige konkrete Projekte nen künstlerische Projekte gemacht. Künstlerische Linie: Wir Unsere künstlerische Kommunikation (Bid Book als Roman, Keine weiteren Maßnahmen notwendig. lassen die Kunst sprechen Präsentation als Performance etc.) ist zwar mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden, hat sich aber bewährt. Denn sie schafft Überraschungsmomente, die die Menschen für unsere Bewerbung begeistern.
Risiken
Beschreibung
Risikominderungsmaßnahmen
ECoC wird neu gedacht: Aus lokaler Perspektive ist das eventuell Alle Veranstaltungen haben lokale Anknüpfungspunkte für Schwerpunkt auf europäi- zu abstrakt, schwierigere Identifikation europäische Themen. Diese werden dadurch greifbar, dass wir sche Themen mit Themen sie durch künstlerische Projekte bespielen. Unser neues Tool zur Projektentwicklung und für Capacity Building ist für viele noch unbekannt. Besonders die Ergebnisoffenheit bedarf der Gewöhnung. Außerdem ist das Tool mit extrem hohem Arbeitsaufwand verbunden (Akquise von Expert*innen, Kosten, etc.)
Unsere Upgrade Manager*innen werden eine präzise Personalgewinnung sicherstellen und als Schnittstelle zwischen Projekt-management und Externen vermitteln. Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen, werden sie ein Qualifizierungsprogramm durchlaufen. Die Expert*innen sollen wiederum von den neuen Netzwerken und Lerneffekten motiviert werden.
Neu gegründetes Kollektiv Die Künstlerische Leitung wird einem als Künstlerisches Team neu gegründeten, dezentralen Kollektiv überlassen, das selbstverantwortlich und autonom das Programm entwickelt. Das birgt mehrere Risiken und ist nicht zuletzt mit enormem Kommunikations- und Koordinationsaufwand verbunden.
Wir sind fest davon überzeugt, dass die Vorteile die Risiken bei Weitem überwiegen. In der Selection-Phase wurde bereits erfolgreich im Kollektiv gearbeitet. Zentrale Lerneffekte für 2025 waren: 1) Es braucht klare Rollenverteilungen, die das Kollektiv finden wird 2) Das Kurator*innen-Team muss kleiner sein, um Entscheidungswege zu verkürzen 3) Es braucht im Vorfeld einen stärkeren Teambuildingprozess
Bid Book 2
Upgrade Hannover
Corona-Pandemie
Die Folgen der Corona-Krise sind schwer Auch diesen Unwegsamkeiten begegnen wir mit Flexibilität: abzusehen: All unsere Projekte sind skalierbar und unsere PartnerschafWas wird von der Freien Szene übrig ten mit Unternehmen ohnehin strategisch. Auf alles kann man bleiben? Wie stark werden sich Unter- nicht vorbereitet sein. Hierzu werden wir insbesondere den nehmen beteiligen können? Wird evtl. Kontakt zu den ECoCs von 2020 und 2021 suchen, die aktuell die politische Unterstützung (in ganz Eu- mit den unmittelbaren Konsequenzen der Pandemie zu kämpropa) für ECoC wegbrechen? Kann man fen haben, um etwas für unser Krisenmanagement zu lernen. 2025 frei reisen und arbeiten? Was ist mit Großveranstal71 Trotz eines finantungen?71 ziellen EU-Unterstützungsprogramms führte die CoronaPandemie zu großen Umstrukturierungen in der Planung der ECoC von 2021 und 2022.
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h)Marketing und Kommunikation 38. Könnte man Ihr künstlerisches Programm unter einem Slogan zusammenfassen? / 39. Wie sieht die beabsichtige Marketing- und Kommunikationsstrategie der Stadt für das Veranstaltungsjahr »Kulturhauptstadt Europas« aus, insbesondere in Bezug auf die Medienstrategie und die Mobilisierung eines breiten Publikums? Dies beinhaltet auch die Nutzung digitaler Kommunikationskanäle.
Marketing International
Mił*ść HANNOVER2025.eu
HANN*VER 2025
Unsere Kampagne ist multilingual und aktivistisch! Sie weckt Neugier und macht klar, dass wir globale und europäische Herausforderungen in den Vordergrund stellen. That’s it: Bild und Text unserer Kampagne stehen im Widerspruch zueinander und gehören dennoch zusammen. Damit wollen wir Irritation und Spannung erzeugen und die Menschen mobilisieren. Diesen Effekt verstärken wir mit unserem Logo, dem Sternchen: *. Kaum ein Symbol hat so einen Wiedererkennungswert. Es ersetzt einen Vokal im Wort und unterbricht so den Lesefluss, markiert eine klaffende Lücke. Auch das schafft eine Irritation. Erst auf den zweiten Blick liest man den weiteren Text und realisiert, worum es geht: Hannover 2025. Das * ist nicht nur das perfekte Symbol, weil es so leicht wiederzuerkennen und auf allen Tastaturen Europas zu finden ist, sondern auch, weil es im Alltag in den unterschiedlichsten Kontexten genutzt wird: das Geburtsjahr einer Person, die Kennzeichnung von Pflichtfeldern in Formularen, bei tabuisierten Wörter wie f***, als Gendersternchen im Deutschen, bei der Eingabe von Passwörtern, als Multiplikations-Operator und mehr. Dadurch ergeben sich schier endlose Möglichkeiten für weitere Marketingaktionen.
EUR*PEAN CAPITAL OF CULTURE
Dem*krácia HANNOVER2025.eu
Aktivistische Kampagne
HANN*VER 2025 EUR*PEAN CAPITAL OF CULTURE
BAHLS*N R*SSMANN SENNHE*SER STAATS*PER H*ISE BERT*LSMANN MADS*CK ÜSTR* H*RRENHAUSEN THEAT*R STADIONB*D MARKTK*RCHE KI*SK MUSIKG*LLI ANTIRASS*SMUS RASCHPL*TZ N*RMALITÄT HANN*VER 2025
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HANN*VER 2025
N*rmalität
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HANN*VER 2025 EUR*PEAN CAPITAL OF CULTURE
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Marketing regional
Beim regionalen Marketing lassen wir die Kunst sprechen. Sie begegnet uns überall im Alltag:
Kulturberg In Hannover-Lahe gibt es einen riesigen renaturierten Müllberg, liebevoll Monte Müllo genannt, den man im Anflug auf Hannovers Flughafen sowie von der Autobahn von Weitem sieht. Auf diesem Berg werden wir ein großes programmierbares Schriftdisplay anbringen, das jeden Monat ein Zitat von internationalen Kulturaktiven anzeigen wird – als ein aktivierendes Motto oder eine Handlungsanweisung. Inspiriert ist die Kampagne durch bekannte Sätze folgender Künstler*innen: Vera Burmester: Liebespaare bitte hier küssen Yoko Ono: imagine peace Katharina Arndt: von oben sieht alles kleiner aus Auf dem Berg sollen außerdem ein dauerhaftes Zentrum der Umweltbildung durch Kunst und Kultur entstehen und konkrete Ansätze für ein nachhaltigeres Europa entwickelt werden. Partner ist hier die Abfallwirtschaft Region Hannover (aha). Zugesagte Partner*innen: aha Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover, Dirk Rossmann GmbH Weitere Partner*innen: Sparkasse Hannover
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Ringe der Region Das Projekt Ringe der Region verbindet unsere Kommunen durch Kunst, indem es drei regionale Bahnstrecken in Performanceräume verwandelt und so im Alltag der Bürger*innen Neugier auf das Kulturprogramm von Hannover 2025 weckt. Kuratiert werden die Strecken von einer*einem europäischen Künstler*in, die*der mit Kulturaktiven der Region zusammenarbeiten wird. Lebende Landschaften (S1): Dieser Ring widmet sich der Landschaft im Vorbeifahren, dem Wahrnehmen während der Bewegung. Das Berliner Kollektiv Datenstrudel wird hierfür die Außenstrecke inszenieren: Die Zuschauer*innen sitzen im Zug, und in der Landschaft, an der sie vorbeifahren, werden viele kleine Geschichten erzählt – von weißen Haien in Flüssen, rennenden Bäumen, Verfolgungsjagden und mehr. Datenstrudel, die bereits Erfahrung an der Bahn-Strecke bei Jena gesammelt haben, werden dafür lokale Akteure wie Freiwillige Feuerwehr, Jugendchöre, Reitclubs, Musikschulen und weitere einspannen. Stationsdramen (S3/S4): In der Region Hannover gibt es viele Kulturinitiativen, die sich künstlerisch mit Bahnhöfen beschäftigen. Die Locals werden mit Akira Takayama Interventionen für S-Bahn-Stationen der Linien S3 und S4 erarbeiten. Diese können vom Vorführen eines Videos beim lokalen Friseur in Nordstemmen bis zum Tarotkartenlegen im Bauwagen reichen. Die Interventionen sind immer auch für Durchreisende erlebbar. Kunst im Wagon (S6/RE2): Was ist möglich auf den kleinen Bühnen? Musiker*innen, Kleinkünstler*innen, Clowns und Tänzer*innen erhalten hier die Möglichkeit, die S-Bahn für die Zeit zwischen zwei Stationen zu verwandeln. Ob Disko, Hörsaal, Funkstation, Turnhalle oder Geisterbahn. Mitreisende werden zu Zuschauenden, aber auch Mitmachenden. Kuratiert wird der Ring von Caroline Barneaud, der künstlerischen Produktionsleiterin im Théâtre Vidy-Lausanne. Zugesagte Partner*inn: Künstlerkollektiv Datenstrudel, Caroline Barneaud, Region Hannover Weitere Partner*innen: Akira Takayama, Paweł Wodziński/ Biennale Warszawa, Ana GalasKosil/Biennale Warszawa, Ana Monro Theatre Kollektiv
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Hannover Capitală Europeană a Culturii 2025
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Der Schwarm
Fünf Fäden für Hannover
Die Mobile Agora wird nicht das einzige Projekt sein, dass Kunst in Bewegung bringt: Gemeinsam mit dem Landschaftskunstformat IntraRegionale richten wir zwölf mobile Ateliers für europäische Künstler*innen ein, die durch die Region reisen und so Bildende Kunst von Kommune zu Kommune bringen. Die IntraRegionale wurde 2015 als Netzwerk von zehn Kunstvereinen der Region Hannover gegründet, um sich zu vernetzen, zu unterstützen und auch besser sichtbar zu werden. Verwirklicht wurde dies erstmals 2016 mit einer Land-Art-Ausstellung. 2021 ist eine IntraRegionale des Hörens mit internationalen Klangkünstler*innen geplant. Für 2025 sollen fahrbare Ateliers zur Verfügung gestellt werden, in denen Künstler*innen aus Europa und der Region Hannover zusammenarbeiten können, aus umgebauten Traktoren mit Anhängern, Lastwagen, Wohnmobilen und Planwagen mit Pferden. Hierfür wird es ein Residency-Programm für lokale, nationale und internationale Künstler*innen geben. Die Fellows verbinden während ihres Aufenthalts das Regionale und Lokale mit dem Europäischen. In den ersten Monaten des Jahres reisen die Ateliers frei durch die Region. Sie können einzeln unterwegs sein, aber sich auch spontan zusammenschließen, um vor Ort eine temporäre Festivalstimmung zu schaffen. Nachdem sie mehrere Monate um Hannover gekreist sind, strömen sie dann im Herbst schließlich schwarmartig in die Stadt, um sich der Mobilen Agora anzuschließen. Und so wird die Agora größer, wächst langsam an zum wandernden Dorf der Kunst.
Für 2025 entwickeln wir ein Leitfadensystem, das Dinge miteinander verknüpft, die typisch für Hannover sind. Diese Leitfäden sind sowohl als Wegweiser auf den Boden gedruckt als auch digital über unsere Agora-App abrufbar. Den roten Faden gibt es bereits. Wir ergänzen diesen um vier weitere. Anhand von diesen Fäden wird ein Wegweisersystem entwickelt.
Zugesagte Partner*innen: KIK e. V. – Kunst in Kontakt, KulturGut Poggenhagen, Kunstverein Burgwedel/ Isernhagen, Kunstverein Barsinghausen, Kunstverein Neustadt am Rübenberge, Kunst & Begegnung Hermannshof, Kunstverein Langenhagen, Imago Kunstverein Wedemark, Kunstraum Benther Berg, Scena – Kulturverein im VVV Burgdorf, Städtische Galerie Lehrte, Organisationsbüro IntraRegionale, Region Hannover
Sehenswürdigkeiten (rot): Der rote Faden wurde bereits 1970 etabliert und verbindet 36 der bekanntesten Sehenswürdigkeiten in einem touristischen Rundgang. Er hat über die Jahre stark gelitten und muss bis 2025 erneuert werden. LGBTIQ+ (rosa): Es existiert bereits ein Stadtrundgang, der von Lutz Rädecker und Armin Zorn entwickelt wurde und sich mit der LGBTIQ+-Geschichte Hannovers auseinandersetzt. Dieser soll gemeinsam mit den Initiatoren weiterentwickelt werden. Kunst (gelb): Kunst im öffentlichen Raum hat in Hannover eine lange Tradition. Im Lauf der Jahrzehnte wurden mehr als 200 Skulpturen, Plastiken und Installationen im Stadtraum platziert. Der Faden führt an den Highlights vorbei. Gärten (grün): Hannover und die Region sind bekannt für ihre Gärten. Dieser Faden (der als große Radtour konzipiert ist), verbindet sämtliche Gärten der Gartenregion Hannover. Kioske (orange): Hannover gilt als Deutschlands Kioskhauptstadt. Dieses dichte Netz an Kiosken nutzen wir, indem wir die einzelnen Kioske zu Info-Points unseres Kulturhauptstadtjahrs machen.
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40. Beschreiben Sie bitte die geplanten oder bereits existierenden Partnerschaften mit Medien in Hinblick auf die Sicherstellung einer umfassenden Berichterstattung über die Veranstaltungen. Wir streben mit drei großen Medienkonzernen eine Medienpartnerschaft an. Insbesondere lokal, aber auch national hat die Madsack Mediengruppe als Partner schon zugesagt, im digitalen Bereich die Heise-Gruppe und international streben wir eine Partnerschaft mit dem Medienkonzern Bertelsmann an. Hier befinden wir uns bereits in Gesprächen, die nach Titelgewinn intensiviert werden: Bertelsmann ist der größte Medienkonzern Europas und ein globales Schwergewicht. Zur Bertelsmann-Gruppe gehören unter anderem die globale Buchverlagsgruppe Penguin Random House und das europäische TV-Schwergewicht, die RTL-Gruppe mit 68 TV-Stationen, acht Streaming-Plattformen, 31 Radiostationen und Gruner + Jahr, als größter Premium-Magazinverlag in Deutschland und Frankreich. Eine Medienpartnerschaft mit Bertelsmann eröffnet uns eine europäische Reichweite. Madsack ist eine Mediengruppe aus Hannover, die mit ihren Redaktionen in sieben Bundesländern vertreten ist und der 15 Tageszeitungen angehören; dazu zählen Hannoversche Allgemeine Zeitung, Leipziger Volkszeitung und Ostsee-Zeitung. Täglich werden über 770.000 Zeitungen verkauft, 2,5 Millionen Leser sowie monatlich 5,17 Millionen Unique User erreicht. Die große Stärke von Madsack ist die lokale Verankerung der Medienhäuser in den jeweiligen Regionen. Unsere Medienpartnerschaft erlaubt es uns jedoch nicht nur ein regionales Publikum zu erreichen, sondern auch ein nationales. Denn die Madsack Gruppe verfügt mit dem RND über das größte überregionale Redaktionsnetzwerk Deutschlands. Die Heise-Gruppe ist eine Mediengruppe aus Hannover mit über 1.000 Mitarbeiter*innen. Zu ihrem Portfolio gehören u.a. die renommierten Computerzeitschriften c't und iX, das Technologiemagazin Technology Review, das Online-Magazin Telepolis für Politik und Medien sowie heise online (www.heise.de), das Leitmedium für deutschsprachige Hightech-Nachrichten. Dieses geballte Fachwissen im IT- und Technologie-Bereich macht Heise zum idealen strategischen Medienpartner für unsere digitalen Projekte, um deren zeitgemäße Umsetzung und eine internationale Reichweite zu gewährleisten. Neben der konventionellen Berichterstattung wollen wir gezielt Influencer*innen gewinnen, die über ihren Besuch in oder ihr Mitwirken bei Hannover 2025 erzählen. Hier setzen wir nicht auf Personen mit Millionen von Followern, die in einer Woche ECoC-Fans sind und in der nächsten Werbung für Shampoo machen. Stattdessen wollen wir gezielt mit Influencer*innen zusammenarbeiten, die sich bereits mit den europäischen Themen beschäftigen, die im Fokus unseres Programms stehen. Denn wir wollen, dass die Personen diese Themen authentisch vertreten und so ein organisches Publikum auf Social Media entsteht. Das heißt: Authentizität geht vor Reichweite. Ein perfektes Beispiel dafür ist unsere Beiratsvorsitzende Ninia LaGrande, die sich auf Instagram und Twitter als Poetry-Slammerin für Themen wie Inklusion, Geschlechtergerechtigkeit und Geflüchtete stark macht.
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41. Wie wollen Sie Ihre eigenen Bürger als Kommunikatoren des Veranstaltungsjahrs gegenüber der Außenwelt mobilisieren? Agora für alle! Wie schon in Frage 14 und 15 beschrieben, haben wir viele Initiativen angestoßen, um Bürger*innen am Bewerbungsprozess teilhaben zu lassen. Denn wir sind fest davon überzeugt: Teilhabe ist ansteckend. Einmal am Prozess beteiligt, wirken die Bürger*innen danach als Multiplikator*innen weiter. Sie tragen die Kulturhauptstadt mit sich – in ihren Familien, Straßen, Vierteln, im Büro. So entsteht eine stärkere Auseinandersetzung und Identifikation mit Hannover 2025 – sei sie positiv oder kritisch. Hier eine Auswahl der von uns nach Titelgewinn angedachten Maßnahmen: Kioske: Hannovers Kioske sind Knotenpunkte der Stadtviertel, an denen sich Wege kreuzen und wo man beim Anstehen für ein Bier mit Fremden ins Gespräch kommt. Dieses rege Treiben wollen wir abfangen und sämtliche Kioske als InfoPoints und Treffpunkte von Hannover 2025 nutzen. Dadurch spannen wir ein Informations- und Marketingnetzwerk über 72 Hofläden waren die gesamte Stadt; im Umland sollen dafür die so typischen Hofläden Geschäfte, die genutzt werden. 72
direkt an einen landwirtschaftlichen Betrieb angeschlossen waren und in dem Produkte vom jeweiligen Hof verkauft wurden. Diese verschwanden mit der Europäischen Landwirtschaftsreform von 2047 größtenteils aus dem Landschaftsbild (vgl. Keller 2052).
Salonkultur: Wir bringen Kunstveranstaltungen in die Wohnzimmer der Bürger*innen und beleben damit Hannovers lange Tradition der Salonkultur neu. Dadurch entstehen bei den Beteiligten ganz persönliche Erinnerungen an Hannover 2025, da wir die Bewohner*innen 2025 auch in die Planung einbeziehen. Hierfür stehen beispielhaft unsere Projekte History at Home (S. 64) und Notfallkonzerte (S. 60). Außerdem werden über den Bürger*innen Fonds weitere Reihen in Wohnungen und Häusern stattfinden.
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42. Wie möchte die Stadt betonen, dass die Aktion »Kulturhauptstadt Europas« auf die Europäische Union zurückgeht? Bars und Cafés: Wir wollen, dass der Tag oder Abend nicht nach einer Veranstaltung endet, sondern, dass die Gespräche auch in Kneipen und Cafés weitergehen – jenen Orten, die uns in Zeiten von Corona so gefehlt haben. Deshalb sollen den Veranstaltungsbesucher*innen in unserer Agora-App nach einem Event die nächstgelegenen Lokalitäten angezeigt werden. Die Betreiber*innen der Bars und Cafés können sich ihrerseits im Vorfeld informieren, welche Veranstaltungen bei ihnen in der Nähe stattfinden, um kleine Gimmicks und Angebote zu schaffen; wie zum Beispiel einen Europa-Stammtisch, an dem Besucher*innen und Locals zusammenkommen, oder thematische Tablequiz. Einbindung in Projekte: In zahlreichen Projekten wirken Bürger*innen unmittelbar mit. Sie sind also mehr als nur Rezipient*innen einer Kulturveranstaltung – sie sind die Veranstaltung. Auch das schafft eine Identifikation mit Hannover 2025, die die Beteiligten mit nach Hause und auf die Arbeit nehmen, wo sie Neugier für unser Programm wecken. Zu diesen Projekten zählen beispielsweise das Agora-Theater (S. 41), bei dem Laienschauspieler*innen auftreten oder unsere Paraden, Paraden, Paraden (S. 20), in die die unterschiedlichsten Teile der Stadtgesellschaft einbezogen werden. Kunst im Alltag: Viele unserer Projekte sind künstlerische Interventionen an neuralgischen Punkten der Stadt, wie die Mobile Agora, die den Verkehr auf dem Cityring durcheinanderwirbelt: Man wird an Hannover 2025 nicht einfach vorbeilaufen können.
Wir wollen den Menschen bewusst machen: Europa ist nicht irgendwo da hinten, weit weg in irgendwelchen Glasbauten. Europa ist hier. In unseren Schulen, auf der Arbeit, im Café. Die Union beginnt da, wo wir anfangen, sie ändern zu wollen. Durch diesen starken Fokus unserer Projekte auf Europa wird 73 Kommentar aus kein Zweifel daran entstehen, dass einem Protokoll: »Ich unser Kulturprogramm unmittelbar werde aus dieser mit der EU verknüpft ist. Überall Frage nicht schlau. wird es einem entgegenspringen – Wer soll das denn keine Veranstaltung, in der nicht sonst organisieren, der europäische Kontext hergestellt wenn nicht die EU. wird.73 Die Fifa?« (dok_ pr_0805)
Übersicht: EU-Bezug Europatag: Hannover feiert jedes Jahr den Europatag mit Fahnen in der ganzen Stadt und veranstaltet zusätzlich jährlich das Europafest. Ab 2021 sollen diese Festlichkeiten wesentlich ausgebaut werden. Bus- und Bahnlinien, Straßen. Europa. Europa. Europa. Kommunikation und Logos: In den Pressemitteilungen und Social-Media-Aktivitäten wird natürlich darauf hingewiesen, dass es sich bei ECoC um ein Projekt der EU handelt; deshalb wird auch in sämtlichen Broschüren sowie Online- und Offline-Beiträgen das Hannover-2025Logo von einem Logo der EU begleitet. Eröffnungsfeier: Bei Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres will Hannover von einer der amtierenden Kulturhauptstädte den Staffelstab übernehmen und diesen beim Abschlussevent an eine der nachfolgenden Kulturhauptstädte übergeben. Eingeladen wird zur Eröffnung außer der*die EUKommissionspräsident*in, der*die Präsident*in des EUParlaments sowie der*die EU-Kommissar*in für Kultur sowie der Kulturausschuss. 40 Jahre ECoC: Das Jubiläum der Europäischen Kulturhauptstadt soll im Programm von Hannover 2025 in mehreren Veranstaltungen gefeiert und diskutiert werden; besondere Prominenz kommt hier unserer großen Evaluationskonferenz zu, in der Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Politiker*innen, Projektmanager*innen aus über 70 ehemaligen ECoCs Bilanz ziehen.
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Umsetzungsfähigkeit 43. Bitte belegen Sie die ständige politische Unterstützung und Beteiligung seitens der zuständigen Behörden. Rat der Landeshauptstadt Hannover: Die andauernde Unterstützung im Rat fängt mit dem besonderen Umstand an, dass sich alle Parteien der Ratsversammlung (außer der rechtspopulistischen AfD, na klar) in einem historisch einmaligen Vorgang vom Februar 2018 in einer gemeinsamen Drucksache und Pressemitteilung emphatisch für Hannovers ECoCBewerbung ausgesprochen haben. Seitdem unterstützen die Ratspolitiker*innen die Bewerbung, wo sie nur können, und haben sich auch in schwierigen Zeiten immer hinter sie gestellt. Stadt: Die institutionelle Unterstützung des Kulturdezernats wird durch die Leitung von Konstanze Beckedorf sichergestellt. Sie wird noch bis 2024 im Amt sein und war federführend in unserem Bewerbungsprozess, den sie mit Leib und Seele vertritt. In die Karten spielt uns außerdem, dass das Kulturdezernat neu strukturiert wird, sodass es künftig für sämtliche Kulturveranstaltungen und Großevents der Stadt zuständig sein wird. Diese gebündelte Zuständigkeit ist wie zugeschnitten auf die Umsetzung unseres ECoC-Programms, da es Entscheidungswege vereinfacht und neue Synergien zwischen ECoC und dem Projektmanagement anderer Großevents entstehen. Auch Oberbürgermeister Belit Onay steht weiterhin voll hinter der Bewerbung. Seine aktuelle Amtszeit läuft bis 2026, sodass auch hier die notwendige Kontinuität gesichert ist. Zudem gibt es gemeinsame Schnittmengen zu Themen wie Nachhaltigkeit und Mobilität, da der grüne Oberbürgermeister eine autofreie Innenstadt zum Ziel seiner Amtszeit erklärt hat und hierfür eine Stabsstelle einrichten wird. Region: Die Region unterstützt die Bewerbung sowohl finanziell äußerst großzügig als auch durch inhaltliche Zusammenarbeit. Ziel ist es, eine gemeinsame Kulturregion Hannover zu schaffen. Denn unser gemeinsames Programm soll nicht an den Stadtgrenzen Hannovers Halt machen, sondern in alle Umlandkommunen vordringen. Sinnbildlich dafür stand unsere Regionstour, bei der wir mit Bürger*innen und Kulturaktiven aus der ganzen Region über 2025 diskutierten. Darüber hinaus hat auch die Regionsverwaltung und deren Team Kultur uns mit ihrer Expertise tatkräftig unterstützt. Land: Die Unterstützung auf Landesebene ist ungebrochen. Das zeigt sich darin, dass das Land Niedersachsen uns bei Titelgewinn 25 Millionen Euro zugesagt hat und nach Verkündung der Shortlist sofort 500.000 Euro für das zweite Bid Book zur Verfügung gestellt hat. Es zeigt sich auch in Einladungen der niedersächsischen Landesvertretungen in Brüssel und Berlin, wo wir unser Programm vorstellen sollten; leider sind diese Termine aufgrund von Corona verschoben worden.
44. Bitte erläutern Sie im Detail den aktuellen Stand der vorgesehenen und in der Vorauswahl näher ausgeführten Infrastrukturprojekte einschließlich des geplanten Zeitplans für die Arbeiten. Erklären Sie bitte die Verzahnung mit dem Projekt »Kulturhauptstadt Europas«. Wie gesagt: Wir haben keine Infrastrukturprojekte. Denn an Infrastruktur mangelt es Hannover nicht. Als Gastgeberin der Weltausstellung EXPO 2000 und Messestadt hat die Stadt längst bewiesen, dass sie über die notwendige Infrastruktur verfügt, um internationale Großevents wie ECoC ausrichten zu können. Das einzige kleine Upgrade, das wir dieser Infrastruktur verpassen wollen, sind Wassertaxis. Hannover ist mit seinen vielen Gewässern auch eine Stadt am Wasser und verfügt über vier Binnenhäfen, die derzeit jedoch nur gewerblich genutzt werden. Wir wollen diese Häfen durch ein Park-andRide-System in unser Kulturhauptstadtjahr einbinden. Gäste, die mit dem Auto anreisen, können ihr Fahrzeug dort parken und mit einem Boot im Entschleunigungsgang in die Stadt hineingefahren werden. Das entlastet nicht nur den konventionellen Stadtverkehr, sondern bietet unseren Gästen auch überraschende Perspektiven auf die Stadt. Des Weiteren werden auf der Ihme zwischen dem Maschsee und dem Stadtteil Linden Besucher*innen auf kleinen Kulturbooten hin- und herpendeln.
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Zusatzinformation 45. Fügen Sie etwaige weitere Informationen bei, die Sie im Zusammenhang mit Ihrer Bewerbung als nützlich erachten. Hannover kann weder die Welt noch Europa retten. Alleine sowieso nicht und auch nicht in einem Jahr. Es wird mehr brauchen als ein Kulturprogramm, mehr als nur eine Stadt. Da machen wir uns nichts vor. Europa steht vor so vielen Abgründen, die mit Corona überdeutlich zutage getreten sind. Vor allem in den ersten Monaten der Pandemie zeigte sich, wie dünn der Firnis europäischer Solidarität und globaler Verantwortung ist. Europa braucht seine Städte mehr denn je. Die Nationalstaaten sind jedenfalls nicht das, was uns noch zusammenhält oder uns als politisch-moralischer Kompass dienen sollte. Unsere Vision von der Europäischen Kulturhauptstadt und unser Programm sind daher Ausdruck unserer Überzeugung, dass Städte europäische Politik und Debatten beeinflussen und einen Wandel zu einem besseren Europa anstoßen können. Und genau dafür wollen wir Kulturhauptstadt als Plattform nutzen, um durch Kunst und Kultur einen solchen Wandel anzuschieben. Denn Weitermachen wie immer ist keine Option. Normalität ist keine Option.
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Dieses Buch ist Teil der Bewerbung der Landeshauptstadt Hannover zur Kulturhauptstadt Europas 2025. Herausgeberin: Landeshauptstadt Hannover Oberbürgermeister Belit Onay Kulturdezernat Konstanze Beckedorf Team Kulturhauptstadtbewerbung Leitung: Melanie Botzki, Inga Samii Team: Halyna Felten, Steven Markusfeld, Anja Menge, Sabine Müller, Uljana Schneider, Anett Schweitzer, Michael Stork, Franzisca Tinnefeld, Kira von der Brelie, Lisa Weber Gesamtkonzept und Hauptredaktion: Melanie Botzki, Inga Samii Beratung: Thomas Kaestle, Dr. Heli Meisterson, Dr. Gerd Weiberg, Oeds Westerhof Erweiterte Beratung: Claus Holtmann, Harriet Lesch, Christine Preitauer, Thomas Rau, Malte Wegner Schriftsteller: Juan Sebastian Guse Redaktion: Anett Schweitzer, Kira von der Brelie Künstlerisches Team: Aljoscha Begrich, Benjamin FoersterBaldenius, Robin Höning, Çagla Ilk, Lotte Lindner, Jean Peters, Prof. Thomas Posth, Till Steinbrenner Unterstützung Künstlerisches Team: Ninia Binias, Uke Bosse, Willi Brune, Marlene Brüggen, Volker Bürger, Sina Perkert, Anna Schwab Regionstour: Julia Bolzek, Stefani Schulz, Franzisca Tinnefeld, Uta Foremny Unterstützung Regionstour: Matthias Apitz Bildredaktion: Sebastian Peetz, Lukas Hamilcaro Illustrationen: Lukas Hamilcaro Lektorat: Anja Menge, Anett Schweitzer Korrektorat: Martina Jung, Stefan Kleinschmidt Übersetzung Englisch: Romy Fursland Lektorat Englisch: Franzisca Tinnefeld Korrektorat Englisch: Emma Rault, Caroline Schütte Kommunikation: Michael Stork, Kira von der Brelie Produktionsteam Design: Arved Lindau, Volkmar Lober, Gerhard Schmitz Design und Layout: Sebastian Peetz, peetz & le peetz design MMXX
Danke: Allen Partner*innen der im Bid Book aufgeführten Projekte! Stellvertretend für alle Think Tanks den Sprecher*innen: Stefan Altmeyer, Ronald Clark, Gunnar Geßner, Helene Herich, Maximilian Horn, Magdalena Jackstadt, Harald Kiefer, Katja Krause, Tosh Leykum, Nils Meyer, Hamideh Mohagheghi, Lutz Rädecker, Matthias Riemann, Ivana Rohr, Dilek Ruf, Michael Schröder, Ilka Theurich, Ingrid Wagemann. Stellvertretend für den Beirat Ninia Binias und Kai Schirmeyer, für den Kulturrat Magdalena Jackstadt und Stefan Becker und für das Kuratorium Marlis Fertmann und Katharina Lohmann. Der gesamten Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover, insbesondere der dezernatsübergreifenden Begleitgruppe, die für uns immer alles möglich gemacht hat! Dem Team Kulturentwicklungsplan: Bernd Jacobs, Dr. Benedikt Poensgen, Dr. Carola Schelle-Wolff, Prof. Dr. Thomas Schwark. Dem Rat der Landeshauptstadt Hannover und insbesondere dem Kulturausschuss der Landeshauptstadt Hannover für die Unterstützung seit dem ersten Tag! Der Region Hannover, den Städten und Kommunen, die die Bewerbung mit ihrer kreativen Kraft bereichert haben und insbesondere dem Team Kultur. Dem Land Niedersachsen. Vor allem allen Einwohner*innen der gesamten Kulturregion Hannover, deren Engagement und Begeisterung uns täglich motiviert haben! Ein besonderer Dank gilt der ausdauernden Geduld unserer Familien. Landeshauptstadt Hannover Team Kulturhauptstadtbewerbung Trammplatz 2 30159 Hannover
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Nachwort der Herausgeberin Vieles von dem, was wir tun, tun wir in der Absicht, dass es Bestand haben soll. Wenn schon nicht für immer, dann zumindest für eine Weile. Ein Buch ist da keine Ausnahme. Nicht ohne Grund lernt man im Journalismusstudium Formulierungen zu vermeiden wie »diesen Samstag passierte dies und dies«. Stattdessen soll man das Datum nennen, damit der Artikel auch in zwei Wochen noch aktuell ist. Hierin steckt letztlich der Wunsch, den Text aus seinem Jetzt herauszulösen, ihn vor seiner eigenen Vergänglichkeit zu schützen. Ich habe mich jedoch bewusst dagegen entschieden, so zu tun, als wären meine Kommentare zeitlos. Ich wollte meine Gegenwart nicht verstecken, wollte das bevorstehende Referendum zur Auflösung der EU beschreiben – auch wenn das bedeutet, dass dieses Buch schlecht altern wird. Denn genau das war es, was mich an Hannovers Bid Book angezogen hat: Es spricht nicht aus einem undefinierten Raum, sondern aus seinem Jetzt. Es ist lebendige Vergangenheit. Man merkt dem Text seinen Kampf mit der Wirklichkeit an, wie er tritt, kratzt und hadert mit dem Zustand der Welt. Nicht im Jahr 2029, 2015 oder 1999, sondern im Sommer 2020. Er spricht aus einer Gegenwart, die er verändern will.
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Anhang: Quellen Aufnahmezustand (2020): Damit habt ihr nichts erreicht. Ein offener Brief der Freien Szene an die Kulturhauptstadtbewerbung. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 28.09.2020. Begrich, A. (2020): Eine Stadt für Europa und nicht umgekehrt. In: The Guardian, 29.09.2020. Benne, S. (2014): »Unesco City of Music«. Die Stadt hat richtig gute Noten. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 03.12.2014. Bloch, E. (1987): Das Prinzip Hoffnung. Suhrkamp, Frankfurt am Main. Bolaño, U. (2035): Ins neue Jahrhundert der Pferde. Die Geschichte einer Wiedervereinigung. C.H. Beck, München. Brandt, A.; Brunken, K. (2010): 10 Jahre EXPO 2000 – Die Stadt als Exponat. Auf der Suche nach der Nachhaltigkeit der EXPO 2000. Kunstmann, Hannover. Brelie, S. (2020): Hannover räumt ab beim iFDesign-Award. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 07.02.2020. Calvino, I. (2020): Warum unsere Städte mehr Mut brauchen. In: El País, 01.10.2020. Céline, L.F. (2037): »Wenn Gebäude nicht für Menschen sind, für wen dann?« Wie die Finanzkrise weltweit unsere Städte auf den Kopf stellte. Planeta, Madrid. Clüver Ashbrook, C. (2020): MicroMultilateralism and the Impact of Urban Diplomacy on Global Diplomacy. Harvard Kennedy School, Belfer Center. Clüver Ashbrook, C.; Haarhuis, D. (2019): Mikro-Multilateralismus. Retten Städte die UNIdeale? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.12.2019. Clüver Ashbrook, C. (2019a): How City and State Diplomacy are Changing the Alliance. Harvard Kennedy School, Belfer Center Clüver Ashbrook, C. (2019b): MicroMultilateralism: Cities Saving UN Ideals. Harvard Kennedy School, Belfer Center Cordero, S. (2037): Endstation Lithium. Cambridge Press Eilenberger, W. (2020): Igor Levit: Das Klavier, der Tod und die Politik. 3-Sat/SRF
Eggers, O. (2035): Kontinente aus Müll. Warum wir sofort aufhören können Kugelschreiber herzustellen. Adelphi Edizoni, Milan. Europäische Kommission (2018): Leitlinien für die Städte zur Eigenbewertung der Ergebnisse ihrer »Kulturhauptstadt Europas« Falk, M.; Hagsten, E. (2017): Measuring the impact of the ECoC program on overnight stays: Evidence for the last two decades. In: European Planning Studies 25(12): 2175–2191 Fischer, J. (2017): Das sind die Gewinner beim Poetry-Slam-Finale. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29.10.2017 Harishchandra, L. (2055): Die Wiedergeburt des internationalen Kartellrechts. In: Economic Review (14-2) Hedayat, S. (2055): Start-Up-Kultur – Wie eine hirnrissige Arbeitsideologie die Welt eroberte. Merve, Berlin Geerarts, X.; Huizinga, L; Petrarca, F. (2039): Als die ganze Welt stillstand – Ein Jahrzehnt im Zeichen der Pandemie. MIT Press Güiraldes, W. (2020): Wie eine fast unbekannte deutsche Stadt unser Verständnis von Europa neu sortierte. In: Le Monde, 24.08.2020 Günas, L. et al. (2055): Internationaler Vergleich von Initiativen zur Implementierung von Multilingualität im Schulunterricht. In: Education Review (23-1) Guse, Juan S. (2019): Miami Punk. S. Fischer, Frankfurt am Main Jelinek, F. (2054): »Zwei Meter unter Wasser«. Die unglaubliche Geschichte des Versagens einer globalen Klimapolitik. Tandem Press, Milan. Jury-Report (2020): Selection of the European Capital of Culture (ECoC) 2025 in Germany. The Expert Panel’s report Pre-Selection Stage Kaufold, C. (2014): Tagungsbericht – Agostino Steffani: Europäischer Komponist und hannoverscher Diplomat der Leibniz-Zeit. In: H-Soz-Kult (10.2014). Keller, S. (2052): Die Neuerfindung der Landschaft. Zur Europäischen Landwirtschaftsreform von 2057. Springer VS, Wiesbaden. Kilomba, G. (2027): Alle deine Geister. PostKolonialismus als Dauerzustand. No more Books, New York.
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Kittler (2024): Das Ende der Büros. Wie die Corona-Krise uns zu neuen Stadtkonzepten zwingt. Rowohlt, Hamburg König, V. (2018): Die Ratspolitik folgt einem Vorschlag der Satire-»Fraktion«. Hannover wird wieder Hansestadt. In: Neue Presse, 15.08.2018 Krüger, G. (2037): Die bürokratischen Vorhöllen des Asyls – Zu den Tücken der Aufnahmereform von 2031. In: Policy Now (21-5) La Ferrante, O. (2053): Als die Kunst die Politik übernahm. Politische Experimente des 21. Jahrhunderts. Planeta, Madrid Landeshauptstadt Hannover (2019): Agora! Hannover 2025 Agora of Europe (Teil der Bewerbung der Landeshauptstadt Hannover zur Kulturhauptstadt Europas 2025) Landeshauptstadt Hannover (2020): Kulturentwicklungsplan 2030 der Landeshauptstadt Hannover Leibniz, G. W. (1906): Nachgelassene Schriften physikalischen, mechanischen und technischen Inhalts, herausgeben von Ernst Gerland. B. G. Teubner Lin, Y. (2057): Das Ende der Spinne – Zur Dezentralisierung des Internets. Yamamoto Publishing, Liverpool Miloslava, R. (2037): Die Jakarta Protokolle. Gallimard, Paris Mlynek, K. et al. (2009): Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlüter, Hannover Nairobi Dictionary (2059). Nguyen, J. (2037): »Nein, meine Hausschuhe brauchen keine App«. Eine kleine Geschichte unseres technoiden Wahns. Kiepenheuer und Witsch, Köln Önders, P. (2052): Arbeiten im Teilchenbeschleuniger – Zur kulturgeschichtlichen Entwicklung moderner Organisationen im 21. Jahrhundert. Gallimard, Paris. Oxford Online-Dictionary (2059)
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Saddhi, C. (2025): There’s now a giant 50 meter tall pumpkin in a city called Hannover that you definitively check out. In: The Guardian, 17.08.2025 Schütter, W. (2015): Hinrich-Wilhelm-KopfPlatz wird zu Arendt-Platz. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 16.03.2015 Schweitzer, A. (2033): Die Abschaffung der Stadtgrenzen. Zur jüngeren Geschichte der Region Hannover. Wissel, Hannover Steinbeck, A. (2020): Hannover kapituliert. In: Die Welt, 24.09.2020 Stephenson, N. (2019): Fall or Dodge in Hell. William Morrow, New York Touré, Y. (2052): Blantyre wins title of African Capital of Culture with radical idea: Not winning. In: New York Times, 18.11.2052 UN-Report (2051): Short- vs. Long-term Investment in Ecological Technologies. New York UN-Report (2052): Global Census. New York. Wallace, D. (2020): Hannover hat recht. Es ist Zeit für einen solidarischen Turn in Europa. The Guardian, 26.09.2020 Dokumentenverzeichnis (Auswahl) Vollständig abrufbar unter bylt.net/ danielewski/hannover 20-08-13_KHH25_BB2_final_final dok_agora_empty 2020, dok_dk_0102, dok_dk_1103 dok_dk_1904, dok_dk_0105, dok_dk_1006, dok_ dk_2806, dok_dk_3006, dok_dk_0607, dok_dk_0707, dok_dk_0807, dok_dk_0907, dok_em_0601, dok_ em_1902, dok_em_0502, dok_em_2103, dok_em_0404, dok_em_1704, dok_em_2204, dok_em_0605, dok_ em_1105, dok_em_1305, dok_em_1106, dok_em_2006, dok_em_2406, dok_em_2606, dok_em_2706, dok_ pr_1101, dok_pr_0203, dok_pr_0503, dok_pr_2803 dok_pr_0805, dok_pr_1506
Pessoa, F. (2058): Die Vereinigten Städte von Europa. Toros Pub., Lissabon Reyna, Íñigo. (2032): Kunst als Virus – Wie die letzte vierte Wand fiel. DuMont, Köln. Rohr, I. et al. (2027): WIR BRAUCHEN PLATZ. mare, Hamburg – EUROPÄISCHES DRUCKERZEUGNIS –
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