Mikrochip ABC — Spannende Welt der Mikroelektronik (Leseprobe)

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Spannende Welt der Mikroelektronik

3D:it / SILICON PL ANE T


IMPRESSUM © 2015 by 3D Infotainment Technologies UG (haftungsbeschränkt) Dieses Buch wurde gestaltet und produziert von 3D Infotainment Technologies UG (haftungsbeschränkt), 3D Interaction Technologies GmbH Schubertstraße 39, D-01307 Dresden, Telefon: +49 (0)351 219 78 776 Titel der deutschsprachigen Ausgabe »Mikrochip-ABC. Spannende Welt der Mikroelektronik« Herausgeber Ingolf Seifert, Henry Wojcik Konzeption & Leitung Ingolf Seifert

COPYRIGHT Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberge-

Autoren

setzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und

Ingolf Seifert, Heiko Weckbrodt, Dr. Henry Wojcik,

strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Prof. Dr. Bernd Junghans, Dr. Eberhard Fügert,

Übersetzungen, Mikrover­filmungen und die Einspeicherung

Lydia Holter, Andreas Sentker, Alfred Vollmer

und Verarbeitung in elektro­nischen Systemen.

Fachliche Durchsicht & Beratung

Es ist deshalb nicht gestattet, Abbildungen dieses Buches

Dr. Henry Wojcik, Prof. Dr. Bernd Junghans,

zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder in

Johannes Fritzsche (Gar-Automat)

Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit

Grafiken & Illustrationen

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Ingolf Seifert, Björn Grunewald, Arne Rein, Lorenz Wieseke, Stefan Schmutz, Frank Zimmer,

schriftlicher Genehmigung des Verlages. Bei der Anwendung in Beratungsgesprächen, im Unterricht und in Kursen

Stefan Bernstein, Josephine Dehmel, Vinzenz Weiss,

ist auf dieses Buch hinzuweisen.

Daniel Reinhardt

Jede gewerbliche Nutzung der Arbeiten und Entwürfe ist

Grafikdesign & Layout

nur mit Genehmigung von Verfasser und Verlag gestattet.

Arne Rein (Konzept & Realisierung), Nadja Nitsche

Die Verfasser und der Verlag haben die im Buch veröffent-

(Realisierung), Nadja Rein (Mediengestaltung) Printed in Germany ISBN 978-3-00-051679-5 www.mikrochip-abc.de

lichten Inhalte mit größter Sorgfalt erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist eine Haftung der Verfasser und des Verlages und ihrer Beauftragten für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ausgeschlossen.


Spannende Welt der Mikroelektronik

Herausgegeben von Ingolf Seifert & Henry Wojcik


DIE KAPITEL DES BUCHES HIGH-SPEED-TRAIN IN DIE ZUKUNFT

HOMO TECHNICUS TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN

BASICS GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK

ANWENDUNGEN DER MIKROELEKTRONIK

FERTIGUNG SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP

ENTWICKLUNG INNOVATIONSFELD KÜCHE


3

Mikrochip-ABC

HIGH-SPEED-TRAIN IN DIE ZUKUNFT Warum dein Smartphone so viel kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z

8

Klein ist nicht klein genug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 10

HOMO TECHNICUS

TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN So funktioniert Kommunikation in der Technik

Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 16

Wenn Chips miteinander reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Werkzeuge potenzieren Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 18

Transmitter und Receiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

zur Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

WISSEN

Homo technicus: Technik macht uns zu Menschen . . . . . . . . . . . . . 14

Vom Werkzeug zur Maschine

Wie das Mikrofon deines Smartphones funktioniert

Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis«

Störsignale überall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Z 22

Von der Maschine zum Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 24 Wie Mikrochips hören

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Die Bausteine elektronischer Steuerungen

Alles fließt

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Abtasten & Quantisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Z

70 74

Z 76

Z 28

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

Inova Semiconductors: Flugzeugtechnik für Autofahrer. . . . . . . P 80 5G und das Internet der Dinge

Die Silicon Valley Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Selbst Lichtgeschwindigkeit ist noch zu lahm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Bill Hewlett und David Packard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Smart Cities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Der Stanford Industriepark

38

Umgebungsunterstütztes Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Z 40

Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Intel und die Erfindung des Mikroprozessors . . . . . . . . . . Z 44

Ein neuer Abschnitt der Technikgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Die Computerkids: Wie die Nerds der 70er …

Z 48

Drei Forderungen an die Netze der Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Jobs & Wozniak: Die Apple Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 52

Das Netz der Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Willkommen, IBM! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 54

Robert Bosch GmbH: Bosch will Takt für das

STORY

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

William Shockley und »Die verräterischen Acht«

. . . . .

. . . . . . . . .

»Internet der Dinge« mitbestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 96 Vernetzte Welt: Die Erfindung des World Wide Web . . . . . . . Z 58

ZVEI e. V.: Innovationen treiben die Elektroindustrie an . . . . . . . P 100

Amazon, Facebook, Wikipedia & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 60

Dresden: In fast allen Geräten arbeiten Chips aus Dresden . . . . P 102

Die iPhone-Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 62

SEMI Europe: Mitmachen bei Europas Aufholjagd . . . . . . . . . . . . . . P 104

LEGENDE Z   thematische Zeitleiste  |

P   Firmen- und / oder Personenportrait  |  STORY  markiert, den Fachinhalt ergänzende, Geschichten und

Begebenheiten | WISSEN  markiert eingeschobene Wissens-Themen  |  FACHWISSEN  markiert thematisch ergänzendes Fachwissen


BASICS

ANWENDUNGEN

Silizium & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Autoelektronik

Vom Sand zum Silizum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Wenn der Computer hinterm Lenkrad sitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

Siltronic AG: Jedes Atom auf seinem Platz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 112

So funktionieren Roboterautos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Silizium oder Germanium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

STORY

FACHWISSEN

Wandernde Löcher und freie Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Im Robocar durch die Stadt

FACHWISSEN

4 Mikrochip-ABC  |  Spannende Welt der Mikroelektronik

Elmos Semiconductor AG: Die Zukunft gehört der Geste . . . . . P 190

Multitalent Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

NXP Semiconductors Germany GmbH: Mehr Sicherheit

GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK

CHIPS & SENSOREN: DIE UNSICHTBAREN DIENER

Ladung, Spannung, Kapazität & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

3D und hochgenau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Kostal: Wenn das Auto selbst die Unfall-Quellen erkennt

. . .

180

P 192

NXP will Autos sechsten Sinn gegen Unfälle einimpfen . . . . . . P 194

Osram: Ohne LED kein Smartphone-Blitz

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P 126

und Intelligenz für die vernetzte Welt von morgen

. . . . . . . . . . .

P 196

MAZeT: Bloß kein Schweinchenrosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 128

eCar: Elektromobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198

Wirtschaftsförderung Jena: Lichtstadt Jena. . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 130

Infineon: Einfacher, sicherer, umweltfreundlicher! . . . . . . . . . . . P 202

Jenoptik AG: Licht plus Elektronik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 131

Industrieelektronik / Industrie 4.0

So funktioniert ein Transistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Die Fabrik der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

So rechnen Computer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

Evolution oder Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Verdrahtete Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Der Fluch der Datenmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Anvo-Systems GmbH: Die Nacht in Bangalore. . . . . . . . . . . . . . . . . P 138

Siemens AG: »Industrie 4.0« gegen den Schmerz . . . . . . . . . . . . . P 214 Siemens AG: Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts

Creative Chips: Die Maschinen-Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 218

Widerstand und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

3D IT: 3D-Blick ins Innere von Hightech-Anlagen . . . . . . . . . . . . . P 220

STORY

FACHWISSEN

So funktionieren Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

P 216

Energie: Erzeugung, Verteilung, Verbrauch Ökostrom plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

Die Zukunft des Wohnens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Smart Materials — Kunststoffe mit Köpfchen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226

Texas Instruments Deutschland: Die Energiesparmeister. . . . P 152

Mikro- und Nanotechnologie

Welche Sensoren im Smartphone stecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Kühle Rechner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

ams AG: Künstliche Nasen schlagen Mief-Alarm . . . . . . . . . . . . . . P 156

GLOBALFOUNDRIES:

FACHWISSEN

Die Kilby-Story

. . . .

Nieder mit der Diktatur der Ladeschale! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 238

Chipentwurf & elektronische Entwurfsautomatisierung . . 158 Cadence: Als Applikationsingenieurin bei Cadence . . . . . . . . . . .

Medizintechnik Doktor Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

P 168

edacentrum: Moderatoren der Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 170

Roboterhilfe für Chirurgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Umwelttechnik Das große Reinemachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Agrarwirtschaft Mist an Bauer: Muss aufs Feld! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 AMA: Sensornetze bremsen Durst von Olivenhainen . . . . . . . . . . P 258 AMA: Ohne Sensoren wäre alle Hightech blind und taub

. . . . .

P 259


5

Mikrochip-ABC

ELEKTRONIK­ FERTIGUNG

ELEKTRONIKENTWICKLUNG

Zu Besuch in der Chipfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

Das Zucchini-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

Rein, reiner am reinsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Wenn die Küche zum Elektronik-Labor wird

Chipburger: Schicht für Schicht zum Mikrochip

SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP

Nicht ohne Schablone

INNOVATIONSFELD KÜCHE

. . . . . . . . . . . . . . . .

266

Auf der Suche nach der richtigen Idee

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

268

Zeit: Die knappe »Zutat«

. . . . . . . . . . . . . . . . .

Z 310

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314

UV-Licht: Der Schlüssel zum Nanokosmos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Innovationsidee Küchen-Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

Silizium unter Teilchenbeschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

Carl Zeiss AG: Schärfere Licht-Skalpelle für Mikrochips . . . . . P 276

Innovationsaufgabe Garautomat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

Vistec Electron Beam GmbH: Wenn selbst Licht zu grob ist. P 280

Garen: Ein molekularer Gewaltakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 324

P 282

À point: Präzision ist alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

284

Zart und saftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328

Chemie in der Chipfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286

Das richtige Temperaturszenarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

Pfeiffer Vacuum GmbH: Die Weltmeister des Nichts. . . . . . . . . . P 288

Die richtige Gartechnik

Das präziseste »Messer« der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Bausteine eines Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

Die Zähmung des Kupfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Voilà: Unsere Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

Berufsportraits: Dr. Guntrade Roll, Dr. Henry Wojcik . . . . . . . . P 296

eTajine und Steaker

Atomares Sandstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Wenn Tradition auf Hightech trifft

HEIDENHAIN: Vermessung eines Nanometers 1.000 ° Celsius in 12 Sekunden

. . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

332

338 340

Mehrere 1.000 Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 IMAPS Deutschland e. V.: Mit 08/15-Elektronik

Das Ende einer Reise & ein Anfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344

gewinnt Deutschland keinen Blumentopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 302 X-FAB: Mittler zwischen analogen und digitalen Welten. . . . . . P 304

Die Mikrochip-ABC Förderer im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

ANHANG Bildnachweis & Autorenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

LEGENDE Z   thematische Zeitleiste  |

P   Firmen- und / oder Personenportrait  |  STORY  markiert, den Fachinhalt ergänzende, Geschichten und

Begebenheiten | WISSEN  markiert eingeschobene Wissens-Themen  |  FACHWISSEN  markiert thematisch ergänzendes Fachwissen


High-Speed-Train in die Zukunft Warum dein Smartphone so viel kann . . . . . . . . . . . . . . . .

Z 8

Klein ist nicht klein genug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Z 10



8

High-Speed-Train in die Zukunft  |  Warum dein Smartphone so viel kann

WARUM DEIN SMARTPHONE SO VIEL KANN Hast du dich schon mal gefragt, warum Smartphones, Tablets, Notebooks und PC so schnell immer besser werden? Und warum ein so kleines Ding wie dein Smartphone so viel kann?

Als 1992 in Deutschland das erste digitale Mobilfunknetz an den

bis 300 Euro (Media-PC, Netbooks und Tablets mit Basis-Ausstattung),

Start ging (das D-Netz), waren Handys noch so groß und so schwer

und die leistungsstärksten Supercomputer sind in der Lage, extrem

wie eine Cola-Büchse, und man konnte damit wirklich »nur« tele-

komplizierte physikalische Vorgänge wie die Veränderung des Welt-

fonieren. Die Mobiltelefone von heute vereinigen dagegen eine

klimas zu berechnen. Kurzum: Keine andere Produktgruppe hat in

ganze Armee elektronischer Geräte in ihrem Gehäuse: Sie sind

den vergangenen 20 Jahren so viele technische Verbesserungen

Telefon, mobiler Internet-Zugang, Videokamera, Fotoapparat, MP3-

erfahren wie unsere Computer und Mobiltelefone, während ihr

Player, mobile Festplatte, Navigator und Organizer in einem. Eine

Preis gleichzeitig rasant fiel. Ein Ende dieser erfreulichen Entwick-

schier unübersehbare Zahl von Apps macht sie zu wahren Alleskön-

lung ist nicht in Sicht. Viele Experten rechnen damit, dass es noch

nern — weshalb sie zurecht Smartphone (kluge Telefone) heißen.

Jahrzehnte so weitergeht. Woher kommt dieser rasante technische Fortschritt? Was treibt ihn an?

Ähnlich verhält es sich mit unseren Computern: Anfang der 90er Jahre kostete ein einfacher PC (Personal Computer) rund 2.000

KEIN MARKT IST GRÖSSER

D-Mark, seine Möglichkeiten waren bescheiden und seine Bedie-

Die Antwort ist simpel: Es gibt extrem viele Menschen, die — wegen

nung kompliziert. Heute dagegen gibt es Computer schon für 200

all der nützlichen Dinge, die sie damit anstellen können — S ­ martphones,

ENTWICKLUNG DER MOBILTELEFONE Funkstandards

2G

1G

2.5G

1983

1992

1995

1996

1997

2000

2001

2002

Eri c Far sson P b-T ou 800 chs m cre it en

No k int ia 83 egr 1 ier 0 mit tem Ra dio

Mo t (int orola egr S ier tar T te Or AC, K gan l ize app-H rk am andy en auf ) Sie me ns S10 mi t4 -Fa rbDis pla y Sh a bau rp Jter SH0 4 Fot o-K mit e am i era nge­

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Neue Funktionen

Mo t mo orola bile D s T ynaT ele fon AC, e (Ge rste wic s ht: 1kg )

Z


Mikrochip-ABC

Tablets, Notebooks und PC besitzen möch-

Zwischen seinem Display und seinem Ge-

ten. Wir sprechen von einem der weltgröß-

häusedeckel sitzt eine Platine mit einem

ten Märkte, wenn wir über Mobilfunk- und

halben Dutzend Mikrochips; kein Chip ist

Computertechnik reden. Mit kaum einer

größer als ein Fingernagel. Auf den Chips

anderen Produktgruppe lässt sich so

wiederum befinden sich Hunderte Millionen

schnell so viel Geld verdienen!

Transistoren — das sind winzige elektrische

9

SMARTPHONE

Schalter. Mikroskopisch dünne Leiterbah2013 haben allein die Smartphone-Hersteller

nen verbinden die Schalter (Transistoren) zu

weltweit knapp eine Milliarde Geräte abge-

komplexen Schaltungen — und diese Schal-

setzt. Das entsprach einem Umsatz von 100

tungen wiederum steuern dein Smart­

Milliarden Dollar! Aus diesem Dollar-Kuchen

phone, sie sind gewissermaßen das Gehirn

möchten sich natürlich alle Hersteller ein

deines Mobiltelefons.

Mainboard

möglichst großes Stück herausschneiden. Ein knallharter technologischer Wettbewerb

Willst du die Leistung dieses Gehirns ver-

ist die Folge: Wer die besten Geräte zum

doppeln, so musst du die Zahl seiner Gehirn-

günstigen Preis anbieten kann, verkauft da-

zellen verdoppeln — sprich: die Zahl seiner

von am meisten und verdient maximal. Und

Transistoren. Logisch, oder? Je mehr Tran-

so heizt die Nachfrage nach den Geräten den

sistoren auf den Chips deines Smartphones

Wettbewerb der Hersteller an, und der Wett-

Platz finden, umso mehr können die Chips

bewerb der Hersteller treibt die technische

und damit dein Smartphone. Deshalb geben

Entwicklung voran, und der technische Fort-

die Handyhersteller bei der Wahl ihrer Lie-

schritt wiederum stimuliert die Nachfrage.

feranten den Chipherstellern den Vorzug,

Eine endlose, sich selbst verstärkende Spi-

die ihnen zum günstigen Preis die Schalt-

rale. Deshalb entwickeln sich Smartphones

kreise mit der besten Transistorausstat-

und Computer so schnell. Sie sind die Zug-

tung anbieten können (genauso funktioniert

pferde des technischen Fortschritts auf dem

übrigens auch die Leistungserweiterung bei

Gebiet der Mikroelektronik.

Computern aller Art). Und weil auch die Chiphersteller möglichst viel vom großen Dollar-

DAS GEHIRN DEINES SMARTPHONES

Kuchen abhaben wollen, liefern auch sie sich

Nur: Wie erreichen die Smartphone- und

einen knallharten Wettbewerb. Gewinner

Computerhersteller all die großartigen

ist in ihrem Fall, wer es schafft, die Zahl der

technischen Verbesserungen? Die Antwort

Transistoren pro Quadratmillimeter Chip-

findest du im Inneren deines Smartphones.

fläche am schnellsten zu erhöhen.  ¢

3.5G

4G

2007

2009

Sa m Vid sung eoPro Beam , jek tor mit in teg rie Sa ms rte m LTE ung -Ha SC Hnd y (L r90 0 on g T , ers erm tes Evo lut ion )

LG O Du ptim alCo us m rei Pro t zes sor

Sa m HD sung -Vi deo i8910 -Ka H me D, m ra it

HD

Ge b Ap urtss p t Sm le se unde art tzt dam des i ph P on e-S it ei hone tan nen — dar neu d en

No k sch ia 110 0 lag er , wel mi t 2 tweit 50 Mio größt . Ve er V No kia e rkä Vid 3 ufe rkauf eo- 650 sn mi Ka t me ra inte­g rie rte r Sa ms un int egr g S C ier tem H-X8 Far 20 m b-F i ern t seh er

TV

Sa m sch sung nel Ga lst es laxy S Sm art III, da ma ph on e d ls er We lt

3G

2003

Chip mit über Hundert Millionen Transistoren

2010

2011

2012


10

High-Speed-Train in die Zukunft  |  Klein ist nicht klein genug

KLEIN IST NICHT KLEIN GENUG Die Vermehrung der Transistoren auf den Chips ist allerdings

DAS MOORESCHE GESETZ

eine schwierige Sache. Die Chiphersteller müssen immer wieder

Als wichtigste Messlatte für den Fortschritt beim Schrumpfen der

aufs Neue einen Weg finden, wie sie die Transistoren verkleinern

Transistoren gilt in der Chip- und Computerbranche das »Gate« der

(schrumpfen) können. Oder anders gesagt: ohne permanente Ver-

Transistoren — ihr Ein / Aus-Schalter. Blickt man nämlich von oben

kleinerung keine stetige Vermehrung der Transistoren. Würden

auf einen integrierten Schaltkreis, dann sind die Gates die schmalste

die Chiphersteller die Transistoren nämlich nicht verkleinern, so

Struktur auf dem gesamten Siliziumplättchen.

würde jede Erhöhung der Transistorzahl (wegen des immer größeren Platzbedarfs der Transistoren) zwangsläufig die Chipfläche vergrö-

Die amerikanischen Ingenieure Jack Kilby und Robert Noyce stellten

ßern. Das geht aus zwei Gründen nicht.

1959 unabhängig voneinander die ersten integrierten Schaltkreise (engl.: Integrated Circuits, Abkürzung: IC) her. Noyce’ IC war so groß

Erstens: Hätten die Chiphersteller vor 20 Jahren aufge-

wie eine Dollarmünze und enthielt zwei mit bloßem Auge noch gut

hört, die Transistoren zu schrumpfen, dann wären Chips

sichtbare Transistoren.

heute so groß wie eine italienische Pizza, und dein Smartphone hätte die Maße eines Pizzaofens, was ziemlich un-

1968 gründeten Noyce und sein Kollege Gordon Moore die Firma

praktisch wäre. Wegen ihres enormen Stromverbrauchs

Integrated Electronics — kurz Intel. 1971 entwickelte Intel-Chef-

wären sie vermutlich auch so heiß wie Pizzaöfen.

Ingenieur Ted Hoff den ersten Mikroprozessor der Welt: den Intel 4004. Das war ein vollständiger Computer auf einem einzigen Chip.

Zweitens: Integrierte Schaltkreise entstehen aus kostbaren

Das heiß, er vereinigte auf seiner Siliziumfläche alle elektronischen

Siliziumscheiben (engl.: Wafer). Die Chiphersteller unterwer-

Schaltungen, die ein Computer braucht, um mathematische und

fen diese Scheiben in ihren Fabriken einer sehr aufwändigen,

logische Operationen ausführen zu können. Der Intel 4004 besaß

extrem teuren Behandlung. Würden sie zulassen, dass die

2.300 Transistoren mit zehn Mikrometer breiten Gates — das ist

Chipfläche immer weiter wächst, so würde zwangsläufig auch

rund 50-mal kleiner als der Punkt am Ende dieses Satzes. Seine

die Chipausbeute pro Wafer sinken. Das heißt, es würden

Transistoren waren mit bloßem Auge schon nicht mehr erkennbar.

immer weniger Chips auf eine Siliziumscheibe passen, und dies wiederum würde die Produktion drastisch verteuern.

1975 wagte Moore im Licht der Erfahrungen, die Intel im Bemühen um die stete Verkleinerung seiner Transistoren gesammelt hatte, die

Im Wettbewerb setzen sich aber gerade diejenigen durch, die immer

Prognose, dass die Chipindustrie die Zahl der Transistoren und damit

bessere Chips zu immer geringeren Kosten produzieren können.

die Leistung der Chips etwa aller zwei Jahre verdoppeln werde — und

Deshalb führt an einer permanenten Verkleinerung der Transistoren

damit sollte er Recht behalten. Der Wettbewerb der Chiphersteller

kein Weg vorbei. Und so äußert sich der Wettbewerb der Chipher-

hat tatsächlich dazu geführt, dass sich die Zahl der Transistoren

steller in einem technologischen Wettrennen um die Fähigkeit, im-

pro Quadratmillimeter Chipfläche seit 1975 etwa aller 20 Monate

mer kleinere Transistoren zu erzeugen. Es grenzt an ein Wunder, zu

verdoppelt hat — was nichts anderes bedeutet, als dass die Chipher-

welchen Resultaten dieses technologische Wettrennen geführt hat.

steller im gleichen Tempo die Größe der Transistor halbiert haben.

Z

ENTWICKLUNG DER TRANSISTOREN

Größenskala

Meter

Zentimeter

Millimeter

durchschnittlicher erwachsenen Mann: 1,78 m

Hausmaus: 7 — 11 cm

Hausameise (Arbeiterin): 2,5 mm

10 µm

3 µm

3,5 µm

1,5 µm

1 µm

0,8 µm

0,25 µm

Anzahl Transitoren

2.300

29.000

68.000

275.000

< 1 Mio

3.1 Mio

< 7.5 Mio

Prozessor

4004

8086

68000

80386

80486

Pentium

Pentium II / III

Größe Transitorgates

1971

1980

1990


Mikrochip-ABC

DAS MOORESCHE GESETZ Six Core Core i7 AMD K10

2,6 Mrd.

AMD K8

Anzahl der Transistoren

1 Mrd.

Pentium 4 AMD K6-III / K7

100 Mio. 10 Mio.

80486

Pentium II / III

80286

1 Mio. 100 Tsd.

Core 2 Duo

Pentium 68000 8086

80386

10 Tsd.

80186 4004

2,3 Tsd.

1971

1980

1990

2000

2011

Intel- und AMD-Prozessoren: Einführungsjahr

Weil sich Moores Vorhersage so verblüffend genau bewahrheitete, erhoben Brancheninsider sie bald in den Rang eines Gesetzes und nannten sie Moores Law — Mooresches Gesetz. Inzwischen (Stand 2015) haben die führenden Hersteller die GateBreite ihrer Transistoren bis auf 14 Nanometer verkleinert. Kannst du dir vorstellen, wie klein das ist? Es wird dir nicht gelingen! 14 Nano­ meter sind so winzig, dass dies die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Zum Vergleich: Das Haar eines Durchschnittseuropäers ist mit seiner »Stärke« von 70 Mikrometern über 5.000 Mal dicker als ein 14 Nanometer breites Transistorgate. Rote Blutkörperchen — die kleinsten Zellen des menschlichen Körpers — sind mit ihrem Durchmesser von 7.000 Nanometern immer noch rund 500 Mal größer als solch ein Transistorgate! Und noch ein Vergleich: 127 Siliziumatome — wie Perlen auf eine Schnur gereiht — ergeben genau die Strecke von

11

MORE THAN MOORE Mehr und mehr zählt im Wettbewerb der Chiphersteller aber auch die Fähigkeit, noch andere Bauelemente als »nur« Transistoren in die Chips zu integrieren. So finden sich auf den Chips immer häufiger auch Sensoren. Das sind technische Sinnesorgane, vergleichbar mit den Sinnesorganen von Tieren. Smartphones erkennen damit ihre Umwelt. Sie finden zum Beispiel heraus, ob ihre Benutzer sie gerade ans Ohr halten. Ist das so, schaltet sich das Display ab. Das verlängert die Akkulaufzeit und schont die Umwelt. Fachleute nennen diesen Trend »More than Moore« (mehr als Moore). Das ist eine Anspielung auf den Slogan »More Moore« (Mehr Moore): Jahrzehnte lang galt in der Halbleiterindustrie die Devise, der Logik des Mooreschen Gesetzes zu folgen und alle Kraft auf die Verkleinerung der Transistoren zu konzentrieren. Die Forderung »More Moore« brachte dies auf den Punkt. Je weiter die Industrie auf ihrem Weg zu immer kleineren Transistoren kam, umso größer wurden aber die technischen Schwierigkeiten, auch noch den nächsten Schritt zu gehen. Und: Die Kosten für neue Chipfabriken wuchsen ins schier Uferlose. Heute verschlingt eine neue Fabrik für höchstinte­ grierte Schaltkreise — sprich, für Chips mit den allerkleinsten Transistoren — meist fünf bis sieben Milliarden Euro! Eine wachsende Zahl von Herstellern stieg deshalb aus dem Miniaturisierungswettlauf aus. Auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sie trotzdem im Geschäft bleiben könnten, verlegten sie sich darauf, Chips so auszustatten, dass sie mehr können als »nur« Logik­aufgaben abzuarbeiten. Diese Chiphersteller stehen heute hinter dem Slogan »More than Moore«. Beide Strategien haben ihre Berechtigung: »More Moore« und »More than Moore«. Gewinner sind in beiden Fällen die Verbraucher: So oder so bekommen sie immer bessere Chips und Geräte.

45 Nanometern.  ¢

Mikrometer

Nanometer

Hausstaubmilbe: 300 µm

Bakterien & Viren: 1,0 µm — 15 nm

Transistor-Gate: 10 — 20 nm

Silizium-Atom: ⍉ ca. 1/2 nm

180 nm

130 nm

90 nm

65 nm

45 nm

32 nm

22 nm

20 nm

21 Mio

105,9 Mio

112 Mio

463 Mio

411 Mio

2,27 Mrd

4,2 Mrd

3 Mrd

AMD K6-III / K7

AMD K8

Pentium 4

AMD K10

Core 2 Duo

Ivy Bridge

Apple A8

2000

Sechskern-Core i7

2011

2014


HOMO TECHNICUS

Vom Faustkeil zur Hochtechnologie: Wie sich der Mensch über Millionen Jahre hinweg Technik zu eigen machte, um mehr zu erreichen in seiner kurzen Lebensspanne.

STORY

Die Silicon Valley Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Bill Hewlett und David Packard . . . . . . . . . . . . . . . 36 Der Stanford Industriepark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 William Shockley und »Die verräterischen Acht« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Intel und die Erfindung ­ des Mikroprozessors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 44 Die Computerkids: Wie die Nerds der 70er … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 48 Jobs & Wozniak: Die Apple Story . . . . . . . . . . . . . 52 Willkommen, IBM! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 54 Vernetzte Welt: Die Erfindung des World Wide Web . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 58 Amazon, Facebook, Wikipedia & Co. . . . . . . . . . . . . . . . 60 Die iPhone-Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

WISSEN

Homo technicus: Technik macht uns zu Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 16 Werkzeuge potenzieren Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 18 Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis« zur Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Vom Werkzeug zur Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 22 Von der Maschine zum Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 24 Wie Mikrochips hören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 28 Die Bausteine elektronischer Steuerungen . . . . . . . 30

So funktioniert Kommunikation in der Technik Wenn Chips miteinander reden . . . . . . . . . . . . . . . 64 Transmitter und Receiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Störsignale überall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Alles fließt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Wie das Mikrofon deines Smartphones funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 74 Abtasten & Quantisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 76

Inova Semiconductors: Flugzeugtechnik für Autofahrer

. . . . . . . . . . . . . . . . . . P

80

5G und das Internet der Dinge Selbst Lichtgeschwindigkeit ist noch zu lahm. . . . . 84 5G Lab: Prof. Gerhard Fettweis, Prof. Frank Fitzek . . 84 Smart Cities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Umgebungsunterstütztes Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Ein neuer Abschnitt der Technikgeschichte . . . . . . . 90 Drei Forderungen an die Netze der Zukunft . . . . . . 92 Das Netz der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Robert Bosch GmbH: Bosch will Takt für das »Interne der Dinge« mitbestimmen . . . . . . . . . . P 96 Julian Bartolomeyczik: Mikrosystemtechniker. 97 Frank Schäfer: Der Laser-Experte (Physiker) . . . 98 ZVEI e. V.: Innovationen treiben die Elektroindustrie an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 100 Dresden: In fast allen Geräten arbeiten Chips aus Dresden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 102 SEMI Europe: Mitmachen bei Europas Aufholjagd . . . . . . . . . . . . . . . P 104


HOMO TECHNICUS

TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN


20

Homo Technicus  |  Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis« zur Verfügung

DIESE KRÄFTE STELLT UNS DIE NATUR »GRATIS« ZUR VERFÜGUNG Muskelkraft Die direkteste Energiequelle ist die Muskelkraft von Mensch und Tier. Handwerker und Bauern setzen sie seit jeher ein.

Windkraft Der Wind bläst kräftig in die Segel des Lastenkahns, lässt ihn so auf dem Fluss vorwärts treiben und die Ware transportieren.

Werkzeuge Durch Werkzeuge wie Hammer, Meißel und Amboss vervielfältigt der Schmied die eigene Kraft.


NATURKRÄFTE

Mikrochip-ABC

21

BIOENERGIE Bioenergie wird aus Biomasse gewonnen. Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie in Form von Pflanzen, Holz oder Reststoffen wie Stroh, Biomüll oder Gülle. Bioenergie ist unter den Erneuerbaren Energieträgern der Alleskönner: Sowohl Strom, Wärme als auch Treibstoffe können aus fester, flüssiger und gasförmiger Biomasse gewonnen werden. Diese Energie gilt als klimaneutral. WINDKRAFT Seit dem 9. Jahrhundert ist die Windkraft Wasserkraft Das Wasser des Flusses treibt das Mühlrad an. So gewinnt der Müller mechanische Energie, um Getreide zu Mehl zu mahlen.

eine nicht wegzudenkende Energiequelle. Mit Windmühlen wurde damals schon Energie für den Antrieb von Maschinen gewonnen. Erst mithilfe der jüngsten technischen Möglichkeiten gelang es, das enorme Potenzial zuverlässig auszuschöpfen. Heute hat die Windenergie einen Anteil von über neun Prozent an der deutschen Stromversorgung. WASSERKRAFT Damals wie heute gilt Wasser als unverzichtbare Energiequelle. Mit der Erfindung des Mühlrads konnte die kinetische Energie des Wassers in mechanische Energie umgewandelt werden. Heute wird in Deutschland fast ausschließlich elektrischer Strom damit erzeugt. Wasserkraft ist eine ausgereifte Technologie, mit der weltweit der zweitgrößte Anteil an erneuerbarer Energie gewonnen wird. SOLARENERGIE Durch die fast unerschöpfliche Sonnenkraft wird Energie gewonnen. Solarzellen in Photovoltaikanlagen, solarthermische Kraftwerke und Sonnenkollektoren nutzen die Sonnen-

DIE NATÜRLICHEN ENERGIE­ QUELLEN DES MENSCHEN — FRÜHER UND HEUTE Das Diorama auf der linken Seite zeigt, welche Kräfte dem Menschen in der Vergan-

strahlung direkt und wandeln die Strahlungsenergie in Strom oder Wärme um. Solarenergie kann auch im Kleinen genutzt werden: Viele elektrische Geräte lassen sich mit Hilfe von Solarpanels betreiben und aufladen.

genheit zur Verfügung standen und wie der

GEOTHERMIE

Mensch diese für die verschiedensten Tä-

Geothermie bzw. Erdwärme ist eine nahezu

tigkeiten einsetzte.

unerschöpfliche Energiequelle. Schon die Rö-

Wie die natürlichen Energiequellen mit den

mer in der Antike wussten ihre Kraft zu nut-

aktuellen Technologien heute genutzt wer-

zen, um warmes Wasser für ihre Bäder

den, ist auf der rechten Seite dargestellt.

bereitzustellen. Heute wird die Erdwärme

Das Wissen um die Endlichkeit der fossilen

zum Heizen oder zur Warmwasseraufberei-

Energiequellen, der Gedanke der Nachhal-

tung genutzt. Zum Einsatz kommen dabei

tigkeit und die Verantwortung gegenüber

moderne Wärmepumpen, die nicht nur indus-

der nachfolgenden Generation erfordern

triell, sondern auch von Privatpersonen ge-

auch zukünftig neue Entwicklungen.

nutzt werden können.  ¢


30

Homo Technicus  |  Die Bausteine elektronischer Steuerungen

DIE BAUSTEINE ELEKTRONISCHER STEUERUNGEN Controller + Aktoren + Sensoren + Signalübertragung + ­ Benutzerschnittstelle + Programm = elektronische Steuerung

Fassen wir zusammen. Wer auch die Fähigkeit des Steuerns vom

Der Algorithmus bildet den immateriellen Teil des Steuerungs­

Menschen auf Maschinen übertragen will, muss sie mit folgenden

systems. Wir können Algorithmen auf zweierlei Art in Mikrochips

Bausteinen ausstatten:

einpflanzen: Soll ein Chip in der Lage sein, verschiedene Algorithmen auszuführen, so geben ihm die Chipdesigner die Algorithmen als

• Mit einem Mikrocontroller als steuernder Instanz (als Kontrollund Kommandozentrale);

Software mit. Ist ein Chip hingegen für die Ausführung nur eines einzigen Algorithmus bestimmt, so ist der bevorzugte Weg der Übertragung die »Festverdrahtung« (Fachbegriff: das Hardcoden):

• Mit Schaltern und anderen Stellgliedern, damit der Controller

Die Chipdesigner versehen den IC dann mit einer Transistor-Schal-

die Maschine bedienen kann. Der Controller dirigiert damit die

tung, die — auf Grund ihres Schaltungs-Layouts — nur diesen einen

Teile, mit denen die Maschine Aktionen ausführt. Er schaltet zum

Algorithmus ausführen kann. Der große Vorteil dieses Verfahrens

Beispiel den Motor ein und dosiert die Kraft, die der Motor

besteht darin, dass festverdrahtete Chips Algorithmen meist sehr

erzeugt. Regelungstechniker nennen die Schalter und Stellglieder

viel schneller ausführen als software-gesteuerte Chips und dass

Aktuatoren. Auch wir werden diesen Begriff von nun an benutzen.

sie deutlich preisgünstiger sind.

• Sensoren. Sie liefern dem Controller Informationen über alle Dinge, die das Geschehen beeinflussen.

Rüsten wir eine Maschine mit diesen sechs Bausteinen aus, so versetzen wir sie in die Lage, sich selbst zu steuern. Die Maschine wird dann zum Automaten. Verpassen wir einem Automaten —

• Mit einem Bussystem. Der Controller sendet darüber seine

nach dem Vorbild des Menschen oder nach Vorbildern aus der

Schaltimpulse an die Aktuatoren und empfängt in umgekehrter

Tierwelt — Gliedmaßen und versehen die Gliedmaßen mit mensch-

Richtung Sensordaten.

lichen bzw. tierischen Fertigkeiten (etwa mit der Fähigkeit zu greifen oder zu laufen), so kreieren wir damit einen Roboter. Geben Inge-

• Mit einer Benutzerschnittstelle (auch: Mensch-Maschine-

nieure und Elektroniker einem Roboter eine möglichst menschen-

Schnittstelle, kurz MMS): Der Benutzer des Gerätes teilt dem

ähnliche Gestalt und versuchen, ihm möglichst viele typisch

Controller via Schnittstelle mit, welches Programm er ausführen

menschliche Eigenschaften und Fertigkeiten mitzugeben, so schaf-

und welche Zielparameter er dabei einhalten soll, während der

fen sie einen humanoiden (menschenähnlichen) Roboter, wie Fach-

Controller den Benutzer via Schnittstelle über den Status der

leute sagen.

Programmausführung bzw. den Prozessfortschritt informiert. In der Technik wird oft erst nach Jahren klar, welche Entwicklung Der Mikrocontroller, die Aktuatoren, die Sensoren, das Bussystem

das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Und es ist dann oft kaum

und die Benutzerschnittstelle bilden den Hardware-Teil des Steue-

noch möglich, ihren exakten Ausgangspunkt zu bestimmen. Auch

rungssystems.

der Zeitpunkt, wann das Zeitalter der Automaten begann, ist heute kaum noch exakt feststellbar. Verschiedene Quellen berichten, dass

•W ir müssen dem Controller eine präzise Ziel-Definition

1976 die erste von einem Mikroprozessor gesteuerte CNC-Werk-

mitgeben, wir müssen ihm unmissverständlich sagen, welche

zeugmaschine der Welt auf den Markt gekommen sein soll — viel-

Ergebnisse wir von ihm erwarten. Und wir müssen ihn mit einer

leicht markiert dieses Ereignis den Beginn der Automatenära. Wir

präzisen Schritt-für-Schritt-Anleitung ausrüsten, die ihm sagt,

wissen indessen, wer wann mit welchen Erfindungen die Voraus-

mit welchen Aktionen er das vorgegebene Ziel erreicht — kurz:

setzungen für den Schritt um Automaten geschaffen hat — und so

mit einem Algorithmus bzw. Programm.

können wir den Zeitraum zumindest näherungsweise bestimmen.  ¢


HOMO TECHNICUS

Mikrochip-ABC

S T E U E RU N G

KO M

M

U

N

IK I AT

O

31

WA H

RN

EH

MU

NG

N

H A N D LU N G

HOMO TECHNICUS Alle menschlichen Sinne können heute von technischen Geräten nachgebildet werden und erweitern unsere Werkzeuge und Geräte um wertvolle Eigenschaften, die uns ein noch effizienteres und autonomeres Arbeiten ermöglichen.


STORY

40

Die Silicon Valley Story  |  William Shockley und »die verräterischen Acht«

WILLIAM SHOCKLEY UND »DIE VERRÄTERISCHEN ACHT« Wie der Erfinder des Transistors unfreiwillig die Gründungswelle anstieß, die das Silicon Valley hervorbrachte

Die »verräterischen Acht« beim Anstoßen auf Shockleys

Denn Halbleiter reagieren sehr empfindlich

Nobel-Preis im »Dinah’s

me, die bei der Herstellung einer Halbleiter-

Shack« in Palo Alto (u.a. dabei G. Moore, S. Roberts, R. Noyce und J. Last)

verbindung aus der Umgebung in das Kristall-

auf kleinste Verunreinigungen. Wenige Ato-

gitter »einsickern«, können ihre elektrische Leitfähigkeit bereits stark verändern. Zwischenzeitlich schien es unmöglich, auch nur zwei Transistoren mit dem gleichen Schaltund Verstärkerverhalten herzustellen. Auch wenn sie völlig baugleich waren, benahmen sie sich wegen zufälliger Verunreinigungen unterschiedlich. Doch dann fanden Physiker in Germanium einen Halbleiter, der zuverlässige Transistoren ermöglichte, und 1952 bestanden die ersten kommerziell verwertbaren Germanium-Transistoren in Hörgeräten

An einem Morgen im Oktober 1956 knallten

den Strom im Vakuum im zerbrechlichen

in der Gaststätte »Dinah’s Shack« in Palo

Glaskolben schaltet, arbeitet ein Transistor

Alto die Champagnerkorken: Acht junge

im stabilen Gitter eines Halbleiterkristalls.

SHOCKLEY SEMICONDUCTOR

Männer stießen mit dem Physiker Dr. William

Von Anfang an erkannten die Wissenschaft-

William Shockley gehörte zu denen, die mit

Shockley auf die größte Ehrung an, die einem

ler die Möglichkeit, die Röhre durch ein sehr

der Entwicklung und Herstellung von Halb-

Wissenschaftler zuteilwerden kann. Es war

viel kleineres Bauelement von enormer Ro-

leiter-Dioden und Transistoren reich werden

früh um 7 Uhr und Shockley hatte gerade

bustheit und praktisch unbegrenzter Le-

wollten. 1955 kündigte er seinen Job bei den

den Anruf des Stockholmer Nobelpreis-Ko-

bensdauer zu ersetzen. Und ihnen war sofort

Bell Labs und gründete in Mountain View, im

mitees erhalten, dass er für den Physik-No-

klar, dass dies weitreichende Folgen für die

späteren Silicon Valley, die Firma Shockley

belpreis auserkoren worden sei. Mit John

gesamte Elektronik haben würde.

Semiconductor Laboratory. Mountain View

Bardeen und Walter Brattain hatte er 1947,

ihren Test.

war sein Geburtsort, dort lebte auch seine

wenige Tage vor Weihnachten, an den be-

Bell Labs war die Entwicklungszentrale der

kranke Mutter. Deshalb schlug er seine Zelte

rühmten Bell Laboratories (kurz Bell Labs)

mächtigen American Telephone and Tele-

dort auf und nicht an der Ostküste, wo da-

den Transistoreffekt entdeckt. Mit einem

graph Corporation (AT&T), die der Erfinder

mals noch das Herz der amerikanischen

neuen Bauelement, das die drei Wissen-

des Telefons Alexander Graham Bell 1877

Elektronikindustrie schlug.

schaftler Transfer Resistor — kurz Transis-

gegründet hatte. AT&T war (und ist) ein rie-

tor — tauften, war es ihnen gelungen, elekt-

siger Konzern. Sofort nachdem Bardeen,

Sein Renommee als Wissenschaftler half

rischen Strom zu verstärken.

Brattain und Shockley den ersten Transistor

ihm, acht exzellente junge Forscher aus Elek-

vorgeführt hatten, starteten die Bell Labs

troniklaboren im Osten anzuheuern, und

STEINIGER WEG ZUM TRANSISTOR

eine großangelegte Offensive, um die besten

diese acht jungen Männer wurden zum Grün-

Der Transistor funktioniert nach dem glei-

Halbleiter zu finden und den Transistor all-

dungskader von Silicon Valley. Zum »Shock-

chen Prinzip wie die Elektronenröhre, die

tagstauglich zu machen. Doch die Forscher

ley-Achter« gehörten zum Beispiel Gordon

damals in der Elektronik verbreitet war. Auf

fischten lange im Trüben. Erfolglos experi-

Moore und Robert Noyce, die 1957 zu

der Fähigkeit der Röhre, elektrische Ströme

mentierten sie mit verschiedensten Halblei-

Fairchild Semiconductor wechselten, und die

zu schalten, beruhten die Logikschaltungen

terverbindungen. Die Eigenheiten der Halb-

1968 Fairchild verließen, um Intel zu

sämtlicher Computer. Während die Röhre

leiter machten ihnen schwer zu schaffen.

gründen.


ZWEI-SPITZEN-TRANSISTOR

41

Mikrochip-ABC

SCHALTZEICHEN eines Bipolar-Transistors

Zwei-Spitzen-Transistor von William Shockley (1947/48) Sein Punktkontakt-Transistor gilt als erster praktisch realisierter Bipolartransistor und wird als Wegbereiter der modernen Halbleiter­technik angesehen.

C

B

E

Feder Von der Feder in den Halbleiter hineingedrückt, bildeten die metallischen Punkt-Kontakte E und C jeweils eine Metall-Halbleiter-Diode.

Kontakt C Kollektor

Kontakt B Basis Spannungsversorgung an der Rückseite des Halbleiters

Kontakt E Emitter

Germanium Der nach seinem deutschen Entdecker benannte Halbleiter stellte die »Basis« für das Bauelement dar.

Abgesägte Keilspitze mikroskopisch gesehen zwei Punktkontakte: E und C

ZWEI-SPITZEN-TRANSISTOR

Basis »emittiert« — daher schließlich die

FUNKTIONSWEISE/DAS EXPERIMENT

Bezeichnung »Emitter«.

Angetrieben von der Neugier, was wohl passiert, wenn man in einem Halbleiter

Zwei Dioden nah zusammen …

zwei Dioden extrem nah aneinander rückt,

setzten die Wissenschaft in Flammen!

haben Shockley, Brattain und Bar­deen den

Auf einmal wurden Ladungsträger zur

Transistoreffekt gefunden. Der gigantische

zweiten Diode (2) hin abgesaugt bzw. »ein-

Nutzen als Verstärker und digitaler Schal-

gesammelt« — daher die spätere Bezeich-

ter kam ihnen erst später in den Sinn.

nung »Kollektor«. Ein kleiner Strom zur Basis steuerte nun

Zwei Dioden allein …

einen großen Strom zwischen C und E —

können kein Transistor sein!

der TRANSFER ­R ESISTOR war geboren.

Zunächst floss lediglich ein kleiner Strom in der linken Diode (1). Später stellte sich

Bereits damals ahnten die Forscher, dass

heraus: Von hier aus werden noch

es günstiger wäre, die Punktkontakte in

zahlreiche weitere Ladungsträger in die ­

den Halbleiter zu integrieren.

E

Emitter Diode 1 kleiner Strom

Kontakte

großer Strom

C

Kollektor Diode 2

Basis Germanium

Kontakt B


WISSEN

74

Sfo unkti

oni

eK rtommunkiati

od nineTrechnki    | WdeiaM skirofod nenieSsmartphonefusnko tineirt

WIE DAS MIKROFON DEINES SMARTPHONES FUNKTIONIERT Digitalisierung beginnt mit der Wandlung des Tons in ein elektrisches Signal

Kehren wir nun zum digitalen Mobilfunk

nung zwischen den Platten. Die elektrische

­Luftpolsters zwischen den Platten): Das Luft-

zurück. Das war die Ausgangslage: Je-

Kapazität (C) eines Kondensators, gemessen

polster ändert exakt im Tempo und in der

mand spricht in das Kondensator-Mikrofon

in Farad (F), ist das Maß für seine Fähigkeit,

Richtung der Membran-Schwingung seine

seines Handys — in der Abbildung zeigen

eine bestimmte Menge von Ladungen zu bin-

Dicke. Im Takt der Membran-Schwingung

wir, wie so ein Mikrofon aussieht. Sein

den. Wie groß die Kapazität im konkreten

ändert sich zugleich die Kapazität des Kon-

Kernstück ist, wie es der Name schon sagt,

Fall ist, hängt unter anderem von der Dicke

densators — und mit der Kapazität ändert

ein Kondensator.

der Trennschicht zwischen beiden Platten

sich analog die Spannung. Das Ergebnis: Der

ab — von der Dicke des Dielektrikums. Und

Verlauf der Spannungsänderung gibt exakt

SO FUNKTIONIERT EIN

genau das macht Kondensatoren zum hoch-

über die Schallwelle Auskunft: Je lauter die

KONDENSATOR

sensiblen Tonabnehmer.

Stimme, umso größer die Amplitude der

Kondensatoren bestehen oft aus zwei Plat-

Schallwelle, und umso kleiner die Amplitude

ten, die sich leicht elektrisch aufladen. Ver-

SO FUNKTIONIERT DAS MIKROFON

der Spannung zwischen den Kondensator-

bindet man eine Platte mit dem Pluspol, die

DEINES SMARTPHONES

platten. Je höher die Stimme, umso höher

andere mit dem Minuspol einer Spannungs-

Die meisten Mikrofone fangen Schallwellen

die Frequenz der akustischen Welle, und

quelle (das kann ein Akku sein), so lädt sich

mit einer Membran ein. Im Fall von Konden-

umso schneller schwingt auch die Spannung,

die Platte, die am Pluspol hängt, positiv und

sator-Mikrofonen fängt die Membran nicht

die zwischen den Kondensator-Platten

die andere negativ auf. Damit entsteht zwi-

nur die Schallwellen ein, sondern ist zugleich

herrscht, zwischen größeren und kleineren

schen beiden Platten eine elektrische Span-

eine Platte eines kleinen Kondensators, der

Volt-Beträgen hin und her.

nung (Formelzeichen: U). Ein isolierendes

im Mikrofon-Kopf sitzt. Liegt an diesem Kon-

(nicht-leitendes) Material zwischen den Plat-

densator eine elektrische Spannung an, so

Den Verlauf der Spannungsänderung gilt es

ten (das Dielektrikum) verhindert, dass ein

laden sich seine Platten auf — auch die Mem-

nun in binäre Zahlen zu übersetzen (↗ s. Abb.

Ladungsausgleich stattfindet — dass die

bran ist dann geladen. Als Dielektrikum dient

Binäre Werteskala). Digitalisierung ist das

positiven bzw. negativen Ladungen von einer

dem Kondensator Luft — so kann die Memb-

Verfahren dafür; es vollzieht sich in zwei

Kondensator-Platte zur entgegengesetzt

ran frei schwingen (und Luft ist gleichzeitig

Schritten: Schritt eins besteht im Abtasten,

geladenen hinüberspringen. Die Ladungen

ein guter Isolator). Bringt nun der Schalldruck

Schritt zwei besteht im Quantisieren des

sind damit buchstäblich auf den Platten ge-

einer Stimme die Membran zum Schwingen,

elektrischen Audiosignals — sprich, desjeni-

fangen — und so wächst mit der Zahl der

so ändert sich mit jeder Schwingung die

gen Signals, das wir mit Hilfe des Konden-

gefangenen Ladungen zugleich die Span-

Dicke des Dielektrikums (die Dicke des

satormikrofons gewonnen haben.  ¢

ANALOGWANDLUNG

tativ alle den gleichen zeitlichen Verlauf.

­Auslenkung der Membran und desto hö-

Akustische Welle, Membranauslenkung

Je lauter der Ton, desto höher die Ampli-

her ist die Amplitude der Kondensator-

und Kondensatorspannung haben quali-

tude der Schallwelle, desto höher die

spannung.

EINGANG

AUSGANG

akustisches Audiosignal

leise

laut

Auslenkung der Kondensatormembran

leise

laut

elektr. Audiosignal (Kondensatorspannung)

leise

laut


SMARTPHONE

Mikrochip-ABC

75

Abdeckung Vibrations-Motor

Batterie Mainboard Mainboard-Cover

Mikrofon Lautsprecher Kamera

Antenne

Smartphone Aufbau

Display Schutzglas

Spannungsversorgung akustische Welle

elektrisches Mikrofonsignal (Kondensatorspannung)

Vorverst채rker

Lastwiderstand

Spannungsversorgung Membran (schwingt als lose Elektrode)

Kondensator

Gegenelektrode (fest)

Gegenelektrode (fest)

Smartphone-Mikrofon Aufbau

Luft (Isolator) Sendeverst채rker UMTS SendeEmpfangsger채t

Prozessor

Digitaler Basisband-Prozessor Flash-Speicher

Kondensator

Touchscreen Controller

Bildschirmschnittstelle GPS Audio Codec Smartphone-Mainboard Aufbau

Simkarten-Steckplatz


BASICS


GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK

Physik statt Magie: Wie die winzigen Transistoren in Computerchips funktionieren und uns wandernde Löcher helfen, Mikroprozessoren das Rechnen beizubringen.

FACHWISSEN

Wandernde Löcher und freie Elektronen (Vertiefungstext Halbleiter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Ladung, Spannung, Kapazität & Co. . . . . . . . . . . . 118

Multitalent Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Osram: Ohne LED kein Smartphone-Blitz. . . . . . . . P 126 MAZeT: Bloß kein Schweinchenrosa. . . . . . . . . . . . . . P 128 Wirtschaftsförderung Jena: Lichtstadt Jena . . . . P 130 Jenoptik AG: Licht plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . P 131 So funktioniert ein Transistor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 So rechnen Computer (Logikgatter) . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Verdrahtete Logik (Logikgatter und CMOS) . . . . . . . . 136

FACHWISSEN

Silizium oder Germanium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Widerstand & Kapazität

STORY

Anvo-Systems GmbH: Die Nacht in Bangalore . . P 138 So funktionieren Mikroprozessoren. . . . . . . . . . . . . . . . 140

Die Kilby-Story

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150

Texas Instruments Deutschland: Die Energiesparmeister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 152 Welche Sensoren im Smartphone stecken . . . . . . . . 154 ams AG: Künstliche Nasen schlagen Mief-Alarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 156 FACHWISSEN

STORY

Silizium & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Vom Sand zum Silizum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Siltronic AG: Jedes Atom auf seinem Platz . . . . . . P 112

Chipentwurf & elektronische Entwurfsautomatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Cadence: Applikationsingenieurin bei Cadence . . edacentrum: Moderatoren der Innovation . . . . . .

P 168 P 170


108 Basics  |  Silizium & Co.

SILIZIUM & CO. Wusstest du schon, dass Sand zu den bedeutendsten Rohstoffen unseres Elektronik-Zeitalters zählt? Er enthält nämlich in großen Mengen Silizium — das wichtigste »Baumaterial« für elektronische Schaltkreise!

Fast alle Mikrochips, die in Handys und Computern stecken,

solcher n- und p-dotierten Kristallzonen auf engstem Raum. Die

bestehen aus Silizium, und die aufwändige Herstellung eines

Chiphersteller erzeugen zum Beispiel eine Diode, indem sie im

Chips beginnt tatsächlich damit, dass Chemieunternehmen aus

Siliziumkristall direkt nebeneinander eine winzige n- und eine win-

Sand und anderen silikathaltigen Rohstoffen absolut reines Sili-

zige p-dotierte Zone erzeugen. Transistoren — die wichtigsten

zium gewinnen. Das schmelzen sie in Tiegeln auf, ziehen aus der

Bauelemente integrierter Schaltungen — sind etwas komplizierter

Schmelze zylinderförmige Kristalle und zersägen die Kristalle in

aufgebaut, bestehen aber ebenfalls aus winzigen n- und p-dotier-

Scheiben. Die Chiphersteller verwandeln die Siliziumscheiben in

ten Kristallzonen in einer ganz bestimmten Anordnung. Aus der

ihren Fabriken schließlich in die Mikrochips. Im Kapitel »Herstel-

elektrischen Wechselwirkung dieser Kristallzonen ergibt sich die

lung integrierter Schaltkreise« erfährst du, wie das funktioniert.

Funktionsweise der elektronischen Bauelemente. Durch mikros-

Auf dieser Doppelseite beantworten wir die Frage, warum sich

kopisch dünne Leiterbahnen miteinander verbunden, bilden die

Silizium so gut für integrierte Schaltkreise eignet.

Bauelemente schließlich einen kompletten Schaltkreis.

SILIZIUM IST EIN HALBLEITER

Integrierte Schaltkreise heißen so, weil die Chiphersteller alle

Es gehört damit zur großen Gruppe der chemischen Elemente

elektronischen Bauelemente des Schaltkreises in einem Stück

und Verbindungen, die zwischen den elektrischen Leitern und den

Silizium erzeugen — die Bauelemente sind in das Silizium einge-

Nichtleitern stehen. Leiter transportieren elektrischen Strom

bunden (integriert). Heute sind 99 Prozent aller elektronischen

sehr gut, Nichtleiter hingegen gar nicht. Die Leitfähigkeit von

Schaltkreise integrierte Schaltkreise. Bis zur Erfindung des Mi-

Halbleitern wächst mit ihrer Temperatur. Stark abgekühlt, ver-

krochips im Jahr 1958 waren elektronische Schaltkreise noch

halten sie sich wie Nichtleiter, stark erhitzt dagegen wie gute

auf Leiterplatten gelötet, und jedes elektronische Bauelement

Leiter.

besaß noch ein eigenes Gehäuse! Entsprechend viel Platz benötigte die Elektronik.

Silizium bildet bei normalen Temperaturen, wie sie auf der Erdoberfläche herrschen, Kristalle, die exakt die gleiche Struktur

Neben dem Silizium gibt es noch viele andere Halbleiter, die sich

wie Diamanten besitzen. Innerhalb dieser Kristalle verbindet sich

für die Herstellung integrierter Schaltkreise eignen. Sie alle las-

jedes Siliziumatom mit vier weiteren, was daran liegt, dass Sili-

sen sich durch die Impfung (Dotierung) mit fremden Stoffen bzw.

zium vier Außenelektronen besitzt.

Atomen manipulieren — und einige von ihnen machen sogar noch schnellere Chips möglich als Silizium.

Durch die Beimischung fremder Atome — ein Vorgang, der in der Fachsprache Dotierung heißt — können die Chiphersteller die elek-

Trotzdem hat kein anderer Halbleiter auch nur annähernd so

trischen Eigenschaften des Siliziums zielgerichtet beeinflussen.

große Bedeutung erlangt wie Silizium. Und das hat folgenden Grund: Silizium bildet eine stabile Oxidschicht. Diese Schicht bildet

Pflanzen sie Fremdatome in das Kristallgitter ein, die mehr Außen-

den Isolator im Transitor. Andererseits bewahrt sie den Kristall

elektronen als Silizium besitzen — zum Beispiel Phosphor — so

vor ungewollter Verunreinigung. Ohne diese Schicht würden

erzeugen sie damit im Kristall eine Zone, die ein Reservoir (einen

Fremd­atome aus der Luft unkontrolliert in das Silizium einsickern

Vorrat) an frei beweglichen Elektronen aufweist. Solche Kristall-

und seine elektrischen Eigenschaften negativ beeinflussen. Die

zonen heißen n-dotiert, weil die frei beweglichen Elektronen ne-

meisten anderen Halbleiter bilden keine stabile Oxidschicht. Sie

gativ geladen sind. Pflanzen die Chiphersteller dagegen Fremd­

sind deshalb nur schwer kontrollierbar, was die Herstellung inte-

atome ein, die weniger Außenelektronen als Silizium besitzen — zum

grierter Schaltkreise aus ihnen erheblich verteuert.

Beispiel Bor — so schaffen sie damit im Kristallgitter eine Zone, die sich durch ein Reservoir an beweglichen positiven Ladungen — so

Auf den Seiten 122 bis 133 lernst du zwei der wichtigsten elektroni-

genannten Löchern — auszeichnet. Die elektronischen Bauelemen-

schen Bauelemente kennen: die Diode (inklusive der Leuchtdiode)

te eines integrierten Schaltkreises entstehen aus der Kombination

und den Feldeffekt-Transistor.  →


SILIZIUM

Mikrochip-ABC

Valenzelektron

At o

m ke

rn

14+

Elektron

Siliziumatom Atome bestehen aus einem Kern und einer Hülle. Die Elektronen umkreisen den Atomkern auf verschiedenen Umlaufbahnen (Orbitalen) — die energiereichsten Elektronen besetzen dabei das äußerste Orbital und heißen Valenz- oder Außenelektronen.

Ordnungszahl

14

2/8/4

109

Elektronenkonfiguration

Symbol

Name Atommasse

Silicium 28,086

Silizium Silizium (chemisches Symbol Si) steht im Periodensystem der Elemente in der IV. Hauptgruppe (4 Außenelektronen).

Rosenquarz Steine, die beinahe vollständig aus Silizium bestehen, wie der Rosenquarz und der Bergkristall, verdanken ihre Transparenz (Durchsichtigkeit) und schöne Gestalt u. a. der regelmäßigen Struktur des Siliziumkristalls.

Aufbau eines Silizium­kristalls Atome schließen sich mit anderen Atomen zusammen, indem sie mit Hilfe ihrer Valenzelektronen gemeinsame Elektronenpaare bilden. Beide Elektronen des Paares umkreisen dann beide Atomkerne — und ketten sie so gewissermaßen aneinander. Die Anzahl der Atome, mit denen sich ein Atom verbinden kann, entspricht exakt der Anzahl seiner Valenzelektronen. Weil Silizium vier Valenzelektronen be­sitzt, kann es sich — wie links zu sehen — mit vier weiteren Atomen verbinden.


122 Basics  |  Multitalent Diode

MULTITALENT DIODE Vielseitig einsetzbar, sind Dioden in der Welt der Elektronik fast überall zu finden

Ohne es zu ahnen, nutzen viele Menschen ständig eine kleine Armee

­z y­linder­förmigen Plastikgehäuse steckt ein Siliziumkristall, der le-

von Dioden: Wenn du ein elektrisches Gerät einschaltest, das seinen

diglich aus einer n- und einer p-dotierten Zone besteht. Um zu ver-

Strom aus der Steckdose bezieht — egal ob Computer, Radio oder

stehen, wie eine Diode funktioniert, musst du wissen, dass n-dotier-

Waschmaschine — so wandeln häufig Dioden im Netzteil den Wechsel-

te Kristallzonen einen Vorrat an frei beweglichen, negativ geladenen

strom aus der Dose in den Gleichstrom um, den das Gerät braucht, um

Elektronen aufweisen, während p-dotierte Kristallzonen ein mehr

zu funktionieren. Dioden können aber noch viel mehr: Leuchtdioden

oder weniger großes Reservoir an positiv geladenen Löchern besit-

(LEDs) beispielsweise verwandeln elektrischen Strom in Licht. Die In-

zen. Grenzen eine n- und eine p-dotierte Kristallzone aneinander

dustrie bringt immer lichtstärkere LEDs auf den Markt; einige leuchten

(was bei Dioden der Fall ist), so beginnen die frei beweglichen Elekt-

bereits so hell wie Energiesparlampen, enthalten aber — anders als

ronen aus der n-dotierten in die p-dotierte Zone hinüber zu fließen,

Letztere — keine giftigen Stoffe — und werden die Energiesparlampen

während die Löcher aus der p-dotierten in die n-dotierte Zone wan-

deshalb wahrscheinlich über Kurz oder Lang ablösen. Infrarotdioden

dern. An der Nahtstelle zwischen beiden Kristallzonen treffen beide

sind ein weiteres Mitglied aus der Familie der Dioden. In Bewegungs-

Ladungstypen aufeinander. Die Löcher »verschlucken« nun die Elek-

meldern verbaut, erzeugen sie Lichtschranken — betritt jemand den

tronen und löschen sich damit selbst aus, denn sie sind nach der

Raum, so schaltet sich automatisch das Licht ein. Auch Solarzellen, die

Elektronenaufnahme nicht länger positiv geladen, sondern wieder

Sonnenlicht in Strom verwandeln, sind Dioden. Kurzum: Dioden sind

elektrisch neutral. An der Grenze zwischen n- und p-dotierter Kris-

allgegenwärtig; sie existieren in vielen Varianten — doch trotz ihrer

tallzone entsteht so ein Gebiet, in dem es keine freibeweglichen

Vielfalt funktionieren sie alle nach einem ähnlichen Prinzip! Am Beispiel

Ladungen mehr gibt! Halbleiterphysiker nennen dieses Gebiet des-

einer Halbleiterdiode aus Silizium wollen wir dir dieses Prinzip erklären.

halb »Verarmungszone«. Weil frei bewegliche Ladungen aber die Voraussetzung dafür sind, dass Strom fließen kann, unterbindet die

A Unsere Beispiel-Diode sieht aus wie eine kleine Walze — mit ei-

nem Drähtchen für den Stromanschluss an jedem Ende. Im DIODE IN SPERR-RICHTUNG GESCHALTET Soll eine Diode in Sperr-Richtung geschaltet werden, dann muss das n-Gebiet am Pluspol und das p-Gebiet am Minuspol an­­ge­ schlossen werden, sodass sich Elektronen und Löcher von­einander wegbewegen. Dadurch weitet sich die Sperrschicht. B

Verarmungszone den Stromfluss. Elektrotechniker nennen sie deshalb auch »Sperrschicht« (↗ vorige Doppelseiten). DIODE IN DURCHLASS-RICHTUNG GESCHALTET Soll eine Diode in Durchlass-Richtung geschaltet werden, dann muss das p-Gebiet am Pluspol und das n-Gebiet am Minuspol angeschlossen werden. Dadurch wird die Sperrschicht aufgehoben. C

RLeitung

+

ISperr ≈ 0

uSperr

N-GEBIET

SPERRSCHICHT

RLeitung

+

IFluss

P-GEBIET

uFluss

– Lampe AUS

Lampe AN P-GEBIET

N-GEBIET


DIODE

A

Mikrochip-ABC

123

SCHALTZEICHEN einer Diode

Gehäuse Packaging

Widerstand der Leitung R Leitung

Halbleiter Silizium

Anschluss des n-Gebiets zur Batterie

Kontakte

Anschluss des p-Gebiets zur Batterie

P-GEBIET

N-GEBIET

SPERRSCHICHT

Damit weißt du schon eine ganze Menge darüber, wie Dioden funk-

DIODE IN DURCHLASS-RICHTUNG C

tionieren. Höchste Zeit, unsere Beispiel-Diode an einen Stromkreis

Variante 2: Schließt du den Pluspol des Stromkreises an die

anzuschließen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.

­p-dotierte Seite und den Minuspol des Stromkreises an die n-dotierte Seite der Diode, so wirkt unsere Beispiel-Diode wie ein ge-

DIODE IN SPERR-RICHTUNG B

schlossener Schalter — sie lässt nun den elektrischen Strom pas-

Variante 1: Schließt du den Pluspol des Stromkreises an die n-­

sieren! Der Grund: Der Minuspol der Spannungsquelle wirkt auf ­die

dotierte Seite und den Minuspol an die p-dotierte Seite der Diode,

negativ geladenen, freibeweglichen Elektronen der n-dotierten

so wirkt unsere Beispiel-Diode wie ein offener Schalter (Schalter in

Zone abstoßend — das heißt, er drückt sie in die Mitte der Diode

der Aus-Stellung): Sie unterbricht den Stromkreis. Der Grund: Der

hinein. Als Elektronenquelle pumpt er außerdem weitere Elektro-

Pluspol der Spannungsquelle zieht die negativ geladenen, freibe-

nen, also negative Ladungsträger, in die Diode. Der Pluspol der

weglichen Elektronen im n-dotierten Teil der Diode an, während der

Spannungsquelle wiederum wirkt an dieser Stelle auf die positiv

Minuspol der Spannungsquelle die positiv geladenen Löcher im p-

geladenen Löcher abstoßend und drückt sie in die Diode hinein.

dotierten Teil der Diode anzieht. Das Ergebnis: Die Sperrschicht

Infolgedessen überfluten freibewegliche Elektronen und Löcher die

dehnt sich aus, denn die Pole der Spannungsquelle saugen jetzt noch

Sperrschicht. Die Schicht verschwindet, und so können ungehindert

mehr freie Ladungen aus der Dioden-Mitte ab. Weil über die Sperr-

Elektronen vom Minuspol zum Pluspol der Spannungsquelle flie-

schicht hinweg keine Elektronen fließen können, ist der Stromkreis

ßen — der Stromkreis wird dadurch geschlossen! Elektrotechniker

jetzt unterbrochen! Elektrotechniker sprechen deshalb vom »Be-

­sprechen deshalb vom »Betrieb der Diode in Durchlass-Rich-

trieb der Diode in Sperr-Richtung«.

tung«.


132 Basics  |  So funktioniert ein Transistor

SO FUNKTIONIERT EIN TRANSISTOR Transistoren nutzen das Silizium als ihr Fundament, in das sie — etwa zur Hälfte — förmlich hineingebaut werden. Obwohl erst 60 Jahre alt, sind sie bereits das am häufigsten produzierte Bauteil der Menschheitsgeschichte: allein in jedem Smartphone gibt es Hunderte Millionen Transistoren. Transistoren sind die wichtigsten Bauelemente integrierter Schaltun-

Abfluss). Im Gebiet ­dazwischen liegt ein schmaler Steg — das so

gen. Sie fungieren in den allermeisten Fällen als winzige Schalter: Ist

­genannte Gate (dt.: das Tor). Das Gate heißt so, weil es wie ein Tor

der Schaltkreis an eine Spannungsquelle angeschlossen — zum Bei-

darüber entscheidet, ob zwischen Drain und Source ein Strom fließen

spiel eine Batterie — kann jeder einzelne Transistor den elektrischen

kann oder nicht. Feld-Effekt-Transistoren beruhen auf der Wirkung

Strom durchleiten oder stoppen, daher stammt die Bezeichnung

des elektrischen Feldes zwischen Gate, Gateoxid und Halbleiter,

­­Trans | ­istor, eine Wortkombination aus »Transfer« (engl. durchleiten)

das Ladungsträger zum Kanal anzieht oder wegdrückt.

und »Resistor« (engl. Widerstand). Wir stellen auf dieser Doppelseite den Transistortyp vor, aus dem die meisten integrierten Schaltungen

Und das geschieht so: Source und Drain sind über Metallleiterbah-

bestehen: den Metal Oxide Semiconductor Feld-Effekt-Transistor

nen an den Stromkreis der Schaltung angeschlossen. Eine dritte

(MOSFET). Zwei Unterarten dieses Transistortyps sind der elektro-

Leiterbahn verbindet das Gate mit einer weiteren Spannungsquelle

nenleitende nMOS- und der löcherleitende pMOS-Transistor.

(»Input«) — damit lässt sich das Gate wahlweise positiv oder negativ aufladen. Ein nMOS-Transistor lässt immer dann Elektronen von

NMOS-TRANSISTOREN A   B

Source nach Drain passieren, wenn das Gate positiv geladen ist.

In einer Umgebung aus p-dotiertem Silizium befinden sich zwei n-

Warum? Ein positives Gate zieht Elektronen (hier: Minderheitsla-

dotierte Zonen: nämlich Source (dt.: die Quelle) und Drain (dt.: der

dungsträger) aus dem p-dotierten S ­ ilizium an, die Elektronen sammeln

A

FUNKTIONSWEISE TRANSISTOR, NMOS selbstsperrend, kein Kanal vorhanden, kein Stromfluss

0 volt

-

+

gate drain

source

Mehrheitsladungsträger (Löcher)

p-dotiertes silizium

Input

leitend, Kanal vorhanden, Stromfluss

+ 1 volt gate

-

n-Kanal (»Inversion«)

+

drain

source

Minderheitsladungsträger (Elektronen)

p-dotiertes silizium Feldeffekt

Stromfluss

O ut pu t


Mikrochip-ABC

133

sich im Gebiet zwischen Source und Drain, und so entsteht in diesem

nach Drain fließen können, muss es im Gebiet zwischen Source und

Gebiet (dank der Elektronenanreicherung) ein schmaler, elektronen-

Drain zu einer Anreicherung von Löchern und zur Ausbildung eines

leitender Kanal — der so g ­ enannte n ­ -­Kanal. Man spricht von »Inversi-

p-Kanals kommen, der als Leitungsbrücke zwischen Source und

on«, weil die Minderheitsladungsträger für den Leitungsmechanismus

Drain wirkt, so dass zwischen beiden ein Löcher-Strom fließen

verantwortlich sind. Er schließt als Leitungsbrücke die Lücke zwi-

kann. Das geschieht, wenn am Gate eine negative Spannung anliegt.

schen Source und Drain, so dass zwischen beiden Strom fließen bzw.

Der Transistor ist dann geschlossen. Dagegen brechen der p-Kanal

Signale transportiert werden können. Der Transistor ist damit ge-

und damit der Strom bei einer positiven Gate-Spannung zusammen.

schlossen (Gate hat geöffnet, lässt den Strom passieren) — die Lampe brennt (»Output«). Ein negativ geladenes Gate hingegen stößt Elekro-

Das Gateoxid trennt das Gate vom Rest des Transistors. Aus einem

nen ab und sorgt so im Gebiet zwischen Source und Drain für eine

nichtleitenden Material bestehend, verhindert es, dass Elektronen

Elektronenverarmung. Der n-Kanal verschwindet, der Transistor

vom n-Kanal auf das Gate überspringen — was den Energieverbrauch

unterbricht den Stromkreis bzw. den Signaltransport. Wir können

des Chips stark anschwel-

also mit der Gatespannung das Verhalten des Transistors steuern.

len lassen würde (Fachleute sprechen von Leckströ-

Der pMOS-Transistor C ist die Umkehrung des nMOS-Transistors:

men). Das Gateoxid ist die

Source und Drain befinden sich in einer Wanne aus n-dotiertem

dünnste Schicht des ge-

Silizium und sind selbst p-dotiert. Damit nun Löcher von Source

samten Chips.  ¢

B

MOS steht für Metall-OxidSemicon­ductor (Halbleiter)

NMOS-FELD-EFFEKT-TRANSISTOR Negativ geladene Elektronen bilden einen ­n-Kanal zwischen Source und Drain.

Gateoxid

minderheits-ladungsträger (vom silizium selbst erzeugt)

Loch

C

mehrheits-ladungsträger (durch dotierungsatome erzeugt) feldeffekt

Elektron

PMOS-FELD-EFFEKT-TRANSISTOR Positiv geladene Löcher bilden einen p-Kanal zwischen Source und Drain.

p-kanal

minderheits-ladungsträger (vom silizium selbst erzeugt)

Loch

Elektron

feldeffekt

mehrheits-ladungsträger (durch dotierungsatome erzeugt)


ANWENDUNGEN


Vom Roboterauto bis zum Hightech-Bauern: Wozu Prozessoren, Speicher und Sensoren eigentlich gut sind und wie sie unsere Alltagswelt verändern.

FACHWISSEN

Autoelektronik Wenn der Computer hinterm Lenkrad sitzt . . . . . . . 174 So funktionieren Roboterautos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3D und hochgenau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Im Robocar durch die Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Elmos Semiconductor AG: Wisch! Die Zukunft gehört der Geste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 190 Lars Vollmer: Ingenieur E-Technik . . . . . . . . . . . . . . P 191 Kostal: Wenn das Auto selbst die Unfall-Quellen erkennt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 192 Jan Marmann: W irtschaftsingenieur . . . . . . . . . . . P 193 NXP will Autos sechsten Sinn gegen Unfälle einimpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 194 NXP Semiconductors Germany GmbH: Mehr Sicherheit & Intelligenz für die vernetzte Welt . . . P 194 Franz Amtmann: Europäischer Erfinderpreis für NFC . . . . . . . . . . . . P 197 Jan Phillip Gehrmann: Wirtschaftsingenieur, Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . P 197 Leistungshalbleiter für die Energiewende . . . . . . . . P 198 Infineon Technologies AG: Einfacher, sicherer, umweltfreundlicher! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 202 Andrea Landgraf, Prozessingenieurin . . . . . . . . . . P 203 Peter Schiefer, Leiter Operations: Wir müssen heute wissen, was übermorgen möglich ist . . . . P 205 Thomas Rickes: Principial Design & Verifikation . P 205

Industrieelektronik / Industrie 4.0 Die Fabrik der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Evolution oder Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Der Fluch der Datenmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Siemens AG: »Industrie 4.0« gegen den Schmerz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 214 Siemens AG: Industrieautomatisierung . . . . . . . . . . P 216 Creative Chips: Die Maschinen-Dolmetscher . . . . P 218 3D Interaction Technologies: 3D-Blick ins Innere von Hightech-Anlagen . . . . . . . P 220 Energietechnik Ökostrom plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Die Zukunft des Wohnens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Smart Materials — Kunststoffe mit Köpfchen . . . . . 226 Mikro- und Nanotechnologie Kühle Rechner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 GLOBALFOUNDRIES: Nieder mit der Diktatur der Ladeschale! . . . . . . . . . P 238 Medizintechnik Doktor Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Roboterhilfe für Chirurgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Umwelttechnik Das große Reinemachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Agrarwirtschaft Mist an Bauer: Muss aufs Feld! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 AMA e. V. Sensornetze bremsen Durst … . . . . . . . . . P 258 AMA e. V.: Ohne Sensoren wäre alle Hightech blind & taub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 259


222 Anwendungen | Energietechnik | Ökostrom plus Elektronik

ÖKOSTROM PLUS ELEKTRONIK Wie Elektronik zur Energiewende beiträgt

Das Wort »Energiewende« ist in aller Munde. Es steht für den Um-

Antworten auf diese Herausforderung. Neben neuen Energie-Spei-

bau unserer Energieversorgung von Kohle, Öl und Gas auf Sonne,

chertechnologien sollen intelligente Netze — so genannte Smart

Wind und Erdwärme. Praktisch alle Bundestagsparteien rechnen

Grids — zur Lösung des Problems beitragen.

die Energiewende zu ihren wichtigsten politischen Anliegen. Es ist Deutschlands Antwort auf die vielleicht größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte: die globale Erwärmung. Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir möglichst schnell möglichst viele Wind- und Solarkraftwerke. Doch Ökostrom allein genügt nicht. Massive Investitionen in Elektronik müssen dazu kommen. Und hier erfährst du, warum. VORRANG FÜR ÖKOSTROM

Zog früher die Stromnachfrage an, steigerten die Erzeuger im gleichen Tempo die Produktion, indem sie ihre Generatoren einfach mit mehr Kohle befeuerten. Zieht dagegen unter den Bedingungen eines wachsenden Ökostrom-Anteils am Energiemix die Stromnachfrage an, entscheiden Wetter und Jahreszeit, ob Wind- und Solar­anlagen den Bedarf der jeweiligen Netzregion decken ­können.

Weil bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in Kraftwerksturbinen und Motoren Kohlendioxid (CO2) entsteht, gelten sie als die

INTELLIGENTE NETZE (SMART GRIDS)

Hauptquellen des Klimawandels. Umweltschützer überall auf der

Aus einem konventionellen Stromnetz wird ein Smart Grid — ein

Welt wollen die Energieversorgung deshalb so schnell wie möglich

intelligentes Netz —, wenn es in der Lage ist, kurzfristige Diskre-

auf die sauberen (weil kein CO2 freisetzenden) Energieträger Sonne,

panzen zwischen der Stromnachfrage und dem Stromangebot

Wind und Erdwärme umstellen. Unter dem Eindruck des Reaktor-

selbst zu erkennen und auszugleichen. Bislang existieren Smart

unglücks von Fukushima und angesichts düsterer Prognosen der

Grids nur als Computermodelle und in Feldversuchen — doch die

Klimaforscher will Deutschland auf diesem Weg vorangehen. Schon

Computer-, Sensor- und Datenübertragungstechnik, die Smart

2030 sollen die erneuerbaren Energien rund 50 Prozent des Strom-

Grids möglich macht, ist schon weit gediehen. Im Info-Kasten auf

bedarfs der Bundesrepublik decken! Das »Gesetz für den Vorrang

der rechten Seite kannst du nachlesen, wie so ein elektronisch

Erneuerbarer Energien« (kurz: EEG) ist bislang der wichtigste poli-

gesteuertes Netz funktionieren soll.

tische Hebel dafür. Es belohnt den Bau von Wind-, Sonne-, Biomasse- und Erdwärme-Kraftwerken mit festen Abnahmepreisen für

ENERGIE EINSPAREN, VERLUSTE VERMEIDEN

Ökostrom. Die Preise sollen einen wirtschaftlichen Betrieb der

Eine weitere Säule der Energiewende besteht darin, Energie einzu-

Öko-Kraftwerke ermöglichen. Im Jahr 2000 erlassen, hat das EEG

sparen und Energieverluste zu vermeiden, wo immer es geht. Solan-

einen gewaltigen Investitionsschub in die erneuerbaren Energien

ge wir einen Großteil unserer Energie noch mit Kohle, Öl und Gas

ausgelöst. Die Nachfrage nach grüner Energietechnik ließ binnen

erzeugen, trägt jedes eingesparte Watt dazu bei, die Menge des

weniger Jahre die »Branche der erneuerbaren Energien« entstehen.

freigesetzten CO2 zu verringern. Steigende Energiepreise spielen

Spezialisiert auf klimafreundliche Energietechnik, hat sie bis zum

dabei dem Klimaschutz in die Hände. Sie erhöhen den Druck auf die

Jahr 2011 rund 380.000 neue Arbeitplätze geschaffen!

Unternehmen, auf die Energiebilanz ihrer Produkte zu achten. Immer häufiger stehen deshalb ganze Produktgruppen auf dem Prüfstand

VERFLIXTES WETTER!

und erleben unter dem Gesichtspunkt ihrer Energieeffizienz und

Gegenüber Kohle, Öl und Gas haben die wichtigsten erneuerbaren

Klimafreundlichkeit eine grundlegende Überarbeitung. Ein promi-

Energien — Sonne und Wind — jedoch einen entscheidenden Nachteil:

nentes Beispiel ist das Auto: Das benzingetriebene Automobil wird

Ihr Stromertrag hängt vom Wetter ab und folgt einem jahreszeitli-

zum Auslaufmodell, die Zukunft gehört dem Elektromobil. Auch beim

chen Zyklus. Solaranlagen liefern gerade dann wenig Strom, wenn

Bauen und Wohnen kündigt sich eine Technik-Revolution im Zeichen

wir besonders viel davon brauchen: im Winter (weil die Sonne dann

des Klimaschutzes an: Künftige Generationen werden in Häusern

weniger scheint), und Windräder stehen bei Flaute still — egal ob wir

leben, die ihren Strom- und Wärmebedarf im Jahresschnitt selbst

gerade viel oder wenig Strom benötigen. Aus dem Umbau des Ener-

decken. Ausgerüstet mit Solaranlagen, beheizt von Luft-Wärmepum-

giesystems erwächst also ein Problem, das wir bisher nicht kannten:

pen und gesteuert von elektronischen Energiemanagementsyste-

Plötzlich wird es schwierig, alle Landesteile stets ausreichend mit

men (EMS), werden sie maßgeblich zur Energiewende beitragen. Auf

Strom und Wärme zu versorgen. Zahlreiche Ingenieure suchen nach

der nächsten Doppelseite stellen wir so ein Haus der Zukunft vor.  →


ENERGIESITUATION IN DEUTSCHLAND

energ

ien

12,1

er

2,0

9

nen

e    so n n

Die erneuerbaren Energien deckten 12,1 Prozent dieses Energiebedarfs und verteilten sich wie folgt auf die einzelnen Energiearten:

sse

ó Wasserkraft (0,7 %), ó Solarthermie, Geothermie (0,5 %)

* Feste und flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas,

8,

biogener Anteil des Abfalls, Biokraftstoffe

,9 7 8 rgi e

ge

r

bio

0

ma

et

fos

sil

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n

Stand: Dezember 2012; Quelle: BMU — E I 1 nach Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) und ZSW, unter Verwendung von Angaben der AGEB, weitere Angaben zum Thema erneuerbare Energien findest du auf der Internet-Seite des BMU: www.erneuerbare-energien.de

ó Biomasse* (8,0 %), ó Windenergie (2,0 %), ó Photovoltaik (0,8 %),

0,7  0,5

Diagramm Innenring // Anteil erneuerbare Energien (Detail)

DEUTSCHLANDS ENERGIEBEDARF  STROM, WÄRME, VERKEHR Diagramm Außenring // A nteil fossiler Energieträger + Kernenergie + erneuerbare Energien (Gesamt) ­Energien (12,1 %), ó Steinkohle (11,9 %), ó Kernenergie (9 %), ó Sonstige (2 %)

rme  s  ser win   d wä w a

ker

0,8

223

ó Mineralöl (34 %), ó Erdgas (19 %), ó Braunkohle (12 %), ó erneuerbaren

gi

e

ne

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er

rb ue

Mikrochip-ABC

kommunikations­ datenfluss

energiefluss

SO SOLLEN SMART GRIDS FUNKTIONIEREN Intelligente Energieverbrauchszähler (Smart Meter) ­gebündelten Leistung dieser Kleinstkraftwerke den messen permanent den Stromverbrauch aller Haus­ Stromengpass im Netzgebiet vermindern. Sind die halte und melden ihn dem Computer, der das Smart privaten Haushalte mit intelligenten Energiemanage­ Grid steuert. Zeitgleich erfassen Sensoren die mentsystemen (EMS) ausgerüstet (↗ »Die Zukunft Strommenge, die jede einzelne Stromerzeugungsan­ des Wohnens«), kann der Steuerungscomputer des lage ins Netz einspeist. Laufen das Angebot und die Smart Grids bei Versorgungsengpässen auch den Nachfrage auseinander, veranlasst der Steuerungs­ Stromverbrauch der Privathaushalte drosseln. So computer des Smart Grids Aktionen, die geeignet kann er mit den Energiemanagementsystemen der sind, die Diskrepanz auszugleichen: Bei einem lokalen Häuser im Netzgebiet vereinbaren, dass sie alle Stromüberangebot kann der Rechner zum Beispiel Haushaltsgeräte, deren Benutzung nicht an eine be­ Windräder und Solarparks im Versorgungsgebiet stimmte Tageszeit gebunden ist, zeitweilig sperren zeitweilig abschalten. Läuft dagegen die Nachfrage (die Waschmaschine etwa kann auch in der Nacht dem Angebot davon, kann der Rechner beispielswei­ laufen, wenn die Stromnachfrage gering ist). Intelli­ se Blockheizkraftwerke in den Kellern von Privat­ gente Netze verschiedener Regionen können auch häusern per Fernzugriff einschalten und mit der miteinander kommunizieren und Stromüberschüsse

aus Gebieten mit lokaler Überproduktion in Gebiete mit lokaler Unterversorgung umleiten. Kurzum: Smart Grids sind die Universalgenies des ÖkoStromzeitalters. In kritischen Situationen sorgen sie für die optimale Nutzung und Verteilung knapper Energieressourcen. Es werden sicher noch einige Jahre vergehen, ehe Smart Grids im großen Stil Wirklichkeit werden, denn ihre Realisierung berührt auch sensible rechtliche Fragen. So ist umstritten, inwieweit es mit den Datenschutzgesetzen vereinbar ist, wenn Netzbetreiber Zugriff auf sämtliche Ver­ brauchsdaten eines Haushaltes erhalten (also nicht nur den Gesamtverbrauch kennen, sondern auch wis­ sen, wie oft und wie lange das Radio und der Fernse­ her laufen).


224 Anwendungen | Energietechnik | Die Zukunft des Wohnens

DIE ZUKUNFT DES WOHNENS Solaranlagen, Wärmepumpen und elektronische Energiemanagementsysteme machen in Zukunft Häuser möglich, die ihren Strom- und Wärmebedarf selbst decken. Familie Welke / Wiechers hat die Zukunft des Wohnens schon erlebt:

Vor allem jedoch dokumentierte das »Effizienzhaus Plus« das Inte-

Im März 2012 zog sie für 15 Monate in ein schickes Einfamilienhaus

resse des Staates an schnellen Fortschritten auf dem Gebiet des

in Berlin-Charlottenburg, das den Namen »Effizienzhaus Plus mit

energieeffizienten Bauens — ein Anliegen, das aus den Klimazielen

Elektromobilität« trägt. Hinter der sperrigen Bezeichnung steht ­ein

der Bundesrepublik resultiert: Je mehr und je zügiger Häuser ent-

visionäres Konzept, das die Welke / Wiechers im Auftrag des Bun-

stehen, die sich selbst mit Energie versorgen, umso weniger Kohle,

desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)

Öl und Gas muss die Energiewirtschaft verbrennen, um den Strom-

auf seine Alltagstauglichkeit testeten.

bedarf der Haushalte zu decken — und umso schneller kommt die Energiewende voran. Aus dem gleichen Grund fordert die Europä-

Mit Solarmodulen auf dem Dach und der Fassade und einer Luft-

ische Union (EU), dass ab 2021 alle Wohn-Neubauten in Europa als

Wasser-Wärmepumpe erzeugt das Haus im Jahresverlauf mehr

Null-Energie-Häuser ausgeführt werden müssen — solche Häuser

Strom und Wärme als es verbraucht, was sich im Namen »Effizi-

erzeugen im Jahresverlauf genau so viel Energie wie sie verbrau-

enzhaus Plus« ausdrückt. Von Frühling bis Herbst, wenn die Son-

chen, so dass die Bilanz aus Produktion und Verbrauch Null ist.

ne viel scheint, produziert die Solar­anlage meist sogar so viel Strom, dass eine Familie damit nicht nur den täglichen Hausbedarf

Die Tage des Wohnhauses, das komplett vom Netz abhängt, sind also

decken, sondern auch noch zwei Elektroautos und zwei Elektro-

gezählt. Die Zukunft wird spannend. Experten rechnen damit, dass

fahrräder »betanken« kann — daher der Namenszusatz »mit Elek-

sich in der Gebäudetechnik eine ähnliche Entwicklung vollziehen wird

tromobilität«.

wie im Autobau: Die Gebäudeentwickler werden die Häuser immer stärker mit Hightech ausstatten (darunter zur Energieerzeugung

Völlig energieautark ist das Haus aber nicht: Vor allem an trüben

und zur Kommunikation), und damit wird auch moderne Elek­tronik

Wintertagen kann die Solaranlage den Tagesstrombedarf nicht

eine immer größere Rolle spielen, weil Chips und Sensoren die immer

decken. Das Haus überbrückt dann das Defizit mit Strom aus dem

komplexere Haustechnik viel schneller und zuverlässiger zu steuern

öffentlichen Netz. Ein intelligentes Energiemanagementsystem

vermögen als der Mensch.

(EMS) sorgt in solchen Phasen dafür, dass kein Watt Leistung verloren geht. Auf Sensoren gestützt und gesteuert von einem Compu-

Familie Welke / Wiechers lebte übrigens schon vor ihrem Einzug ins

ter, dirigiert es die gesamte Haustechnik.

»Effizienzhaus Plus« sehr umweltbewusst. Klimaschutz ist ihr eine Herzenssache. Und so war sie voller Lob für die umweltfreundliche

Das BMVBS hob das »Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität« im

Technik-Ausstattung des Hauses: »Bei den Haushaltsgeräten, mit

Jahr 2011 aus der Taufe, als es Bauingenieure und Architekten in ei-

denen das Effizienzhaus ausgestattet ist, wie Kühlschrank, Ge-

nem bundesweiten Wettbewerb aufrief, ein entsprechendes Wohn-

schirrspüler, Waschmaschine, Trockner und Herd, handelt es sich

haus zu konzipieren. Ein Stuttgarter Planungsteam gewann den

tatsächlich um die energieeffizientesten Geräte, die am Markt

Wettbewerb (Platz zwei ging an die TU Dresden). Nach den Stuttgar-

erhältlich sind«, sagte Jörg Welke. »Die verbrauchen so wenig

ter Plänen errichtet, diente das »Effizienzhaus Plus« als Schaufens-

Strom, dass wir uns um unseren Energieverbrauch kaum noch

ter, das zeigt, was auf dem Gebiet des energieeffizienten Bauens

Gedanken zu machen brauchen.« ­Einziger Wermutstropfen sei der

heute möglich ist. Gleichzeitig diente es als Testlabor für die Alltags-

großformatige Flachbildfernseher: Der habe — verglichen mit an-

tauglichkeit des visionären Konzeptes.

deren Haushaltsgeräten — einen sehr hohen Stromverbrauch.  

FAMILIE WELKE / WIECHERS Wenn Simone Wiechers (43) in der warmen Jah­ reszeit mit dem Elektrofahrrad zur Arbeit radelte und bei Rot an einer Kreuzung halten musste, häng­ te sie mit ihrem Elektromotor, sobald der Verkehr wieder anrollte, selbst junge Männer auf ihren Sporträdern ab — und musste dann über die er­ staunten Männerblicke schmunzeln. Lenz (9) hat­te hin und wieder Spaß daran, seine Schwester Freyja (11) zu ärgern, indem er mit seinem Smartphone auf

den Steuerungscomputer des Energiemanagement­ systems (EMS) zugriff und in Freyjas Zimmer genau dann die Rollläden schloss, wenn sie die Hausaufga­ ben machte. Jörg Welke (43) ist Sprecher eines Umweltforschungsinstitutes. Aus Umweltgründen fuhr er kein Auto, bevor er mit seiner Familie ins »Effizienzhaus Plus« in Charlottenburg zog. Dort genoss er es, dass er täglich mit dem E­ lektro-Auto zur Arbeit fahren konnte, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.


EFFIZIENZHAUS PLUS MIT ELEKTROMOBILITÄT

Mikrochip-ABC

225

WÄRMEPRODUKTION

STROMERZEUGUNG Die Solarmodule auf dem Dach und der Südfassa­ de produzieren den Strom für die Heizungs- und Lüftungsanlage, die Beleuchtung, alle Elektroge­ räte und die Elektrofahrzeuge. Stromüberschüs­ se, die darüber hinaus entstehen, kommen in eine Hausbatterie. Voll geladen, kann sie das Haus drei Tage lang mit Strom versorgen.

Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe saugt Außenluft aus der Umgebung des Hauses an, entzieht ihr die Wärme, die sie enthält, und nutzt die Energie, um das Haus (auch im Win­ ter!) über eine Fußbodenheizung zu beheizen und das Warmwasser zu produzieren, das die Familie benötigt. Im Winter trägt die Dreifach-Thermoverglasung zur Be­ heizung bei: Dank einer besonderen Beschichtung lässt sie die Strahlen der Sonne ins Haus hinein, lässt aber die Wärme, die durch die Sonne im Haus entsteht, nicht wie­ der heraus. Die Hersteller der Thermoverglasung füllen die Räume zwischen den Glasscheiben außerdem mit

Photovoltaik

Argon. Das Edelgas transportiert Wärme schlecht, und so verstärkt es die Treibhauswirkung der Verglasung. Eine Lüftungsanlage sorgt auch im Winter für Frisch­ luft, ohne dass die Familie Welke/Wiechers die Fenster öffnen müssen und kostbare Wärme verschwenden. Die Anlage pumpt die (verbrauchte) Innenluft aus dem Haus heraus und saugt gleichzeitig (frische) Außenluft an. Auf ihrem Weg passieren beide Luftströme einen Kreuzwärmetauscher. Dort gibt die Innenluft, ehe sie das Haus verlässt, ihre Wärme an die einströmende kalte Außenluft ab.

Wärmepumpe

Öffentliches Stromnetz

Steuerung via Mobile Device

Bewohner Hausbatterie

Elektrofahrzeuge

WIE ENERGIEMANAGEMENTSYSTEME (EMS) KÜNFTIGE ENERGIEEFFIZIENZHÄUSER STEUERN SOLLEN Das EMS dirigiert die gesamte Haustechnik und alle Fernseher) und löscht überall das Licht, wo niemand EMS-Steuerungsrechner des Effizienzhauses in Ber­ Stromverbraucher. Der Steuerungscomputer des­ sich aufhält. Der Steuerungsrechner steht ferner lin-Charlottenburg über ein berührungsempfindli­ EMS errechnet, gestützt auf Wettervorhersagen aus ständig mit der Netzzentrale des lokalen Energie­ ches Display programmieren. Sie kann z. B. die Tem­ dem Internet, permanent, wie viel Strom die hausei­ versorgers in Verbindung, fragt dort den aktuellen peratur der Heizung zu einer bestimmten Tageszeit genen Solarmodule in den nächsten Stunden bzw. Strompreis ab und bezieht Netzstrom vorzugsweise im Voraus festlegen. Per Mobilfunk-Verbindung und Tagen produzieren werden und wie viel Energie das dann, wenn der Preis günstig ist (was in der Regel Smartphone kann sie auf die gesamte Haustechnik Haus benötigt. Zeichnet sich ein Stromdefizit ab, un­ nachts der Fall sein dürfte, wenn die Nachfrage ge­ auch aus der Ferne zugreifen. Fährt sie beispielswei­ terwirft er das Haus einem strengen Energiespar- ring ist). Nach dem Kauf puffert er den Netzstrom in se in die Ferien und vergisst die Tür abzuschließen, Regime. Er schaltet dann z. B. alle Elektrogeräte ab, der hauseigenen Batterie und nimmt ihn in Anspruch, kann sie den Steuerungsrechner ihres EMS per deren Nutzung nicht an eine bestimmte Tageszeit wenn der Strombedarf und der Strompreis wieder Smartphone verständigen. Der Rechner überprüft gebunden ist (die Waschmaschine etwa kann auch anziehen. Gleichzeitig verwöhnt das EMS die Bewoh­ dann die Tür, verriegelt sie und schickt der Familie nachts laufen, wenn Strom billig ist); er unterbindet ner mit tollen neuen Möglichkeiten der Steuerung eine SMS: »Tür abgeschlossen, ­schöne Ferien.« den Standby-Betrieb von Geräten (wie Radio und ihrer Haustechnik. Familie Welke / Wiechers kann den


226 Anwendungen  |  Energietechnik  |  Smart Materials: Kunststoffe mit Köpfchen

SMART MATERIALS — KUNSTSTOFFE MIT KÖPFCHEN Ingenieure und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für zerstörungsfreie Prüfverfahren setzen sich intensiv mit einer neuen, vielversprechenden Materialgruppe auseinander

Mit 250 ­Stundenkilometern (km/h) Spitzengeschwindigkeit und über

Besteht der Gewebekern — wie beim BMW i8 Concept — aus Koh-

350 Pferdestärken (PS) ist der BMW i8 Concept ein echtes Kraftpa-

lefasern, spricht man von kohlefaserverstärktem Kunststoff, be-

ket — doch er wäre nur ein Sportwagen unter vielen, hätte er nicht

steht er aus Glasfasern, spricht man von glasfaserverstärktem

diesen sensationell niedrigen Benzinverbrauch: Drei ­Liter Kraftstoff

Kunststoff. Verbundwerkstoffe bilden — neben neuen Antriebskon-

genügen dem Straßenflitzer je 100 Kilometer Fahrstrecke, um seine

zepten — den Schlüssel für mehr Sparsamkeit auf der S ­ traße, in

Qualitäten zu entfalten — so sparsam waren bisher nicht einmal

der Luft und auf der Schiene, denn sie sind deutlich leichter als

Kleinwagen! Um so viel Leistung mit so wenig Kraftstoff zu realisie-

Stahl — aber genauso belastbar! Die Hersteller von Autos, Flugzeu-

ren, hat der bayerische Autobauer alles aufgeboten, was m ­ oderne

gen und Bahnen können damit leichtere Karosserien bauen — und

Automobiltechnik hergibt. Neben einem Plug-In-Hybridantrieb (einer

wenn ihre Fahrzeuge weniger wiegen, verbrauchen sie auch weni-

Kombination aus Benzin- und Elektro-Motor) hat er dem BMW i8

ger Kraftstoff!

Concept u. a. eine Leichtbau-Karosserie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff verpasst! Und damit sind wir beim eigentlichen Thema:

DER SCHWACHPUNKT

bei den Verbundwerkstoffen (zu denen auch die kohlefaserverstärk-

Havarien von Windkraftanlagen, bei denen Rotorblätter bei Sturm

ten Kunst­stoffe ­zählen) und bei einem Forschungsprojekt, das dieser

und Gewitter plötzlich brachen, zeigen jedoch, dass der Siegeszug

neuen ­Materialgruppe den Weg ebnen soll.

der Verbundwerkstoffe kein glatter Durchmarsch ist. »Wir haben viel Erfahrung mit Metallen und können z. B. exakt vorhersagen, wann

WOZU VERBUNDWERKSTOFFE?

Stahl bricht«, sagt der Materialforscher Dr. Dieter Hentschel vom

Kunst- oder Naturharze geben den Verbundwerkstoffen ihre Form

Dresdner Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren

und Festigkeit, spezielle Beimischungen ­verleihen i­hnen besondere

(IZFP). »Verbundwerkstoffe dagegen sind noch ein ganz junges Gebiet.

Eigenschaften. Zu den Verbundwerkstoffen gehören z. B. faserver-

Wir beginnen gerade erst, Erfahrungen damit zu sammeln, und wis-

stärkte Kunststoffe — sie bestehen aus Kunstharz und einem Gewe-

sen deshalb in vielen Fällen nicht so genau, wann diese Materialien

bekern, der sie besonders widerstandsfähig gegen Zugkräfte macht.

ihre Belastungsgrenze erreichen.«  →

ANWENDUNGSFALL WINDRÄDER Produzenten von Windkraftanlagen waren — und sind — Pioniere beim Einsatz der neuen Materialien: Seit Anfang der 70er Jahre besitzen faktisch alle Wind­ kraftanlagen Rotorblätter aus einem Verbundwerkstoff, der aus glas- und kohle­ faserverstärktem Kunststoff besteht (Grafik). Und das hat folgende Gründe: Die Rotorblätter müssen möglichst lang sein, denn mehr Länge bedeutet eine ­größere Flügelfläche — und damit eine bessere Ausnutzung des Windes als

­ ntriebskraft. Gleichzeitig müssen die Rotorblätter relativ schmal sein — werden A sie nämlich zu breit, wird die Windlast zu groß — und dann können die Blätter brechen. Schließlich müssen die Rotorblätter möglichst leicht sein, damit auch schwacher Wind sie schon in Bewegung setzen kann. Mit glas-und kohle­ faserverstärktem Kunststoff lassen sich all diese Eigenschaften hervorragend realisieren — Holz dagegen erlaubt nicht so lange Rotorblätter, während Metalle als Konstruktionsmaterial zu schwer und / oder zu teuer sind.


VERBUNDWERKSTOFFE IN DER FAHRZEUGINDUSTRIE

Mikrochip-ABC

WOZU VERBUNDWERKSTOFFE? Überall auf der Welt arbeitet die Fahrzeugindustrie mit Hochdruck an Autos, Flugzeugen und Bahnen, die weni­ ger Treibstoff benötigen. Verbundwerkstoffe bilden neben neuen Antriebskonzepten den Schlüssel für mehr Sparsamkeit auf der ­Straße, in der Luft und auf der Schiene, denn sie sind deutlich leichter als Stahl, aber genauso belastbar! Die Hersteller können damit leich­

tere Karosserien bauen — und wenn Autos, Flugzeuge und Bahnen weniger wiegen, dann verbrauchen sie we­ niger Kraftstoff! Abbildung rechts: Kohlefasergewebe verleihen den kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) besondere Festigkeit, was diese Materialgruppe vor allem für den Fahrzeugbau interessant macht.

1

SCHICHTAUFBAU des Verbundwerkstoffes, aus dem die Windräder von Windkraftanlagen bestehen

2

3 1

Polyuretan

2 Glasfaser

3 Epoxidharz 4 Kohlefaser

4 1

227


228 Anwendungen  |  Energietechnik  |  Smart Materials: Kunststoffe mit Köpfchen

»Das zwingt uns beim Einsatz von Verbundwerkstoffen, Material-

jedes zweite Pflaster eine elektrische Spannung an und versetzen

stärken zu wählen, die ein großes Sicherheitspolster enthalten«, so

die Piezofasern so in Schwingungen. Von den Pflastern übertragen

Hentschel weiter. »Auf Dauer ist das aber keine gute Lösung, weil

sich die Schwingungen auf das Flügelmaterial, durchlaufen es als

wir damit den größten Vorteil der neuen Material­gruppe wieder

akustische Welle und treffen nach einer bestimmten Wegstrecke

verspielen — ihr geringes Gewicht.«

auf die nächst­gelegenen Pflaster. Die Welle versetzt nun die Piezofasern auch dieser Pflaster in Schwingungen — mit dem Effekt, dass

DAS FORSCHUNGSPROJEKT

­diese ­Fasern nun elektrische Spannung erzeugen (denn, wie eben

Um das Problem zu lösen, statten Wissenschaftler des Cool Silicon-

schon gesagt: Piezofasern erzeugen eine elektrische Spannung, wenn

Netzwerkes ­Verbundwerk­stoffe mit elektronischer Intelligenz aus.

sie schwingen). Die Stärke und der Rhythmus des ­Spannungssignals,

Mit Sensoren, kleinen Sendern (oder Kabeln) für die Datenübertra-

das die Fasern erzeugen, entsprechen dabei genau der Frequenz

gung und Steuerungselektronik versehen, sollen die Verbundwerk-

und Amplitude der Welle, die den Flügel durchläuft! Das heißt: Das

stoffe sich selbst überwachen, Materialrisse selbst erkennen und

Spannungssignal gibt exakt über die Beschaffenheit der Welle

ihrem Nutzer signalisieren, ehe größerer Schaden entstehen kann.

Auskunft, und die Beschaffenheit der Welle wiederum hängt direkt

Bei der Entwicklung entsprechender Lösungen konzentrieren sich

vom Zustand des Flügelmaterials ab! Ist das Material unbeschädigt,

die Forscher auf Fälle, wo es auf höchste Sicherheit ankommt: auf

breitet sich die Welle gleichmäßig darin aus — ihre Frequenz und

Rotorblätter von Windkraftanlagen und Flugzeugteile. »Die Haut

Amplitude beschreiben eine makellose Sinuskurve. Befinden sich

des Airbus A380 besteht bereits zu über 20 Prozent aus kohlefa-

dagegen zwischen dem Pflaster, das die Welle produziert, und dem

serverstärktem Kunststoff (CFK)«, erklärt Hentschel die Bedeutung

Pflaster, das die Welle empfängt, Risse, bringen sie die Welle aus

einer zuverlässigen Materialüberwachung für den CFK-Einsatz im

dem Takt und modifizieren in ­charakteristischer ­Weise ihre Fre-

Flugzeugbau. »Aus CFK sind zum Beispiel Teile des Höhenleitwerkes

quenz und Amplitude. Kurzum: Aus der Stärke und Frequenz des

und die Ladeklappe des Gepäckraumes. Bei der nächsten Airbus-

Spannungssignals lässt sich präzise ablesen, ob das Flügelmaterial

Generation soll der CFK-Anteil bereits auf 50 Prozent wachsen. Das

in Ordnung ist oder Risse enthält!

heißt: Die Luftfahrtindustrie setzt verstärkt auf diese Materialgruppe, weil sie leichtere und damit treibstoffsparende Flugzeuge

AKTOREN, SENSOREN UND DIE

möglich macht. Aber: Flugzeugteile müssen unter allen Bedingun-

AUFGABEN DER ELEKTRONIK

gen halten. Deshalb müssen die betreffenden Bauteile sicher über-

Die Pflaster, die mit ihren Piezofasern die Welle erzeugen, heißen

wacht werden — und genau daran arbeiten wir.«

Aktoren — denn sie sind der aktive, agierende Teil des Überwachungssystems. Die Pflaster hingegen, die die Welle empfangen und mit

SO FUNKTIONIERT DIE

ihren Piezofasern das Spannungssignal produzieren, heißen Senso-

MATERIALÜBERWACHUNG

ren — denn sie sind der passive, »fühlende« Teil des Systems. Ein

Hentschel und sein Forscherteam überziehen Flugzeugteile und

Computer steuert das Überwachungssystem. Bei den Windkrafträ-

Rotorblätter mit einem Netz aus kleinen Pflastern, die aus zwei

dern befindet er sich in der Gondel der Anlage. Über Lichtleiterkabel

Teilen bestehen: Ein Teil des Pflasters enthält einen elektronischen

ist er mit den Pflastern auf den Rotorblättern verbunden. Der Com-

Schaltkreis sowie Anschlüsse zur Signalübertragung; der andere

puter sendet über die Lichtleiterkabel Lichtblitze an alle Pflaster, die

Teil enthält ein Gewebe aus Piezofasern. Solche Fasern haben die

als Aktoren wirken sollen. Der elektronische Schaltkreis auf den

Eigenschaft, dass sie zu schwingen beginnen, legt man eine elekt-

Pflastern wandelt die Lichtblitze in elektrische Spannung, regt damit

rische Spannung an sie an, während sie im umgekehrten Fall elek-

die Piezofasern zum Schwingen an und löst so die akustische Welle

trische Spannung erzeugen, werden sie in Schwingung versetzt.

aus, die das Flügelmaterial durchläuft. Die Piezofasern der Pflaster,

Die Materialforscher machen sich dieses Verhalten der Fasern

die als Sensoren fungieren, erzeugen elektrische Spannung, sobald

­zunutze: Sie betten die Pflaster in das Flügelmaterial ein, l­egen an

die Welle sie erreicht und in Schwingung versetzt.  →

3 2

PIEZO-PF L ASTER Sie fungieren wahlweise als Aktoren oder Sensoren des ­Materialüberwachungssystems. Die hellen, fasrigen Struk­ turen 1 , die durch den braun gefärbten Teil des Pflas­ters hindurchschimmern, sind die Piezofasern. Im beigefarbenen Rahmen 2 nebenan sitzt die Steuerungselektronik, das blaue Glasfaserkabel 3 dient der Signalübertragung.

1


VERBUNDWERKSTOFFE IN WINDKRAFTANLAGEN

Mikrochip-ABC

EIN TYPISCHER ANWENDUNGSFALL So funktioniert die Materialüberwachung, wenn die Piezo­ Pflaster gleichzeitig als Aktoren und Sensoren wirken: Der Steuerungscomputer  1   in der Gondel der Windkraft­­anlage sendet über Lichtleiterkabel  2   Lichtimpulse (Blitze) 3   an sämtliche Piezo-Pflaster, die nun zunächst als Aktoren  4   wirken. Der elektronische Schaltkreis  5   der Pflaster wandelt die Lichtimpulse in elektrische Spannung um, regt damit die Piezofasern  6   zur Kontraktion an und löst so die akustische Welle  7   aus, die das Flügelmaterial durchläuft. Ein Riss im Flügel  8   reflektiert die akustische Welle und schickt sie zum Pflaster zurück, das jetzt als Sensor fungiert. Die reflektierte akustische Welle überträgt sich auf die Piezo­ fasern, die Fasern beginnen zu schwingen und erzeugen elektrische Spanung. Der Schaltkreis des Pflasters wandelt die Spannungs­ signale nun wieder in eine Serie von Lichtblitzen  9   und schickt sie über das Lichtleiterkabel an den Computer zurück. Dort übersetzen spezielle Wandler (so genannte Optokoppler) die Licht­­sig­nale in elektrische Impulse. Mit entsprechender Software ausgerüstet, liest der Computer aus den Signalen heraus, ob das Flügelmaterial in Ordnung ist oder ob es Risse enthält. Diagnosti­ ziert er einen Riss, so schickt er die Daten per Funk  10   an die Steuerungszentrale  11   des Windparks und setzt gleichzeitig eine Warnmeldung ab. Der zuständige Techniker sieht auf seinem Computer, welches Windrad betroffen ist und wo sich der Riss befindet. Er kann dann das jeweilige Windrad abschalten und seine Reparatur veranlassen.

10

4

1

3

2

DER AKUSTISCHE »FINGERABDRUCK« EINES MATERIALRISSES 8

7

6

5

3

9

11

229


ELEKTRONIK FERTIGUNG


ELEKTRONIK FERTIGUNG SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP Vom unsichtbaren Licht zum gezähmten Kupfer: Wie die kleinen Wunderzwerge in den Chipfabriken entstehen und welche lange Prozesskette sie dabei durchlaufen müssen.

Zu Besuch in der Chipfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rein, reiner am reinsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chipburger: Schicht für Schicht zum Mikrochip . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht ohne Schablone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UV-Licht: Der Schlüssel zum Nanokosmos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silizium unter Teilchenbeschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Zeiss AG: Schärfere Licht-Skalpelle für Mikrochips . . . . . P Vistec Electron Beam GmbH: Wenn selbst Licht zu grob ist . . P Dr. Johannes Heidenhain GmbH: Vermessung eines Nanometers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 1.000° Celsius in 12 Sekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemie in der Chipfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfeiffer Vacuum GmbH: Die Weltmeister des Nichts . . . . . . . . . P Das präziseste »Messer« der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zähmung des Kupfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufsportraits Guntrade Roll (Materialforscherin für Halb­leitertechnik) . . P Henry Wojcik (Entwickler für Chip-Fertigungstechnologie). P Atomares Sandstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrere 1.000 Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IMAPS Deutschland e. V.: Mit 08 / 15-Elektronik gewinnt Deutschland keinen Blumentopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P X-FAB: Mittler zwischen analogen und digitalen Welten . . . . . P

262 264 266 268 270 273 276 280 282 284 286 288 290 292 296 297 299 300 302 304


268 Elektronik-Fertigung | Fotolithografie

NICHT OHNE SCHABLONE Die Chiphersteller behandeln die Siliziumscheibe mit einem breiten Spektrum chemischer und physikalischer Verfahren. Eine Schablone sorgt dafür, dass dies immer an der richtigen Stelle passiert.

Nachdem Hagen Rötz mich mit dem Musterchip bekannt gemacht

die gesamte Siliziumscheibe mit Fremdatomen »impfen« und in ein

hat, beginnt er, mir die Fertigungstechnik zu erklären: »Moderne

einziges Source / Drain-Gebiet verwandeln — was ein glatter Fehl-

Chipfabriken sind hoch automatisiert«, sagt er. »Wagen, die sich

schlag wäre. Kurzum: Die Fotolithografie ist das Verfahren, mit dem

auf Schienen unter der Reinraumdecke bewegen, befördern die

wir dem Wafer vor jedem Fertigungsschritt die richtige Schablone

Siliziumscheiben von einer Fertigungsstation zur nächsten. Dort

aufsetzen.  →

übernehmen Roboter die Wafer und legen sie in Kammern ab, wo die eigentliche Bearbeitung stattfindet. Wir behandeln die Siliziumscheibe im Verlauf des Fertigungspro-

BESCHUSS DES WAFERS MIT FREMDATOMEN

zesses mit einem breiten Spektrum chemischer und physikalischer Verfahren: Wir beschießen den Wafer mit Fremdatomen, um Source und Drain herzustellen — ein Vorgang, der Ionen-Implantation heißt. Wir leiten Gase auf den Wafer, die mit den Atomen an der Siliziumoberfläche reagieren — im Ergebnis der chemischen Reaktion wachsen neue Schichten aus dem Wafer heraus. Wir behandeln die Silizumscheibe mit ätzenden Gasen und Flüssigkeiten, um Material aus der Waferoberfläche zu entfernen. So geben wir zum Beispiel den Transistorgates ihre Form und ätzen Löcher für die Vias und Gräben für die Leiterbahnen. Wir lassen Metallteilchen auf die Silizumscheibe regnen, um die Leiterbahngräben mit einer dünnen Metallschicht auszukleiden. Fast immer geht diesen Fertigungsschritten jedoch ein wichtiger Schritt voraus: die Fotolithografie. Deshalb will ich unsere Reinraumtour damit beginnen.

Ionen-Implantation ohne Schablone: Die Fremdatome können an jeder Stelle des Wafers ins Silizium eindringen

Bei der Fotolithografie bedecken wir die Siliziumscheibe mit einer Schablone. Du kannst dir diese Schablone wie einen Scherenschnitt vorstellen. Sie bedeckt die gesamte Siliziumscheibe — nur dort, wo wir den Wafer mit Fremdatomen, Reaktionsgasen oder ätzenden Mitteln bearbeiten wollen, hat die Schablone Fenster, dort bedeckt sie den Wafer nicht. Fremdatome, Reaktionsgase und ätzende Mittel können die Siliziumscheibe deshalb an diesen Stellen ungehindert angreifen, während die Schablone den Wafer an allen übri-

möchten. Kurzum: Die Schablone sorgt dafür, dass wir den Wafer

wa n n-

dabei genau der Lage und Form der Chipteile, die wir herstellen

ne

gen Stellen schützt. Die Lage und die Form der Fenster entspricht

stets an den richtigen Stellen bearbeiten. Würden wir ihn vor der Bearbeitung nicht mit einer Schablone versehen, würden wir zum Beispiel bei jedem Ätzvorgang den ganzen Wafer angreifen, anstatt nur dort Material abzutragen, wo Vias oder Leiterbahnen entstehen sollen. Und bei der Ionen-Implantation würden wir ohne Schablone

Ionen-Implantation mit Schablone: Die Fremdatome können nur da ins Silizium eindringen, wo die n-Wanne (n-do­tiertes Silizium) entstehen soll


SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP

Mikrochip-ABC 269

37 KONTAKTKÜGELCHEN C4 36  UNDER BUMP METAL  C4

37

35 ISOLATIONSSCHICHT CVD 34 ALUMINIUM-LEITBAHN FORM ÄTZEN 33 ALUMINIUM-LEITBAHN SPUTTERN 32 KUPFERKONTAKT PLATING 36

31 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN 30 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN

33 34

29  VIA-STOCKWERK 3 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER  28 ISOLATIONSSCHICHT CVD

35

27 KUPFERLEITBAHN PLATING 32

26 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN

31

24  LEITERBAHN-STOCKWERK 2 ÄTZEN DER LEITERBAHNGRÄBEN

28

23 ISOLATIONSSCHICHT CVD 22 KUPFERKONTAKT PLATING

27

21 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN

26

20 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN

25

19  VIA-STOCKWERK 2 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER  18 ISOLATIONSSCHICHT CVD

24

23 22

17 KUPFERLEITBAHN ELEKTROCHEMISCHE ABSCHEIDUNG (PLATING)

21

20

16 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN

19

15 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN

18

14  LEITERBAHN-STOCKWERK 1 ÄTZEN DER LEITERBAHNGRÄBEN

17

13 ISOLATIONSSCHICHT CVD

16 13

12  VIA-STOCKWERK 1 WOLFRAM-FÜLLUNG (CVD)

15

14

11  VIA-STOCKWERK 1 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER

12

10 ISOLATIONSSCHICHT CVD

10

11

9 DECKSCHICHT CVD 8  SOURCE / DRAIN ANNEAL (AUSHEILUNG)

9 5 8

4

6 6

7 2

3

8

7  SOURCE / DRAIN IONEN-IMPLANTATION

7

6  GATE / GATEOXID  FORM ÄTZEN 5 GATE CHEMISCHE SCHICHTABSCHEIDUNG (CVD) 4 GATEOXID OXIDATION 3 N-WANNE DIFFUSION (AUSHEILUNG)

1

2 N-WANNE IONEN-IMPLANTATION 1  ROHER WAFER

SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM MIKROCHIP

29

25 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN

30


270 Elektronik-Fertigung | Fotolithografie

UV-LICHT: DER SCHLÜSSEL ZUM NANOKOSMOS Wie kommen eine halbe Milliarde Transistoren auf ein Stück Silizium von der Größe eines Fingernagels?

SO FUNKTIONIERT DIE FOTOLITHOGRAFIE 1  Die Schablone entsteht aus einem lichtemp findlichen Lack. Ein

licht

Spi n Coater spr itzt den Lack auf die Siliziumscheibe. Danach kommt der Wafer auf eine Heizpl atte. Dort härtet der Lack aus. Jetzt braumaske

chen wir ›nur noch‹ die Fenster in die Lackschicht zu ›schneiden‹. Das geschieht mit ultraviolettem Licht (UV-Licht)! Wir benutzen

lichtdurchlässige ab­bildung des chiplayouts

dafür eine Maske. 2  Das ist eine S ­ cheibe aus Quarzglas, die mit einer lichtundurchlässigen Chromschicht versehen ist. In diese Chromschicht ätzen die Maskenhersteller Fenster (Öffnungen), deren Lage und Form der Position und Gestalt der n-Wannen auf dem Wafer entspr icht. An diesen Stellen ist die Maske dann lichtlichtbild des chiplayouts

projektionsfläche (wafer)

durchlässig. Mit ihrer Fensterstruktur bildet die Maske ähnlich wie ein Diap ositiv das gep lante Chip -Layout ab. Als Abbildungsmaßstab wählen die Chiph ersteller meist ein Verhältnis von 1:4. Die Maske bildet den Schaltkreis in vierfacher Vergrößerung ab. Die Maske und die lackierte Siliziumscheibe kommen dann in einen Automaten, der Waferstep p er heißt (das Bild rechts zeigt, wie so ein Waferstepper aussieht). Wir pl atzieren die Maske dort über dem Wafer. 3  Der Step p er durchleuchtet die Maske von oben mit ul­

»Hast du ein Smartp hone?«, fragt mich Hagen unvermittelt. »Na

traviolettem Licht. Am Ende seines Weges trifft das Licht auf die

klar«, sage ich. »Wenn es zu den leistungsstärkeren Geräten zählt,

lackierte Siliziumscheibe. Weil das Licht die Maske aber nur dort

dann vereinigt sein Mikrop rozessor auf einem fingernagelgroßen

durchdringen kann, wo sich in der Chromschicht die Fenster befin-

Stück Silizium wahrscheinlich rund eine halbe Milliarde Transisto-

den, trifft es auch nur dort auf den Wafer, wo die n-Wannen ent-

ren, und das Netz seiner Leiterbahnen dürfte etwa so komp lex sein

stehen sollen. So erscheint das Layout der Schaltung als Lichtbild

wie das gesamte Straßennetz Europ as«, klärt Hagen mich auf.

auf dem Wafer.

›Wow‹, denke ich, ›wieder so eine Zahl zum Staunen.‹ »Wie ist es möglich«, fragt Hagen jetzt, »auf einer so kleinen Fläche dermaßen

Auf seinem Weg zum Wafer p a ssiert das Licht eine komp lizierte

viele elektronische Bauelemente unterzubringen? Das Verfahren

Projektionsop t ik. Die besteht aus vielen Linsen, ist wie ein Kame-

dafür stammt aus der Drucktechnik und heißt Fotolithografie.« Am

raobjektiv aufgebaut und funktioniert auch so, erreicht aber eine

Beisp iel unseres Musterchip s erklärt Hagen dann, wie die Fotoli-

viel höhere Auflösung — das heißt, sie kann unvorstellbar kleine

thografie funktioniert. Was das Ziel dieses Fertigungsschrittes ist,

Dinge gestochen scharf abbilden. Die Op t ik verkleinert das Licht-

habe ich bereits gelernt: Die Chip hersteller verp assen der Silizium-

bild der Schaltung auf seinem Weg von der Maske zum Wafer um

scheibe damit eine Schablone, die dafür sorgt, dass sie den Wafer

den Faktor vier. So erscheint es in der richtigen Größe auf dem

stets an den richtigen Stellen bearbeiten. Die Produktion unseres

Wafer. Ohne Verkleinerungsop t ik würde das Layout des Chip s

Musterchip s beginnt mit der Herstellung der n-Wanne des p MOS-

genau so groß auf dem Wafer erscheinen wie die Maske es vor-

Transistors. »Wir realisieren diesen Teil des Chip s, indem wir den

zeichnet — vierfach vergrößert. Wir können den Waferstep p er

Wafer mit Fremdatomen beschießen«, sagt Hagen. »Dafür brau-

also mit einem Diap r ojektor vergleichen, dem wir die Op t ik um-

chen wir eine Schablone, die die Fremdatome nur dort an das Sili-

gedreht haben, so dass er Bilder nicht vergrößert, sondern ver-

zium heranlässt, wo die n-Wannen entstehen sollen.

kleinert. →


WAFERSTEPPER

Mikrochip-ABC 271 Mikrochip-ABC 271

DIE FOTOLITHOGRAF IE, SCHRITT FÜR SCHRITT

1

1

fotolack wafer

Fotolack kommt auf die Siliziumscheibe

2

maske

2

SO FUNKTIONIERT EIN WAFERSTEPPER

Die Maske enthält das Layout des Chips

Ein ultravioletter Lichtstrahl (UV-Licht) 1 durchleuchtet die Maske  2  und projiziert das Layout der Schaltung auf den Wafer  3  Eine Optik aus zahlreichen Linsen  4  verkleinert das Lichtbild der Schaltung, so dass es scharf und in der richtigen Größe auf dem Wafer erscheint.

maske

3

uv-licht

belichteter fotolack

UV-Licht überträgt das Chiplayout von der Maske auf den Wafer

4

entwickelter fotolack

4

1 3

Behandlung des Fotolacks mit Entwicklerflüssigkeit …

schablone

5

… und Beseitigung der belichteten Lackpartien mit ätzenden Flüssigkeiten

beschuss mit fremdatomen

6

Herstellung der n-Wanne per Ionen-Implantation

HERSTELLUNG DER SCHABLONE FÜR DIE N-WANNE Der Stepper durchleuchtet die Maske mit ultraviolettem Licht, das Layout der n-Wanne erscheint als Lichtbild auf dem lackierten Wafer.


274 Elektronik-Fertigung | Ionen-Imp lantation A IONISIERUNG DER FREMDATOME

B

FORMUNG DES IONENSTRAHLS Eine negativ geladene Elektrode saugt die ositiv geladenen Ionen aus der Ionenquelle, p die Schlitzblende formt den Ionenstrahl.

anode

5  es entstehen auch wasserstoff- moleküle und -ionen

n eg elekattiv gel ad rode ene

magnet

4b  es entstehen phosphor-ionen

3  von elek tronen getroffen, zerbricht das dotiergas phosphin (ph3)

anode

4a  getroffene phosphoratome verlieren elektronen

dotiergaseinlass

2 elektronen kollidieren mit gasmolekülen und -atomen

flu elekgbahn d tron er en

1  die glühkathode setzt elektronen frei

ionen-quelle

ion

en s

tr a

hl

sc

glühkathode

tz hl i

io

magnet

drahtwendel (glühkathode)

bl e

nd

e

-q nen

uel

le

SO FUNKTIONIERT EIN IONEN-IMPLANTER A Über Rohre leiten die Chiphersteller ein Dotiergas in die Ionenquelle des Implanters — es enthält die Fremdatome für die Dotierung des Siliziums (Si). Für die Herstellung n-dotierter Gebiete — wie der ­n-­Wanne — findet häufig Phosphin als Dotiergas Verwendung — eine Verbindung aus Phosphor und Wasserstoff. Das Phosphor ist dabei das Fremdatom, das für die Dotierung der n-Wanne bestimmt ist. Für die Ionisierung des Dotiergases erzeugen die Chiphersteller zwischen der Kathode und der Anode der Ionenquelle ein elektrisches Feld und jagen Strom mit einer Stärke von 50 bis 200 Ampere durch den Kathodendraht. Das ist so viel Energie, dass der Draht zu glühen beginnt. Die Atome seines Metallgitters geraten in starke Schwingungen, prallen aufeinander und setzen Elektronen frei — ein Vorgang, der Glühemission heißt. Von der Anode angezogen, durchfliegen die Elektronen die Ionenquelle und kollidieren dabei mit den Phosphin-Molekülen. Das Ergebnis: Die Moleküle zerbrechen in ihre einzelnen Atome. Die Kathode setzt aber immer neue Elektronen frei, die nun ihrerseits im Sog des elek­ trischen Feldes die Ionenquelle durchfliegen. Sie kollidieren mit den Phosphor- und Wasserstoffatomen, schlagen Elektronen aus ihrer äußeren Hülle heraus und verwandeln sie so in positiv geladene

I­onen. ­Magnete geben der Flugbahn der Elektronen eine Spiralform. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf ihrem Weg von der Kathode zur Anode mit Atomen kollidieren. So steigt auch die Ionisierungsrate — die Zahl der ionisierten Atome. Die positive Ladung der ionisierten Gasatome eröffnet nun die Möglichkeit, sie mit elektrischen und magnetischen Feldern zu einem Strahl zu bündeln und den Strahl auf die Siliziumscheibe auszurichten. Das geschieht so: B Eine negativ geladene Elek­ trode »saugt« die Ionen aus der Ionenquelle heraus; eine Schlitzblende am Ausgang der Ionenquelle gibt dem Ionenstrahl seine Form. C  Magnete lenken die Ionen im Analyzer auf eine Kreisbahn. Während die schwereren Ionen auf den äußeren Kreisbahnen durch diesen Teil des Implanters fliegen, bewegen sich die leichteren Teilchen auf inneren Bahnen. Nur die »guten« Ionen — sprich: die Phosphoratome — durchfliegen den Analyzer auf der mittleren Bahn und können die Lochblende am Ende der Strecke passieren.  D  Die Magnete der »Quadropol L­ ense Group« verdichten den Ionen-Strahl, indem sie seinen Querschnitt in X- und Y-Richtung stauchen. E  Die Elektrodenpaare der X- / Y-Achsen-Ab­ lenkung richten den Ionen-Strahl auf die Silizium-

C IONENFILTER (ANALYZER)

D

lo

Der Magnet zwingt die Ionen auf eine Kreisbahn, die Schlitzblende lässt nur Ionen auf der mittleren Kreisbahn p assieren.

ch

en

en de

r-ion

bl

pho phos

scheibe aus. Gleichzeitig lenken sie ihn vertikal und horizontal ab. Von den Elektroden gesteuert, streicht der Strahl zeilenweise von oben nach unten über die Siliziumscheibe. Der Implanter setzt so jeden Fleck des Wafers unter Ionenbeschuss. Zuletzt passiert der Ionen-Strahl die Beschleunigungsstrecke: Eine Kaskade aus Elektroden mit wachsender Voltzahl bringt die Ionen so sehr in Schwung, dass sie mit hoher Energie auf den Wafer treffen. Schlagen sie in das Silizium ein, fangen sie freie Elektronen ein, die die Chiphersteller von hinten in den Wafer pumpen. Die Phosphor-Ionen verwandeln sich so in Atome mit ausgeglichener Ladung zurück. F Um Tunneleffekte zu verhindern, kippen die Chiphersteller die Siliziumscheibe in eine leichte Schrägstellung zur Flugbahn der Ionen. Grafik F zeigt, was mit Tunneleffekt gemeint ist: Sind der Kristall und die Flugbahn der Ionen gleich ausgerichtet, bewegen sich die Ionen — wegen der tunnelartigen Struktur des Kristalls — viel zu tief in den Wafer hinein. Ist die Scheibe hingegen ein wenig zur Flugbahn geneigt, treffen sie viel früher auf ein Siliziumatom und bleiben dann relativ dicht unter der Kri-stalloberfläche im Silizium stecken. Kurzum: Indem sie den Wafer kippen, steuern die Chiphersteller, wie tief die Ionen in das Kristallgitter eindringen.

IONENSTRAHLBÜNDELUNG Das Magnetfeld, das sich zwischen den stromdurchflossenen Kup ferspu len der Vier-Pol­Linse aufbaut, staucht den Ionenstrahl in Xund Y-Richtung.

kupferspule ione

ns tr

a hl

ma gn et


IONENIMPLANTATION (DOTIERUNG)

Mikrochip-ABC 275

F

E

D

f ot

ol a

ck

s ou

rce

dr a

in

IONENIMPLANTATION C

B

A

Teilchenkanone (Implanter)

E IONENSTRAHLAUSRICHTUNG Die Elektroden der Y-Achsen-Ablenkung richten den Ionenstrahl vertikal aus, die der X-Achsen-Ablenkung horizontal. Die Beschleunigungsstrecke bringt die Ionen in Schwung. y- a c

hse

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x-ac bl e

nk u

hse

ng

en ion

str

ah

n -a

bl e

nk u

c

TUNNELEFFEKT Der Ausschnitt aus dem Wafer zeigt das tunnel足 artige Gitter des Siliziumkristalls, Fremdatome durch足fliegen senkrecht das Kristallgitter.

waferausschnitt ng

l

bes

F

un hl e

igu

ng

ss

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e

fremdatom


286 Elektronik-Fertigung | Chemische Schichterzeugung

CHEMIE IN DER CHIPFERTIGUNG Viele Experten sehen in der Mikroelektronik einen Zweig der chemischen Industrie — und wer sich etwas näher mit der Herstellung integrierter Schaltkreise befasst, wird ihnen recht geben. »Nachdem wir die Schicht angelegt haben, aus der das Gateoxid

»Per CVD stellen wir auch die Schichten her, in die wir die Vias und

entsteht, ist es bis zur Vollendung der Transistoren nicht mehr weit.

Leiterbahnen einbetten«, sagt Hagen weiter. »Im Fall unseres Mus-

Wir nehmen jetzt die Herstellung des Gates in Angriff, indem wir

terchips sind dies insgesamt sechs Schichten — der chemische

auf dem Wafer eine neue Schicht erzeugen«, kündigt Hagen Rötz

Prozess unterscheidet sich dabei aber etwas von der Herstellung

den nächsten Fertigungsschritt an. »Das gibt mir auch die Gelegen-

der Gate-Schicht.« (↗ Infokasten CVD für Leiterbahnstockwerke)

heit, dich mit einer weiteren sehr wichtigen Verfahrensgruppe bekannt zu machen: der chemischen Schichterzeugung — auf Eng-

Neben der Chemischen Schichterzeugung beruhen auch alle Ätz-

lisch Chemical Vapor Deposition (CVD).

verfahren, viele Reinigungsschritte, die galvanische Herstellung der Kupferleitbahnen, die fotochemische Übertragung des Chiplayouts

Bei den CVD-Verfahren sperren wir die Siliziumscheibe in eine Kam-

auf den Wafer und die Chemisch-Mechanische Planarisierung (CMP)

mer und leiten Reaktionsgase hinein. Die Gase reagieren mit den

auf chemischen Reaktionen. Diese überragende Bedeutung der

Atomen an der Waferoberfläche zu einem neuen Stoff; so wächst

Chemie ist kein Zufall: Atomare Strukturen, wie es die unvorstellbar

auf der Siliziumscheibe eine neue Schicht heran. Später können wir

kleinen Bauelemente eines Chips sind, lassen sich nicht auf klassi-

daraus mit ätzenden Mitteln neue Schaltungsteile formen. Im Fall des

schem Weg herstellen — q uasi mit »Hammer und Meißel« — sondern

Gates erzeugen wir auf dem gesamten Wafer eine Schicht aus Po-

nur mit atomaren Methoden, wie die Chemie sie zur Verfügung

lysilizium (Poly-Si).« (↗ Infokasten Herstellung der Gate-Schicht)

stellt. →

HERSTELLUNG DER GATE-SCHICHT wasserstoff h 2

silan sih4

gate-schicht: Amorphes silizium  si

gateoxid sio 2

hicht: gate-silcizium si polys

gate

ox i d

-sch

ich t

SO ENTSTEHT DIE SILIZIUMSCHICHT FÜR DIE GATES Der Zentralroboter der CVD-Anlage legt den Wafer in einer Reaktionskammer ab. Ist die Kammer verriegelt, pumpen Vakuumpumpen alle Luft aus der Kammer heraus, so dass sich dort ein Vakuum einstellt. Je perfekter das Vakuum ist, um so stärker sinkt auch der Druck in der Kammer — und um s­ o langsamer laufen chemische Reaktionen ab. Die ­Reaktionen lassen sich dann gut steuern, was die Herstellung dünner Schichten erleichtert. Die Siliziumschicht für das Gate gehört jedoch nicht zu den dünnsten Schichten, deshalb reicht für ihre Herstellung ein schwaches Vakuum. Ist es vorhanden, erwärmen die Chiphersteller den Wafer auf

e­ twas mehr als 600 Grad Celsius, indem sie den ­Keramikteller, auf dem die Siliziumscheibe lagert, aufheizen. Dann leiten sie das Reaktionsgas Silan (SiH4) in die Kammer. Silan-Moleküle bestehen aus einem Silizium- und vier Wasserstoffatomen. Die Wärme, die der aufgeheizte Wafer abgibt, sorgt dafür, dass die Silanmoleküle aufbrechen, sobald sie sich der Siliziumscheibe nähern. Aus den Molekülen befreit, sind die Silizium- und Wasserstoff­atome sehr reaktionsfreudig. Die Siliziumatome verbinden sich nun zu »amorphem Silizium« — das ist ein ungeordneter Verbund von Si-Atomen. So wächst auf dem Wafer eine neue (amorphe) Siliziumschicht ­heran. Aus den Silan-Molekülen herausgelöst, ver­

binden sich die W ­ asserstoffatome gleichzeitig zu ­H2 -Molekülen — ein flüchtiges Gas, das die Chipher­ stel­ler aus der Reaktionskammer abpumpen. Damit hat die CVD-Anlage ihren Teil zur Herstellung der Gate-Schicht geleistet. Die Schicht erfährt jetzt noch folgende Nachbehandlung: Weil das Gate leitfähig sein muss (es könnte sonst seine Funktion im Transistor gar nicht erfüllen), verpassen die Chiphersteller der Schicht eine n-Dotierung. In einer Diffusionsanlage wandeln sie das amorphe Silizium außerdem mit Wärme in Poly-­Silizium um — ein Silizium-Verband, der aus vielen kleinen, aber regelmäßigen Kristallen besteht.


CHEMISCHE SCHICHTERZEUGUNG (CVD)

Mikrochip-ABC 287 Mikrochip-ABC 287

roboter (froscharm)

CVD-Clustertool

wafer behälter für 25 wafer

Zwillingskammer einer CVD-Anlage d ec k

el

gaseinlass

er waf

re a

CVD FÜR LEITERBAHNSTOCKWERKE REAKTIONSPROZESS Um die Schichten herzustellen, die Vias und Leiterbahnen aufnehmen, verwandeln die Chiphersteller die Reaktionsgase Silan (SiH4) und Lachgas (N2O) zunächst in ein Plasma. Plasmen sind ionisierte Gase: ein Großteil der Atome, aus denen sie bestehen, ist nicht in Molekülen gebunden, sondern »bevölkert« das Gas als ungebundene Ionen. Ionen wiederum sind — wie du bereits gelernt hast — Atome, die positiv geladen sind, weil sie Außenelektronen verloren haben. Die Verwandlung des Reaktionsgases in ein Plasma bedeutet also, die Atome des Gases aus ihren Molekülbindungen herauszulösen und ihnen Elektronen zu rauben. Dies alles geschieht mit starken elektrischen Feldern. Haben die Chiphersteller die Reaktionsgase in die Kammer geleitet, legen sie an Elektroden im Kammerdeckel und im Kammerboden eine Wechselspannung an und erzeugen so ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld. Das Feld heißt so, weil Plus- und Minuspol der Spannungsquelle permanent die Plätze tauschen, und so wechselt auch das elektrische Feld

ständig seine Richtung. Von der negativ geladenen Elektrode freigesetzt, gelangen Elektronen in die Kammer und durchfliegen sie, von der positiv geladenen Elektrode angezogen, in wechselnder Richtung (da ja Plus- und Minuspol ständig die Plätze wechseln). Dabei prallen sie auf die Gasmoleküle und zerbrechen sie. Die Atome des Dotiergases lösen sich so aus ihren Molekülen. Die negativ geladene Elektrode setzt aber immer weitere Elektronen frei. Auf ihrem Weg durch die Kammer treffen sie nun auf die Atome, schlagen Elektronen aus ihnen heraus und verwandeln sie so in Ionen. Ionisierte Atome wiederum sind sehr reaktionsfreudig! Um ihren Elektronenverlust auszugleichen, verbinden sie sich leicht mit anderen Atomen. Durch die Ionisierung des Dotiergases können die Chiphersteller die chemische Reaktion auslösen, ohne viel Wärme einsetzen zu müssen. Die Erhitzung des Wafers auf 300 bis 400 Grad Celsius genügt, um die neue Schicht zu erzeugen. Würden die Chiphersteller die Reaktionsgase nicht in ein Plasma ver-

k t io

nsk

k er a mm

er

wandeln, müssten sie den Wafer für das gleiche Ergebnis viel stärker erhitzen, würden damit aber riskieren, dass sie Vias und Leiterbahnen in tiefer liegenden Stockwerken des Chips beschädigen. Das bevorzugte Material für die Schichten, die Vias und Leiterbahnen aufnehmen, ist Siliziumdioxid (SiO2), denn es ist ein guter Isolator. Es trägt die Leiterbahnen nicht nur, sondern unterbindet auch Querströme zwischen ihnen, die zu Kurzschlüssen führen können. Das SiO2 entsteht in einer chemischen Reaktion aus Silan (SiH4) und Lachgas (N2O). Haben die Chihpersteller beide Reaktionsgase in ein Plasma verwandelt, reagieren sie auf der erhitzten Waferoberfläche über Zwischenstufen wie folgt: 3 SiH4 + 6 N2O → (reagiert zu) 3 SiO2 + 4 NH3 + 4 N2. Das SiO2 setzt sich als neue Schicht auf dem Wafer ab. Ammoniak (NH3) und Stickstoff (N2) sind flüchtige Gase. Die Chiphersteller können sie abpumpen.

a mi

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ELEKTRONIK ENTWICKLUNG


ELEKTRONIK ENTWICKLUNG INNOVATIONSFELD KÜCHE

Von der ersten appetitlichen Idee zum fertigen Garautomaten: Wie Entwickler in der Industrie elektronische Geräte typischerweise von A bis Z durchkonzipieren.

Entwicklungsbeispiel Garautomat Das Zucchini-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Wenn die Küche zum Elektronik-Labor wird . . . Z 310 Auf der Suche nach der richtigen Idee . . . . . . . . . . . . . . 312 Zeit: Die knappe »Zutat« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Innovationsidee Küchen-Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt . . . . . . . . 318 Innovationsaufgabe Garautomat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Garen: Ein molekularer Gewaltakt . . . . . . . . . . . . . . Z 324 À point: Präzision ist alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Zart und saftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Das richtige Temperaturszenarium . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Die richtige Gartechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Bausteine eines Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Voilà: Unsere Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 eTajine und Steaker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Wenn Tradition auf Hightech trifft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340


318 Elektronik-Entwicklung  |  Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt

WENN DER ROBOTER DEN KOCHLÖFFEL SCHWINGT Wie würdest du die Küche der Zukunft gestalten?

Kartoffeln schälen, Gemüse schnippeln,

die berühmten oberen Zehntausend sie sich

Fleisch würzen — wer sein Essen selbst zube-

leisten können. Doch die Mikroelektronik

reitet, muss viel Zeit mitbringen und meist

entwickelt sich so rasant, dass die neue

jede Menge Handarbeit in Kauf nehmen. Brut-

Technik schnell auch für »die breite Masse«

zelt das Steak in der Pfanne, steckt der Ku-

bezahlbar werden wird. Wir jedenfalls sind

chen im Ofen, blubbern die Kartoffeln im Topf,

überzeugt davon, dass unsere Küchen im

heißt es außerdem aufpassen, dass nichts

Jahr 2050 völlig anders aussehen werden

anbrennt oder verkocht. Na klar: Ein leckeres

als heute. Vieles spricht dafür, dass sie sich

Essen zu zaubern, kann ein großes Vergnügen

ins Gesundheits- und Kommunikationszen-

sein. Doch Hand aufs Herz: Nicht immer (und

trum der Familie verwandeln werden. Das

nicht allen) macht es Spaß, zu kochen. Oft

Bild zeigt unsere Vision einer vollautomati-

fehlen dafür Zeit und Muße. Viele Mütter und

schen Küche.

1

5

Väter, die ihre Familie oft bekochen, können sich zuweilen außerdem etwas Besseres vor-

KÜCHENROBOTER  Er übernimmt die

stellen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem

gesamte Küchenarbeit. Das heißt: Er macht

guten Buch oder einer schönen Fahrradtour,

alles, was wir heute noch selbst erledigen

anstatt schon wieder am Herd zu stehen?

müssen, wenn wir das Essen zubereiten. Der Roboter deckt außerdem den Tisch und

Doch gibt es Alternativen zum Selberko-

wäscht ab.

chen? Für Feinschmecker und gesundheitsbewusste Zeitgenossen nicht wirklich. Wer

GARAUTOMAT  Hat der Roboter die Kar-

einen geschulten Gaumen hat und weiß, was

toffeln geschält, das Gemüse geschnitten

viele Nahrungsmittelhersteller so alles ins

und das Fleisch gewürzt, legt er das Essen

Essen rühren, der erlebt Fastfood-Nahrung

in einen Garautomaten, der es dann vollau-

aus Dosen und Tiefkühltruhen meist als Zu-

tomatisch gart. In unserer Szene gibt es

mutung. Und viele — vor allem junge — Fami-

einen Herd mit fünf Plätzen für die Verwen-

lien können es sich schlicht nicht leisten, je-

dung von eTajinen (↗ S. 338) und drei Gar-

des Wochenende ins Restaurant zu pilgern.

Etagen.

Kurzum: So sehr uns die Vorstellung heute auch noch seltsam vorkommen mag — es gibt

WERKZEUGBLOCK  Der Roboter braucht

viele gute Gründe, den Kochlöffel in Zukunft

keine Hände. Alle Instrumente, die für die

den Robotern zu überlassen. Natürlich nicht

Zubereitung des Essens braucht, wie Messer,

immer. Aber immer dann, wenn wir es wollen.

Gabeln, Löffel, Schneebesen und Püriermesser, stecken in einem Werkzeugblock — der

Beherzte Hersteller könnten die Idee schon

Roboter kann sie herausnehmen, indem er

jetzt in Angriff nehmen, denn die Roboter-

sie sich auf seine Arme steckt.

technik und die Mikroelektronik sind inzwischen weit genug gediehen, um die Science-

ROBOTERGERECHTE DESIGNS

fiction-Vision einer vollautomatischen Küche

Die Hersteller all der Dinge, die in der Küche

noch in diesem Jahrzehnt Wirklichkeit wer-

Verwendung finden, müssen das Design ihrer

den zu lassen. Gewiss: Kommen die ersten

Produkte so überarbeiten, dass Roboter pro-

Roboterküchen auf den Markt, werden nur

blemlos damit hantieren können. →

ÜBERBLICK 1 K üchenroboter: bereitet das Essen zu, deckt den Tisch und wäscht ab 2 S chienensystem: damit der Roboter sich durch die Küche bewegen kann 3 K ameras: die Stiel-Augen des Roboters 4 G arautomat: mit fünf Gar-Rekordern (eTajinen) und drei Gar-Etagen 5 K üchenwerkzeuge: die kann der Roboter sich auf die Arme stecken 6 R obotergerecht designte Vorrats­ flaschen für Pflanzenöl 7 K ühlschrank: geht online einkaufen und füllt sich selbst auf, ist energiesparend designt 8 K üchentisch mit integrierten TabletPCs: das Kontroll- und Kommunikationszentrum der Küche


Mikrochip-ABC

2

3

6

4

8 7

Küchenroboter

INTERNET DER DINGE Alle elektronischen Küchengeräte sprechen miteinander. Sie organisieren den Vorratsschrank Lebensmittelnachschub und achten auf eine gesunde Ernährung aller Familienmitglieder

Supermarkt

Kühlschrank

319


332 Elektronik-Entwicklung  |  Die richtige Gartechnik

DIE RICHTIGE GARTECHNIK Grillen schlägt Braten, Schmoren und Dünsten perfekt

Nachdem wir die Temperaturszenarien bestimmt haben, gilt es, die

DAS KAM BEI UNSERER PRÜFUNG HERAUS:

richtigen Gartechniken auszuwählen. Gartechniken unterscheiden sich darin, welcher Werkzeuge sie sich bedienen — welche Energie-

BRATEN

quellen, Gargefäße und Garmedien sie nutzen. Sie unterscheiden

So

sich aber auch hinsichtlich der Handgriffe, die der Koch ausführen

Steaks: Sie erhitzen Öl in

muss. Wollen Köche Fleisch in den Temperaturbereichen von 35 bis

einer Pfanne auf 150 bis

150 Grad Celsius und Gemüse bei 90 bis 100 Grad Celsius garen,

180 Grad Celsius, erst da-

so können sie zwischen sechs Gartechniken wählen: Braten, Grillen,

nach geben sie das Steak

Schmoren, Kochen und Dünsten. Welche dieser Techniken können

in die Pfanne, um es kurz

und sollten wir in unserem Garautomaten verbauen? Kochen schei-

und scharf anzubraten.

det aus, weil es kein schonendes Garverfahren ist. Bleiben Braten,

Das Anbraten entspricht

braten

Profiköche

Grillen, Schmoren und Dünsten. Bei der Entscheidung für bzw.

unserem Bräunungssze-

gegen die eine oder andere Technik standen zwei Forderungen im

narium (Szenarium 3). Es muss schnell gehen, damit sich der Kern

Mittelpunkt: Die Technik muss sich erstens eignen, mindestens eins

des Fleisches nicht schon jetzt auf 58 Grad Celsius erhitzt. Die Köche

unserer Temperaturszenarien zu realisieren, und sie muss zweitens

wenden das Steak, damit es nicht am Pfannenboden festklebt. Ist die

gut automatisierbar sein.

braune Kruste auf dem Fleisch entstanden, schalten sie den Herd auf eine mittlere Stufe und braten das Fleisch nun auf jeder Seite noch drei bis fünf Minuten weiter (die Gardauer wächst exponentiell mit der Dicke des Steaks). Diese Phase — das Fertigbraten — entspricht unserem Kurz-Garszenarium (Szenarium 1). Mit dem Daumentest finden die Köche den Moment, in dem das Steak vom Herd muss. Federt das Fleisch zurück, wenn sie den Daumendruck lockern, so ist es innen rosa — und genau dann ist es perfekt.

Unsere Bewertung: Das Braten ist optimal für die Szenarien 1 und 3 (Bräunung und Kurzgaren), bekommt in Sachen Eignung also einen dicken Pluspunkt. Doch es lässt sich nur schwer automatisieren. Als Garmedien kommen Öl und Fett zum Einsatz. Wir müssten unserem Automaten folglich einen Öl-Tank und eine Öl-Einspritzvorrichtung spendieren. Das Fleisch darf außerdem erst in die Pfanne, wenn das Öl heiß ist, und der Koch muss das Steak wenden. Wollten wir diese Handgriffe automatisieren, bräuchten wir mechanische Vorrichtungen. Wir haben darüber nachgedacht, doch alles, was uns einfiel, hätte aus unserem Automaten ein teures, unpraktisches Technikungetüm gemacht. Und so haben wir das Braten als Gartechnik abgewählt.


Mikrochip-ABC

333

GRILLEN

Rotwein und Fleischbrühe. Dann kommt der Deckel drauf — und ab

Das Gargut (zum Beispiel

mit dem Topf auf den Herd oder in den Ofen. Hat sich die Luft im

Fleisch oder Gemüse) liegt

Topf auf knapp 100 Grad Celsius erhitzt, köchelt die Garflüssigkeit

auf einem Rost oder einem

vor sich hin und es entsteht eine dampfreiche Atmosphäre. Ist der

Blech oder es dreht sich

Braten von Fettäderchen gut durchzogen, erhitzt sich der Kern des

am Spieß. Eine oder meh-

Fleisches trotz der heißen Umgebung »nur« auf rund 70 Grad Cel-

rere Heizquellen unter,

sius. Die harten weißen Kollagen-Fasern, die Fleisch roh so reißfest

über oder neben dem Rost,

machen, verwandeln sich nach und nach in Gelatine. Per Osmose

Blech oder Spieß erhitzen

nimmt das Fleisch jetzt Wasser und Aromen aus der Garflüssigkeit

das Gargut mit ihrer Wär-

auf. Profiköche achten darauf, dass der Kern des Fleisches nicht

mestrahlung. Die Luft zwischen Heizquelle und Gargut überträgt die

heißer als 70 Grad wird. Die Kerntemperatur kontrollieren sie mit

Wärme. Wegen des Wärmeverlusts, der auf dem Weg der Wärme-

einem nadelförmigen Temperatursensor, den sie in das Fleisch hin­

strahlung von der Heizquelle zum Gargut entsteht, kommen Bräu-

einstechen. Hat sich alles Kollagen in Gelatine verwandelt, so ist

nungsreaktionen erst in Gang, wenn die Luft sehr heiß ist — bei offe-

das Fleisch herrlich saftig und zart. Mit einem Holzspießchen er-

nen Grills 300 bis 400 Grad! Kann der Grillmeister die Temperatur

mitteln Köche diesen Augenblick. Lässt es sich widerstandslos

der Luft schnell rauf- oder runterregeln, kann er die Phasen des

hin­einstechen, ist der Braten perfekt.

»Anbratens« und des Fertiggarens gut voneinander abkoppeln. Ist der Grill hingegen temperaturträge, laufen beide Phasen zeitgleich ab. Holzkohlegrills etwa sind temperaturträge, Elektrogrills nicht. Auch Toaster und Elektroöfen sind streng genommen Grillgeräte. Denn das Gargut gart auch dort kontaktlos zwischen offenen Heizquellen. Liegen das Fleisch oder das Gemüse auf einem Rost, so muss der Grillmeister es wenden, damit es nicht festklebt.

Unsere Bewertung: Das Schmoren ist perfekt für das Zartgaren (Szenarium 2) und es lässt sich leicht automatisieren, weil alle Zutaten vor Beginn des Garprozesses in den Topf kommen und weil es nicht nötig ist, das Fleisch zu wenden.

Unsere Bewertung:

DÜNSTEN

Auch das Grillen eignet sich für das Bräunen und Kurzgaren

Die Köchin legt das Gemü-

(Szenarien 3 und 1), wenngleich nicht alle Grillgeräte so praktisch

se in einen Garkorb. Sie

sind wie eine Bratpfanne. Und: Das Grillen ist automatisierbar!

gießt etwas Wasser in ei-

Weil Luft als Garmedium dient, sind ein Öltank und eine Ölein-

nen verschließbaren Top-

spritzvorrichtung überflüssig. Es genügt, das Fleisch oder Ge-

fes und hängt den Gar-

müse vor dem Grillen mit Öl zu bestreichen. Lässt sich die Heiz-

korb mit dem Gemüse so

quelle schnell hoch- und runterregeln, so können wir das Fleisch

in den Topf, dass er frei

(oder Gemüse) schon vor dem Grill-Start im Grill bzw. auf dem

über dem Wasser schwebt.

Rost platzieren. Schaffen wir es, das Fleisch nahe genug an die

Bei 90 bis 100 Grad Cel­

Heizquelle heranzubringen, ohne es auf einen Rost legen zu

sius köchelt das Wasser im Topf leise vor sich hin und es entsteht

müssen, so entfällt auch das Wenden. Unsere Wahl fiel deshalb

eine dampfreiche Atmosphäre. In der Hitze dehnt sich die Flüssig-

auf das Grillen als Technik für das Bräunen und Kurzgaren. Wie

keit in den pflanzlichen Zellen aus. Zellen und Haut des Gemüses

es möglich ist, Fleisch zu grillen, ohne es auf ein Rost zu legen

platzen. Das Gemüse nimmt von außen Wasser auf, quillt und wird

— dieses »Geheimnis« lüften wir auf der nächsten Doppelseite.

immer weicher. Verliert es beim Dünsten Nährstoffe und Aromen, so landen sie im Kochwasser, denn der Topf ist ja geschlossen. Wann die Köchin den Garvorgang beendet, hängt von ihrer persönlichen

SCHMOREN

Vorliebe ab: Mag sie das Gemüse bissfest oder bevorzugt sie es

Die meisten Profiköche

schön weich?

beginnen das Schmoren damit,

dass

sie

das

Fleischstück (mit Gemüse, das zum Aroma beitragen soll) scharf anbraten, damit es eine braune Kruste und die Röstaromen bekommt. Danach legen sie den Braten und das Gemüse in einen verschließbaren Topf und gießen die Garflüssigkeit an — meist eine Mischung aus Marinade,

Unsere Bewertung: Das Dünsten ist perfekt für die schonende Gemüsezubereitung (Szenarium 4) und aus den gleichen Gründen, die für das Schmoren gelten, auch leicht automatisierbar. Darum werden wir für das Zartgaren und die Gemüse-Zubereitung (Szenarien 2 und 4) diese Gartechniken einsetzen.  ¢


334 Elektronik-Entwicklung  |  Bausteine eines Garautomaten

BAUSTEINE EINES GARAUTOMATEN Energiequelle + Gargefäß + Controller + Sensoren + Aktoren + Benutzerschnittstelle = Garautomat

Haben wir das Temperaturszenarium be-

Folgende Prozessparameter und

stimmt und die Gartechnik gewählt, ist der

Nahrungsmitteleigenschaften muss

Kurzbraten mit der Fleischdicke, beim

gerätetechnische Teil der Entwicklungsarbeit

der Controller überwachen:

Zartgaren mit dem Kollagen-Gehalt. Die

an der Reihe: Aus welchen Bausteinen soll unser Garautomat bestehen?

•  Die Gardauer von Fleisch wächst beim

Wandlung des Kollagens in Gelatine dauert •  Die Temperatur der Nahrung und der Gar-

beim kollagenreichen Rindfleisch sehr viel

medien: Wie findet der Controller heraus,

länger als bei Geflügelfleisch, das weniger

Zu den Grundbausteinen jeglicher

ob er die Nahrung (z. B. Fleisch und Gemüse)

Kollagen enthält. Die Gardauer von Ge­

Gar-Technik gehören:

bzw. das Garmedium (z. B. Öl, Wasser und

müse wächst mit dem Zellulosegehalt. Der

Luft) bereits auf die vorgesehene Tempe-

Controller muss deshalb vor dem Garstart

•  Die Heizquelle: Sie erzeugt die Wärme —

ratur erhitzt hat? Oder ob die Nahrung und

heraus­finden, welche Fleisch- und / oder

die Energie, die alle Veränderungen der

das Garmedium womöglich schon zu heiß

Gemüse­sor­te er garen soll. Sensoren kön-

Nahrung beim Garen bewirkt.

geworden sind? Na klar: Indem er ihre

nen ­mög­licherweise die Identifikation des

Temperatur misst und die Ist-Werte (die

Nahrungsmittels unterstützen.

•  Das Gargefäß (Pfanne, Topf, Bräter): Wir

gemessenen Temperaturwerte) mit dem

stellen damit das Essen aufs Feuer, ohne

Soll-Wert vergleicht — das ist der Tempe-

•  Beim Kurzbraten wächst die Gardauer mit

uns die Hand zu verbrennen. Im Gargefäß

raturwert, auf den er die Nahrung bzw. das

der Dicke des Steaks, beim Zartgaren

brennt das Essen nicht gleich an, selbst

Garmedium erhitzen soll.

wächst die Länge der Anwärmphase mit

wenn das Feuer mal zu heiß wird. Das Gar-

der Dicke des Bratens. Die Anwärmphase

gefäß fängt die Flüssigkeit auf, die beim

•  Grundsätzlich gilt: Je weiter der Garprozess

ist die Zeit, die vergeht, bis der Kern des

Garen aus der Nahrung austritt. Im Gar­

voranschreitet, umso weicher wird die Nah-

Fleisches die vorgesehene Temperatur

gefäß können wir optimale Bedingungen

rung. Der Controller kann also anhand der

erreicht hat. Soll der Controller beim Kurz-

für den Garprozess schaffen: Wir können

Festigkeit der Nahrung ermitteln, in wel-

braten die Gardauer und beim Zartgaren

darin zum Beispiel Öl erhitzen, Wasser ko-

cher Phase des Garprozesses er sich befin-

die Länge der Anwärmphase vor dem Gar-

chen oder eine wohlschmeckende Garflüs-

det, und wann der Augenblick gekommen

start berechnen können, muss er folglich

sigkeit an die Speise angießen.

ist, in dem er den Garprozess beenden

die Dicke des Steaks bzw. des Bratens mit

muss. Ist die Nahrung weich genug, muss

einem geeigneten Sensor messen.

Aus welchen Bausteinen muss der elek­

sie vom Herd.

tronische Teil unseres Gerätes bestehen?

Zum elektronischen Teil des •  Wollen wir den Verlust wertvoller Nähr-

•  Ein Mikrocontroller übernimmt die Steu-

Gerätes gehören außerdem:

stoffe und Aromen vermeiden, muss der Controller stets auch ein waches Auge auf

•  Aktoren — sprich: Schalter und Stellglieder.

Flüssigkeitsverluste haben. Denn die wert-

Der Controller bedient damit den Automa-

•  Der Controller braucht ein Programm (eine

vollen Inhaltsstoffe gehen hauptsächlich

ten. Er schaltet die Energiequelle ein und

App) — eine präzise Schritt-für Schritt-An-

auf diesem Weg verloren: indem die Nah-

setzt ihre Leistung herauf oder herab. Mit

leitung, wie er den Garvorgang steuern soll.

rung Flüssigkeit verliert. Registriert der

Hilfe der Aktoren spricht der Controller me-

Das müssen wir entwickeln und schreiben.

Controller Flüssigkeitsverluste, kann er

chanische Vorrichtungen an und steuert sie.

erung des Garvorgangs.

den Schaden begrenzen, indem er die Gar•  Die Sensorik: Mit Hilfe der Sensoren überwacht der Controller den Garprozess.

temperatur so weit herabsetzt, dass deutlich weniger Flüssigkeit austritt.

•  Ein System elektrisch leitender Verbindungen — in der Regel isolierte Kupferkabel —


BAUSTEINE EINES GARAUTOMATEN

Mikrochip-ABC

335

Gargefäße

Energiequellen

Sensoren

Benutzerschnittstelle

Mikrocrontroller

Aktoren

KG

übermittelt die Steuerungs- und Schaltim-

oder Gemüse garen, so ist außerdem die

braucht unser Automat unbedingt auch ei-

pulse des Controllers an die Aktoren und

Sorte entscheidend.

nen Internet-Anschluss.

überträgt die Messdaten der Sensoren an den Controller. •  Jeder Garautomat benötigt eine Benut-

•  Welches Garprogramm soll der Controller

•  Mit einem Internet-Anschluss wachsen

ausführen? Soll er die Nahrung dünsten,

uns fantastische Nutzungsmöglichkeiten

kurzgaren, zartgaren oder bräunen?

zu, die wir ohne Internet-Zugang nicht

zerschnittstelle — eine Bedienungseinheit. Der Fachbegriff ist Mensch-MaschineSchnittstelle (MMS). Mit Hilfe der MMS übergibt der Benutzer

hätten. Dafür zwei Beispiele: Kann der •  Welche Zielparameter soll er einhalten?

Garautomat — dank seines Internet-Zu-

Soll er ein Steak kurzgaren, so muss der

gangs — mit anderen Küchenmöbeln und

Benutzer ihm sagen, ob er sich das Fleisch

Geräten sprechen, so könnte er z. B. her-

»roh«, »rosa« oder »durch« wünscht.

ausfinden, welche Nahrungsmittel sich

dem Controller alle Informationen, die er

gerade im Kühlschrank, in den Vorrats-

braucht, um die Nahrung wunschgemäß zu

Der Controller informiert den Benutzer mit

schränken und im Gewürzregal befinden.

garen. Der Benutzer muss dem Controller

Hilfe der Schnittstelle über den Status der

Er könnte dem Benutzer dann entspre-

z. B. folgende Dinge mitteilen:

Programmausführung.

chende Speisen- und Rezeptvorschläge

•  Was soll er garen: Fleisch, Fisch, Gemüse,

Weil das Internet der Dinge heute lautstark

ßerdem mit Garautomaten überall auf der

Kartoffeln oder Reis? Soll er Fleisch, Fisch

an die Tür jedes Geräteentwicklers klopft,

Welt Garszenarien austauschen.  ¢

unterbreiten. Via Internet könnte er au-


342 Elektronik-Entwicklung  |  Wenn Tradition auf Hightech trifft

WENN TRADITION AUF HIGHTECH TRIFFT Die Wortschöpfung »eTajine« steht für

»Play Mode«: Hat der Benutzer einen Gar-

elektronisch gesteuerte Tajine. Die eTajine

vorgang als Record-Datei abgespeichert,

ist ein Garrekorder — sie bietet drei Modi

kann er die Datei jederzeit wieder laden und

für die Zubereitung des Essens:

den Garvorgang im »Play Mode« vollauto-

Kerntemperatursensor misst die Temperatur im Inneren der Speise

matisch wiederholen! Der Mikrocontroller Im »Freestyle Mode« kann der Benutzer

behandelt die Werte, die in der Datei gespei-

den Garvorgang frei gestalten. Mit dem

chert sind, dann als Vorgabe für die Wieder-

Controller (der Bedieneinheit) kann er die

holung des Garvorgangs — das heißt, er

Gartemperatur frei einstellen, jederzeit

steuert den Garvorgang so, wie die Werte

verändern und den Garprozess, wann im-

es vorsehen. Im »Play Mode« kann der Be-

mer er will, beenden. Mit ihren Sensoren

nutzer außerdem Record-Dateien (»Rezep-

erfasst die eTajine während des gesamten

te«) »abspielen«, die andere Besitzer einer

Garvorgangs alle wichtigen Parameter: die

eTajine im Internet auf der Community-

Temperatur im Gar-Raum und die Kerntem-

Seite der eTajine-Fans hinterlegt haben.

peratur des Essens, das Abtropfgewicht und die Festigkeit des Essens. Eine elektro-

Internet-Community: Über die Homepage

nische Zunge »schmeckt« die Ionen-Kon-

der Community können Besitzer einer eTaji-

zentration der Speise. Auf dem Display des

ne Record-Dateien (»Rezepte«) austauschen

Controllers kann der Benutzer die Verände-

und bewerten. Jedes Community-Mitglied

rung aller Werte verfolgen und gestützt

kann eigene Record-Dateien uploaden und

darauf den Garfortschritt beurteilen.

Record-Dateien anderer eTajinen-Benutzer

Drucksensoren erfassen das Abtropf­ gewicht der Speise

downloaden. So hat jedes Mitglied Zugriff Der »Record Mode« erweitert den »Free-

auf die Dateien aller und kann seine eTajine

style Mode« um die Mitschreibfunktion: Der

damit »füttern«.

Mikrocontroller des Garrekorders schreibt jetzt alle Messwerte, die ihm die Sensoren

Fernbedienung und Web-Zugang per

liefern, in seinen Speicher. Befindet die Kö-

Smartphone  Die eTajine besitzt eine I2C-

chin, dass ihr das Essen gelungen ist, so

Funkschnittstelle für die Anbindung von

kann sie der eTajine mit der »Store«-Anwei-

Smartphones. Der Benutzer kann die eTaji-

sung befehlen, den Garvorgang mit allen

ne so auch per Smartphone steuern — Steu-

Werten in einer Record-Datei (Endung

erungs-Apps findet er auf der Homepage

*. etajne) dauerhaft abzuspeichern. Beim

der Community. Das Smartphone stellt

Abspeichern gibt sie der Datei einen Namen.

auch die Verbindung ins Internet her.  ¢

TAJINE

dem gekühlten Ton und tropft vom De-

Seit mehr als 1.000 Jahren benutzen die

ckel in die Garschale zurück. Das Essen

Menschen in Nordafrika für die Zuberei-

schmort so im eigenen Saft — kein Trop-

tung ihres Essens ein spezielles Ton-Ge-

fen der wertvollen Inhaltsstoffe und Aro-

fäß: die Tajine. Vor allem in Marokko ist

men geht so verloren. Die Tajine ist also

sie weit verbreitet. Die Menschen stellen

ein besonders schonendes Gargefäß.

Garkorb der Benutzer legt das Essen in den Garkorb

das Gefäß mit dem Essen auf ein Holzfeuer. Der Ton erhitzt sich und gibt die Wärme gleichmäßig von allen Seiten in den Garraum ab. Der obere Teil des Deckels hat eine raffinierte Napf-Form. Mit Wasser gefüllt, kühlt der Napf die Deckelhaube. Flüssigkeit, die aus dem Essen austritt und verdampft, kondensiert auf

Smartphone zur drahtlosen Steuerung des Garrekorders, stellt die Verbindung ins Internet her


AUFBAU EINER eTAJINE

Mikrochip-ABC

343

Textur-Analyzer Misst mit Nadelstichen die Festigkeit der Speise

Elektronische Zunge misst die Ionenkonzentration in der Speise

Tajine Tongefäß aus Garschale und gewölbtem Deckel

Controller Bedieneinheit mit Touchdisplay, enthält die Steuerungselektronik

Heizplatte liefert die Wärmeenergie für den Garvorgang


344 Mikrochip-ABC  |  Das Ende einer Reise & ein Anfang

DAS ENDE EINER REISE & EIN ANFANG Die Mikroelektronik ist eine Schlüsseltechnologie für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

Wir haben in diesem Buch gemeinsam eine

ERKENNEN, WAS DIE WELT IM

Und ob die Chip-Technologie zu menschen-

lange Reise unternommen: vom ersten Men-

INNERSTEN ZUSAMMENHÄLT

leeren, ganz und gar von Automaten be-

schen, der einen Faustkeil schärfte, bis in

Und wir hoffen, dass wir euch in diesem Buch

herrschten Fabriken führen werde. Ganz so

die hochreinen Halbleiter-Fabriken von heu-

geholfen haben, diese Zusammenhänge zwi-

ist es bekanntlich nicht gekommen: Weil es

te, die niemals ruhen. Und wir hoffen, dass

schen dem Makrokosmos der komplexen

eben viel schwieriger ist, vollautomatische

diese Reise interessant war und vor allem

Geräte und dem Mikrokosmos der digitalen

Fabriken zu bauen, als Technik-Experten in

auch eines gezeigt hat: Es liegt in der Natur

Informationen, die durch winzige Chip-Leit-

den 1980ern dachten. Weil an die Stelle

des Menschen, immer wieder neue Technik

bahnen flitzen, besser zu verstehen. Schon

wegrationalisierter Arbeitsplätze neue Jobs

zu ersinnen und zu nutzen. Daher sprechen

vor über 200 Jahren hat Johann Wolfgang

in neuen Branchen traten. Und weil genug

wir in diesem Buch vom Menschen oft als

von Goethe in seinem »Faust« dies als ein

kluge Menschen darauf achteten, dass

»homo technicus«.

Ur-Bedürfnis des suchenden Menschen er-

Chips und Computer Werkzeuge des Men-

kannt und herausgestellt: »Daß ich erkenne,

schen bleiben — und nicht umgekehrt.

Vielleicht haben wir dabei auch verdeutli-

was die Welt / Im Innersten zusammenhält.«

chen können: Smartphones und Smartwat-

Indes ist Technik mehr als nur Selbstzweck,

ches, Spielekonsolen und Tablets, Roboter-

mehr als nur ein Streben nach »höher,

NICHT MEHR BRAUCHEN?

autos und Drohnen und all die anderen

schneller, weiter«: Sie hat dem Homo tech-

Heute gibt es wieder Diskussionen um den

elektronischen Geräte in unserem Alltag

nicus über die Jahrhunderte hinweg gehol-

Einsatz von Halbleiter- und Computertech-

sind mehr als nur »Black Boxes«, die wir

fen, sein eigenes Leben und das seiner Mit-

nologien, zum Teil mit anderen Schwerpunk-

zwar gerne nutzen, aber niemals verstehen

menschen schöner, bequemer und länger zu

ten. So prophezeien einige Technikforscher,

können. All diese wunderbaren Dinge funk-

machen. Sie half ihm, faszinierende Maschi-

dass ein sogenannter Singularitäts-Punkt

tionieren eben nicht durch Magie, sondern

nen zu bauen, die Ertragkraft landwirt-

naht, ab dem Maschinen imstande sind, an-

durch Physik und menschlichen Erfinder-

schaftlicher Böden immer weiter zu steigern

dere Maschinen selbstständig zu entwerfen

geist.

und die Fähigkeit unseres Planeten immer

und zu erschaffen. Sie seien dann so intelli-

weiter auszureizen, Milliarden von Menschen

gent, dass sie uns Menschen im schöpferi-

zu(er-)tragen und zu nähren.

schen Prozess gar nicht mehr bräuchten.

Schrauben wir diese Geräte auf (neugierig, aber mit aller gebotenen Vorsicht natürlich),

WERDEN UNS DIE MASCHINEN BALD

Dies werde zu unvorstellbaren Technik-

können wir ihre Geheimnisse lüften: Indem

PC & ROBOTER:

sprüngen führen und die menschliche Zivili-

wir das Gehäuse öffnen, die Bauteile ausein­

JOBKILLER ODER SEGEN?

sation in eine neue Richtung lenken. Ein an-

andernehmen, erkennen wir, wo ein Mikro-

Aber Technik und Technikeinsatz hatten seit

deres Streitthema ist die Datensammelwut

chip steckt, wo ein Stück Mechanik, wo ein

jeher auch ihre Kehrseite, ihre besonderen

vieler Internetkonzerne und Geheimdienste.

Sensor. Wir lernen das Gerät verstehen,

Risiken. Da brauchen wir noch nicht einmal

Immerhin waren es die Fortschritte in der

indem wir uns in seine Bauteile hineinden-

an Kernspaltung und Atombomben zu den-

Prozessor- und Speicherchip-Technik, die

ken — über alle Zwischenstufen wie Vernet-

ken, sondern können bei Mikroelektronik

flächendeckende Datenfischzüge überhaupt

zung, Verdrahtung, Software und Binärlogik

und Computertechnik bleiben: In den 1970er

erst möglich gemacht haben.

bis hinunter zu den einzelnen Transistoren

und 1980er Jahren entbrannte eine heftige

und Kondensatoren im steuernden Mikro-

gesellschaftliche Diskussion darüber, ob

Und ein drittes Thema, das viel Diskussions-

prozessor. Ja, das ist herausfordernd, aber

der massenhafte Einsatz von Robotern und

stoff liefert: Moderne Elektronik ist auf

für den interessierten Geist möglich — und

PCs nicht Millionen von Menschen in den

Rohstoffe angewiesen, die es in Europa kaum

enorm faszinierend.

­Industrieländern arbeitslos machen werde.

gibt. Die Industrie bezieht Lithium für Akkus


345

Mikrochip-ABC

finden. Die Welt und Selte-

v

ne Erden für

morgen

o

n

schnelle Smartpho-

braucht

ne-Chips in großer Menge

nicht nur

von aufstrebenden Industriegiganten

Musik-

wie China, die selbst großen Bedarf daran

S t a r s

haben. Andere Schlüsselmaterialien bekom-

zu-

men wir aus Entwicklungsländern, die zu-

fal-

recht beklagen, dass unser Hunger nach

l e n .

Kobalt, Indium, Neodym und anderen strate-

Sie kann

gischen Rohstoffen ihnen statt Wohlstand

zum Bei-

oft nur Umweltzerstörung einbringt.

spiel Bau-

und

Mo-

dels — wenngleich auch sie unser Leben schöner machen. Sie braucht mindestens genauso dringend fähige Chipentwickler, Mikrotechno-

ern in Afri-

logen, Physiker und Ingenieure. Daher mag

BERGE AUS ALT-SMARTPHONES

ka helfen,

das Ende unserer Reise in diesem Buch viel-

TÜRMEN SICH AUF — WAS TUN?

Wüste

leicht für einige von euch der Anstoß für

Und was wird eigentlich aus den wach­

fruchtbares

senden Elektronikschrott-Bergen, die in

Land zu ver-

Deutschland, in Europa und Nordamerika

wandeln, in-

DAS INTERNETPORTAL ZUM BUCH

wachsen und wachsen? Weil wir ja doch im-

dem sie neuartige energieautarke Bewäs-

-> Mehr Informationen über die Welt der

mer das neueste Smartphone besitzen wol-

serungssysteme steuert. Systeme der

Mikroelektronik gibt es im Internet unter

len, selbst wenn das alte Handy noch Jahre

elektronischen Umweltüberwachung wer-

mikrochip-abc.de. Ihr findet dort vertiefen-

funktionieren würde?! Kurzum: Technologien

den zuverlässiger als es heute möglich ist

de Informationen, 2D- und 3D-Grafiken, Vi-

für das umweltschonende Recycling ausge-

vor Stürmen und Missernten warnen, sie

deos, Fotos, interaktive 3D-Szenen und zum

dienter Chips und Leiterplatten zu finden,

werden Plastemüll und Ölflecken in den

Teil ausführlichere Versionen der Beiträge

gehört zu den ganz großen Herausforderun-

Ozeanen aufspüren, und Computer werden

aus dem Mikrochip-Abc. Schüler können die

gen des 21. Jahrhunderts.

mit ihrer künstlichen Intelligenz dabei hel-

Texte und Grafiken der Internetseite als

fen, umweltfreundliche Verkehrsmittel zu

»Steinbruch« für Hausaufgaben, Vorträge

entwerfen.

und Schüler-Projekte, Lehrer für die Unter-

Indessen erscheint das Elektronik-Recyc-

in

ling geradezu als Kleinigkeit im Vergleich zu

wichtige Entscheidungen sein …

richtsvorbereitung nutzen. mikrochip-abc.de

den noch viel größeren Herausforderungen,

All dies wird aber nur möglich sein, wenn

ist als wachsendes Portal zu verstehen,

vor denen die Menschheit steht: Kriege,

sich junge Menschen für diese faszinieren-

­stetig aktualisiert von den

Terror, Umweltzerstörung, Wassermangel,

de Technologie begeistern, wenn Nach-

Buch-Autoren und berei-

Hunger und Armut in der Dritten Welt,

wuchstalente die Mikro- und Nanoelektro-

chert um eigene Beiträge

Flüchtlingsströme ... Bei ihrer Bewältigung

nik weiterentwickeln und ganz neue

von Schülern, Lehrern und

wird der Mikroelektronik eine Schlüssel­rolle

Anwendungsfelder für Chips und Sensoren

Ingenieuren.  ¢


346 Mikrochip-ABC  |  Die Mikrochip-ABC Förderer

www.3dit.de

GLOBALFOUNDRIES Wilschdorfer Landstr. 101, 01109 Dresden

P 288

Schubertstr. 39, 01307 Dresden

Pfeiffer Vacuum GmbH

P 98

3D Interaction Technologies GmbH

P 238

P 220

DIE MIKROCHIP-ABC FÖRDERER

Robert Bosch GmbH

Berliner Str. 43, 35614 Asslar www.pfeiffer-vacuum.com

AMA — Verband für Sensorik und M ­ esstechnik e.V. Sophie-Charlotten-Str. 15, 14059 Berlin www.ama-sensorik.de

P 302

P 259

www.globalfoundries.com iMAPS Deutschland e.V.

Robert-Bosch-Platz 1,

Kleingrötzing 1,

70839 Gerlingen-Schillerhöhe

84494 Neumarkt-Sankt Veit

www.bosch.de

Tobelbader Str. 30, A-8141 Unterpremstaetten, Österreich www.ams.com

Infineon Technologies AG Am Campeon 1 — 12,

P 104

ams AG P 202

P 158

www.imaps.de

85579 Neubiberg

Semi Europe Helmholtzstr. 2 — 9, 10587 Berlin www.semi.org

Grafinger Str. 26, 81671 München

Siemens AG Wittelsbacherplatz 2, 80333 München

Cadence Design Systems GmbH

Silicon Saxony e. V.

Leutragraben 2 — 4, 07743 Jena

Manfred-von-Ardenne-Ring 20

www.jena.de

01099 Dresden

Carl Zeiss SMT GmbH

Mozartstr. 2, 85622 Feldkirchen www.cadence.com

P 130

www.siemens.com

Jena Wirtschaftsförderung

P 131

www.inova-semiconductors.de

Jenoptik AG

P 102

www.anvo-systems-dresden.com P 166

01109 Dresden

Inova Semiconductors GmbH

P 216

Zur Wetterwarte 50, Haus 337/B,

P 80

Anvo-Systems Dresden GmbH

P 276

P 140

www.infineon.com

Landeshauptstadt Dresden

09599 Freiberg

Amt für Wirtschaftsförderung

www.siltronic.com

Carl-Zeiss-Str. 1, 07739 Jena www.jenoptik.com

www.smt.zeiss.com

01099 Dresden

www.dresden.de

P 218

Creative Chips GmbH www.creativechips.com

www.kostal.com

DR. JOHANNES ­

P 128

MAZeT GmbH

P 196

Leopold Kostal GmbH & Co. KG

P 282

P 192

www.cool-silicon.de

NXP Semiconductors

Im Bubenstück, 55411 Bingen am Rhein

HEIDENHAIN GmbH Dr.-Johannes-Heidenhain-Str. 5,

www.ti.com

Göschwitzer Str. 32, 07745 Jena

P 170

www.nxp.com

P 190

Germany GmbH

www.edazentrum.de Elmos Semiconductor AG

OSRAM Opto

P 126

Vistec Electron Beam GmbH

X-FAB Semiconductor

Ilmstr. 4, 07743 Jena www.vistec-semi.com

www.mazet.de

22529 Hamburg

www.elmos.com

Haggertystr. 1,

58513 Lüdenscheid

Schneiderberg 32, 30167 Hannover

44227 Dortmund

Deutschland GmbH 85356 Freising

edacentrum GmbH

Heinrich-Hertz-Str. 1,

Texas Instruments

An der Bellmerei 10,

83301 Traunreut www.heidenhain.de

Berthelsdorfer Str. 113,

Ammonstr. 74, 01067 Dresden P 154

Manfred-von-Ardenne-Ring 20

Werk Freiberg

P 280

Cool Silicon e. V.

Siltronic AG

P 304

73447 Oberkochen

Stresemannallee 101,

Foundries AG Haarbergstr. 67, 99097 Erfurt www.xfab.com

P 100

Rudolf-Eber-Str. 2,

P 112

www.silicon-saxony.de

ZVEI Zentralverband Elektrotechnikund Elektronikindustrie e.V.

Semiconductors GmbH

Lyoner Straße 9,

Leibnizstr. 4, 93055 Regensburg

60528 Frankfurt am Main

www.osram-os.com

www.zvei.org


Mikrochip-ABC

347

DEUTSCHLAND

®

ÖSTERREICH


Du liebst dein Smartphone und beherrschst jede App, die sich darauf befindet? Doch du hast keine Ahnung von den Chips und Sensoren, die darin stecken, würdest aber gern mehr von Elektronik verstehen? Und die Vorstellung, selbst coole elektronische Geräte entwickeln zu können, fändest du gar nicht so schlecht? Gleichzeitig fürchtest du aber, dass Elek­tronik zu schwierig für dich sein könnte? Dann ist dieses Buch genau das richtige für dich. Auf 350 reich illustrierten Seiten entführen wir dich in die spannende Welt der Mikroelektronik, die den Fortschritt auf allen Gebieten der Technik vorantreibt. Dabei überschütten wir dich nicht mit Fach-Chinesisch, sondern drücken uns so aus, dass du uns auch ohne Elektronik-Vorwissen durch das Buch folgen kannst. Was erwartet dich in diesem Buch? Im Kapitel »Homo Technicus« reisen wir mit dir durch die Geschichte der Technik. Unsere Reise beginnt beim ersten Menschen, der einen Faustkeil schärfte, und sie endet bei den Robotern und vollautomatischen F ­ abriken der Zukunft. Das Kapitel »Basics« macht dich mit Grundbegriffen der Elektronik wie Ladung und Spannung, Widerstand und Kapazität bekannt. Du erfährst, wie integrierte Schaltkreise mit Hilfe ihrer Transistoren schwierige Logikaufgaben lösen und wie Mikroprozessoren arbeiten. Wir erklären dir im Kapitel »Elektronik-Anwendungen« die Funktionsprinzipien von Roboterautos, zeigen dir, welchen Konzepten die Fabriken der Zukunft folgen, wie Roboter in Krankenhäusern bei schwierigen Operationen helfen oder wie Feldroboter und Sensoren die Landwirtschaft revolutionieren. Im Kapitel »Elektronik-Fertigung« be­suchen wir gemeinsam eine Chipfabrik und folgen dabei einem Chip auf seinem Weg durch die Fertigung. Am Beispiel eines Gar-Automaten erklären wir dir schließlich im Kapitel »Elektronik-Entwicklung« von A bis Z, wie IndustrieUnternehmen elektronische Geräte entwickeln. Du wirst sehen, dass es gar nicht so schwer ist, eigene Ideen in hochtechnologische Produkte zu verwandeln.

3D:it / SILICON PLANET ISBN 978-3-00-051679-5

9 783000 516795

UVP: 49,90 €


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