Spannende Welt der Mikroelektronik
3D:it / SILICON PL ANE T
IMPRESSUM © 2015 by 3D Infotainment Technologies UG (haftungsbeschränkt) Dieses Buch wurde gestaltet und produziert von 3D Infotainment Technologies UG (haftungsbeschränkt), 3D Interaction Technologies GmbH Schubertstraße 39, D-01307 Dresden, Telefon: +49 (0)351 219 78 776 Titel der deutschsprachigen Ausgabe »Mikrochip-ABC. Spannende Welt der Mikroelektronik« Herausgeber Ingolf Seifert, Henry Wojcik Konzeption & Leitung Ingolf Seifert
COPYRIGHT Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb des Urheberge-
Autoren
setzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und
Ingolf Seifert, Heiko Weckbrodt, Dr. Henry Wojcik,
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Prof. Dr. Bernd Junghans, Dr. Eberhard Fügert,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung
Lydia Holter, Andreas Sentker, Alfred Vollmer
und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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Es ist deshalb nicht gestattet, Abbildungen dieses Buches
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Ingolf Seifert, Björn Grunewald, Arne Rein, Lorenz Wieseke, Stefan Schmutz, Frank Zimmer,
schriftlicher Genehmigung des Verlages. Bei der Anwendung in Beratungsgesprächen, im Unterricht und in Kursen
Stefan Bernstein, Josephine Dehmel, Vinzenz Weiss,
ist auf dieses Buch hinzuweisen.
Daniel Reinhardt
Jede gewerbliche Nutzung der Arbeiten und Entwürfe ist
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nur mit Genehmigung von Verfasser und Verlag gestattet.
Arne Rein (Konzept & Realisierung), Nadja Nitsche
Die Verfasser und der Verlag haben die im Buch veröffent-
(Realisierung), Nadja Rein (Mediengestaltung) Printed in Germany ISBN 978-3-00-051679-5 www.mikrochip-abc.de
lichten Inhalte mit größter Sorgfalt erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist eine Haftung der Verfasser und des Verlages und ihrer Beauftragten für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ausgeschlossen.
Spannende Welt der Mikroelektronik
Herausgegeben von Ingolf Seifert & Henry Wojcik
DIE KAPITEL DES BUCHES HIGH-SPEED-TRAIN IN DIE ZUKUNFT
HOMO TECHNICUS TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN
BASICS GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK
ANWENDUNGEN DER MIKROELEKTRONIK
FERTIGUNG SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP
ENTWICKLUNG INNOVATIONSFELD KÜCHE
3
Mikrochip-ABC
HIGH-SPEED-TRAIN IN DIE ZUKUNFT Warum dein Smartphone so viel kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z
8
Klein ist nicht klein genug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 10
HOMO TECHNICUS
TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN So funktioniert Kommunikation in der Technik
Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 16
Wenn Chips miteinander reden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Werkzeuge potenzieren Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 18
Transmitter und Receiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
zur Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
WISSEN
Homo technicus: Technik macht uns zu Menschen . . . . . . . . . . . . . 14
Vom Werkzeug zur Maschine
Wie das Mikrofon deines Smartphones funktioniert
Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis«
Störsignale überall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Z 22
Von der Maschine zum Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 24 Wie Mikrochips hören
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Bausteine elektronischer Steuerungen
Alles fließt
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abtasten & Quantisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Z
70 74
Z 76
Z 28
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
Inova Semiconductors: Flugzeugtechnik für Autofahrer. . . . . . . P 80 5G und das Internet der Dinge
Die Silicon Valley Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Selbst Lichtgeschwindigkeit ist noch zu lahm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Bill Hewlett und David Packard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Smart Cities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
Der Stanford Industriepark
38
Umgebungsunterstütztes Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Z 40
Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Intel und die Erfindung des Mikroprozessors . . . . . . . . . . Z 44
Ein neuer Abschnitt der Technikgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Die Computerkids: Wie die Nerds der 70er …
Z 48
Drei Forderungen an die Netze der Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Jobs & Wozniak: Die Apple Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 52
Das Netz der Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Willkommen, IBM! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 54
Robert Bosch GmbH: Bosch will Takt für das
STORY
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
William Shockley und »Die verräterischen Acht«
. . . . .
. . . . . . . . .
»Internet der Dinge« mitbestimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 96 Vernetzte Welt: Die Erfindung des World Wide Web . . . . . . . Z 58
ZVEI e. V.: Innovationen treiben die Elektroindustrie an . . . . . . . P 100
Amazon, Facebook, Wikipedia & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 60
Dresden: In fast allen Geräten arbeiten Chips aus Dresden . . . . P 102
Die iPhone-Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 62
SEMI Europe: Mitmachen bei Europas Aufholjagd . . . . . . . . . . . . . . P 104
LEGENDE Z thematische Zeitleiste |
P Firmen- und / oder Personenportrait | STORY markiert, den Fachinhalt ergänzende, Geschichten und
Begebenheiten | WISSEN markiert eingeschobene Wissens-Themen | FACHWISSEN markiert thematisch ergänzendes Fachwissen
BASICS
ANWENDUNGEN
Silizium & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Autoelektronik
Vom Sand zum Silizum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Wenn der Computer hinterm Lenkrad sitzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Siltronic AG: Jedes Atom auf seinem Platz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 112
So funktionieren Roboterautos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Silizium oder Germanium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
STORY
FACHWISSEN
Wandernde Löcher und freie Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Im Robocar durch die Stadt
FACHWISSEN
4 Mikrochip-ABC | Spannende Welt der Mikroelektronik
Elmos Semiconductor AG: Die Zukunft gehört der Geste . . . . . P 190
Multitalent Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
NXP Semiconductors Germany GmbH: Mehr Sicherheit
GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK
CHIPS & SENSOREN: DIE UNSICHTBAREN DIENER
Ladung, Spannung, Kapazität & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
3D und hochgenau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kostal: Wenn das Auto selbst die Unfall-Quellen erkennt
. . .
180
P 192
NXP will Autos sechsten Sinn gegen Unfälle einimpfen . . . . . . P 194
Osram: Ohne LED kein Smartphone-Blitz
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
P 126
und Intelligenz für die vernetzte Welt von morgen
. . . . . . . . . . .
P 196
MAZeT: Bloß kein Schweinchenrosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 128
eCar: Elektromobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Wirtschaftsförderung Jena: Lichtstadt Jena. . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 130
Infineon: Einfacher, sicherer, umweltfreundlicher! . . . . . . . . . . . P 202
Jenoptik AG: Licht plus Elektronik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 131
Industrieelektronik / Industrie 4.0
So funktioniert ein Transistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Die Fabrik der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
So rechnen Computer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Evolution oder Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
Verdrahtete Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Der Fluch der Datenmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Anvo-Systems GmbH: Die Nacht in Bangalore. . . . . . . . . . . . . . . . . P 138
Siemens AG: »Industrie 4.0« gegen den Schmerz . . . . . . . . . . . . . P 214 Siemens AG: Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts
Creative Chips: Die Maschinen-Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 218
Widerstand und Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
3D IT: 3D-Blick ins Innere von Hightech-Anlagen . . . . . . . . . . . . . P 220
STORY
FACHWISSEN
So funktionieren Mikroprozessoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
P 216
Energie: Erzeugung, Verteilung, Verbrauch Ökostrom plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222
Die Zukunft des Wohnens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Smart Materials — Kunststoffe mit Köpfchen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226
Texas Instruments Deutschland: Die Energiesparmeister. . . . P 152
Mikro- und Nanotechnologie
Welche Sensoren im Smartphone stecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Kühle Rechner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
ams AG: Künstliche Nasen schlagen Mief-Alarm . . . . . . . . . . . . . . P 156
GLOBALFOUNDRIES:
FACHWISSEN
Die Kilby-Story
. . . .
Nieder mit der Diktatur der Ladeschale! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 238
Chipentwurf & elektronische Entwurfsautomatisierung . . 158 Cadence: Als Applikationsingenieurin bei Cadence . . . . . . . . . . .
Medizintechnik Doktor Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
P 168
edacentrum: Moderatoren der Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 170
Roboterhilfe für Chirurgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Umwelttechnik Das große Reinemachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Agrarwirtschaft Mist an Bauer: Muss aufs Feld! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 AMA: Sensornetze bremsen Durst von Olivenhainen . . . . . . . . . . P 258 AMA: Ohne Sensoren wäre alle Hightech blind und taub
. . . . .
P 259
5
Mikrochip-ABC
ELEKTRONIK FERTIGUNG
ELEKTRONIKENTWICKLUNG
Zu Besuch in der Chipfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
Das Zucchini-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
Rein, reiner am reinsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
Wenn die Küche zum Elektronik-Labor wird
Chipburger: Schicht für Schicht zum Mikrochip
SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP
Nicht ohne Schablone
INNOVATIONSFELD KÜCHE
. . . . . . . . . . . . . . . .
266
Auf der Suche nach der richtigen Idee
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
268
Zeit: Die knappe »Zutat«
. . . . . . . . . . . . . . . . .
Z 310
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
314
UV-Licht: Der Schlüssel zum Nanokosmos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Innovationsidee Küchen-Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316
Silizium unter Teilchenbeschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
Carl Zeiss AG: Schärfere Licht-Skalpelle für Mikrochips . . . . . P 276
Innovationsaufgabe Garautomat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321
Vistec Electron Beam GmbH: Wenn selbst Licht zu grob ist. P 280
Garen: Ein molekularer Gewaltakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 324
P 282
À point: Präzision ist alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
284
Zart und saftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
Chemie in der Chipfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
Das richtige Temperaturszenarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330
Pfeiffer Vacuum GmbH: Die Weltmeister des Nichts. . . . . . . . . . P 288
Die richtige Gartechnik
Das präziseste »Messer« der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
Bausteine eines Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
Die Zähmung des Kupfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Voilà: Unsere Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
Berufsportraits: Dr. Guntrade Roll, Dr. Henry Wojcik . . . . . . . . P 296
eTajine und Steaker
Atomares Sandstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
Wenn Tradition auf Hightech trifft
HEIDENHAIN: Vermessung eines Nanometers 1.000 ° Celsius in 12 Sekunden
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
332
338 340
Mehrere 1.000 Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 IMAPS Deutschland e. V.: Mit 08/15-Elektronik
Das Ende einer Reise & ein Anfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
gewinnt Deutschland keinen Blumentopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 302 X-FAB: Mittler zwischen analogen und digitalen Welten. . . . . . P 304
Die Mikrochip-ABC Förderer im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
ANHANG Bildnachweis & Autorenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
LEGENDE Z thematische Zeitleiste |
P Firmen- und / oder Personenportrait | STORY markiert, den Fachinhalt ergänzende, Geschichten und
Begebenheiten | WISSEN markiert eingeschobene Wissens-Themen | FACHWISSEN markiert thematisch ergänzendes Fachwissen
High-Speed-Train in die Zukunft Warum dein Smartphone so viel kann . . . . . . . . . . . . . . . .
Z 8
Klein ist nicht klein genug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Z 10
8
High-Speed-Train in die Zukunft | Warum dein Smartphone so viel kann
WARUM DEIN SMARTPHONE SO VIEL KANN Hast du dich schon mal gefragt, warum Smartphones, Tablets, Notebooks und PC so schnell immer besser werden? Und warum ein so kleines Ding wie dein Smartphone so viel kann?
Als 1992 in Deutschland das erste digitale Mobilfunknetz an den
bis 300 Euro (Media-PC, Netbooks und Tablets mit Basis-Ausstattung),
Start ging (das D-Netz), waren Handys noch so groß und so schwer
und die leistungsstärksten Supercomputer sind in der Lage, extrem
wie eine Cola-Büchse, und man konnte damit wirklich »nur« tele-
komplizierte physikalische Vorgänge wie die Veränderung des Welt-
fonieren. Die Mobiltelefone von heute vereinigen dagegen eine
klimas zu berechnen. Kurzum: Keine andere Produktgruppe hat in
ganze Armee elektronischer Geräte in ihrem Gehäuse: Sie sind
den vergangenen 20 Jahren so viele technische Verbesserungen
Telefon, mobiler Internet-Zugang, Videokamera, Fotoapparat, MP3-
erfahren wie unsere Computer und Mobiltelefone, während ihr
Player, mobile Festplatte, Navigator und Organizer in einem. Eine
Preis gleichzeitig rasant fiel. Ein Ende dieser erfreulichen Entwick-
schier unübersehbare Zahl von Apps macht sie zu wahren Alleskön-
lung ist nicht in Sicht. Viele Experten rechnen damit, dass es noch
nern — weshalb sie zurecht Smartphone (kluge Telefone) heißen.
Jahrzehnte so weitergeht. Woher kommt dieser rasante technische Fortschritt? Was treibt ihn an?
Ähnlich verhält es sich mit unseren Computern: Anfang der 90er Jahre kostete ein einfacher PC (Personal Computer) rund 2.000
KEIN MARKT IST GRÖSSER
D-Mark, seine Möglichkeiten waren bescheiden und seine Bedie-
Die Antwort ist simpel: Es gibt extrem viele Menschen, die — wegen
nung kompliziert. Heute dagegen gibt es Computer schon für 200
all der nützlichen Dinge, die sie damit anstellen können — S martphones,
ENTWICKLUNG DER MOBILTELEFONE Funkstandards
2G
1G
2.5G
1983
1992
1995
1996
1997
2000
2001
2002
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der GS »Kno Mc fäh hen« ige s M (Moto r ob ilte ola), lef on
Neue Funktionen
Mo t mo orola bile D s T ynaT ele fon AC, e (Ge rste wic s ht: 1kg )
Z
Mikrochip-ABC
Tablets, Notebooks und PC besitzen möch-
Zwischen seinem Display und seinem Ge-
ten. Wir sprechen von einem der weltgröß-
häusedeckel sitzt eine Platine mit einem
ten Märkte, wenn wir über Mobilfunk- und
halben Dutzend Mikrochips; kein Chip ist
Computertechnik reden. Mit kaum einer
größer als ein Fingernagel. Auf den Chips
anderen Produktgruppe lässt sich so
wiederum befinden sich Hunderte Millionen
schnell so viel Geld verdienen!
Transistoren — das sind winzige elektrische
9
SMARTPHONE
Schalter. Mikroskopisch dünne Leiterbah2013 haben allein die Smartphone-Hersteller
nen verbinden die Schalter (Transistoren) zu
weltweit knapp eine Milliarde Geräte abge-
komplexen Schaltungen — und diese Schal-
setzt. Das entsprach einem Umsatz von 100
tungen wiederum steuern dein Smart
Milliarden Dollar! Aus diesem Dollar-Kuchen
phone, sie sind gewissermaßen das Gehirn
möchten sich natürlich alle Hersteller ein
deines Mobiltelefons.
Mainboard
möglichst großes Stück herausschneiden. Ein knallharter technologischer Wettbewerb
Willst du die Leistung dieses Gehirns ver-
ist die Folge: Wer die besten Geräte zum
doppeln, so musst du die Zahl seiner Gehirn-
günstigen Preis anbieten kann, verkauft da-
zellen verdoppeln — sprich: die Zahl seiner
von am meisten und verdient maximal. Und
Transistoren. Logisch, oder? Je mehr Tran-
so heizt die Nachfrage nach den Geräten den
sistoren auf den Chips deines Smartphones
Wettbewerb der Hersteller an, und der Wett-
Platz finden, umso mehr können die Chips
bewerb der Hersteller treibt die technische
und damit dein Smartphone. Deshalb geben
Entwicklung voran, und der technische Fort-
die Handyhersteller bei der Wahl ihrer Lie-
schritt wiederum stimuliert die Nachfrage.
feranten den Chipherstellern den Vorzug,
Eine endlose, sich selbst verstärkende Spi-
die ihnen zum günstigen Preis die Schalt-
rale. Deshalb entwickeln sich Smartphones
kreise mit der besten Transistorausstat-
und Computer so schnell. Sie sind die Zug-
tung anbieten können (genauso funktioniert
pferde des technischen Fortschritts auf dem
übrigens auch die Leistungserweiterung bei
Gebiet der Mikroelektronik.
Computern aller Art). Und weil auch die Chiphersteller möglichst viel vom großen Dollar-
DAS GEHIRN DEINES SMARTPHONES
Kuchen abhaben wollen, liefern auch sie sich
Nur: Wie erreichen die Smartphone- und
einen knallharten Wettbewerb. Gewinner
Computerhersteller all die großartigen
ist in ihrem Fall, wer es schafft, die Zahl der
technischen Verbesserungen? Die Antwort
Transistoren pro Quadratmillimeter Chip-
findest du im Inneren deines Smartphones.
fläche am schnellsten zu erhöhen. ¢
3.5G
4G
2007
2009
Sa m Vid sung eoPro Beam , jek tor mit in teg rie Sa ms rte m LTE ung -Ha SC Hnd y (L r90 0 on g T , ers erm tes Evo lut ion )
LG O Du ptim alCo us m rei Pro t zes sor
Sa m HD sung -Vi deo i8910 -Ka H me D, m ra it
HD
Ge b Ap urtss p t Sm le se unde art tzt dam des i ph P on e-S it ei hone tan nen — dar neu d en
No k sch ia 110 0 lag er , wel mi t 2 tweit 50 Mio größt . Ve er V No kia e rkä Vid 3 ufe rkauf eo- 650 sn mi Ka t me ra integ rie rte r Sa ms un int egr g S C ier tem H-X8 Far 20 m b-F i ern t seh er
TV
Sa m sch sung nel Ga lst es laxy S Sm art III, da ma ph on e d ls er We lt
3G
2003
Chip mit über Hundert Millionen Transistoren
2010
2011
2012
10
High-Speed-Train in die Zukunft | Klein ist nicht klein genug
KLEIN IST NICHT KLEIN GENUG Die Vermehrung der Transistoren auf den Chips ist allerdings
DAS MOORESCHE GESETZ
eine schwierige Sache. Die Chiphersteller müssen immer wieder
Als wichtigste Messlatte für den Fortschritt beim Schrumpfen der
aufs Neue einen Weg finden, wie sie die Transistoren verkleinern
Transistoren gilt in der Chip- und Computerbranche das »Gate« der
(schrumpfen) können. Oder anders gesagt: ohne permanente Ver-
Transistoren — ihr Ein / Aus-Schalter. Blickt man nämlich von oben
kleinerung keine stetige Vermehrung der Transistoren. Würden
auf einen integrierten Schaltkreis, dann sind die Gates die schmalste
die Chiphersteller die Transistoren nämlich nicht verkleinern, so
Struktur auf dem gesamten Siliziumplättchen.
würde jede Erhöhung der Transistorzahl (wegen des immer größeren Platzbedarfs der Transistoren) zwangsläufig die Chipfläche vergrö-
Die amerikanischen Ingenieure Jack Kilby und Robert Noyce stellten
ßern. Das geht aus zwei Gründen nicht.
1959 unabhängig voneinander die ersten integrierten Schaltkreise (engl.: Integrated Circuits, Abkürzung: IC) her. Noyce’ IC war so groß
Erstens: Hätten die Chiphersteller vor 20 Jahren aufge-
wie eine Dollarmünze und enthielt zwei mit bloßem Auge noch gut
hört, die Transistoren zu schrumpfen, dann wären Chips
sichtbare Transistoren.
heute so groß wie eine italienische Pizza, und dein Smartphone hätte die Maße eines Pizzaofens, was ziemlich un-
1968 gründeten Noyce und sein Kollege Gordon Moore die Firma
praktisch wäre. Wegen ihres enormen Stromverbrauchs
Integrated Electronics — kurz Intel. 1971 entwickelte Intel-Chef-
wären sie vermutlich auch so heiß wie Pizzaöfen.
Ingenieur Ted Hoff den ersten Mikroprozessor der Welt: den Intel 4004. Das war ein vollständiger Computer auf einem einzigen Chip.
Zweitens: Integrierte Schaltkreise entstehen aus kostbaren
Das heiß, er vereinigte auf seiner Siliziumfläche alle elektronischen
Siliziumscheiben (engl.: Wafer). Die Chiphersteller unterwer-
Schaltungen, die ein Computer braucht, um mathematische und
fen diese Scheiben in ihren Fabriken einer sehr aufwändigen,
logische Operationen ausführen zu können. Der Intel 4004 besaß
extrem teuren Behandlung. Würden sie zulassen, dass die
2.300 Transistoren mit zehn Mikrometer breiten Gates — das ist
Chipfläche immer weiter wächst, so würde zwangsläufig auch
rund 50-mal kleiner als der Punkt am Ende dieses Satzes. Seine
die Chipausbeute pro Wafer sinken. Das heißt, es würden
Transistoren waren mit bloßem Auge schon nicht mehr erkennbar.
immer weniger Chips auf eine Siliziumscheibe passen, und dies wiederum würde die Produktion drastisch verteuern.
1975 wagte Moore im Licht der Erfahrungen, die Intel im Bemühen um die stete Verkleinerung seiner Transistoren gesammelt hatte, die
Im Wettbewerb setzen sich aber gerade diejenigen durch, die immer
Prognose, dass die Chipindustrie die Zahl der Transistoren und damit
bessere Chips zu immer geringeren Kosten produzieren können.
die Leistung der Chips etwa aller zwei Jahre verdoppeln werde — und
Deshalb führt an einer permanenten Verkleinerung der Transistoren
damit sollte er Recht behalten. Der Wettbewerb der Chiphersteller
kein Weg vorbei. Und so äußert sich der Wettbewerb der Chipher-
hat tatsächlich dazu geführt, dass sich die Zahl der Transistoren
steller in einem technologischen Wettrennen um die Fähigkeit, im-
pro Quadratmillimeter Chipfläche seit 1975 etwa aller 20 Monate
mer kleinere Transistoren zu erzeugen. Es grenzt an ein Wunder, zu
verdoppelt hat — was nichts anderes bedeutet, als dass die Chipher-
welchen Resultaten dieses technologische Wettrennen geführt hat.
steller im gleichen Tempo die Größe der Transistor halbiert haben.
Z
ENTWICKLUNG DER TRANSISTOREN
Größenskala
Meter
Zentimeter
Millimeter
durchschnittlicher erwachsenen Mann: 1,78 m
Hausmaus: 7 — 11 cm
Hausameise (Arbeiterin): 2,5 mm
10 µm
3 µm
3,5 µm
1,5 µm
1 µm
0,8 µm
0,25 µm
Anzahl Transitoren
2.300
29.000
68.000
275.000
< 1 Mio
3.1 Mio
< 7.5 Mio
Prozessor
4004
8086
68000
80386
80486
Pentium
Pentium II / III
Größe Transitorgates
1971
1980
1990
Mikrochip-ABC
DAS MOORESCHE GESETZ Six Core Core i7 AMD K10
2,6 Mrd.
AMD K8
Anzahl der Transistoren
1 Mrd.
Pentium 4 AMD K6-III / K7
100 Mio. 10 Mio.
80486
Pentium II / III
80286
1 Mio. 100 Tsd.
Core 2 Duo
Pentium 68000 8086
80386
10 Tsd.
80186 4004
2,3 Tsd.
1971
1980
1990
2000
2011
Intel- und AMD-Prozessoren: Einführungsjahr
Weil sich Moores Vorhersage so verblüffend genau bewahrheitete, erhoben Brancheninsider sie bald in den Rang eines Gesetzes und nannten sie Moores Law — Mooresches Gesetz. Inzwischen (Stand 2015) haben die führenden Hersteller die GateBreite ihrer Transistoren bis auf 14 Nanometer verkleinert. Kannst du dir vorstellen, wie klein das ist? Es wird dir nicht gelingen! 14 Nano meter sind so winzig, dass dies die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Zum Vergleich: Das Haar eines Durchschnittseuropäers ist mit seiner »Stärke« von 70 Mikrometern über 5.000 Mal dicker als ein 14 Nanometer breites Transistorgate. Rote Blutkörperchen — die kleinsten Zellen des menschlichen Körpers — sind mit ihrem Durchmesser von 7.000 Nanometern immer noch rund 500 Mal größer als solch ein Transistorgate! Und noch ein Vergleich: 127 Siliziumatome — wie Perlen auf eine Schnur gereiht — ergeben genau die Strecke von
11
MORE THAN MOORE Mehr und mehr zählt im Wettbewerb der Chiphersteller aber auch die Fähigkeit, noch andere Bauelemente als »nur« Transistoren in die Chips zu integrieren. So finden sich auf den Chips immer häufiger auch Sensoren. Das sind technische Sinnesorgane, vergleichbar mit den Sinnesorganen von Tieren. Smartphones erkennen damit ihre Umwelt. Sie finden zum Beispiel heraus, ob ihre Benutzer sie gerade ans Ohr halten. Ist das so, schaltet sich das Display ab. Das verlängert die Akkulaufzeit und schont die Umwelt. Fachleute nennen diesen Trend »More than Moore« (mehr als Moore). Das ist eine Anspielung auf den Slogan »More Moore« (Mehr Moore): Jahrzehnte lang galt in der Halbleiterindustrie die Devise, der Logik des Mooreschen Gesetzes zu folgen und alle Kraft auf die Verkleinerung der Transistoren zu konzentrieren. Die Forderung »More Moore« brachte dies auf den Punkt. Je weiter die Industrie auf ihrem Weg zu immer kleineren Transistoren kam, umso größer wurden aber die technischen Schwierigkeiten, auch noch den nächsten Schritt zu gehen. Und: Die Kosten für neue Chipfabriken wuchsen ins schier Uferlose. Heute verschlingt eine neue Fabrik für höchstinte grierte Schaltkreise — sprich, für Chips mit den allerkleinsten Transistoren — meist fünf bis sieben Milliarden Euro! Eine wachsende Zahl von Herstellern stieg deshalb aus dem Miniaturisierungswettlauf aus. Auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sie trotzdem im Geschäft bleiben könnten, verlegten sie sich darauf, Chips so auszustatten, dass sie mehr können als »nur« Logikaufgaben abzuarbeiten. Diese Chiphersteller stehen heute hinter dem Slogan »More than Moore«. Beide Strategien haben ihre Berechtigung: »More Moore« und »More than Moore«. Gewinner sind in beiden Fällen die Verbraucher: So oder so bekommen sie immer bessere Chips und Geräte.
45 Nanometern. ¢
Mikrometer
Nanometer
Hausstaubmilbe: 300 µm
Bakterien & Viren: 1,0 µm — 15 nm
Transistor-Gate: 10 — 20 nm
Silizium-Atom: ⍉ ca. 1/2 nm
180 nm
130 nm
90 nm
65 nm
45 nm
32 nm
22 nm
20 nm
21 Mio
105,9 Mio
112 Mio
463 Mio
411 Mio
2,27 Mrd
4,2 Mrd
3 Mrd
AMD K6-III / K7
AMD K8
Pentium 4
AMD K10
Core 2 Duo
Ivy Bridge
Apple A8
2000
Sechskern-Core i7
2011
2014
HOMO TECHNICUS
Vom Faustkeil zur Hochtechnologie: Wie sich der Mensch über Millionen Jahre hinweg Technik zu eigen machte, um mehr zu erreichen in seiner kurzen Lebensspanne.
STORY
Die Silicon Valley Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Bill Hewlett und David Packard . . . . . . . . . . . . . . . 36 Der Stanford Industriepark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 William Shockley und »Die verräterischen Acht« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Intel und die Erfindung des Mikroprozessors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 44 Die Computerkids: Wie die Nerds der 70er … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 48 Jobs & Wozniak: Die Apple Story . . . . . . . . . . . . . 52 Willkommen, IBM! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 54 Vernetzte Welt: Die Erfindung des World Wide Web . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 58 Amazon, Facebook, Wikipedia & Co. . . . . . . . . . . . . . . . 60 Die iPhone-Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
WISSEN
Homo technicus: Technik macht uns zu Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Wie alles begann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 16 Werkzeuge potenzieren Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 18 Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis« zur Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Vom Werkzeug zur Maschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 22 Von der Maschine zum Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 24 Wie Mikrochips hören . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 28 Die Bausteine elektronischer Steuerungen . . . . . . . 30
So funktioniert Kommunikation in der Technik Wenn Chips miteinander reden . . . . . . . . . . . . . . . 64 Transmitter und Receiver . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Störsignale überall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Alles fließt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 Wie das Mikrofon deines Smartphones funktioniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 74 Abtasten & Quantisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z 76
Inova Semiconductors: Flugzeugtechnik für Autofahrer
. . . . . . . . . . . . . . . . . . P
80
5G und das Internet der Dinge Selbst Lichtgeschwindigkeit ist noch zu lahm. . . . . 84 5G Lab: Prof. Gerhard Fettweis, Prof. Frank Fitzek . . 84 Smart Cities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Umgebungsunterstütztes Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Industrie 4.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Ein neuer Abschnitt der Technikgeschichte . . . . . . . 90 Drei Forderungen an die Netze der Zukunft . . . . . . 92 Das Netz der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Robert Bosch GmbH: Bosch will Takt für das »Interne der Dinge« mitbestimmen . . . . . . . . . . P 96 Julian Bartolomeyczik: Mikrosystemtechniker. 97 Frank Schäfer: Der Laser-Experte (Physiker) . . . 98 ZVEI e. V.: Innovationen treiben die Elektroindustrie an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 100 Dresden: In fast allen Geräten arbeiten Chips aus Dresden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 102 SEMI Europe: Mitmachen bei Europas Aufholjagd . . . . . . . . . . . . . . . P 104
HOMO TECHNICUS
TECHNIK MACHT UNS ZU MENSCHEN
20
Homo Technicus | Diese Kräfte stellt uns die Natur »gratis« zur Verfügung
DIESE KRÄFTE STELLT UNS DIE NATUR »GRATIS« ZUR VERFÜGUNG Muskelkraft Die direkteste Energiequelle ist die Muskelkraft von Mensch und Tier. Handwerker und Bauern setzen sie seit jeher ein.
Windkraft Der Wind bläst kräftig in die Segel des Lastenkahns, lässt ihn so auf dem Fluss vorwärts treiben und die Ware transportieren.
Werkzeuge Durch Werkzeuge wie Hammer, Meißel und Amboss vervielfältigt der Schmied die eigene Kraft.
NATURKRÄFTE
Mikrochip-ABC
21
BIOENERGIE Bioenergie wird aus Biomasse gewonnen. Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie in Form von Pflanzen, Holz oder Reststoffen wie Stroh, Biomüll oder Gülle. Bioenergie ist unter den Erneuerbaren Energieträgern der Alleskönner: Sowohl Strom, Wärme als auch Treibstoffe können aus fester, flüssiger und gasförmiger Biomasse gewonnen werden. Diese Energie gilt als klimaneutral. WINDKRAFT Seit dem 9. Jahrhundert ist die Windkraft Wasserkraft Das Wasser des Flusses treibt das Mühlrad an. So gewinnt der Müller mechanische Energie, um Getreide zu Mehl zu mahlen.
eine nicht wegzudenkende Energiequelle. Mit Windmühlen wurde damals schon Energie für den Antrieb von Maschinen gewonnen. Erst mithilfe der jüngsten technischen Möglichkeiten gelang es, das enorme Potenzial zuverlässig auszuschöpfen. Heute hat die Windenergie einen Anteil von über neun Prozent an der deutschen Stromversorgung. WASSERKRAFT Damals wie heute gilt Wasser als unverzichtbare Energiequelle. Mit der Erfindung des Mühlrads konnte die kinetische Energie des Wassers in mechanische Energie umgewandelt werden. Heute wird in Deutschland fast ausschließlich elektrischer Strom damit erzeugt. Wasserkraft ist eine ausgereifte Technologie, mit der weltweit der zweitgrößte Anteil an erneuerbarer Energie gewonnen wird. SOLARENERGIE Durch die fast unerschöpfliche Sonnenkraft wird Energie gewonnen. Solarzellen in Photovoltaikanlagen, solarthermische Kraftwerke und Sonnenkollektoren nutzen die Sonnen-
DIE NATÜRLICHEN ENERGIE QUELLEN DES MENSCHEN — FRÜHER UND HEUTE Das Diorama auf der linken Seite zeigt, welche Kräfte dem Menschen in der Vergan-
strahlung direkt und wandeln die Strahlungsenergie in Strom oder Wärme um. Solarenergie kann auch im Kleinen genutzt werden: Viele elektrische Geräte lassen sich mit Hilfe von Solarpanels betreiben und aufladen.
genheit zur Verfügung standen und wie der
GEOTHERMIE
Mensch diese für die verschiedensten Tä-
Geothermie bzw. Erdwärme ist eine nahezu
tigkeiten einsetzte.
unerschöpfliche Energiequelle. Schon die Rö-
Wie die natürlichen Energiequellen mit den
mer in der Antike wussten ihre Kraft zu nut-
aktuellen Technologien heute genutzt wer-
zen, um warmes Wasser für ihre Bäder
den, ist auf der rechten Seite dargestellt.
bereitzustellen. Heute wird die Erdwärme
Das Wissen um die Endlichkeit der fossilen
zum Heizen oder zur Warmwasseraufberei-
Energiequellen, der Gedanke der Nachhal-
tung genutzt. Zum Einsatz kommen dabei
tigkeit und die Verantwortung gegenüber
moderne Wärmepumpen, die nicht nur indus-
der nachfolgenden Generation erfordern
triell, sondern auch von Privatpersonen ge-
auch zukünftig neue Entwicklungen.
nutzt werden können. ¢
30
Homo Technicus | Die Bausteine elektronischer Steuerungen
DIE BAUSTEINE ELEKTRONISCHER STEUERUNGEN Controller + Aktoren + Sensoren + Signalübertragung + Benutzerschnittstelle + Programm = elektronische Steuerung
Fassen wir zusammen. Wer auch die Fähigkeit des Steuerns vom
Der Algorithmus bildet den immateriellen Teil des Steuerungs
Menschen auf Maschinen übertragen will, muss sie mit folgenden
systems. Wir können Algorithmen auf zweierlei Art in Mikrochips
Bausteinen ausstatten:
einpflanzen: Soll ein Chip in der Lage sein, verschiedene Algorithmen auszuführen, so geben ihm die Chipdesigner die Algorithmen als
• Mit einem Mikrocontroller als steuernder Instanz (als Kontrollund Kommandozentrale);
Software mit. Ist ein Chip hingegen für die Ausführung nur eines einzigen Algorithmus bestimmt, so ist der bevorzugte Weg der Übertragung die »Festverdrahtung« (Fachbegriff: das Hardcoden):
• Mit Schaltern und anderen Stellgliedern, damit der Controller
Die Chipdesigner versehen den IC dann mit einer Transistor-Schal-
die Maschine bedienen kann. Der Controller dirigiert damit die
tung, die — auf Grund ihres Schaltungs-Layouts — nur diesen einen
Teile, mit denen die Maschine Aktionen ausführt. Er schaltet zum
Algorithmus ausführen kann. Der große Vorteil dieses Verfahrens
Beispiel den Motor ein und dosiert die Kraft, die der Motor
besteht darin, dass festverdrahtete Chips Algorithmen meist sehr
erzeugt. Regelungstechniker nennen die Schalter und Stellglieder
viel schneller ausführen als software-gesteuerte Chips und dass
Aktuatoren. Auch wir werden diesen Begriff von nun an benutzen.
sie deutlich preisgünstiger sind.
• Sensoren. Sie liefern dem Controller Informationen über alle Dinge, die das Geschehen beeinflussen.
Rüsten wir eine Maschine mit diesen sechs Bausteinen aus, so versetzen wir sie in die Lage, sich selbst zu steuern. Die Maschine wird dann zum Automaten. Verpassen wir einem Automaten —
• Mit einem Bussystem. Der Controller sendet darüber seine
nach dem Vorbild des Menschen oder nach Vorbildern aus der
Schaltimpulse an die Aktuatoren und empfängt in umgekehrter
Tierwelt — Gliedmaßen und versehen die Gliedmaßen mit mensch-
Richtung Sensordaten.
lichen bzw. tierischen Fertigkeiten (etwa mit der Fähigkeit zu greifen oder zu laufen), so kreieren wir damit einen Roboter. Geben Inge-
• Mit einer Benutzerschnittstelle (auch: Mensch-Maschine-
nieure und Elektroniker einem Roboter eine möglichst menschen-
Schnittstelle, kurz MMS): Der Benutzer des Gerätes teilt dem
ähnliche Gestalt und versuchen, ihm möglichst viele typisch
Controller via Schnittstelle mit, welches Programm er ausführen
menschliche Eigenschaften und Fertigkeiten mitzugeben, so schaf-
und welche Zielparameter er dabei einhalten soll, während der
fen sie einen humanoiden (menschenähnlichen) Roboter, wie Fach-
Controller den Benutzer via Schnittstelle über den Status der
leute sagen.
Programmausführung bzw. den Prozessfortschritt informiert. In der Technik wird oft erst nach Jahren klar, welche Entwicklung Der Mikrocontroller, die Aktuatoren, die Sensoren, das Bussystem
das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Und es ist dann oft kaum
und die Benutzerschnittstelle bilden den Hardware-Teil des Steue-
noch möglich, ihren exakten Ausgangspunkt zu bestimmen. Auch
rungssystems.
der Zeitpunkt, wann das Zeitalter der Automaten begann, ist heute kaum noch exakt feststellbar. Verschiedene Quellen berichten, dass
•W ir müssen dem Controller eine präzise Ziel-Definition
1976 die erste von einem Mikroprozessor gesteuerte CNC-Werk-
mitgeben, wir müssen ihm unmissverständlich sagen, welche
zeugmaschine der Welt auf den Markt gekommen sein soll — viel-
Ergebnisse wir von ihm erwarten. Und wir müssen ihn mit einer
leicht markiert dieses Ereignis den Beginn der Automatenära. Wir
präzisen Schritt-für-Schritt-Anleitung ausrüsten, die ihm sagt,
wissen indessen, wer wann mit welchen Erfindungen die Voraus-
mit welchen Aktionen er das vorgegebene Ziel erreicht — kurz:
setzungen für den Schritt um Automaten geschaffen hat — und so
mit einem Algorithmus bzw. Programm.
können wir den Zeitraum zumindest näherungsweise bestimmen. ¢
HOMO TECHNICUS
Mikrochip-ABC
S T E U E RU N G
KO M
M
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IK I AT
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31
WA H
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MU
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H A N D LU N G
HOMO TECHNICUS Alle menschlichen Sinne können heute von technischen Geräten nachgebildet werden und erweitern unsere Werkzeuge und Geräte um wertvolle Eigenschaften, die uns ein noch effizienteres und autonomeres Arbeiten ermöglichen.
STORY
40
Die Silicon Valley Story | William Shockley und »die verräterischen Acht«
WILLIAM SHOCKLEY UND »DIE VERRÄTERISCHEN ACHT« Wie der Erfinder des Transistors unfreiwillig die Gründungswelle anstieß, die das Silicon Valley hervorbrachte
Die »verräterischen Acht« beim Anstoßen auf Shockleys
Denn Halbleiter reagieren sehr empfindlich
Nobel-Preis im »Dinah’s
me, die bei der Herstellung einer Halbleiter-
Shack« in Palo Alto (u.a. dabei G. Moore, S. Roberts, R. Noyce und J. Last)
verbindung aus der Umgebung in das Kristall-
auf kleinste Verunreinigungen. Wenige Ato-
gitter »einsickern«, können ihre elektrische Leitfähigkeit bereits stark verändern. Zwischenzeitlich schien es unmöglich, auch nur zwei Transistoren mit dem gleichen Schaltund Verstärkerverhalten herzustellen. Auch wenn sie völlig baugleich waren, benahmen sie sich wegen zufälliger Verunreinigungen unterschiedlich. Doch dann fanden Physiker in Germanium einen Halbleiter, der zuverlässige Transistoren ermöglichte, und 1952 bestanden die ersten kommerziell verwertbaren Germanium-Transistoren in Hörgeräten
An einem Morgen im Oktober 1956 knallten
den Strom im Vakuum im zerbrechlichen
in der Gaststätte »Dinah’s Shack« in Palo
Glaskolben schaltet, arbeitet ein Transistor
Alto die Champagnerkorken: Acht junge
im stabilen Gitter eines Halbleiterkristalls.
SHOCKLEY SEMICONDUCTOR
Männer stießen mit dem Physiker Dr. William
Von Anfang an erkannten die Wissenschaft-
William Shockley gehörte zu denen, die mit
Shockley auf die größte Ehrung an, die einem
ler die Möglichkeit, die Röhre durch ein sehr
der Entwicklung und Herstellung von Halb-
Wissenschaftler zuteilwerden kann. Es war
viel kleineres Bauelement von enormer Ro-
leiter-Dioden und Transistoren reich werden
früh um 7 Uhr und Shockley hatte gerade
bustheit und praktisch unbegrenzter Le-
wollten. 1955 kündigte er seinen Job bei den
den Anruf des Stockholmer Nobelpreis-Ko-
bensdauer zu ersetzen. Und ihnen war sofort
Bell Labs und gründete in Mountain View, im
mitees erhalten, dass er für den Physik-No-
klar, dass dies weitreichende Folgen für die
späteren Silicon Valley, die Firma Shockley
belpreis auserkoren worden sei. Mit John
gesamte Elektronik haben würde.
Semiconductor Laboratory. Mountain View
Bardeen und Walter Brattain hatte er 1947,
ihren Test.
war sein Geburtsort, dort lebte auch seine
wenige Tage vor Weihnachten, an den be-
Bell Labs war die Entwicklungszentrale der
kranke Mutter. Deshalb schlug er seine Zelte
rühmten Bell Laboratories (kurz Bell Labs)
mächtigen American Telephone and Tele-
dort auf und nicht an der Ostküste, wo da-
den Transistoreffekt entdeckt. Mit einem
graph Corporation (AT&T), die der Erfinder
mals noch das Herz der amerikanischen
neuen Bauelement, das die drei Wissen-
des Telefons Alexander Graham Bell 1877
Elektronikindustrie schlug.
schaftler Transfer Resistor — kurz Transis-
gegründet hatte. AT&T war (und ist) ein rie-
tor — tauften, war es ihnen gelungen, elekt-
siger Konzern. Sofort nachdem Bardeen,
Sein Renommee als Wissenschaftler half
rischen Strom zu verstärken.
Brattain und Shockley den ersten Transistor
ihm, acht exzellente junge Forscher aus Elek-
vorgeführt hatten, starteten die Bell Labs
troniklaboren im Osten anzuheuern, und
STEINIGER WEG ZUM TRANSISTOR
eine großangelegte Offensive, um die besten
diese acht jungen Männer wurden zum Grün-
Der Transistor funktioniert nach dem glei-
Halbleiter zu finden und den Transistor all-
dungskader von Silicon Valley. Zum »Shock-
chen Prinzip wie die Elektronenröhre, die
tagstauglich zu machen. Doch die Forscher
ley-Achter« gehörten zum Beispiel Gordon
damals in der Elektronik verbreitet war. Auf
fischten lange im Trüben. Erfolglos experi-
Moore und Robert Noyce, die 1957 zu
der Fähigkeit der Röhre, elektrische Ströme
mentierten sie mit verschiedensten Halblei-
Fairchild Semiconductor wechselten, und die
zu schalten, beruhten die Logikschaltungen
terverbindungen. Die Eigenheiten der Halb-
1968 Fairchild verließen, um Intel zu
sämtlicher Computer. Während die Röhre
leiter machten ihnen schwer zu schaffen.
gründen.
→
ZWEI-SPITZEN-TRANSISTOR
41
Mikrochip-ABC
SCHALTZEICHEN eines Bipolar-Transistors
Zwei-Spitzen-Transistor von William Shockley (1947/48) Sein Punktkontakt-Transistor gilt als erster praktisch realisierter Bipolartransistor und wird als Wegbereiter der modernen Halbleitertechnik angesehen.
C
B
E
Feder Von der Feder in den Halbleiter hineingedrückt, bildeten die metallischen Punkt-Kontakte E und C jeweils eine Metall-Halbleiter-Diode.
Kontakt C Kollektor
Kontakt B Basis Spannungsversorgung an der Rückseite des Halbleiters
Kontakt E Emitter
Germanium Der nach seinem deutschen Entdecker benannte Halbleiter stellte die »Basis« für das Bauelement dar.
Abgesägte Keilspitze mikroskopisch gesehen zwei Punktkontakte: E und C
ZWEI-SPITZEN-TRANSISTOR
Basis »emittiert« — daher schließlich die
FUNKTIONSWEISE/DAS EXPERIMENT
Bezeichnung »Emitter«.
Angetrieben von der Neugier, was wohl passiert, wenn man in einem Halbleiter
Zwei Dioden nah zusammen …
zwei Dioden extrem nah aneinander rückt,
setzten die Wissenschaft in Flammen!
haben Shockley, Brattain und Bardeen den
Auf einmal wurden Ladungsträger zur
Transistoreffekt gefunden. Der gigantische
zweiten Diode (2) hin abgesaugt bzw. »ein-
Nutzen als Verstärker und digitaler Schal-
gesammelt« — daher die spätere Bezeich-
ter kam ihnen erst später in den Sinn.
nung »Kollektor«. Ein kleiner Strom zur Basis steuerte nun
Zwei Dioden allein …
einen großen Strom zwischen C und E —
können kein Transistor sein!
der TRANSFER R ESISTOR war geboren.
Zunächst floss lediglich ein kleiner Strom in der linken Diode (1). Später stellte sich
Bereits damals ahnten die Forscher, dass
heraus: Von hier aus werden noch
es günstiger wäre, die Punktkontakte in
zahlreiche weitere Ladungsträger in die
den Halbleiter zu integrieren.
E
Emitter Diode 1 kleiner Strom
Kontakte
großer Strom
C
Kollektor Diode 2
Basis Germanium
Kontakt B
WISSEN
74
Sfo unkti
oni
eK rtommunkiati
od nineTrechnki | WdeiaM skirofod nenieSsmartphonefusnko tineirt
WIE DAS MIKROFON DEINES SMARTPHONES FUNKTIONIERT Digitalisierung beginnt mit der Wandlung des Tons in ein elektrisches Signal
Kehren wir nun zum digitalen Mobilfunk
nung zwischen den Platten. Die elektrische
Luftpolsters zwischen den Platten): Das Luft-
zurück. Das war die Ausgangslage: Je-
Kapazität (C) eines Kondensators, gemessen
polster ändert exakt im Tempo und in der
mand spricht in das Kondensator-Mikrofon
in Farad (F), ist das Maß für seine Fähigkeit,
Richtung der Membran-Schwingung seine
seines Handys — in der Abbildung zeigen
eine bestimmte Menge von Ladungen zu bin-
Dicke. Im Takt der Membran-Schwingung
wir, wie so ein Mikrofon aussieht. Sein
den. Wie groß die Kapazität im konkreten
ändert sich zugleich die Kapazität des Kon-
Kernstück ist, wie es der Name schon sagt,
Fall ist, hängt unter anderem von der Dicke
densators — und mit der Kapazität ändert
ein Kondensator.
der Trennschicht zwischen beiden Platten
sich analog die Spannung. Das Ergebnis: Der
ab — von der Dicke des Dielektrikums. Und
Verlauf der Spannungsänderung gibt exakt
SO FUNKTIONIERT EIN
genau das macht Kondensatoren zum hoch-
über die Schallwelle Auskunft: Je lauter die
KONDENSATOR
sensiblen Tonabnehmer.
Stimme, umso größer die Amplitude der
Kondensatoren bestehen oft aus zwei Plat-
Schallwelle, und umso kleiner die Amplitude
ten, die sich leicht elektrisch aufladen. Ver-
SO FUNKTIONIERT DAS MIKROFON
der Spannung zwischen den Kondensator-
bindet man eine Platte mit dem Pluspol, die
DEINES SMARTPHONES
platten. Je höher die Stimme, umso höher
andere mit dem Minuspol einer Spannungs-
Die meisten Mikrofone fangen Schallwellen
die Frequenz der akustischen Welle, und
quelle (das kann ein Akku sein), so lädt sich
mit einer Membran ein. Im Fall von Konden-
umso schneller schwingt auch die Spannung,
die Platte, die am Pluspol hängt, positiv und
sator-Mikrofonen fängt die Membran nicht
die zwischen den Kondensator-Platten
die andere negativ auf. Damit entsteht zwi-
nur die Schallwellen ein, sondern ist zugleich
herrscht, zwischen größeren und kleineren
schen beiden Platten eine elektrische Span-
eine Platte eines kleinen Kondensators, der
Volt-Beträgen hin und her.
nung (Formelzeichen: U). Ein isolierendes
im Mikrofon-Kopf sitzt. Liegt an diesem Kon-
(nicht-leitendes) Material zwischen den Plat-
densator eine elektrische Spannung an, so
Den Verlauf der Spannungsänderung gilt es
ten (das Dielektrikum) verhindert, dass ein
laden sich seine Platten auf — auch die Mem-
nun in binäre Zahlen zu übersetzen (↗ s. Abb.
Ladungsausgleich stattfindet — dass die
bran ist dann geladen. Als Dielektrikum dient
Binäre Werteskala). Digitalisierung ist das
positiven bzw. negativen Ladungen von einer
dem Kondensator Luft — so kann die Memb-
Verfahren dafür; es vollzieht sich in zwei
Kondensator-Platte zur entgegengesetzt
ran frei schwingen (und Luft ist gleichzeitig
Schritten: Schritt eins besteht im Abtasten,
geladenen hinüberspringen. Die Ladungen
ein guter Isolator). Bringt nun der Schalldruck
Schritt zwei besteht im Quantisieren des
sind damit buchstäblich auf den Platten ge-
einer Stimme die Membran zum Schwingen,
elektrischen Audiosignals — sprich, desjeni-
fangen — und so wächst mit der Zahl der
so ändert sich mit jeder Schwingung die
gen Signals, das wir mit Hilfe des Konden-
gefangenen Ladungen zugleich die Span-
Dicke des Dielektrikums (die Dicke des
satormikrofons gewonnen haben. ¢
ANALOGWANDLUNG
tativ alle den gleichen zeitlichen Verlauf.
Auslenkung der Membran und desto hö-
Akustische Welle, Membranauslenkung
Je lauter der Ton, desto höher die Ampli-
her ist die Amplitude der Kondensator-
und Kondensatorspannung haben quali-
tude der Schallwelle, desto höher die
spannung.
EINGANG
AUSGANG
akustisches Audiosignal
leise
laut
Auslenkung der Kondensatormembran
leise
laut
elektr. Audiosignal (Kondensatorspannung)
leise
laut
SMARTPHONE
Mikrochip-ABC
75
Abdeckung Vibrations-Motor
Batterie Mainboard Mainboard-Cover
Mikrofon Lautsprecher Kamera
Antenne
Smartphone Aufbau
Display Schutzglas
Spannungsversorgung akustische Welle
elektrisches Mikrofonsignal (Kondensatorspannung)
Vorverst채rker
Lastwiderstand
Spannungsversorgung Membran (schwingt als lose Elektrode)
Kondensator
Gegenelektrode (fest)
Gegenelektrode (fest)
Smartphone-Mikrofon Aufbau
Luft (Isolator) Sendeverst채rker UMTS SendeEmpfangsger채t
Prozessor
Digitaler Basisband-Prozessor Flash-Speicher
Kondensator
Touchscreen Controller
Bildschirmschnittstelle GPS Audio Codec Smartphone-Mainboard Aufbau
Simkarten-Steckplatz
BASICS
GRUNDLAGEN DER HALBLEITERELEKTRONIK
Physik statt Magie: Wie die winzigen Transistoren in Computerchips funktionieren und uns wandernde Löcher helfen, Mikroprozessoren das Rechnen beizubringen.
FACHWISSEN
Wandernde Löcher und freie Elektronen (Vertiefungstext Halbleiter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Ladung, Spannung, Kapazität & Co. . . . . . . . . . . . 118
Multitalent Diode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Osram: Ohne LED kein Smartphone-Blitz. . . . . . . . P 126 MAZeT: Bloß kein Schweinchenrosa. . . . . . . . . . . . . . P 128 Wirtschaftsförderung Jena: Lichtstadt Jena . . . . P 130 Jenoptik AG: Licht plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . P 131 So funktioniert ein Transistor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 So rechnen Computer (Logikgatter) . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Verdrahtete Logik (Logikgatter und CMOS) . . . . . . . . 136
FACHWISSEN
Silizium oder Germanium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Widerstand & Kapazität
STORY
Anvo-Systems GmbH: Die Nacht in Bangalore . . P 138 So funktionieren Mikroprozessoren. . . . . . . . . . . . . . . . 140
Die Kilby-Story
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
150
Texas Instruments Deutschland: Die Energiesparmeister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 152 Welche Sensoren im Smartphone stecken . . . . . . . . 154 ams AG: Künstliche Nasen schlagen Mief-Alarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 156 FACHWISSEN
STORY
Silizium & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Vom Sand zum Silizum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Siltronic AG: Jedes Atom auf seinem Platz . . . . . . P 112
Chipentwurf & elektronische Entwurfsautomatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Cadence: Applikationsingenieurin bei Cadence . . edacentrum: Moderatoren der Innovation . . . . . .
P 168 P 170
108 Basics | Silizium & Co.
SILIZIUM & CO. Wusstest du schon, dass Sand zu den bedeutendsten Rohstoffen unseres Elektronik-Zeitalters zählt? Er enthält nämlich in großen Mengen Silizium — das wichtigste »Baumaterial« für elektronische Schaltkreise!
Fast alle Mikrochips, die in Handys und Computern stecken,
solcher n- und p-dotierten Kristallzonen auf engstem Raum. Die
bestehen aus Silizium, und die aufwändige Herstellung eines
Chiphersteller erzeugen zum Beispiel eine Diode, indem sie im
Chips beginnt tatsächlich damit, dass Chemieunternehmen aus
Siliziumkristall direkt nebeneinander eine winzige n- und eine win-
Sand und anderen silikathaltigen Rohstoffen absolut reines Sili-
zige p-dotierte Zone erzeugen. Transistoren — die wichtigsten
zium gewinnen. Das schmelzen sie in Tiegeln auf, ziehen aus der
Bauelemente integrierter Schaltungen — sind etwas komplizierter
Schmelze zylinderförmige Kristalle und zersägen die Kristalle in
aufgebaut, bestehen aber ebenfalls aus winzigen n- und p-dotier-
Scheiben. Die Chiphersteller verwandeln die Siliziumscheiben in
ten Kristallzonen in einer ganz bestimmten Anordnung. Aus der
ihren Fabriken schließlich in die Mikrochips. Im Kapitel »Herstel-
elektrischen Wechselwirkung dieser Kristallzonen ergibt sich die
lung integrierter Schaltkreise« erfährst du, wie das funktioniert.
Funktionsweise der elektronischen Bauelemente. Durch mikros-
Auf dieser Doppelseite beantworten wir die Frage, warum sich
kopisch dünne Leiterbahnen miteinander verbunden, bilden die
Silizium so gut für integrierte Schaltkreise eignet.
Bauelemente schließlich einen kompletten Schaltkreis.
SILIZIUM IST EIN HALBLEITER
Integrierte Schaltkreise heißen so, weil die Chiphersteller alle
Es gehört damit zur großen Gruppe der chemischen Elemente
elektronischen Bauelemente des Schaltkreises in einem Stück
und Verbindungen, die zwischen den elektrischen Leitern und den
Silizium erzeugen — die Bauelemente sind in das Silizium einge-
Nichtleitern stehen. Leiter transportieren elektrischen Strom
bunden (integriert). Heute sind 99 Prozent aller elektronischen
sehr gut, Nichtleiter hingegen gar nicht. Die Leitfähigkeit von
Schaltkreise integrierte Schaltkreise. Bis zur Erfindung des Mi-
Halbleitern wächst mit ihrer Temperatur. Stark abgekühlt, ver-
krochips im Jahr 1958 waren elektronische Schaltkreise noch
halten sie sich wie Nichtleiter, stark erhitzt dagegen wie gute
auf Leiterplatten gelötet, und jedes elektronische Bauelement
Leiter.
besaß noch ein eigenes Gehäuse! Entsprechend viel Platz benötigte die Elektronik.
Silizium bildet bei normalen Temperaturen, wie sie auf der Erdoberfläche herrschen, Kristalle, die exakt die gleiche Struktur
Neben dem Silizium gibt es noch viele andere Halbleiter, die sich
wie Diamanten besitzen. Innerhalb dieser Kristalle verbindet sich
für die Herstellung integrierter Schaltkreise eignen. Sie alle las-
jedes Siliziumatom mit vier weiteren, was daran liegt, dass Sili-
sen sich durch die Impfung (Dotierung) mit fremden Stoffen bzw.
zium vier Außenelektronen besitzt.
Atomen manipulieren — und einige von ihnen machen sogar noch schnellere Chips möglich als Silizium.
Durch die Beimischung fremder Atome — ein Vorgang, der in der Fachsprache Dotierung heißt — können die Chiphersteller die elek-
Trotzdem hat kein anderer Halbleiter auch nur annähernd so
trischen Eigenschaften des Siliziums zielgerichtet beeinflussen.
große Bedeutung erlangt wie Silizium. Und das hat folgenden Grund: Silizium bildet eine stabile Oxidschicht. Diese Schicht bildet
Pflanzen sie Fremdatome in das Kristallgitter ein, die mehr Außen-
den Isolator im Transitor. Andererseits bewahrt sie den Kristall
elektronen als Silizium besitzen — zum Beispiel Phosphor — so
vor ungewollter Verunreinigung. Ohne diese Schicht würden
erzeugen sie damit im Kristall eine Zone, die ein Reservoir (einen
Fremdatome aus der Luft unkontrolliert in das Silizium einsickern
Vorrat) an frei beweglichen Elektronen aufweist. Solche Kristall-
und seine elektrischen Eigenschaften negativ beeinflussen. Die
zonen heißen n-dotiert, weil die frei beweglichen Elektronen ne-
meisten anderen Halbleiter bilden keine stabile Oxidschicht. Sie
gativ geladen sind. Pflanzen die Chiphersteller dagegen Fremd
sind deshalb nur schwer kontrollierbar, was die Herstellung inte-
atome ein, die weniger Außenelektronen als Silizium besitzen — zum
grierter Schaltkreise aus ihnen erheblich verteuert.
Beispiel Bor — so schaffen sie damit im Kristallgitter eine Zone, die sich durch ein Reservoir an beweglichen positiven Ladungen — so
Auf den Seiten 122 bis 133 lernst du zwei der wichtigsten elektroni-
genannten Löchern — auszeichnet. Die elektronischen Bauelemen-
schen Bauelemente kennen: die Diode (inklusive der Leuchtdiode)
te eines integrierten Schaltkreises entstehen aus der Kombination
und den Feldeffekt-Transistor. →
SILIZIUM
Mikrochip-ABC
Valenzelektron
At o
m ke
rn
14+
Elektron
Siliziumatom Atome bestehen aus einem Kern und einer Hülle. Die Elektronen umkreisen den Atomkern auf verschiedenen Umlaufbahnen (Orbitalen) — die energiereichsten Elektronen besetzen dabei das äußerste Orbital und heißen Valenz- oder Außenelektronen.
Ordnungszahl
14
2/8/4
109
Elektronenkonfiguration
Symbol
Name Atommasse
Silicium 28,086
Silizium Silizium (chemisches Symbol Si) steht im Periodensystem der Elemente in der IV. Hauptgruppe (4 Außenelektronen).
Rosenquarz Steine, die beinahe vollständig aus Silizium bestehen, wie der Rosenquarz und der Bergkristall, verdanken ihre Transparenz (Durchsichtigkeit) und schöne Gestalt u. a. der regelmäßigen Struktur des Siliziumkristalls.
Aufbau eines Siliziumkristalls Atome schließen sich mit anderen Atomen zusammen, indem sie mit Hilfe ihrer Valenzelektronen gemeinsame Elektronenpaare bilden. Beide Elektronen des Paares umkreisen dann beide Atomkerne — und ketten sie so gewissermaßen aneinander. Die Anzahl der Atome, mit denen sich ein Atom verbinden kann, entspricht exakt der Anzahl seiner Valenzelektronen. Weil Silizium vier Valenzelektronen besitzt, kann es sich — wie links zu sehen — mit vier weiteren Atomen verbinden.
122 Basics | Multitalent Diode
MULTITALENT DIODE Vielseitig einsetzbar, sind Dioden in der Welt der Elektronik fast überall zu finden
Ohne es zu ahnen, nutzen viele Menschen ständig eine kleine Armee
z ylinderförmigen Plastikgehäuse steckt ein Siliziumkristall, der le-
von Dioden: Wenn du ein elektrisches Gerät einschaltest, das seinen
diglich aus einer n- und einer p-dotierten Zone besteht. Um zu ver-
Strom aus der Steckdose bezieht — egal ob Computer, Radio oder
stehen, wie eine Diode funktioniert, musst du wissen, dass n-dotier-
Waschmaschine — so wandeln häufig Dioden im Netzteil den Wechsel-
te Kristallzonen einen Vorrat an frei beweglichen, negativ geladenen
strom aus der Dose in den Gleichstrom um, den das Gerät braucht, um
Elektronen aufweisen, während p-dotierte Kristallzonen ein mehr
zu funktionieren. Dioden können aber noch viel mehr: Leuchtdioden
oder weniger großes Reservoir an positiv geladenen Löchern besit-
(LEDs) beispielsweise verwandeln elektrischen Strom in Licht. Die In-
zen. Grenzen eine n- und eine p-dotierte Kristallzone aneinander
dustrie bringt immer lichtstärkere LEDs auf den Markt; einige leuchten
(was bei Dioden der Fall ist), so beginnen die frei beweglichen Elekt-
bereits so hell wie Energiesparlampen, enthalten aber — anders als
ronen aus der n-dotierten in die p-dotierte Zone hinüber zu fließen,
Letztere — keine giftigen Stoffe — und werden die Energiesparlampen
während die Löcher aus der p-dotierten in die n-dotierte Zone wan-
deshalb wahrscheinlich über Kurz oder Lang ablösen. Infrarotdioden
dern. An der Nahtstelle zwischen beiden Kristallzonen treffen beide
sind ein weiteres Mitglied aus der Familie der Dioden. In Bewegungs-
Ladungstypen aufeinander. Die Löcher »verschlucken« nun die Elek-
meldern verbaut, erzeugen sie Lichtschranken — betritt jemand den
tronen und löschen sich damit selbst aus, denn sie sind nach der
Raum, so schaltet sich automatisch das Licht ein. Auch Solarzellen, die
Elektronenaufnahme nicht länger positiv geladen, sondern wieder
Sonnenlicht in Strom verwandeln, sind Dioden. Kurzum: Dioden sind
elektrisch neutral. An der Grenze zwischen n- und p-dotierter Kris-
allgegenwärtig; sie existieren in vielen Varianten — doch trotz ihrer
tallzone entsteht so ein Gebiet, in dem es keine freibeweglichen
Vielfalt funktionieren sie alle nach einem ähnlichen Prinzip! Am Beispiel
Ladungen mehr gibt! Halbleiterphysiker nennen dieses Gebiet des-
einer Halbleiterdiode aus Silizium wollen wir dir dieses Prinzip erklären.
halb »Verarmungszone«. Weil frei bewegliche Ladungen aber die Voraussetzung dafür sind, dass Strom fließen kann, unterbindet die
A Unsere Beispiel-Diode sieht aus wie eine kleine Walze — mit ei-
nem Drähtchen für den Stromanschluss an jedem Ende. Im DIODE IN SPERR-RICHTUNG GESCHALTET Soll eine Diode in Sperr-Richtung geschaltet werden, dann muss das n-Gebiet am Pluspol und das p-Gebiet am Minuspol ange schlossen werden, sodass sich Elektronen und Löcher voneinander wegbewegen. Dadurch weitet sich die Sperrschicht. B
Verarmungszone den Stromfluss. Elektrotechniker nennen sie deshalb auch »Sperrschicht« (↗ vorige Doppelseiten). DIODE IN DURCHLASS-RICHTUNG GESCHALTET Soll eine Diode in Durchlass-Richtung geschaltet werden, dann muss das p-Gebiet am Pluspol und das n-Gebiet am Minuspol angeschlossen werden. Dadurch wird die Sperrschicht aufgehoben. C
RLeitung
+
ISperr ≈ 0
uSperr
N-GEBIET
SPERRSCHICHT
–
RLeitung
+
IFluss
P-GEBIET
uFluss
– Lampe AUS
Lampe AN P-GEBIET
N-GEBIET
DIODE
A
Mikrochip-ABC
123
SCHALTZEICHEN einer Diode
Gehäuse Packaging
Widerstand der Leitung R Leitung
Halbleiter Silizium
Anschluss des n-Gebiets zur Batterie
Kontakte
Anschluss des p-Gebiets zur Batterie
P-GEBIET
N-GEBIET
SPERRSCHICHT
Damit weißt du schon eine ganze Menge darüber, wie Dioden funk-
DIODE IN DURCHLASS-RICHTUNG C
tionieren. Höchste Zeit, unsere Beispiel-Diode an einen Stromkreis
Variante 2: Schließt du den Pluspol des Stromkreises an die
anzuschließen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten.
p-dotierte Seite und den Minuspol des Stromkreises an die n-dotierte Seite der Diode, so wirkt unsere Beispiel-Diode wie ein ge-
DIODE IN SPERR-RICHTUNG B
schlossener Schalter — sie lässt nun den elektrischen Strom pas-
Variante 1: Schließt du den Pluspol des Stromkreises an die n-
sieren! Der Grund: Der Minuspol der Spannungsquelle wirkt auf die
dotierte Seite und den Minuspol an die p-dotierte Seite der Diode,
negativ geladenen, freibeweglichen Elektronen der n-dotierten
so wirkt unsere Beispiel-Diode wie ein offener Schalter (Schalter in
Zone abstoßend — das heißt, er drückt sie in die Mitte der Diode
der Aus-Stellung): Sie unterbricht den Stromkreis. Der Grund: Der
hinein. Als Elektronenquelle pumpt er außerdem weitere Elektro-
Pluspol der Spannungsquelle zieht die negativ geladenen, freibe-
nen, also negative Ladungsträger, in die Diode. Der Pluspol der
weglichen Elektronen im n-dotierten Teil der Diode an, während der
Spannungsquelle wiederum wirkt an dieser Stelle auf die positiv
Minuspol der Spannungsquelle die positiv geladenen Löcher im p-
geladenen Löcher abstoßend und drückt sie in die Diode hinein.
dotierten Teil der Diode anzieht. Das Ergebnis: Die Sperrschicht
Infolgedessen überfluten freibewegliche Elektronen und Löcher die
dehnt sich aus, denn die Pole der Spannungsquelle saugen jetzt noch
Sperrschicht. Die Schicht verschwindet, und so können ungehindert
mehr freie Ladungen aus der Dioden-Mitte ab. Weil über die Sperr-
Elektronen vom Minuspol zum Pluspol der Spannungsquelle flie-
schicht hinweg keine Elektronen fließen können, ist der Stromkreis
ßen — der Stromkreis wird dadurch geschlossen! Elektrotechniker
jetzt unterbrochen! Elektrotechniker sprechen deshalb vom »Be-
sprechen deshalb vom »Betrieb der Diode in Durchlass-Rich-
trieb der Diode in Sperr-Richtung«.
tung«.
→
132 Basics | So funktioniert ein Transistor
SO FUNKTIONIERT EIN TRANSISTOR Transistoren nutzen das Silizium als ihr Fundament, in das sie — etwa zur Hälfte — förmlich hineingebaut werden. Obwohl erst 60 Jahre alt, sind sie bereits das am häufigsten produzierte Bauteil der Menschheitsgeschichte: allein in jedem Smartphone gibt es Hunderte Millionen Transistoren. Transistoren sind die wichtigsten Bauelemente integrierter Schaltun-
Abfluss). Im Gebiet dazwischen liegt ein schmaler Steg — das so
gen. Sie fungieren in den allermeisten Fällen als winzige Schalter: Ist
genannte Gate (dt.: das Tor). Das Gate heißt so, weil es wie ein Tor
der Schaltkreis an eine Spannungsquelle angeschlossen — zum Bei-
darüber entscheidet, ob zwischen Drain und Source ein Strom fließen
spiel eine Batterie — kann jeder einzelne Transistor den elektrischen
kann oder nicht. Feld-Effekt-Transistoren beruhen auf der Wirkung
Strom durchleiten oder stoppen, daher stammt die Bezeichnung
des elektrischen Feldes zwischen Gate, Gateoxid und Halbleiter,
Trans | istor, eine Wortkombination aus »Transfer« (engl. durchleiten)
das Ladungsträger zum Kanal anzieht oder wegdrückt.
und »Resistor« (engl. Widerstand). Wir stellen auf dieser Doppelseite den Transistortyp vor, aus dem die meisten integrierten Schaltungen
Und das geschieht so: Source und Drain sind über Metallleiterbah-
bestehen: den Metal Oxide Semiconductor Feld-Effekt-Transistor
nen an den Stromkreis der Schaltung angeschlossen. Eine dritte
(MOSFET). Zwei Unterarten dieses Transistortyps sind der elektro-
Leiterbahn verbindet das Gate mit einer weiteren Spannungsquelle
nenleitende nMOS- und der löcherleitende pMOS-Transistor.
(»Input«) — damit lässt sich das Gate wahlweise positiv oder negativ aufladen. Ein nMOS-Transistor lässt immer dann Elektronen von
NMOS-TRANSISTOREN A B
Source nach Drain passieren, wenn das Gate positiv geladen ist.
In einer Umgebung aus p-dotiertem Silizium befinden sich zwei n-
Warum? Ein positives Gate zieht Elektronen (hier: Minderheitsla-
dotierte Zonen: nämlich Source (dt.: die Quelle) und Drain (dt.: der
dungsträger) aus dem p-dotierten S ilizium an, die Elektronen sammeln
A
FUNKTIONSWEISE TRANSISTOR, NMOS selbstsperrend, kein Kanal vorhanden, kein Stromfluss
0 volt
-
+
gate drain
source
Mehrheitsladungsträger (Löcher)
p-dotiertes silizium
Input
leitend, Kanal vorhanden, Stromfluss
+ 1 volt gate
-
n-Kanal (»Inversion«)
+
drain
source
Minderheitsladungsträger (Elektronen)
p-dotiertes silizium Feldeffekt
Stromfluss
O ut pu t
Mikrochip-ABC
133
sich im Gebiet zwischen Source und Drain, und so entsteht in diesem
nach Drain fließen können, muss es im Gebiet zwischen Source und
Gebiet (dank der Elektronenanreicherung) ein schmaler, elektronen-
Drain zu einer Anreicherung von Löchern und zur Ausbildung eines
leitender Kanal — der so g enannte n -Kanal. Man spricht von »Inversi-
p-Kanals kommen, der als Leitungsbrücke zwischen Source und
on«, weil die Minderheitsladungsträger für den Leitungsmechanismus
Drain wirkt, so dass zwischen beiden ein Löcher-Strom fließen
verantwortlich sind. Er schließt als Leitungsbrücke die Lücke zwi-
kann. Das geschieht, wenn am Gate eine negative Spannung anliegt.
schen Source und Drain, so dass zwischen beiden Strom fließen bzw.
Der Transistor ist dann geschlossen. Dagegen brechen der p-Kanal
Signale transportiert werden können. Der Transistor ist damit ge-
und damit der Strom bei einer positiven Gate-Spannung zusammen.
schlossen (Gate hat geöffnet, lässt den Strom passieren) — die Lampe brennt (»Output«). Ein negativ geladenes Gate hingegen stößt Elekro-
Das Gateoxid trennt das Gate vom Rest des Transistors. Aus einem
nen ab und sorgt so im Gebiet zwischen Source und Drain für eine
nichtleitenden Material bestehend, verhindert es, dass Elektronen
Elektronenverarmung. Der n-Kanal verschwindet, der Transistor
vom n-Kanal auf das Gate überspringen — was den Energieverbrauch
unterbricht den Stromkreis bzw. den Signaltransport. Wir können
des Chips stark anschwel-
also mit der Gatespannung das Verhalten des Transistors steuern.
len lassen würde (Fachleute sprechen von Leckströ-
Der pMOS-Transistor C ist die Umkehrung des nMOS-Transistors:
men). Das Gateoxid ist die
Source und Drain befinden sich in einer Wanne aus n-dotiertem
dünnste Schicht des ge-
Silizium und sind selbst p-dotiert. Damit nun Löcher von Source
samten Chips. ¢
B
MOS steht für Metall-OxidSemiconductor (Halbleiter)
NMOS-FELD-EFFEKT-TRANSISTOR Negativ geladene Elektronen bilden einen n-Kanal zwischen Source und Drain.
Gateoxid
minderheits-ladungsträger (vom silizium selbst erzeugt)
Loch
C
mehrheits-ladungsträger (durch dotierungsatome erzeugt) feldeffekt
Elektron
PMOS-FELD-EFFEKT-TRANSISTOR Positiv geladene Löcher bilden einen p-Kanal zwischen Source und Drain.
p-kanal
minderheits-ladungsträger (vom silizium selbst erzeugt)
Loch
Elektron
feldeffekt
mehrheits-ladungsträger (durch dotierungsatome erzeugt)
ANWENDUNGEN
Vom Roboterauto bis zum Hightech-Bauern: Wozu Prozessoren, Speicher und Sensoren eigentlich gut sind und wie sie unsere Alltagswelt verändern.
FACHWISSEN
Autoelektronik Wenn der Computer hinterm Lenkrad sitzt . . . . . . . 174 So funktionieren Roboterautos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3D und hochgenau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Im Robocar durch die Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Elmos Semiconductor AG: Wisch! Die Zukunft gehört der Geste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 190 Lars Vollmer: Ingenieur E-Technik . . . . . . . . . . . . . . P 191 Kostal: Wenn das Auto selbst die Unfall-Quellen erkennt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 192 Jan Marmann: W irtschaftsingenieur . . . . . . . . . . . P 193 NXP will Autos sechsten Sinn gegen Unfälle einimpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 194 NXP Semiconductors Germany GmbH: Mehr Sicherheit & Intelligenz für die vernetzte Welt . . . P 194 Franz Amtmann: Europäischer Erfinderpreis für NFC . . . . . . . . . . . . P 197 Jan Phillip Gehrmann: Wirtschaftsingenieur, Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . P 197 Leistungshalbleiter für die Energiewende . . . . . . . . P 198 Infineon Technologies AG: Einfacher, sicherer, umweltfreundlicher! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 202 Andrea Landgraf, Prozessingenieurin . . . . . . . . . . P 203 Peter Schiefer, Leiter Operations: Wir müssen heute wissen, was übermorgen möglich ist . . . . P 205 Thomas Rickes: Principial Design & Verifikation . P 205
Industrieelektronik / Industrie 4.0 Die Fabrik der Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Evolution oder Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Der Fluch der Datenmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Siemens AG: »Industrie 4.0« gegen den Schmerz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 214 Siemens AG: Industrieautomatisierung . . . . . . . . . . P 216 Creative Chips: Die Maschinen-Dolmetscher . . . . P 218 3D Interaction Technologies: 3D-Blick ins Innere von Hightech-Anlagen . . . . . . . P 220 Energietechnik Ökostrom plus Elektronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Die Zukunft des Wohnens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Smart Materials — Kunststoffe mit Köpfchen . . . . . 226 Mikro- und Nanotechnologie Kühle Rechner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 GLOBALFOUNDRIES: Nieder mit der Diktatur der Ladeschale! . . . . . . . . . P 238 Medizintechnik Doktor Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Roboterhilfe für Chirurgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Umwelttechnik Das große Reinemachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Agrarwirtschaft Mist an Bauer: Muss aufs Feld! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 AMA e. V. Sensornetze bremsen Durst … . . . . . . . . . P 258 AMA e. V.: Ohne Sensoren wäre alle Hightech blind & taub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 259
222 Anwendungen | Energietechnik | Ökostrom plus Elektronik
ÖKOSTROM PLUS ELEKTRONIK Wie Elektronik zur Energiewende beiträgt
Das Wort »Energiewende« ist in aller Munde. Es steht für den Um-
Antworten auf diese Herausforderung. Neben neuen Energie-Spei-
bau unserer Energieversorgung von Kohle, Öl und Gas auf Sonne,
chertechnologien sollen intelligente Netze — so genannte Smart
Wind und Erdwärme. Praktisch alle Bundestagsparteien rechnen
Grids — zur Lösung des Problems beitragen.
die Energiewende zu ihren wichtigsten politischen Anliegen. Es ist Deutschlands Antwort auf die vielleicht größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte: die globale Erwärmung. Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir möglichst schnell möglichst viele Wind- und Solarkraftwerke. Doch Ökostrom allein genügt nicht. Massive Investitionen in Elektronik müssen dazu kommen. Und hier erfährst du, warum. VORRANG FÜR ÖKOSTROM
Zog früher die Stromnachfrage an, steigerten die Erzeuger im gleichen Tempo die Produktion, indem sie ihre Generatoren einfach mit mehr Kohle befeuerten. Zieht dagegen unter den Bedingungen eines wachsenden Ökostrom-Anteils am Energiemix die Stromnachfrage an, entscheiden Wetter und Jahreszeit, ob Wind- und Solaranlagen den Bedarf der jeweiligen Netzregion decken können.
Weil bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in Kraftwerksturbinen und Motoren Kohlendioxid (CO2) entsteht, gelten sie als die
INTELLIGENTE NETZE (SMART GRIDS)
Hauptquellen des Klimawandels. Umweltschützer überall auf der
Aus einem konventionellen Stromnetz wird ein Smart Grid — ein
Welt wollen die Energieversorgung deshalb so schnell wie möglich
intelligentes Netz —, wenn es in der Lage ist, kurzfristige Diskre-
auf die sauberen (weil kein CO2 freisetzenden) Energieträger Sonne,
panzen zwischen der Stromnachfrage und dem Stromangebot
Wind und Erdwärme umstellen. Unter dem Eindruck des Reaktor-
selbst zu erkennen und auszugleichen. Bislang existieren Smart
unglücks von Fukushima und angesichts düsterer Prognosen der
Grids nur als Computermodelle und in Feldversuchen — doch die
Klimaforscher will Deutschland auf diesem Weg vorangehen. Schon
Computer-, Sensor- und Datenübertragungstechnik, die Smart
2030 sollen die erneuerbaren Energien rund 50 Prozent des Strom-
Grids möglich macht, ist schon weit gediehen. Im Info-Kasten auf
bedarfs der Bundesrepublik decken! Das »Gesetz für den Vorrang
der rechten Seite kannst du nachlesen, wie so ein elektronisch
Erneuerbarer Energien« (kurz: EEG) ist bislang der wichtigste poli-
gesteuertes Netz funktionieren soll.
tische Hebel dafür. Es belohnt den Bau von Wind-, Sonne-, Biomasse- und Erdwärme-Kraftwerken mit festen Abnahmepreisen für
ENERGIE EINSPAREN, VERLUSTE VERMEIDEN
Ökostrom. Die Preise sollen einen wirtschaftlichen Betrieb der
Eine weitere Säule der Energiewende besteht darin, Energie einzu-
Öko-Kraftwerke ermöglichen. Im Jahr 2000 erlassen, hat das EEG
sparen und Energieverluste zu vermeiden, wo immer es geht. Solan-
einen gewaltigen Investitionsschub in die erneuerbaren Energien
ge wir einen Großteil unserer Energie noch mit Kohle, Öl und Gas
ausgelöst. Die Nachfrage nach grüner Energietechnik ließ binnen
erzeugen, trägt jedes eingesparte Watt dazu bei, die Menge des
weniger Jahre die »Branche der erneuerbaren Energien« entstehen.
freigesetzten CO2 zu verringern. Steigende Energiepreise spielen
Spezialisiert auf klimafreundliche Energietechnik, hat sie bis zum
dabei dem Klimaschutz in die Hände. Sie erhöhen den Druck auf die
Jahr 2011 rund 380.000 neue Arbeitplätze geschaffen!
Unternehmen, auf die Energiebilanz ihrer Produkte zu achten. Immer häufiger stehen deshalb ganze Produktgruppen auf dem Prüfstand
VERFLIXTES WETTER!
und erleben unter dem Gesichtspunkt ihrer Energieeffizienz und
Gegenüber Kohle, Öl und Gas haben die wichtigsten erneuerbaren
Klimafreundlichkeit eine grundlegende Überarbeitung. Ein promi-
Energien — Sonne und Wind — jedoch einen entscheidenden Nachteil:
nentes Beispiel ist das Auto: Das benzingetriebene Automobil wird
Ihr Stromertrag hängt vom Wetter ab und folgt einem jahreszeitli-
zum Auslaufmodell, die Zukunft gehört dem Elektromobil. Auch beim
chen Zyklus. Solaranlagen liefern gerade dann wenig Strom, wenn
Bauen und Wohnen kündigt sich eine Technik-Revolution im Zeichen
wir besonders viel davon brauchen: im Winter (weil die Sonne dann
des Klimaschutzes an: Künftige Generationen werden in Häusern
weniger scheint), und Windräder stehen bei Flaute still — egal ob wir
leben, die ihren Strom- und Wärmebedarf im Jahresschnitt selbst
gerade viel oder wenig Strom benötigen. Aus dem Umbau des Ener-
decken. Ausgerüstet mit Solaranlagen, beheizt von Luft-Wärmepum-
giesystems erwächst also ein Problem, das wir bisher nicht kannten:
pen und gesteuert von elektronischen Energiemanagementsyste-
Plötzlich wird es schwierig, alle Landesteile stets ausreichend mit
men (EMS), werden sie maßgeblich zur Energiewende beitragen. Auf
Strom und Wärme zu versorgen. Zahlreiche Ingenieure suchen nach
der nächsten Doppelseite stellen wir so ein Haus der Zukunft vor. →
ENERGIESITUATION IN DEUTSCHLAND
energ
ien
12,1
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Die erneuerbaren Energien deckten 12,1 Prozent dieses Energiebedarfs und verteilten sich wie folgt auf die einzelnen Energiearten:
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ó Wasserkraft (0,7 %), ó Solarthermie, Geothermie (0,5 %)
* Feste und flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas,
8,
biogener Anteil des Abfalls, Biokraftstoffe
,9 7 8 rgi e
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Stand: Dezember 2012; Quelle: BMU — E I 1 nach Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) und ZSW, unter Verwendung von Angaben der AGEB, weitere Angaben zum Thema erneuerbare Energien findest du auf der Internet-Seite des BMU: www.erneuerbare-energien.de
ó Biomasse* (8,0 %), ó Windenergie (2,0 %), ó Photovoltaik (0,8 %),
rä
0,7 0,5
Diagramm Innenring // Anteil erneuerbare Energien (Detail)
DEUTSCHLANDS ENERGIEBEDARF STROM, WÄRME, VERKEHR Diagramm Außenring // A nteil fossiler Energieträger + Kernenergie + erneuerbare Energien (Gesamt) Energien (12,1 %), ó Steinkohle (11,9 %), ó Kernenergie (9 %), ó Sonstige (2 %)
rme s ser win d wä w a
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0,8
223
ó Mineralöl (34 %), ó Erdgas (19 %), ó Braunkohle (12 %), ó erneuerbaren
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Mikrochip-ABC
kommunikations datenfluss
energiefluss
SO SOLLEN SMART GRIDS FUNKTIONIEREN Intelligente Energieverbrauchszähler (Smart Meter) gebündelten Leistung dieser Kleinstkraftwerke den messen permanent den Stromverbrauch aller Haus Stromengpass im Netzgebiet vermindern. Sind die halte und melden ihn dem Computer, der das Smart privaten Haushalte mit intelligenten Energiemanage Grid steuert. Zeitgleich erfassen Sensoren die mentsystemen (EMS) ausgerüstet (↗ »Die Zukunft Strommenge, die jede einzelne Stromerzeugungsan des Wohnens«), kann der Steuerungscomputer des lage ins Netz einspeist. Laufen das Angebot und die Smart Grids bei Versorgungsengpässen auch den Nachfrage auseinander, veranlasst der Steuerungs Stromverbrauch der Privathaushalte drosseln. So computer des Smart Grids Aktionen, die geeignet kann er mit den Energiemanagementsystemen der sind, die Diskrepanz auszugleichen: Bei einem lokalen Häuser im Netzgebiet vereinbaren, dass sie alle Stromüberangebot kann der Rechner zum Beispiel Haushaltsgeräte, deren Benutzung nicht an eine be Windräder und Solarparks im Versorgungsgebiet stimmte Tageszeit gebunden ist, zeitweilig sperren zeitweilig abschalten. Läuft dagegen die Nachfrage (die Waschmaschine etwa kann auch in der Nacht dem Angebot davon, kann der Rechner beispielswei laufen, wenn die Stromnachfrage gering ist). Intelli se Blockheizkraftwerke in den Kellern von Privat gente Netze verschiedener Regionen können auch häusern per Fernzugriff einschalten und mit der miteinander kommunizieren und Stromüberschüsse
aus Gebieten mit lokaler Überproduktion in Gebiete mit lokaler Unterversorgung umleiten. Kurzum: Smart Grids sind die Universalgenies des ÖkoStromzeitalters. In kritischen Situationen sorgen sie für die optimale Nutzung und Verteilung knapper Energieressourcen. Es werden sicher noch einige Jahre vergehen, ehe Smart Grids im großen Stil Wirklichkeit werden, denn ihre Realisierung berührt auch sensible rechtliche Fragen. So ist umstritten, inwieweit es mit den Datenschutzgesetzen vereinbar ist, wenn Netzbetreiber Zugriff auf sämtliche Ver brauchsdaten eines Haushaltes erhalten (also nicht nur den Gesamtverbrauch kennen, sondern auch wis sen, wie oft und wie lange das Radio und der Fernse her laufen).
224 Anwendungen | Energietechnik | Die Zukunft des Wohnens
DIE ZUKUNFT DES WOHNENS Solaranlagen, Wärmepumpen und elektronische Energiemanagementsysteme machen in Zukunft Häuser möglich, die ihren Strom- und Wärmebedarf selbst decken. Familie Welke / Wiechers hat die Zukunft des Wohnens schon erlebt:
Vor allem jedoch dokumentierte das »Effizienzhaus Plus« das Inte-
Im März 2012 zog sie für 15 Monate in ein schickes Einfamilienhaus
resse des Staates an schnellen Fortschritten auf dem Gebiet des
in Berlin-Charlottenburg, das den Namen »Effizienzhaus Plus mit
energieeffizienten Bauens — ein Anliegen, das aus den Klimazielen
Elektromobilität« trägt. Hinter der sperrigen Bezeichnung steht ein
der Bundesrepublik resultiert: Je mehr und je zügiger Häuser ent-
visionäres Konzept, das die Welke / Wiechers im Auftrag des Bun-
stehen, die sich selbst mit Energie versorgen, umso weniger Kohle,
desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
Öl und Gas muss die Energiewirtschaft verbrennen, um den Strom-
auf seine Alltagstauglichkeit testeten.
bedarf der Haushalte zu decken — und umso schneller kommt die Energiewende voran. Aus dem gleichen Grund fordert die Europä-
Mit Solarmodulen auf dem Dach und der Fassade und einer Luft-
ische Union (EU), dass ab 2021 alle Wohn-Neubauten in Europa als
Wasser-Wärmepumpe erzeugt das Haus im Jahresverlauf mehr
Null-Energie-Häuser ausgeführt werden müssen — solche Häuser
Strom und Wärme als es verbraucht, was sich im Namen »Effizi-
erzeugen im Jahresverlauf genau so viel Energie wie sie verbrau-
enzhaus Plus« ausdrückt. Von Frühling bis Herbst, wenn die Son-
chen, so dass die Bilanz aus Produktion und Verbrauch Null ist.
ne viel scheint, produziert die Solaranlage meist sogar so viel Strom, dass eine Familie damit nicht nur den täglichen Hausbedarf
Die Tage des Wohnhauses, das komplett vom Netz abhängt, sind also
decken, sondern auch noch zwei Elektroautos und zwei Elektro-
gezählt. Die Zukunft wird spannend. Experten rechnen damit, dass
fahrräder »betanken« kann — daher der Namenszusatz »mit Elek-
sich in der Gebäudetechnik eine ähnliche Entwicklung vollziehen wird
tromobilität«.
wie im Autobau: Die Gebäudeentwickler werden die Häuser immer stärker mit Hightech ausstatten (darunter zur Energieerzeugung
Völlig energieautark ist das Haus aber nicht: Vor allem an trüben
und zur Kommunikation), und damit wird auch moderne Elektronik
Wintertagen kann die Solaranlage den Tagesstrombedarf nicht
eine immer größere Rolle spielen, weil Chips und Sensoren die immer
decken. Das Haus überbrückt dann das Defizit mit Strom aus dem
komplexere Haustechnik viel schneller und zuverlässiger zu steuern
öffentlichen Netz. Ein intelligentes Energiemanagementsystem
vermögen als der Mensch.
(EMS) sorgt in solchen Phasen dafür, dass kein Watt Leistung verloren geht. Auf Sensoren gestützt und gesteuert von einem Compu-
Familie Welke / Wiechers lebte übrigens schon vor ihrem Einzug ins
ter, dirigiert es die gesamte Haustechnik.
»Effizienzhaus Plus« sehr umweltbewusst. Klimaschutz ist ihr eine Herzenssache. Und so war sie voller Lob für die umweltfreundliche
Das BMVBS hob das »Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität« im
Technik-Ausstattung des Hauses: »Bei den Haushaltsgeräten, mit
Jahr 2011 aus der Taufe, als es Bauingenieure und Architekten in ei-
denen das Effizienzhaus ausgestattet ist, wie Kühlschrank, Ge-
nem bundesweiten Wettbewerb aufrief, ein entsprechendes Wohn-
schirrspüler, Waschmaschine, Trockner und Herd, handelt es sich
haus zu konzipieren. Ein Stuttgarter Planungsteam gewann den
tatsächlich um die energieeffizientesten Geräte, die am Markt
Wettbewerb (Platz zwei ging an die TU Dresden). Nach den Stuttgar-
erhältlich sind«, sagte Jörg Welke. »Die verbrauchen so wenig
ter Plänen errichtet, diente das »Effizienzhaus Plus« als Schaufens-
Strom, dass wir uns um unseren Energieverbrauch kaum noch
ter, das zeigt, was auf dem Gebiet des energieeffizienten Bauens
Gedanken zu machen brauchen.« Einziger Wermutstropfen sei der
heute möglich ist. Gleichzeitig diente es als Testlabor für die Alltags-
großformatige Flachbildfernseher: Der habe — verglichen mit an-
tauglichkeit des visionären Konzeptes.
deren Haushaltsgeräten — einen sehr hohen Stromverbrauch.
FAMILIE WELKE / WIECHERS Wenn Simone Wiechers (43) in der warmen Jah reszeit mit dem Elektrofahrrad zur Arbeit radelte und bei Rot an einer Kreuzung halten musste, häng te sie mit ihrem Elektromotor, sobald der Verkehr wieder anrollte, selbst junge Männer auf ihren Sporträdern ab — und musste dann über die er staunten Männerblicke schmunzeln. Lenz (9) hatte hin und wieder Spaß daran, seine Schwester Freyja (11) zu ärgern, indem er mit seinem Smartphone auf
den Steuerungscomputer des Energiemanagement systems (EMS) zugriff und in Freyjas Zimmer genau dann die Rollläden schloss, wenn sie die Hausaufga ben machte. Jörg Welke (43) ist Sprecher eines Umweltforschungsinstitutes. Aus Umweltgründen fuhr er kein Auto, bevor er mit seiner Familie ins »Effizienzhaus Plus« in Charlottenburg zog. Dort genoss er es, dass er täglich mit dem E lektro-Auto zur Arbeit fahren konnte, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
EFFIZIENZHAUS PLUS MIT ELEKTROMOBILITÄT
Mikrochip-ABC
225
WÄRMEPRODUKTION
STROMERZEUGUNG Die Solarmodule auf dem Dach und der Südfassa de produzieren den Strom für die Heizungs- und Lüftungsanlage, die Beleuchtung, alle Elektroge räte und die Elektrofahrzeuge. Stromüberschüs se, die darüber hinaus entstehen, kommen in eine Hausbatterie. Voll geladen, kann sie das Haus drei Tage lang mit Strom versorgen.
Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe saugt Außenluft aus der Umgebung des Hauses an, entzieht ihr die Wärme, die sie enthält, und nutzt die Energie, um das Haus (auch im Win ter!) über eine Fußbodenheizung zu beheizen und das Warmwasser zu produzieren, das die Familie benötigt. Im Winter trägt die Dreifach-Thermoverglasung zur Be heizung bei: Dank einer besonderen Beschichtung lässt sie die Strahlen der Sonne ins Haus hinein, lässt aber die Wärme, die durch die Sonne im Haus entsteht, nicht wie der heraus. Die Hersteller der Thermoverglasung füllen die Räume zwischen den Glasscheiben außerdem mit
Photovoltaik
Argon. Das Edelgas transportiert Wärme schlecht, und so verstärkt es die Treibhauswirkung der Verglasung. Eine Lüftungsanlage sorgt auch im Winter für Frisch luft, ohne dass die Familie Welke/Wiechers die Fenster öffnen müssen und kostbare Wärme verschwenden. Die Anlage pumpt die (verbrauchte) Innenluft aus dem Haus heraus und saugt gleichzeitig (frische) Außenluft an. Auf ihrem Weg passieren beide Luftströme einen Kreuzwärmetauscher. Dort gibt die Innenluft, ehe sie das Haus verlässt, ihre Wärme an die einströmende kalte Außenluft ab.
Wärmepumpe
Öffentliches Stromnetz
Steuerung via Mobile Device
Bewohner Hausbatterie
Elektrofahrzeuge
WIE ENERGIEMANAGEMENTSYSTEME (EMS) KÜNFTIGE ENERGIEEFFIZIENZHÄUSER STEUERN SOLLEN Das EMS dirigiert die gesamte Haustechnik und alle Fernseher) und löscht überall das Licht, wo niemand EMS-Steuerungsrechner des Effizienzhauses in Ber Stromverbraucher. Der Steuerungscomputer des sich aufhält. Der Steuerungsrechner steht ferner lin-Charlottenburg über ein berührungsempfindli EMS errechnet, gestützt auf Wettervorhersagen aus ständig mit der Netzzentrale des lokalen Energie ches Display programmieren. Sie kann z. B. die Tem dem Internet, permanent, wie viel Strom die hausei versorgers in Verbindung, fragt dort den aktuellen peratur der Heizung zu einer bestimmten Tageszeit genen Solarmodule in den nächsten Stunden bzw. Strompreis ab und bezieht Netzstrom vorzugsweise im Voraus festlegen. Per Mobilfunk-Verbindung und Tagen produzieren werden und wie viel Energie das dann, wenn der Preis günstig ist (was in der Regel Smartphone kann sie auf die gesamte Haustechnik Haus benötigt. Zeichnet sich ein Stromdefizit ab, un nachts der Fall sein dürfte, wenn die Nachfrage ge auch aus der Ferne zugreifen. Fährt sie beispielswei terwirft er das Haus einem strengen Energiespar- ring ist). Nach dem Kauf puffert er den Netzstrom in se in die Ferien und vergisst die Tür abzuschließen, Regime. Er schaltet dann z. B. alle Elektrogeräte ab, der hauseigenen Batterie und nimmt ihn in Anspruch, kann sie den Steuerungsrechner ihres EMS per deren Nutzung nicht an eine bestimmte Tageszeit wenn der Strombedarf und der Strompreis wieder Smartphone verständigen. Der Rechner überprüft gebunden ist (die Waschmaschine etwa kann auch anziehen. Gleichzeitig verwöhnt das EMS die Bewoh dann die Tür, verriegelt sie und schickt der Familie nachts laufen, wenn Strom billig ist); er unterbindet ner mit tollen neuen Möglichkeiten der Steuerung eine SMS: »Tür abgeschlossen, schöne Ferien.« den Standby-Betrieb von Geräten (wie Radio und ihrer Haustechnik. Familie Welke / Wiechers kann den
226 Anwendungen | Energietechnik | Smart Materials: Kunststoffe mit Köpfchen
SMART MATERIALS — KUNSTSTOFFE MIT KÖPFCHEN Ingenieure und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für zerstörungsfreie Prüfverfahren setzen sich intensiv mit einer neuen, vielversprechenden Materialgruppe auseinander
Mit 250 Stundenkilometern (km/h) Spitzengeschwindigkeit und über
Besteht der Gewebekern — wie beim BMW i8 Concept — aus Koh-
350 Pferdestärken (PS) ist der BMW i8 Concept ein echtes Kraftpa-
lefasern, spricht man von kohlefaserverstärktem Kunststoff, be-
ket — doch er wäre nur ein Sportwagen unter vielen, hätte er nicht
steht er aus Glasfasern, spricht man von glasfaserverstärktem
diesen sensationell niedrigen Benzinverbrauch: Drei Liter Kraftstoff
Kunststoff. Verbundwerkstoffe bilden — neben neuen Antriebskon-
genügen dem Straßenflitzer je 100 Kilometer Fahrstrecke, um seine
zepten — den Schlüssel für mehr Sparsamkeit auf der S traße, in
Qualitäten zu entfalten — so sparsam waren bisher nicht einmal
der Luft und auf der Schiene, denn sie sind deutlich leichter als
Kleinwagen! Um so viel Leistung mit so wenig Kraftstoff zu realisie-
Stahl — aber genauso belastbar! Die Hersteller von Autos, Flugzeu-
ren, hat der bayerische Autobauer alles aufgeboten, was m oderne
gen und Bahnen können damit leichtere Karosserien bauen — und
Automobiltechnik hergibt. Neben einem Plug-In-Hybridantrieb (einer
wenn ihre Fahrzeuge weniger wiegen, verbrauchen sie auch weni-
Kombination aus Benzin- und Elektro-Motor) hat er dem BMW i8
ger Kraftstoff!
Concept u. a. eine Leichtbau-Karosserie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff verpasst! Und damit sind wir beim eigentlichen Thema:
DER SCHWACHPUNKT
bei den Verbundwerkstoffen (zu denen auch die kohlefaserverstärk-
Havarien von Windkraftanlagen, bei denen Rotorblätter bei Sturm
ten Kunststoffe zählen) und bei einem Forschungsprojekt, das dieser
und Gewitter plötzlich brachen, zeigen jedoch, dass der Siegeszug
neuen Materialgruppe den Weg ebnen soll.
der Verbundwerkstoffe kein glatter Durchmarsch ist. »Wir haben viel Erfahrung mit Metallen und können z. B. exakt vorhersagen, wann
WOZU VERBUNDWERKSTOFFE?
Stahl bricht«, sagt der Materialforscher Dr. Dieter Hentschel vom
Kunst- oder Naturharze geben den Verbundwerkstoffen ihre Form
Dresdner Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren
und Festigkeit, spezielle Beimischungen verleihen ihnen besondere
(IZFP). »Verbundwerkstoffe dagegen sind noch ein ganz junges Gebiet.
Eigenschaften. Zu den Verbundwerkstoffen gehören z. B. faserver-
Wir beginnen gerade erst, Erfahrungen damit zu sammeln, und wis-
stärkte Kunststoffe — sie bestehen aus Kunstharz und einem Gewe-
sen deshalb in vielen Fällen nicht so genau, wann diese Materialien
bekern, der sie besonders widerstandsfähig gegen Zugkräfte macht.
ihre Belastungsgrenze erreichen.« →
ANWENDUNGSFALL WINDRÄDER Produzenten von Windkraftanlagen waren — und sind — Pioniere beim Einsatz der neuen Materialien: Seit Anfang der 70er Jahre besitzen faktisch alle Wind kraftanlagen Rotorblätter aus einem Verbundwerkstoff, der aus glas- und kohle faserverstärktem Kunststoff besteht (Grafik). Und das hat folgende Gründe: Die Rotorblätter müssen möglichst lang sein, denn mehr Länge bedeutet eine größere Flügelfläche — und damit eine bessere Ausnutzung des Windes als
ntriebskraft. Gleichzeitig müssen die Rotorblätter relativ schmal sein — werden A sie nämlich zu breit, wird die Windlast zu groß — und dann können die Blätter brechen. Schließlich müssen die Rotorblätter möglichst leicht sein, damit auch schwacher Wind sie schon in Bewegung setzen kann. Mit glas-und kohle faserverstärktem Kunststoff lassen sich all diese Eigenschaften hervorragend realisieren — Holz dagegen erlaubt nicht so lange Rotorblätter, während Metalle als Konstruktionsmaterial zu schwer und / oder zu teuer sind.
VERBUNDWERKSTOFFE IN DER FAHRZEUGINDUSTRIE
Mikrochip-ABC
WOZU VERBUNDWERKSTOFFE? Überall auf der Welt arbeitet die Fahrzeugindustrie mit Hochdruck an Autos, Flugzeugen und Bahnen, die weni ger Treibstoff benötigen. Verbundwerkstoffe bilden neben neuen Antriebskonzepten den Schlüssel für mehr Sparsamkeit auf der Straße, in der Luft und auf der Schiene, denn sie sind deutlich leichter als Stahl, aber genauso belastbar! Die Hersteller können damit leich
tere Karosserien bauen — und wenn Autos, Flugzeuge und Bahnen weniger wiegen, dann verbrauchen sie we niger Kraftstoff! Abbildung rechts: Kohlefasergewebe verleihen den kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) besondere Festigkeit, was diese Materialgruppe vor allem für den Fahrzeugbau interessant macht.
1
SCHICHTAUFBAU des Verbundwerkstoffes, aus dem die Windräder von Windkraftanlagen bestehen
2
3 1
Polyuretan
2 Glasfaser
3 Epoxidharz 4 Kohlefaser
4 1
227
228 Anwendungen | Energietechnik | Smart Materials: Kunststoffe mit Köpfchen
»Das zwingt uns beim Einsatz von Verbundwerkstoffen, Material-
jedes zweite Pflaster eine elektrische Spannung an und versetzen
stärken zu wählen, die ein großes Sicherheitspolster enthalten«, so
die Piezofasern so in Schwingungen. Von den Pflastern übertragen
Hentschel weiter. »Auf Dauer ist das aber keine gute Lösung, weil
sich die Schwingungen auf das Flügelmaterial, durchlaufen es als
wir damit den größten Vorteil der neuen Materialgruppe wieder
akustische Welle und treffen nach einer bestimmten Wegstrecke
verspielen — ihr geringes Gewicht.«
auf die nächstgelegenen Pflaster. Die Welle versetzt nun die Piezofasern auch dieser Pflaster in Schwingungen — mit dem Effekt, dass
DAS FORSCHUNGSPROJEKT
diese Fasern nun elektrische Spannung erzeugen (denn, wie eben
Um das Problem zu lösen, statten Wissenschaftler des Cool Silicon-
schon gesagt: Piezofasern erzeugen eine elektrische Spannung, wenn
Netzwerkes Verbundwerkstoffe mit elektronischer Intelligenz aus.
sie schwingen). Die Stärke und der Rhythmus des Spannungssignals,
Mit Sensoren, kleinen Sendern (oder Kabeln) für die Datenübertra-
das die Fasern erzeugen, entsprechen dabei genau der Frequenz
gung und Steuerungselektronik versehen, sollen die Verbundwerk-
und Amplitude der Welle, die den Flügel durchläuft! Das heißt: Das
stoffe sich selbst überwachen, Materialrisse selbst erkennen und
Spannungssignal gibt exakt über die Beschaffenheit der Welle
ihrem Nutzer signalisieren, ehe größerer Schaden entstehen kann.
Auskunft, und die Beschaffenheit der Welle wiederum hängt direkt
Bei der Entwicklung entsprechender Lösungen konzentrieren sich
vom Zustand des Flügelmaterials ab! Ist das Material unbeschädigt,
die Forscher auf Fälle, wo es auf höchste Sicherheit ankommt: auf
breitet sich die Welle gleichmäßig darin aus — ihre Frequenz und
Rotorblätter von Windkraftanlagen und Flugzeugteile. »Die Haut
Amplitude beschreiben eine makellose Sinuskurve. Befinden sich
des Airbus A380 besteht bereits zu über 20 Prozent aus kohlefa-
dagegen zwischen dem Pflaster, das die Welle produziert, und dem
serverstärktem Kunststoff (CFK)«, erklärt Hentschel die Bedeutung
Pflaster, das die Welle empfängt, Risse, bringen sie die Welle aus
einer zuverlässigen Materialüberwachung für den CFK-Einsatz im
dem Takt und modifizieren in charakteristischer Weise ihre Fre-
Flugzeugbau. »Aus CFK sind zum Beispiel Teile des Höhenleitwerkes
quenz und Amplitude. Kurzum: Aus der Stärke und Frequenz des
und die Ladeklappe des Gepäckraumes. Bei der nächsten Airbus-
Spannungssignals lässt sich präzise ablesen, ob das Flügelmaterial
Generation soll der CFK-Anteil bereits auf 50 Prozent wachsen. Das
in Ordnung ist oder Risse enthält!
heißt: Die Luftfahrtindustrie setzt verstärkt auf diese Materialgruppe, weil sie leichtere und damit treibstoffsparende Flugzeuge
AKTOREN, SENSOREN UND DIE
möglich macht. Aber: Flugzeugteile müssen unter allen Bedingun-
AUFGABEN DER ELEKTRONIK
gen halten. Deshalb müssen die betreffenden Bauteile sicher über-
Die Pflaster, die mit ihren Piezofasern die Welle erzeugen, heißen
wacht werden — und genau daran arbeiten wir.«
Aktoren — denn sie sind der aktive, agierende Teil des Überwachungssystems. Die Pflaster hingegen, die die Welle empfangen und mit
SO FUNKTIONIERT DIE
ihren Piezofasern das Spannungssignal produzieren, heißen Senso-
MATERIALÜBERWACHUNG
ren — denn sie sind der passive, »fühlende« Teil des Systems. Ein
Hentschel und sein Forscherteam überziehen Flugzeugteile und
Computer steuert das Überwachungssystem. Bei den Windkrafträ-
Rotorblätter mit einem Netz aus kleinen Pflastern, die aus zwei
dern befindet er sich in der Gondel der Anlage. Über Lichtleiterkabel
Teilen bestehen: Ein Teil des Pflasters enthält einen elektronischen
ist er mit den Pflastern auf den Rotorblättern verbunden. Der Com-
Schaltkreis sowie Anschlüsse zur Signalübertragung; der andere
puter sendet über die Lichtleiterkabel Lichtblitze an alle Pflaster, die
Teil enthält ein Gewebe aus Piezofasern. Solche Fasern haben die
als Aktoren wirken sollen. Der elektronische Schaltkreis auf den
Eigenschaft, dass sie zu schwingen beginnen, legt man eine elekt-
Pflastern wandelt die Lichtblitze in elektrische Spannung, regt damit
rische Spannung an sie an, während sie im umgekehrten Fall elek-
die Piezofasern zum Schwingen an und löst so die akustische Welle
trische Spannung erzeugen, werden sie in Schwingung versetzt.
aus, die das Flügelmaterial durchläuft. Die Piezofasern der Pflaster,
Die Materialforscher machen sich dieses Verhalten der Fasern
die als Sensoren fungieren, erzeugen elektrische Spannung, sobald
zunutze: Sie betten die Pflaster in das Flügelmaterial ein, legen an
die Welle sie erreicht und in Schwingung versetzt. →
3 2
PIEZO-PF L ASTER Sie fungieren wahlweise als Aktoren oder Sensoren des Materialüberwachungssystems. Die hellen, fasrigen Struk turen 1 , die durch den braun gefärbten Teil des Pflasters hindurchschimmern, sind die Piezofasern. Im beigefarbenen Rahmen 2 nebenan sitzt die Steuerungselektronik, das blaue Glasfaserkabel 3 dient der Signalübertragung.
1
VERBUNDWERKSTOFFE IN WINDKRAFTANLAGEN
Mikrochip-ABC
EIN TYPISCHER ANWENDUNGSFALL So funktioniert die Materialüberwachung, wenn die Piezo Pflaster gleichzeitig als Aktoren und Sensoren wirken: Der Steuerungscomputer 1 in der Gondel der Windkraftanlage sendet über Lichtleiterkabel 2 Lichtimpulse (Blitze) 3 an sämtliche Piezo-Pflaster, die nun zunächst als Aktoren 4 wirken. Der elektronische Schaltkreis 5 der Pflaster wandelt die Lichtimpulse in elektrische Spannung um, regt damit die Piezofasern 6 zur Kontraktion an und löst so die akustische Welle 7 aus, die das Flügelmaterial durchläuft. Ein Riss im Flügel 8 reflektiert die akustische Welle und schickt sie zum Pflaster zurück, das jetzt als Sensor fungiert. Die reflektierte akustische Welle überträgt sich auf die Piezo fasern, die Fasern beginnen zu schwingen und erzeugen elektrische Spanung. Der Schaltkreis des Pflasters wandelt die Spannungs signale nun wieder in eine Serie von Lichtblitzen 9 und schickt sie über das Lichtleiterkabel an den Computer zurück. Dort übersetzen spezielle Wandler (so genannte Optokoppler) die Lichtsignale in elektrische Impulse. Mit entsprechender Software ausgerüstet, liest der Computer aus den Signalen heraus, ob das Flügelmaterial in Ordnung ist oder ob es Risse enthält. Diagnosti ziert er einen Riss, so schickt er die Daten per Funk 10 an die Steuerungszentrale 11 des Windparks und setzt gleichzeitig eine Warnmeldung ab. Der zuständige Techniker sieht auf seinem Computer, welches Windrad betroffen ist und wo sich der Riss befindet. Er kann dann das jeweilige Windrad abschalten und seine Reparatur veranlassen.
10
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1
3
2
DER AKUSTISCHE »FINGERABDRUCK« EINES MATERIALRISSES 8
7
6
5
3
9
11
229
ELEKTRONIK FERTIGUNG
ELEKTRONIK FERTIGUNG SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP Vom unsichtbaren Licht zum gezähmten Kupfer: Wie die kleinen Wunderzwerge in den Chipfabriken entstehen und welche lange Prozesskette sie dabei durchlaufen müssen.
Zu Besuch in der Chipfabrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rein, reiner am reinsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chipburger: Schicht für Schicht zum Mikrochip . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht ohne Schablone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UV-Licht: Der Schlüssel zum Nanokosmos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Silizium unter Teilchenbeschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl Zeiss AG: Schärfere Licht-Skalpelle für Mikrochips . . . . . P Vistec Electron Beam GmbH: Wenn selbst Licht zu grob ist . . P Dr. Johannes Heidenhain GmbH: Vermessung eines Nanometers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P 1.000° Celsius in 12 Sekunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemie in der Chipfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pfeiffer Vacuum GmbH: Die Weltmeister des Nichts . . . . . . . . . P Das präziseste »Messer« der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zähmung des Kupfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berufsportraits Guntrade Roll (Materialforscherin für Halbleitertechnik) . . P Henry Wojcik (Entwickler für Chip-Fertigungstechnologie). P Atomares Sandstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrere 1.000 Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IMAPS Deutschland e. V.: Mit 08 / 15-Elektronik gewinnt Deutschland keinen Blumentopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P X-FAB: Mittler zwischen analogen und digitalen Welten . . . . . P
262 264 266 268 270 273 276 280 282 284 286 288 290 292 296 297 299 300 302 304
268 Elektronik-Fertigung | Fotolithografie
NICHT OHNE SCHABLONE Die Chiphersteller behandeln die Siliziumscheibe mit einem breiten Spektrum chemischer und physikalischer Verfahren. Eine Schablone sorgt dafür, dass dies immer an der richtigen Stelle passiert.
Nachdem Hagen Rötz mich mit dem Musterchip bekannt gemacht
die gesamte Siliziumscheibe mit Fremdatomen »impfen« und in ein
hat, beginnt er, mir die Fertigungstechnik zu erklären: »Moderne
einziges Source / Drain-Gebiet verwandeln — was ein glatter Fehl-
Chipfabriken sind hoch automatisiert«, sagt er. »Wagen, die sich
schlag wäre. Kurzum: Die Fotolithografie ist das Verfahren, mit dem
auf Schienen unter der Reinraumdecke bewegen, befördern die
wir dem Wafer vor jedem Fertigungsschritt die richtige Schablone
Siliziumscheiben von einer Fertigungsstation zur nächsten. Dort
aufsetzen. →
übernehmen Roboter die Wafer und legen sie in Kammern ab, wo die eigentliche Bearbeitung stattfindet. Wir behandeln die Siliziumscheibe im Verlauf des Fertigungspro-
BESCHUSS DES WAFERS MIT FREMDATOMEN
zesses mit einem breiten Spektrum chemischer und physikalischer Verfahren: Wir beschießen den Wafer mit Fremdatomen, um Source und Drain herzustellen — ein Vorgang, der Ionen-Implantation heißt. Wir leiten Gase auf den Wafer, die mit den Atomen an der Siliziumoberfläche reagieren — im Ergebnis der chemischen Reaktion wachsen neue Schichten aus dem Wafer heraus. Wir behandeln die Silizumscheibe mit ätzenden Gasen und Flüssigkeiten, um Material aus der Waferoberfläche zu entfernen. So geben wir zum Beispiel den Transistorgates ihre Form und ätzen Löcher für die Vias und Gräben für die Leiterbahnen. Wir lassen Metallteilchen auf die Silizumscheibe regnen, um die Leiterbahngräben mit einer dünnen Metallschicht auszukleiden. Fast immer geht diesen Fertigungsschritten jedoch ein wichtiger Schritt voraus: die Fotolithografie. Deshalb will ich unsere Reinraumtour damit beginnen.
Ionen-Implantation ohne Schablone: Die Fremdatome können an jeder Stelle des Wafers ins Silizium eindringen
Bei der Fotolithografie bedecken wir die Siliziumscheibe mit einer Schablone. Du kannst dir diese Schablone wie einen Scherenschnitt vorstellen. Sie bedeckt die gesamte Siliziumscheibe — nur dort, wo wir den Wafer mit Fremdatomen, Reaktionsgasen oder ätzenden Mitteln bearbeiten wollen, hat die Schablone Fenster, dort bedeckt sie den Wafer nicht. Fremdatome, Reaktionsgase und ätzende Mittel können die Siliziumscheibe deshalb an diesen Stellen ungehindert angreifen, während die Schablone den Wafer an allen übri-
möchten. Kurzum: Die Schablone sorgt dafür, dass wir den Wafer
wa n n-
dabei genau der Lage und Form der Chipteile, die wir herstellen
ne
gen Stellen schützt. Die Lage und die Form der Fenster entspricht
stets an den richtigen Stellen bearbeiten. Würden wir ihn vor der Bearbeitung nicht mit einer Schablone versehen, würden wir zum Beispiel bei jedem Ätzvorgang den ganzen Wafer angreifen, anstatt nur dort Material abzutragen, wo Vias oder Leiterbahnen entstehen sollen. Und bei der Ionen-Implantation würden wir ohne Schablone
Ionen-Implantation mit Schablone: Die Fremdatome können nur da ins Silizium eindringen, wo die n-Wanne (n-dotiertes Silizium) entstehen soll
SO ENTSTEHT EIN MIKROCHIP
Mikrochip-ABC 269
37 KONTAKTKÜGELCHEN C4 36 UNDER BUMP METAL C4
37
35 ISOLATIONSSCHICHT CVD 34 ALUMINIUM-LEITBAHN FORM ÄTZEN 33 ALUMINIUM-LEITBAHN SPUTTERN 32 KUPFERKONTAKT PLATING 36
31 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN 30 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN
33 34
29 VIA-STOCKWERK 3 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER 28 ISOLATIONSSCHICHT CVD
35
27 KUPFERLEITBAHN PLATING 32
26 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN
31
24 LEITERBAHN-STOCKWERK 2 ÄTZEN DER LEITERBAHNGRÄBEN
28
23 ISOLATIONSSCHICHT CVD 22 KUPFERKONTAKT PLATING
27
21 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN
26
20 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN
25
19 VIA-STOCKWERK 2 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER 18 ISOLATIONSSCHICHT CVD
24
23 22
17 KUPFERLEITBAHN ELEKTROCHEMISCHE ABSCHEIDUNG (PLATING)
21
20
16 KUPFERKEIMSCHICHT SPUTTERN
19
15 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN
18
14 LEITERBAHN-STOCKWERK 1 ÄTZEN DER LEITERBAHNGRÄBEN
17
13 ISOLATIONSSCHICHT CVD
16 13
12 VIA-STOCKWERK 1 WOLFRAM-FÜLLUNG (CVD)
15
14
11 VIA-STOCKWERK 1 ÄTZEN DER VIA-LÖCHER
12
10 ISOLATIONSSCHICHT CVD
10
11
9 DECKSCHICHT CVD 8 SOURCE / DRAIN ANNEAL (AUSHEILUNG)
9 5 8
4
6 6
7 2
3
8
7 SOURCE / DRAIN IONEN-IMPLANTATION
7
6 GATE / GATEOXID FORM ÄTZEN 5 GATE CHEMISCHE SCHICHTABSCHEIDUNG (CVD) 4 GATEOXID OXIDATION 3 N-WANNE DIFFUSION (AUSHEILUNG)
1
2 N-WANNE IONEN-IMPLANTATION 1 ROHER WAFER
SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM MIKROCHIP
29
25 DIFFUSIONSBARRIERE SPUTTERN
30
270 Elektronik-Fertigung | Fotolithografie
UV-LICHT: DER SCHLÜSSEL ZUM NANOKOSMOS Wie kommen eine halbe Milliarde Transistoren auf ein Stück Silizium von der Größe eines Fingernagels?
SO FUNKTIONIERT DIE FOTOLITHOGRAFIE 1 Die Schablone entsteht aus einem lichtemp findlichen Lack. Ein
licht
Spi n Coater spr itzt den Lack auf die Siliziumscheibe. Danach kommt der Wafer auf eine Heizpl atte. Dort härtet der Lack aus. Jetzt braumaske
chen wir ›nur noch‹ die Fenster in die Lackschicht zu ›schneiden‹. Das geschieht mit ultraviolettem Licht (UV-Licht)! Wir benutzen
lichtdurchlässige abbildung des chiplayouts
dafür eine Maske. 2 Das ist eine S cheibe aus Quarzglas, die mit einer lichtundurchlässigen Chromschicht versehen ist. In diese Chromschicht ätzen die Maskenhersteller Fenster (Öffnungen), deren Lage und Form der Position und Gestalt der n-Wannen auf dem Wafer entspr icht. An diesen Stellen ist die Maske dann lichtlichtbild des chiplayouts
projektionsfläche (wafer)
durchlässig. Mit ihrer Fensterstruktur bildet die Maske ähnlich wie ein Diap ositiv das gep lante Chip -Layout ab. Als Abbildungsmaßstab wählen die Chiph ersteller meist ein Verhältnis von 1:4. Die Maske bildet den Schaltkreis in vierfacher Vergrößerung ab. Die Maske und die lackierte Siliziumscheibe kommen dann in einen Automaten, der Waferstep p er heißt (das Bild rechts zeigt, wie so ein Waferstepper aussieht). Wir pl atzieren die Maske dort über dem Wafer. 3 Der Step p er durchleuchtet die Maske von oben mit ul
»Hast du ein Smartp hone?«, fragt mich Hagen unvermittelt. »Na
traviolettem Licht. Am Ende seines Weges trifft das Licht auf die
klar«, sage ich. »Wenn es zu den leistungsstärkeren Geräten zählt,
lackierte Siliziumscheibe. Weil das Licht die Maske aber nur dort
dann vereinigt sein Mikrop rozessor auf einem fingernagelgroßen
durchdringen kann, wo sich in der Chromschicht die Fenster befin-
Stück Silizium wahrscheinlich rund eine halbe Milliarde Transisto-
den, trifft es auch nur dort auf den Wafer, wo die n-Wannen ent-
ren, und das Netz seiner Leiterbahnen dürfte etwa so komp lex sein
stehen sollen. So erscheint das Layout der Schaltung als Lichtbild
wie das gesamte Straßennetz Europ as«, klärt Hagen mich auf.
auf dem Wafer.
›Wow‹, denke ich, ›wieder so eine Zahl zum Staunen.‹ »Wie ist es möglich«, fragt Hagen jetzt, »auf einer so kleinen Fläche dermaßen
Auf seinem Weg zum Wafer p a ssiert das Licht eine komp lizierte
viele elektronische Bauelemente unterzubringen? Das Verfahren
Projektionsop t ik. Die besteht aus vielen Linsen, ist wie ein Kame-
dafür stammt aus der Drucktechnik und heißt Fotolithografie.« Am
raobjektiv aufgebaut und funktioniert auch so, erreicht aber eine
Beisp iel unseres Musterchip s erklärt Hagen dann, wie die Fotoli-
viel höhere Auflösung — das heißt, sie kann unvorstellbar kleine
thografie funktioniert. Was das Ziel dieses Fertigungsschrittes ist,
Dinge gestochen scharf abbilden. Die Op t ik verkleinert das Licht-
habe ich bereits gelernt: Die Chip hersteller verp assen der Silizium-
bild der Schaltung auf seinem Weg von der Maske zum Wafer um
scheibe damit eine Schablone, die dafür sorgt, dass sie den Wafer
den Faktor vier. So erscheint es in der richtigen Größe auf dem
stets an den richtigen Stellen bearbeiten. Die Produktion unseres
Wafer. Ohne Verkleinerungsop t ik würde das Layout des Chip s
Musterchip s beginnt mit der Herstellung der n-Wanne des p MOS-
genau so groß auf dem Wafer erscheinen wie die Maske es vor-
Transistors. »Wir realisieren diesen Teil des Chip s, indem wir den
zeichnet — vierfach vergrößert. Wir können den Waferstep p er
Wafer mit Fremdatomen beschießen«, sagt Hagen. »Dafür brau-
also mit einem Diap r ojektor vergleichen, dem wir die Op t ik um-
chen wir eine Schablone, die die Fremdatome nur dort an das Sili-
gedreht haben, so dass er Bilder nicht vergrößert, sondern ver-
zium heranlässt, wo die n-Wannen entstehen sollen.
kleinert. →
WAFERSTEPPER
Mikrochip-ABC 271 Mikrochip-ABC 271
DIE FOTOLITHOGRAF IE, SCHRITT FÜR SCHRITT
1
1
fotolack wafer
Fotolack kommt auf die Siliziumscheibe
2
maske
2
SO FUNKTIONIERT EIN WAFERSTEPPER
Die Maske enthält das Layout des Chips
Ein ultravioletter Lichtstrahl (UV-Licht) 1 durchleuchtet die Maske 2 und projiziert das Layout der Schaltung auf den Wafer 3 Eine Optik aus zahlreichen Linsen 4 verkleinert das Lichtbild der Schaltung, so dass es scharf und in der richtigen Größe auf dem Wafer erscheint.
maske
3
uv-licht
belichteter fotolack
UV-Licht überträgt das Chiplayout von der Maske auf den Wafer
4
entwickelter fotolack
4
1 3
Behandlung des Fotolacks mit Entwicklerflüssigkeit …
schablone
5
… und Beseitigung der belichteten Lackpartien mit ätzenden Flüssigkeiten
beschuss mit fremdatomen
6
Herstellung der n-Wanne per Ionen-Implantation
HERSTELLUNG DER SCHABLONE FÜR DIE N-WANNE Der Stepper durchleuchtet die Maske mit ultraviolettem Licht, das Layout der n-Wanne erscheint als Lichtbild auf dem lackierten Wafer.
274 Elektronik-Fertigung | Ionen-Imp lantation A IONISIERUNG DER FREMDATOME
B
FORMUNG DES IONENSTRAHLS Eine negativ geladene Elektrode saugt die ositiv geladenen Ionen aus der Ionenquelle, p die Schlitzblende formt den Ionenstrahl.
anode
5 es entstehen auch wasserstoff- moleküle und -ionen
n eg elekattiv gel ad rode ene
magnet
4b es entstehen phosphor-ionen
3 von elek tronen getroffen, zerbricht das dotiergas phosphin (ph3)
anode
4a getroffene phosphoratome verlieren elektronen
dotiergaseinlass
2 elektronen kollidieren mit gasmolekülen und -atomen
flu elekgbahn d tron er en
1 die glühkathode setzt elektronen frei
ionen-quelle
ion
en s
tr a
hl
sc
glühkathode
tz hl i
io
magnet
drahtwendel (glühkathode)
bl e
nd
e
-q nen
uel
le
SO FUNKTIONIERT EIN IONEN-IMPLANTER A Über Rohre leiten die Chiphersteller ein Dotiergas in die Ionenquelle des Implanters — es enthält die Fremdatome für die Dotierung des Siliziums (Si). Für die Herstellung n-dotierter Gebiete — wie der n-Wanne — findet häufig Phosphin als Dotiergas Verwendung — eine Verbindung aus Phosphor und Wasserstoff. Das Phosphor ist dabei das Fremdatom, das für die Dotierung der n-Wanne bestimmt ist. Für die Ionisierung des Dotiergases erzeugen die Chiphersteller zwischen der Kathode und der Anode der Ionenquelle ein elektrisches Feld und jagen Strom mit einer Stärke von 50 bis 200 Ampere durch den Kathodendraht. Das ist so viel Energie, dass der Draht zu glühen beginnt. Die Atome seines Metallgitters geraten in starke Schwingungen, prallen aufeinander und setzen Elektronen frei — ein Vorgang, der Glühemission heißt. Von der Anode angezogen, durchfliegen die Elektronen die Ionenquelle und kollidieren dabei mit den Phosphin-Molekülen. Das Ergebnis: Die Moleküle zerbrechen in ihre einzelnen Atome. Die Kathode setzt aber immer neue Elektronen frei, die nun ihrerseits im Sog des elek trischen Feldes die Ionenquelle durchfliegen. Sie kollidieren mit den Phosphor- und Wasserstoffatomen, schlagen Elektronen aus ihrer äußeren Hülle heraus und verwandeln sie so in positiv geladene
Ionen. Magnete geben der Flugbahn der Elektronen eine Spiralform. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf ihrem Weg von der Kathode zur Anode mit Atomen kollidieren. So steigt auch die Ionisierungsrate — die Zahl der ionisierten Atome. Die positive Ladung der ionisierten Gasatome eröffnet nun die Möglichkeit, sie mit elektrischen und magnetischen Feldern zu einem Strahl zu bündeln und den Strahl auf die Siliziumscheibe auszurichten. Das geschieht so: B Eine negativ geladene Elek trode »saugt« die Ionen aus der Ionenquelle heraus; eine Schlitzblende am Ausgang der Ionenquelle gibt dem Ionenstrahl seine Form. C Magnete lenken die Ionen im Analyzer auf eine Kreisbahn. Während die schwereren Ionen auf den äußeren Kreisbahnen durch diesen Teil des Implanters fliegen, bewegen sich die leichteren Teilchen auf inneren Bahnen. Nur die »guten« Ionen — sprich: die Phosphoratome — durchfliegen den Analyzer auf der mittleren Bahn und können die Lochblende am Ende der Strecke passieren. D Die Magnete der »Quadropol L ense Group« verdichten den Ionen-Strahl, indem sie seinen Querschnitt in X- und Y-Richtung stauchen. E Die Elektrodenpaare der X- / Y-Achsen-Ab lenkung richten den Ionen-Strahl auf die Silizium-
C IONENFILTER (ANALYZER)
D
lo
Der Magnet zwingt die Ionen auf eine Kreisbahn, die Schlitzblende lässt nur Ionen auf der mittleren Kreisbahn p assieren.
ch
en
en de
r-ion
bl
pho phos
scheibe aus. Gleichzeitig lenken sie ihn vertikal und horizontal ab. Von den Elektroden gesteuert, streicht der Strahl zeilenweise von oben nach unten über die Siliziumscheibe. Der Implanter setzt so jeden Fleck des Wafers unter Ionenbeschuss. Zuletzt passiert der Ionen-Strahl die Beschleunigungsstrecke: Eine Kaskade aus Elektroden mit wachsender Voltzahl bringt die Ionen so sehr in Schwung, dass sie mit hoher Energie auf den Wafer treffen. Schlagen sie in das Silizium ein, fangen sie freie Elektronen ein, die die Chiphersteller von hinten in den Wafer pumpen. Die Phosphor-Ionen verwandeln sich so in Atome mit ausgeglichener Ladung zurück. F Um Tunneleffekte zu verhindern, kippen die Chiphersteller die Siliziumscheibe in eine leichte Schrägstellung zur Flugbahn der Ionen. Grafik F zeigt, was mit Tunneleffekt gemeint ist: Sind der Kristall und die Flugbahn der Ionen gleich ausgerichtet, bewegen sich die Ionen — wegen der tunnelartigen Struktur des Kristalls — viel zu tief in den Wafer hinein. Ist die Scheibe hingegen ein wenig zur Flugbahn geneigt, treffen sie viel früher auf ein Siliziumatom und bleiben dann relativ dicht unter der Kri-stalloberfläche im Silizium stecken. Kurzum: Indem sie den Wafer kippen, steuern die Chiphersteller, wie tief die Ionen in das Kristallgitter eindringen.
IONENSTRAHLBÜNDELUNG Das Magnetfeld, das sich zwischen den stromdurchflossenen Kup ferspu len der Vier-PolLinse aufbaut, staucht den Ionenstrahl in Xund Y-Richtung.
kupferspule ione
ns tr
a hl
ma gn et
IONENIMPLANTATION (DOTIERUNG)
Mikrochip-ABC 275
F
E
D
f ot
ol a
ck
s ou
rce
dr a
in
IONENIMPLANTATION C
B
A
Teilchenkanone (Implanter)
E IONENSTRAHLAUSRICHTUNG Die Elektroden der Y-Achsen-Ablenkung richten den Ionenstrahl vertikal aus, die der X-Achsen-Ablenkung horizontal. Die Beschleunigungsstrecke bringt die Ionen in Schwung. y- a c
hse
n -a
x-ac bl e
nk u
hse
ng
en ion
str
ah
n -a
bl e
nk u
c
TUNNELEFFEKT Der Ausschnitt aus dem Wafer zeigt das tunnel足 artige Gitter des Siliziumkristalls, Fremdatome durch足fliegen senkrecht das Kristallgitter.
waferausschnitt ng
l
bes
F
un hl e
igu
ng
ss
ck tre
e
fremdatom
286 Elektronik-Fertigung | Chemische Schichterzeugung
CHEMIE IN DER CHIPFERTIGUNG Viele Experten sehen in der Mikroelektronik einen Zweig der chemischen Industrie — und wer sich etwas näher mit der Herstellung integrierter Schaltkreise befasst, wird ihnen recht geben. »Nachdem wir die Schicht angelegt haben, aus der das Gateoxid
»Per CVD stellen wir auch die Schichten her, in die wir die Vias und
entsteht, ist es bis zur Vollendung der Transistoren nicht mehr weit.
Leiterbahnen einbetten«, sagt Hagen weiter. »Im Fall unseres Mus-
Wir nehmen jetzt die Herstellung des Gates in Angriff, indem wir
terchips sind dies insgesamt sechs Schichten — der chemische
auf dem Wafer eine neue Schicht erzeugen«, kündigt Hagen Rötz
Prozess unterscheidet sich dabei aber etwas von der Herstellung
den nächsten Fertigungsschritt an. »Das gibt mir auch die Gelegen-
der Gate-Schicht.« (↗ Infokasten CVD für Leiterbahnstockwerke)
heit, dich mit einer weiteren sehr wichtigen Verfahrensgruppe bekannt zu machen: der chemischen Schichterzeugung — auf Eng-
Neben der Chemischen Schichterzeugung beruhen auch alle Ätz-
lisch Chemical Vapor Deposition (CVD).
verfahren, viele Reinigungsschritte, die galvanische Herstellung der Kupferleitbahnen, die fotochemische Übertragung des Chiplayouts
Bei den CVD-Verfahren sperren wir die Siliziumscheibe in eine Kam-
auf den Wafer und die Chemisch-Mechanische Planarisierung (CMP)
mer und leiten Reaktionsgase hinein. Die Gase reagieren mit den
auf chemischen Reaktionen. Diese überragende Bedeutung der
Atomen an der Waferoberfläche zu einem neuen Stoff; so wächst
Chemie ist kein Zufall: Atomare Strukturen, wie es die unvorstellbar
auf der Siliziumscheibe eine neue Schicht heran. Später können wir
kleinen Bauelemente eines Chips sind, lassen sich nicht auf klassi-
daraus mit ätzenden Mitteln neue Schaltungsteile formen. Im Fall des
schem Weg herstellen — q uasi mit »Hammer und Meißel« — sondern
Gates erzeugen wir auf dem gesamten Wafer eine Schicht aus Po-
nur mit atomaren Methoden, wie die Chemie sie zur Verfügung
lysilizium (Poly-Si).« (↗ Infokasten Herstellung der Gate-Schicht)
stellt. →
HERSTELLUNG DER GATE-SCHICHT wasserstoff h 2
silan sih4
gate-schicht: Amorphes silizium si
gateoxid sio 2
hicht: gate-silcizium si polys
gate
ox i d
-sch
ich t
SO ENTSTEHT DIE SILIZIUMSCHICHT FÜR DIE GATES Der Zentralroboter der CVD-Anlage legt den Wafer in einer Reaktionskammer ab. Ist die Kammer verriegelt, pumpen Vakuumpumpen alle Luft aus der Kammer heraus, so dass sich dort ein Vakuum einstellt. Je perfekter das Vakuum ist, um so stärker sinkt auch der Druck in der Kammer — und um s o langsamer laufen chemische Reaktionen ab. Die Reaktionen lassen sich dann gut steuern, was die Herstellung dünner Schichten erleichtert. Die Siliziumschicht für das Gate gehört jedoch nicht zu den dünnsten Schichten, deshalb reicht für ihre Herstellung ein schwaches Vakuum. Ist es vorhanden, erwärmen die Chiphersteller den Wafer auf
e twas mehr als 600 Grad Celsius, indem sie den Keramikteller, auf dem die Siliziumscheibe lagert, aufheizen. Dann leiten sie das Reaktionsgas Silan (SiH4) in die Kammer. Silan-Moleküle bestehen aus einem Silizium- und vier Wasserstoffatomen. Die Wärme, die der aufgeheizte Wafer abgibt, sorgt dafür, dass die Silanmoleküle aufbrechen, sobald sie sich der Siliziumscheibe nähern. Aus den Molekülen befreit, sind die Silizium- und Wasserstoffatome sehr reaktionsfreudig. Die Siliziumatome verbinden sich nun zu »amorphem Silizium« — das ist ein ungeordneter Verbund von Si-Atomen. So wächst auf dem Wafer eine neue (amorphe) Siliziumschicht heran. Aus den Silan-Molekülen herausgelöst, ver
binden sich die W asserstoffatome gleichzeitig zu H2 -Molekülen — ein flüchtiges Gas, das die Chipher steller aus der Reaktionskammer abpumpen. Damit hat die CVD-Anlage ihren Teil zur Herstellung der Gate-Schicht geleistet. Die Schicht erfährt jetzt noch folgende Nachbehandlung: Weil das Gate leitfähig sein muss (es könnte sonst seine Funktion im Transistor gar nicht erfüllen), verpassen die Chiphersteller der Schicht eine n-Dotierung. In einer Diffusionsanlage wandeln sie das amorphe Silizium außerdem mit Wärme in Poly-Silizium um — ein Silizium-Verband, der aus vielen kleinen, aber regelmäßigen Kristallen besteht.
CHEMISCHE SCHICHTERZEUGUNG (CVD)
Mikrochip-ABC 287 Mikrochip-ABC 287
roboter (froscharm)
CVD-Clustertool
wafer behälter für 25 wafer
Zwillingskammer einer CVD-Anlage d ec k
el
gaseinlass
er waf
re a
CVD FÜR LEITERBAHNSTOCKWERKE REAKTIONSPROZESS Um die Schichten herzustellen, die Vias und Leiterbahnen aufnehmen, verwandeln die Chiphersteller die Reaktionsgase Silan (SiH4) und Lachgas (N2O) zunächst in ein Plasma. Plasmen sind ionisierte Gase: ein Großteil der Atome, aus denen sie bestehen, ist nicht in Molekülen gebunden, sondern »bevölkert« das Gas als ungebundene Ionen. Ionen wiederum sind — wie du bereits gelernt hast — Atome, die positiv geladen sind, weil sie Außenelektronen verloren haben. Die Verwandlung des Reaktionsgases in ein Plasma bedeutet also, die Atome des Gases aus ihren Molekülbindungen herauszulösen und ihnen Elektronen zu rauben. Dies alles geschieht mit starken elektrischen Feldern. Haben die Chiphersteller die Reaktionsgase in die Kammer geleitet, legen sie an Elektroden im Kammerdeckel und im Kammerboden eine Wechselspannung an und erzeugen so ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld. Das Feld heißt so, weil Plus- und Minuspol der Spannungsquelle permanent die Plätze tauschen, und so wechselt auch das elektrische Feld
ständig seine Richtung. Von der negativ geladenen Elektrode freigesetzt, gelangen Elektronen in die Kammer und durchfliegen sie, von der positiv geladenen Elektrode angezogen, in wechselnder Richtung (da ja Plus- und Minuspol ständig die Plätze wechseln). Dabei prallen sie auf die Gasmoleküle und zerbrechen sie. Die Atome des Dotiergases lösen sich so aus ihren Molekülen. Die negativ geladene Elektrode setzt aber immer weitere Elektronen frei. Auf ihrem Weg durch die Kammer treffen sie nun auf die Atome, schlagen Elektronen aus ihnen heraus und verwandeln sie so in Ionen. Ionisierte Atome wiederum sind sehr reaktionsfreudig! Um ihren Elektronenverlust auszugleichen, verbinden sie sich leicht mit anderen Atomen. Durch die Ionisierung des Dotiergases können die Chiphersteller die chemische Reaktion auslösen, ohne viel Wärme einsetzen zu müssen. Die Erhitzung des Wafers auf 300 bis 400 Grad Celsius genügt, um die neue Schicht zu erzeugen. Würden die Chiphersteller die Reaktionsgase nicht in ein Plasma ver-
k t io
nsk
k er a mm
er
wandeln, müssten sie den Wafer für das gleiche Ergebnis viel stärker erhitzen, würden damit aber riskieren, dass sie Vias und Leiterbahnen in tiefer liegenden Stockwerken des Chips beschädigen. Das bevorzugte Material für die Schichten, die Vias und Leiterbahnen aufnehmen, ist Siliziumdioxid (SiO2), denn es ist ein guter Isolator. Es trägt die Leiterbahnen nicht nur, sondern unterbindet auch Querströme zwischen ihnen, die zu Kurzschlüssen führen können. Das SiO2 entsteht in einer chemischen Reaktion aus Silan (SiH4) und Lachgas (N2O). Haben die Chihpersteller beide Reaktionsgase in ein Plasma verwandelt, reagieren sie auf der erhitzten Waferoberfläche über Zwischenstufen wie folgt: 3 SiH4 + 6 N2O → (reagiert zu) 3 SiO2 + 4 NH3 + 4 N2. Das SiO2 setzt sich als neue Schicht auf dem Wafer ab. Ammoniak (NH3) und Stickstoff (N2) sind flüchtige Gase. Die Chiphersteller können sie abpumpen.
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k te
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ELEKTRONIK ENTWICKLUNG
ELEKTRONIK ENTWICKLUNG INNOVATIONSFELD KÜCHE
Von der ersten appetitlichen Idee zum fertigen Garautomaten: Wie Entwickler in der Industrie elektronische Geräte typischerweise von A bis Z durchkonzipieren.
Entwicklungsbeispiel Garautomat Das Zucchini-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Wenn die Küche zum Elektronik-Labor wird . . . Z 310 Auf der Suche nach der richtigen Idee . . . . . . . . . . . . . . 312 Zeit: Die knappe »Zutat« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Innovationsidee Küchen-Roboter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt . . . . . . . . 318 Innovationsaufgabe Garautomat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Garen: Ein molekularer Gewaltakt . . . . . . . . . . . . . . Z 324 À point: Präzision ist alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 Zart und saftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Das richtige Temperaturszenarium . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Die richtige Gartechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Bausteine eines Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Voilà: Unsere Garautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 eTajine und Steaker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Wenn Tradition auf Hightech trifft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
318 Elektronik-Entwicklung | Wenn der Roboter den Kochlöffel schwingt
WENN DER ROBOTER DEN KOCHLÖFFEL SCHWINGT Wie würdest du die Küche der Zukunft gestalten?
Kartoffeln schälen, Gemüse schnippeln,
die berühmten oberen Zehntausend sie sich
Fleisch würzen — wer sein Essen selbst zube-
leisten können. Doch die Mikroelektronik
reitet, muss viel Zeit mitbringen und meist
entwickelt sich so rasant, dass die neue
jede Menge Handarbeit in Kauf nehmen. Brut-
Technik schnell auch für »die breite Masse«
zelt das Steak in der Pfanne, steckt der Ku-
bezahlbar werden wird. Wir jedenfalls sind
chen im Ofen, blubbern die Kartoffeln im Topf,
überzeugt davon, dass unsere Küchen im
heißt es außerdem aufpassen, dass nichts
Jahr 2050 völlig anders aussehen werden
anbrennt oder verkocht. Na klar: Ein leckeres
als heute. Vieles spricht dafür, dass sie sich
Essen zu zaubern, kann ein großes Vergnügen
ins Gesundheits- und Kommunikationszen-
sein. Doch Hand aufs Herz: Nicht immer (und
trum der Familie verwandeln werden. Das
nicht allen) macht es Spaß, zu kochen. Oft
Bild zeigt unsere Vision einer vollautomati-
fehlen dafür Zeit und Muße. Viele Mütter und
schen Küche.
1
5
Väter, die ihre Familie oft bekochen, können sich zuweilen außerdem etwas Besseres vor-
KÜCHENROBOTER Er übernimmt die
stellen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem
gesamte Küchenarbeit. Das heißt: Er macht
guten Buch oder einer schönen Fahrradtour,
alles, was wir heute noch selbst erledigen
anstatt schon wieder am Herd zu stehen?
müssen, wenn wir das Essen zubereiten. Der Roboter deckt außerdem den Tisch und
Doch gibt es Alternativen zum Selberko-
wäscht ab.
chen? Für Feinschmecker und gesundheitsbewusste Zeitgenossen nicht wirklich. Wer
GARAUTOMAT Hat der Roboter die Kar-
einen geschulten Gaumen hat und weiß, was
toffeln geschält, das Gemüse geschnitten
viele Nahrungsmittelhersteller so alles ins
und das Fleisch gewürzt, legt er das Essen
Essen rühren, der erlebt Fastfood-Nahrung
in einen Garautomaten, der es dann vollau-
aus Dosen und Tiefkühltruhen meist als Zu-
tomatisch gart. In unserer Szene gibt es
mutung. Und viele — vor allem junge — Fami-
einen Herd mit fünf Plätzen für die Verwen-
lien können es sich schlicht nicht leisten, je-
dung von eTajinen (↗ S. 338) und drei Gar-
des Wochenende ins Restaurant zu pilgern.
Etagen.
Kurzum: So sehr uns die Vorstellung heute auch noch seltsam vorkommen mag — es gibt
WERKZEUGBLOCK Der Roboter braucht
viele gute Gründe, den Kochlöffel in Zukunft
keine Hände. Alle Instrumente, die für die
den Robotern zu überlassen. Natürlich nicht
Zubereitung des Essens braucht, wie Messer,
immer. Aber immer dann, wenn wir es wollen.
Gabeln, Löffel, Schneebesen und Püriermesser, stecken in einem Werkzeugblock — der
Beherzte Hersteller könnten die Idee schon
Roboter kann sie herausnehmen, indem er
jetzt in Angriff nehmen, denn die Roboter-
sie sich auf seine Arme steckt.
technik und die Mikroelektronik sind inzwischen weit genug gediehen, um die Science-
ROBOTERGERECHTE DESIGNS
fiction-Vision einer vollautomatischen Küche
Die Hersteller all der Dinge, die in der Küche
noch in diesem Jahrzehnt Wirklichkeit wer-
Verwendung finden, müssen das Design ihrer
den zu lassen. Gewiss: Kommen die ersten
Produkte so überarbeiten, dass Roboter pro-
Roboterküchen auf den Markt, werden nur
blemlos damit hantieren können. →
ÜBERBLICK 1 K üchenroboter: bereitet das Essen zu, deckt den Tisch und wäscht ab 2 S chienensystem: damit der Roboter sich durch die Küche bewegen kann 3 K ameras: die Stiel-Augen des Roboters 4 G arautomat: mit fünf Gar-Rekordern (eTajinen) und drei Gar-Etagen 5 K üchenwerkzeuge: die kann der Roboter sich auf die Arme stecken 6 R obotergerecht designte Vorrats flaschen für Pflanzenöl 7 K ühlschrank: geht online einkaufen und füllt sich selbst auf, ist energiesparend designt 8 K üchentisch mit integrierten TabletPCs: das Kontroll- und Kommunikationszentrum der Küche
Mikrochip-ABC
2
3
6
4
8 7
Küchenroboter
INTERNET DER DINGE Alle elektronischen Küchengeräte sprechen miteinander. Sie organisieren den Vorratsschrank Lebensmittelnachschub und achten auf eine gesunde Ernährung aller Familienmitglieder
Supermarkt
Kühlschrank
319
332 Elektronik-Entwicklung | Die richtige Gartechnik
DIE RICHTIGE GARTECHNIK Grillen schlägt Braten, Schmoren und Dünsten perfekt
Nachdem wir die Temperaturszenarien bestimmt haben, gilt es, die
DAS KAM BEI UNSERER PRÜFUNG HERAUS:
richtigen Gartechniken auszuwählen. Gartechniken unterscheiden sich darin, welcher Werkzeuge sie sich bedienen — welche Energie-
BRATEN
quellen, Gargefäße und Garmedien sie nutzen. Sie unterscheiden
So
sich aber auch hinsichtlich der Handgriffe, die der Koch ausführen
Steaks: Sie erhitzen Öl in
muss. Wollen Köche Fleisch in den Temperaturbereichen von 35 bis
einer Pfanne auf 150 bis
150 Grad Celsius und Gemüse bei 90 bis 100 Grad Celsius garen,
180 Grad Celsius, erst da-
so können sie zwischen sechs Gartechniken wählen: Braten, Grillen,
nach geben sie das Steak
Schmoren, Kochen und Dünsten. Welche dieser Techniken können
in die Pfanne, um es kurz
und sollten wir in unserem Garautomaten verbauen? Kochen schei-
und scharf anzubraten.
det aus, weil es kein schonendes Garverfahren ist. Bleiben Braten,
Das Anbraten entspricht
braten
Profiköche
Grillen, Schmoren und Dünsten. Bei der Entscheidung für bzw.
unserem Bräunungssze-
gegen die eine oder andere Technik standen zwei Forderungen im
narium (Szenarium 3). Es muss schnell gehen, damit sich der Kern
Mittelpunkt: Die Technik muss sich erstens eignen, mindestens eins
des Fleisches nicht schon jetzt auf 58 Grad Celsius erhitzt. Die Köche
unserer Temperaturszenarien zu realisieren, und sie muss zweitens
wenden das Steak, damit es nicht am Pfannenboden festklebt. Ist die
gut automatisierbar sein.
braune Kruste auf dem Fleisch entstanden, schalten sie den Herd auf eine mittlere Stufe und braten das Fleisch nun auf jeder Seite noch drei bis fünf Minuten weiter (die Gardauer wächst exponentiell mit der Dicke des Steaks). Diese Phase — das Fertigbraten — entspricht unserem Kurz-Garszenarium (Szenarium 1). Mit dem Daumentest finden die Köche den Moment, in dem das Steak vom Herd muss. Federt das Fleisch zurück, wenn sie den Daumendruck lockern, so ist es innen rosa — und genau dann ist es perfekt.
Unsere Bewertung: Das Braten ist optimal für die Szenarien 1 und 3 (Bräunung und Kurzgaren), bekommt in Sachen Eignung also einen dicken Pluspunkt. Doch es lässt sich nur schwer automatisieren. Als Garmedien kommen Öl und Fett zum Einsatz. Wir müssten unserem Automaten folglich einen Öl-Tank und eine Öl-Einspritzvorrichtung spendieren. Das Fleisch darf außerdem erst in die Pfanne, wenn das Öl heiß ist, und der Koch muss das Steak wenden. Wollten wir diese Handgriffe automatisieren, bräuchten wir mechanische Vorrichtungen. Wir haben darüber nachgedacht, doch alles, was uns einfiel, hätte aus unserem Automaten ein teures, unpraktisches Technikungetüm gemacht. Und so haben wir das Braten als Gartechnik abgewählt.
Mikrochip-ABC
333
GRILLEN
Rotwein und Fleischbrühe. Dann kommt der Deckel drauf — und ab
Das Gargut (zum Beispiel
mit dem Topf auf den Herd oder in den Ofen. Hat sich die Luft im
Fleisch oder Gemüse) liegt
Topf auf knapp 100 Grad Celsius erhitzt, köchelt die Garflüssigkeit
auf einem Rost oder einem
vor sich hin und es entsteht eine dampfreiche Atmosphäre. Ist der
Blech oder es dreht sich
Braten von Fettäderchen gut durchzogen, erhitzt sich der Kern des
am Spieß. Eine oder meh-
Fleisches trotz der heißen Umgebung »nur« auf rund 70 Grad Cel-
rere Heizquellen unter,
sius. Die harten weißen Kollagen-Fasern, die Fleisch roh so reißfest
über oder neben dem Rost,
machen, verwandeln sich nach und nach in Gelatine. Per Osmose
Blech oder Spieß erhitzen
nimmt das Fleisch jetzt Wasser und Aromen aus der Garflüssigkeit
das Gargut mit ihrer Wär-
auf. Profiköche achten darauf, dass der Kern des Fleisches nicht
mestrahlung. Die Luft zwischen Heizquelle und Gargut überträgt die
heißer als 70 Grad wird. Die Kerntemperatur kontrollieren sie mit
Wärme. Wegen des Wärmeverlusts, der auf dem Weg der Wärme-
einem nadelförmigen Temperatursensor, den sie in das Fleisch hin
strahlung von der Heizquelle zum Gargut entsteht, kommen Bräu-
einstechen. Hat sich alles Kollagen in Gelatine verwandelt, so ist
nungsreaktionen erst in Gang, wenn die Luft sehr heiß ist — bei offe-
das Fleisch herrlich saftig und zart. Mit einem Holzspießchen er-
nen Grills 300 bis 400 Grad! Kann der Grillmeister die Temperatur
mitteln Köche diesen Augenblick. Lässt es sich widerstandslos
der Luft schnell rauf- oder runterregeln, kann er die Phasen des
hineinstechen, ist der Braten perfekt.
»Anbratens« und des Fertiggarens gut voneinander abkoppeln. Ist der Grill hingegen temperaturträge, laufen beide Phasen zeitgleich ab. Holzkohlegrills etwa sind temperaturträge, Elektrogrills nicht. Auch Toaster und Elektroöfen sind streng genommen Grillgeräte. Denn das Gargut gart auch dort kontaktlos zwischen offenen Heizquellen. Liegen das Fleisch oder das Gemüse auf einem Rost, so muss der Grillmeister es wenden, damit es nicht festklebt.
Unsere Bewertung: Das Schmoren ist perfekt für das Zartgaren (Szenarium 2) und es lässt sich leicht automatisieren, weil alle Zutaten vor Beginn des Garprozesses in den Topf kommen und weil es nicht nötig ist, das Fleisch zu wenden.
Unsere Bewertung:
DÜNSTEN
Auch das Grillen eignet sich für das Bräunen und Kurzgaren
Die Köchin legt das Gemü-
(Szenarien 3 und 1), wenngleich nicht alle Grillgeräte so praktisch
se in einen Garkorb. Sie
sind wie eine Bratpfanne. Und: Das Grillen ist automatisierbar!
gießt etwas Wasser in ei-
Weil Luft als Garmedium dient, sind ein Öltank und eine Ölein-
nen verschließbaren Top-
spritzvorrichtung überflüssig. Es genügt, das Fleisch oder Ge-
fes und hängt den Gar-
müse vor dem Grillen mit Öl zu bestreichen. Lässt sich die Heiz-
korb mit dem Gemüse so
quelle schnell hoch- und runterregeln, so können wir das Fleisch
in den Topf, dass er frei
(oder Gemüse) schon vor dem Grill-Start im Grill bzw. auf dem
über dem Wasser schwebt.
Rost platzieren. Schaffen wir es, das Fleisch nahe genug an die
Bei 90 bis 100 Grad Cel
Heizquelle heranzubringen, ohne es auf einen Rost legen zu
sius köchelt das Wasser im Topf leise vor sich hin und es entsteht
müssen, so entfällt auch das Wenden. Unsere Wahl fiel deshalb
eine dampfreiche Atmosphäre. In der Hitze dehnt sich die Flüssig-
auf das Grillen als Technik für das Bräunen und Kurzgaren. Wie
keit in den pflanzlichen Zellen aus. Zellen und Haut des Gemüses
es möglich ist, Fleisch zu grillen, ohne es auf ein Rost zu legen
platzen. Das Gemüse nimmt von außen Wasser auf, quillt und wird
— dieses »Geheimnis« lüften wir auf der nächsten Doppelseite.
immer weicher. Verliert es beim Dünsten Nährstoffe und Aromen, so landen sie im Kochwasser, denn der Topf ist ja geschlossen. Wann die Köchin den Garvorgang beendet, hängt von ihrer persönlichen
SCHMOREN
Vorliebe ab: Mag sie das Gemüse bissfest oder bevorzugt sie es
Die meisten Profiköche
schön weich?
beginnen das Schmoren damit,
dass
sie
das
Fleischstück (mit Gemüse, das zum Aroma beitragen soll) scharf anbraten, damit es eine braune Kruste und die Röstaromen bekommt. Danach legen sie den Braten und das Gemüse in einen verschließbaren Topf und gießen die Garflüssigkeit an — meist eine Mischung aus Marinade,
Unsere Bewertung: Das Dünsten ist perfekt für die schonende Gemüsezubereitung (Szenarium 4) und aus den gleichen Gründen, die für das Schmoren gelten, auch leicht automatisierbar. Darum werden wir für das Zartgaren und die Gemüse-Zubereitung (Szenarien 2 und 4) diese Gartechniken einsetzen. ¢
334 Elektronik-Entwicklung | Bausteine eines Garautomaten
BAUSTEINE EINES GARAUTOMATEN Energiequelle + Gargefäß + Controller + Sensoren + Aktoren + Benutzerschnittstelle = Garautomat
Haben wir das Temperaturszenarium be-
Folgende Prozessparameter und
stimmt und die Gartechnik gewählt, ist der
Nahrungsmitteleigenschaften muss
Kurzbraten mit der Fleischdicke, beim
gerätetechnische Teil der Entwicklungsarbeit
der Controller überwachen:
Zartgaren mit dem Kollagen-Gehalt. Die
an der Reihe: Aus welchen Bausteinen soll unser Garautomat bestehen?
• Die Gardauer von Fleisch wächst beim
Wandlung des Kollagens in Gelatine dauert • Die Temperatur der Nahrung und der Gar-
beim kollagenreichen Rindfleisch sehr viel
medien: Wie findet der Controller heraus,
länger als bei Geflügelfleisch, das weniger
Zu den Grundbausteinen jeglicher
ob er die Nahrung (z. B. Fleisch und Gemüse)
Kollagen enthält. Die Gardauer von Ge
Gar-Technik gehören:
bzw. das Garmedium (z. B. Öl, Wasser und
müse wächst mit dem Zellulosegehalt. Der
Luft) bereits auf die vorgesehene Tempe-
Controller muss deshalb vor dem Garstart
• Die Heizquelle: Sie erzeugt die Wärme —
ratur erhitzt hat? Oder ob die Nahrung und
herausfinden, welche Fleisch- und / oder
die Energie, die alle Veränderungen der
das Garmedium womöglich schon zu heiß
Gemüsesorte er garen soll. Sensoren kön-
Nahrung beim Garen bewirkt.
geworden sind? Na klar: Indem er ihre
nen möglicherweise die Identifikation des
Temperatur misst und die Ist-Werte (die
Nahrungsmittels unterstützen.
• Das Gargefäß (Pfanne, Topf, Bräter): Wir
gemessenen Temperaturwerte) mit dem
stellen damit das Essen aufs Feuer, ohne
Soll-Wert vergleicht — das ist der Tempe-
• Beim Kurzbraten wächst die Gardauer mit
uns die Hand zu verbrennen. Im Gargefäß
raturwert, auf den er die Nahrung bzw. das
der Dicke des Steaks, beim Zartgaren
brennt das Essen nicht gleich an, selbst
Garmedium erhitzen soll.
wächst die Länge der Anwärmphase mit
wenn das Feuer mal zu heiß wird. Das Gar-
der Dicke des Bratens. Die Anwärmphase
gefäß fängt die Flüssigkeit auf, die beim
• Grundsätzlich gilt: Je weiter der Garprozess
ist die Zeit, die vergeht, bis der Kern des
Garen aus der Nahrung austritt. Im Gar
voranschreitet, umso weicher wird die Nah-
Fleisches die vorgesehene Temperatur
gefäß können wir optimale Bedingungen
rung. Der Controller kann also anhand der
erreicht hat. Soll der Controller beim Kurz-
für den Garprozess schaffen: Wir können
Festigkeit der Nahrung ermitteln, in wel-
braten die Gardauer und beim Zartgaren
darin zum Beispiel Öl erhitzen, Wasser ko-
cher Phase des Garprozesses er sich befin-
die Länge der Anwärmphase vor dem Gar-
chen oder eine wohlschmeckende Garflüs-
det, und wann der Augenblick gekommen
start berechnen können, muss er folglich
sigkeit an die Speise angießen.
ist, in dem er den Garprozess beenden
die Dicke des Steaks bzw. des Bratens mit
muss. Ist die Nahrung weich genug, muss
einem geeigneten Sensor messen.
Aus welchen Bausteinen muss der elek
sie vom Herd.
tronische Teil unseres Gerätes bestehen?
Zum elektronischen Teil des • Wollen wir den Verlust wertvoller Nähr-
• Ein Mikrocontroller übernimmt die Steu-
Gerätes gehören außerdem:
stoffe und Aromen vermeiden, muss der Controller stets auch ein waches Auge auf
• Aktoren — sprich: Schalter und Stellglieder.
Flüssigkeitsverluste haben. Denn die wert-
Der Controller bedient damit den Automa-
• Der Controller braucht ein Programm (eine
vollen Inhaltsstoffe gehen hauptsächlich
ten. Er schaltet die Energiequelle ein und
App) — eine präzise Schritt-für Schritt-An-
auf diesem Weg verloren: indem die Nah-
setzt ihre Leistung herauf oder herab. Mit
leitung, wie er den Garvorgang steuern soll.
rung Flüssigkeit verliert. Registriert der
Hilfe der Aktoren spricht der Controller me-
Das müssen wir entwickeln und schreiben.
Controller Flüssigkeitsverluste, kann er
chanische Vorrichtungen an und steuert sie.
erung des Garvorgangs.
den Schaden begrenzen, indem er die Gar• Die Sensorik: Mit Hilfe der Sensoren überwacht der Controller den Garprozess.
temperatur so weit herabsetzt, dass deutlich weniger Flüssigkeit austritt.
• Ein System elektrisch leitender Verbindungen — in der Regel isolierte Kupferkabel —
BAUSTEINE EINES GARAUTOMATEN
Mikrochip-ABC
335
Gargefäße
Energiequellen
Sensoren
Benutzerschnittstelle
Mikrocrontroller
Aktoren
KG
übermittelt die Steuerungs- und Schaltim-
oder Gemüse garen, so ist außerdem die
braucht unser Automat unbedingt auch ei-
pulse des Controllers an die Aktoren und
Sorte entscheidend.
nen Internet-Anschluss.
überträgt die Messdaten der Sensoren an den Controller. • Jeder Garautomat benötigt eine Benut-
• Welches Garprogramm soll der Controller
• Mit einem Internet-Anschluss wachsen
ausführen? Soll er die Nahrung dünsten,
uns fantastische Nutzungsmöglichkeiten
kurzgaren, zartgaren oder bräunen?
zu, die wir ohne Internet-Zugang nicht
zerschnittstelle — eine Bedienungseinheit. Der Fachbegriff ist Mensch-MaschineSchnittstelle (MMS). Mit Hilfe der MMS übergibt der Benutzer
hätten. Dafür zwei Beispiele: Kann der • Welche Zielparameter soll er einhalten?
Garautomat — dank seines Internet-Zu-
Soll er ein Steak kurzgaren, so muss der
gangs — mit anderen Küchenmöbeln und
Benutzer ihm sagen, ob er sich das Fleisch
Geräten sprechen, so könnte er z. B. her-
»roh«, »rosa« oder »durch« wünscht.
ausfinden, welche Nahrungsmittel sich
dem Controller alle Informationen, die er
gerade im Kühlschrank, in den Vorrats-
braucht, um die Nahrung wunschgemäß zu
Der Controller informiert den Benutzer mit
schränken und im Gewürzregal befinden.
garen. Der Benutzer muss dem Controller
Hilfe der Schnittstelle über den Status der
Er könnte dem Benutzer dann entspre-
z. B. folgende Dinge mitteilen:
Programmausführung.
chende Speisen- und Rezeptvorschläge
• Was soll er garen: Fleisch, Fisch, Gemüse,
Weil das Internet der Dinge heute lautstark
ßerdem mit Garautomaten überall auf der
Kartoffeln oder Reis? Soll er Fleisch, Fisch
an die Tür jedes Geräteentwicklers klopft,
Welt Garszenarien austauschen. ¢
unterbreiten. Via Internet könnte er au-
342 Elektronik-Entwicklung | Wenn Tradition auf Hightech trifft
WENN TRADITION AUF HIGHTECH TRIFFT Die Wortschöpfung »eTajine« steht für
»Play Mode«: Hat der Benutzer einen Gar-
elektronisch gesteuerte Tajine. Die eTajine
vorgang als Record-Datei abgespeichert,
ist ein Garrekorder — sie bietet drei Modi
kann er die Datei jederzeit wieder laden und
für die Zubereitung des Essens:
den Garvorgang im »Play Mode« vollauto-
Kerntemperatursensor misst die Temperatur im Inneren der Speise
matisch wiederholen! Der Mikrocontroller Im »Freestyle Mode« kann der Benutzer
behandelt die Werte, die in der Datei gespei-
den Garvorgang frei gestalten. Mit dem
chert sind, dann als Vorgabe für die Wieder-
Controller (der Bedieneinheit) kann er die
holung des Garvorgangs — das heißt, er
Gartemperatur frei einstellen, jederzeit
steuert den Garvorgang so, wie die Werte
verändern und den Garprozess, wann im-
es vorsehen. Im »Play Mode« kann der Be-
mer er will, beenden. Mit ihren Sensoren
nutzer außerdem Record-Dateien (»Rezep-
erfasst die eTajine während des gesamten
te«) »abspielen«, die andere Besitzer einer
Garvorgangs alle wichtigen Parameter: die
eTajine im Internet auf der Community-
Temperatur im Gar-Raum und die Kerntem-
Seite der eTajine-Fans hinterlegt haben.
peratur des Essens, das Abtropfgewicht und die Festigkeit des Essens. Eine elektro-
Internet-Community: Über die Homepage
nische Zunge »schmeckt« die Ionen-Kon-
der Community können Besitzer einer eTaji-
zentration der Speise. Auf dem Display des
ne Record-Dateien (»Rezepte«) austauschen
Controllers kann der Benutzer die Verände-
und bewerten. Jedes Community-Mitglied
rung aller Werte verfolgen und gestützt
kann eigene Record-Dateien uploaden und
darauf den Garfortschritt beurteilen.
Record-Dateien anderer eTajinen-Benutzer
Drucksensoren erfassen das Abtropf gewicht der Speise
downloaden. So hat jedes Mitglied Zugriff Der »Record Mode« erweitert den »Free-
auf die Dateien aller und kann seine eTajine
style Mode« um die Mitschreibfunktion: Der
damit »füttern«.
Mikrocontroller des Garrekorders schreibt jetzt alle Messwerte, die ihm die Sensoren
Fernbedienung und Web-Zugang per
liefern, in seinen Speicher. Befindet die Kö-
Smartphone Die eTajine besitzt eine I2C-
chin, dass ihr das Essen gelungen ist, so
Funkschnittstelle für die Anbindung von
kann sie der eTajine mit der »Store«-Anwei-
Smartphones. Der Benutzer kann die eTaji-
sung befehlen, den Garvorgang mit allen
ne so auch per Smartphone steuern — Steu-
Werten in einer Record-Datei (Endung
erungs-Apps findet er auf der Homepage
*. etajne) dauerhaft abzuspeichern. Beim
der Community. Das Smartphone stellt
Abspeichern gibt sie der Datei einen Namen.
auch die Verbindung ins Internet her. ¢
TAJINE
dem gekühlten Ton und tropft vom De-
Seit mehr als 1.000 Jahren benutzen die
ckel in die Garschale zurück. Das Essen
Menschen in Nordafrika für die Zuberei-
schmort so im eigenen Saft — kein Trop-
tung ihres Essens ein spezielles Ton-Ge-
fen der wertvollen Inhaltsstoffe und Aro-
fäß: die Tajine. Vor allem in Marokko ist
men geht so verloren. Die Tajine ist also
sie weit verbreitet. Die Menschen stellen
ein besonders schonendes Gargefäß.
Garkorb der Benutzer legt das Essen in den Garkorb
das Gefäß mit dem Essen auf ein Holzfeuer. Der Ton erhitzt sich und gibt die Wärme gleichmäßig von allen Seiten in den Garraum ab. Der obere Teil des Deckels hat eine raffinierte Napf-Form. Mit Wasser gefüllt, kühlt der Napf die Deckelhaube. Flüssigkeit, die aus dem Essen austritt und verdampft, kondensiert auf
Smartphone zur drahtlosen Steuerung des Garrekorders, stellt die Verbindung ins Internet her
AUFBAU EINER eTAJINE
Mikrochip-ABC
343
Textur-Analyzer Misst mit Nadelstichen die Festigkeit der Speise
Elektronische Zunge misst die Ionenkonzentration in der Speise
Tajine Tongefäß aus Garschale und gewölbtem Deckel
Controller Bedieneinheit mit Touchdisplay, enthält die Steuerungselektronik
Heizplatte liefert die Wärmeenergie für den Garvorgang
344 Mikrochip-ABC | Das Ende einer Reise & ein Anfang
DAS ENDE EINER REISE & EIN ANFANG Die Mikroelektronik ist eine Schlüsseltechnologie für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
Wir haben in diesem Buch gemeinsam eine
ERKENNEN, WAS DIE WELT IM
Und ob die Chip-Technologie zu menschen-
lange Reise unternommen: vom ersten Men-
INNERSTEN ZUSAMMENHÄLT
leeren, ganz und gar von Automaten be-
schen, der einen Faustkeil schärfte, bis in
Und wir hoffen, dass wir euch in diesem Buch
herrschten Fabriken führen werde. Ganz so
die hochreinen Halbleiter-Fabriken von heu-
geholfen haben, diese Zusammenhänge zwi-
ist es bekanntlich nicht gekommen: Weil es
te, die niemals ruhen. Und wir hoffen, dass
schen dem Makrokosmos der komplexen
eben viel schwieriger ist, vollautomatische
diese Reise interessant war und vor allem
Geräte und dem Mikrokosmos der digitalen
Fabriken zu bauen, als Technik-Experten in
auch eines gezeigt hat: Es liegt in der Natur
Informationen, die durch winzige Chip-Leit-
den 1980ern dachten. Weil an die Stelle
des Menschen, immer wieder neue Technik
bahnen flitzen, besser zu verstehen. Schon
wegrationalisierter Arbeitsplätze neue Jobs
zu ersinnen und zu nutzen. Daher sprechen
vor über 200 Jahren hat Johann Wolfgang
in neuen Branchen traten. Und weil genug
wir in diesem Buch vom Menschen oft als
von Goethe in seinem »Faust« dies als ein
kluge Menschen darauf achteten, dass
»homo technicus«.
Ur-Bedürfnis des suchenden Menschen er-
Chips und Computer Werkzeuge des Men-
kannt und herausgestellt: »Daß ich erkenne,
schen bleiben — und nicht umgekehrt.
Vielleicht haben wir dabei auch verdeutli-
was die Welt / Im Innersten zusammenhält.«
chen können: Smartphones und Smartwat-
Indes ist Technik mehr als nur Selbstzweck,
ches, Spielekonsolen und Tablets, Roboter-
mehr als nur ein Streben nach »höher,
NICHT MEHR BRAUCHEN?
autos und Drohnen und all die anderen
schneller, weiter«: Sie hat dem Homo tech-
Heute gibt es wieder Diskussionen um den
elektronischen Geräte in unserem Alltag
nicus über die Jahrhunderte hinweg gehol-
Einsatz von Halbleiter- und Computertech-
sind mehr als nur »Black Boxes«, die wir
fen, sein eigenes Leben und das seiner Mit-
nologien, zum Teil mit anderen Schwerpunk-
zwar gerne nutzen, aber niemals verstehen
menschen schöner, bequemer und länger zu
ten. So prophezeien einige Technikforscher,
können. All diese wunderbaren Dinge funk-
machen. Sie half ihm, faszinierende Maschi-
dass ein sogenannter Singularitäts-Punkt
tionieren eben nicht durch Magie, sondern
nen zu bauen, die Ertragkraft landwirt-
naht, ab dem Maschinen imstande sind, an-
durch Physik und menschlichen Erfinder-
schaftlicher Böden immer weiter zu steigern
dere Maschinen selbstständig zu entwerfen
geist.
und die Fähigkeit unseres Planeten immer
und zu erschaffen. Sie seien dann so intelli-
weiter auszureizen, Milliarden von Menschen
gent, dass sie uns Menschen im schöpferi-
zu(er-)tragen und zu nähren.
schen Prozess gar nicht mehr bräuchten.
Schrauben wir diese Geräte auf (neugierig, aber mit aller gebotenen Vorsicht natürlich),
WERDEN UNS DIE MASCHINEN BALD
Dies werde zu unvorstellbaren Technik-
können wir ihre Geheimnisse lüften: Indem
PC & ROBOTER:
sprüngen führen und die menschliche Zivili-
wir das Gehäuse öffnen, die Bauteile ausein
JOBKILLER ODER SEGEN?
sation in eine neue Richtung lenken. Ein an-
andernehmen, erkennen wir, wo ein Mikro-
Aber Technik und Technikeinsatz hatten seit
deres Streitthema ist die Datensammelwut
chip steckt, wo ein Stück Mechanik, wo ein
jeher auch ihre Kehrseite, ihre besonderen
vieler Internetkonzerne und Geheimdienste.
Sensor. Wir lernen das Gerät verstehen,
Risiken. Da brauchen wir noch nicht einmal
Immerhin waren es die Fortschritte in der
indem wir uns in seine Bauteile hineinden-
an Kernspaltung und Atombomben zu den-
Prozessor- und Speicherchip-Technik, die
ken — über alle Zwischenstufen wie Vernet-
ken, sondern können bei Mikroelektronik
flächendeckende Datenfischzüge überhaupt
zung, Verdrahtung, Software und Binärlogik
und Computertechnik bleiben: In den 1970er
erst möglich gemacht haben.
bis hinunter zu den einzelnen Transistoren
und 1980er Jahren entbrannte eine heftige
und Kondensatoren im steuernden Mikro-
gesellschaftliche Diskussion darüber, ob
Und ein drittes Thema, das viel Diskussions-
prozessor. Ja, das ist herausfordernd, aber
der massenhafte Einsatz von Robotern und
stoff liefert: Moderne Elektronik ist auf
für den interessierten Geist möglich — und
PCs nicht Millionen von Menschen in den
Rohstoffe angewiesen, die es in Europa kaum
enorm faszinierend.
Industrieländern arbeitslos machen werde.
gibt. Die Industrie bezieht Lithium für Akkus
345
Mikrochip-ABC
finden. Die Welt und Selte-
v
ne Erden für
morgen
o
n
schnelle Smartpho-
braucht
ne-Chips in großer Menge
nicht nur
von aufstrebenden Industriegiganten
Musik-
wie China, die selbst großen Bedarf daran
S t a r s
haben. Andere Schlüsselmaterialien bekom-
zu-
men wir aus Entwicklungsländern, die zu-
fal-
recht beklagen, dass unser Hunger nach
l e n .
Kobalt, Indium, Neodym und anderen strate-
Sie kann
gischen Rohstoffen ihnen statt Wohlstand
zum Bei-
oft nur Umweltzerstörung einbringt.
spiel Bau-
und
Mo-
dels — wenngleich auch sie unser Leben schöner machen. Sie braucht mindestens genauso dringend fähige Chipentwickler, Mikrotechno-
ern in Afri-
logen, Physiker und Ingenieure. Daher mag
BERGE AUS ALT-SMARTPHONES
ka helfen,
das Ende unserer Reise in diesem Buch viel-
TÜRMEN SICH AUF — WAS TUN?
Wüste
leicht für einige von euch der Anstoß für
Und was wird eigentlich aus den wach
fruchtbares
senden Elektronikschrott-Bergen, die in
Land zu ver-
Deutschland, in Europa und Nordamerika
wandeln, in-
DAS INTERNETPORTAL ZUM BUCH
wachsen und wachsen? Weil wir ja doch im-
dem sie neuartige energieautarke Bewäs-
-> Mehr Informationen über die Welt der
mer das neueste Smartphone besitzen wol-
serungssysteme steuert. Systeme der
Mikroelektronik gibt es im Internet unter
len, selbst wenn das alte Handy noch Jahre
elektronischen Umweltüberwachung wer-
mikrochip-abc.de. Ihr findet dort vertiefen-
funktionieren würde?! Kurzum: Technologien
den zuverlässiger als es heute möglich ist
de Informationen, 2D- und 3D-Grafiken, Vi-
für das umweltschonende Recycling ausge-
vor Stürmen und Missernten warnen, sie
deos, Fotos, interaktive 3D-Szenen und zum
dienter Chips und Leiterplatten zu finden,
werden Plastemüll und Ölflecken in den
Teil ausführlichere Versionen der Beiträge
gehört zu den ganz großen Herausforderun-
Ozeanen aufspüren, und Computer werden
aus dem Mikrochip-Abc. Schüler können die
gen des 21. Jahrhunderts.
mit ihrer künstlichen Intelligenz dabei hel-
Texte und Grafiken der Internetseite als
fen, umweltfreundliche Verkehrsmittel zu
»Steinbruch« für Hausaufgaben, Vorträge
entwerfen.
und Schüler-Projekte, Lehrer für die Unter-
Indessen erscheint das Elektronik-Recyc-
in
ling geradezu als Kleinigkeit im Vergleich zu
wichtige Entscheidungen sein …
richtsvorbereitung nutzen. mikrochip-abc.de
den noch viel größeren Herausforderungen,
All dies wird aber nur möglich sein, wenn
ist als wachsendes Portal zu verstehen,
vor denen die Menschheit steht: Kriege,
sich junge Menschen für diese faszinieren-
stetig aktualisiert von den
Terror, Umweltzerstörung, Wassermangel,
de Technologie begeistern, wenn Nach-
Buch-Autoren und berei-
Hunger und Armut in der Dritten Welt,
wuchstalente die Mikro- und Nanoelektro-
chert um eigene Beiträge
Flüchtlingsströme ... Bei ihrer Bewältigung
nik weiterentwickeln und ganz neue
von Schülern, Lehrern und
wird der Mikroelektronik eine Schlüsselrolle
Anwendungsfelder für Chips und Sensoren
Ingenieuren. ¢
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58513 Lüdenscheid
Schneiderberg 32, 30167 Hannover
44227 Dortmund
Deutschland GmbH 85356 Freising
edacentrum GmbH
Heinrich-Hertz-Str. 1,
Texas Instruments
An der Bellmerei 10,
83301 Traunreut www.heidenhain.de
Berthelsdorfer Str. 113,
Ammonstr. 74, 01067 Dresden P 154
Manfred-von-Ardenne-Ring 20
Werk Freiberg
P 280
Cool Silicon e. V.
Siltronic AG
P 304
73447 Oberkochen
Stresemannallee 101,
Foundries AG Haarbergstr. 67, 99097 Erfurt www.xfab.com
P 100
Rudolf-Eber-Str. 2,
P 112
www.silicon-saxony.de
ZVEI Zentralverband Elektrotechnikund Elektronikindustrie e.V.
Semiconductors GmbH
Lyoner Straße 9,
Leibnizstr. 4, 93055 Regensburg
60528 Frankfurt am Main
www.osram-os.com
www.zvei.org
Mikrochip-ABC
347
DEUTSCHLAND
®
ÖSTERREICH
Du liebst dein Smartphone und beherrschst jede App, die sich darauf befindet? Doch du hast keine Ahnung von den Chips und Sensoren, die darin stecken, würdest aber gern mehr von Elektronik verstehen? Und die Vorstellung, selbst coole elektronische Geräte entwickeln zu können, fändest du gar nicht so schlecht? Gleichzeitig fürchtest du aber, dass Elektronik zu schwierig für dich sein könnte? Dann ist dieses Buch genau das richtige für dich. Auf 350 reich illustrierten Seiten entführen wir dich in die spannende Welt der Mikroelektronik, die den Fortschritt auf allen Gebieten der Technik vorantreibt. Dabei überschütten wir dich nicht mit Fach-Chinesisch, sondern drücken uns so aus, dass du uns auch ohne Elektronik-Vorwissen durch das Buch folgen kannst. Was erwartet dich in diesem Buch? Im Kapitel »Homo Technicus« reisen wir mit dir durch die Geschichte der Technik. Unsere Reise beginnt beim ersten Menschen, der einen Faustkeil schärfte, und sie endet bei den Robotern und vollautomatischen F abriken der Zukunft. Das Kapitel »Basics« macht dich mit Grundbegriffen der Elektronik wie Ladung und Spannung, Widerstand und Kapazität bekannt. Du erfährst, wie integrierte Schaltkreise mit Hilfe ihrer Transistoren schwierige Logikaufgaben lösen und wie Mikroprozessoren arbeiten. Wir erklären dir im Kapitel »Elektronik-Anwendungen« die Funktionsprinzipien von Roboterautos, zeigen dir, welchen Konzepten die Fabriken der Zukunft folgen, wie Roboter in Krankenhäusern bei schwierigen Operationen helfen oder wie Feldroboter und Sensoren die Landwirtschaft revolutionieren. Im Kapitel »Elektronik-Fertigung« besuchen wir gemeinsam eine Chipfabrik und folgen dabei einem Chip auf seinem Weg durch die Fertigung. Am Beispiel eines Gar-Automaten erklären wir dir schließlich im Kapitel »Elektronik-Entwicklung« von A bis Z, wie IndustrieUnternehmen elektronische Geräte entwickeln. Du wirst sehen, dass es gar nicht so schwer ist, eigene Ideen in hochtechnologische Produkte zu verwandeln.
3D:it / SILICON PLANET ISBN 978-3-00-051679-5
9 783000 516795
UVP: 49,90 €