Freie Hochschule für Geisteswissenschaft Goetheanum Sektion für Sozialwissenschaften RUNDBRIEF
Der Soziale Impuls von Rudolf Steiner in Ungarn Anthroposophie im Recht – Recht in der Anthroposophie In Gegensätzen – Miteinander Mut zum Umdenken Komplementärwährungen Jozef Tischner 100 Jahre Peter F. Drucker Wirtschaft anders Denken 1
Sommer 2010
INHALT
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Editorial
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Geleitwort Ulrich Rösch Aus der Forschungsarbeit Der Soziale Impuls Rudolf Steiners in Ungarn Péter Takáts Anthroposopie im Recht – Recht in der Anthroposophie Prof. Dr. Günter Herrmann In Gegensätzen – Miteinander Gerd Flint Vortrag und Seminar in Bochum und Dortmund Horst Angelbeck Kolloquium zur Konfliktforschung Peter Gutland Mut zum Umdenken Axel Mannigel Komplementärwährung – Sicherheit durch Bürgergeld Jörg-Martin Steinmetz Geld und Magie Prof. Dr. H. Ch. Binswanger Aus der Englisch sprechenden Welt Katie Dobb Jozef Tischner – ein Philosoph der Solidarität Ulrich Rösch 100 Jahre Peter F. Drucker Benjamin Kohlhase Economics Conferences Arthur Edwards und Christopher Houghton Budd Die Kunst – die Geldordnung neu zu gestalten Herbert Schliffka
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Veranstaltungsüberblick Impressum und Spendenmöglichkeit
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10 13 18 20 24 29 33 34 38 40 43 46
Editorial Liebe Sektionsmitglieder, kurz
nach
Ereignis,
dem
dem
Kongress
wichtigen öffentlichen
„Zukunft
der
Gerne
nehmen
inhaltlichen
wir
einen
Beitrag
oder
zu
den
Informationen
Arbeit – Karma des Berufs“
Themen, die in der Sektion
der
Anthroposophischen
behandelt werden, in unseren
Gesellschaft in Deutschland,
Sektionsbrief auf. Bitte senden
an dem viele Mitglieder unserer
Sie
Ihren
Text
bis
Mitte
Sektion mitwirkten, möchten
November
2010
an
unser
wir
Sekretariat.
Ihnen
Berichte
und
wieder
einige
Informationen
über die Arbeit der Sektion für
Sozialwissenschaften
zukommen lassen. Wir danken allen Autoren für ihre Beiträge.
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Geleitwort von Ulrich Rösch
Am 27. Juni ging in Bochum der große öffentliche Kongress der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland zu Ende. Das Thema „Zukunft der Arbeit – Karma des Berufs“ zielte ins Zentrum der gegenwärtigen sozialen Frage. Fast alle Repräsentanten des anthroposophischen Sozialimpulses waren in Bochum vertreten. Stellvertretend für die Veranstalter sei hier Michael Schmock vom deutschen Vorstand genannt. Auch die Professoren Herta Däubler-Gmelin, ehemalige Bundesjustizministerin und Frithjof Bergmann, Flint in Michigan USA, ein kreativer und unkonventioneller Gelehrter. In einem grossen Palaver, Ratsversammlung und Gespräch im besten Sinne wurde vier Tage über zentrale Themen der heutigen Zeit gesprochen, etwas was sonst oft anthroposophischen Zusammenkünften mangelt. Unter der künstlerischen Leitung des Bochumer Malers Alexander Schaumann gab es unter vielem anderen, herausragende Musik des Chinesen Wang Jue durch den Bochumer Cellisten Wolfgang Sellner und die bewegende Eurythmie durch Tille Barkhoff. Diese künstlerischen 4
„Es gibt zum Beispiel nichts, was so sehr feindlich gesinnt ist einer wirklichen Überzeugung von Reinkarnation und Karma als der Grundsatz des Lebens, dass man für dasjenige, was man unmittelbar als Arbeit leistet, einen der Arbeit entsprechenden Lohn, der die Arbeit geradezu bezahlt, einheimsen müsse… Aber der Gedanke müsste den Menschen nahe treten, dass in der Tat in einer Weltordnung, in der man daran denkt, Lohn und Arbeit müssten sich unmittelbar entsprechen, in der man sozusagen für seine Arbeit dasjenige verdienen muss was zum Leben notwendig ist, niemals eine wirkliche Grundüberzeugung von Reinkarnation und Karma gedeihen kann.“ (Rudolf Steiner, GA 135 S. 87 21.02.1912 Wiederverkörperung und Karma, Mitgliedervortrag in Stuttgart)
Elemente waren gute Beispiele, wie zukünftige Tagungen künstlerisch durchdrungen und noch mehr zur Einheit mit den Inhalten und der Form der Tagung werden können. Auch das künstlerische Schulhaus der Rudolf Steiner-Schule Bochum verhalf zu einer sozialkünstlerischen Stimmung.
und Boden), Lohnarbeit (Arbeitskraft als Ware) und Profit (shareholder value) als Wirtschaftsantrieb. Diese drei Begriffe sind noch ein Überbleibsel aus der mittelalterlichen, tauschwirtschaftlichen Produktionsweise, unangemessen einer modernen, postindustriellen Unternehmenswirtschaft.
Ansätze zur Durchdringung von Kunst, Wissenschaft und sozialer Gestaltung zeigte in anregender Weise Johannes Stüttgen, Künstler aus Düsseldorf in seiner Arbeit an der sozialen Skulptur. Seine Kurse fanden einen begeisterten Widerhall bei den Teilnehmern und seine Auftritte im grossen Saal mit den grossen Wirtschaftlern, Politikern und Aktivisten ergaben einen Szenenapplaus nach dem andern. Arbeit, Kapital und Menschenwürde wurden als gesundende Elemente in der Gesellschaft erfahrbar.
Rudolf Steiner hat die Gefährdungen einer seelenlosen Ökonomisierung sehr deutlich gesehen: „Was die moderne Welt zugetrieben hat der im modernen Kapitalismus liegenden Vermehrung des Kapitals, im Wachsen des Kapitals, das hat eben auf der anderen Seite … verknüpft mit dem Aufkommen des Kapitalismus die Interesselosigkeit, die wir in der modernen Menschheit gerade für die tiefsten Impulse der menschlichen Seele finden.“ (Rudolf Steiner, GA 188, S. 229)
Nicht das Wirtschaftsleben selbst hat uns in die heutigen Probleme hineingeführt, sondern das Verbinden der Entwicklungen des modernen Wirtschaftslebens mit der einseitig auf dem Egoismus gründenden Ideologie des Liberalismus. Was die Entwicklung unseres gesellschaftlichen Lebens gefährlich macht, ist die Macht falscher Begriffe, die im Wesentlichen aus einem falschen Geld- und Kapitalbegriff resultieren: Eigentum an den produktiven Mitteln (einschl. Grund
Bedürfnisse und Fähigkeiten gehören aber zum Wesen und Schicksal des Menschen, die sein Erdendasein prägen. Arbeit richtet sich immer auf die Bedürfnisse des anderen Menschen. Damit zeigt sich in der Arbeit das Urbild einer sozialen Geste. Ich brauche den anderen Menschen, damit ich meine Anlagen und Fähigkeiten weiter entwickle, der andere Mensch braucht aber mich, um dessen, was er bedarf zu befriedigen, damit er ein würdiges Dasein auf der Erde fristen kann – und umgekehrt. Geben und Nehmen, beides hat im Schicksalsausgleich 5
einen gleichwertigen Rang. Unsere Fähigkeiten sind die Früchte vergangener Erdenleben. Durch die Arbeitsteilung ist das Prinzip der Brüderlichkeit Gestaltungselement der wirtschaftlichen Beziehungen geworden. Arbeitsteilung und Spezialisierung, aber auch die Mechanisierung und Virtualisierung im Produktionsprozess bedürfen der bewussten Ergänzung: dem Interesse an dem anderen menschlichen Wesen. Im Vollzug dieser Tätigkeit für das bedürftige andere Wesen realisieren wir aber einen tiefen Zukunftsimpuls: das Interesse an dem anderen, die Liebe, die sich hier in einem freien Akt verwirklicht, wird zum Gestaltungsimpuls für die Zukunft, für einen neuen Planetenzustand. An die Stelle des eigenen Vorteils wird mehr und mehr das Interesse an den Mitbrüdern und Schwestern treten. Dazu bedarf es aber einer Weltanschauung, die das spirituelle Wesen des Menschen erfasst. Radikaler als Rudolf Steiner kann man es nicht ausdrücken. Solange Menschen meinen, sie arbeiten für ihren Lohn, können sie niemals Verständnis für Reinkarnation und Karma erlangen. In dieser Dimension müssen wir die soziale Frage einordnen. Ohne die Dreigliederung des sozialen Organismus können wir in unserer geistigen Entwicklung 6
nicht weiterkommen und unsere Erdenaufgabe nicht erfüllen „und die Menschheit wird in Zukunft nicht weiter mitreden können, ohne dass sie ihren sozialen Organismus im Sinne der Dreigliederung, des Sozialismus für das Wirtschaftsleben, der Demokratie für das Rechts- oder Staatsleben, der Freiheit oder des Individualismus für das Geistesleben einrichtet“ (Rudolf Steiner, Die Erziehungsfrage als soziale Frage, GA 296, S. 17)
„Arbeitslosigkeit kann nur die Folge ungesunder Wirtschaftsverwaltung sein… Arbeitslosigkeit! Menschen können nicht Arbeit finden! Sie muss aber doch da sein. Denn die Menschen sind da. Und es kann im gesunden sozialen Organismus die Arbeit, die nicht getan werden kann, nicht eine überflüssige sein, sondern sie muss irgendwo fehlen. Soviel Arbeitslosigkeit, soviel Mangel. Das spricht aber deutlich dafür, dass Arbeitslosigkeit nur in der allgemeinen Gesundung der wirtschaftlichen Institutionen ihr Gegengewicht finden kann. – Das chaotische Zusammenwirken von Politik, Geistesleben und Wirtschaft untergräbt diese Gesundung.“ (Rudolf Steiner, GA 36 S.30, 09.10.1921 Arbeitslosigkeit)
Der Soziale Impuls von Rudolf Steiner in Ungarn Besuch von Ulrich Rösch in Ungarn
In den Zeiten der kommunistischen Herrschaft war Anthroposophie in Ungarn nicht akzeptiert und diejenigen, die sich mit dem Werk Rudolf Steiners beschäftigen wollten, mussten sich versteckt halten. So ist es auch nicht erstaunlich, dass aus dieser Stimmung heraus der soziale Impuls nicht gedeihen konnte und die geisteswissenschaftliche Arbeit sich nur auf das Studium von Rudolf Steiners Werken begrenzte. Nach der Wende, als die Geisteswissenschaft in den Mittel- und Ost-Europäischen Ländern auch frei geworden ist, hat sich diese Orientierung leider nur wenig geändert und Anthroposophie blieb weiterhin nur eine geistige Strömung, die mit dem Alltagsleben fast nichts zu tun hatte. So konnte man in der ungarischen Anthroposophischen Gesellschaft fast nicht über die soziale Frage oder die Dreigliederung sprechen. Nach dem Millennium hat eine Gruppe von engagierten Menschen die soziale Frage und den sozialen Impuls aufgegriffen und angefangen, damit zu arbeiten. Diese Menschen haben erst die entsprechenden Werke von Rudolf Steiner studiert und dann
haben sie versucht, das im Studium Gelernte in ihrem Alltagsleben zu verwirklichen, in ihre Taten zu übersetzen. Eine wichtige Aufgabe für diese Gruppe war immer und ist auch heute: Die sozialen Impulse der Anthroposophie für andere Mitglieder zugänglich zu machen. Wenn Mitglieder oder Mitarbeiter der Sozialwissenschaftlichen Sektion nach Ungarn kommen und Vorträge oder Kurse halten, gibt das immer einen guten Anlass hierzu. Diesem Ziel dienten Besuche und Vorträge, die in den letzten Jahren organisiert wurden. Ein nächster Schritt in der Entwicklung der sozialen Impulse in Ungarn war der Besuch von Ulrich Rösch in März 2010. In diesen Tagen hat Herr Rösch im Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft in Budapest, im Rudolf Steiner Haus, einen Vortrag gehalten und einen zweitägigen Kurs über die soziale Frage und den Dreigliederungsgedanken. Im Vortrag am Zweigabend der Anthroposophischen Gesellschaft hat Herr Rösch den Teilnehmern Rudolf Steiner als einen engagierten 7
sozialen Aktivisten vorgestellt. Er hat geschildert, wie die biographischen Ereignisse Rudolf Steiners mit einer sozialen Empfindsamkeit verbunden waren und wie verantwortlich er sich für die Welt und die Menschheit gefühlt hat. Herr Rösch hat den Vortrag mit einer ganz tragischen Aussage Rudolf Steiners von 1922 abgerundet: der Michael-Impuls sei der wichtigste geistige Impuls unserer Zeit; dieser Impuls sei aber noch nicht stark genug in der Welt. Rudolf Steiner hat diesen Impuls, der damals noch nicht genügend in der Welt lebte, als die grosse Aufgabe der geisteswissenschaftlichen Bewegung gesehen. Worte Rudolf Steiners werden heute oft zitiert und dann wird gesagt: die Menschen draussen in der Welt seien halt noch nicht reif dafür. Aber die so sprechenden Anthroposophen haben offensichtlich den nächsten Absatz nicht gelesen, weil dort Rudolf Steiner ganz konkret aufzeigt, was das Problem war: nur einige wenige von unseren anthroposophischen Freunden hätten den sozialen Impuls aufgegriffen. Wenn sich nur wenige aktive Mitglieder in der anthroposophischen Gesellschaft fänden, dann könnte man von einem Michaels-Fest sprechen. Aber unsere lieben Freunde verbündeten ihre Seele nur mit dem betrachtenden, mit dem passiven Teil ihrer Seele, sie schafften es nicht, in eigene Aktivität zu kommen. Das war und sei leider noch immer die Tragik 8
der anthroposophischen Bewegung. Der soziale Impuls ist so nicht Keim geworden in der Welt. Die Frage ist deswegen heute: Was machen wir mit dem sozialen Impuls? Wie können wir den Impuls ergreifen, gerade wenn die ganze Welt in der Not schreit für einen neuen sozialen Impuls. Was tun wir? Es ist ganz klar, dass wenn dieser Impuls von uns heute wirklich ergriffen würde, die anthroposophische Gesellschaft die Quelle einer neuen sozialen Bewegung werden könnte. Am zweiten Tag haben wir uns in einem romanischen Raum, der die Stimmung der ersten christlichen Katakomben hatte, versammelt und sind in die Tiefe der sozialen Frage gedrungen. Herr Rösch hat versucht, in einem grossen Bild das zu zeigen, was nicht in der äusseren Tatsachenwelt zu sehen ist, sondern in einer tieferen Wirklichkeit, in ihrem Wesen. Goethe beschreibt diese Gesetzmässigkeiten als deren Urbild. So hat Herr Rösch versucht, den Teilnehmenden die inneren Gesetzmässigkeiten des Sozialen zu beschreiben, welche für alle modernen Gesellschaften – nach der industriellen Revolution – gelten, egal, welche politische Färbung sie haben. Er hat den Teilnehmenden das Urphänomen des Wirtschaftslebens, in dem wirtschaftliche Werte dadurch entstehen, dass der menschliche Geist die Natur verwandelt, dass sie durch Polaritäten geprägt sind,
von gerichteten Aufbau- und Abbau-Prozessen, geschildert. Diese Polaritäten werden durch die Mitte, die Begegnung, durch das entstehende Recht miteinander verbunden. Das gilt für den mikrosozialen Bereich, z.B. für die Familie, das gilt für den mesosozialen Bereich, z.B. Gruppen von Menschen, die zusammenarbeiten und das gilt auch für die Gesellschaft als Ganzes, den sozialen Organismus der Erde. Herr Rösch hat die Teilnehmenden auf die Tatsache, dass wir heute nur noch von einer Weltwirtschaft sprechen können, aufmerksam gemacht. Rudolf Steiner hat 1922 im sogenannten Nationalökonomischen Kurs den Teilnehmenden deutlich gemacht, dass die Erde heute in Wirklichkeit ein Ganzes geworden ist. Das ist aber eines der Probleme heute, dass wir noch immer „nationalökonomisch“ denken, wir müssen aber heute „weltwirtschaftlich“ denken. Das andere Problem von heute ist, dass die Wirtschaftsdenker über Mechanismen in der Wirtschaft denken und so z.B. über Marktmechanismen sprechen, und das trifft eben nicht die Wirklichkeit. Wir können die soziale Wirklichkeit nur erfassen, wenn wir organisch denken, ganzheitlich und organisch. Das ist ein Grund, warum wir in der Anthroposophie über den sozialen Organismus sprechen. Nachdem
wir
diesen
sozialen
Organismus detailliert angeschaut haben, hatten wir eine Grundlage, alle Fragen zu beantworten, die hier auftauchten. Wir sind ausgegangen von der Arbeit, die immer gelenkt wird von dem, was ein Mensch kann, von seinen Fähigkeiten und dass die Arbeit in der Welt wirkt. Die Menschen brauchen aber ein Einkommen, nicht nur, dass sie damit am Markt Waren und Dienstleistungen, die sie brauchen, einkaufen können, sondern für ihr menschliches Leben überhaupt. Erst dann können sie ihre Fähigkeiten in der Produktion einbringen. Während der zwei Tage haben wir über die Grundelemente des Sozialen und des Wirtschaftslebens gesprochen. Unsere Methode war „Phänomenologie statt Ideologie“, also: Wir wollten nicht aus ausgedachten Gedanken heraus die Welt gestalten, sondern wir wollten in die Welt schauen und aus der Welt heraus die Gedanken nehmen. So kamen wir auf ein Urbild des Sozialen, wie es Rudolf Steiner in seinem Kurs zur Weltwirtschaftswissenschaft beschreibt. Die interessierten und aktiven Teilnehmenden des Kurses haben Herrn Rösch spontan für einen weiteren Besuch in Ungarn eingeladen, mit der Hoffnung, dass diese Vorträge weitere wichtige Anregungen für den sozialen Impuls in Ungarn geben werden. Péter Takáts, tpeter@t-email.hu 9
Anthroposopie im Recht – Recht in der Anthroposophie Paul Mackay hat jüngst an dieser Stelle erklärt, es sei wichtig, „dass in unserer Sektion die Fragen bezüglich des freien Geisteslebens, des Rechtslebens und des Wirtschaftslebens sowohl für sich allein genommen als auch in ihrem Zusammenhang Bearbeitung finden“, und er bitte um Beiträge für unsere künftige Arbeit in der Sektion (Winterrundbrief, S. 4 und 6). Da wir eine Sektion der „Freien Hochschule für Geisteswissenschaft“ sind, erscheint es mir sinnreich, als eine Basis für unsere Arbeit die Äußerungen von Rudolf Steiner heranzuziehen, die wir zum Rechtsleben in seinem Gesamtwerk, wenn auch weit verstreut, finden können. Konkret erscheint es mir interessant, dass wir uns in der Sektion darüber austauschen, wie wir die zahlreichen Fragen des Rechtslebens aufgrund der Aussagen von Rudolf Steiner und unserer eigenen Erfahrungen zu beantworten suchen können. Ich nenne nur ein paar Beispiele: • Wie kann das Rechts- und Staatsleben, das mittlere, rhythmische Glied des sozialen Organismus, auf seine echten Funktionen reduziert 10
und konzentriert werden? Dass die von Rudolf Steiner apostrophierte Beschränkung der Staatsfunktionen ein ganz aktuelles Thema ist, zeigt ja die gegenwärtig heiße Debatte in Deutschland um „Hartz IV“-Frage: Können und sollten sich die Staaten heute so viel Sozialstaat leisten? • Welche weiteren rechtsgestalterischen Gedanken sind aus der „Dreigliederung des sozialen Organismus“ und aus anderen Gedanken von Rudolf Steiner abzuleiten? Wie ist dabei die von Rudolf
Steiner gegebene Interpretation der Devise der Französischen Revolution zu nutzen, die er sogar als Thema eines Vortrages formulierte: Freiheit für den Geist! Gleichheit für das Recht! Brüderlichkeit für das Wirtschaftsleben!
• Wie ist das Verhältnis zwischen Rechtsleben und Karma? Der Richter kann das Karma der Prozessbeteiligten nicht berücksichtigen. Aber schafft er durch seine Urteile karmische Beziehungen?
• Was kann getan werden, um das Geistesleben möglichst frei von staatlichen Eingriffen schalten und walten zu lassen? Mehr Freiheiten für Schulen, Universitäten, Theater?!
• Nachdem das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Hartz-IV-Urteil vom 9.2.2010 die Menschenwürde als Minimalmaßstab für die „Soziale Gerechtigkeit“ genannt hat, könnten wir einmal darüber nachdenken, ob tatsächlich mit dieser nach Art. 1 GG unantastbaren Menschenwürde das Wesensglied „Ich“ als Individualität gemeint ist.
• Wie kann das Wirtschaftsleben möglichst „staatsfrei“ belassen oder gestaltet werden? Oder ist heute das Problem größer, dass durch eine Allmacht der Wirtschaft (einschließlich Banken, Gewerkschaften und globaler Konzerne) der Staat zu sehr in die Abhängigkeit der Wirtschaft gerät? • Was ist in den letzten Jahren von den Gedanken zur Sozialen Dreigliederung etwa durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von oder durch die neue Eidgenössische Verfassung von 1999, durch die Staatspraxis oder durch die gesellschaftliche Entwicklung realisiert worden? Es gelten ja inzwischen in vielen modernen Rechtsstaaten Verfassungsartikel, die „Freiheit für den Geist“ und „Gleichheit für das Rechtsleben“ gewährleisten – und zu „Brüderlichkeit“ aufrufen, sie jedenfalls nicht hindern ...
• Rudolf Steiner erkannte und benannte vor 80 Jahren drei große Erkenntnisfeinde der Gegenwart: 1. Die Furcht vor dem Geist, 2. die Lust, über das geistige Wesen zu spotten und 3. die Schlaffheit, die Bequemlichkeit des Denkens: Der Mensch wolle alles wie im Kino vor sich „abrollen lassen“ (gesagt vor der Entwicklung des Fernsehens!). Gegen diese Erkenntnisfeinde der Gegenwart könnten nur „Erkenntnismut, Erkenntnisfeuer und Erkenntnisschaffen“ helfen. Diese Worte von Steiner können wir heute nur mit großer Erschütterung lesen: Was folgt daraus für unser Handeln?
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• Und die letzte Frage: Wie können wir gewonnene Erkenntnisse für uns und weitere Kreise praktisch fruchtbar machen? Zu einer Reihe Fragen stehen bereits in meinem Buch „Recht und Gerechtigkeit“ (2007) Anregungen und in meinem Sammelband „Quellen für ein neues Rechtsleben aus dem Werk von Rudolf Steiner“ (2000) zahlreiche Zitate. (Rudolf Steiner Verlag, Dornach, zur Zeit Sonderpreis) Wir könnten uns also in einer der nächsten Arbeitssitzungen in medias res stürzen und – ggf. nach kurzen Einführungen – im Gespräch Klärungen versuchen: einmal um unseren Erkenntnisstand zu fördern, zum anderen auch, um Rechtskenntnisse für die Arbeit in anthroposophischen Einrichtungen und Zusammenhängen zu fördern. Prof. Dr. Günter Herrmann Wankweg 13 D-87642 Buching Tel. +49 (0)8368 16 96 www.rechtsleben.net
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In Gegensätzen – Miteinander Aktives Recht im Streit um die Mitte Eindrücke von der Tagung der Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum im März 2010 Unter diesem Motto wurde die Initiative aus der Tagung zuvor vom November 20081 fortgesetzt. Wieder ging es um den Versuch, zwei Themenbereiche miteinander zu verknüpfen: die Wirkung des Gegensätzlichen, Antisozialen in zwischenmenschlichen Beziehungen einerseits. Und die Bedeutung der Initiative zur eigenverantwortlichen Rechtsschöpfung andererseits. Um im Ausleben dieser Gegensätze zur Mitte zu finden, und damit Recht zu schaffen. Die achtköpfige Vorbereitungsgruppe unter der koordinierenden Leitung von Dirk Jan de Geer hatte sich für die Ausgestaltung dieses Themas viel Zeit genommen und vorbereitend zweimal – in Darmstadt und Bochum – getroffen. Schon dabei konnten fruchtbare Erfahrungen gemacht werden, die direkt in die Thematik des Themas hineinführten: Die Achtung der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben, die Koordination und Kommunikation untereinander und zwischen Initiativgruppe und Sektions-Administration. Ein fruchtbares Lernfeld für die Akteure!
Die große Ernüchterung kurz vor Tagungsbeginn: eine Teilnehmerresonanz, welche die ohnehin schon bescheidenen Erwartungen untertraf. Einer der Akteure faßte das griffig als eine „echte Pleite“ zusammen. Und niemand mochte widersprechen. Andere fragten nach der Bedeutung einer EntTäuschung, die ja voraussetzt, daß man sich in der Resonanzerwartung zuvor getäuscht hatte. Einig waren sich alle, die Tagung unter den gegebenen Bedingungen trotzdem durchzuführen und die zahlarmen Teilnehmenden für ihr Kommen mit einem gesteigerten Engagement zu belohnen. In diese Richtung stimmte die Begrüßung des Leiters der Sektion, Paul Mackay, ein. Aus der Not eine Tugend zu machen und den 25 Teilnehmern die Möglichkeit zu vermitteln, in einer Art Kolloquium die Mitarbeit jedes einzelnen zu intensivieren. Dies sollte im Verlauf des Tagungswochenendes gut gelingen. Eine besondere Note gleich zu Beginn: unter der Leitung von Gert Siebes konnten die Teilnehmer 13
sich mit künstlerischen BewegungsImprovisationen auflockern und auf diese Weise zur Schaffung einer eigenen Tagungsatmosphäre beitragen, ohne Worte: in der Aufmerksamkeit auf die anderen und sich selbst, in einer Art dynamischen Raumerlebens. Für Freitagabend war ein einführender Dialog zwischen Lilla Boros-Gmelin und Reinald Eichholz vorgesehen. Die Zuhörenden waren gespannt, wie die beiden Protagonisten auf dem Podium ihre hoffentlich verschiedenen Erkundungswege zur Mitte würden darstellen können – mit der Hilfe eines umsichtigen Moderators in Gestalt von Dirk Jan de Geer. Lilla Boros-Gmelin stellte eine Art Leitmotiv voran: „Das ICH hat gewisse Wachstumsbedingungen. Es nährt sich ausschließlich von den Bedingungen, die es selbst schafft“. Sie betonte die Bedeutung des Prozesses, der Bewegung; als Kraft, um auch bei der Bildung von Strukturen die Richtung zum Ideal zu wahren. Dem mochte Reinald Eichholz nicht widersprechen. Er betonte das Kräftefeld, in dem Mitte entstehen kann: horizontal im Alltagsgeschehen und vertikal zwischen „Lichtwesen“ und „Dunkelgewalten“, in Anlehnung an zwei Begriffe, die der erkrankte Hans Dackweiler in seiner Arbeitsgruppe betrachten wollte. Der Moderator bemühte sich, die beiden Teilnehmenden unter 14
den aufmerksamen Augen des Publikums zu einem echten Dialog zu ermuntern, was auch ansatzweise gelang. Beide waren sichtlich bemüht, sich bei der Darstellung von Gegensätzen zurückzuhalten. Ungünstig schien die Position des Moderators, der nach hinten versetzt, keinen impulsierenden Blick-Kontakt zu den beiden Kontrahenten herstellen konnte. Ein Teilnehmer aus dem Publikum nahm das so wahr: „Ich erlebte einen offenen Raum, in dem ich mich frei bewegen konnte“. Am deutlichsten wurden die Unterschiede noch in der Art der Darstellung, wie die Sichtweisen vermittelt wurden. Das konnte für die weitere Tagung die Aufmerksamkeit darauf lenken, mehr auf das „Wie?“ als auf das „Was?“ zu achten. Am Samstagmorgen präsentierte Ingo Krampen einen Fall unter dem Motto „Der Streit um die Initiative“, der bald in ein lebendiges Rollenspiel unter Mitwirkung der Teilnehmer überging. Dabei wurde der Streit heftig demonstriert. Die widerstreitenden Sichtweisen wurden verbal und emotional deutlich. Durch die spontane Hinzunahme von Mediatoren in die Rollenspiele wurden sogar schon Optionen für Lösungswege entwickelt. Das war erhellend für das Plenum, führte allerdings dazu, daß der Fall in den folgenden Arbeitsgruppen nicht wieder aufgegriffen wurde. Diese waren, auch wegen der
eingeschränkten Teilnehmerzahl, auf drei reduziert worden. In der Gruppe mit Reinald Eichholz und Raymond di Ronco wurde im dialogischen Gespräch das Spannungsfeld zwischen Kreativität und Verbindlichkeit im Rechtsleben ausgelotet. Eine Bereicherung für diejenigen, die „das Recht“ auf das allein Verbindliche reduzieren wollen, um sich dann mit Grausen davon abzuwenden. Und auch für die, die in sozialen Beziehungen von vornherein jede Verbindlichkeit unter Berufung auf das ach so freie Geistesleben (verab-)scheuen. Die Gruppe „Aktives Recht“ lag in niederländischen Händen (Annemarie Sijens, Gert Siebes und Dirk Jan de Geer). Es wurde im Dreiklang gearbeitet: mit interaktiven Bewegungsübungen, Betrachtung der viergegliederten Rechtswirklichkeit und Übungen, mit denen eigene Erlebnisse in diesem Zusammenklang wachgerufen werden konnten. In der Gruppe mit Lilla BorosGmelin und Gerd Flint wurde das erste Leitmotiv des Tagungsthemas beim Wort genommen: Im Durchleben der Gegensätze Wege zur Mitte finden. Das begann bei innerseelischen Gegensätzen des Einzelnen, die zu Zerreißproben führen können. Die Übungen hierzu wurden auch in der Lautstärke so
lebendig, daß der Gruppenleiter im Nebenraum Zurückhaltung anmahnte. In Fall-Schilderungen von Teilnehmenden wurden tiefgehende Gegensätze zwischen Menschen und in Gremien lebendig. Dabei wurde deutlich, daß manche Vorhaben ohne das Aushalten und Durchleben von Gegensätzen nicht verwirklicht werden können. Der Samstagabend gehörte der Musik: unsere Tagung kreuzte sich mit der Musiker-Tagung2, die in ihrem Untertitel die Leitmotive von Pädagogik, Instrument, Soziales Miteinander verknüpft hatte. Bei drei ganz verschiedenen Darbietungen konnten wir eintauchen in das musikalisch angeregte Kraftfeld von innerer Beweglichkeit, Achtsamkeit gegenüber dem anderen, spontanem und sinnhaftem Reagieren auf Gegenwärtiges. So konnte sich ein vertieftes Hören und Zeiterleben entwickeln. Wo könnten wir diese Fähigkeiten im sozialen Agieren nicht brauchen? Neben zwei Konzerten im Großen Saal, einmal frontal von der Bühne und dann hoch oben von der Empore aus, beeindruckte das dritte im Treppenhaus des Westbaus: auf zum Teil selbst gebauten Instrumenten (Metall und Klangsteine) erklangen Stücke, die aus den Tierkreisstimmungen des (irdischen) Willenskreuzes (Widder – Waage, Krebs – Steinbock) hervorgingen 15
und in eine ganz freie Stimmung mündeten, die aus dem Augenblick der Aufführung entstand. Mit musikalischen Impulsen stimmten wir uns in den Sonntagmorgen ein. Gerd Flint hatte ein Doppelquartett aus sechs (!) Männer- und zwei Frauenstimmen zusammengestellt, mit denen das unterschiedliche Prinzip von Homophonie und Polyphonie demonstriert wurde. Harmonischer Einklang und kontrapunktischer Vielklang. Gebundene Mehrstimmigkeit unter der Führung einer „Ober“-Stimme und kanonische Selbstständigkeit der Einzelstimmen. Schon bald wurden die Gesänge vom Plenum aufgenommen. Im anschließenden Plenum gelang es der Moderation von Raymond di Ronco, die Wort-Beiträge auf des Wesentliche zu konzentrieren. Es wurde ein Panorama von persönlichen Eindrücken und Erlebnissen vermittelt, welches sich in seiner Vielfalt zu einem Gesamtbild entwickelte, so daß der letzte Beitrag lauten konnte: „Die Runde hat das schon ausgesprochen, was ich empfunden habe“. Paul Mackay war von seiner Mitwirkung im Doppelquartett am Morgen so angeregt, daß er ein Notenpult für sein Vortragsmanuskript nutzte, um seine Gedanken zum Generalthema der Tagung zusammen zu fassen: 16
das Tagungsthema treffe den Charakter unserer Zeit im Kern, wenn man es kontemplativ bearbeite. Ausgehend vom antisozialen Element im Menschen gelte es, die ursprüngliche kosmische Intelligenz seelisch im Menschen zu vertiefen, zur Herzensintelligenz. So könne der Mensch aus dem – unvermeidlichen – antisozialen Abstandnehmen eine neue Beziehung zur Welt entwickeln, wo sich der Andere in mir aussprechen kann und umgekehrt. Michaelisches Herzdenken überzeuge nicht mehr durch Argumente, sondern durch den Schritt in die Unmittelbarkeit. Dann entstehe allmählich ein seelisches Empfindungsvermögen, aus dem Wahrheit und Irrtum unterschieden werden könne. So könnten Gegensätze und Widersprüche Ergänzung bedeuten und wir lernen dabei, uns selbst gegenüber zu stellen. Seine Schlußworte: „Wir brauchen Gegensätze, um vernünftig miteinander wirken zu können. Dabei ist es unausweichlich, daß wir uns um der (gemeinsamen) Sache willen aneinander reiben. Daraus kann eine Kultur der menschlichen Mündigkeit entstehen. Wir brauchen den Menschen – jeder ist gleich wichtig – als Mündigkeitswesen, um uns im Rechtsleben weiter entwickeln zu können. Das ist eine bedeutende Aufgabe für die ganze Anthroposophische Gesellschaft“.
Damit wurde die Grundintention angesprochen, welche die Akteure zur Realisierung dieser Tagung in Bewegung gebracht haben: der sozialen Interaktion das bewußte Element der Rechtsschöpfung hinzuzufügen, als ein allgemein menschliches Anliegen, um den Erdennöten der Menschheit wirklich gerecht werden zu können. Uns allen ist tiefernst bewußt geworden, daß wir noch Vorläufer für diese Zukunftsaufgabe sind. Auch innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft. Und wir werden noch eine Weile damit leben müssen, daß nur wenige Menschen davon überzeugt sind, diese Aufgabe schon jetzt aktiv und im praktischen Alltagsgeschehen zu ergreifen. So gab es auch keine Initiative für eine weitere Fortsetzung dieser Art von Tagung. Zu stark wirkte wohl noch die Ernüchterung über die bescheidene quantitative Resonanz nach. Vielleicht braucht dieser Impuls eine schöpferische Pause, in der Zukunftskeime ihre Kraft in Ruhe entfalten können, um zu gegebener Zeit in der Welt wirken zu können. Wenn die Welt danach ruft. Für den Berichterstatter ergab sich dies bereits wenige Tage nach der Rückkehr von der Tagung als er gebeten wurde, in einer zerstrittenen Gemeinschaft eine Mitgliederversammlung von 45 Teilnehmenden zu moderieren mit einer anschließenden Vertiefung im kleineren Kreis unter dem Motto: In Gegensätzen – Miteinander!
Gerd Flint rae.flint@t-online.de ---------------------------------------------1 „Was ist zwischen mir und dir? Konfliktfähigkeit und Rechtsgefühl“ „Von den Wirkungskräften des Musikalischen in der Improvisation“. 2
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Vortrag und Seminar von und mit Ulrich Rösch Im Februar 2010 in Bochum und Dortmund Ulrich Rösch hat in feiner Weise, sowohl bei seinem Vortrag, als auch bei dem Gespräch am Samstag, Anstöße gegeben. Der Blutkreislauf im lebendigen Organismus mit seinen Organen war ein anschauliches Bild für den Kreislauf des Geldes. Es hat deutlich gemacht, wie dieser Blutkreislauf in einem gesunden Organismus wirksam ist und wie vergleichsweise der Kreislauf des Geldes heute dem eines ziemlich kranken Menschen, überlagert mit Krebsgeschwüren, entspricht. Die Analogie der beiden Kreisläufe war für mich überzeugend dargestellt, vor allem die Bewegung, die eben gerade nicht vom Herzen ausgeht, sondern dass umgekehrt der Blutkreislauf die Herztätigkeit erst hervorbringt. Das Blut hat eine Eigendynamik. Sein Vortrag hat in mir Fragen geweckt! Das ist heute sehr selten der Fall. Dazu hat er mir einen Begriff, nämlich den der Anarchie, auf seinen wahren, nicht von Terrorereignissen in Deutschland geprägten Inhalt zurückgeführt. 18
(Anmerkung: „Der Staat und die Gesellschaft, die sich als Selbstzweck ansehen, müssen die Herrschaft über das Individuum anstreben, gleichgültig wie diese Herrschaft ausgeübt wird, ob auf absolutistische, konstitutionelle oder republikanische Weise. Sieht sich der Staat nicht mehr als Selbstzweck an, sondern als Mittel, so wird er sein Herrschaftsprinzip auch nicht mehr betonen. Er wird sich so einrichten, dass der Einzelne in grösstmöglicher Weise zur Geltung kommt. Sein Ideal wird die Herrschaftslosigkeit sein. Er wird eine Gemeinschaft sein, die für sich gar nichts, für den Einzelnen alles will…“ Rudolf Steiner, Die Soziale Frage, 1898, GA 31, S. 256) Dafür bin ich ihm dankbar. Gerade für eine Bürgerinitiative, die sich für das bGE (bedingungslose Grundeinkommen) einsetzt, ist das ein wichtiger Hintergrund. Was mir ganz besonders gut gefallen und gutgetan hat, war seine schlichte und einfache und damit überzeugende Darstellung der „sozialen Plastik“. Unser Menschsein benötigt zu seiner freien Entfaltung eine Vorstellung von der Zukunft: wo möchte ich hin, zu welchem/n Ziel/en
führt mich meine Sehnsucht? Dazu bedarf es des Blickes auf das Gewordene, wie es sich aus dem Strom, der aus der Vergangenheit kommt, heute, reinlich wahrgenommen kundtut. Und zwischen den beiden Polen stehen wir als einzelne Menschen, als soziale Unternehmer, in der Aufgabe, an das Gewordene anzuknüpfen, um zu tun, was uns hinführt dorthin, wo unsere Sehnsucht schon ist und uns erwartet. So habe ich es verstanden und bin überzeugt, eine ordentliche Vorstellung von „sozialer Plastik“ erhalten zu haben. Ulrich Rösch ist wie ein Vorbild aufgetreten, gerade, weil er in seiner Bescheidenheit, sich selbst am wenigsten wichtig nahm. Konnte er deshalb so nah bei mir/uns sein? Ich freue mich, ihn auf meinem Wege wiederzutreffen, denn er hat offensichtlich Spuren hinterlassen. Horst Angelbeck, Dortmund, HorstAngelbeck@gmx.de
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Kolloquium zur Konfliktforschung Frühjahr 2010
Erneut trafen sich die Teilnehmer am Konflikt-Forschungs-Kolloquium am Hohenkarpfen in BadenWürttemberg. Das von Peter Lüdemann-Ravit, Ingo Krampen und Peter Gutland vorbereitete Treffen stand unter dem Thema: „Der Segen der Sozialität beruht auf der Unterschiedlichkeit der Menschen“ Nach der Begrüßung gaben zur Anwärmung alle einen kurzen Bericht, was sie/ihn seit dem letzten Treffen interessiert oder in der letzten Zeit sehr bewegt hat. Peter Gutland gab einen Beitrag mit dem Titel: „Die 12 Weltanschauungen, Konzert oder Kakophonie“. Wir stehen in der heutigen Zeit einerseits in der Verantwortung, eine neue Form der Gemeinschaftsbildung zu entwickeln und andererseits vor der Aufgabe, mit der „neuen Qualität: dem Denken“, die bewusste Verbindung zur geistigen Welt wieder herzustellen. Dem Menschen der Gegenwart ist das sehr vielfältige und unverzichtbare Hereinwirken der Hierarchien in die menschliche Organisation nahezu unbekannt. Ohne sie wären wir aber im wahrsten Sinne des Wortes hilflos. 20
Dieses Hereinwirken der Hierarchien in den Menschen gehört elementar zu der Aufgabe, die Verbindung zur geistigen Welt wieder zu erlangen. Rudolf Steiner geht im ersten Vortrag des Zyklus „Der menschliche und der kosmische Gedanke“ (GA 151) auf das menschliche Denken ein. Unsere Gedanken, „vollständig von uns gemacht“, sind im Gegensatz zu unseren Vorstellungen „unser Ureigenstes“ und wir können hierüber unsere Beziehung zum Kosmos finden. Aber – so führt er weiter aus, – „die meisten Menschen haben keine Gedanken, sie begnügen sich häufig mit Worten und glauben, sie hätten einen Gedanken“. Wir müssen von dem „speziellen Gedanken“, indem wir ihn „in Bewegung bringen“, zu dem allgemeinen Gedanken kommen. An einem Beispiel aus dem Buch „Morphologie des menschlichen Organismus“ von Johannes W. Rohen wird dies an einem Sechseck verdeutlicht. Nach der Darstellung der 12 Weltanschauungsnuancen und den 7 Weltanschauungsstimmungen im 2. und 3. Vortrag des genannten Zyklus kommt Rudolf Steiner dann im 4. Vortrag auf das Denken der Hierarchien zu sprechen. „Der
Mensch ist nach den Gedanken des Kosmos aufgebaut, ...der Kosmos denkt uns.“ „Wie die Teile in unserem Gehirn für uns die Spiegelungsapparate sind, die wir für unsere Gedanken bearbeiten, so sind wir, wir kleine Wesen, dasjenige, was sich für ihre Gedanken die Hierarchien des Kosmos zubereiten.“ Die „Mystik erscheine im Idealismus“ ist ein Gedanke des Kosmos, indem dies bei einem Menschen auftritt. Ausgehend von diesem „Gedanken“ zeigt Rudolf Steiner dann am Leben von Friedrich Nietzsche, wie ein Leben tragisch verlaufen kann. „Das, was die Menschen sind, sind die Urteile des Kosmos.“ So wird erkennbar, wie wir in der Verantwortung stehen, die Weltanschauungen zu entwickeln und als Mitglieder eines „Weltorchesters“ jegliche Kakophonien zu vermeiden und unsere entwickelten Fähigkeiten in die bewusste, dialogische Gemeinschaftsbildung einfließen zu lassen. Im Anschluß hielt Peter LüdemannRavit einen Vortrag mit dem Titel: „Konstruktivismus, eine Erkenntnistheorie, die in Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaft der Tatsache Rechnung trägt, daß jeder die Welt anders erlebt“. Der u. a. von E.v. Glaserfeld, H. Foerster, H. Maturana und G. Roth begründete „Radikale Konstruktivismus“ ist, so Peter Lüdemann-Ravit, „mit seiner „nicht anthroposophischen“ Epistemologie auch als Übung für uns geeignet, sich
einmal in eine andere Gedankenwelt einzuschwingen.“ Die von Rudolf Steiner aufgeworfene Frage nach der „objektiven Wahrheit“ wurde in den 70er Jahren hier erneut aufgegriffen. Erkannte schon Thomas von Aquin: „Wahrheit ist eine Übereinstimmung von erkennendem Geist und der Sache“, so sagt Maturana: „Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt.“ Die Frage nach dem Individuum entsteht, wie objektiv ist die Individualität, der Beobachter? Wie ist er konditioniert, wie geprägt von seiner Vergangenheit, seiner Umwelt? – denn – Wahrheit, Realität und das Sein liegen in uns, nicht außerhalb von uns. Aus dieser Perspektive gibt es keine „objektive Wahrheit“, sie ist eine Fiktion. Das Postulat einer „objektiven Wahrheit“ kann sogar Ausgangpunkt von Gewalt und Konflikten werden. Auf der anderen Seite kann das Wissen, daß in mir Erkenntnis entsteht, die nicht losgelöst, außerhalb von mir existiert, zur Verantwortung führen. Aus der „ursprünglichen Konstruktion“ = unbewußt, – kann durch „Rekonstruktion“ = Erkenntnisarbeit und „Dekonstruktion“ = Auflösung alter Muster „Neukonstruktion“ = Schaffung der Leere entstehen. Voraussetzung, um dies schaffen zu können, sind nach Tulku Lama, Meditation – Disziplin – Wissen. 21
Auch für Gruppenprozesse und Gemeinschaftsbildung gilt: Fremderkenntnis wird zur Selbsterkenntnis und Selbsterkenntnis stärkt das Fremderkennen, das Verstehen des Anderen. Meine eigene Vergangenheit begegnet hier den „Lebenskonstrukten“ meiner Mitmenschen und in dem harmonischen Zusammenklingen können uns Lösungen aus der Zukunft entgegen kommen. Das heißt: „Der Segen der Sozialität beruht auch auf der Unterschiedlichkeit der Menschen!“ Danach folgte ein Beitrag von Ingo Krampen unter dem Titel: „Dialog zwischen Ich und Gemeinschaft.“ In der Welt steht der Mensch mit seinem komplizierten Zusammenspiel von Leib – Seele – Geist und mit seinem geheimnisvollen Denken – Fühlen – Wollen, was wir als Individualität, als Ich, bezeichnen, in den verschiedensten Gemeinschaften wie Familie, Freundeskreis, Berufsund/oder Religionsgemeinschaften, Verbänden und vieles mehr. Im Jahre 1898 definiert Rudolf Steiner das „Soziologische Grundgesetz“, wonach (sinngemäß) „nicht mehr der Einzelne der Gemeinschaft, sondern die Gemeinschaft nunmehr dem Einzelnen zu dienen habe“. Heute kann weder der Einzelne nur der Gemeinschaft dienen noch der Einzelne nur seine Rechte in der Gemeinschaft beanspruchen. Beides führt zu unlösbaren Konflikten. Auch das „Motto der Sozialethik“: 22
„Heilsam ist nur, wenn im Spiegel… .“ weist in diese Richtung. Die immer selbstbewusster werdende Menschenseele kann und muß sich heute in einen bewussten und gewollten Dialog mit der Gemeinschaft begeben. Schauen wir nur in die eigene Seele, erleben wir nicht auch „den Anderen“, bleibt unsere Wahrnehmung unvollständig. Das „Innen-Ich“ muß mit dem „Außen-Ich“, der Individualität der Gemeinschaft, in einen Dialog treten und so die Voraussetzung für das Funktionieren einer demokratischen und „erwachsenen“ Bürgergesellschaft schaffen. Die Dreigliederung hat ihre Wurzeln in den vier Mysterienströmungen Europas und der Entwicklung des Menschen. Jeder Mensch hat in sich - die Fähigkeit, sich zu entwickeln - die Liebe zum Mitmenschen und den Antrieb, dessen Bedürfnisse zu erfüllen - die Waage der Gerechtigkeit und Rechtssicherheit Die Gesellschaft hat sich parallel dazu von der Machtgesellschaft zunächst zur Tauschgesellschaft entwickelt und muß nun Gemeingesellschaft werden. „Aus Authentizität entsteht Freiheit (Verantwortung) statt Schuld, aus Gefühl entsteht Bedürfnis, auf Bedürfnis antwortet Bitte (Vertrauen) statt Forderung. Verantwortung und Vertrauen sind die Bestandteile des Rechts der (dreigliedrigen) Gemeingesellschaft =
moderne Bürgergesellschaft.“ Hilfreich können für die Beschäftigung mit diesen Themen die Beschreibungen der drei Seelentöne sein, die Rudolf Steiner in dem Zyklus „Der menschliche und …“ (GA 151) beschreibt:
– Miteinander“ und auf die im September kommende Tagung „Die Seele Europas“.
Theismus: Ich suche Gott in der Welt Intuitismus: Ich suche den Geist in mir Naturalismus: Ich suche die Welt.
Das nächste Treffen findet am 12./ 13. November 2010 in Dornach, das übernächste am 1./2. April 2011 im Hofgut „Hohenkarpfen“ statt.
Anschließend nahmen wir das Rollenspiel des letzten Treffens mit neuen Aufgaben wieder auf, und schauten dabei auf die Beziehungen zwischen Vertrauen und Verantwortung, die dabei erkennbar wurden. Am Abend gab Hans Dackweiler eine wiederum sehr intensive Klassenstunde. Erstmals praktizierten wir die neue Verabredung, am nächsten Morgen über die erlebte Stunde in ein Klassengespräch zu kommen. Dies wurde so bereichernd erlebt, dass wir auch zukünftig so verfahren wollen. Als Ergebnis der Rückschau mit einem Blick nach vorne ergab sich das Thema für unser nächstes Treffen: „Das Opfer – und seine Bedeutung für – die Menschheitsentwicklung – im sozialen Geschehen – auf dem Schulungsweg“ Abschließend blickten wir auf die vergangene Tagung „In Gegensätzen
Zwei Teilnehmer haben sich aus dem Kreis verabschiedet, zwei neue wollen hinzu kommen.
Peter Gutland, Wuppertal p-gutland@versanet.de
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Mut zum Umdenken Tagungsreihe am Goetheanum
Euro, Franken, WIR Die Sektion für Sozialwissenschaften veranstaltet 2010 drei Tagungen am Goetheanum zum Regionalgeld und zu einer anderen Wirtschaft. Die erste fand vom 23. bis 24. April statt. ‹Das Goetheanum› sprach mit den Organisatoren Otmar Donnenberg (selbstständiger Organisationsberater, international tätig im Coaching von Aktionsprozessen) und Ulrich Rösch (wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sektion für Sozialwissenschaften) über die Aktualität des Regiogeldes und das Anliegen der Tagungsreihe. Sie veranstalten eine Tagungsreihe zum Regionalgeld. Was macht das Thema gerade wieder aktuell? Otmar Donnenberg: Ein entscheidender Anstoß kam in jüngster Zeit zum Beispiel durch eine Studie über das WIR-Geld* in der Schweiz. Hier wurde deutlich, welch stabilisierende Wirkung Regiogeldsysteme haben können. Ähnlich wie bei komplexen technischen Systemen, etwa Flugzeugen, wesentliche Funktionen mehrfach installiert werden, so dass ein Teilsystem einspringt, wenn ein anderes ausfällt, so können auch Regiogeldsysteme als eine Form 24
von Komplementärwährungen einspringen, wenn die primäre Geldordnung nicht funktionieren sollte. In der argentinischen Finanzkrise zwischen 1998 und 2002 zum Beispiel konnte der ‹Credito› vielen Leuten wenigstens für ein paar Tage helfen, auch ohne Bankgeld und Hunger weiterzuleben. Neue Geldordnung Seit dem Jahr 2000 sind in deutschsprachigen Ländern Regionalgeldinitiativen immer zahlreicher geworden, haben sich zum Großteil in einem Dachverband zusammengeschlossen (www.regiogeld.de) und erproben verschiedene Gestaltungsformen. Aus der Verschiedenheit all dieser Initiativen kann sehr viel gelernt werden. Dafür gibt es regelmäßige ‹Netzwerktreffen›, Internet-Seminare, es gibt sogar einen Studiengang für ‹Gestaltung nachhaltiger Geldsysteme› des deutschen Zweiges der Gaia University (USA, Colorado). Was verstehen Sie unter der von Ihnen im Tagungsflyer beschriebenen ‹neuen Geldordnung›? Ulrich Rösch: Unter der Oberfläche des modernen Geldwesens liegt eine Wirklichkeit, die man als das
eigentliche Wesen des Geldkreislaufs beschreiben könnte. Diese in allen Erscheinungen wirkenden inneren Gesetze des Geldes sichtbar zu machen, wird die große und schwierige Aufgabe sein. Wenn wir das aber erfahrbar machen, haben wir ein Instrument, das uns Entwicklungen zum Gesunden und Kranken hin diagnostizieren lässt. Donnenberg: Ausgangspunkt ist, dass es sich lohnt, mehrere Geldordnungen nebeneinander existieren zu lassen, jeweils für verschiedene Funktionen, etwa den Euro für den weltwirtschaftlichen Verkehr, fürs Sparen und Anlegen und dazu Regionalwährungen für die Gewährleistung von Lebensgrundlagen im Nahraum. Eine einzige Art von Währung kann nicht alle Funktionen gleich gut erfüllen. Im kleinen Maßstab kann mit neuen, unüblichen Gestaltungsformen experimentiert werden, was im Bereich des ‹großen Geldes› wegen der Weltdimensionen, der enormen Komplexität und der gefestigten Interessen unmöglich ist. Soll das Regiogeld früher oder später das ‹große Geld› ersetzen? Donnenberg: Es handelt sich bei Regionalwährungen um Komplementärwährungen, die nicht an die Stelle der ‹großen› Währungen treten sollen. Deren Reform ist eine eigene Sache. Es handelt sich ganz klar um Zweitwährungen, die Lebensgrundlagen im Nahraum gewährleisten sollen: vor allem
Ernährung, Energie und gegenseitige Hilfe. Ein Traumziel wäre, dass etwa 15 Prozent (eine willkürliche Zahl, um wenigstens ein Verhältnis anzugeben) der Kaufkraft einer Region in Regiogeld zirkulieren. Ein weiteres Traumziel ist, dass ‹große› und ‹kleine› Währungen einander zu Verbesserungen und Erneuerungen anregen. Wie verhält sich Regiogeld zum Euro und inwiefern ist Regiogeld vom ‹großen Geld› abhängig? Muss ich zum Beispiel viel ‹großes Geld› besitzen, um mir viel Regiogeld leisten zu können? Donnenberg: Es gibt Regiogelder, die durch die nationale oder transnationale Währung gedeckt werden (FIAT-Geld), und solche, die durch Leistungen der Beteiligten gedeckt werden (System gegenseitiger Kreditierung). Eine eurogedeckte Regionalwährung erleichtert die Einführungsarbeit, da es um einen vertrauten Maßstab geht, sperrt jedoch Menschen aus, die nicht genügend Euros haben. Leistungsgedeckte Regiogelder erschließen brachliegende Kapazitäten von Menschen, stellen jedoch hohe Ansprüche an Begegnungsqualität und Vertrauen. Hierbei besteht die Deckung aus Leistungsgarantien der herausgebenden Bürger, Gruppen, Firmen und Institutionen. Darüber hinaus sollte jede Regionalwährung spezifisch für die betreffende Region entworfen 25
werden. In der einen Region kann sie zum Beispiel wertvoll sein, um städtische Bürger und Landbau mehr miteinander zu verbinden, in einer anderen, um der enormen Anzahl von Arbeitslosen eine Perspektive für ein menschenwürdiges Leben zu verschaffen. Ist Regiogeld – wie im Falle des WIR – immer gleichbedeutend mit alterndem Geld? Donnenberg: Ein zentrales Anliegen des Regiogeldes ist die Sicherung einer lebhaften und schnellen Zirkulation. Es gibt mehrere Möglichkeiten, dies zu fördern, unter anderm auch durch einen geplanten periodischen kleinen Wertverlust. Diese Option entspricht dem Gedanken des Schwundgeldes beziehungsweise der des alternden Geldes. Geldzirkulation Eine andere Möglichkeit besteht darin, den umlaufenden Wertscheinen die Form eines Wechsels zu geben. Viel zu wenig bekannt ist, dass die wirtschaftlich harmonischste Zeit, wo also Produktivität und soziale Verhältnisse im Gleichgewicht standen, das Hochmittelalter war. Hier fand eine intensive Geldzirkulation statt, die von den Beteiligten (Kaufleuten, Handwerkern und ihren Kunden) veranlasst wurde und nicht durch Spekulation und ständige Interventionen von oben auf Grund irgendwelcher Theorien beeinträchtigt wurde. Eine 26
wirtschaftlich sehr erfolgreiche Hanse und hervorragende Kathedralenbauten zeugen von den damaligen günstigen Rechtsverhältnissen. Wäre eine Dreigliederung des Geldes – transnationales Geld, nationales Geld, regionales Geld – aktuell realisierbar? Rösch: Ja, das kann ich durchaus so sehen. Wobei ich den Hauptschritt erst einmal darin sehe, eine Geldordnung neu zu denken und dafür dann ein Währungsgebiet zu schaffen. Die Schweiz hätte beispielsweise die besten Voraussetzungen dafür – so lange sie ihre relative Selbstständigkeit bewahren kann. Aber das kann nur dann funktionieren, wenn man die ganze Welt als sozialen Organismus mitdenkt. Das gilt auch für die Regiogeldinitiativen. Sie werden nur dann gesundend in den sozialen Organismus hineinwirken, wenn sie sich als regionale Initiativen innerhalb eines großen sozialen Organismus denken. Wie kam es zu der Initiative, eine Tagung zum Regiogeld am Goetheanum durchführen zu wollen? Rösch: Rudolf Steiner hat klare Aussagen in Bezug auf eine Erneuerung des Geldwesens und einer zeitgemäßen, assoziativen Wirtschaftsform gemacht. Geld kann ich nur erfassen, wenn ich es in verschiedenen Qualitäten sehe, die sich permanent verwandeln: Schenk, Leih-, Kaufgeld. Sobald ich eine der
Qualitäten absolut nehme, verkenne ich die Wirklichkeit und werde ideologisch. Donnenberg: Das Goetheanum ist einerseits eine Bildungs- und Forschungsstätte mit einer regionalen Funktion für den Bereich Nordostschweiz, Süddeutschland und Österreich, andererseits der Knotenpunkt einer Weltbewegung. Die Orientierung einer solchen Institution kann helfen, Fragen aus der Weltbewegung zu Regionalgeldsystemen adäquat aufzugreifen. Was ist das konkrete inhaltliche Ziel, was das Anliegen der Tagung? Donnenberg: Die Tagung ist ja Bestandteil einer Veranstaltungsreihe für das Jahr 2010, die drei Konferenzen umfasst. In der April-Konferenz geht es um begeisternde Vorbilder und Hinweise zum Weiterdenken, in der Juni-Konferenz um das Thema ‹Wirtschaft anders denken – aber wie geht das?› und schließlich in der November-Konferenz um wirksame Ansatzpunkte fürs Andersmachen. Jedes Mal bieten sich Chancen, um Aktuelles wahrzunehmen (Stimmiges und weniger Stimmiges), einander anzuregen und zum Durchhalten und Weitermachen zu ermutigen (denn: Was ist zäher, als umdenken zu lernen?) sowie um Kräfte zu bündeln. Aktionsgruppen Die drei Veranstaltungen
sollen
eine Einladung sein, sich von heutigen Selbstverständlichkeiten des Finanzwesens zu lösen – zumindest vorübergehend – und in eine größere Beweglichkeit des Denkens zu kommen. Dazu bietet die Idee von mehreren Schichten von Währungen (mondiales Geld, nationales Geld, regionales Geld) gute Gelegenheiten. Mit den Tagungen wollen Sie andere Wege gehen. Inwiefern? Donnenberg: Die Veranstaltungsreihe bietet die Möglichkeit, zwischen den Konferenzen Anregungen auszuprobieren und nach den Konferenzen Ergebnisse mitzunehmen. Die Veranstalter sind offen für Wünsche und Hinweise seitens der Teilnehmenden zu weiterführenden Schritten, Kooperationsmö glichkeiten und der Formulierung von Forschungsfragen. Dafür ist Raum für informelle Gespräche zwischen Referenten und Teilnehmenden vorgesehen. Außerdem wird es eine Plakatausstellung geben. Die Teilnehmenden werden Möglichkeiten haben, sich untereinander über Hinweise, Fragen, Einladungen und vieles mehr auszutauschen. Rösch: In Aktionsgruppen sollen erst Lösungen diskutiert und dann gemeinsam mit weiteren Teilnehmenden implementiert werden. So haben wir aus der großen Zahl von Aktivisten einige Gruppierungen eingeladen, mit denen wir partnerschaftlich ihre 27
Ansätze diskutieren wollen. Das sind einerseits regionale Aktionsgruppen wie der ‹Chiemgauer e.V.›, der ‹Vorarlberger Tauschkreis› oder die ‹Wörgler Jugendwährung›; andererseits solche, die vor dem neuen Handeln ein Umdenken einfordern, wie der ‹Omnibus für direkte Demokratie›, der ‹Verein Mehr Demokratie› und die Aktivisten für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Es soll ein Dialog entstehen – dann werden sich gemeinschaftliche weitere Schritte ergeben. Donnenberg: Wir betrachten die Veranstaltungen dann als gelungen, wenn Teilnehmer Fragen, die sich ihnen in ihrer Praxis stellen, mitgeteilt und erläutert haben und zu diesen Fragen Verbindungen zwischen Beteiligten und ihren Angeboten entstanden sind. * Ein WIR-Franken hat den Gegenwert eines Schweizer Frankens. Mit dem WIR bezahlen rund 60000 kleine und mittlere Unternehmen in der Schweiz untereinander ihre Leistungen. Der WIR wurde 1932 von der Genossenschaft ‹Wirtschaftsring› (daher das Kürzel WIR) eingeführt: Das Geld soll im Kreis des Gewerbes bleiben. Außerdem altert der WIR: Durch Verzicht auf Zinszahlungen wandert er nicht auf die hohe Kante, sondern kommt möglichst rasch wieder in den Umlauf. Veranstaltungsreihe der Sektion für Sozialwissenschaften am 28
Goetheanum über die Wirksamkeit von sozialen Initiativen am Beispiel der Regiogeld-Initiativen: 1. April-Konferenz: Begeisternde Vorbilder und Hinweise zum Weiterdenken. 2. Juni-Konferenz: Wirtschaft anders denken – aber wie geht das? 3. November-Konferenz (26.-28. November): Wirksame Ansatzpunkte fürs Andersmachen. Axel Mannigel axel.mannigel@goetheanum.ch Erschienen in der Wochenschrift „Das Goetheanum“ Informationen: www.goetheanum.org
Komplementärwährungen Sicherheit durch Bürgergeld Am 23. und 24. April trafen sich rund 40 Engagierte aus verschiedenen Regiogeld-Initiativen und daran Interessierte zu einer Tagung in der Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum, zu der Otmar Donnenberg und Ulrich Rösch eingeladen hatten (‹Goetheanum› Nr. 13/2010). Die Bürgerbewegung der Komplementärwährungen wird aus den verschiedensten geistigen Quellen inspiriert und hat daraus eine große Vielfalt an Modellen entwickelt und zur Umsetzung geführt, wie durch neue Zahlungs- oder Verrechnungsmittel sozialverträgliches, nachhaltiges und regionales Leben und Wirtschaften gefördert werden kann. Zugleich wird mehr Bewusstsein auf die unterschiedlichen Qualitäten im Umgang mit Geld gelenkt. Das Anliegen der Tagungsveranstalter war es, diese verschiedenen Ansatzpunkte für komplementäre Zahlungsmittel untereinander ins Gespräch zu bringen, um deren jeweiligen Beitrag zur Gestaltung neuer Formen der Geldordnung herauszuarbeiten und ihre soziale Wirksamkeit zu beleuchten.
Entstehungszusammenhang Alle Regiogeldinitiativen sind aus dem Bewusstsein entstanden, dass unser monetäres System durch und durch krank ist und in sehr hohem Maße natürliches, soziales, wirtschaftliches und geistig-kulturelles Leben abtötet. Wir entdecken heute immer klarer, dass sich ein Finanzfeudalsystem herausbildet; denn die Macht zu entscheiden, wo Investitionsgelder hingehen, liegt bei immer weniger Menschen. Trotzdem gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die
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angesichts dieser Machtkonzentration nicht in Fatalismus verfallen, sondern vom Willen entflammt sind, an einer menschlicheren Geldordnung tatkräftig zu bauen: eine Bürgerbewegung von unten. In den Währungs- und Finanzkrisen der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts wurden aus kreativem Umgang mit Notsituationen erste menschengemäße Alternativen zu unserem bestehenden Geldsystem entwickelt und regional ins wirtschaftliche Leben eingeführt. Während die ersten erfolgreichen Versuche kommunaler Komplementärwährungen in Deutschland und Österreich (das Freigeld in Wörgl) von den damaligen Machthabern untersagt wurden, bekam in der Schweiz ein Wirtschaftsring von mittelständischen Unternehmen bereits 1936 den Status einer Bank zugesprochen und konnte dadurch ein eigenes Zahlungsmittel für die Leistungsverrechnung unter den angeschlossenen Betrieben aufbauen. Heute arbeiten in der Schweiz 20 Prozent aller kleinen und mittleren Unternehmen (etwa 60000 Betriebe) mit der WIR-Genossenschaftsbank zusammen. Das Zahlungsmittel WIR hat den offiziellen Status einer Schweizer Landeswährung. Diese Komplementärwährung hat sich also bereits über ein Dreivierteljahrhundert bewährt, weil bestimmte, nichtmonetäre Werte damit verbunden sind, die für die 30
angeschlossenen Unternehmen neben Kostenersparnissen Vertrauen auf finanzielle Sicherheit und Qualitätssicherung vermitteln. Dies ist ein Grundzug aller Komplementärwährungen, dass sie mit bestimmten Qualitäten und Werten verbunden sind, die Bedeutung für eine menschlichere Sozialordnung haben. Deswegen wirken sie immer zusammenführend und sozial vernetzend, brauchen aber für ihre Einführung auch eine Grundbasis menschlichsozialer Wärme. Wesentlich ist die Einsicht und Überzeugung, dass es Möglichkeiten gibt, mit Geld Leben fördernd umzugehen. Grundsätzliches Paul Mackay rief in seinem Einführungsreferat das grundlegende Geldverständnis Rudolf Steiners wieder ins Bewusstsein, dass Geld realisierter Geist sei: Wo Menschen Fähigkeiten und Leistungen anderer Menschen anerkennen und schätzen, sind sie bereit, ihnen Geldmittel zukommen zu lassen, im Bewusstsein, dass jene sich nur dadurch in die Gesellschaft fruchtbar einbringen können. In einem gesunden sozialen Organismus ist die Geldschöpfung immer eine Zusprache an die menschlichen Fähigkeiten, die sich verwirklichen wollen: Im Bereich der Ausbildung, Entwicklung, Vermittlung und Stärkung von Fähigkeiten und Ideen braucht es die frei gegebene
Zuwendung (Schenkgeld). Wo Menschen ihre Fähigkeiten anwenden wollen, braucht es die Zusprache von Geldmitteln als Investitionen, damit diese Menschen künftig Leistungen erbringen können (Leihgeld). Die erbrachten Leistungen müssen ausgetauscht werden und brauchen dazu ein Mittel, um sie vergleichbar zu machen (Preisbildung beim Kaufgeld). Ulrich Rösch hat in einem weiteren Grundsatzreferat die Leitlinien eines gesunden Geldkreislaufes dargestellt. Der soziale Organismus hat in der modernen Zeit eine Gestaltwandlung durchgemacht, der unser Bewusstsein noch nicht gefolgt sei. Dadurch, dass in den Bereich der wirtschaftlichen Leistungserbringung für andere ständig der private Besitzanspruch hineinwirkt, der Egoismus sich darin breitmacht, wirken hier Leben zerstörende Kräfte herein. Diesen Grundsatzfragen wurde in einem Folgetreffen am Goetheanum mit dem Thema: ‹Wirtschaft anders denken – Beiträge der Kunst zur Gestaltung von Geldordnungen› am 18./19. Juni 2010 weiter nachgegangen. Instrument nachhaltiger Regionalentwicklungen Einige Initiativen der Komplementärwährungen konnten ihre Konzepte und Erfahrungen vorstellen: Die IMotion Jugendwährung aus Wörgl wurde vom Unterguggenberger Institut lanciert, welches das
Gedenken an das einstige Wörgler Freigeld wachhält. Die Stadt Wörgl gibt im Rahmen ihrer Jugendförderung Gutscheine an Jugendliche aus, die freiwillig soziale Einsätze leisten. Die Gutscheine haben einen Gegenwert in Euro, mit dem die Jugendlichen im lokalen Gewerbe Leistungen oder Waren beziehen können. Diese können wiederum ihre Kommunalsteuern teilweise mit den eingesammelten Gutscheinen bezahlen. Im Vorarlberger Talente-Tauschkreis bringen die Mitglieder ihre persönlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten ein. So kann jeder mehr von dem tun, was er gerne macht; und für das, was er nicht selbst kann oder machen will, holt er sich jemand anderen. Mit der Zeit wachsen die Menschen in solchen Tauschringen so zusammen, dass nicht mehr jede Leistung untereinander verrechnet wird, sondern man sich immer mehr gegenseitig schenkt. Darüber hinaus gibt es Talentgutscheine, die mit einem Euro-Wert gekennzeichnet sind. Sie können deshalb als regionales Zahlungsmittel bei 31
Herstellern, Händlern, Dienstleistern und Kinderbetreuungseinrichtungen verwendet werden. Auch zinslose Kredite sind in diesem Bereich möglich. Neuerdings gibt es ein Projekt mit einer Dorfverwaltung, die durch das Regiogeld an lokale Gewerbebetriebe Aufträge vergeben kann, für die sie im normalen EuroBudget keine Gegenfinanzierung gefunden hätte. Es entsteht regional ein eigener kleiner Geldkreislauf. Christian Gelleri, Vorstand beim Chiemgauer, sprach über die Evolution der Regionalwährungen und stellte die wohl bekannteste Regionalwährung Deutschlands vor: den Chiemgauer. Dieser entstand als Ergebnis eines Schulprojektes von sechs engagierten Oberstufenschülerinnen der Waldorfschule Prien am Chiemsee. Der Chiemgauer funktioniert mit der Hinterlegung des entsprechenden Gegenwertes in Euro. Bei einem Rücktausch in Euro fließen drei Prozent des Wertes gemeinnützigen Vereinen der Region zu. Durch die Hinterlegung des Geldwertes in Euro bei der GLS-Bank können Mikrokredite in Chiemgauer zinsfrei vergeben werden. Chiemgauer und ‹Sterntaler› arbeiten sehr eng zusammen und haben ein gemeinsames Rechenzentrum aufgebaut. Dadurch können sich die Kreisläufe der einzelnen Währungen vernetzen.
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Lebendiges Treffen der Tätigen Bisher haben die Regionalwährungen eher in ländlichen Gegenden Fuß gefasst. Leider haben, nach Aussagen der Initiativträger, noch zu wenige Gemeindeverwaltungen wahrgenommen, dass sie sich durch die Beteiligung an Regiogeld- Initiativen eine partielle Unabhängigkeit von der staatlichen Steuerzuweisung verschaffen könnten und dadurch mehr Handlungsspielräume für die Regional- und Kommunalentwicklung bekommen. Langsam entsteht jedoch ein Bewusstsein dafür, dass verschiedene Alternativbewegungen mehr und mehr zusammenwachsen könnten: Alternative Wohnprojekte, Regionalwert AG (zur breiten Abstützung landwirtschaftlicher Investitionen), Initiativen zum Grundeinkommen, Schulgemeinschaften von Waldorfschulen, kirchliche Gemeinden und so fort. Die Regiogeld-Bewegung könnte hier verbindend wirken. Jörg-Martin Steinmetz joerg-martin.steinmetz@bluewin.ch Erschienen in der Wochenschrift „Das Goetheanum“
Geld und Magie Buch von Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger
An der Tagung „Wirtschaft anders denken“ gab Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger einen Vortrag: Geld und Magie. Goethes Hinweise im Faust zur Entwicklung der Geldwirtschaft. Viele Menschen kamen zusätzlich zum Vortrag und ehrten so die Anwesenheit des St. Galler emeritierten Professoren. „Geld und Magie“ ist im 2009 neu erschienen. Auswahl von Veröffentlichungen: Hans Christoph Binswanger: Geld und Magie Eine ökonomische Deutung von Goethes Faust 4. Auflage Dezember 2009 Murmann Verlag im K. Thienemanns Verlag, Stuttgart/Wien/Bern 2005. Hans Christoph Binswanger: Die Wachstumsspirale Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses. Metropolis-Verlag, Marburg 2006
Hans Christoph Binswanger: Vorwärts zur Mäßigung Perspektiven einer nachhaltigen Wirtschaft. Murmann Verlag, Hamburg 2009
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Aus der Englisch sprechenden Welt
Im Februar kamen John Stubley und ich am Basler Euroairport an, nachdem wir an einem ‚Think OutWord‘-Intensiv-Wochenende in New York teilgenommen hatten. Wir waren müde und freuten uns darauf, nach Hause zu kommen. Wir standen gerade am Gepäckförderband und warteten auf unsere Rucksäcke, als John sagte: „Ist das nicht ein Bild für etwas“? Ich sah mich um und begriff, was er meinte: Jeder drängelte sich nach vorn, um nah am Förderband zu sein, dort, wo das Gepäck zum Vorschein kommt. John wies mich darauf hin, dass, wenn jeder etwas zurückträte und einen Freiraum um das Band ließe, die Menschen ihr Gepäck sehen und erst dann nach vorne treten und in Ruhe ihr Gepäck nehmen könnten. Stattdessen konnte die Hälfte der Leute alles sehen und die andere Hälfte nichts. Die in der hinteren Reihe stehenden Menschen mussten sich in dem Moment durch die Menge nach vorn drängeln, wo sie ihr Gepäck erspähten. Mehr als einmal sah ich Menschen zusammenstoßen – glücklicherweise haben wir das Wort „Entschuldigung“ in unserer Sprache! Wie oft passiert es, dass wir (mich eingeschlossen) ein unsoziales 34
Verhalten an den Tag legen – unsere eigenen Bedürfnisse über die des anderen stellen – während es doch noch eine andere Möglichkeit gäbe, eine soziale Möglichkeit, die uns Zeit und Energie sparen würde und es uns ermöglichen würde, die Bedürfnisse von viel mehr Menschen zu berücksichtigen. Oft ist dieses Drängeln um den besten Platz am Förderband im Leben so ermüdend, dass ich erschöpft bin und danach Zeit für mich brauche – man kann direkt sehen, wie glücklich die Menschen sind, ihren Gepäckwagen schließlich in einen freien Raum zu schieben! Aber wo ist dieser mittlere Raum? Wie schaffen wir es, nicht hin- und hergeworfen zu werden zwischen der Hitze, die entsteht, wenn ich meine Bedürfnisse über deine stelle und der Kälte, die ich brauche, um mich nach einer aufgehitzten Situation „abzukühlen“. Wo ist der WärmeOrt? Wo ist der mittlere Raum? Wo ist die wahre Menschlichkeit in all dem? Bei Think OutWord (www.thinkoutword.org) handelt es sich um eine Weiterbildung in sozialer Dreigliederung in Form einer ‚peer-led‘-Arbeit [Kleingruppenarbeit, angeleitet von speziell dafür ausgebildeten Jugendlichen].
Das Wochenende, von dem wir zurückkehrten, hieß: I Give You My Word: An Exploration into the Nature of Agreements. [Ich gebe dir mein Wort. Erkundungen in die Natur von Verabredungen]. Diese Veranstaltung war eine der lebendigsten Veranstaltungen zum Thema ‚Soziale Dreigliederung‘, an denen ich je teilgenommen habe. Es war erfrischend, keine ‚Experten‘ dabei zu haben, sondern stattdessen 60 Menschen, die zusammen kamen, um gemeinsam etwas über Verabredungen zu lernen. Die Veranstaltungsorganisatoren experimentierten mit verschiedenen Formen: Vier-AugenGespräche, Kleingruppen, Plena, Notizenschreiben, künstlerische Formen, wobei Kurzreferate und neue Methoden u. a. m. verwendet wurden. Es war ganz außergewöhnlich, was an einem Wochenende alles ausprobiert wurde! Es gab mir wirklich die Gelegenheit, weitgehende Erkundungen meines eigenen Verständnisses von Verabredungen anzustellen. Natürlicherweise führte das zu mehr Fragen: Welche unbewussten Verabredungen existieren im Alltag zwischen mir und der Welt? Welche bewussten Verabredungen möchte ich treffen? Welche Übereinkünfte brauche ich – braucht jedes Individuum –, damit die Menschenwürde eines jeden auf unserem Planeten gewährleistet ist? Nach
unserer
Rückkehr
ans
Goetheanum, wurde es Zeit, die Veranstaltung Focus: International Initiative Forum der Jugendsektion vorzubereiten Wir wollten eine Veranstaltung organisieren, die die Arbeit der Jugendsektion unter Elizabeth Wirsching würdigen sollte und auch einen Raum kreieren, wo Menschen sich mit ihren Mitstreitern treffen und Zeit zur Zusammenarbeit haben. Der ganze Prozess der Tagungsplanung war ein künstlerischsozialer Prozess. Innerhalb des Netzwerks der Jugendsektion wurden viele Gespräche mit vielen Menschen geführt, so dass diese Tagung letztendlich von einer großen Zahl von Menschen gestaltet wurde. John führte uns durch viele kreative Übungen, um die Essenz von ‚Focus‘ zu erspüren, damit wir im Verlauf des Planungsprozesses immer wieder auf diese Essenz hören konnten. Was möchte der Fokus selbst sein? Wie möchte sich dieser Fokus als Veranstaltung entfalten? Eine Woche lang wurde das Goetheanum zu einer Stadt mit verschiedenen Quartieren und einem zentralen Marktplatz. Die Menschen waren frei, „ihren Füßen zu folgen“ und dorthin zu gehen, wo sie wollten. Eines der Quartiere war das Soziale Quartier, das die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog. Viele Themen wurden diskutiert und viele Initiativen arbeiteten in diesem Quartier. An einem Abend entschied sich über die Hälfte der ‚Focus‘Teilnehmer, die soziale Dreigliederung 35
zu diskutieren. Seth Jordan von ‚ThinkOutWord‘ führte den Begriff der sozialen Dreigliederung für diejenigen ein, die weniger vertraut damit waren und danach verteilten wir uns in kleine Gruppen, um bestimmte Fragen zu bewegen, u.a. die folgenden: •Es ist so schwierig, seine eigenen Charaktereigenschaften zu verändern. Ich habe ein schlechtes Gewissen, Korruption in der Gesellschaft anzuprangern, wenn ich sie nicht bei mir selber verhindern kann. Kann ich bei mir beginnen oder beginne ich in der Welt, um mich selbst zu verändern? •Was kann ich als Anthroposoph, in einem unverbrauchten Sinn des Wortes, für die soziale Dreigliederung in der Welt tun? •Heute, im Jahr 2010, gibt es 27 Millionen Sklaven in der Welt. Das ist die höchste Zahl, die es jemals gab, auch im Verhältnis zur Zahl der Weltbevölkerung. Der Durchschnittspreis eines Sklaven beträgt $90. Wer ist die Adresse für die Lösung dieses Problems? •Warum ist die Frage der sozialen Dreigliederung so auf die Zukunft hin ausgerichtet? Warum verwirklichen wir sie nicht jetzt? Wir befinden uns nicht einfach nur in einer kranken Gesellschaft, sondern wir sind gleichzeitig eine kranke und 36
eine gesunde Gesellschaft. Es gibt keine reine, strahlend leuchtende Gesellschaft. Wie kann man mit seinem Selbst und der äußeren Welt arbeiten – mit dem Selbst und der Gesellschaft – in Übereinstimmung mit der Gegenwart und der Zukunft? •Wenn wir von sozialer Erneuerung sprechen, haben wir lediglich die Absicht, dass es gut wird. Wer wird leiden? Menschen werden leiden – Korruption führt zu einem besseren und luxuriösen Leben. Sind wir so selbstgerecht in unseren Überzeugungen, dass wir das Leiden anderer ignorieren? Können wir den Schlag abmildern? Eine kurze Zeit später befanden sich elf Teilnehmer von ‚Focus‘ auf dem Weg zu den Philippinen, um an Emerge: A week of Global Dialogue, Creation and Collaboration teilzunehmen und auch um den Wahlkampf von Nicanor Perlas mitzuerleben. Viele enthusiastische junge Menschen kamen bei ‚Emerge‘ zusammen, unter der Anleitung einiger erfahrener Gruppenleiter. Es war eine intensive Zeit der Begegnungen, Gespräche und des Kennenlernens der Philippinen. Es war sehr bemerkenswert zu erfahren, wie man wirklich in einer Kultur darinnenstehen muss, an einem Ort, und das kultivieren, was ‚an der Zeit‘ ist für diesen Ort aus einem lebendigen Verständnis heraus für die soziale Dreigliederung.
Nach ‚Emerge‘ nahmen viele von uns an Lakbay Maharlika teil, einer lakaran oder „heiligen Reise“, wo wir uns zu einem Vier-Tages-Marsch mit Nicanor Perlas aufmachten. Die lakaran war nicht nur eine Reise zu den Philippinen, sondern auch ein Schritt in Richtung auf die neuen Philippinen, ein großer Schritt hin zu einem Abschluss der Revolution, die nach 400 Jahren Kolonisierung noch nicht abgeschlossen ist. Es war eine Reise zur Heilung der Vergangenheit, um auf die Zukunft zugehen zu können. Viele sind sicherlich mit der Dreigliederungs-Arbeit von Nicanor Perlas vertraut. Was mir besonders auffiel, war, dass Nicanor seine Überzeugungen wirklich lebte. Nicanor sprach nicht nur über die notwendigen großen Veränderungen in der Welt, sondern lebte soziale Dreigliederung auf einer MikroEbene im Alltag. Mein Studienprojekt am Goetheanum heißt Sculpting with Warmth [Plastizieren mit Wärme]. Mir ging auf, dass Nicanor ein wirklicher Wärme-Plastiker ist, nicht nur auf einer Makro-Ebene, sondern auch bei den ‚kleinen Dingen‘ des Alltags. Er schien sich an alle Namen zu erinnern, hatte immer Zeit zum Zuhören, Zeit zum Lachen und gab jedem Menschen das Gefühl, wichtig zu sein. Der 10. Mai war Wahltag. Viele von uns gingen zum Wahlkampfquartier von Nicanor Perlas, um die Ergebnisse zu verfolgen. Es wurde deutlich, dass
die Korruption auf den Philippinen es sehr schwer machte, den Medien und Ergebnissen zu trauen. Für weitere Informationen empfehle ich die website: www.nicanor-perlas.com. Es war ein großes Ereignis, das mich – trotz der Schwierigkeiten – mit Hoffnung für die Zukunft erfüllte. Nach diesen Erlebnissen bleibt das Gefühl bei mir zurück: Was jetzt? Was wäre jetzt wichtig in den Blick zu nehmen? Ein Freund sagte mir, dass wir in die Richtung der Fragen wachsen, die wir stellen. Ich frage mich, was sind meine Fragen, in deren Richtung ich wachsen möchte? Und was sind die Fragen, in deren Richtung die Gesellschaft wachsen möchte? Was sind die Fragen, die tatsächlich die nötigen Schritte in Gang bringen – individuell und gemeinschaftlich? Ich sehe, dass viele Menschen überall auf der Welt aus der Anthroposophie heraus auf dem sozialen Gebiet arbeiten. Ich frage mich, was erreicht werden könnte, wenn wir uns gegenseitig unterstützen würden? Wenn eine soziale Bewegung sich aus der Verschiedenheit heraus formieren würde, die wirklich in der Welt steht? Und ich frage mich, ob das jemals möglich sein wird? Wenn Sie Gedanken, Fragen oder Anregungen dazu haben, würde ich mich freuen, sie zu hören. Danke! Katie Dobb, katie@youthsection.org Aus dem Englischen von Hildegard Backhaus 37
Jozef Tischner – ein Philosoph der Solidarität Vor 10 Jahren, am 28. Juni 2000 verstarb der katholische Priester, Ratgeber und Seelsorger der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc. Er studierte in Krakau Theologie und Philosophie und promovierte 1963 bei Roman Imgarden, einem Husserl-Schüler. Als habilitierter Professor lehrte er in Krakau und war Präsident des Wiener Instituts für die Wissenschaften vom Menschen. Obwohl er im September 1999 mit der höchsten staatlichen Auszeichnung Polens, dem weissen Adler, ausgezeichnet wurde, hat er in der katholischen Kirche als freiheitsliebender, sozialengagierter moderner Denker nie einen leichten Stand gehabt. Tischner hatte über „Das transzendentale Ich in der Philosophie Edmund Husserls“ promoviert. Er hatte als Phänomenologe sowohl dem staatlich verordneten Marxismus-Leninismus als auch dem in der kirchlichen Lehre bestimmenden Dogmatismus einen eigenen originellen Entwurf entgegenzusetzen. Er ging später aber auch über die Phänomenologie Edmund Husserls und Martin Heideggers hinaus, indem er die 38
menschlichen Beziehungen nicht nur intentional sondern auch dialogisch verstehen wollte. Tischner betrachtete Leben als das Gespräch zwischen Menschen, das auf der gegenseitigen Achtung und Offenheit füreinander beruht. Er wurde so zum Solidarnosc-Philosophen und hat die politische Aufbruchsstimmung, die Solidarnosc-Kundgebungen und Proteste in Polen bis zur Verhängung des Kriegszustandes in vorderster Front begleitet. In seinem wichtigen Buch, „Ethik der Solidarität – Prinzipien einer neuen Hoffnung“ (Graz, Wien, Köln 1982) sind seine wesentlichen Predigten und Ansprachen gesammelt. Man erkennt in Tischner einen hochgebildeten Philosophen, der aber seine Herkunft aus einem Bauerndorf der Beskiden nie verleugnet. Sogar in der deutschen Übersetzung kann man seinem urwüchsigen und erfrischenden sprachlichen Ausdruck noch nachspüren. Gemeinschaft, Dialog und Arbeit, aber auch Demokratie, Sozialismus und Kunst sind die zentralen Begriffe, um die herum Tischner „das menschliche Drama“ sich entfalten sieht. Hier seien einige Kostproben aus
seinem Aufsatz über die Arbeit gegeben: „Was ist Arbeit? Wir antworten darauf: Arbeit ist eine besondere Form des Gesprächs des Menschen mit dem Menschen, die der Aufrechterhaltung und Entwicklung des menschlichen Lebens dient. Kürzer gesagt: Arbeit ist Gespräch im Dienst des Lebens… Dank der Arbeit wird einem Stoff eine Bedeutung zu eigen… Das Gespräch der Arbeit dient grundlegenden Zielen – es dient dem Leben… Das Mass der Arbeit ist das menschliche Leben, dem die Arbeit dient… So wie die Rede wahrhaftig oder falsch sein kann, so auch die Arbeit…
Dreigliederungsimpulse für eine neue Welt? Was ist eine Zukunftskultur der Brüderlichkeit? Solchen Fragen will die Sektion für Sozialwissenschaften vom 2. bis 5. September in Danzig/ Polen mit Vertretern der SolidarnoscBewegung nachspüren.
Das unmittelbare Ziel der Arbeit ist ihre Frucht – das Produkt. Diese Frucht ist wie ein zur rechten Zeit ausgesprochenes Wort. Indem die Arbeit Früchte hervorbringt, die wie Worte sind, erweitert sie auch den Verstehenshorizont des Menschen. Menschen, die arbeiten und zusammenarbeiten, müssen versuchen ‚in der Wahrheit zu leben‘. Keiner darf durch die Arbeit seinen nächsten belügen. Dann nämlich wäre die Arbeit ein Gestotter. Eine Arbeit, die lügt, heißt Ausbeutung. Sobald man sich der Ausbeutung bewusst wird, verspürt man einen Schmerz – wie bei einer Lüge.“
2. – 5. September 2010 in Gdansk, Polen
Ulrich Rösch sektion.sozialwissenschaften@ goetheanum.ch Die Seele Europas Solidarität – ein Impuls für die Zukunft
Veranstaltet von der Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum Mit Ewa und Michal Wasniewski Paul Mackay, Ane ka Janátová, Markus Osterrieder, Peter Werner, Mariusz Muskat, Elaine Beadle, Arek Misztal, Ulrich Rösch, Péter Takáts, Thomas Jorberg, Jaroslav Rolka, Rembert Biemond, Otmar Donnenberg, Cornelius Pietzner u.a. Wir laden Sie herzlich zur Tagung „Die Seele Europas“ ein.
Vor zehn Jahren ist Jozef Tischner neunundsechzigjährig gestorben. Was ist von den grossartigen Impulsen der Solidarnosc-Bewegung übriggeblieben? Was bedeuten die 39
100 Jahre Peter F. Drucker Managementvordenker, Sozialreformer und das Konzept der Selbsteinschätzung – ein Nachruf Peter F. Drucker wäre am 19. November 2009 hundert Jahre alt geworden. Über fünfzig Jahre prägte er das Thema Management. Welchen Einfluss hatte und hat sein Denken auf Management und Gesellschaft? Peter Drucker wurde in Wien geboren. Nach seinem Studium arbeitete Drucker in Frankfurt als Redakteur für internationale Beziehungen und ging 1933 als Journalist nach England und später in die USA. Drucker lehrte am Bennington College in Vermont, später an der New York University und ab 1971 an der Claremont University. Die Universität Harvard wollte ihn zwei Mal berufen, was er aber ablehnte. Seine Beratungstätigkeit vieler Führungskräfte in Regierungen und Wirtschaft prägten Wirtschaft und Gesellschaft bis heute. So lernten Manager wie Jack Welch ex CEO bei General Electric von ihm und bauten ihre Unternehmen zu Weltunternehmen um. Seinen 96. Geburtstag erlebte er nicht mehr, da er kurz vorher im Jahr 2005 verstarb. Bis zum Ende schrieb Drucker noch zahlreiche Artikel und Bücher. Das letzte Werk war: „The 40
Next Society: A Survey of the Near Future“, welches den Kreis seines Sozialimpulses schliesst. Bevor sich Drucker mit seinem Lebensthema Management befasste, schrieb er über Fragen von Ordnung und Gestaltung in Gesellschaft und Politik. Sein 1939 veröffentlichtes Buch „The End of Economic Man“ sowie das Werk „The Future of Industrial Man“ zeigen seine Sozialtheorie einer funktionierenden Gesellschaft nachhaltig auf. Peter Drucker formulierte als erster ein klares Verständnis von Management. Bereits 1954 formulierte er fünf wesentliche Punkte:
•ein Manager setzt Ziele, •ein Manager organisiert, •ein Manager motiviert und kommuniziert, •ein Manager misst Ergebnisse und •ein Manager entwickelt und fördert Menschen und sich selbst. Seine wesentlichste Entdeckung machte er auf dem Gebiet der Arbeit. Er beschrieb den Wissensarbeiter und sein Potential und entwickelte daraus das Management. Auf das Phänomen des Wissensarbeiters stiess er in seiner Studie über das Grossunternehmen. Seine Studie bei General Motors veröffentlichte er 1946 in seinem Buch „Das Grossunternehmen“, mit dem er international den Durchbruch erlangte. Peter Drucker konzentrierte sich viele Jahre auf das Thema Management und verhalf so tausenden Arbeitern und Akademikern, „Wissensarbeiter“ zu werden. Dies ermöglichte den Aufschwung der Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg nicht nur in Amerika, sondern auch in Korea und Japan. Seine Leistung bestand vor allem darin, dass er dieses Thema lehr- und lernbar machte. So entstand eine neue breite soziale gesellschaftliche Ebene aus dem Kreis der Arbeiter und Akademiker. Drucker gelang es, einen völlig neuen Beruf zu definieren und zu professionalisieren: den des Managements als gestaltende und verändernde Kraft innerhalb einer Gesellschaft und Organisation.
Grundlage dieses professionellen Managements ist Druckers ganzheitliches und vorausschauendes Denken. Die heutige Weltwirtschaftskrise wäre vermutlich nicht entstanden, wenn sich heutige Manager an Druckers ganzheitlichen und nachhaltigen Führungsgrundsätzen orientiert hätten. Ein weiterer wesentlicher Entwicklungsschritt gelang Drucker 1954, als er das „Management by Objectives“ entwickelte. Mit einer ausgesprochen schonungslosen Klarheit beschrieb er Zweck und Mission des Unternehmens als „das Schaffen von Kundenzufriedenheit“. In Zeiten einer Finanzkrise stellt man fest, dass dieser Glaubensansatz im krassen Gegensatz zum aktuellen Glaubensansatz des „Shareholder Value“ steht. Die Folgen dieser aktuellen Irrlehre sind jetzt mehr als deutlich bekannt. Peter Drucker war ein Visionär und Vordenker. In zahlreichen Büchern wie „Sinnvoll wirtschaften“, „Technologie, Management und Gesellschaft“, sowie „Die Zukunft bewältigen: Aufgaben und Chancen im Zeitalter der Ungewissheit“, sah er die Entstehung der Wissensgesellschaft und die Entstehung des neuen Kapitals „Wissen“ voraus. Seine Arbeitsweise war systematisch erneuernd. Seine Vision war eine Zukunft, die nicht passiert, sondern die es bereits heute zu entwickeln und zu gestalten gilt. Er wollte damit eine 41
Zukunft ermöglichen, die bewusst anders ist als das Heute. Sein Ziel war es, Entwicklungsfähig zu werden. Später galt sein vertiefendes Interesse vor allem den Non Profit Organisationen, die seinem Verständnis nach deutlich anspruchsvollere Rahmenbedingungen aufweisen als jedes Wirtschaftsunternehmen. Dennoch stehen bis heute NPO`s in dem Ruf, soziale Hängematten zu sein und nichts von Wirtschaft zu verstehen. Seine Beschäftigung mit NPO`s führte, z.B. zu seinem Werk „Managing the Non-Profit Organization: Practices and Principles“ und später zu seinem bedeutenden Buch „The five most important questions you will ever ask about your organization“ (Die fünf entscheidenden Fragen des Managements). Diese einfachen und klaren fünf Fragen sind entscheidende Fragen. Sie entscheiden über Irrelevanz oder Bedeutung jeglicher Organisationen. Fünf Fragen , die das von Drucker entwickelte Konzept „Selbsteinschätzung“ (ein Selbsterkenntnisprozess), meiner Meinung nach zu einem meditativen Schulungsweg machen. Diese entscheidenden Fragen sind: • Was ist unsere Mission? • Wer ist unser Kunde? • Worauf legt der Kunde Wert? 42
• •
Was sind unsere Ergebnisse? Was ist unser Plan?
Das Instrument der Selbsteinschätzung zwingt eine Organisation, sich auf Ihren Auftrag zu konzentrieren. Ein Auftrag, der in den allermeisten Fällen, wie bei Unternehmen, durch die Gesellschaft, also Kunden oder besser gesagt Menschen vergeben wird. Es geht bei dem Konzept der Selbsteinschätzung auch darum, eine Gesellschaft von Bürgern für morgen zu schaffen. Eine Gesellschaft, die ihr eigenes Schicksal bewusst und mutig ergreift und für Veränderung, also Ergebnisse, eintritt. Dieser Sozialimpuls lag Peter Drucker sehr am Herzen. Er wollte die Menschen, die sich in Organisationen und Unternehmen engagieren, um etwas in der Welt zu verändern, mit den dafür notwendigen Hilfsmitteln und Instrumenten ausstatten. Heute führt das von ihm gegründete Institut „Leader to Leader“ seine Idee und seinen Impuls weltweit erfolgreich weiter. Benjamin Kohlhase-Zöllner Rudolf Steiner Institut für Management und Entrepreneurship www.rs-ifw.com
Economics Conference www.economics.goetheanum.org/
1910 – 2010 / Wirtschafts-Tagung, Jahrestreffen Rudolf Steiners Auffassung des Westens, der Schweizer Beitrag, die Rolle Englands und die Aufgabe der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Mit diesen Themen und einer forschenden Arbeitsstimmung wollen wir die Ereignisse seit 1910 betrachten. Damals bekundete Rudolf Steiner sehr deutlich seine Bedenken über die aus dem Westen kommenden Mächte und unterstrich wie wichtig die Reaktion Mitteleuropas dazu ist. Kurz gefasst, die eine Seite versucht das Ich dem Wirtschaftsleben machtlos auszusetzen, die andere will dem Ich darinnen seine eigene Selbstbestimmung sichern. Wenn sich der Geist nicht frei entwickeln darf, kann sich die wahre, brüderliche Eigenschaft des Wirtschaftslebens nicht entfalten. Das Treffen wird vom 16. – 19. September 2010 bei Neuchâtel, Schweiz, stattfinden. Die Teilnahme ist beschränkt auf Mitglieder der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, insbesondere den bisherigen Teilnehmern der Wirtschafts-Tagung
(siehe economics.goetheanum.o rg). Anmeldungen bitte an Marc Desaules (contact@aubier.ch; Tel +41 32 732 22 12; Fax +41 32 732 22 00). Wir freuen uns über frühzeitige Anmeldungen, damit die weiteren Details organisiert werden können. Ein endgültiges Programm wird Anfang August verschickt. Forschungsgruppe Finanzen und Erziehung Diese laufende Forschungsarbeit hat bereits wertvolle Ergebnisse geliefert, wie die Waldorferziehung in Grossbritannien finanziert werden kann. Seit Oktober finden Forschungstreffen statt und verschiedene einführende Berichte wurden veröffentlicht, mit dem Ziel, Grundlagen für ein Verständnis der begleitenden Aspekte (finanziell, legal und kulturell) von verschiedenen „Modellen“ der Erziehungs-Finanzierung zu geben. Dieses Thema ist gerade in Grossbritannien besonders aktuell, da grundlegende Änderungen in der Struktur des Systems der durch Steuern unterstützten Erziehung unternommen werden. Ein weiterer Aspekt dieser Forschung ist die Frage, wie eine finanzielle Grundbildung 43
in den Lehrplan für die Oberstufe integriert werden kann. Dies hängt in manchen Fällen vielleicht schlussendlich auch einfach von dem jeweiligen Grade des finanziellen Bewusstseins und der Kultur der Mitarbeiter der Schulen ab. Alle Interessierten an dieser Forschungsarbeit können sich gerne hier melden: admin@cfae.biz oder Tel/Fax: (0044) 1227 738207. Finanzwirtschaft an der Schwelle – Buch-Neuerscheinung „Es sollte nicht vergessen werden, dass jede bisherige Finanzkrise, unabhängig von den jeweiligen Umständen, immer zwei Aspekte mit allen anderen Finanzkrisen gemein hatte, das betrifft auch die Letzte. Jeder Krise ging eine Periode exzessiv lockerer Geldpolitik und schlecht überdachter Gesetzesänderungen voraus. Dieses Buch versammelt mehrere Erkenntnisse zu dieser Beobachtung, welche von jedem sorgfältigen Wirtschaftswissenschaftler gemacht werden sollte. Auf den Naturwissenschaften begründete Wirtschaftsmodelle sind irreführend – sowohl für die Ökonomen als auch für andere – da diese das sich verändernde Zusammenspiel der Individuen, die komplexen Eigenschaften der Erwartungen und schliesslich auch die im allgemeinen dürftige Qualität der Daten ignoriert. Houghton Budd betont auch, dass Geld ein soziales 44
Gebilde ist, und dass verschiedene Gesellschaften daher möglicherweise verschiedener Geldarten bedürfen. Die Entwicklung dieses Arguments und seiner Auswirkungen gründen sich auf dem Werk Rudolf Steiners. Steiner ist vor allem bekannt durch seine Ideen zur Erziehung. Weniger bekannt sind seine Ideen zu Wirtschaft und Geld. Auf Grundlage dieser sehr interessanten Ideen argumentiert Houghton Budd, dass viele der Unterschiede zwischen den Keynesianern und den Monetaristen, auch die wenigen, die heute noch andauern, durch falsche Annahmen über die Beschaffenheit der Welt entstanden sind. Durch Veränderungen im Bankwesen, durch eine Entpolitisierung des Geldes und vielleicht seiner Internationalisierung und durch eine andere Art der Buchhaltung, ‘…welche die Versteckmöglichkeiten von unklaren Transaktionen aufdeckt’ würden wir gewinnen. Dieses gut geschriebene und zum Nachdenken einladende Buch wird den Leser anregen, seine Ideen über Geld, Kredit, das Bankwesen und die Rolle des Staates zu überdenken.“ Dieser Text, geschrieben von Geoffrey Wood, Professor für Wirtschaftswi ssenschaften an der Cass Business School in London, ist ein Teil aus dem Vorwort des bald erscheinenden Buches: Finance at the Threshold, Rethinking the real and financial economies. Christopher Houghton Budd, Gower, 2010. Geoffrey Wood ist ein bekannter politischer Entscheidungsträger, er war Sonderberater für the House of Com-
mons Treasury Select Committee und Berater über finanzielle Stabilität für die Bank of England. Er war einer der Prüfer von Christopher Houghton Budds Doktorarbeit, welche auf der Grundlage von Steiners Hinweisen von 1920 das Werk von Keynes beleuchtet. Und er war ebenso der Mentor für Arthur Edwards MastersAbschluss, welcher sich direkt auf das Werk Steiners konzentrierte und auch der erste Teil ist für die beantragte Promotion zum Thema „Curriculum für Finanzielle Grundbildung an Schulen“. Wir fügten dies hier ein, da es uns als wertvoll erscheint, wenn die Mitglieder über diese bestehenden Kontakte, die Zusammenarbeit und deren Resultate erfahren. Forschungsfinanzierung Seit einiger Zeit wird an der Idee der Finanzierung der weltweiten Forschung zur Assoziativen Wirtschaft gearbeitet. Spenden können jetzt in Grossbritannien über den ‘Associative Economics Research Fund’ gemacht werden, c/o Hermes Trust, the Old Painswick Inn, Gloucester Street, Stroud, GL5 1QG. Tel: 01453 763900. Email: hermes.trust@freeuk.com. Eine ähnliche Vereinbarung existiert für ‘Economics Conference’ c/o Anthroposophical Society in America, und ebenso am Goetheanum: Verwendungszweck 1319. Arthur Edwards und Christopher Houghton Budd. Aus dem Englischen von Nanna und Jesse Osmer 45
Die Kunst – die Geldordnung neu zu gestalten Bericht von der 2. Geldordnung am Goetheanum „Geld regiert die Welt!“ Dieser Spruch mag zutreffen oder auch nicht, jedenfalls ist er den meisten bekannt. In der Tagung „Wirtschaft anders denken Beiträge der Kunst zur Gestaltung von Geldordnungen“ wurde intensiv an den Fragen gearbeitet, welchen Beitrag die „königliche Kunst“ leisten kann, damit die Menschen gemeinsam Gestalter des sozialen Organismus werden können. Alexander Rist aus Seattle USA gab einen plastischen Einblick in die Finanzsituation, die derzeit in den USA herrscht. Er zeigte auch alternative Ansätze auf. Da aber die Zeit für Einsichten zu kurz war, blieb manches an der Oberfläche. Ulrich Rösch, der den erkrankten Johannes Stüttgen vertrat, versuchte dann die Gesichtspunkte zum Geld zu vertiefen. Er zeigte auf, wie Rudolf Steiner gerade im „Nationalökonomischen Seminar“ zu einer ganz neuen Betrachtung des Geldes hinführte. Dort wurde deutlich, wie Steiner mit einer charakterisierenden Methode, die 46
Tafelbild von Johannes Stüttgen
versucht, das Einzelphänomen immer von einer Ganzheit her zu verstehen, zu ganz neuen Perspektiven kommt. „Wir müssen uns bewusst sein, dass wir beim volkswirtschaftlichen Betrachten charakterisieren sollen, also versuchen sollen, einen Begriff dadurch zu bekommen, dass wir ihn von verschiedenen Seiten feststellen, um ein wirkliches anschauliches Urteil zu gewinnen… Ich betrachte doch nur das Reale,, nicht ein agitatorisch sein sollendes.“ (Rudolf Steiner, Aufgaben einer neuen Wirtschaftswissenschaft II, S. 18ff). Er wies auch darauf hin, dass der Natur- und Sozialwissenschaftler Wilhelm Schmundt den Beitrag Steiners weiter ausgearbeitet hatte,
so dass er auf Geldfunktionen hinweisen konnte, die von der heute herrschenden Wirtschaftswissenschaft bisher noch nicht wahrgenommen werden. Beispielsweise hat das Geld nach dem Kaufvorgang am Markt keinen Bezug mehr zu den Wirtschaftswerten. Es dient dann noch dem Zweck, die Rechtsverbindlichkeiten aller Unternehmen einzulösen, indem das Geld letztlich zur Quelle seiner Schöpfung zurückfließt, damit es dort neu mit Werten „aufgeladen“ – also mit neuen Wirtschaftswerten in Verbindung gebracht – werden kann. Bevor es dazu kommt, sind alle anderen Rechtsverbindlichkeiten einzulösen. Zu diesen gehören auch die zuvor vereinbarten (oder per Gesetz beschlossenen) Subventionen, insbesondere die von Schulen, Universitäten und anderer Unternehmen, die Dienstleistungen im Bereich des Kultur- und Geisteslebens zu erfüllen haben, damit diese ihre Verbindlichkeiten auch erfüllen können, ohne, dass sie gezwungen sind, Bildung und andere Kulturgüter am KonsumgüterMarkt verkaufen zu müssen. In dem 1968 erschienenen Buch „Der soziale Organismus in seiner Freiheitsgestalt“ veröffentlichte Wilhelm Schmundt 47
als Studienmaterial der Freien Hochschule, Goetheanum, seine „Elementarlehre“ vom sozialen Organismus. Das soll hier betont werden, weil diese Erkenntnisse von Schmundt, die im Sinne des „erweiterten Kunstbegriffs“, durch die Aktivitäten von Joseph Beuys in die Disziplin der „anthropologischen und sozialen Kunst“ eingeflossen sind. Aufgabe der „anthropologischen und sozialen Kunst“ ist die Gestaltung der „Sozialen Skulptur“. Das zu formende „Material“ dieser neuen Kunstdisziplin sind die vorgegebenen sozialen Formen des Welt-Gesellschaftsorganismus, sowie seiner gesellschaftlichen Funktionssysteme und deren Organe, außerdem die der sozialen Lebensprozesse und Strukturen in allen Organisations- und Interaktionszusammenhängen. In diesem Bereich der „königlichen Kunst“ ist in der heutigen Zeit „jeder Mensch ein Künstler“. Das darzustellen wäre die Aufgabe von Johannes Stüttgen dem Meisterschüler und langjährigen Mitarbeiter von Joseph Beuys und dem Mitbegründer des „Omnibus für Direkte Demokratie“ gewesen. Aufgrund einer Erkrankung konnte er seine Beiträge leider nicht geben.
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Dazu war neben Johannes Stüttgen, die Eurythmistin Claudine Nierth eingeladen worden. Sie war Initiatorin des zweiten, des weißen „Omnibus für Direkte Demokratie“ und ist Vorstandsmitglied von „Mehr Demokratie“. Sie führte die Tagungsteilnehmer am Samstagmorgen mit Bewegungsübungen und Gruppengesprächen über die Beiträge von Freitag an das Tagungsthema heran, wobei die Teilnehmer die Gruppen mehrmals wechseln mussten. Otmar Donnenberg und Ulrich Rösch führten durch den Tagungsverlauf. Anstelle des geplanten Beitrags von Johannes Stüttgen wurde am Freitagabend der vom ihm in Pfaffenhofen gehaltene Vortrag, den es als DVD vom FIU-Verlag gibt, gezeigt. Titel dieses Vortrags ist: „Soziale Skulptur. Und die – immer wieder aktuelle – Geldfrage“. Rainer Rappmann war mit dem Büchertisch des FIU-Verlages beteiligt. Das garantierte ein gutes, zum Thema „Gestaltung der Sozialen Skulptur“ passendes Buchangebot. Zum Abschluss der Dornacher Tagung hielt Prof. Dr. Hans Christoph Binswanger am Samstagnachmittag den Vortrag: „Geld und Magie – Goethes Hinweise im Faust zur Entwicklung
der Geldwirtschaft“. Hervorragend und tief bewegend zeigte er auf, wie Goethe die zu seiner Zeit erst in Ansätzen zu beobachtende Geld- und industrielle Wirtschaftsentwicklung im Faust als einen alchemistischen Prozess beschrieben hat und wie hellsichtig er deren verheerenden Folgen, die sich heute zunehmend klarer zeigen, im voraus beschrieb. Die Menschheit müsse mit der Situation, die Goethe im Faust II beschrieben hat, heute fertig werden. Herbert Schliffka, Achberg, herbert.schliffka@arcor.de
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Veranstaltungsübersicht 2010 02.-05. September
Sektionstagung in Danzig, Polen Die Seele Europas, Solidarität – ein Impuls für die Zukunft
09.-10. September
Freiheit im Unternehmen 3. Wirtschaftsforum
16.-19. September
Jahrestreffen „Economics“ in l`Aubier bei Neuchâtel
15. Oktober
Arbeitstreffen zur Altenarbeit
12.-13. November
Kolloquium zur Konfliktforschung
19.-21. November
Ernährungstagung am Goetheanum: Ernährung und Entwicklungsfähigkeit
26.-28. November
Kunst der sozialen Initiative - Öffentliche Sektionstagung
2011 21.-22. Januar
Hochschultagung der Familienkultur
10.-13. März
Treffen der Sektionsmitglieder
24.-27. März
Tagung in Prag zum 150. Geburtstag Rudolf Steiners
01.-02. April
Kolloquium zur Konfliktforschung in Deutschland
im April
Arbeitstreffen zur Altenarbeit
20.-22. Mai
Öffentliche Tagung: Bürger-Initiativen, Sozialimpulse, Zeitgenossenschaft
14. Oktober
Arbeitstreffen zur Altenarbeit
04.-05. November
Kolloquium zur Konfliktforschung
25.-27. November
Sektionstagung
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Herausgeber und Copyright: Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum Sektion für Sozialwissenschaften Postfach CH-4143 Dornach sektion.sozialwissenschaften@goetheanum.ch hanna.koskinen@goetheanum.ch Redaktion: Ulrich Rösch, Hanna Koskinen Layout und Gestaltung: Kohlhase Verlag und Consulting www.kohlhaseconsulting.com Rechtshinweis: Alle Texte sind urheberrechtlich geschützt. Die Texte spiegeln nicht zwingend die Auffassung der Sektion wieder.
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