Impulse für Optokeramiken

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2/12

Schlussfolgerungen Das SATW Forum zu «Advanced Optoceramics» zeigte, dass die vorgestellten Prozessansätze, die höhere Dopingraten des zu Nanopulver verarbeiteten Trägermaterials mit «intelligenten» Fremdatomen wie Seltenen Erden ermöglichen, nicht nur zu verbesserten aktiven (Laser-) und passiven (Linsen-)Optiksystemen führen, sondern auch zu höheren Effizienzen bei Röntgendetektoren und LED-Lichtquellen. Die erforderlichen technischen Herstellungs- und Bearbeitungsprozesse sind zweifelsohne noch herausfordernd, aber mit dem in der Schweiz vorhandenem Wissen bei der Empa und den teilnehmenden Firmen machbar. Die an der ETH Zürich und der EPF Lausanne betriebene Forschung an multifunktionalen Werkstoffen ist höchst aktuell, da durch geeignete Behandlungsmassnahmen Keramiken nicht nur wie Halbleiter in ihren photonischen Eigenschaften eingestellt werden können, sondern zusätzlich noch in den mechanisch-thermi-

schen Parametern. Schliesslich wies die von Johannes Georg Bednorz aufgezeigte Methode der Massenproduktion dotierter Polymere auf eine Mannigfaltigkeit an Anwendungen hin, speziell im optischen Bereich. Die Veranstaltung wurde von den 30 Teilnehmern mehrheitlich mit «sehr gut» beurteilt und scheint somit einem Bedürfnis entsprochen zu haben. Während die Industrievertreter die Information über die Technologiefortschritte begrüssten, bekamen die Hochschulvertreter in der Diskussionsrunde wertvolle Hinweise über mögliche Anwendungsgebiete. Es zeigte sich, dass verschiedene Firmen sich bilateral über ihre Absichten und Fortschritte austauschen wollen, und es wurde von mehreren Teilnehmern der Wunsch nach einer Diskussionsplattform und einer Folgeveranstaltung geäussert.

Optokeramiken sind ein kleines, aber immer wichtiger werdendes Teilgebiet moderner Keramikwerkstoffe. Sie können zum Beispiel in Teleskopen zum Einsatz kommen. Im Bild das Weltraumteleskop Planck der Europäischen Weltraumorganisation ESA (Bildquelle ESA)

Impulse für Optokeramik Zum zweiten Mal fand 2011 ein SATW Forum statt. Das Thema war diesmal «Advanced Optoceramics».

Impressum

SATW Forum In der 2010 gestarteten Reihe «SATW Forum» werden im kleinen Kreis ausgewählter Experten Erkenntnisse über eine aktuelle, im Ansatz neuartige Technologie besprochen. Diese sollte im Labor bereits verifiziert sein und ein attraktives Marktpotential erkennen lassen, jedoch noch einer industriellen Umsetzung harren. Der Weg dorthin darf durchaus noch als risikoreich eingeschätzt werden, da sich gerade dies als Wettbewerbsvorteil für die Schweizer Hochschulen und Industrien erweisen könnte. Die Diskussion im Forumskreis soll primär zeigen, ob nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch ein gemeinsames Interesse an einer Weiterentwicklung der Technologie vorhanden ist.

SATW INFO 2/12, Mai 2012 SATW Geschäftsstelle Seidengasse 16, 8001 Zürich Tel. +41 44 226 50 11 info@satw.ch www.satw.ch Autor: Bernhard Braunecker Redaktion: Beatrice Huber Review: Andreas Zuberbühler Illustration: Andy Braun

Bei der Auswahl der Themen wird darauf geachtet, dass die Technologie trotz ihrer Neuartigkeit auf einer gewissen Tradition in der Schweiz aufbauen kann, um Akzeptanz bei Politik und Öffentlichkeit zu finden. Zudem sollten die Themen eine Weiterführung früherer Aktivitäten sein, über die sowohl auf akademischer als auch industrieller Seite genügend neue Erkenntnisse vorhanden sind, um die Risiken bei einer Weiterführung zu minimieren. Weiterführende Informationen www.satw.ch/publikationen/satwinfo

Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften Académie suisse des sciences techniques Accademia svizzera delle scienze tecniche Swiss Academy of Engineering Sciences

Die SATW hatte im Jahr 2010 mit ihrem Forum eine Veranstaltungsreihe geschaffen, die Fachleute aus einem bestimmten Technologiegebiet zusammenbringt, um über neueste Erkenntnisse zu informieren und um abzuklären, was dies für den Denkund Werkplatz Schweiz bedeuten könnte. Als Thema des zweiten Forums wurde «Advanced Optoceramics» gewählt. Optokeramiken gehören zur Klasse der oxidisch-mineralischen Werkstoffe, die ein breites Applikationsspektrum von Hochspannungsisolatoren bis zu Medizinalanwendungen abdecken. 1987 erhielten Johannes Georg Bednorz und Karl Alexander Müller vom IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon den Nobelpreis für ihre Pionierarbeiten an auf Oxidkeramik basierenden Hochtemperatur-Supraleitern. In der Schweiz werden Keramiken schwerpunktmässig bei der Empa, an der ETH Zürich und der EPF Lausanne, aber auch in der Industrie behandelt.

Sinterprozesse zurück zu makroskopisch handhabbaren Proben. Da die Dopingrate beim heterogenen Nanopulver-Konvolut deutlich grösser sein kann als beim Einkristall, sind höhere Effizienzen bei bestimmten Materialeigenschaften zu erwarten.

Generell zeichnen sich diese Werkstoffe dadurch aus, dass sich durch gezielte Dotierung der Keramikmatrix mit Fremdpartikeln die mechanischen, elektrischen, thermischen und optischen Eigenschaften verändern lassen. Das geschieht über einen mehrstufigen Herstellungsprozess. Man zermahlt die Werkstoffe zu Nanopulver, dotiert sie und kommt dann über geeignete Press- und

Das SATW Forum fand am 24. November an der Empa in Dübendorf statt. Der erste Teil der Veranstaltung bot in sechs Kurzreferaten Informationen über Materialeigenschaften, Fortschritte in der Materialherstellung und -verarbeitung sowie über mögliche Anwendungen, der zweite Teil galt der Diskussion des Themas. Die Inhalte der Kurzreferate werden auf den nächsten Seiten näher vorgestellt.

Die optischen Keramiken zeigen eine hohe optische Transparenz, sind also rein äusserlich von hochwertigen optischen Glasscheiben nicht zu unterscheiden. Sie zeigen aber neben den für Keramiken typischen guten mechanischen und thermischen Eigenschaften auch weitere, für den Bau von Optikinstrumenten interessante optische Werte. Erwähnenswert sind hohe Brechzahlen, aussergewöhnliches Dispersionsverhalten und vor allem eine nutzbare Transmission vom visuellen bis in den 5 bis 6 μm Spektralbereich. Gerade für medizinische Anwendungen mit dem Erbiumlaser bei 3 μm sind somit neue Möglichkeiten denkbar.


SOC-B

Brechungsindex

Abbe-Zahl

SOC-D

SOC-A

YAG

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SOC-C

Abbildung 1: Moderne Bearbeitungsprozesse für Glas- und Keramikwerkstoffe

Abbildung 2: Abbe-Diagramm (Bildquelle: Schott AG)

Verkittetes Prisma

Transparente Keramiken für neuartige Anwendungen, Edgar Pawlowski (Schott AG) Die Entwicklung transparenter Keramiken begann vor etwa 20 Jahren, als aus polykristallinen keramischen Materialien erste brauchbare Komponenten für Laser- und optische Anwendungen hergestellt werden konnten. Das wichtigste technische Problem, das der Lichtstreuung an den Korngrenzen der keramischen Werkstoffe, liess sich nun lösen. Der von Schott entwickelte, im Vakuum ablaufende Sinterprozess des kristallinen Nanopulvers ist nicht nur für kleine Stückzahlen, sondern auch für eine Massenproduktion von Multi-Komposit-Keramiken mit unterschiedlichen Dotierungskonzentrationen geeignet. Je nach Art und Menge der Dotierung lassen sich die optischen Eigenschaften variieren, um neuartige optische Instrumente und Lasersysteme, bessere LED-Lichtquellen sowie leistungsstärkere Röntgendetektoren zu bauen. Ein grosser Vorteil ist, dass im Vergleich zu Einkristallen eine höhere Dotierung mit Seltenen Erden erreicht werden kann, was zu höheren Effizienzen bei gleichzeitig geringerer Temperaturabhängigkeit führt. Man kann zum Beispiel aus einer Keramikscheibe die gleiche Laserleistung gewinnen wie aus einer viel grösseren Einkristallscheibe, was ein wichtiger Kostenfaktor sein kann. Moderne Optikfertigungsmethoden, Bernd Reiss (Swissoptic AG) Die Oberflächen von Optikbauteilen aus Optokeramik können im Wesentlichen mit den Prozessen behandelt werden, die heutzutage für Asphären und Freiformflächen aus Glas in der Optikfertigung eingesetzt werden (siehe Abbildung 1). Mittels Feinstschleif-Roboter erreicht man Formgenauigkeiten im Bereich einiger 100 Nanometer, allerdings noch mit punktuellen Oberflächenschäden von einigen Mikrometern Tiefe. Diese beseitigt ein ebenfalls roboterbetriebenes zonales Polierverfahren, um so die geforderte Oberflächengüte im Bereich einiger Ångström (= 1/10

Feinstschleifprozess

Zonales Polierverfahren

Endprodukt

Nanometer) zu erreichen. Bei beiden Prozessschritten muss der momentane Zustand der Oberfläche in Echtzeit als Regelgrösse für die Roboter gemessen werden, was angesichts der vibrierenden und durch Poliermittel stark kontaminierten Umgebung eine echte Herausforderung darstellt. Bei beiden Prozessen kann auf Erfahrungen im Metallmaschinenbau zurückgegriffen werden. Damit ist man bestens gerüstet für kommende Materialien wie Optokeramiken. Bei Swissoptic wurden bereits erste Proben bearbeitet und dabei Qualitätswerte für die Oberflächenform und Oberflächengüte erreicht, die vergleichbar zu den Bestwerten bei Glaswerkstoffen sind. Optokeramische Materialien für den Optikdesign, Bernhard Braunecker (SATW) Im Abbe-Diagramm (siehe Abbildung 2) liegen links unten die Gläser mit niederer Brechzahl und schwacher Dispersion, rechts oben die hochbrechenden, aber mit starker Dispersion versehenen Gläser. Für den Optikdesign wären Gläser links oben ideal. Nur beginnen amorphe Gläser nahe einer magischen Linie (rot gestrichelt) auszukristallisieren. Eine so gestörte Linse fokussiert einen Laserstrahl dann nicht mehr in einen Punkt, sondern füllt die ganze Umgebung mit unbrauchbaren stochastischen Interferenzmustern, so genannten Speckles. Anstatt nun gegen die Kristallisierung anzukämpfen, sind neue Materialien jenseits der magischen Linie gefragt, beispielsweise Keramiken. Die Blasen im Diagramm zeigen Bereiche, wo Optokeramiken bereits in guter optischer Qualität als Prototypen vorliegen. Basierend auf vorläufigen optischen Daten verschiedener Prototypen der Schott Optokeramikreihe SOC lässt sich jetzt schon zeigen, dass dies positive Auswirkungen auf den Design von Optiken für abbildende Systeme, Grossraumprojektion, Medizin oder Raumfahrt haben sollte. So wie Gläser durch Zusatz von Cerium-Atomen strahlungsfest für die Raumfahrt gemacht werden können, sollte dies auch für die Keramiken gelten.

Herausforderung fehlerfreier Herstellung von Nanopulver, Thomas Graule (Empa) Die Herstellung von nahezu fehlerfreien Hochleistungskeramiken mit sehr feiner, submikronskaliger Gefügestruktur gelingt durch aggregatfreie Synthese und Verarbeitung von Nanopulver. Hierzu werden moderne Verfahren der Pulver-Synthese sowie kolloidale Verarbeitungstechniken eingesetzt. Das grösste Problem dabei ist, die Van-der-Waals-Kräfte durch Oberflächenbehandlung und hochenergetische Mahlverfahren zu beherrschen. Im Vortrag wurden verschiedene Ansätze gezeigt, wie das Problem der Aggregatbildung während der Nanopulversynthese und speziell der Agglomeratbildung bei der Formgebung gelöst werden kann. Durch gezielten Einsatz von elektrostatischer und sterischer Stabilisierung kann die Van-der-Waals-Anziehung kompensiert werden und so die Formgebung in flüssigen, wässrigen oder organischen Medien erfolgen. Gegebenenfalls kann dies auch genutzt werden, um besonders rieselfähige, leicht verpressbare Sprüh-Granulate zu erzeugen, die dann über eine Pressformgebung in den so genannten Grünkörper überführt werden können. Die abschliessende Verdichtung erfolgt über verschiedene Varianten der Sinterung. Magnetische Kontrolle von nicht-kugelförmigen Teilchen, André R. Studart (ETH Zürich) Mit der vorgestellten Methode lässt sich die räumliche Ausrichtung nichtsphärischer und nichtmagnetischer Keramikteilchen in flüssigen Suspensionen durch schwache Felder handelsüblicher Magnete von 1 milliTesla steuern. Um die Teilchen zu magnetisieren, werden diese mit geringen Anteilen (<0.01 Vol %) magnetischer Nanopartikel beschichtet. Das führt zu anisotropen Stäbchen und Plättchen von 1 bis 20 Mikrometer Länge, die gross genug sind, um ihre Ausrichtung bei Temperaturschwankungen beizubehalten, aber klein genug, um in Flüssigkeiten löslich zu sein. Damit lassen sich bei polykristallinen Keramiken und Verbundwerkstoffen die physikalischen Eigenschaften von aussen steuern.

Superhybrid-Materialien, Johannes Georg Bednorz (IBM) Bei der vom Japaner Tadafumi Adschiri entwickelten Methode werden anorganische Nanokristallpartikel wie Cerium- oder Zirkonoxid in ein organisches Trägermaterial wie Polymerfolien eingelagert. Das hat zwei Vorteile: Einerseits lassen sich durch die Nanopartikel die magnetischen, elektrischen, katalytischen und optischen Eigenschaften des Hybridmaterials beeinflussen, anderseits ermöglicht das organische Trägermaterial eine äusserst kostengünstige Massenfertigung. Allerdings sind eine hinreichende Löslichkeit und eine gleichmässige Verteilung der Nanopartikel im Wirtsmaterial gefragt, was spezielle Technologien erfordert, da die Substanzen zueinander unverträglich sind. Der Ansatz ist nun, die Nanokristalle zuerst in eine organische Hülle einzubetten, die eine hohe Affinität für organische Lösungsmittel und Polymere hat. Bei der AdschiriMethode geschieht dies durch Einleiten einer Metallsalzlösung und der organischen Additive in einen Reaktor mit Wasser im superkritischen Zustand bei 400 °C und 30 MPa. Es konnten bereits flexible Superhybrid-Materialien mit hohem Brechungsindex, hoher thermischer, aber geringer elektrischer Leitfähigkeit oder mit magnetischen Partikeln hergestellt werden. Anwendungen sind zum Beispiel die Katalyse chemischer Reaktionen. Teilnehmerkreis Die Veranstaltung wurde zusammen mit der Empa an ihrem Standort in Dübendorf durchgeführt. Die Organisatoren waren Johannes Georg Bednorz (IBM), Bernhard Braunecker (SATW), Pierangelo Gröning, Thomas Graule (beide Empa) sowie Hanspeter Herzig (EPFL). Die 30 Teilnehmer kamen von Ceramaret, Empa, EPF Lausanne, ETH Zürich, Fisba, IBM, Lasag, Leica Geosystems, Lonza, Metoxit, Micos, RUAG Space, Schott Forschungszentrum, Schott Switzerland, Silitec, Swissoptic, SwissLaserNet, Trumpf und der Universität Bern.


SOC-B

Brechungsindex

Abbe-Zahl

SOC-D

SOC-A

YAG

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Abbildung 1: Moderne Bearbeitungsprozesse für Glas- und Keramikwerkstoffe

Abbildung 2: Abbe-Diagramm (Bildquelle: Schott AG)

Verkittetes Prisma

Transparente Keramiken für neuartige Anwendungen, Edgar Pawlowski (Schott AG) Die Entwicklung transparenter Keramiken begann vor etwa 20 Jahren, als aus polykristallinen keramischen Materialien erste brauchbare Komponenten für Laser- und optische Anwendungen hergestellt werden konnten. Das wichtigste technische Problem, das der Lichtstreuung an den Korngrenzen der keramischen Werkstoffe, liess sich nun lösen. Der von Schott entwickelte, im Vakuum ablaufende Sinterprozess des kristallinen Nanopulvers ist nicht nur für kleine Stückzahlen, sondern auch für eine Massenproduktion von Multi-Komposit-Keramiken mit unterschiedlichen Dotierungskonzentrationen geeignet. Je nach Art und Menge der Dotierung lassen sich die optischen Eigenschaften variieren, um neuartige optische Instrumente und Lasersysteme, bessere LED-Lichtquellen sowie leistungsstärkere Röntgendetektoren zu bauen. Ein grosser Vorteil ist, dass im Vergleich zu Einkristallen eine höhere Dotierung mit Seltenen Erden erreicht werden kann, was zu höheren Effizienzen bei gleichzeitig geringerer Temperaturabhängigkeit führt. Man kann zum Beispiel aus einer Keramikscheibe die gleiche Laserleistung gewinnen wie aus einer viel grösseren Einkristallscheibe, was ein wichtiger Kostenfaktor sein kann. Moderne Optikfertigungsmethoden, Bernd Reiss (Swissoptic AG) Die Oberflächen von Optikbauteilen aus Optokeramik können im Wesentlichen mit den Prozessen behandelt werden, die heutzutage für Asphären und Freiformflächen aus Glas in der Optikfertigung eingesetzt werden (siehe Abbildung 1). Mittels Feinstschleif-Roboter erreicht man Formgenauigkeiten im Bereich einiger 100 Nanometer, allerdings noch mit punktuellen Oberflächenschäden von einigen Mikrometern Tiefe. Diese beseitigt ein ebenfalls roboterbetriebenes zonales Polierverfahren, um so die geforderte Oberflächengüte im Bereich einiger Ångström (= 1/10

Feinstschleifprozess

Zonales Polierverfahren

Endprodukt

Nanometer) zu erreichen. Bei beiden Prozessschritten muss der momentane Zustand der Oberfläche in Echtzeit als Regelgrösse für die Roboter gemessen werden, was angesichts der vibrierenden und durch Poliermittel stark kontaminierten Umgebung eine echte Herausforderung darstellt. Bei beiden Prozessen kann auf Erfahrungen im Metallmaschinenbau zurückgegriffen werden. Damit ist man bestens gerüstet für kommende Materialien wie Optokeramiken. Bei Swissoptic wurden bereits erste Proben bearbeitet und dabei Qualitätswerte für die Oberflächenform und Oberflächengüte erreicht, die vergleichbar zu den Bestwerten bei Glaswerkstoffen sind. Optokeramische Materialien für den Optikdesign, Bernhard Braunecker (SATW) Im Abbe-Diagramm (siehe Abbildung 2) liegen links unten die Gläser mit niederer Brechzahl und schwacher Dispersion, rechts oben die hochbrechenden, aber mit starker Dispersion versehenen Gläser. Für den Optikdesign wären Gläser links oben ideal. Nur beginnen amorphe Gläser nahe einer magischen Linie (rot gestrichelt) auszukristallisieren. Eine so gestörte Linse fokussiert einen Laserstrahl dann nicht mehr in einen Punkt, sondern füllt die ganze Umgebung mit unbrauchbaren stochastischen Interferenzmustern, so genannten Speckles. Anstatt nun gegen die Kristallisierung anzukämpfen, sind neue Materialien jenseits der magischen Linie gefragt, beispielsweise Keramiken. Die Blasen im Diagramm zeigen Bereiche, wo Optokeramiken bereits in guter optischer Qualität als Prototypen vorliegen. Basierend auf vorläufigen optischen Daten verschiedener Prototypen der Schott Optokeramikreihe SOC lässt sich jetzt schon zeigen, dass dies positive Auswirkungen auf den Design von Optiken für abbildende Systeme, Grossraumprojektion, Medizin oder Raumfahrt haben sollte. So wie Gläser durch Zusatz von Cerium-Atomen strahlungsfest für die Raumfahrt gemacht werden können, sollte dies auch für die Keramiken gelten.

Herausforderung fehlerfreier Herstellung von Nanopulver, Thomas Graule (Empa) Die Herstellung von nahezu fehlerfreien Hochleistungskeramiken mit sehr feiner, submikronskaliger Gefügestruktur gelingt durch aggregatfreie Synthese und Verarbeitung von Nanopulver. Hierzu werden moderne Verfahren der Pulver-Synthese sowie kolloidale Verarbeitungstechniken eingesetzt. Das grösste Problem dabei ist, die Van-der-Waals-Kräfte durch Oberflächenbehandlung und hochenergetische Mahlverfahren zu beherrschen. Im Vortrag wurden verschiedene Ansätze gezeigt, wie das Problem der Aggregatbildung während der Nanopulversynthese und speziell der Agglomeratbildung bei der Formgebung gelöst werden kann. Durch gezielten Einsatz von elektrostatischer und sterischer Stabilisierung kann die Van-der-Waals-Anziehung kompensiert werden und so die Formgebung in flüssigen, wässrigen oder organischen Medien erfolgen. Gegebenenfalls kann dies auch genutzt werden, um besonders rieselfähige, leicht verpressbare Sprüh-Granulate zu erzeugen, die dann über eine Pressformgebung in den so genannten Grünkörper überführt werden können. Die abschliessende Verdichtung erfolgt über verschiedene Varianten der Sinterung. Magnetische Kontrolle von nicht-kugelförmigen Teilchen, André R. Studart (ETH Zürich) Mit der vorgestellten Methode lässt sich die räumliche Ausrichtung nichtsphärischer und nichtmagnetischer Keramikteilchen in flüssigen Suspensionen durch schwache Felder handelsüblicher Magnete von 1 milliTesla steuern. Um die Teilchen zu magnetisieren, werden diese mit geringen Anteilen (<0.01 Vol %) magnetischer Nanopartikel beschichtet. Das führt zu anisotropen Stäbchen und Plättchen von 1 bis 20 Mikrometer Länge, die gross genug sind, um ihre Ausrichtung bei Temperaturschwankungen beizubehalten, aber klein genug, um in Flüssigkeiten löslich zu sein. Damit lassen sich bei polykristallinen Keramiken und Verbundwerkstoffen die physikalischen Eigenschaften von aussen steuern.

Superhybrid-Materialien, Johannes Georg Bednorz (IBM) Bei der vom Japaner Tadafumi Adschiri entwickelten Methode werden anorganische Nanokristallpartikel wie Cerium- oder Zirkonoxid in ein organisches Trägermaterial wie Polymerfolien eingelagert. Das hat zwei Vorteile: Einerseits lassen sich durch die Nanopartikel die magnetischen, elektrischen, katalytischen und optischen Eigenschaften des Hybridmaterials beeinflussen, anderseits ermöglicht das organische Trägermaterial eine äusserst kostengünstige Massenfertigung. Allerdings sind eine hinreichende Löslichkeit und eine gleichmässige Verteilung der Nanopartikel im Wirtsmaterial gefragt, was spezielle Technologien erfordert, da die Substanzen zueinander unverträglich sind. Der Ansatz ist nun, die Nanokristalle zuerst in eine organische Hülle einzubetten, die eine hohe Affinität für organische Lösungsmittel und Polymere hat. Bei der AdschiriMethode geschieht dies durch Einleiten einer Metallsalzlösung und der organischen Additive in einen Reaktor mit Wasser im superkritischen Zustand bei 400 °C und 30 MPa. Es konnten bereits flexible Superhybrid-Materialien mit hohem Brechungsindex, hoher thermischer, aber geringer elektrischer Leitfähigkeit oder mit magnetischen Partikeln hergestellt werden. Anwendungen sind zum Beispiel die Katalyse chemischer Reaktionen. Teilnehmerkreis Die Veranstaltung wurde zusammen mit der Empa an ihrem Standort in Dübendorf durchgeführt. Die Organisatoren waren Johannes Georg Bednorz (IBM), Bernhard Braunecker (SATW), Pierangelo Gröning, Thomas Graule (beide Empa) sowie Hanspeter Herzig (EPFL). Die 30 Teilnehmer kamen von Ceramaret, Empa, EPF Lausanne, ETH Zürich, Fisba, IBM, Lasag, Leica Geosystems, Lonza, Metoxit, Micos, RUAG Space, Schott Forschungszentrum, Schott Switzerland, Silitec, Swissoptic, SwissLaserNet, Trumpf und der Universität Bern.


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Schlussfolgerungen Das SATW Forum zu «Advanced Optoceramics» zeigte, dass die vorgestellten Prozessansätze, die höhere Dopingraten des zu Nanopulver verarbeiteten Trägermaterials mit «intelligenten» Fremdatomen wie Seltenen Erden ermöglichen, nicht nur zu verbesserten aktiven (Laser-) und passiven (Linsen-)Optiksystemen führen, sondern auch zu höheren Effizienzen bei Röntgendetektoren und LED-Lichtquellen. Die erforderlichen technischen Herstellungs- und Bearbeitungsprozesse sind zweifelsohne noch herausfordernd, aber mit dem in der Schweiz vorhandenem Wissen bei der Empa und den teilnehmenden Firmen machbar. Die an der ETH Zürich und der EPF Lausanne betriebene Forschung an multifunktionalen Werkstoffen ist höchst aktuell, da durch geeignete Behandlungsmassnahmen Keramiken nicht nur wie Halbleiter in ihren photonischen Eigenschaften eingestellt werden können, sondern zusätzlich noch in den mechanisch-thermi-

schen Parametern. Schliesslich wies die von Johannes Georg Bednorz aufgezeigte Methode der Massenproduktion dotierter Polymere auf eine Mannigfaltigkeit an Anwendungen hin, speziell im optischen Bereich. Die Veranstaltung wurde von den 30 Teilnehmern mehrheitlich mit «sehr gut» beurteilt und scheint somit einem Bedürfnis entsprochen zu haben. Während die Industrievertreter die Information über die Technologiefortschritte begrüssten, bekamen die Hochschulvertreter in der Diskussionsrunde wertvolle Hinweise über mögliche Anwendungsgebiete. Es zeigte sich, dass verschiedene Firmen sich bilateral über ihre Absichten und Fortschritte austauschen wollen, und es wurde von mehreren Teilnehmern der Wunsch nach einer Diskussionsplattform und einer Folgeveranstaltung geäussert.

Optokeramiken sind ein kleines, aber immer wichtiger werdendes Teilgebiet moderner Keramikwerkstoffe. Sie können zum Beispiel in Teleskopen zum Einsatz kommen. Im Bild das Weltraumteleskop Planck der Europäischen Weltraumorganisation ESA (Bildquelle ESA)

Impulse für Optokeramik Zum zweiten Mal fand 2011 ein SATW Forum statt. Das Thema war diesmal «Advanced Optoceramics».

Impressum

SATW Forum In der 2010 gestarteten Reihe «SATW Forum» werden im kleinen Kreis ausgewählter Experten Erkenntnisse über eine aktuelle, im Ansatz neuartige Technologie besprochen. Diese sollte im Labor bereits verifiziert sein und ein attraktives Marktpotential erkennen lassen, jedoch noch einer industriellen Umsetzung harren. Der Weg dorthin darf durchaus noch als risikoreich eingeschätzt werden, da sich gerade dies als Wettbewerbsvorteil für die Schweizer Hochschulen und Industrien erweisen könnte. Die Diskussion im Forumskreis soll primär zeigen, ob nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch ein gemeinsames Interesse an einer Weiterentwicklung der Technologie vorhanden ist.

SATW INFO 2/12, Mai 2012 SATW Geschäftsstelle Seidengasse 16, 8001 Zürich Tel. +41 44 226 50 11 info@satw.ch www.satw.ch Autor: Bernhard Braunecker Redaktion: Beatrice Huber Review: Andreas Zuberbühler Illustration: Andy Braun

Bei der Auswahl der Themen wird darauf geachtet, dass die Technologie trotz ihrer Neuartigkeit auf einer gewissen Tradition in der Schweiz aufbauen kann, um Akzeptanz bei Politik und Öffentlichkeit zu finden. Zudem sollten die Themen eine Weiterführung früherer Aktivitäten sein, über die sowohl auf akademischer als auch industrieller Seite genügend neue Erkenntnisse vorhanden sind, um die Risiken bei einer Weiterführung zu minimieren. Weiterführende Informationen www.satw.ch/publikationen/satwinfo

Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften Académie suisse des sciences techniques Accademia svizzera delle scienze tecniche Swiss Academy of Engineering Sciences

Die SATW hatte im Jahr 2010 mit ihrem Forum eine Veranstaltungsreihe geschaffen, die Fachleute aus einem bestimmten Technologiegebiet zusammenbringt, um über neueste Erkenntnisse zu informieren und um abzuklären, was dies für den Denkund Werkplatz Schweiz bedeuten könnte. Als Thema des zweiten Forums wurde «Advanced Optoceramics» gewählt. Optokeramiken gehören zur Klasse der oxidisch-mineralischen Werkstoffe, die ein breites Applikationsspektrum von Hochspannungsisolatoren bis zu Medizinalanwendungen abdecken. 1987 erhielten Johannes Georg Bednorz und Karl Alexander Müller vom IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon den Nobelpreis für ihre Pionierarbeiten an auf Oxidkeramik basierenden Hochtemperatur-Supraleitern. In der Schweiz werden Keramiken schwerpunktmässig bei der Empa, an der ETH Zürich und der EPF Lausanne, aber auch in der Industrie behandelt.

Sinterprozesse zurück zu makroskopisch handhabbaren Proben. Da die Dopingrate beim heterogenen Nanopulver-Konvolut deutlich grösser sein kann als beim Einkristall, sind höhere Effizienzen bei bestimmten Materialeigenschaften zu erwarten.

Generell zeichnen sich diese Werkstoffe dadurch aus, dass sich durch gezielte Dotierung der Keramikmatrix mit Fremdpartikeln die mechanischen, elektrischen, thermischen und optischen Eigenschaften verändern lassen. Das geschieht über einen mehrstufigen Herstellungsprozess. Man zermahlt die Werkstoffe zu Nanopulver, dotiert sie und kommt dann über geeignete Press- und

Das SATW Forum fand am 24. November an der Empa in Dübendorf statt. Der erste Teil der Veranstaltung bot in sechs Kurzreferaten Informationen über Materialeigenschaften, Fortschritte in der Materialherstellung und -verarbeitung sowie über mögliche Anwendungen, der zweite Teil galt der Diskussion des Themas. Die Inhalte der Kurzreferate werden auf den nächsten Seiten näher vorgestellt.

Die optischen Keramiken zeigen eine hohe optische Transparenz, sind also rein äusserlich von hochwertigen optischen Glasscheiben nicht zu unterscheiden. Sie zeigen aber neben den für Keramiken typischen guten mechanischen und thermischen Eigenschaften auch weitere, für den Bau von Optikinstrumenten interessante optische Werte. Erwähnenswert sind hohe Brechzahlen, aussergewöhnliches Dispersionsverhalten und vor allem eine nutzbare Transmission vom visuellen bis in den 5 bis 6 μm Spektralbereich. Gerade für medizinische Anwendungen mit dem Erbiumlaser bei 3 μm sind somit neue Möglichkeiten denkbar.


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