Müllverschmutzung

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MÜLLVERSCHMUTZUNG STUTTGART









MÜLLVERSCHMUTZUNG STUTTGART

Ein Buchprojekt des 3./4. Semester Kommunikationsdesign Klasse Gerwin Schmidt Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart von Markus Bader


Inhaltsverzeichnis

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INTERVIEWS Passanten Interviews — Martin Dolde — Constanze — Stefan Keifer von Global Plogging — Ulla Allgaier und Andreas von der Abfallwirtschaft — Gunter

Schmidt und Ellena Krämer vom Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart — Inga Ritter von Greenpeace — Chiara — Karle Recycling — Simone Rehm von Weniger Müll — Jens-Peter Wedlich von Schüttgut — Thomas Venugopal von Cleanup Network

MÜLLEIMERMODELLE IN STUTTGART Mülleimermodelle — Mülleimer Sammlung

ZERSETZUNGSDAUER VON MÜLL Aluminiumdose — Zigarettenstummel — Coffee to go Becher — Zigarettenschachtel — Kronkorken — Styropor — Plastiktüte — Glasflaschen

AKTIONEN Global Plogging — Feuersee Cleanup — Silvester Cleanup — Unipark Cleanup — Jakobschule Cleanup — Müll-Upcycling-KunstAktion — Dosen auf Mülleimer — Aufkleber auf Mülleimer

MEINE MÜLLSAMMEL AKTIONEN 35 Liter Müllbeutel Sammlung — Gewicht Sammlung — Dauer in Minuten Sammlung



Ein Problem in Stuttgart Das Thema des diesjährigen Projekts im 3. und 4. Semester steht unter dem Motto „Ein Problem in Stuttgart“. Dazu muss jeder in unserer Klasse ein Buch, eine Schrift, einen Animationsfilm und ein Plakat zu dem jewiligen Thema, das mit dem Überthema „Ein Problem in Stuttgart zu tun hat gestalten. Am Ende entstehen also 20 Arbeiten zu unterschiedlichen Themen, die im Kern aber eine Sache gemeinsam haben, nämlich sich mit einem Problem in Stuttgart auseinandersetzen. Den meisten Leuten fallen dazu natürlich die offensichtlichen Vorurteile zu Stuttgart ein, wie die Großbaustelle Stuttgart 21 oder auch das anhaltende Thema mit dem Feinstaub. Teil des Projekts ist es aber auch nicht nur Inhalt zu sammeln und das Problem erläutern und diesen dann in ein entsprechendes Layout zu setzen, sondern dieses Problem auch versuchen zu lösen bzw. Lösungsansätze zu finden und diese dann dokumentieren. Daher fallen die typischen Klichees wie Stuttgart 21 und Feinstaubalarm schon wieder weg, denn diese Probleme zu lösen dürfte als Student mit wenig Einfluss eine unmögliche Aufgabe sein. Also sollten es vielleicht Themen sein, die nicht so groß und weit weg sind, wie solche Mammutprojekte. Es geht bei dem Projekt auch darum, das Positive am Problem zu zeigen bzw. was schon an Lösungen umgesetzt wurden und was bereits gut funktioniert und nicht nur die negativen Seiten des Themas herausstellen. Meine ersten Gedanken waren neben Baustellen, die mangelnden Freizeitangebote bzw. öffentlichen Plätze für Kinder und Jugendliche um ihre Hobbys auszuleben, beispielsweise wie Skaten, Schwimmen, Fußball, Volleyball etc. Ein weiterer Gedanke war dann noch die Müllverschmutzung, die vielleicht nicht typisch Stuttgart ist, aber trotzdem ein signifikantes Problem in Stuttgart darstellt. Ziemlich schnell habe ich mich dann auf das Thema Müll fokussiert und erste Recherchen gemacht, unter anderem auch weil ich in der 11. Klasse schon einmal ein Projekt zum Thema Müll gemacht habe und mich sowieso schon immer gefragt habe, wie man seinen Müll einfach nicht ordentlich entsorgen kann. Dann stellte ich weiterführende Ideen zu Aktionen auf, die ich veranstalten könnte um auf das Thema aufmerksam zu machen. Beispielsweise auffällig gestaltete Mülleimer bauen, die ich dann in die Königstraße stelle. Allerdings konnte ich dieses Vorhaben relativ schnell wieder begraben, da es verboten ist, Gegenstände über einen längeren Zeitraum an einem öffentlichen Ort fest zu installieren. Weitere Gedanken waren mit einer großen Mülltonne und eine paar Leuten durch die Königstraße zu gehen und den Müll vom Boden aufsammeln und die Passanten nach Müll zu fragen und diesen dann auch mitzunehmen. Allerdings ist das der falsche Weg, die Leute auf das Müllthema aufmerksam zu machen. Die Leute müssen schon selber dazu angeregt werden den Müll richtig zu entsorgen und sich bewusst werden, was es für Folgen hat, wenn der Müll auf dem Boden oder in der Natur landet. Meine nächste Idee war es dann Mülleimer mit auffälligen Plakaten, Schildern und Aufklebern zu versehen, damit die Menschen die öffentlichen Mülleimer besser bemerken. Anfangs war ich aber auch ein wenig skeptisch mit dem Thema, ob in Stuttgart überhaupt so viel Müll auf dem Boden liegt, nachdem ich einen Spaziergang mit Ausschau nach Müll am Neckar entlang gemacht habe und dabei so gut wie keinen Müll gefunden habe. Allerdings stellte ich für mich dann im Laufe des Projekts fest, dass nicht wenig Müll auf dem Boden liegt, sondern dass ich den Müll einfach nicht wahrgenommen habe, weil für mich am Anfang der Müll gar nicht wirklich aufgefallen ist und erst nach mehreren Müllsammel Aktionen mir sozusagen einen Filter für Müll antrainiert habe. Nachdem ich mich dann genauer mit dem Thema Müll, speziell in Stuttgart auseinandergesetzt habe, bin ich auf Müllsammel Initiativen, wie Global Plogging und Cleanup Stuttgart gestoßen. Zufälligerweise stand eine Müllsammel Aktion der Initiative Global Plogging kurz bevor und so bin ich dann am 25.10.2019 zu meiner ersten Müllsammel Aktion gegangen und habe bereits dort interessante Gespräche mit netten Leuten zum Thema Müll geführt. Mit dieser Aktion war ich dann vollends von meinem Thema überzeugt, um mich damit die zwei folgenden Semester lang zu beschäftigen. Im Laufe meines Projekts bin ich vielen netten und vor allem umweltbewussten Menschen begegnet, die bereits jede Menge getan haben und tun um gegen dieses Problem anzukämpfen und es zu lösen. Vor allem habe ich meinen Horizont in diesem Bereich enorm erweitert und viele interessante Dinge erfahren, vor allem, dass das Thema Müll ein unglaublich komplexes Thema ist, bei dem so viele Faktoren eine Rolle spielen. Am Ende dieses Projekts kann ich sagen, dass ich sehr froh bin dieses Thema gewählt zu haben, da es sehr oft vernachlässigt wird, dabei aber extrem wichtig für uns Menschen und unsere Umwelt sowie Zukunft ist. In diesem Buch findest du die Dokumentation meiner Recherche, Interviews, Aktionen zu diesem Projekt und wie ich mich als Müllsammler über ein halbes Jahr lang geschlagen habe. Viel Spaß dabei.


Interviews 4,4 Werkstatt und Verkehrsorientierung

1,9 Mineralische Deponie 2,3 Öffentliche Toilettenanlagen

21,9 Fahrbetrieb

30,4 Straßenreinigung und Winterdienst

92,8 Abfallentsorgung

Kostenzuordnung gemäß Ansatz Wirtschaftsplan 2019 der Abfallwirtschaft Stuttgart [in Mio. €] Quelle: Betriebsdarstellung AWS Abfallwirtschaft Stuttgart, Zugriff am 28.11.2019.

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ab Seite 14

Passanten Interviews ab Seite 20

Martin Dolde ab Seite 24

ab Seite 34

Constanze (Cleanup Network)

Stefan Keifer (Global Plogging) ab Seite 38

Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft) Restmüllheizkraftwerk Stuttgart -Münster

ab Seite 62

Gunter Schmidt Studie: Littering in einer Einkaufsmeile

ab Seite 86

Inga Ritter (Greenpeace Stuttgart) ab Seite 96

Chiara (Cleanup Network) ab Seite 104

ab Seite 108

Kampagne Sauberes Stuttgart

Karle Recycling

Simone Rehm (Weniger Müll) ab Seite 114

Jens-Peter Wedlich (Schüttgut) ab Seite 124

Thomas Venugopal

Im ersten Kapitel folgt eine Reihe von Interviews, die ich im Laufe des Projekts geführt habe. Dazu zählen Passanten, die sich nicht genauer mit dem Thema beschäftigen, dafür aber ihre Meinung zur Müllverschmutzung in Stuttgart aus ihrer Sicht erzählen. Zu den Interviews gehören aber auch Gründer von Initiativen, die sich explizit mit dem Thema Müll beschäftigen und Aktionen gegen die Müllverschmutzung organisieren. Bei den Interview durfte natürlich auch die Abfallwirtschaft Stuttgart nicht fehlen, die für den Großteil der Müllentsorgung in Stuttgart zuständig ist. Außerdem zählt zu

meinen Interviewpartnern der Polizeihauptkomissar Gunter Schmidt mit seiner Initiative Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart, der unter anderem auch die Aktion Let‘s Putz ins Leben gerufen hat. Zudem habe ich mit der Pressesprecherin von Greenpeace Stuttgart gesprochen sowie mit dem Gründer und Inhaber des ersten Unverpackt Ladens in Stuttgart. Im Prinzip habe ich mit Personen aus den unterschiedlichsten Branchen geredet, die sich aber alle viel mit dem Thema Müllverschmutzung in Stuttgart beschäftigen. Viele davon sind in diesem Bereich ehrenamtlich tätig.


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»Also das ist alles weil die Leute einfach nicht wollen, nicht weil sie nicht fähig wären, sondern weil sie nicht wollen. Die sind einfach zu bequem, das muss man mehr als einmal anprangern.« am 05.11.2019

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6 Passanten haben sich am 05.11.2019 in der Königstraße dazu bereit erklärt mir ein paar Fragen zum Thema Müllverschmutzung in Stuttgart zu beantworten. Dabei war der Reihenfolge nach ein jüngerer Mann, ein Mann Mitte 50 aus Zuffenhauen, ein Rentner Ende 70, ein Rentner Ende 60, ein Mann Mitte 50, der seit über 40 Jahren in Stuttgart wohnt und eine Rentnerin ebenfalls Ende 70 teil der Interviews.

6 Passanten Interviews auf der Königstraße

Interview 1: Kommst du aus Stuttgart? Nein, ich komme aus Ulm. Im Vergleich zu Ulm, wie siehst du die Müllverschmutzung hier in Stuttgart? Ich schätze es schon ziemlich sauber ein, eigentlich. Vor allem wenn man die U-Bahn Gänge beachtet, in vielen Städten ist es dort halt mega verschmutzt. Vorher bin ich die Straße entlang, sind halt ein paar Penner und dann war da auch ein bisschen Müll und einer hat an die Wand gepisst. Das ist natürlich auch nicht schön. Interview 2: Finden Sie, dass in Stuttgart viel Müll rumliegt? Nein. Also hier in der Königstraße gehts ja noch, weil es hier viele Mülleimer gibt. Nur am Wochenende, vor allem Sonntag liegt hier viel Müll.

14 — Interview: Passanten


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Wo kommen Sie genau her, aus welchem Stadtteil? Zuffenhausen. Da ist die Müllsituation in Ordnung. Aber in Bad Cannstatt z.B. am Bahnhof, da ist es ziemlich schlimm. Ja das stimmt. Aber hier in der Königstraße und am Schlossplatz ist es immer Sonntags besonders schlimm. Und einen bestimmten Ort wo viel Müll rumliegt, kennen Sie da spontan einen? Nur Bad Cannstatt. Und finden Sie, dass von der Stadt Stuttgart auch genug getan wird? Ich finde schon. Es gibts ja auch so ehrenamtliche Organisationen, die Müll sammeln. Finden Sie das gut? Ja, das ist schon gut. Interview 3: Finden Sie, dass in Stuttgart viel Müll rumliegt? Ja. Kennen Sie bestimmte Orte an denen besonders viel Müll rumliegt? Am Schlossplatz bis zum Hauptbahnhof runter in der Nebenstraße. Am schlimmsten ist es Sonntag morgens. Da werden Sie überfallen. Da liegt alles rum. Und wie finden Sie die Situation am Cannstatter Bahnhof, weil da ist es auch immer ganz schlimm? Ja, da ist es wirklich immer ganz schlimm. An was glauben Sie liegt es, dass hier am Schlossplatz und in der Königstraße alle 5 Meter ein Mülleimer steht und in Bad Cannstatt fehlen einige Mülleimer und alles ist verschmutzt? Na da sind auch die Leute dran Schuld, muss man auch sagen. Ich sehe manchmal Leute, da steht der Mülleimer vor ihnen und die schmeißen es dann daneben hin. Genau so mit den Zigaretten, das ist eine große Sauerei. In Cannstatt am Bahnhof ist es am aller schlimmsten. Da sind die Leute schuldig. Und finden Sie, dass die Stadt Stuttgart da zu wenig macht oder liegt das hauptsächlich an den Leuten? Die fahren Sonntag morgens hier den Müll weg. Ich meine die machen schon viel, aber da sind schon hauptsächlich die Leute dran schuld. Und auch mit den Einwegbechern und das ganze Zeug da. Das gehört alles verboten. Plastik vor allem. Coffee to go und das Zeug gehört alles verboten.

»Die Leute sollen von zu Hause ihren Behälter mitbringen und es sich einfüllen lassen oder einfach zu Hause trinken.« Und was halten Sie von ehrenamtlichen Müllsammel Organisationen? Das ist natürlich schon was Gutes. Aber wer macht das? Ein paar gibt es ja. Die sind schon gut. Aber eigentlich unterstützen sie die Faulheit der anderen. Aber gut ist es schon, die das freiwillig machen. Finden Sie, dass man vielleicht auch ein bisschen helfen könnte, wenn man Leitsysteme für Mülleimer macht, also damit die Leute vielleicht aufmerksam auf Mülleimer werden? Vielleicht würde das ein bisschen was helfen. Ich habe schon oft gesehen, da steht der Mülleimer und daneben schmeißen sie es hin. Die sind ja nicht normal die Leute. Größtenteils liegt es an den Leuten. An der Einstellung. Was würden Sie vorschlagen, um diesem Müllproblem entgegenzuwirken? Aufmerksam machen, gehört auf jeden Fall dazu, sonst ist es wahrscheinlich noch schlimmer. Aber finden Sie, dass es im Vergleich zu anderen Städten hier schlimmer ist? Es ist eigentlich überall so, aber vielleicht in manchen Städten nicht ganz so wie in Stuttgart, aber ich sag ja hier am Schlossplatz da ist es am Sonntag morgen am aller schlimmsten, wahrscheinlich Freitags und Samstags genauso. Wenn man hinter dem Künstler Café am Schlossplatz bis zum Hauptbahnhof geht, ist es da am schlimmsten. Interview 4: Es geht um die Müllverschmutzung in Stuttgart. Die Müllverschmutzung in Stuttgart ist katastrophal. Noch mehr Mülleimer können sie hier am Schlossplatz und in der Königstraße gar nicht mehr aufstellen. Die Leute sind so dermaßen negativ eingestellt gegen alles was Ordnung heißt. Ich möchte gar nicht so viel sagen, sonst verbrenne ich mir wieder den Mund. Meine Einstellung ist sowieso etwas radikaler in der Richtung. Aber solange die Leute nicht Ordnung halten und die Wiesen so vermüllt hinterlassen. Das ist hier das gleiche wie am Max-Eyth-See, Samstag, Sonntag können Sie da gar nicht hingehen im Sommer. Da lassen die Leute alles liegen, was überhaupt an Müll anfällt bleibt liegen und die packen es nicht weg und wenn auch der Mülleimer gleich daneben steht. Aus dem Grund kann man nur an die Leute appellieren, mehr geht nicht. Dass sie ordentlicher sind. Das ist das große Problem, weil mehr Mülleimer gehen nicht. Jede paar Meter, steht hier einer und daneben liegt oft der Müll. Hier an der Königstraße gehts noch, aber vor allem auf den Wiesen auf dem Schlossplatz ist es katastrophal. Interview: Passanten — 15


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»Und jeder wirft die Zigarettenkippen auf die Straße nach wie vor, was man unbedingt erwähnen muss, denn das ist ein lang anhaltendes Problem bis sich die Dinger zersetzen, weiß man ja, dass das dauert. Also insofern kann man nur an die Leute appellieren, nicht ewig die Stadtschweine darzustellen.« Aber vielleicht könnte man Dosen auf die Mülleimer drauf kleben, damit man dann da die ganzen Zigarettenstummel rein werfen kann. Aber ob das dann wieder jemand macht, ist auch wieder die Frage. Solange jemand auf der Königstraße seinen Müll wegwirft, ist der nicht bereit in irgendwelche Dosen Zigarettenstummel zu entsorgen. Da drüben auf der Königstraße stehen ja auch wunderbare Mülleimer, wo man es ja wunderschön oben drauf machen könnte. Und trotzdem liegt unten alles voll und warum? Weil da Leute selbst zu faul sind, fünf Meter zu gehen, das ist das Problem, das muss man anprangern. Daran liegt die Crux seit vielen Jahren. Die Leute sind dermaßen bequem in Deutschland geworden. In anderen Ländern ist es zum Teil anders. Ich war in vielen Ländern und da ist es zum Teil so sauber, dass man vom Boden aufschlecken könnte. Da wirft kein Mensch einen Zigarettenstummel weg. Aber hier machen es die Leute automatisch, das wird runter geweht und fertig und es bleibt da liegen, weil es auch keine Polizei gibt. Die sind natürlich auch überfordert. Das muss man auch sagen. Es gibt keine Polizei, die da aufpasst, dass das nicht passiert. Jetzt ist ja kaum einer in der Königstraße, der jetzt guckt, dass da diese E-Roller dort nicht fahren dürfen. Das machen die Leute auch hier. Fahrräder fahren hier, mich hat mal fast einer umgefahren. Der sagt Hoppla und fährt weiter. Also das ist alles weil die Leute einfach nicht wollen, nicht weil sie nicht fähig wären, sondern weil sie nicht wollen. Die sind einfach zu bequem, das muss man mehr als einmal anprangern. Es gibt da ja schon Strafen, wenn jemand was auf den Boden wirft. Das müsste bestraft werden, genau richtig. Aber es gibt ja glaub ich schon Geldstrafen dafür. Und prophylaktisch vor allen Dingen, aber ich glaub nicht, dass irgendeiner bis jetzt 20 € bezahlt hat, weil er einen Zigarettenstummel weggeworfen hat. Das wird nicht durchgesetzt. Das Recht wird in Deutschland in diesen Dingen nicht durchgesetzt, weil es zu wenig Polizisten gibt und weil die überfordert sind, das muss man auch sagen. Das ist ganz wichtig zu erwähnen und berichten. Die Leute wollen ja, die arbeiten ja bis es nicht mehr geht. Wenn ich wieder einen Protest sehe hier in der Königstraße, dann stehen da 50 Polizeifahrzeuge, um diesen Demonstrationszug zu begleiten. Ja die fehlen dann natürlich woanders. Da kann keiner gucken, ob einer einen Zigarettenstummel wegwirft. Das ist für die Leute auch non sense, zu wenig. Insofern würde ich solche Dinge ganz klar ansprechen. Finden Sie dann, dass die Stadt Stuttgart da auch nicht so viel dafür kann? Die Stadt Stuttgart ist zu liberal, in vielen Dingen zu liberal. Bei allem wird nachgesehen, alles wird erlaubt, wenn es irgendwie noch geht. Das ist die Crux der Geschichte. Viel zu liberal. Liberal und dann Scheißegal. Wenn ich einen Brief an die Zeitung schicken würde und das würde abgedruckt werden, dann würden die Leute mich anrufen und sich beschweren. Aber die sein Liberalität hat irgendwo ihre Grenzen, wo die Leute nicht mitmachen. Das ist das wo irgendwann dann Strafen müssen, damit die mal wissen, was notwendig ist. Ohne Strafen kann man keine Demokratie auf Dauer hochleben lassen. Das ist unmöglich. Das ist meine langjährige Erfahrung. Und was halten Sie von ehrenamtlichen Müllsammelaktionen? Ehrenamtlich ist so eine Sache. Bei Ehrenamtlichen kriegen sie ein paar Leute, die glauben sie tun was Gutes, das machen sie ein zwei mal. Das ist bei jedem Verein so. Ich bin in mehreren Vereinen noch aktiv. Also wenn wir irgendwelche Leute brauchen, ehrenamtlich was zu tun, dann kriegen sie kaum jemanden. Und wenn müssen sie viel tun, dann wollen sie vielleicht noch irgendwie ein äquivalent dafür haben. Also ehrenamtliche Müllsammler, davon rate ich absolut ab, das bringt nichts. Das ist einfach zu viel verlangt von jemandem, der da hingeht und ab und zu sammelt. Am Max Eyth See auf dem Rasen gibt es manchmal ehrenamtliche Müll Sammler, die am Montag morgen da rum laufen. Aber das ist dann, weil der See dort ist. Das macht dann jeder für sich. In der Stadt macht das dann aber keiner. Das ist die Aufgabe der Stadtreinigung. Also von ehrenamtlichem Müllsammeln würde ich abraten. Was wollen Sie an die Menschen appellieren? Ja also ich würde an die Mentalität der Menschen appellieren und an die lasche Einstellung der Stadt, weil sie zu wenig Personal, in dem Fall Polizei, haben, die sanktionieren müssten. Im Konjunktiv. Interview 5: Kommen Sie aus Stuttgart? Ja, ich wohne schon seit 40 Jahren hier in Stuttgart. Finden Sie es ist in Stuttgart sauber? Manchmal ist es sauber, manchmal ist es wieder nicht sauber. Die Leute trinken aus Einweg Bechern oder rauchen und manchmal werfen sie es in den Mülleimer. 16 — Interview: Passanten


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Hier am Schlossplatz stehen ja eigentlich genug Mülleimer. Ja ja, an jeder Ecke gibt es hier Mülleimer, aber was machen die Leute, trinken aus Einweg Bechern und werfen den dann einfach auf den Boden. Hier z.B. steht links und rechts von der Bank ein Mülleimer und trotzdem liegt hier Müll unter der Bank. Interview 6: Finden Sie, dass in Stuttgart viel Müll rumliegt? Ja, schon. Kennen Sie hier bestimmte Orte an denen es besonders schlimm ist? An Haltestellen und vor allem Endhaltestellen von der Stadtbahn ist es besonders schlimm, in der Innenstadt Königstraße. Wenn nicht ständig Müllsammler rumlaufen würden, dann würde man nur noch über den Müll laufen. Es hat schon zugenommen, die letzten 20 Jahre. Woran glauben Sie liegt das hauptsächlich? An der Gleichgültigkeit der Leute, einfach Müll wegzuschmeißen. Weil eigentlich sind ja hier am Schlossplatz und in der Königstraße mehr als genug Mülleimer aufgestellt und trotzdem liegt hier Müll rum. Im Sommer mehr wie jetzt im November, jetzt gerade im Moment sieht es sauber aus, aber man muss das ja auch in der Relation sehen, wie oft die Müllmänner hier rumlaufen und alles einsammeln. Mit den Kehrmaschinen passiert das und auch die Unterführungen müssen ständig wieder mit Hochdruckreiniger geputzt werden. Natürlich kommt da auch der Taubendreck dazu. Zum Beispiel am Cannstatter Bahnhof ist es auch ganz schlimm mit der Müllverschmutzung. Das ist ganz schlimm an den Bahnhöfen allgemein. Aber woran glauben sie liegt es, dass am Cannstatter Bahnhof so extrem ist? Es liegt an der Ansammlung der jeweiligen Bevölkerungsgruppen, bestimmte Bevölkerungsgruppen die sich da alle aufhalten. Und was halten sie von ehrenamtlichen Müllsammelaktionen? Wer das machen will, na klar. Wenn man mehr Aufmerksamkeitsarbeit in diesem Bereich machen würde, würde das ihrer Meinung nach etwas bringen?

»Also das ist so wie beim rauchen auch, überall steht drauf Rauchen ist tödlich und trotzdem wer rauchen will der raucht. Und so ist es mit dem Müll genauso. Und beim Fahrverhalten auf der Autobahn ist es genauso.« Würden Sie dann sagen Leitsysteme für Mülleimer würden auch keinen Sinn machen? Naja, also ich finde das alles unnötig, weil ein einsichtiger Mensch weiß das einfach, dass man Müll nicht auf den Boden schmeißt und dass man seinen Müll entweder mit nach Hause nimmt, auch wenn man unterwegs oder einfach vor Ort richtig in einem Mülleimer entsorgt. Es gibt ja auch Geldstrafen dafür, wenn man seinen Müll auf den Boden wirft. (Lachen) Aber das Problem ist natürlich, wer kontrolliert das dann? Eben, eben. Aber es wäre ja theoretisch ein Lösungsansatz, oder? Ja, das Geld tut immer mehr weh wie eine Ermahnung.

Interview: Passanten — 17




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»Es ist unsere Stadt, es ist unser Umfeld. Das muss man den Leuten klar machen, wir machen nicht den Müll raus für den Herr Kuhn, sondern wir machen den Müll raus, weil wir daran interessiert sind, dass das Ding ordentlich ist.« am 12.11.2019

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Martin Dolde ist ein deutscher Ingenieur und Kirchenpolitiker. Er war von 1999 bis 2001 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Martin Doldes beruflicher Werdegang nach der Schulzeit in Stuttgart und Studium in Esslingen ist eng verknüpft mit der Daimler-Benz AG. Zuletzt war er Leiter der Logistik bei DaimlerChrysler Werk Stuttgart-Untertürkheim. Neben seinen beruflichen Aufgaben ist er Ortschronist von Stuttgart-Wangen. Kirchlich engagiert er sich in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Martin Dolde, ehrenamtlich tätig in Stuttgart-Wangen

Wie hat alles angefangen? Also unsere Sache in Stuttgart-Wangen hat so begonnen, dass ich mich geärgert hab über die Qualität der städtischen Beete in Wangen. Ich war damals noch Leiter der Logistik bei Daimler und hatte auch einen großen Bereich mit 1200 Mitarbeitern und von daher war für mich also der Kontakt zu Mitarbeiter und zur Stadt kein Problem. Deswegen hab ich dann an verschiedenen Stellen gelästert über die Qualität der Beete. Bis der Herr Koch, der Leiter des Gartenbauamtes, der Stadt Stuttgart damals nach Wangen gekommen ist und zusammen mit dem Bezirksbeirat einen Termin gemacht hat. Man hat sich zur Wehr gesetzt, nicht über die Distel, die in den den Beeten gewachsen sind, sondern über den Müll. Dann haben wir gesagt, das sehen wir ein, dass der Müll den die Leute in Wangen in die Beete werfen, dass den die Stadt nicht täglich aus den Beeten holen kann. Aber wir sehen nicht ein, dass die Beete in der miserablen Qualität sind, wie sie zum damaligen Zeitpunkt waren. Und dann hat man das an diesem Abend mit dem Bezirksbeirat zusammen mit Wangener Bürger intensiv diskutiert und haben dann an dem Abend beschlossen, dass wir versuchen eine Gruppe zu bilden, die den Müll in den städtischen Beeten raus holt. D.h. wir haben dann pro Beet eine Person gesucht und haben die auch gefunden und an dem Abend waren dann in etwa 10 – 12 Leute bereit, ein Beet in ihrer Nähe, wo sie wohnen, zu übernehmen. So hat das Ganze begonnen unter dem Namen Arbeitsgemeinschaft Wangener Grünflächen (AWG). Von Daimler her gewohnt, hab ich dann Leistungsvereinbarungen aufgesetzt und habe die mit dem Herrn Koch unterschrieben. Das heißt also, 10 Punkte definiert. Das ist dann offiziell auch den Mitgliedern und der Presse und dem Bezirksrat für diese Leistungsvereinbarung von 2002 gegeben worden. Und dort ist dann genau definiert worden, wer was macht, was das Gartenbauamt macht, dass sie die Beete ordentlich machen. Schon in der Diskussion damals, als das begonnen hat, war die Frage, nehmen wir dann nicht den Gärtnern die Arbeit weg? Wenn wir Beete richten und haben deswegen gesagt, damit klar ist, dass wir nicht Konkurrenz machen wollen, wollen wir 100 m2 Blumenbeete zusätzlich. D.h. wir wollen also, dass unsere Arbeit der Wangener Bevölkerung zugute kommt. In den zwei nächsten Jahren, haben wir dann zusammen mit dem Bezirksvorsteher, mit dem Herrn Klein, diese Flächen ausgesucht, wo die Stadt bzw. das Gartenbauamt diese zusätzlichen Beete gemacht haben. Es sind nicht exakt 100 m2 geworden, aber in der Tendenz 80 – 100 m2. Seitdem läuft die Aktion in Wangen, d.h. diese anfänglich 10 – 15 Leute haben sich mit der Zeit auf 40 Leute erhöht und so ist der Stand auch heute. Wir haben heute also 40 Erwachsene, die die ganzen städtischen Beete betreuen. Die Aufgabe ist, so ähnlich wie es auch in der Leistungsvereinbarung definiert ist, einmal in der Woche oder in 14 Tagen, je nachdem wie schlimm das Beet aussieht, vorbei zu gehen und jedes Mitglied hat eine Greifzange bekommen, als Zeichen, dass man hier Mitglied ist und mit der Greifzange und mit einem Eimer holt man das Zeug bzw. den Müll aus den Beeten. Natürlich hat das unter der Bevölkerung ganz unterschiedliche Kommentare gegeben.

»Die einen haben gesagt, dass es toll ist, was sie da machen und die anderen haben gesagt, so blöd wäre ich noch, dass die Leute den Müll in die Beete schmeißen und wir holen es wieder raus. Aber da haben wir uns darüber weggesetzt bzw. es ist sogar so geworden, dass ich gesagt hab, die Leute können bloß mitmachen, wenn sie bereit sind, das zu erleiden, dass sie verspottet werden.« So ist es dann bis 2013 gelaufen und dann hat die Stadt begonnen zu sparen und hat gesagt wir müssen sowieso sparen an den Grünflächen etc. Dann sind die zuständigen von der Stadt gekommen und haben gesagt, dass sie einige Beete nicht mehr richten und anstatt Blumen einfach nur Gras rein machen würden. Dann haben wir uns aber auf die Hinterfüße gestellt und haben gesagt, wenn ihr jetzt meint ihr könnt auf Kosten von unserer Aktivität jetzt in Wangen sparen, dann hören wir auf. Die Stadt hat dann darauf gemeint, dass die AWG ja nicht aufhören sollen, ihre Organisation sei ja wertvoll. Aber anscheinend waren wir ja doch nicht wertvoll, wenn die Stadt die Beete nicht mehr 20 — Interview: Martin Dolde


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richten wollte. Dann gab es drei Alternativen, nämlich die Stadt geht wieder zurück und macht wieder die Beete, wie bisher. Die zweite war, wir hören auf oder die dritte Alternative, da hat man dann auch diskutiert, die Stadt stellt uns Pflanzen zur Verfügung und wir sind dann bereit diese Pflanzen zu setzen und das Beet zu pflegen. So ist es etwa seit 5 Jahren, dass wir etwa 12 Beete anlegen. Das ist jetzt der letzte Stand, dass wir mit einer kleinen Truppe von etwa 8 Leuten diese 12 Beete in Wangen im Frühjahr und im Herbst bepflanzen. Das läuft also jetzt so, dass wir praktisch zweigleisig fahren. Das eine ist den Müll raus holen und das andere ist die Beete bepflanzen. Nicht alle Beete natürlich, sondern nur 12 und vor allem sind das nicht nur städtische Beete. Da sind vielleicht 3 oder 4 städtische Beete und die anderen sind privat Beete. Und zwar Beete vor den Häusern hier in Wangen, von Leuten, die z.B. krank sind, also körperlich das Beet nicht mehr pflegen können, zu faul sind, keine Ahnung haben, kein Gefühl dafür haben, also ganz verschiedene Gründe. Eigentlich sind uns die Gründe egal, weil wir sagen, das Beet sieht miserabel aus, wir richten das. Das hat dazu geführt, dass in Wangen die Aufmerksamkeit natürlich gestiegen ist, weil wir auch ganz schlimme Beete gerichtet haben. Von daher kann man sagen, die AWG steht inzwischen auf eineinhalb Säulen. Eben mit dem Müll raus holen und dem bepflanzen und richten der Beete. Was würden Sie zur Müllverschmutzung allgemein in Stuttgart sagen? Liegt hier besonders viel Müll auf dem Boden? Also ich kann mir kein Urteil erlauben, wie es im Zentrum von Stuttgart aussieht. Das weiß ich nicht, da bin ich viel zu selten drin. Wenn ein Beet mal entgleist, weil der/die Zuständige länger im Urlaub ist oder einfach nicht danach geguckt »Ich kann sagen, wir haben den Eindruck, dass die Verhat, da sieht man genau, in dem Augenblick wo Müll im Beet liegt, dann geht es ganz schnell. Es geht also nicht linear, sondern schmutzung in Wangen eher zurück gegangen ist. Auf jedas geht wirklich exponentiell. Aber deswegen in der Summe, würde ich sagen unsere Beete in Wangen sind in der Qualität und den Fall nicht schlimmer ist, wie vor 20 Jahren. Ein Effekt in der Sauberkeit nicht viel anders wie vor 20 Jahren. Die Straße ist, je schöner die Beete sind, je schöner die angelegt sind, selber, da würde ich sagen, die Leute schmeißen mehr weg. Die Straßen sind schlechter geworden. Aber das was wir sauber machen, da würde ich sagen, hat sich nicht viel verändert. Wir haben desto weniger Müll ist darin.« sogar schon mal eine Woche ausgerufen, wir haben gesagt, wir wollen in der Woche mal den Müll sammeln undzusammen tragen und das waren dann 40 Liter. Wir sollten eigentlich einmal im Jahr einen Zähltag machen, um genau solche Fragen beantworten zu können. Finden Sie, dass die Stadt Stuttgart genug macht in Bezug auf die Müllverschmutzung? Also was Wangen betrifft, würde ich sagen, die Straßen müssen wir sauberer halten. Bei den Beeten habe ich kein Problem, die sind in Ordnung, aber die Straßen, also mindestens die Hauptstraße gehört aus meiner Sicht besser gereinigt. Nur, ich habe einen Fehler gefunden, dass der Oberbürgermeister Rommel damals die Kehrwoche aufgehoben hat. Weil die Kehrwoche, ob man da jetzt jeden Samstag kehrt, das ist nicht das entscheidende gewesen, aber das Wissen, dass man nich wegwegschmeißt und dass man dann am Samstag, dass das die Bewohner sowieso wieder wegkehren müssen. Das Wissen, das ist verloren gegangen. Deswegen muss ich sagen, wir kehren heute noch selbstverständlich vor unserem Haus am Samstag. Das ist verteilt über die Mieter und das gehört in der Hauptstraße auch gemacht, d.h. also eigentlich müssten die Anwohner der Hauptstraße vor ihren Häusern kehren und nicht die Stadt. Also, doch da könnte bzw. sollte die Stadt mehr machen.

Ein von Martin Doldes Initiative gepflegtes Beet an einer Hauswand in Stuttgart-Wangen Foto: Copyright Martin Dolde

Was halten Sie von ehrenamtlichen Müllsammelorganisationen bzw. Aktionen? Denn es gibt ja immer wieder Vorwürfe, dass man mit dem Müll aufheben nur die Leute unterstützt, die ihren Müll achtlos auf den Boden werfen. Wie vorher gesagt, dass Leute dann die ehrenamtlichen Müllsammler auslachen, aber das sind die Dummen. Das ist die klare Minderheit. Die Wangener hier haben sich an unsere Arbeiten gewöhnt und von daher ist da auch kein Widerstand da, sondern da ist die Zustimmung deutlich höher. Also das ist kein Problem. Würde es auch allgemein etwas bringen wenn man mehr Aufmerksamkeitsarbeit leistet, um die Leute darauf aufmerksam zu machen und zu zeigen, dass man einfach den Müll nicht auf den Boden werfen soll? Ein Stück weit ist es die Frage nach der Erziehung. Die Erwachsenen, die ihren Müll auf den Boden werfen, was will man da mit den Kindern anfangen? Die Kinder sehen das und schmeißen ihren Müll halt auch einfach auf die Straße. Während wenn ein Kind etwas auf den Boden wirft und der Vater sagt, du heb mal das auf und schmeiß das in den Mülleimer, dann ist das der Effekt, der erwünscht ist und den werden wir nicht machen. Wir werden also nicht die ganzen Kinder und die Erwachsenen erziehen können. Allerdings muss ich sagen, an der Ecke mache ich noch ein bisschen rum, wenn man jetzt stärker noch in die Kindergärten gehen und dort irgendein Spiel oder irgendwas machen, um den Kindern klar zu machen, schmeiß nichts weg. Man müsste bei den Kindern anfangen, aber eigentlich von den Eltern her und nicht von uns her. Kennen Sie in Stuttgart einen bestimmten Ort oder ein Gebiet, wo besonders viel Müll immer rumliegt? Wenn ich beispielsweise nach Untertürkheim rüber komm am Bahnhofbereich, da denke ich, hier wäre auch nicht schlecht, wenn man das hier mal wieder sauber machen würde. Aber ich bin nicht der Schullehrer und nicht derjenige, der überall den Müll aufhebt. Also von daher kann ich die Frage nicht richtig beantworten. Ich habe ja letzte Woche mal ein paar Umfragen an Passanten über die Müllverschmutzung hier in Stuttgart gemacht. Und dabei haben einige gemeint, dass man auch mit Geldstrafen am besten vorgehen sollte. Es fehlt halt auch einfach das Personal dafür. Interview: Martin Dolde — 21


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»Also eine Strafe auszusprechen, die man nicht umsetzen kann, das ist wie wenn sie zu ihrem Kind sagen, wenn du das machst bekommst du den Ranzen voll. Dann macht er es halt heimlich. Ich halte es für blöd, was wir zurzeit machen, dass über alles eine Strafe gesetzt wird. Unsere Gesellschaft ist eine Gesellschaft in der man nur noch bestraft wird.« Wegen allem werde ich bestraft. Das ist doch mein eigenes Leben. Man muss mir eigentlich klar machen, du gefährdest dich und alle möglichen Leute. Aber anstatt, dass man darüber intensiver redet, sagt man, wenn du nicht anständig bist, dann musst du 40 € zahlen. Da regt sich bei mir dann eher der Wille zu sagen, ja jetzt wollen wir mal sehen, ob die mich erwischen. Das ist doch blöd. Die Strafen sind geschenkt, wenn es heißt, wenn ich einen Zigarettenstummel auf den Boden werfe, kostet es 120 €. Wir sehen genügend Zigarettenstummel bei uns in Wangen. Dann sollen sie halt mal einen hinstellen, der dann diese 120 € mal zwei Tage lang kassiert. Also deswegen halte ich von dem gar nichts. Ich halte vielmehr, dass man appelliert und die Leute überzeugt, dass es ihr eigenes Umfeld ist, dass man hier in Ordnung bringt und in Ordnung hält. Also deswegen halte ich von Strafen nichts, solange die Strafen nicht irgendwann mal zumindest punktuell eingefordert werden. Es könnte ja sein, dass man sagt, an diesem Tag ist in Wangen die Aktion, Müll wegwerfen kostet Geld. Natürlich geheim. Dann wird aber am nächsten Tag darüber berichtet. Es machen so und so viele, und es waren vor allem Jüngere oder es waren alle oder egal was. D.h. dann kommen die Nacharbeiter, das ist zehnmal wichtiger als die Strafen, und wenn man dann darunter schreiben würde und nachdem wir das an einem Tag gemacht haben. Dann haben wir die Strafen alle erlassen. Da hätte ich überhaupt nichts dagegen. Aber dann hätten wir mal eine Zeitung voll zu diesem Thema. Also wenn Sie über Strafen sprechen und diese dann auch erlassen, so würde es mir gefallen. Was würden Sie an die Menschen in Stuttgart appellieren? Es ist unsere Stadt, es ist unser Umfeld. Das muss man den Leuten klar machen, wir machen nicht den Müll raus für den Herr Kuhn, sondern wir machen den Müll raus, weil wir daran interessiert sind, dass das Ding ordentlich ist. Gruppenbild der ehrenamtlichen Helfer und Mitglieder von Martin Doldes Initiative vor dem Schuppen, der als Treffpunkt und Aktionsraum und zur Aufbewarung von Geräten dient Foto: Copyright Martin Dolde

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»Es ist halt so ein Thema über das nicht gerne gesprochen wird. Man will halt damit nicht großartig was zu tun haben. Wir konsumieren zwar ohne EnEnde, aber man will sich nicht damit befassen, was eigentlich danach damit passiert.« am 14.11.2019

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Constanze ist hauptberuflich Grundschullehrerin in Stuttgart und ist seit Sommer 2019 im Cleanup Network Team für den pädagogischen Bereich zuständig. Sie organisiert die Besuche und Cleanups in den Schulen und redet mit den Kindern über das Thema Müll und Umwelt und versucht die Kinder für das Thema zu sensibilisieren und ein Bewusstsein herzustellen.

Constanze, Lehrerin, Teil des Cleanup Network Teams

Wie bist du auf Cleanup Network aufmerksam geworden und was machst du jetzt genau? Ich bin im Sommer jetzt dazu gekommen, weil ich auch erst im Sommer nach Stuttgart gezogen bin. Ich nutze zwar Facebook gar nicht mehr zum Schreiben, aber um Veranstaltungen zu finden ist es noch sehr gut. Auch um zu schauen was am nächsten Tag so los ist in Stuttgart. Als ich hier nach Stuttgart gezogen bin, habe ich hier etwas gesucht, wo ich mich einbringen kann, was aber auch zeitlich passt. Und mit dem Müllsammel-Aktionen von Cleanup Network fand ich das eigentlich ganz cool, weil es nicht jede Woche ist, ich mein na klar man kann natürlich jeden Tag Müll sammeln gehen, aber die großen Cleanup Aktionen sind vielleicht einmal im Monat und im Winter natürlich weniger, weil der Boden meistens festgefroren ist. Und dann habe ich gemerkt, dass ich die Aktionen sehr cool finde und würde doch mehr Zeit in diese Projekte investieren. Ich habe jetzt niemanden davor gekannt, der da schon drinnen war und im September war ein großes Event auf dem Schlossplatz, wo eine Müllsammelaktion statt gefunden hat und ich hatte das davor schon so ein bisschen im Blick gehabt und habe dann auch angeboten da zu helfen. Seitdem bin ich sozusagen dabei. Ich bin außerdem Lehrerin, dadurch mach ich alles was das Pädagogische angeht. Ich arbeite gerade an einem Konzept, was wir an Schulen machen können. Da müssen wir schauen, wie wir die Kinder sensibilisieren können, weil die eigentlich ein riesiges Umweltbewusstsein haben. Das habe ich dann selber auch schon erlebt. Zum Beispiel waren wir auf einem Wandertag mit einer 2. Klasse und da mussten wir durch einen Waldabschnitt laufen und da sind wir halt zu einem Bauernhof gegangen und auf dem Weg dahin lag natürlich ganz viel Müll herum. Ich hatte eine Tüte dabei und hab halt einfach ein bisschen Müll aufgehoben. Die Kinder haben sich gefragt, was ich da mache. Ich hab dann gesagt, naja es ist zwar nicht mein Müll, aber für den Wald und die Tiere ist das auch nicht gut. Dann waren die Kinder voll begeistert und haben alle mit Müll gesammelt. Das ist so das bleibende Erlebnis gewesen. Das ist gerade so meine Aufgabe mit den Schulen etc. und das wächst halt immer weiter. Ich war jetzt auch am Dienstag diese Woche bei dem Martin Dolde, der auch in eurem Netzwerk als Partner ist und der ist in Stuttgart-Wangen und richtet bzw. bepflanzt die Beete und befreit sie auch von Müll. Der hat auch gemeint, dass das Wegwerfen von Müll hauptsächlich an der Erziehung liegt. Denn wenn die Eltern ihren Müll auf den Boden werfen, dann machen das natürlich die Kinder nach.

»Da gibt es auch einen Psychologen, Bandura heißt der. Der beschreibt auch so ein Lernmodell, also wenn z.B. der Vater seinen Sohn schlägt und ihn dann dafür schimpft, dass der Sohn dann in der Schule gewalttätig ist, bringt das natürlich nichts. Sondern er muss vorleben, wie man sich richtig verhält.« Ich bin auch in der Stadt groß geworden und es war immer so eine Sache, fass bloß nichts an was auf dem Boden liegt. Wer weiß, wer das schon alles in der Hand hatte. Diese Hemmschwelle etwas aufzuheben, was einem nicht selbst gehört und was man nicht selber weggeschmissen hat. Das habe ich jetzt in der Schule beim unterrichten erklärt, da liegt Müll rum im Klassenzimmer und ich weiß natürlich auch nicht von wem der ist. Dann sage ich zu einem Schüler: „Willst du das mal bitte aufheben, das gehört hier nicht auf den Boden.“ Dann sagen die Kinder: „Hä? das ist aber nicht meins.“ Deswegen versuchen wir das nicht mit einem pädagogischen Zeigefinger zu machen, mit: „Hebt doch mal das Zeug da auf“, sondern wir versuchen es halt selber zu machen und den Leuten zu zeigen, okay die machen das auch obwohl es nicht ihr Müll ist, dann mach ich halt einfach mit. Vielleicht nochmal als Unterscheidung, weil das fand ich am Anfang bisschen verwirrend, da arbeiten wir auch gerade ein bisschen an der Seite. Es gibt ja dieses Cleanup Network und es gibt Cleanup Stuttgart. Cleanup Network ist das Deutschlandweite, was aber auch hier von Thomas geleitet wird. Die Seite Cleanup Network und das Netzwerk macht Thomas seit ungefähr eineinhalb Jahren. Cleanup Stuttgart ist im Prinzip auch nur eine Unterorganisa24 — Interview: Constanze (Cleanup Network)


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tion von diesem Network, weil wir wohnen natürlich in Stuttgart, da machen wir natürlich auch eigene Aktionen und da gibt es auch diese Cleanups in Wangen, Bad Cannstatt und im Westen zum Beispiel. Da kommen meistens immer Leute, die sich dafür zuständig fühlen. Aber es gibt auch Gruppen in Berlin, die Thomas meistens irgendwie aufspürt und sie fragt, ob sie nicht Netzwerkpartner werden wollen. Damit wir uns zusammen mobilisieren können. Über dieses Netzwerk, was ja deutschlandweit ist, gibt es auch noch eine interne Gruppe, die sich halt immer wieder austauschen, wenn dann solche Petitionen sind zum Thema z.B. Silvesterböller, wodurch natürlich wahnsinnig viel Müll entsteht. Oder z.B. diese Aktion „Letzte Werbung“, da ist es aktuell so, dass man einen Aufkleber auf den Briefkasten kleben muss, wenn du keine Werbung willst. Das muss aber auch genau aufgeschrieben sein, was man nicht will, damit man halt nicht zugespamt wird. Mit der Aktion will man das aber umkehren, dass man einen Kleber auf den Briefkasten machen muss, wenn man Werbung haben will, damit einfach weniger Werbung produziert wird. Das ist dann natürlich etwas, wo er über dieses Netzwerk natürlich viel mehr Leute erreichen kann, weil die halt alle aktiv sind. Aber die Unterscheidung ist, dieses Cleanup Network ist dann deutschlandweit und Cleanup Stuttgart ist die Gruppe in Stuttgart. Aber das sind beides wir, also beides das gleiche Team.

Schild an einem Mülleimer mit integriertem Aschenbecher am Bad Cannstatter Bahnhof, welches im Zuge der Sensibilisierungskampagne von Cleanup Network installiert wurde

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Das ganze Cleanup Network Thema ist ja in kurzer Zeit ziemlich groß geworden. Man merkt halt, dass sich Leute da engagieren und dabei voll gut was erreichen können. Am Cannstatter Bahnhof gibt es Plakate bzw. da wurde diese Sensibilisierungskampagne realisiert. Es wurden Zigarettenbehälter angebracht, wo die Zigarettenstummel gesammelt werden können mit einem Behälter unten dran. Es waren sogar bei den Treppen an den Stufen waren auch Schilder angebracht, aber die sind schon wieder abgegangen, also die haben nicht so gut gehalten. Aber das ist auch ganz gut für uns zu wissen, dass wir das dann so auch nicht nochmal machen. Aber es ist auch ganz spannend zu hören, weil genau das ist das Problem das wir haben, dass wir überhaupt nicht wissen, wer das liest und wer das gar nicht mitbekommt. Aber wenn man wenigstens ein paar Leute erreicht, ist das auch schon gut. Bei den Cleanups sind ja meistens so 20 – 30 Leute, da kann man gut auch ins Gespräch kommen und man weiß dann auch ungefähr mit was für einem Wissen und was für einer Erfahrung die Leute dann da auch raus gehen. Die Hoffnung ist dann so ein bisschen, wenn man selber an einer Aktion mitgemacht hat, dass man selber den Müll nicht mehr wegwirft, vielleicht hat man das davor schon nicht gemacht, aber das man zumindest ein bisschen sensibler wird. Dann auch, dass man das anderen Leuten erzählt und dadurch ein Bewusstsein gegenüber dem Müll entwickelt. Ich habe auch relativ viele Raucher im Bekanntenkreis und ich finde auch, dass da jeder für sich alleine entscheiden kann, ich bin Nichtraucher, aber es ist jetzt auch nicht so, dass ich dastehen würde und sage, dass du keine Zigarette rauchen sollst bzw. nicht auf den Boden werfen sollst. Aber ganz viele von denen, mit denen ich auch gesprochen habe, war nicht klar, dass der Filter halt aus Kunststoff besteht. Es ist kein Plastik, aber es ist


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halt Kunststoff und da sind natürlich auch Giftstoffe drin usw. und wenn man jetzt mal schaut bei Bänken und Haltestellen, wenn man da einmal hingeschaut hat, dann kann man da auch nicht mehr wegschauen. Das ist da echt heftig. Auf der anderen Seite merkt man auch, dass die Leute auch annehmen, wenn da eine Möglichkeit ist, die Zigarettenstummel extra zu entsorgen, dann wird das auch größtenteils gemacht. Aber es gibt halt kaum solche Möglichkeiten und das ist auch so eine Sache, wo wir gerade auch immer wieder versuchen da irgendwie an die Stadt ran zu treten, vor allem für Haltestellen dann. Es ist halt immer so viel Bürokratie und das funktioniert deshalb nicht und da können wir das nicht machen und was weiß ich was noch alles immer dagegen spricht. Aber es ist eben solche Aufklärungsarbeit, dass man halt erstmal Infos sagt, wie: Leute, das besteht übrigens aus Kunststoff oder man sagt eine Zigarettenkippe sind halt 40 Liter Grundwasser, die dadurch verunreinigt werden können. Auch durch Regen allein, wenn man einen Zigarettenstummel in den Müll schmeißt, wird das ja dann durch den Regen wieder hinunter gespült, die Giftstoffe. Also wenn man das Bewusstsein hat, dann wird es einem schon ganz anders. Hast du mal in die Cleanup Stuttgart Gruppe bei Facebook reingeschaut? Da fand ich es auch ganz interessant, weil die Leute auch voll kreativ werden, z.B. aus Zigarettenstummeln halt irgendwelche lustigen Sprüche zu legen oder sowas. Man versucht damit natürlich auch auf den Müll aufmerksam zu machen, weil man sieht es ja nicht mehr, wenn man hier durch die Straßen läuft, aber ich habe es davor nicht wirklich gesehen,dass hier Müll rumliegt. Man ist voll daran gewöhnt, dass es schmutzig ist. Es kommt einem vielleicht auch gar nicht schmutzig vor, aber wenn ich so schaue, »Ich bin auch immer für Humor, also ich finde es hat eine gerade so die ganzen Grünstreifen, wie viel Müll da rumliegt. Und auch einfach so absurde Sachen, wo man denkt, wie man auf die größere Nachwirkung, wenn man Leute irgendwie lusIdee kommt so etwas einfach auf den Boden zu schmeißen. Es geht ja jetzt gar nicht, dass du hier deine Kippe hinschmeist, sondern tig auf etwas hinweist, als wie wenn man Leute in einem dass man das so ein bisschen unterschwellig macht. Und da finde ich solche humorvollen Aktionen mit Müll immer ganz witzig. negativen Ton kritisiert.« Wobei die,also das ist auch eineAktion die noch nicht lange läuft, erst ein paar Monate, da hast du vielleicht diese orangen farbenen Plakate gesehen. Stuttgart macht’s rein. Wobei wir die etwas kritisch sehen, aber für dich ist es ja trotzdem wichtig, weil es ja auch was mit Müllverschmutzung und auch mit Design zu tun hat. Warum seht ihr die kritisch? Für die hat es einen ästhetischen Wert für die Touristen, dass man sich halt raus putzt, es ist halt vor allem an so Orten, wo halt viele Sehenswürdigkeiten sind, Königstraße etc. Das Wort Umwelt fällt halt dort überhaupt nicht. Und wir machen es halt nicht, dass wir hier schwäbische Kehrwoche machen, sondern zu zeigen, dass es Umweltverschmutzung ist. Teilweise wenn du merkst, wie tief die Sachen auch schon im Boden drin sind, wenn man mehrere Schichten abträgt und immer noch Plastik raus kommt, das ist halt das wichtige für uns. Bei denen ist es halt eher so, dass es nach einmal aufräumen schön aussieht. Und auf der anderen Seite, das denke ich halt persönlich, ist es trotzdem Mittel zum Zweck, die machen es trotzdem, damit das Zeug dann weg ist, auch wenn die andere Beweggründe haben, aber es ist halt trotzdem gut für die Umwelt. Also ich habe jetzt vor Kurzem der Abfallwirtschaft eine E-Mail geschrieben. Mit denen haben wir auch eine Kooperation, weil die uns teilweise Zangen etc. zur Verfügung stellen vor allem halt. Müllbeutel glaub ich nicht, aber solche kleinen orangenen Mülleimer. Und das ist super hilfreich, weil wir das dann nicht kaufen müssen, sondern die das zur Verfügung stellen und dann haben wir auch die Kooperation, dass wir den gesammelten Müll an eine Mülltonne stellen dürfen. Den Zettel drauf kleben, dass wir hier ehrenamtlich Müll gesammelt haben im Zuge der Cleanup Organisation. Und dann holen die das ab. Das ist auf jeden Fall schon mal eine riesige Errungenschaft, dass das so reibungslos geklappt hat. Was dann auch immer ganz schlimm ist, ist wenn, das war auch auf der Karlshöhe der Fall, dass die von der Stadt die ganzen Wiesen mähen und dass die davor den Müll nicht wegräumen und dann alles zerkleinert wird und ist es erst recht schlecht. Dann bekommt man erst gar nicht mehr den Müll weg. Dann war da auch so eine Stelle und dann findet man halt hunderte Teile und wird einfach nicht fertig irgendwas aufzuheben. Dann ist es teilweise schon richtig in der Erde drin. Das ist auch an vielen Grünstreifen an den U-Bahn Strecken entlang. Das ist irgendwie alles auch wichtig, aber die schauen natürlich nicht, dass die an den Grünstreifen ganz an den Rand gehen und alle Zigaretten da einzeln raus picken. Die Kapazitäten haben die ja gar nicht, das ist auch irgendwie klar. Es wurden ja auch erst 100 neue Leute eingestellt. Aber die machen natürlich trotzdem nicht das was wir machen in dem Sinne, dass wir ganz konkret uns Stellen anschauen und das dort dann direkt aufheben und das ist dann auch irgendwie die Diskussion, ob man da nicht mehr Leute einstellt, die halt wirklich nur das machen. Sowas fällt immer wieder, aber das Problem ist halt, dass es dann wie so eine Strafarbeit ist und wir machen es ehrenamtlich und wollen kein Geld dafür haben. Dadurch ist es irgendwie auch etwas, das mehr wertgeschätzt wird in dem Sinne. Ich habe auch schon paar mal so Kommentare gehört, müsst ihr das hier machen, was habt ihr angestellt? Und ich dann so, ich mach das freiwillig und dann kam immer so, ja dann ist es cool. Aber es gibt ja auch manchmal so Vorwürfe, dass man mit diesen ehrenamtlichen Aktionen einfach nur das Müll wegwerfen unterstützt. Dann sagen die sich, wir werfen den Müll weg und die anderen räumen den ja eh wieder auf. Aber ich glaube, das wäre eher der Fall, wenn das bezahlte Leute machen, weil dann wird das ja gerechtfertigt, dass es sowieso weggeräumt wird. Bei uns ist es ja nicht so, dass wir jede Woche z.B. an der Karlshöhe aufräumen, sondern es sind halt 1 – 2 Mal im Monat irgendwelche Aktionen irgendwo und da ist ja eher so die Hoffnung, dass die Leute checken, okay der räumt gerade meinen Müll weg, unangenehm. Auch am Schlossplatz, Interview: Constanze (Cleanup Network) — 27


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Mädels, die ihren Salat gegessen haben und einfach diesen Plastiksalatbehälter mit 5 verschiedenen weiteren Plastiksoßen Behälter stehen lassen haben. Und wir waren da halt gerade Müll sammeln und haben das natürlich dann eingesammelt von denen und die haben dann ganz schön betreten geschaut. Ich weiß nicht ob es einen Lerneffekt hat, aber selbst wenn es ganz weit hinten ist, wenn sie dann mal darüber nachdenken, ist es schon gut. Vielleicht bringt es etwas mit der Zeit und wenn nicht dann haben das genug andere Leute mitbekommen. Am Schlossplatz sind ja eigentlich mehr als genug Mülleimer aufgestellt und trotzdem liegt im Verhältnis dazu noch relativ viel Müll herum. Müll ist eh so ein Phänomen, weil auch wenn es einen Mülleimer gibt, selbst wenn es dein eigener Müll ist, willst du den Mülleimer nicht berühren, wenn du es wegschmeißt, weil die Mülleimeröffnung zu eng ist und da willst du nicht ran kommen, denn wer weiß wer das alles schon berührt hat. Ich habe auch mit Kindern eine Diskussion gehabt, philosophische Gespräche nennt man das in der Schule. Da haben wir dann auch darüber philosophiert wann etwas zu Müll wird. Ein altes Kleidungsstück zum Beispiel, zu welchem Zeitpunkt ist das Müll? Und einfach über Müll reden, man muss sich darüber klar werden, ob man dann z.B. upcycling macht, es gibt da ganz viele Aspekte, die man da ansprechen kann und mit den Kindern diskutieren kann. Letzte Woche bin ich mit einer Freundin in der Königstraße und am Schlossplatz unterwegs gewesen und habe Passanten zu dem Thema Müllverschmutzung in Stuttgart befragt. Und es ist dabei heraus gekommen, dass hauptsächlich ältere Leute gesagt haben, dass es in Stuttgart sehr schmutzig ist und dass viel Müll auf dem Boden liegt. Andere Leute, die nur das eine mal in Stuttgart waren und nur einen kurzen Eindruck von Stuttgart hatten, die haben gemeint, dass es eigentlich sauber ist. Es ist eigentlich auch relativ sauber im Vergleich zu Berlin zum Beispiel, das ist schon nochmal eine dreckigere Stadt.

»Stuttgart putzt sich schon raus sozusagen, aber es ist ja so dieser oberflächliche Blick im Prinzip und wenn man dann mal bisschen genauer an den Straßenrand schaut oder einfach genauer auf den Boden, dann findet man hier genauso Müll.« Bad Cannstatt ist da schon wieder was ganz anderes, vor allem am Bahnhof, da ist es ganz schlimm. Da hatten wir letztens auch ein Cleanup zur Wasenzeit und da ist es schon nochmal auch bisschen anders, da war auch viel Unverständnis, warum wir das gerade machen. Es war total unterschiedlich, einige haben gesagt, dass es richtig gut ist, was wir da machen und die haben uns auch richtig gelobt. Ich war halt auch mit einer Freundin unterwegs und wir wurden so angeschaut und gefragt, was machen die da? Und ich dann halt so, wir sammeln halt Müll, das ist jetzt nicht so absurd. Wenn man z.B. eine Dose auf den Mülleimer stellt für die Zigarettenstummel, vielleicht würde das etwas bringen. Das frage ich mich auch, weil sobald solche Optionen bestehen, außer so Mülleimer, die so einen Ring oben haben. Da liegt ja eigentlich ganz viel immer Außenrum an Zigarettenstummeln und da habe ich auch immer das Gefühl, dass die Leute ihre Zigarettenstummel ordentlich wegwerfen würden, wenn etwas da wäre. Zwar nicht alle, aber zumindest ein Teil der Menschen, das macht ja schon was aus. Aber auf der anderen Seite ist die Frage, ob man so eine Option einfach anbringen kann. Dann heißt es wieder, nein das fördert dann das Rauchen und das wollen wir nicht, das ist ja ein Nichtraucherbereich an der Haltestelle. Aber dann denkt man sich wieder, aber das funktioniert doch nicht, es rauchen doch trotzdem alle. Das ist so ein bisschen die Diskussion, woran sie teilweise auch scheitert. Ich hab jetzt auch schon ein paar mal selbst Müll gesammelt und hab das dann in die Cleanup Stuttgart Facebook Gruppe geschickt. Da war ich dann zweimal bei mir in der Gegend und einmal war ich für eine Stunde Müll sammeln und dann habe ich gleich mal zwei von solchen 35 Liter Müllbeuteln voll bekommen. Bist du dabei alleine gewesen? Ja. Wie wurdest du so angeschaut dabei? Es sind halt nicht so viele Leute rumgelaufen, weil es ziemlich kalt war. Ich wurde auch noch nicht angesprochen dabei.Ich finde es schon schöner zusammen zu sammeln, es gibt ja auch dieses 5 Minuten Kehrwoche. Das ist ja dann auch irgendwie so ein Hashtag. Wie viel man in 5 Minuten aufheben kann. Das ist ja super schnell gemacht. Aber oftmals wird man auch verständnislos angeschaut, während wenn du so in einer Gruppe bist bei so einem Aufräum Event. Das hat halt irgendwie so etwas meditatives, du kommst so ein bisschen ins Gespräch mit Leuten, die da sind. Du lernst auch neue Leute kennen. Ist für mich auch total cool, ich bin hier her gezogen und bin zu so einer Aktion und hab direkt neue Leute getroffen und kennengelernt, die auch Wert auf Umwelt gelegt haben, die halt irgendwie auch mit mir auf einer Wellenlänge gewesen sind. Man hat sich dabei nicht so blöd beobachtet gefühlt, weil man halt in einer Gruppe war, das ist halt so diese soziale Begehrteit einfach. Aber es gibt auch so ein paar Aktionen, um das so ein bisschen anzuregen, z.B. nur 3 Dinge, das ist glaub ich auch deutschlandweit in Schulen, dass Kinder und Jugendliche auf ihrem Schulweg 3 Dinge aufheben und damit ist im Prinzip auch schon ein bisschen geholfen, wenn die dann pro Tag immer 3 Dinge aufheben. Aber vor allem geht es uns darum die Plastikteile etc. 28 — Interview: Constanze (Cleanup Network)


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Silvester Cleanup am 04.01.2020 organisiert von Cleanup Network auf der KarlshĂśhe in Stuttgart

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aufzuheben, das Laub ist jetzt nicht unbedingt das was hier stört. Es sind so ein bisschen diese zwei Pole, wobei es natürlich cool ist, ältere Leute auch dafür zu gewinnen und auch wenn die halt diesen Ästhetischen Wert haben, ist ja das Ziel trotzdem das Gleiche, das man halt die Sachen irgendwie wegräumt. Ich glaube es liegt halt auch daran, dass die älteren Leute den Vergleich zu früher haben und die meinen, dass es auf jeden Fall schlimmer geworden ist. Allein schon durch die Coffee to go Becher, von denen finde ich auch immer viele bei meinen Müllsammel Aktion. Ich habe jetzt auch gerade, dass ich so für das Schulprojekt Dinge sammle, die man halt so typisch findet, wie Zigarettenstummel, die habe ich in so einer Tüte drinnen oder auch einen Kaugummi oder einen Coffee to go Becher oder Kaugummi Papier. Dann sollen die Kinder im Prinzip überlegen, wie lange das braucht um halt zu verrotten. Weil das denen natürlich auch noch nicht klar ist, was das für zeitlich Dimensionen sind. Das es teilweise 100 Jahre braucht bis es vollständig verrottet. Das ist denen teilweise nicht klar, die denken halt das wird schon irgendwie verrotten. So Müllsammelaktionen werden ja auch des Öfteren belächelt und ich finde es persönlich auch sehr schwierig Leute zu finden, die mit mir zusammen Müll sammeln bzw. aufheben wollen. Ich finde es auch witzig, wenn ich immer erzähle, dass ich mich am Wochenende wieder treffe zum »Es ist halt so ein Thema über das nicht gerne gesprochen Müll sammeln und dann sagen die anderen immer nur erstaunt „Hä ok“. Aber ich finde es schon gut, dass es jetzt überhaupt so ein wird. Man will halt damit nicht großartig was zu tun haben. Bewusstsein entsteht. Nachhaltigkeit ist ja jetzt viel präsenter im Prinzip, da es jetzt auch Obstnetze gibt, die man zwar kaufen muss, Wir konsumieren zwar ohne Ende, aber man will sich nicht die man aber dann wieder verwenden kann. Für die Plastiktüten an der Kasse muss man ja was zahlen, oder die gibt es teilweise auch gar nicht mehr, aber die Obsttüten gibt es trotzdem immer damit befassen, was eigentlich danach damit passiert.« noch die ganze Zeit und dann kosten die teilweise einen Cent oder so, als kleine Bürde in dem Sinn. Aber ich sehe so viele Leute, die voll viele von diesen Tüten nehmen und die dann anstatt von normalen Plastiktüten nehmen, was dann auch nicht besser ist. Hat der Thomas Venugopal eigentlich die Initiative alleine aufgebaut?Also der Thomas ist schon die treibende Kraft und auch der Gründer, auf jeden Fall. Aber er macht das hauptsächlich mit seiner Frau zusammen und wir sind jetzt inzwischen ein relativ großes Team, aber von ihm ging das aus und er ist auch derjenige der natürlich alles in der Hand hat. Gerade aktuell versucht er aber so ein bisschen die Sachen abzugeben und zu verteilen. Deswegen ist bei uns zurzeit auch ein bisschen ein Umbruch, weil jetzt auch vier neue Leute dazugekommen sind im Sommer und das Team plötzlich doppelt so groß ist wie zuvor. Also bisher sind auch nur Frauen dabei. Seit kurzem gibt es ja auch diese Geldstrafen für das Wegwerfen von Müll Aber das Problem dabei ist dass es Niemand überprüft. Das ist natürlich dann Quatsch. Man kann davon ja halten was man will, aber wenn es diese Strafen schon gibt und es wird nicht kontrolliert, dann hat es auch null Lerneffekt und viele Leute haben davon noch nicht mal mitbekommen. Es wird ja auch gar nicht an die Öffentlichkeit getragen, z.B. mit Plakaten oder sonst was. Erstens müsste es natürlich public werden, dass es wirklich beschlossen ist und nicht einfach nur im Gespräch und dann müsste es Kontrollen geben. Selbst wenn man das nur eine Woche lang durchführt, wäre das glaube ich schon Lerneffekt genug, dass man jemandem im Bekanntenkreis hat, der dann sagt, dass er letztens beim Müll auf die Straße werfen erwischt wurde. Derjenige warnt dann möglicherweise die nächsten und so macht das dann auch die Runde unter den Menschen. Aber so wie ich das mitbekommen habe ist das Ganze noch gar nicht oder kaum durchgeführt worden. Der Martin Dolde hatte auch gemeint, dass man auch einfach nur mal punktuell für einen Tag Kontrollen durchziehen sollte und dann sehen was dabei raus kommt. Es gibt ja auch diese Blitzertage, wo dann angekündigt wird, dass an dem Tag vermehrt auf den Straßen geblitzt wird. Sowas würde bestimmt auch etwas bringen. Wobei ich nicht genau weiß, wie das mit den Kontrollen abläuft, weil es mit dem Datenschutz auch schwierig ist, man darf ja auch keine Fotos mehr machen ohne Einwilligung und dann hat man im Prinzip keinen Beweis, dann müsste man denjenigen auf frischer Tat ertappen und brauchst dabei vielleicht noch einen zweiten Zeugen. Also ich weiß nicht genau, wie das dann durchführbar ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass es vielleicht auch daran scheitert. Wie habt ihr die Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof organisiert? Thomas kannte da Jemanden von der Deutschen Bahn und der war an der Sache so interessiert und das war im Prinzip eine Privatperson, die bei der Deutschen Bahn diese Idee umsetzen wollte und hat dann die zuständigen Stellen bei der Deutschen Bahn von dem Konzept überzeugt. Es ist halt ganz praktisch, dass das Privatpersonen sind, die bei einem Unternehmen arbeiten und ihre Arbeitgeber oder Kollegen überzeugen, etwas zu machen, was jetzt nicht in den Richtlinien des Unternehmens vorgeschrieben ist. Derjenige hat dann gesagt, dass sie an den und den Stellen noch Platz haben, an denen wir das Projekt realisieren können. Wir haben glaube ich sogar ein Sponsoring bekommen und wir haben dann entschieden wie die Plakate aussehen sollen und wo wir was anbringen etc. An den Bahnsteigen waren Aschenbecher, aber keine Mülltonnen und dann hat Thomas gesagt, dass wir dort ein doppeltes System brauchen. Dort lag halt viel Müll herum, weil es keine Mülleimer gab. Dann haben wir diese Plakate angebracht mit dem: Sie haben gerade 40 Liter Grundwasser gerettet oder dem Spruch: 25 Minuten ist die durchschnittliche Gebrauchsdauer einer Plastiktüte in Deutschland. Danach ist sie 500 Jahre Müll. Die haben uns dort für das Projekt bzw. für die Kampagne ziemlich viel Spielraum gegeben. Interview: Constanze (Cleanup Network) — 31


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Und die Plakate waren dann auch in Ordnung dort in der Unterführung aufzuhängen? Ja, die sind ja da richtig festgeklebt. Die Deutsche Bahn hat uns da auch die Möglichkeit gegeben die dort aufzuhängen. Wir haben die dann angebracht und das war eine ziemlich anstrengende Arbeit solche großen Folien dort anzubringen, aber es war natürlich die Überlegung je größer, desto besser. Die Bahn hat uns sozusagen den Raum zur Verfügung gestellt, denn daran scheitert es ja meistens schon. Jetzt ist auch die Überlegung durch das Netzwerk das wir haben, den anderen Städten natürlich auch bewusst gemacht wurde. Zu überlegen, wer könnte bei so einer Aktion auch noch mitmachen. In Osnabrück ist es so ein bisschen im Gespräch zumindest, weil die Initiative der Netzwerkpartnerin dort auch Jemanden von der Bahn kennt. Also so ein bisschen nach dem Vorbild wie wir es hier gemacht haben und so versucht sie das jetzt auch umzusetzen. Dafür ist das Netzwerk sehr gut, wenn man sich gegenseitig Ideen zuspielt. Ich hatte auch mal ein Gespräch, wenn man auf dem Land wohnt, ist halt alles ein bisschen überschaubarer und man hat auch mehr im Blick was der andere so macht etc. und dadurch natürlich deutlich weniger Müll herum liegt als in größeren Städten, wo dich im Prinzip Niemand anspricht, wenn du z.B. deine Müsli Riegel Verpackung auf den Boden schmeißt, weil es ist ja alles irgendwie viel anonymer. Also auf dem Dorf liegt bestimmt weniger Müll auf dem Boden. Weißt du ob die Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof ein Erfolg war oder hat da irgendjemand etwas gesagt oder irgendwelche Rückmeldungen? Das ist ja das Problem, dass wir das halt kaum mitbekommen, ob die Leute dann darüber sprechen. Auf jeden Fall gab es ein bisschen Medienwirksamkeit, was ja immer gut ist und wir haben mitunter auch Leute, die bei dem Cleanup in Bad Cannstatt mit dabei waren zur Wasenzeit, die halt auch gesagt haben, dass sie die Plakate am Cannstatter Bahnhof gesehen haben und dadurch auf uns aufmerksam geworden. Aber wie viele das jetzt sind, das ist ja genau das Problem, dass wir nicht wissen, wie gut das ankommt oder ob es überhaupt ankommt bei den Leuten. Macht der Thomas das Cleanup Network inzwischen hauptberuflich? Nein, das macht er alles nebenbei als Hobby. Es kommen halt immer mehr Leute rein ins Team. Wir haben jetzt auch eine die sich vor allem um die Gemeinnützigkeit kümmert, also das Ganze mit dem Finanzamt abklärt. Dann die Frau vom Thomas, die sich auch vor allem bei der Aktion „Letzte Werbung“ engagiert. Diese Aktion ist deutschlandweit, dadurch hat sie viel Kontakt. Die Chiara ist z.B. bei den Grünen und versucht unsere Anliegen auch mal wieder zu positionieren. Wobei wir nicht mit den Parteien zusammen arbeiten. Wir werden die auch nicht als Netzwerkpartner aufnehmen. Aber wir nutzen auf jeden Fall jede Chance unsere Anliegen bei denen unterzubringen. Sobald irgendwo steht, dass wir mit den Grünen zusammen arbeiten, dann wirkt es so als ob die uns benutzen etc. Wobei da natürlich auch klar ist, dass da gemeinsame Interessen sind. Die Bella ist noch neu mit dabei, die ist bei der Presse und die schreibt bei uns auch dann die Artikel für unseren Blog. Das macht aber mitunter auch noch der Thomas, aber der versucht das alles langsam abzugeben. Dann haben wir noch die Maja, die übernimmt nach und nach die Social Media Arbeit, wo Thomas aber noch mitarbeitet. Und so versucht er die Aufgaben immer mehr abzugeben, auch weil wir immer weiter wachsen. Aber ich weiß nicht, wie der Thomas überhaupt Freizeit hat. Der macht das alles irgendwie nebenbei noch.Außerdem machen wir nach jeder Aktion dann ein Gruppenfoto, auch für das Gemeinschaftsgefühl natürlich, aber auch für den Blog, für Facebook etc. Ich finde es auch krass, je mehr ich mich mit dem Thema Müll auseinander setze, umso mehr habe ich das Gefühl, dass es auch etwas demokratisches ist in dem Sinne, weil du als mündiger Bürger damit Verantwortung für dein Leben übernimmst und partizipierst für die Gesellschaft und du bringst dich irgendwie ein. Es ist halt nicht mehr nur Müll aufsammeln, sondern du musst dafür sorgen, dass die Welt noch existiert, wie sie gerade ist, auch dann für unsere Kinder und Enkelkinder irgendwann mal. Wenn einem das bisschen bewusster wird, ist die Hemmschwelle auch nicht mehr so groß etwas dafür zu machen.

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Plakat in der Unterführung des Bahnhofs in Bad Cannstatt als Teil der Sensibilisierungskampagne von Cleanup Network

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»So eine Tüte muss 4 – 5 Mal verwendet werden und deshalb meine ich dieses Umdenken. Nicht nur dieses Schein gut tun, ich nehme jetzt eine Papiertüte statt der Plastiktüte. Nein! Ich muss informiert sein, dass diese Papiertüte auch eine Ressource ist, auch die muss richtig eingesetzt werden. Und zwar nicht einmal, sondern mehrere Male.« am 16.11.2019

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Stefan Keifer ist hauptberuflich Graikdesigner in einer Werbeagentur in Schorndorf und hat seine Initiative Global Plogging Mitte 2018 gegründet. Bei der Initiative handelt es sich um Joggen während man nebenbei Müll sammelt, welcher einem auf dem Weg auffällt. Mit seiner Initiative will er auf das Müllproblem aufmerksam machen.

Stefan Keifer, Grafikdesigner und Gründer von Global Plogging

Willst du mal kurz erklären was deine Initiative Global Plogging genau ist? Die Initiative ist daraus entstanden, dass ich sowieso immer unterwegs bin zum Laufen gehen und bei mir auf den Feldern so viel Müll liegt und ich weiß ganz genau, wo dieser Müll letztendlich landet, wenn wir ihn nicht sammeln. Er wird immer kleiner zerhäckselt und deshalb hat sich das so ergeben, dass ich einfach gesagt habe, ich möchte nicht länger wegschauen. Deshalb hebe ich den Müll auf und versuche auch immer wieder mal Leute dazu zu begeistern mitzukommen und einfach diese Müllblindheit bei den Leuten zu eliminieren. Gab es bei dir dann ein spezielles prägendes Ereignis? Ja, es hat in Stuttgart angefangen um den Max-Eyth-See herum, denn immer Sonntag morgens und Montag morgens sieht es dort aus als wäre dort Wasen Publikum gewesen. Das war so der springende Punkt, wo ich gesagt habe, ich kann das nicht mehr ertragen. Ich möchte es nicht mehr ertragen. Letzte Woche Dienstag habe ich ein paar Passanten zu dem Thema Müllverschmutzung in Stuttgart befragt und ein paar ältere Leute haben auch gemeint, dass es am Max-Eyth-See immer ganz schlimm ist mit dem Müll. Sonntag morgens und Montag morgens ist es dort echt brutal. Wie lange gibt es deine Initiative schon? In etwa seit 1,5 Jahren. Die Frage hat sich eigentlich erübrigt, aber kennst du Orte in Stuttgart wo besonders viel Müll rum liegt? Aber das ist dann wahrscheinlich der Max-Eyth-See oder? Ja, das auf alle Fälle, aber Bad Cannstatt ist auch sehr schlimm, was den Müll angeht. Aber mein Gebiet als ich in Stuttgart gewohnt habe, war halt der Max-Eyth-See. Was motiviert dich am Müll sammeln? Der Gedanke etwas verändern zu können und vor allem jetzt durch diesen Netzwerk Gedanken vom Thomas und immer mehr Leute die einsteigen. Dadurch gibt es mir auch Hoffnung nicht alleine zu sein. Kennst du Orte in Stuttgart, wo deiner Meinung nach Mülleimer fehlen? Es liegt nicht an der Menge der Mülleimer, sondern vielmehr an den Menschen. Es ist einfach die Ignoranz. Wir sind hier voll versorgt mit Mülleimern und allem drum und dran. In den Köpfen von den Leuten muss ein Umdenken stattfinden, ansonsten wird das nichts. Was war bisher dein beeindruckendster Fund beim Müll sammeln? Ich hatte noch nie diesen richtigen großen Fund, nur mal so ein D-Mark Stück, aber ansonsten nichts groß Beeindruckendes. Aber ich sage immer, man kommt beim Müll sammeln vom Hundertsten ins Tausendste, weil du siehst Müll am Boden liegen, dann bückst du dich hin und beim Hinbücken siehst du schon wieder den nächsten Müll. Da kommt man kaum voran. Es ist echt extrem. Aber es tut sich etwas, wenn auch nur langsam. Letztens gab es bei mir in der Nähe einen Lauf, also eine Laufveranstaltung und da habe ich nämlich gestern Becher von diesem Lauf noch im Gebüsch und so gefunden. Da wird demnächst auch etwas stattfinden, dass ich halt dort dann vielleicht Leute, die dort angetreten sind, mal auffordere, wie sieht es denn hier aus? Wir haben hier eine schöne Laufveranstaltung, aber die belastet auch unsere Umwelt und das geht ja nicht. Da ist so ein bisschen mein Plan, dass ich da ein paar Leute aus der Reserve locke. Dann glaubst du auch nicht, dass es an der Stadt Stuttgart liegt, dass hier die Müllverschmutzung schlimm ist? Nein eigentlich nicht, denn es ist der Mensch an sich. Die Stadt hat meiner Meinung nach hier schon sehr viele Vorkehrungen getroffen, aber wenn die Leute einfach nicht gewillt sind mal den Müll einfach in die Hosentasche zu stecken oder 10 Meter weiter zum nächsten Mülleimer zu tragen, dann kann die Stadt auch noch so viel aufstellen. 34 — Interview: Stefan Keifer (Global Plogging)


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Wilder Müll, den wir am 25.10.2019 auf einem Privatgelände auf der Karlshöhe gefunden haben

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Man sieht es ja auch am Schlossplatz oder an der Königstraße, es sind ja alle 5 Meter ein Mülleimer und trotzdem liegt daneben Müll auf dem Boden. Ja genau. Glaubst du ein Leitsystem würde etwas bringen, um den Leuten zu zeigen, dass an der jeweiligen Stelle ein Mülleimer steht? Hier oben im Gehirn muss das Leitsystem eingebrannt werden. Der Martin Dolde hatte auch gemeint, dass es eine Erziehungssache ist. Wenn die Eltern ihren Müll auf den Boden werfen, dann machen es die Kinder natürlich nach. Ganz genau. Deshalb ist dieser Gang zur Schule oder in Kindergärten auch so wichtig, das wäre genau das Richtige, um die nächsten Generationen irgendwie so heranzuziehen, dass wieder ein Bewusstsein da ist, ein gemeinsames Bewusstsein. Früher gab es ja diese typische Kehrwoche, die ja belustigt wird. Aber da war es vor dem Haus sauber. Was hältst du dann von Vorwürfen, dass sich Leute über solche ehrenamtlichen Müllsammel-Aktionen lustig machen? Also ich möchte jetzt nicht über diese Leute urteilen, die das so sehen, aber ich persönlich finde, dass man nur dadurch Aufmerksamkeit bekommt und man ruft dieses Problem, welches wir haben, noch mehr hervor. Woran glaubst du liegt es, dass es in Bad Cannstatt mit der Müllverschmutzung so schlimm ist? Ich möchte es eigentlich fast nicht aussprechen, aber es hat glaube ich echt so ein bisschen mit dem Bildungsstandard zu tun. Dass Leute dort ganz andere Probleme haben als den Müll und die Kippen, die dort auf dem Boden liegen, aufzuheben. Die kämpfen dann z.B. mit den schlechten Noten vom Kind oder mit der nächsten Miete. Da juckt die Menschen der herumliegende Müll natürlich nicht. Kennst du die Sensibilisierungskampagne am Bad Cannstatter Bahnhof von Cleanup Network? Ja, die kenne ich und finde sie sehr gut. Jeder schaut da drauf und es sind einfach zu verstehende Sätze oder Hinweise, finde ich super. Glaubst du das vielleicht Geldstrafen etwas bringen würden gegen die Müllverschmutzung? Also ich finde es gut, dass in Stuttgart diese Kippenstrafe nach oben gesetzt wurde. Ich finde es besser wenn es ohne gehen würde, aber ich glaube es ist schon gut um überhaupt auf das Problem aufmerksam zu machen. Andererseits ist das Problem auch, dass es zu wenig Personal gibt um das zu kontrollieren. Aber stell dir vor einer muss die Strafe zahlen, der und sein ganzer Freundeskreis wird davon erfahren und so würde das auch schon gut laufen. Also nicht nur der Einzelne, der die Strafe zahlt, sondern der wird das weiter tragen und somit wird vielleicht auch ein Umdenken bei den Leuten im Kopf stattfinden. Wenn natürlich nie was passiert, wenn man die Kippe auf den Boden wirft, dann wird da auch nichts passieren. Wem gibst du die Hauptschuld an der Müllverschmutzung? Der Bevölkerung. Der Handel kann natürlich auch was dafür, der kann das beeinflussen, also gerade bei den Coffee to go Berchern oder sowas. Aber letztendlich muss das Umdenken bei den Menschen stattfinden. Es wird jetzt schon vom Handel Papiertüten angeboten, gerade bei der Obst und Gemüseabteilung, aber wenn die Leute nach einmaligem Verwenden dieser Papiertüte, diese gleich wieder wegwerfen, dann hat es nichts gebracht. So eine Tüte muss 4 – 5 Mal verwendet werden und deshalb meine ich dieses Umdenken. Nicht nur dieses Schein gut tun, ich nehme jetzt eine Papiertüte statt der Plastiktüte. Nein! Ich muss informiert sein, dass diese Papiertüte auch eine Ressource ist, auch die muss richtig eingesetzt werden. Und zwar nicht nur einmal, sondern mehrere Male. Also bei mir z.B. um die Ecke beim Rewe, da gibt es halt immer noch Beides, die Papiertüten und zusätzlich immer noch die Plastiktüten. Das ist eigentlich auch ziemlicher Schwachsinn, weil die meisten Leute immer noch zu den Plastikbeuteln greifen. Die sind dann meistens auch als erstes weg. Das ist Gewohnheit und Bequemlichkeit. Was würdest du an die Menschen in Stuttgart appellieren bzw. an alle Menschen? Räumt euern Müll und eure Zigaretten auf. Versucht einfach ein bisschen bewusster durch das Leben zu gehen. Das tut allen gut. Foto: Copyright_ FTGRF Fotodesign

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»Fridays for Future, die Demos, es wird gerufen für die Umwelt und danach fahren wir mit Sonderreingung mit den Kehrmaschinen über den Schlossplatz, weil alles auf den Boden geworfen und liegen gelassen wurde. Und damit habe ich ein Problem, das ist auch unser Problem. Dieses Unrechtsehen bei Anderen und fordern, man muss etwas tun, aber selber wäscht man die Hände in Unschuld, weil man geschrien hat, dass man etwas tun muss, aber in Wirklichkeit tut man es nicht.« am 28.11.2019

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Ulla Allgaier und Andreas arbeiten bei der Abfallwirtschaft Stuttgart im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Sie sind in Kindergärten und Schulen präsent und führen den Kindern das Thema Mülltrennung näher, vor allem warum man trennen soll. Sie sind an der Gestaltung des Abfallkalenders beteiligt, haben die Abfall App entwickelt und sind für den Internetauftritt der Stadt Stuttgart zuständig.

Ulla Allgaier und Andreas, Öffentlichkeitsarbeit bei der Abfallwirtschaft Stuttgart

Was ist bzw. umfasst die Abfallwirtschaft alles? Also wir sind für die Abfuhr und die Sammlung von Abfällen und Wertstoffen zuständig, nicht in allen Bereichen, weil alles was Verpackungen anbelangt, ist Gelber Sack, d.h. es ist duales System. Diese Gelbe Sack Sache ist von der Gesetzgebung komplett anders behandelt. Es ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen der Firmen, die Verpackungen in den Kreislauf bringen und unterliegt einer wirklich privatwirtschaftlichen Grundlage. Während wir als Kommune ganz andere gesetzliche Voraussetzungen haben. Wir dürfen ja als kommunales Unternehmen keine Gewinne fahren. Also wir fahren mit den Gebühren immer plus minus Null. Wir dürfen auch Planungen einbringen, das muss durch den Gemeinderat genehmigt werden, müssen aber letztlich mit den Gebühren Null auf Null fahren. Wir haben hier zwei komplett unterschiedliche Systeme. Damit haben wir auch schon das erste Problem, nämlich wie man das dem Bürger erklärt. Denn das wissen die meisten nicht. Die meisten Leute sagen, dass wir auch für den Gelben Sack zuständig sind, was rein rechtlich nicht möglich ist. Damit haben wir auch schon das ganz große Problem, dass der Gelbe Sack eigentlich auch finanzierungstechnisch Verpackung ist und trotzdem meinen viele alle Kunststoffe gehören dort rein. Das ist dann dieser intelligente Fehlwurf. Also es ist ein ganz diffiziles großes Thema. Aber unsere Aufgabe ist im Prinzip dann da auch Verhandlungen zu führen, wie wird das gemanagt? Also wir arbeiten mit denen zusammen, wir haben keinerlei Weisungsbefugnis, wir müssen aber mit ihnen zusammen arbeiten. Was wir im Bereich Papier machen, die Papierabfuhr wird in Stuttgart von uns rein logistisch bewerkstelligt und die Abrechnung erfolgt entsprechend den Verpackungsinhalten an Papier mit dem dualen System. Also das sind Verhandlungssachen und Vertragsverhandlungen. Aber letztlich ist unsere ur-eigentliche Aufgabe dem Bürger deren Abfälle zu entsorgen und das auf Gesetzesgrundlage. D.h. Wertstoffe herausnehmen bzw. herausziehen. Dazu bieten wir ja die Wertstoffhöfe an und sind für deren Betrieb und alles zuständig, auch für die Vergabe dann der erfassten Wertstoffe an weiterverarbeitende Firmen. Also wir vergeben das dann an lizenzierte weiterverarbeitende Firmen oder zerlegende Firmen bzw. Recycling Bereiche. Das ist im Prinzip unsere Aufgabe und wir haben in Stuttgart, das ist wieder von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, wir haben die eigenen Fahrzeuge und eigenen Leute, die bei uns angestellt sind. Andere vergeben das logistisch an Privatfirmen, wie sie alle heißen Rhenus, Alba usw. Das ist eine Großsparte unserer Angaben. Eine weitere Aufgabe ist die Stadtreinigung, die uns obliegt, also im öffentlichen Raum und auch das ist aufgeteilt, für manche Parkanlagen ist das Garten-, Friedhofsamt zuständig und nicht wir bzw. wir wieder zum Teil im Auftrag. Das kommt immer genau auf die Stelle an. Dann sowas wie Schlosspark usw. ist Landessache, weil das ist gar kein städtisches Grundstück. Dann haben wir eigentlich was dieser nicht direkt öffentlicher Bereich ist, wie Königstraße oder sonst diese Sachen, das ist Anliegerverpflichtung erstmal. Das heißt wir haben eine Anliegerverpflichtung, dass jeder Anwohner den Bereich vor seinem Haus bis zur Straße praktisch sauber halten muss. Sogar in der Königstraße haben wir Anliegerverpflichtung, über einen bestimmten Streifen ist Anliegerverpflichtung, wobei wir ihnen den zwangsweise entnommen haben, so nach dem Motto wir fahren hier durch und ihr zahlt. Gerade in diesen Bereichen, das ist dann Reinigungszone 1. Das ist diese ganz wichtige Innenstadt Sachen und sowas. Und ansonsten aber Reinigung der Straßen, also nicht die Gehwege, denn Gehwege wie gesagt nur in bestimmten Bereichen, aber Straßen ist unsere Reinigungsaufgabe. Was dann wiederum bedeutet, im Winter, wir sind für den Winterdienst zuständig. Unsere Fahrer, die sonst im Sommer mehr oder weniger Kehr38 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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maschinen etc. fahren, die sind dann auch im Winterdienst eingeteilt. Also wir sind für den Winterdienst zuständig, alles was im Stadtbereich ist. Also in dem Moment, wo die Stadt zuständig ist und nicht das Land. Das geht dann in Absprache mit der Polizei, welche und da haben wir auch verschiedene Reinigungszonen. Diese Hauptverkehrsstraßen sind Winterdienstzone 1, also die müssen schon bevor man denkt es müsste schneien, müssen die gereinigt sein. Was wir noch machen sind sehr steile Wohnstraßen, weil Wohnstraßen nicht in unserer Verpflichtung liegen. Zu unserem Thema Abfall gehört dann aber noch dieses Wertstoffmobil und Problemstoffe usw., das ist alles Thema Abfall. Das Thema Einigung, wo wir jetzt waren, dazu gehört der Winterdienst und denen obliegen auch die öffentlichen Toilettenanlagen. Die von der Stadt betreuten Toilettenanlagen, deren Unterhalt, deren Reinigung usw., das ist alles auch bei uns. Das ist nicht über Gebühren finanziert, sondern über städtische Einnahmen, über Steuereinnahmen, das ist ein gewisses Kontingent, das dafür zur Verfügung gestellt ist. Das ist komplett aus städtischer Hand, so nach dem Motto, ihr habt o viel Geld und da hätten wir gerne die Leistung um das Doppelte. Dafür in diesem Geld ist dann auch der Einsatz der Maschinen, der Kauf der Maschinen, die Wartung der Maschinen usw. alles beinhaltet. Wo wir gleich beim nächsten Teil wären, die Abfallwirtschaft hat den kompletten städtischen Fuhrpark unter sich. Also alle städtischen Fahrzeuge laufen über die Abfallwirtschaft. Sowohl von der Anschaffung, als auch von der Wartung usw. Das sind so die ganz großen Teile der Aufgaben der Abfallwirtschaft und dann haben wir noch so einen ganz netten kleinen Teil, das ist der Fahnenverleih. Also wir haben hier im Prinzip so gut wie alle Länderflaggen, die ausgeliehen werden können gegen Gebühr oder was halt dann städtisch benötigt wird.

Ich beim Müll sammeln am 04.11.2019 in der Königstraße

Was gehört alles zum Wilden Müll? Wilder Müll ist im Prinzip alles was abgelagert wird, weggeschmissen wird und da nicht hingehört. Also im Thema Müll ist die Sperrmüllabfuhr mit drinnen und wir haben eine Truppe, die wirklich auf diese Wilden Müllstellen hinfährt, der aber nicht zum Sperrmüll angemeldet war, sondern einfach ausgestellt wurde. Das nimmt momentan alles überhand, es wird immer mehr. Es gab jetzt erst diese Marotte “zu verschenken“ und dann wird das alles raus gestellt, das ist übrigens verboten und strafbar. Mit dieser Kampagne Sauberes Stuttgart, das ja die Stadt da fährt, wurden nicht nur für uns bei der Reinigung einige viele Leute eingestellt und Maschinen gekauft, sondern es sind auch Leute im Vollzugsdienst eingestellt worden. Sogenannte Müllsheriffs oder Leute die das zur Strafanzeige bringen. Wir haben aber folgendes Problem, rein von der rechtlichen Seite können die fast nur dann wenn der Tatbestand beobachtet wird, auch was machen. Es ist nämlich eigentlich rechtlich sehr schwierig nachzuweisen. Selbst wenn sie an einen wilden Müll hinkommen und da ist die Adresse von jemandem mit dabei, dann heißt es: „Das weiß ich nicht, da hat mein Nachbar irgendwann mal was abgeladen etc.“ Also im Prinzip nur Ausreden am Ende. Also das ist keine Beweisgrundlage und das ist ein riesiges Problem an der Sache. Das fängt jetzt erst an und wir versuchen was zu machen, aber die “Müllsheriffs“ gehen zum Teil in Uniform, zum Teil aber auch

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in Zivil raus und es ist definitiv so, dass diese Bußgeldanzeigen bzw. Verwarnungsgelder in der Zwischenzeit doppelt so hoch sind wie in den Jahren davor, aber das sind halt diese kleinen Delikte, die wir bisher haben. Kleine Delikte sind aber auch dieses Zigaretten wegschnipsen, also Kippen. Das haben sie jetzt moderat angefangen, also die haben die Leute geschnappt und haben es bei einer Ermahnung belassen. Aber in der Zwischenzeit verhängen sie auch Bußgelder und das nimmt auch zu. Das ist z.B. was, was wir demnächst versuchen da bisschen mehr vorwärts zu treiben und dass das auch publik wird. Wir haben momentan die Strafen, die gibt es schon lange, aber dieses „Es passiert ja nichts“, das ist das Denken, dass wir gerade überall haben und das hat sich soweit eingeschlichen, dass es eigentlich schon gar nicht mehr als Unrecht gesehen wird. Gehört dann dieses Personal, das die Bußgelder verhängt auch zur Abfallwirtschaft? Nein, das ist das Amt für öffentliche Ordnung, weil die die Rechtsgrundlagen haben und ausgewiesen sind, das ist wie eine Art Polizei. Die haben die Rechtsgrundlage, dass sie das direkt verhängen dürfen. Das hat dann auch mit der Polizei nichts zu tun. Das ist im Prinzip wie die Knöllchen verteilen wegen falsch parken. Den obliegt also wirklich der ruhende Straßenverkehr in Stuttgart und alle diese Sachen obliegen dem Amt für öffentliche Ordnung. Auch für Leute, die auf der Straße Musik spielen, die sich angemeldet haben. Für Stände, die aufgebaut wurden, die nicht angemeldet sind. Das obliegt alles dem Amt für öffentliche Ordnung. Haben sie da Einfluss darauf, dass man da mehr Personal einstellt? Die haben jetzt erst mehr bekommen, aber nein da haben wir gar keinen Einfluss. Also die Abfallwirtschaft ist ein Eigenbetrieb der Stadt Stuttgart. Also die Stadt Stuttgart ist das große Haupt über all diesen, da gehört das Amt für öffentliche Ordnung auch dazu. Die Abfallwirtschaft ist aber kein Amt, wie die Hierarchien in der Stadt selber, sondern es ist ein Eigenbetrieb, das ist eine andere Rechtsform. Es ist praktisch so wie, als ob die Stadt Stuttgart der mehrheitliche Eigentümer ist. D.h. wir obliegen der kommunalen Gewalt, auch wenn wir etwas entscheiden wollen oder etwas bauen wollen, egal was und wenn es darum geht die Müllgebühren zu erhöhen, weil die Umlagen es einfach so erfordern. Das muss alles über die Stadt, in dem Fall über den Gemeinderat abgesegnet werden. Wir sind da mit allen Vor- und Nachteilen, im Prinzip ist unser oberstes Haupt die Politik in Stuttgart. Mit dem Vorteil, dass natürlich auch Sachen, die letztendlich rein wirtschaftlich nicht wirklich lukrativ sind, aber umweltpolitisch sinnvoll, wirklich gemacht werden können. Das sind Sachen, die ein Privatunternehmen so nicht machen würde, weil sie einfach drauf legen, wo wir sagen können, wir machen das aus umweltpolitischen Gesichtspunkten. Mit dem Nachteil, wenn die Politik sagt, dass es ihnen zu heikel ist, dann wird es halt nicht so umgesetzt. Also es hat alles Vor- und Nachteile. Aber rein von der Rechtsgrundlage her ist die Politik, neben dem Gesetz selbst, unser Gesetzgeber, die dann sagen, wird gemacht oder umgesetzt oder eben nicht. Vor ein paar Woche war ich in Stuttgart unterwegs und habe Passanten angesprochen auf das Thema Müllverschmutzung in Stuttgart und viele ältere Leute haben auch gemeint, dass diese Geldstrafen eigentlich ganz sinnvoll wären, aber dadurch dass es viel zu wenig Personal dafür gibt macht es wiederum wenig Sinn. Es wird deutlich mehr, kann ich sagen, weil ich die Zahlen gesehen habe. Es war bis vor 2 Monaten in diesem Jahr schon doppelt so viel »Das ist ein Problem, das hat jede Großstadt. Ich sage es Personal wie im Jahr davor. Das ist definitiv so, das vermehrt sich, die sind jetzt auch erst eingestellt worden und das ist jetzt auch ganz ehrlich, da brauchen wir die Hand nicht umdrehen, noch so dieser Tropfen auf dem heißen Stein, aber er ist immerhin ob das Hamburg, Berlin, München, Köln, nehmen sie alle in schon mal da. Jetzt ist es wirklich soweit, dass wir das erstmal so anlaufen lassen wollen und dann sind wir am Überlegen, wie wir das den Leuten verkaufen sag ich jetzt mal, in dem Bereich, dass dieser Größenordnung, sogar auch kleinere Städte.« wir ihnen wirklich zeigen und sagen, dass die Strafen definitiv verhängt werden. Also gehen die Menschen jetzt auch das Risiko ein, dass sie bestraft werden, weil bisher ist das noch sehr stillschweigend. Aber wir wollen auf jeden Fall schauen, dass wir das jetzt auch anhand von Zahlen etc. etwas publiker machen. Gibt es dazu schon konkrete Zahlen? Nein, gibt es noch nicht. Also keine, die ich belastbar heraus geben könnte. Wie sehen Sie als Abfallwirtschaft die Müllverschmutzung in Stuttgart? Ist die Müllverschmutzung besonders schlimm? Also rein bevölkerungsmäßig kleinere Städte, das ist eine Sache, die überall zugenommen hat im Laufe der letzten Jahre. Das ist ja nichts, was von gestern auf heute kam, sondern das hat im Laufe der letzten Jahre zugenommen. Es ist nur jetzt langsam wieder in aller Munde, weil Kommunen selber, die nämlich für die Reinigung zuständig sind aufschreien. Unsere Leute fahren morgens um 4 Uhr das erste Mal durch die Königstraße, dann bis 5 und 6 Uhr ist noch relativ ruhig und ab 7 bzw. 7.30 Uhr sagen sie, schaut es so aus wie davor, böse formuliert. Es ist deshalb jetzt so raus gekommen, weil auch die Kommunen schreien, wir können nicht mehr. Ich finde es hat der Mannheimer Oberbürgermeister so nett formuliert und es gab dann natürlich auch einen riesigen Aufschrei in der Presse, aber es ist auch so, er hat gesagt, ihr schreit, dass wir nicht sauber machen, aber wir sind nicht diejenigen, die den Dreck hingeworfen haben. Und das will ich jetzt, dass das auf keinen Fall falsch verstanden wird, es ist etwas was in den letzten Jahren vermehrt zugenommen hat, aber ich kann es keiner Altersgruppe wirklich zuschreiben. Ich kann es einer Partygesellschaft zuschreiben, weil ich sehe es ist an den Wochenenden, also von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag, ist es vermehrt in den gängigen Partyregionen vermüllt. Ja, aber ich kann es keiner Altersgruppe zuschreiben, weil ich von den 70-jährigen Omas und Opas, die Zigaretten wegschnipsen habe, bis zu den Jungen, die eine Flasche stehen lassen. Also ich habe es über ganze Generationen hinweg. Mir ist es aufgefallen, dass in der Zwischenzeit auch viele junge Leute, wo es immer heißt, die Jugendlichen würden den meisten Müll machen, das die 40 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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in der Zwischenzeit auf sehr viel Umweltschutz Wert legen. Aber es sind auch viele dabei und jetzt kommt mein knallharter Ausspruch, die das als Alibi nehmen und nur schreien und nichts tun. Das ist das, was ich auch schon Foodsharing gesagt habe, wo es darum ging, Fridays for Future, die Demos, es wird gerufen für die Umwelt und danach fahren wir Sonderreingung mit den Kehrmaschinen über den Schlossplatz, weil alles auf den Boden geschmissen und liegen gelassen wurde. Und damit habe ich ein Problem, das ist auch unser Problem. Dieses Unrecht sehen bei Anderen und fordern, man muss etwas tun, aber selber wäscht man die Hände in Unschuld, weil man ja geschrien hat, dass man etwas tun muss, aber in Wirklichkeit tut man es nicht. Ich denke das ist der Schritt, der ganz groß wieder kommen muss. Es sagen in der Zwischenzeit sehr viele Kollegen und es wird auch am Umweltministerium so gesagt, es gab eine Zeit, wo auf einmal das Trennen von Müll erstmal erfunden wurde, und dann hieß es wir trennen und wir mache und wir tun. Da hat sich jeder darum gekümmert und dann hieß es, ja das haben wir jetzt und dann wurde das Ganze aus den Augen aus dem Sinn verloren. Es war nicht mehr wichtig, es war ja da, man hat ja gemacht. Damit ist das aus dem öffentlichen Reden darüber weggekommen und ich denke, dass das auch ein Problem ist, wo wir jetzt versuchen wieder etwas zu machen. Aber es geht nicht nur auf Zeigen, ihr müsst reinigen, weil wie gesagt unsere Erfahrung ist, je mehr wir reinigen, dadurch verändert sich auch nichts, es sieht danach genauso aus wie davor. So nach dem Motto, es wird ja weggeräumt. Man hört ja immer wieder Vorwürfe von Leute, auch gegen ehrenamtliche Müllsammler, dass es unnötig ist, dass sie dort sauber machen, weil die Leute sich dann erst Recht denken, die Anderen räumen es ja dann eh wieder auf, da können wir unseren Müll ja hinwerfen. Einer von den Reinigern bei uns hat mir erzählt und er war sehr verärgert darüber, denn die müssen sich schon auch einiges gefallen lassen, dass er einen Mann gesehen hat, der einen Meter neben einem Abfalleimer gestanden ist und wirft dann den Müll trotzdem einfach auf den Boden. Dann hat er den Mann angesprochen: „Es steht doch ein Meter von Ihnen entfernt ein Mülleimer.“ Dann hat der Mann gesagt: „Wieso soll ich denn den Müll in den Mülleimer werfen, du kehrst den Müll ja sowieso weg, du hast ja sonst nichts zu tun.“ Es gibt wirklich ganz extreme Auswüchse in diese Richtung. Aber das ist wie mit Allem, es ist ein Teil, der so extrem auf der Seite ist und ein Teil der auf der anderen Seite extrem ist, wir haben da immer alles. Aber ich denke es ist ganz wichtig, dass wir die Eigenverantwortung der Leute wieder da hinbekommen, dass sich jeder Gedanken macht, was er tut. Da bringt es dann auch nichts noch mehr Mülleimer aufzustellen, wenn die Leute einfach nicht ihren Müll in den Mülleimer werfen. Genau das ist das Problem und in der Königstraße sind ja viele dieser Mülleimer unterirdisch. Das heißt das was oben sichtbar ist, ist ja nur die Einwurftube und unten haben wir 5 Kubikmeter Müllfläche drin. So oft wie die reinigen, dass ist in ein paar Stunden immer voll. Es wird vielleicht etwas reingestopft, was dann verkantet, das kann durchaus passieren, aber wir machen mit Absicht diese Müllzugänge bzw. Mülleimeröffnungen nicht größer, weil sonst wird der Hausmüll über die Art entsorgt. Der Bürger macht sich nicht so viele Gedanken, letztlich zahlt er so oder so, der sagt, ich nehme einen kleineren Mülleimer daheim, das ist für mich billiger, ich schmeiße dann meinen Müll in den öffentlichen Raum, dann wird das halt über die Steuergelder, die auch die Stadt zahlt, genommen. Also es ist nicht so, dass der Bürger wirklich was spart, er weiß es nur nicht, dass er nichts spart. Aber letztlich fehlen uns dann trotzdem irgendwo die Gelder. Was sind die Methoden der Abfallwirtschaft um gegen die Müllverschmutzung vorzugehen? Das betrifft jetzt mein Part und den meines Kollegen hier. Also dieses Team so wie es jetzt besteht, gibt es seit etwa 2,5 Jahren und in dieser Konstellation und mit dieser Zuständigkeit. Dieses Team gibt es ein Jahr länger als das Abfallberater Team, welches eingestellt wurde. Das ist auch gerade Folge eines 10 Punkte Plans, der mal beschlossen wurde von der Stadt um gegen den Müll vorzugehen. Dadurch wurden 4 Leute eingestellt. Seit 2,5 Jahren bin ich zu diesem Team als sozusagen halbe Person dazu gekommen, aber mit mir die Aufgaben für 1,5 Personen. Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit, sprich unsere Inhalte, also der Auftritt des Internets obliegt der Stadt, das ist an die Stadt gebunden, aber die Inhalte des Internets sind alles unsere. Wir haben damals diese Abfall App komplett bei uns entwickelt. Das ganze Thema Abfallkalender ist bei uns. Alles was Printmedien anbelangt ist bei uns. Internetauftritt, Facebook Antworten obliegt komplett der Stadt, wenn es aber unser Thema ist, schlägt das bei uns auf und wir geben dann Antworten an die Stadt, die diese dann wieder beantwortet. Also das Know-how liefern wir. Im Zuge dieses Müllproblems sage ich mal wurden diese 4 Stellen geschaffen und der ureigentliche Job war bzw. ist eigentlich an Schulen, Kindergärten oder zu Veranstaltungen zu gehen. Da waren wir schon bei kirchlichen Veranstaltungen, die zum Thema Müll und Abfall etwas hören wollen und wissen wollen. Viele wissen nicht wie komplex das Thema wirklich ist, weil daheim mache ich mir auch nicht die Gedanken, was da alles dahinter steckt, ein Otto Normalverbraucher hat da andere Sorgen, um sich jetzt wirklich mit diesem Hintergrundgedanken zu beschäftigen. Aber alle die ein bisschen mehr als das wissen wollen und fragen, da schauen wir dass wir Termine ermöglichen und hingehen. 2 von uns sind sehr viel in Kindergärten unterwegs, um zu sagen, dass die Kinder gleich lernen, was es bedeutet Müll zu trennen und warum trennen wichtig ist. Wir müssen auch vermitteln, dass so wie hier getrennt wird in Stuttgart, das für Esslingen oder Ludwigsburg nicht gleich gilt. Also für alle anderen Landkreise vielleicht durch Zufall genauso gleich ist, aber das es dort nicht wirklich genauso gilt. Das ist wieder eine Grundlage und eine Grundlage im Großen ist wieder das duale System und die Absprache der Kommune mit dem dualen System, wer was wie sammelt. Das ist unser Job. Vor allem in Schulen, wobei wir da sagen müssen, es sind Grundschulen, es sind 5., 6., 7. Klassen, aber an das Alter darüber ist gerade schwer dran zu kommen. Da gibt es dann die, die sich automatisch engagieren in dem Bereich und dann sagen, das ist mir wichtig, aber ansonsten ist es eigentlich fast nicht möglich dran zu kommen. Deshalb haben wir gesagt, es ist uns wichtig auch wenn die in das Alter kommen und schon wissen, dass es wichtig ist und warum es wichtig ist den Müll zu trennen und in den Mülleimer zu werfen und warum man nicht alles einfach wegschmeisInterview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft) — 41


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sen sollte. Dann haben wir schon viel erreicht. Das heißt wir machen einen Job, der ist nicht messbar. Das was wir heute tun, hat Auswirkungen in ein paar Jahren, wenn die Kinder größer werden. Wir sind in dem Sinne nicht messbar. Wir können nicht sagen, wir haben das und das schon erreicht. Es kann sein, wir kämpfen hier mit Windmühlen, ich hoffe es natürlich nicht. Ich meine wir sind alle soweit Idealisten, dass wir es immer noch probieren, aber es ist etwas wo ich nicht sagen kann, ich habe einen Erfolg. Das ist leider Schade, wäre toll, würde uns anders natürlich auch gefallen, aber wir versuchen wirklich mit den Leuten zu reden. Also wir kommen nicht mit irgendwie ihr müsst und Strafe usw., sondern wir kommen auf der Seite, es ist sinnvoll, es hat einen Grund und es ist wichtig. Mir ist es wirklich auf den Wertstoffhöfen so gegangen, Kinder, also so 4., 5., 6. Klasse, dann steht man da und ich sage wir sammeln Kupfer getrennt. Dann kommt von den Kindern, was ist Kupfer? Ja das ist das was in den Kabeln und Leitungen ist. Dann kommt: „Ja warum?“ – Weil Kupfer ein endliches Metall auf dieser Erde ist, habe ich gesagt, es ist sehr schwer abzubauen, da müssen welche wirklich ganz böse Bedingungen in Kauf nehmen und irgendwann gibt es das Kupfer nicht mehr. Dann sage ich immer, das betrifft mich nicht mehr, aber euch vielleicht mal und wenn dieses Kupfer nicht vorher gerettet wird und es gibt dann keines mehr, dann habt ihr keine Stromleitungen mehr, wo Strom durch kommt. Dann kam gleich von den Kindern zurück: „Dann kann ich mein Handy nicht mehr laden.“ Oder dann kommt: „Meine Playstation 3 geht nicht mehr.“ Ja, aber ihr könnt auch nicht kochen und ihr könnt keinen Kühlschrank nicht mehr betreiben. Ihr habt kein Licht, außer Kerzen dann wieder. Da hängt ganz viel dran. Das sind dann so Aha-Momente, wo man versucht zu erklären, dass kleine Sachen ganz wichtig sind, weil für jeden Einzelnen sieht man das nicht, man sieht als Einzelner halt auch keinen Erfolg bei dem was ich mache, wenn ich den Müll trenne und den Müll nicht auf den Boden werfe. Dann haben wir natürlich diese Pressemeldungen, die und die Mengen an Bergen von Müll wurden nach da und da verschifft. Das übersteigt unsere Zuständigkeit, die befolgen wir in sofern, dass wir versuchen diese Firmen, an die wir diese Wertstoffe wirklich getrennt übergeben, zu kontrollieren, was das für Firmen sind. Es wird immer schwarze Schafe geben, es gibt aber auch sehr viel Hype Presse. Wie gesagt, es gibt beide Seiten, es gibt die schwarzen Schafe, aber es gibt auch Hype Presse, wie: „Wir bringen nach China Müll.“ Ja haben wir Unmengen, war aber auch definitiv so, China war froh und hat die Sachen bei uns gefordert. Wir konnten gar nicht so viel liefern, wie die wollten zum Teil. Außerdem ist es so, dass China die weiterverarbeitende Industrie, diese Firmen hatte, die wir hier gar nicht haben. Also war es nicht so falsch zu sagen, dass wir es nach China bringen. Das ist jetzt gekappt, das ist gesetzlich alles verboten. D.h. wir müssen jetzt hier in Deutschland auch die Firmen für die Weiterverarbeitung von Müll aufbauen. Alles toll, aber wo bauen wir sie hin? Jeder der so eine Firma bekommen soll, schreit natürlich: „Nicht bei mir.“

»Unser Abfall geht in die Müllverbrennungsanlage, d.h. das was vorher an Wertstoffen nicht heraus genommen wurde, ist nachher kein Wertstoff mehr. Es geht komplett wie es ist in die Müllverbrennung.« Heißt aber danach, Metalle werden da noch raus gezogen, weil die kann man noch raus ziehen, aber das sind dann Konglomerate aus verschiedenen Metallen. Das ist kein edles Material mehr. So versuchen wir immer altersgerecht diese Dinge zu vermitteln, ich kann z.B. einem Kindergartenkind nicht erzählen wie das in der Müllverbrennungsanlage funktioniert. Unsere Erfahrungen sind auch, wir haben mit älteren Leuten gerade über so Kirchenveranstaltungen Kontakt gehabt, die sitzen dann da und die sind dann auch erstmal erschlagen. Da kommen dann oft sehr kritische Fragen, aber die Zeit die wir uns genommen haben, ist dann meistens eine Stunde, aber daraus werden dann immer 3 Stunden. Dann interessieren sich die Leute, aber das ist unser Ziel, weil die erzählen das dann wieder weiter. So versuchen wir an die Sache heran zu gehen. Das ist Aufgabe im Bereich der Abfallwirtschaft. Wir räumen den Müll weg, das ist der eine Teil, das ist der Job der Arbeiter und unser Job hier im Büro ist einfach dieses bekannt machen und darüber reden. Was wir haben, was diese Kampagne Sicheres und Sauberes Stuttgart anbelangt, die ist gar nicht bei uns. Das ist LOBK, das ist städtische Presseabteilung bzw. im Prinzip der Pressesprecher vom Oberbürgermeister Kuhn, die städtische Öffentlichkeitsarbeit ist da komplett dahinter. Die haben uns das zwar aufdiktiert und immer geschrieben, wann wir da zu sein haben oder wann wir was zu tun haben, wir haben das auch auf unsere Internetseite bekommen. Aber im Prinzip läuft das über die Stadt selber. Die Gelder für das Ganze wurden aufgeteilt, ein Teil wurde bei uns Personal beschafft und Maschinen und der andere Teil, was diese Kommunikation nach Außen anbelangt, also auch diese “Sauberes Stuttgart“ Kampagne, ist komplett städtisch und auch die Werbeagentur auswählen und was sie alles machen wollen, da haben wir nicht großes Mitspracherecht. 42 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)

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Restmüllheizkraftwerk in StuttgartMünster von außen

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Restmüllheizkraftwerk Münster Müllverbrennung in Stuttgart-Münster „Abfallverbrennungsanlage S-Münster Die Abfallverbrennungsanlage (AVA) liegt auf dem Gelände des Heizkraftwerks Stuttgart-Münster der EnBW Energie Baden-Württemberg AG am linken Neckarufer. Das Heizkraftwerk nahm 1908 mit drei Kohlekesseln und einer Turbine die Stromerzeugung auf und erfüllt damit eine Pionierfunktion für die Stromversorgung der Landeshauptstadt. Im Jahr 1935 kam die Fernwärmeerzeugung hinzu. Zuerst wurden die Fernwärmekunden nur mit Dampf als Wärmeträger versorgt, ab 1956 auch mit Heizwasser. Schon damals wurde zur besseren Brennstoffausnutzung der Strom und die Fernwärme vorwiegend gekoppelt erzeugt (Kraft-Wärme-Kopplung). Anfang der 1960er Jahre beschlossen die Verantwortlichen der Stadt Stuttgart aufgrund der geringen verfügbaren Deponiekapazitäten die Technischen Werke Stuttgart (Tochter TWS) mit dem Bau einer AVA zu beauftragen. Als geeigneter Standort bot sich das vorhandene Heizkraftwerk Stuttgart-Münster an. Durch die Anbindung an das bestehende Heizkraftwerk konnte der bei der Abfallverbrennung erzeugte Dampf in den bereits vorhandenen Turbinen zur Strom- und Fernwärmeerzeugung mit herangezogen werden. Das Heizkraftwerk Stuttgart-Münster gliedert sich in drei Teile: Das Steinkohlekraftwerk mit drei Kohlekesseln, die Abfallverbrennungsanlage mit drei Müllkesseln und die Gasturbinenanlage (3 HEL-befeuerte GT). Es ist als Sammelschienenkraftwerk ausgeführt, d.h. alle Kohle- und Müllkessel speisen Dampf von 60 bar und 500 °C auf eine gemeinsame Dampfsammelschiene. Von dieser Sammelschiene werden die drei Dampfturbinen (zwei Entnahme-Kondensations- und eine Gegendruckturbine) sowie alle weiteren Dampfverbraucher versorgt. Heute liefert das Heizkraftwerk Stuttgart-Münster Fernwärme für die Heizwassernetze Stadtmitte, Nord/West, Freiberg/Neugereut und Bad Cannstatt. Insgesamt wird eine maximale Fernwärmeleistung von rund 450 MW zur Verfügung gestellt, was in etwa dem Wärmebedarf von 90.000 Wohnungen entspricht. Das Restmüllheizkraftwerk (RMHKW) Stuttgart-Münster trug in der Vergangenheit entscheidend zur Entsorgung des Stuttgarter Müllbergs bei. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahre 1965 wurden bis Ende 2014 mehr als 14,5 Mio. t Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall verbrannt. Das RMHKW Stuttgart-Münster wird auch weiterhin ein wesentliches Standbein des Abfallwirtschaftskonzepts der Landeshauptstadt sein, um den nicht vermeidund verwertbaren, brennbaren Restabfall sicher, umweltverträglich und energieverwertend zu entsorgen. Maßnahmen zur Erneuerung und Ertüchtigung der AVA Stuttgart-Münster Die AVA wurde 1993 zur Minimierung der Umweltbelastungen mit einer leistungsfähigen Rauchgaswaschanlage augestattet, die Schadstoffe aus den Rauchgasen entfernt. Diese nasschemische Reinigung ergänzte die seit 1965 eingebauten Elektrofilter zur Staubabscheidung. Eine katalytische Entstickungsanlage sorgt für eine wirksame Reduzierung der Stickoxide. Auch bei den immer älter und damit reparaturanfälliger werdenden Müllkesseln war eine grundlegende Erneuerung unumgänglich. Schon Anfang 1994 ersetzte ein neuer Müllkessel (K26) einen der alten Kessel. Ende 1997 ist außerdem der neue Gesamtmüllbunker in Betrieb gegangen. Er verfügt über eine komplett geschlossene Anlieferungshalle, moderne Ein- und Ausgangswaagen, hochtechnisierte Kontrollmechanismen sowie großzügige Umladeeinrichtungen. Die stillgelegten Altkessel K28 (Ende 2006) und K27 (Ende 2007) wurden in 2007 durch zwei hochmoderne Kessel (K21, K22) ersetzt. Mit diesen neuen Müllkesseln konnte die ursprünglich vorgesehene Behandlungskapazität der Abfallentsorgungsanlage von 420.000 Tonnen pro Jahr (Bezugsheizwert 11.000 kj/kg) wieder erreicht werden. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag für eine zuverlässige, umweltverträgliche und wirtschaftliche Abfallentsorgung in Baden-Württemberg. Technische Beschreibung AVA Stuttgart-Münster gemäß Ertüchtigung Täglich werden im Durchschnitt rund 900 Tonnen Stuttgarter Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle inklusive entsprechender Abfälle aus den Landkreisen Rems-Murr und Esslingen > 900 °C verbrannt. Die Anlieferfahrzeuge kippen ihre Ladung in den Müllbunker. Zwei ferngesteuerte Greiferlaufkräne befördern den Abfall in die Aufgabetrichter zunächst in Scheren, von wo er über Bänder zu den Müllkesseln gefördert wird, wo er bei Temperaturen > 900 °C verbrennt. Die Rauchgase werden einer umfangreichen Rauchgasreinigung unterzogen, bevor sie über den 180 m hohen Kraftwerksschornstein an die Umgebung abgegeben werden. Die Rauchgasreinigung setzt sich aus einer Staubabscheidung (E-Filter je Kessel) und drei baugleichen Wasch- und einem Katalysatorteil zusammen. Die Müllkessel verfügen zur Staubabscheidung über elektrostatische Filter. Mit den E-Filtern ist eine Staubabscheidung von größer 99 % möglich. 44 — Restmüllheizkraftwerk

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In der Rauchgaswaschanlage durchläuft das entstaubte Rauchgas eine vierstufige Wäsche, in der im wesentlichen Chlorwasserstoff (HCI), Fluorwasserstoff (HF), Schwefeldioxid (SO2), Schwermetalle und Feinstäube abgeschieden werden. Durch Zugabe einer geringen Menge an Aktivkohle wird zusätzlich Quecksilber gebunden. Die ausgewaschenen Schadstoffe werden mit Natronlauge neutralisiert und als trockene Salze abgeschieden. Im nachfolgenden katalytischen Reinigungsteil erfolgt die katalytische Entstickung und die katalytisch oxidative Zerstörung der Restorganika, insbesondere der noch vorhandenen Dioxine und Furane. Mit diesem Rauchgasreinigungssystem lassen sich die Schadstoffemissionen auf ein Minimum reduzieren.“ 1

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Werkstoffliches Recycling

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35 % 9%

26 % Deponie

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18 % 16 %

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Kompostierung und Vergärung

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2000

2005

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Was passiert mit dem Siedlungsabfall? Deponierung, Verbrennung, Recycling und Kompostierung in Deutschland Quelle: https://www.euractiv.de/section/entwicklungspolitik/news/studie-mull-in-entwicklungslandern-erzeugt-enorme-mengen-treibhausgas/ 1

Abfallwirtschaftskonzept. Stuttgart 2016 Technisches Referat. AWS Abfallwirtschaft Stuttgart, Zugriff am 30.05.2020.

Zugriff am 01.06.2020.

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»Ich finde Müllsammelaktionen gut, weil alle die das ehrenamtlich machen, ziehen auch wieder in ihrem Umfeld Leute mit sich, die sich Gedanken darüber machen.« Was halten Sie von ehrenamtlichen Müllsammel Aktionen oder auch Organisationen? Wir unterstützen das ja auch indem wir die Müllsäcke liefern und Greifzangen zur Verfügung stellen und den Müll dann abholen. Wir finden das ganz wichtig, weil ich sage es ganz frech, würden alle in Stuttgart ehrenamtlich Müll sammeln, würden sie den Müll schon gar nicht erst weg werfen. Also ja, unterstützen wir. Also aus zweierlei Gründen, Punkt eins: der Dreck ist weg, Punkt zwei: es zieht im Umfeld sehr viel Bewusstsein nach sich und das ist aus meiner Sicht der Punkt, der auf lange Frist viel wichtiger ist. Also ich denke dieses Bewusstsein fördern ist sehr wichtig und zwar das Bewusstsein fördern nicht im Schreien, sondern eben auch im Tun. Da gibt es ja auch die Cleanup Stuttgart Initiative. Andreas: Also mit Thomas Venugopal arbeiten wir seit Anfang an so ein bisschen im Hintergrund zusammen, in dem Sinn, dass wir halt Material geben usw. Also mit dem bin ich relativ häufig im Kontakt. Wir sind auch dankbar, dass solche Aktionen regelmäßig stattfinden, weil der Thomas ja auch viel in der Öffentlichkeit macht, was wir in dem Sinn auch gar nicht so machen können und es wächst ja nach und nach und das ist für das Bewusstsein einfach super. Ulla Allgaier: Wir unterstützen jede Initiative gegen den Müll, egal welche Gruppe sich da zusammen tut, die sich an uns wendet. Da wird das wirklich mit der Betriebsstelle ausgemacht, die Zangen werden da und da hingeliefert und die Säcke und wir holen die vollen Säcke dann da oder da ab. Das machen wir mit allen. Also wenn das der Hundesportverein dort ist, oder der Sportverein da, wer sich an 46 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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uns wendet, wird unterstützt und wir dürfen das schon gar nicht an eine Vereinigung festmachen. Als Kommune haben wir den Auftrag, entweder wir machen es für alle oder gar nicht. Wir dürfen keine Partei ergreifen, sage ich jetzt mal ganz vorsichtig. Deshalb dürfen wir auch nur zu einem gewissen Rahmen unterstützen. Wir dürfen jetzt nicht eine Gruppe finanziell unterstützen, weil unsere Gelder werden ja wiederum über diese Gebühren, also von jedem Einzelnen bezahlt, der bei uns angeschlossen ist und sein muss. Deshalb müssen wir über unsere Gelder auch zu jedem Jahresende offen legen und sagen was wurde für was ausgegeben. Also das kann jeder einsehen und deshalb können wir nicht einzelne Bereiche irgendwie so unterstützen, aber wenn wir jetzt sagen, wir unterstützen alle, was wir auch tun, dann nicht mit Geld oder Leuten bzw. Personal, die da mitlaufen, aber zumindest insofern mit Personal, dass wir den gesammelten Müll dann auch abholen. Da gibt es ja auch diese Müllweg App, die wurde unter anderem für diese Cleanups gemacht und da kann man irgendwie anmelden, dass der Müll dann abgeholt wird von den Müllsammel Aktionen. Andreas: Das ist aber eine deutschlandweite App, die dann quasi je nachdem wo das dann hingeschickt wird, die jeweilige Kommune informiert. Das ist grundsätzlich natürlich gut, dass es so etwas gibt, aber bei uns gibt es da eigentlich noch einen schnelleren Weg über Gelbe Karten usw. Mit der App hat man dann halt noch einmal eine Zwischenstation, wo sich das dann mitunter ein bisschen in die Länge zieht, bis das dann wirklich an den richtigen Stellen ankommt. Ulla: Oder an die AWS eine E-Mail schicken an den Kundenservice schreiben, Sammel Aktion findet da und da statt und dann setzt sich jemand mit derjenigen Person auseinander. Andreas: Diese Müllweg App hat dann einen Vorteil, wenn man nicht bloß in einer Stadt oder Kommune unterwegs ist, sondern mal hier mal dort, wo dann halt nicht jedes Mal eine Adresse gesucht werden muss, sondern das über die App funktioniert. Aber ich meine wenn man nur in Stuttgart unterwegs ist, dann geht das über die Gelbe Karte oder direkt an die AWS melden, am einfachsten und sinnvollsten. Aber wenn man dann direkt über die E-Mail an euch das anmelden würde, dass man an dem jeweiligen Ort die Müllsäcke ablagert, dann würde da jemand kommen? Oder wie lange dauert das? Also es wäre gut wenn wir es vorher wüssten. Also nicht anrufen, wir haben gesammelt und die Müllsäcke stehen jetzt da. Das ist ein bisschen undankbar. Es wäre gut, wenn wir das am besten eine Woche oder etwas länger vorher wüssten. An dem Ort ist eine Müllsammel Aktion und dann gibt man der Betriebsstelle Bescheid und die meldet sich dann meistens auch und macht es aus oder es läuft über uns. Andreas: Das Cleanup Network hat beispielsweise einen Direktkontakt mit der Betriebsstelle, also die sprechen sich dann schon ab, dass da an dem Tag eine Aktion ist und dass dort halt der Müll abgestellt wird. Dass unsere Betriebsstelle dann einfach schon weiß, dass da mehrere Säcke stehen. Wenn man privat sammelt, da ist es dann gut wenn man den gesammelten Müll über einen öffentlichen Mülleimer entsorgt, es sei denn es sind so große Mengen, dann ist es halt gut wenn man direkt Bescheid gibt. Wie schaut ihrer Meinung nach ein perfekter öffentlicher Mülleimer aus? Soll ich ehrlich sein? Anders als das, was uns vorgeschrieben ist. Ich denke es macht Sinn, es sollte kein riesiges Teil sein, weil wie gesagt, sonst ziehen wir den Hausmüll rein und das ist nicht Sinn und Zweck der Sache. Das wäre auch unfair den Bürger sonst gegenüber. Aus meiner Sicht muss die Häufigkeit gegeben sein, was eigentlich vorhanden ist meistens sogar. Und jetzt kommt etwas, was aus unserer Sicht eigentlich richtig wäre, sie sollten schreiend bunt und auffallend sein und da haben wir ein Nein der Stadt. Allerdings hat sich da die Stadt selbst umgangen, indem sie jetzt die Aufkleber auf die Mülleimer aufgeklebt haben, weil die dürften eigentlich nicht bemalt und nicht beklebt werden usw. Da haben wir von dem Amt, das für das Stadtbild zuständig ist ein “Nein“ bekommen.

»Eigentlich müssten sie wirklich bunt und auffallend sein, weil wenn die alle gleich aussehen, sind sie Sachen, die komplett im Stadtbild verschwinden und die nimmt man nicht wahr. Dann laufe ich am Mülleimer vorbei und registriere gar nicht, dass einer da stand.« Deshalb sollte der Mülleimer auffällig sein und schön ist immer Geschmacksache. Es gibt andere Kommunen, die fahren genau diese Sachen, Berlin hat da gerade eine Kampagne mit total lustigen Sprüchen, Hamburg hat geile Sprüche auf den Abfallbehältern. Da werden die wahrgenommen allein indem man den Spruch liest und damit gehören die automatisch zum Leben dazu. Stuttgart ist noch auf dem Versteckmodus. Aber die Mülleimer zu bekleben oder zu bemalen darf man dann gar nicht? Wir dürfen es nicht, es ist uns verboten. Es ist verboten diese Behälter zu bemalen. Es gab Aktionen, wo Klassen das mal gemacht haben und Schüler. Da wurden dann Ausnahmen für 3 Behälter gemacht, aber Stand ist, dass wir nicht dürfen. Also wir haben da ganz feste Vorschriften oder auch einfach politische Wünsche, die dann auch umgesetzt werden können/dürfen/müssen. Da haben wir eigentlich nicht die Freiheit, die wir gerne hätten. Wie ist es mit Aschenbechern an Mülleimern, denn die sind auch ganz wichtig an so einem Mülleimer? Wird jetzt immer mehr, die neuen Mülleimer, die wir uns anschaffen haben alle schon einen Aschenbecher dabei. Jetzt muss man natürlich aufpassen, wir haben auch noch das Problem mit der SSB. In den ganzen Haltestellenbereich Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft) — 47


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sind nicht wir zuständig. Das ist wieder SSB Sache, die sich bei manchen dagegen weigert mit den Aschenbechern. Aber die von uns jetzt neu aufgestellten Mülleimer, die werden definitiv Aschenbecher haben. Andreas: Also diese SSB Mülleimer leeren wir normalerweise im Auftrag der SSB, aber wir sind eben nicht in dem Sinne zuständig, wie der Mülleimer auszusehen hat. Ich möchte noch etwas zu dem perfekten Mülleimer sagen.

»Man kann es grundsätzlich nicht beantworten, welcher Mülleimer perfekt ist, weil der auch den jeweiligen Bedingungen vor Ort entsprechen muss. Also auf der Königstraße muss ein öffentlicher Mülleimer anders ausschauen als in einer Parkanlage.« Auf der Königstraße haben wir ja die Mülleimer unter der Erde, also quasi die Unterflur, weil welche die nur überirdisch stehen, das würde nicht funktionieren. Ulla: Am Max-Eyth See gibt es ganz große Container, da gibt es 5 Kubikmeter Container, die frei stehen. Andreas: Im Idealfall ist ein Aschenbecher dabei, der Mülleimer sollte nicht brennbar sein, der Mülleimer sollte oben einen Deckel haben, damit es nicht rein regnet oder damit keine Krähen oder so hinkommen, die dann auch gerne mal Müll klauen und verstreuen. Je nachdem muss ein Mülleimer andere Anforderungen erfüllen und den perfekten Mülleimer gibt es gaube ich nicht.Dann kommt es halt darauf an, wie die Leute damit umgehen. Wir haben mittlerweile so Behälter gerade am Marienplatz, sogenannte Presshaie, die quasi solarbetrieben sind. Die werden aber massiv demoliert und die sind halt recht teuer und wenn die sofort kaputt gemacht werden, dann ist das natürlich schwierig. Ulla: Die Solarplatten werden besprüht und dann funktioniert alles nicht mehr. Also wir kämpfen da auch wirklich gegen Vandalismus an, knallhart. Wir haben z.B. die Unterflur Behälter in der Königstraße, die haben ja so einen runden Deckel, wo wir dann mit dem Saugrohr rein gehen. Das müsste eigentlich abgeschlossen sein. Aber wir schließen es nicht mehr ab, weil immer wenn wir ein Schloss dran haben, ist es 3 Stunden später aufgebrochen. Da kämpfen wir gegen Vandalismus an. Diese Presshaie, die sind wirklich schweineteuer und die sind schneller kaputt als richtig im Einsatz. Es ist frustrierend. Aber normale Mülleimer werden nicht so beschädigt wie die großen Presshaie oder wie ist das? Naja aber die sehen dann aus wie Sau. Die werden besprüht, die werden beklebt, also es ist nicht so, dass es denen gut geht. Ich weiß nicht warum, aber es ist extrem. Wäre ihrer Meinung nach ein Leitsystem oder eine andere Form der Aufmerksamkeit für Mülleimer sinnvoll? Beispielsweise mit Schildern, Plakaten, Pfeilen? Also ehrlich gesagt, glaube ich das nicht. Der Illusion bin ich schon beraubt, weil wenn ich oft sehe, wenn die Leute auf der Bank sitzen und da daneben ist ein Mülleimer. Die sitzen aber auf der anderen Seite der Bank und dann werfen die Leute es lieber auf der Seite auch auf den Boden, bevor sie den Müll auf der anderen Seite der Bank in den Mülleimer werfen. Und derjenige oder diejenige kann dabei nicht sagen, dass sie den Mülleimer nicht gesehen hätten. Ich weiß es nicht, ob mehr Aufmerksamkeit für einen Mülleimer etwas bringen würde. Andreas: Also wahrscheinlich nicht dauerhaft, es hat vielleicht einen kurzfristigen Effekt, dass es mal was Neues ist oder eine Aktion kann man ja auch mal machen, spielerisch den Müll weg werfen. Es gibt ja auch so tolle Videos, wo wenn jemand seinen Müll richtig in den Mülleimer wirft, dann eine Blaskapelle hinter der Hecke vorkommt. Sowas ist schon mal nett, um kurzfristig eine Aufmerksamkeit zu erregen, aber auf Dauer wird das auch nicht funktionieren. Warum ist es so, dass Bad Cannstatt bzw. vor allem die Bahnhofsregion in Bad Cannstatt bisschen vernachlässigt wird, was die Reinigung anbelangt? Für Bahnhöfe sind wir nicht zuständig. Alles was die Bahnhöfe anbelangt, da ist die Deutsche Bahn selbst dafür verantwortlich und zuständig. Für die Reinigung der Bahnhöfe ist normalerweise auch komplett die Bahn zuständig. Ich weiß, dass der Bahnhofsvorbereich von uns gemacht wird, ist aber auch extrem schwierig. Klar während den Volksfesten und den ganzen Veranstaltungen, da haben wir viele alkoholisierte Leute, die dann meinen, sie müssen dann Mülleimer demolieren usw. Das ist dann irgendwann auch eine finanzielle Frage, ganz knallhart gesagt. Das muss ich jetzt sagen, unsere Reinigung hatte bis vor 2 Jahren seit 15 Jahren eine Budgetdeckelung drinnen, die bei allen Steigungen, die sonst normal gängig sind. Das Budget war komplett gedeckelt. Es war auch schon immer so ausgelegt, dass sie eigentlich mit ihren normalen Aufgaben nicht zu Rande kommen. Das ist jetzt auch aufgeweitet und im Zuge dessen auch erhöht worden, weil es jetzt auch bewusst, auch von der Politik wahrgenommen wurde, dass es wirklich notwendig ist. Aber wir unterliegen einer Geldfrage. Wenn ich andauernd Presshaie oder sonst etwas reparieren lassen muss, dann geht das auch nicht mehr. Also wir sind wirklich in dem Bereich, dass wir da auch trotz der ganzen Erhöhungen und der Reinigung, die jetzt erweitert wird, wirklich am Limit fuhren und wahrscheinlich auch jetzt nicht allzu große Sprünge machen können. Das betrifft dann auch diese öffentlichen Toilettenanlagen, genauso wie die Ansammlung von Papierkörben oder sonst etwas. So ein Mülleimer kostet halt 500 € und das rechnet man mal bitte hoch. Das ist nicht eine Lappalie, die ich zerstöre, sondern das ist wirklich sehr viel Geld. Von daher ist auch die Frage, wann kann ich wie viel Geld ausgeben und das Thema Personal, ich kann nicht die Leute nur abstellen, damit sie die Mülleimer dann reinigen und reparieren. Dafür ist eigentlich gar kein Personal vorgesehen. Das Personal ist hauptsächlich für die Säuberung der Straßen und für die Abholung von Müll zuständig und nicht für die Reparatur irgendwelcher Mülleimer. Also da unterliegen wir einfach auch dem Spielraum des Finanziellen. 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Kennen Sie die Sensibilisierungskampagne von Cleanup Stuttgart am Bad Cannstatter Bahnhof? Also ich habe davon gehört, aber ich kenne sie nicht wirklich. Also da gibt es Plakate und Schilder, die haben da auch mit der Deutschen Bahn zusammen gearbeitet. Das weiß ich und ich weiß auch, dass sie Plakate und Schilder gemacht haben, aber ich kenne die Schilder nicht. Die haben da auch extra so Aschenbecher aufgestellt und dann oben darauf die Schilder angebracht mit: Sie haben gerade 40 Liter Grundwasser gerettet. Und wenn es nur 20 Liter sind, ist ja egal, es sind trotzdem ein Haufen und diese Restkippe, die irgendwo rum liegt ist ganz extreme Umweltverschmutzung, weil die Vögel die mitnehmen und die sind auch nicht ohne weiteres aufsammelbar. Im Pflaster, kann unsere Kehrmaschine die nicht raus saugen, weil wenn wir die Kehrmaschine stärker einsetzen, ziehen wir das Pflaster raus. In diese Fugen, da kommt man nicht rein. Also es ist extrem schwierig diese Kippen raus zu sammeln. Wenn wir das Abends raus nehmen, die putzen das dann immer oben und heben das auf und wenn wir das abends raus nehmen, dann ist der Sand zwischen den Pflastersteinen noch komplett voll mit Kippen. Gerade Zigarettenkippen sind etwas was auch durch die normale Reinigung nicht ohne weiteres entfernt werden kann. Kaugummis sowieso nicht. Es gibt ja auch diese Kaugummi Tafeln an Haltestellen? Von wem wurden die eigentlich angebracht? Das war eine gemeinsame Sache mit der SSB um mal zu testen ob es etwas bringt, dass sie dann nicht am Boden landen. Was aber jetzt im Zuge dieser Neuanschaffung von Maschinen und Personal dazu gekommen ist, sind 2 Maschinen, die zur Kaugummi Entfernung angeschafft werden. Da reden wir aber von richtig viel Geld für diese Spezialmaschinen. Ich weiß nicht wo wir da liegen, aber ich glaube wir liegen bei um die Million rum für so eine Maschine. Das sind Fahrzeuge, die über Spezialkehrdampfbenzin reinigen, weil anders bekommt man die Kaugummis gar nicht mehr weg. Andreas: Das mit diesen Kaugummi Tafeln oder es gibt ja auch für Zigaretten diese Ballot Bins, wo man quasi abstimmen kann, z.B. wer ist der bessere Fußballer, Messi oder Ronaldo und dann jeweils dort seinen Zigarettenstummel einwirft. Die gibt es an verschiedenen Stellen in Stuttgart, das wurde dann zum Teil über den Jugendrat und diesen Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart organisiert, auch in Kooperation mit ein paar Clubs. Das ist auch eine nette Spielerei, die dann an dem Ort durchaus angenommen wird, aber auch keine flächendeckende Lösung ist. Die für 4 Meter weiter schon nicht mehr gilt. Aber so kann man auch ein bisschen spielerisch mit dem Thema umgehen. Es löst aber leider das grundsätzliche Problem nicht. Grad bei den Kippen ist es eine Bewusstseinssache, vielen Leuten ist es einfach nicht klar, dass halt eine Zigarette auch schon ziemlich starke Auswirkungen auf unsere Umwelt hat. Da ist sicherlich noch viel Bedarf und von daher ist auch in Bad Cannstatt am Bahnhof die Sensibilisierungskampagne ein Ansatz. Alles was in diese Richtung geht und das Thema irgendwie öffentlich anspricht und verbreitet ist gut. Auch mit diesen bis zu 40 Litern Grundwasser, die verschmutzt werden, wenn man eine Kippe auf den Boden wirft, mit der Zahl kann man arbeiten, dass die natürlich in der Realität nicht unbedingt wirklich ran kommt ist die andere Sache. Oder dass eine Kippe hier weggeworfen wird oder in der Natur andere Auswirkungen hat, das ist jetzt an der Stelle mal komplett egal, das Thema wenn öffentlich gemacht wird ist gut und wichtig und jede Zigarettenkippe, die dadurch nicht auf dem Boden landet, ist natürlich ein Erfolg. Da ist aber noch viel zu tun, gerade bei dem Thema Zigaretten. Würde ein Pfandsystem für Zigaretten sinnvoll sein? Ulla: Wir haben so viele Pfandsysteme und wenn ich mir den Müll anschaue, der da andauernd auf der Straße liegt, dann interessiert das gar nicht groß, ob das ein Pfand hat der nicht. Das macht nur dann Sinn, wenn das Pfand so hoch wäre. Da müsse das Pfand für so eine Kippe extrem hoch sein und ich behaupte mal, dass es dann schwierig ist, wenn da dann einer 100 Kippen abgibt zu zählen wie viele das dann sind. Aber das wäre dann deren Problem, aber Pfand macht nur dann Sinn, wenn die Leute das wirklich so wollen und annehmen, d.h. wenn ich jetzt z.B. Zwangspfand auf Zigaretten hätte, die Leute müssen gezwungen sein dieses Pfand auch zu zahlen. Es kommt nur dann zurück wenn das Pfand so hoch ist, dass es lukrativ ist. Also mit ein paar Cent Pfand, macht man heute gar nichts mehr, weil die Flaschen, die dann immer noch rum liegen mit 15 Cent Pfand oder sonst was, das interessiert keinen mehr, ob ich jetzt auf 15 Cent pfeife oder nicht. Ich war bei einer Plogging Aktion auf der Karlshöhe und da sind wir dann an eine Stelle gekommen, an der schon ziemlich viel Laub war und darunter waren ganz viele kleine Teilchen an Plastikmüll versteckt und ich habe auch schon des Öfteren an den Grünstreifen an U-Bahn Stationen gesehen, dass der dort auf dem Boden liegende Müll nicht weggeräumt wird bevor das Gras dann dort gemäht wird. Denn dadurch wird auch der Müll in unzählige kleine Teilchen zerschreddert und dann kann man den Müll erst Recht nicht mehr aufräumen und bleibt dort für immer liegen. Wer ist denn dafür eigentlich dann zuständig? Alles was Grünanlagen Pflege anbelangt dafür ist das Garten-, Friedhofsamt zuständig. Die sind dort für diese Abfalleimer zuständig. Wir haben von denen in einigen Bereichen, nicht in allen Bereichen, den Auftrag diese Mülleimer zu leeren und auch zu reinigen. Das sind dann einfach Fixtermine, dann heißt in der Woche da und da muss der Mülleimer geleert werden. Deshalb kann ich jetzt gar nicht sagen, ob die jetzt warten oder nicht, aber normalerweise obliegt auch der Müll letztlich dem Garten-,Friedhofsamt, auch wenn wir in deren Auftrag an 2 Tagen reinigen. Wir haben das auch schon gemacht, also wenn eine extreme Vermüllung an so Bereichen war, wo wir zuständig waren und wir waren ja auch dort an dem Tag, dann melden wir das dem Garten-,Friedhofsamt und die müssen dann selber raus fahren in diesen zusätzlichen Bereich. Ich kann also nicht sagen wann die das jetzt einsammeln bevor sie da mit dem Mäher drüber fahren oder auch nicht. Was uns aber auffällt unabhängig davon, ob mähen oder nicht, der Teil an kaputten Flaschen, ob jetzt Kunststoff oder Glas nimmt auch zu. Viele zerschlagen das bewusst und machen den Müll dann hin. Das ist aber dann wieder ein riesiges Problem mit dem Entfernen, da haben wir richtig Probleme, das dann zu entfernen. Also auch das nimmt zu, auch dieser brutale Vandalismus nimmt immer mehr zu. Viele die dann sehen, da steht eine Flasche, die wird dann so lange hin und her gekickt bis sie kaputt ist, egal was für eine Flasche. 50 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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Weil das ja auch eigentlich komplett kontraproduktiv ist, wenn man sieht, dass da Mengen an Müll auf dem Boden liegen und dann einfach mit dem Mäher darüber geht und man dann erst Recht nicht mehr den Müll weg bekommt und der ist dann innerhalb kürzester Zeit unter der Erde ist. Wir mussten damals sogar in der Erde graben und haben dennoch tausende winzige Müll Teilchen. Aber wie gesagt, es ist nicht nur das Mähen, es ist einfach auch wenn das dort liegt, Kunststoff beispielsweise wird sehr schnell durch Witterungseinflüsse sehr porös. Da reicht es auch schon wenn einer nur drauf steigt. Wäre natürlich kontraproduktiv, den Müll liegen zu lassen und mit dem Mäher den Müll zu zerkleinern, dazu kann ich aber nichts genaueres sagen. Das Thema Recycling hatten wir ja am Anfang schon einmal angerissen, da wird der Müll ja von hier aus weitergegeben an die umliegenden Wertstoffhöfe. Ja, das ist nicht wieder ein wildes Zusammenwerfen und es ist aber so, es ist nicht alles wirtschaftlich sinnvoll, ich meine jetzt auch umweltwirtschaftlich sinnvoll blind zu recyceln. Von daher, wir geben es so weiter an diese Firmen und wie gesagt wir schauen, dass die zertifiziert sind und dass die ihre Anlagen haben, wie die trennen. Aber auch in diesen Bereichen gibt es immer noch Sachen, die in die Verbrennung gehen müssen, weil daraus nichts mehr produktiv gestaltet werden kann oder weil der Aufwand so groß ist. Also die müssen auch Abnehmer finden und da haben die auch Probleme. Es ist auch so, wir merken das ja an diesen Marktpreisen, für »Es ist auch nicht so einfach, diese Jogurt Becher, wenn Papier, für Glas, die Preise sind immer weiter in den Keller gegangen, weil die Qualität nicht mehr stimmt. Wobei Glas das Prodie Alu Deckel mit drauf sind, dann können die die nicht dukt ist, das im Recycling die besten Quoten hat und bringt. Glas ist wirklich wieder zu normalem guten Glas verwertbar. Aber recyceln. Es ist ein Spiel, wo auch wir Bürger noch ein das nächste ist Papier, das ist vermehrt jetzt durch dieses Verpackungspapier, das sehr minderwertig ist, schwieriger geworden bisschen was tun müssen, dass wir wirklich auf Recycling zu recyceln. Einfach weil ich zu minderwertig zu recycelnde Qualität vorher habe und so geht das weiter. Das ist so der Bereich Produkte umstellen können.« der Technik, der ja wahnsinnige Fortschritte gemacht hat in den letzten Jahren, muss man wirklich sagen, wo auch viel gemacht wird, aber nicht alles gemacht werden kann, weil wir dann irgendwann in einem Bereich sind, wo man nicht mehr alles an Müll auseinander bringt. Wo es wirklich wichtig ist, dass bevor man verschiedene Materialien verbackt, das was wichtig ist noch raus ziehen kann. Aber deshalb geben wir das wirklich an diese Firmen, wo wir wissen, die machen so Sachen. Also die ganzen Elektrogeräte, wobei da ist nochmal gesetzlich eine andere Grundlage, die gehen wirklich ins Recycling, bis zu den Graden wo es machbar ist. Da schauen wir, dass wir die Firmen soweit wir das beurteilen können überprüfen. Wenn einer wirklich nicht Rechtens arbeitet, kann das immer jeder in jedem Bereich. Aber davon gehen wir nicht aus. Das nächste was für uns auch wichtig ist, es bringt nichts eine tolle Firma zu haben, die in Hamburg sitzt und wir müssen den Müll dann da hin fahren. Das ist genauso umweltpolitischer nonsense. Was gibt es da alles in Stuttgart an Wertstoffhöfen? Im Hafen in Stuttgart ist ja Rhenus da, die sind ganz groß im Recycling Bereich. Alba haben wir da noch. Das sind die Firmen, die uns Sachen mit abnehmen. Alba hat auf jeden Fall eine große Sortieranlage im Bereich Rems Murr Kreis. Die Abnehmer von den Wertstoffhöfen sind immer verschiedene Firmen. Holz beispielsweise ging eine Zeit lang nach Plochingen an eine Firma, die das zerlegt hat und daraus wieder Spähne hergestellt hat. Also es geht an verschiedene Firmen. Wobei man jetzt aufpassen muss, denn ein ganz großer Teil, was Kunststoffrecycling anbelangt ist nach wie vor Verpackung und damit sind wir im dualen System und bei deren Aufgabe und deren Obliegenheit, auch rechtlich. Wenn wir ihnen das da abziehen würden, dann hätten wir ein Rechtsproblem. Ich kann auch nur versprechen, dass wir darauf achten unsere Abfälle an Firmen zu geben, die ihre Aufgaben ordnungsgemäß erledigen. In Stuttgart ist Schaal + Müller GmbH & Co. KG für den Gelben Sack zuständig. Andreas: Der Müll aus dem Gelben Sack bleibt aber dann nicht in Stuttgart, das geht dann in eine Sortieranlage außerhalb von Stuttgart. Rhenus bzw. jetzt Remondis, die nehmen das Altglas, aber dafür sind wir auch nicht zuständig, das ist auch duales System. Remondis ist einer der größten Entsorger in Deutschland. Die machen die Abfuhr vom Altglas bzw. von den Altglascontainern und das geht dann in den Hafen Stuttgart und wird von dort dann weiter gebracht. Also das war früher Rhenus und sind jetzt damit eingestiegen, also das ist einer der weltweit ganz großen Entsorger. Es wurden ja dieses Jahr einige neue Leute bei der Abfallwirtschaft eingestellt oder wie war das genau? Dieses Jahr wurden 99, keine 100 neue Leute im Bereich der Reinigung eingestellt. Außerdem wurden im Zuge dessen einige neue Kehrmachinen und auf jeden Fall 2 von diesen Kaugummi Entfernugsmaschinen angeschafft. Wobei die Kaugummi Maschinen noch nicht da sind. Aber im Zuge des nächsten Frühjahrs sollen sie dann erscheinen. Auch das Thema Sperrmüll geht direkt in die Verbrennung, das ist nicht mehr so, dass wir Leute hätten, die da dann den Abfall sortieren. Das ist gar nicht machbar. Also geht dann nur der private Abfall, der ja eh schon getrennt wird, in die Wertstoffhöfe? Ja, deshalb ist es auch so wichtig, dass die Leute auch trennen und zwar richtig trennen. Es gibt nämlich Fraktionen, die sehr empfindlich auf falsche Trennung sind, wo dann ganze Chargen direkt weg müssen. Wir versuchen jetzt immer mehr den Leuten begreiflich zu machen, dass es wichtig ist, den Müll zu trennen. Es heißt ja oft, dass eh alles zusammen geworfen wird, aber dem ist nicht so. Das was wir sauber getrennt haben und womit wirklich etwas gemacht werden kann, wird wieder weiter verwertet, zumindest zu einem gewissen Prozentsatz. Aber das Problem ist, dass viele Sachen gar nicht weiter verwertet werden können, weil die Trennung nicht sauber genug ist. Das geht dann auch in die nächste Verbrennungsanlage. 52 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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»Was vielleicht auch noch interessant ist, das was über die Reinigung an Abfällen kommt, geht direkt in die Verbrennung, da gibt es keine Zwischensortierung mehr. Wenn ich Wertstoffe einfach nur in diese normalen öffentlichen Mülleimer wegwerfe, die gehen in die Verbrennung, die sind dann weg und verloren.« Läuft bei der Müllabholung eigentlich alles glatt oder gibt es da ab und zu Probleme? Das erste Problem sind verparkte Straßen, wir haben in Stuttgart sehr viele kleine und enge Straßen, die sind für die schon eng genug. Also ich sage immer das sind echte Fahrkünstler, die da mit den Müllfahrzeugen durch die engen Straßen fahren. Wenn dann die Leute an Stellen parken, wo sie es nicht dürfen, was es aber sehr oft gibt, ist es uns schon oft passiert, dass ein Müllfahrzeug wirklich über eine lange Distanz nur noch rückwärts fahren konnte, obwohl sie das ja eigentlich nicht dürfen, aber die kamen nicht mehr weiter, die sind festgesteckt. Also das ist eins unserer Hauptprobleme. Alles was vorkommen kann, es kann mal ein Fahrzeug liegen bleiben, es gibt mal einen Unfall, das Fahrzeug kommt mal durch einen anderen Unfall nicht durch und dann kommen natürlich noch die Witterungsbedingungen eventuell im Winter dazu. Es läuft insgesamt eigentlich gut, aber es ist normal Standard, dass Touren doppelt gefahren werden müssen, weil sie verparkt sind und dann sind wir im normalen öffentlichen Verkehr, wo alles möglich ist. Aber wir haben in Stuttgart Vollservice, d.h. der Großteil aller Grundstücke in Stuttgart hat Vollservice, manche haben es nicht, weil einfach die Randbedingungen nicht eingehalten werden. Das bedeutet, wir holen die Mülltonnen raus, leeren sie und fahren die Mülltonnen wieder zurück. Wenn wir jetzt eine Stunde später kommen, ist es für manche zwar ein Beinbruch und sie rufen beim Kundenservice an, aber im Grunde ist es kein Problem. Es gibt manchmal durch Straßensperrungen nicht die Möglichkeit in Straßen zu fahren, wenn wir das im Vorfeld wissen, informieren wir die Bürger und sagen, wir können da nicht kommen, wir leeren eure Mülltonne später, wir nehmen aber dann eventuell einen Sack mehr mit oder so. Dann regeln wir das direkt mit den Betroffenen. Andreas: Es kann aber auch mal etwas schief gehen, wenn einfach beim Team mal jemand Neues dabei ist oder wenn jemand ausfällt krankheitsbedingt oder urlaubsbedingt, weil unsere Leute halt häufig diese ganzen Standorte kennen, wo die einzelnen Mülleimer stehen usw. Wenn da jemand Neues dabei ist oder auch der Fahrer mal ein anderer ist, dann kann es durchaus mal passieren, dass eine Mülltonne mal nicht gefunden wird. Dieser Vollservice ist halt sozusagen Fluch und Segen. Diese Abfuhr ist auch knüppelhart, es gibt noch alte Standorte, wo die Mülltonnen im Keller unten sind, die dann über Treppen hoch gezogen werden müssen bei Wind und Wetter und so eine Tonne kann dann auch mal bis zu 100 kg wiegen. Also das ist schon harte Arbeit und gerade wenn die Mülltonnen verschlossen stehen und man kommt einfach nicht hin und dann macht niemand auf, dann kann halt mal nicht geleert werden, die Beschwerden hat man dann aber trotzdem. Ulla: ein Fahrzeug sammelt am Tag ca. 30 Tonnen Müll, d.h. diese 30 Tonnen sind bewegt worden von den Müllmännern und das sind 2 Lader, die da mit dabei sind. Einer der voraus geht und die Tonnen schon raus holt, die anderen 2 Kippen den Müll in das Müllfahrzeug und bringen die Tonnen zurück. Wir reden von 30 Tonnen am Tag, die die bewältigen zusammen als Team. Wir reden im Schnitt von 15 – 20 Kilometer Fußmarsch jeden Tag bei Wind und Wetter. Das ist ein harter Knochenjob. Wo sehen Sie die Welt und die Städte Deutschlands in 10 Jahren? Ich war vor Kurzem auf einem Seminar in Berlin, da war Berlin, da war Hannover, egal wen man auch nimmt, alle haben dieses Problem. Jeder versucht mit eigenen Möglichkeiten etwas zu machen und wir stellen fest, dass die sich gar nicht so arg unterscheiden, weil wir haben noch keine Idee, was wir neu erfinden könnten um da an die Leute heran zu kommen außer zu reden und zu machen. Also im Prinzip ist dieses Problem komplett übertragbar, also ich denke auf dem Dorf noch weniger, weil da kennt einer den Anderen. Aber sobald eine größere Anonymität da ist, ist das Problem vorhanden. Also egal ob das Heilbronn ist, mit denen ich rede, ob das Karlsruhe ist mit denen wir uns treffen, überall. Also die Frage kann man komplett ausweiten. Jetzt zu der Frage wo wir in 10 Jahren stehen werden. Wenn wir und da meine ich mit „wir“ jeder einzelne Bürger, den Arsch hoch bekommt und selber etwas tut für seine Umwelt und auch für das weitere mit dem Müll und dar»Wenn wir und da meine ich mit „wir“ jeder einzelne Bürüber nachdenkt. Man muss nicht alles gleich perfekt machen, aber jeder kann etwas dazu beitragen, dann denke ich kann man ger, den Arsch hoch bekommt und selber etwas tut für ganz viel bewirken. Dann kann das hier in 10 Jahren auch wieder lebenswert sein. Wenn das aber nicht geschieht und jeder meint, seine Umwelt und auch für das weitere mit dem Müll und er muss nur wegwerfen, sich nicht Gedanken machen, wie er etwas wegwirft oder einfach nur seinen Müll auf die Straße wirft, darüber nachdenkt. Man muss nicht alles gleich perfekt was noch viel schlimmer ist, dann sehe ich für uns echt schwarz. machen, aber jeder kann etwas dazu beitragen, dann denke Dieser Müll, den man sieht, das ist eine Sache, aber wir sind soweit, dass wir die ersten Auswirkungen dieses Mülls schon erleben. Das ist dieser Fall Kunststoff, Plastik, der ja schon überall drinnen ist. Es ich kann man ganz viel bewirken.« geht aber weiter, diese weggeworfenen Essensreste ziehen Ratten an. Klar, man bekämpft die mit Giften wieder in der Kanalisation, aber die Gifte in der Kanalisation kommen dann auch irgendwo wieder ins Wasser. Wenn man jetzt heute mit offenen Augen durch die Stadt läuft, da leben die Ratten, die holen sich das aus dem Mülleimer und die wissen genau, dass sie dort was bekommen. Dieses sichtbar werden Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft) — 53


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der Ratten ist ja nur ein Zeichen, dass es da unten in der Kanalisation immens viel mehr sind. Dadurch sind wir natürlich in dem Bereich Krankheitsübertragung immer empfindlicher geworden, das was man durch Allergien und Umweltgifte sieht. Aber wir sind auch diejenigen die es selber produzieren und hervorrufen. Die Ratte ist ein Teil, aber es geht ja auch noch weiter, diese Bakterien, die da übertragen werden, die Ratte an sich ist ja ein sauberes Tier, aber sie kann halt einfach Bakterien übertragen, die für uns nicht besonders gut sind. Wenn dann gar nichts geschieht, also ich denke dann sind wir schon in dem Bereich der grenzwertig wird. Also ich denke, dass wir schon die ersten Auswirkungen merken, ist aber hypothetisch gesprochen, es gibt keine Nachweise. Es liegt ja auch hauptsächlich an der ganzen Verpackungsindustrie und Coffee to Go Becher etc. Ja, aber ich sage mal so, wir verteufeln jetzt die To Go Becher, ich weiß aber wie der Müll zusammengesetzt ist, den wir an den Wochenenden zusammenkehren. Da ist der To Go Becher nur ein Bruchteil dessen. Wir haben diese Tetrapacks rumliegen, wir haben Flaschen rumliegen, wir haben diese ganz normalen Papierbäckertüten, Pizzaschachteln. Wir verteufeln gerade, der to go Becher ist es und den mach ich jetzt fertig und wenn der weg ist, dann ist alles gut.

»Das stimmt nicht, wir suchen uns eine Sache raus, hauen darauf rum ohne uns Gedanken zu machen. Wir verteufeln zurzeit diese Plastiktüten. Wenn man das jetzt umweltpolitisch sieht, ist nichts effektiver als eine Kunststofftüte, solange ich sie nicht einfach in die Umwelt wegwerfe und einfach entsorge, weil für die Nutzung und Herstellung einer Kunststofftüte und deren Verbrennung, muss ich eine Jutetüte 130 Mal verwenden um auf die umweltpolitisch gleiche Bilanz zu kommen.« Und so geht das weiter, dann sagen wir wir nehmen Papiertüten, aber die Papiertüten müssen dann wasserfest, reißfest usw. sein. D.h. da haben wir so viele Chemikalien wiederum drin, die dann auch über die Verbrennung in diesen Rußfiltern landen. Während der Kunststoff eigentlich wieder recht schadstoffarm verbrennt. Deshalb ist mein Problem zurzeit, dass wir sehr viele Einzelprodukte bzw. Einzelsachen sehr schnell verteufeln. Wir suchen praktisch immer einen Schuldigen, den wir dann totschlagen, statt dass wir uns Gedanken machen, dass sehr viel mehr da zusammen hängt und eine Rolle spielt. Ich nehme das Beispiel Plastiktüte, eine Plastiktüte, die ich verwende und dann richtig entsorge, entweder ins Recycling, wo ich sie wirklich recyceln kann oder dann in die Verbrennung, ist umweltpolitisch immer besser als so manche anderen Sachen. Das Problem ist, dass nicht das daraus gemacht wird, was eigentlich gemeint ist. Wenn ich es richtig behandle, dann ist es auch richtig. Dass es natürlich sinnvoller ist meine 5 Sorten Wurst in einer Verpackung zu haben und nicht jede Sorte in jeweils eine Tüte packen zu lassen, ist ja auch logisch. Da hat sogar der kleine Bürger darauf Einfluss, wenn wir alle z.B. ein Produkt meiden würden aus dem Grund der Verpackung, dann wäre »Es hängt viel mehr zusammen, es ist viel komplexer, ich das Produkt morgen geändert, weil die Wirtschaft ja mitziehen will. kann nicht an einem Stellschräubchen drehen und alles ist Wenn jeder Bürger und jeder Einzelne sich mehr Gedanken macht und sein Handeln bewusster steuert, dann haben wir gute Chancen etwas zu erreichen. Aber nicht zeigen, der neben mir nimmt eine gut, die Chance haben wir nicht. Aber ich kann in meinem Plastiktüte, ich mache das nicht und er ist dann schlecht und ich bin Verhalten mir überlegen, was kaufe ich wie ein, was mache gut, dadurch ändern wir die Welt nicht. Also für mich gibt es da eigentlich nur 2 Szenarien, wahrscheinlich wird irgendwo die Mitte natürlich wieder Wahrheit werden. Der Worst Case ist, wir tun ich, was brauche ich wirklich.« gar nichts, dann gehen wir letztlich in unserem Müll unter und in dem Dreck den wir verbreiten und haben dann die eigenen Krankheiten durch die Ratten und das Ganze, weil wir die ja wirklich fleißig füttern. Oder aber wir tun was und dann sind die Chancen wirklich da. Aber dann heißt es wirklich, dass Jeder was tut, denn jede Kleinigkeit bewirkt viel mehr als 5 Menschen, die sich reinhängen und ganz toll was machen. Also ich finde es toll, dass es diese Cleanup Gruppen gibt und das finde ich wichtig, aber wenn jeder eine Kleinigkeit beitragen würde, wären wir auch einen ganz großen Schritt weiter. Die große Frage ist halt dann wie man alle Menschen dazu bringt etwas zu verändern und bewusster zu werden. Diese Frage stellen wir uns eigentlich tagtäglich in unserem Job. Indem wir es bewusst machen, indem wir den Leuten sagen, es hat einen Sinn das zu machen. Es hat einen Sinn Biomüll getrennt zu sammeln, es macht keinen Sinn selbstverwertbare Kunststofftüten auf den Kompost zu werfen, denn die zersetzen sich nicht in der Zeit, indem die Leute die Augen aufmachen und nicht alles glauben, was scheinbar so schlimm ist, wie die Plastiktüten oder die to go Becher, einfach bisschen kritischer sehen. Viele Sachen sind toll, die wären toll, wenn sie so funktionieren würden wie es vorgesehen ist, aber die entsprechen einfach ihrem Ruf nicht. Ein Beispiel dazu sind diese kompostierbaren Kunststoffbeutel, die sind fatal, da kann man gehen wohin man will, in jede Kompostieranlage 54 — Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft)


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Offener Mülleimer im Kurpark Bad Cannstatt, der ganz besonders anfällig für Hausmüll und Ratten ist

Coffee to go Becher am Straßenrand

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Lametta einer Party, das auf dem Boden liegen gelassen wurde

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in jede Gäranlage. Das versuchen wir zu vermitteln, dass es Sinn macht zu trennen und dass es vor allem wichtig ist richtig zu trennen, im Zweifelsfall ist es mir lieber ich sortiere nicht so viel Biomüll raus, aber ich verunreinige das Aussortierte nicht. Da halt lieber auf die Qualität setzen als bedingungslose Quantität. Aber natürlich jeder der etwas tut ist wichtig. Ganz viele kleine Schritte sind da ganz wichtig und bewirken viel, das ist das was wir versuchen zu vermitteln. Noch machen wir weiter, wir haben noch nicht aufgegeben. Gibt es dann jetzt in naher Zukunft bestimmte Bereiche, die Sie angehen werden? Also wir haben eins gemacht, das war ein ganz großer Job. Als wir das hier übernommen haben, haben wir alle Informationsmaterialien auf Piktogramme umgestellt. Die Leute lesen nicht mehr diese Texte. Wir hatten die Trennanleitung in 8 Sprachen übersetzt und haben andauernd die 9. und 10. gefordert bekommen. Das geht nicht und wenn wieder eine Änderung kommt, das ist ein immenser Kostenaufwand, dann die ganzen Sprachen zu übersetzen. Vor allem die Tonnen Aufkleber, die liest Keiner. Wir haben jetzt die ganzen Sachen auf Piktogramme umgestellt aus diesem Grund. Piktogramme sind schnell unabhängig von der Sprache für jeden erfassbar und das war jetzt so ein Weg, wo wir gesagt haben, den gehen wir. Das versuchen wir jetzt. Wir versuchen natürlich auch mit den Leuten zu reden, das heißt nicht mit jedem Bewohner. Die SWSG als große Vermietungsgesellschaft in Stuttgart, die sind ja auch auf uns zugekommen, dass wir diese Trennanleitungen denen zur Verfügung stellen als Piktogramme. Die machen sich auch stark dafür. Also wir müssen da einfach auf Propaganda setzen insofern, dass wir Multiplikatoren ganz dringend brauchen, weil wir 5 Hanseln sind zu wenig um das alles abzudecken. Das machen wir, aber wir erreichen immer nur kleine Teile. Eines unserer Ziele, was nicht so einfach ist, was wir aber schauen, dass wir auch so Multiplikatoren bekommen. Wir wollen versuchen einfach dieses Thema Abfall und Sauberkeit und den Umgang damit einfach wieder populärer zu machen. Zu sagen, das ist ein Thema und das ist nichts worüber man redet, sondern wo jeder Einzelne handeln muss. Also ich denke, es gibt zwei Gründe die die Sauberkeit extrem erschweren. Das ist einmal das Soziale, der Standard oder Sachen, die einfach viel wichtiger sind und dann behaupte ich mal, in dem Moment wo es Party gibt, da wird dann gesagt, dass es mir komplett egal ist, heute mache ich nur Party. Dass es dann extrem auch in diese Richtung überschwappt. Die 2 Situationen sind für mich extrem schwierig, also dieses Partyverhalten im alkoholisierten Zustand, wenn man es da von Klein auf nicht gewohnt ist, dass man seinen Müll dann trotzdem aufräumt, dann kann ich bzw. wir da gar nichts dagegen machen, da komme ich nicht ran. Also wären wir wieder bei der Erziehung. In dem Bereich, wo es sozial sehr schwierig ist, muss man sehr vorsichtig sein, aber all dieses gedankenlose, nicht darüber nachdenken, z.B. ich sitze auf der Parkbank und esse etwas und schmeiße dann mein Papier einfach auf den Boden obwohl daneben ein Mülleimer steht, da müsste man dringend mal ran gehen, wobei es da auch nicht so einfach ist. Das ist der Bereich über Sanktionen und wenn ich das mal habe, dass wir die Sanktionen weiterentwickelt haben und man bekommt das dann mal als Propaganda raus, dass das was kostet. Denn wenn ich jemandem erzähle, der und der musste 150 € zahlen, dafür dass er eine Zigarettenkippe weggeschnippt hat, dann bekommen wir etwas hin. Außer die Leute die dann sagen: „Ja dann zahle ich halt 150 €“, den Leuten ist dann nicht mehr zu helfen. Aber dafür braucht man wie schon gesagt das nötige Personal Wir brauchen vor allem Leute, die sehr gute Nerven haben, weil man dann der Depp vom Dienst ist, es gibt immer welche die kommen und bedanken sich und mit denen kann man sehr freundlich reden. Aber Manche schimpfen und meckern nur auf höchstem Niveau und das merken wir auch am Kundenservice, was die sich manchmal gefallen lassen das glaubt man gar nicht. Wir haben zurzeit in der Gesellschaft so ein immer auf Andere zeigen und alle sind schlecht etc., statt dass man sich selber an der Nase nimmt und selber auch richtig vormacht. Ich denke wirklich das Thema Erziehung wird wieder wichtiger, auch in den Sozialaspekten, wie verhalte ich mich Anderen gegenüber. Gerade durch so Studienarbeiten trägt das Thema schon weiter, deshalb finde ich das so wichtig. Unser Job ist nicht einfach, aber es ist auch interessant und bringt immer was Neues und es ist auch spannend mit Leuten darüber zu reden.

»Wir wollen anfangen, dass das Basisverständnis erstmal vorhanden ist und dann können wir aufbauen auf Feinheiten. Es bringt nichts den Leuten zu erklären, wie sie im Detail Sachen machen sollen, wenn sie die Basistrennung zu Hause nicht hinbekommen.« Interview: Ulla Allgaier (Abfallwirtschaft) — 59


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»Wir Menschen sind extrem heterogen, die Einen schreiben die Gelben Karten, oder wie wir, die das Thema umtreibt und den Müll wahrnehmen, dann welche die sich in der Mitte befinden und den Müll dann wahrnehmen, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden durch Aktionen wie Cleanups und dann gibt es noch die Litterer, die vielleicht noch irgendwo empfänglich sind und dann noch die Hardcore Litterer, die immer ihr Zeug wegwerfen und die man von nichts überzeugen kann.«

am 02.12.2019

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Gunter Schmidt ist der Geschäftsführer des Fördervereins und gleichzeitig als Polizeihauptkomissar für die Leitung der Stabsstelle Kommunale Kriminalprävention zuständig. Ellena Krämer ist Grafikdesignerin und arbeitet für die Stadt Stuttgart und hat zudem eine Zusatzausbildung als Fachkraft für Kriminalprävention. Zusammen sind sie in Bereichen der Sauberkeit, Sicherheit d.h. Kriminalprävention und Verkehrssicherheit tätig und verantwortlich für die Projektentwicklung. Dabei legen sie viel Wert auf eine pädagogische Vermittlung. Der Förderverein sammelt sozusagen Geld von Firmen und Unternehmen und entwickelt daraus seine Projekte für die Sauberkeit und Sicherheit.

Gunter Schmidt, Polizeihauptkommisar und Geschäftsführer vom Förderverein, Ellena Krämer, Grafikdesignerin und Fachkraft für Kriminalprävention

Was ist der Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart eigentlich genau und was gehört da alles dazu? Der Name ist Programm, weil ein Förderverein meistens Geld sammelt und im Prinzip hat es eine Bündelungsfunktion von Bürgern. Es sind viele Firmen ansässig und man versucht Geld zu akquirieren für die Sicherheitsarbeit, ist aber auch natürlich selber initiativ und entwickelt Projekte neu, aber ist nicht immer im operativen Bereich tätig. Also wir machen es nicht selber, sondern wir gestalten da nur die Linien und wir greifen Ideen bzw. Stimmungen auf und versuchen dann daraus Projekte und Initiativen zu generieren. Ellena Krämer: Also ich bin sozusagen im Ehrenamt, wir sind beide im Ehrenamt in dem Förderverein und schauen, dass wir die Projekte entwickeln, wenn sie anstehen sollten, wenn es irgendeinen Bedarf gibt. Also ein Müllproblem oder ein Sicherheitsproblem oder irgend sowas. Ich habe noch eine Zusatzausbildung, das ist die Fachkraft Kriminalprävention und von dem her bin ich auch in der Projektentwicklung dabei. Gunter Schmidt: Dadurch, dass wir diese Firmen bei uns alle in dem Verein haben, hat man eben auch Möglichkeiten dann finanzielle Mittel zusammenzubekommen. Das ist dann kein Goldesel der dann unbegrenzt Geld ausspuckt, aber es erleichtert schon auch Möglichkeiten. Das Geld kommt dann von den Firmen, die in dem Verein tätig sind teilweise, teilweise ist es aber auch nur so, dass diese Firmen über ein Netzwerk verfügen, die einem dann auch helfen können. Was machen Sie dann genau in Bezug auf die Müllverschmutzung in Stuttgart? Man kann diesen Förderverein in drei Teilbereiche unterteilen, also wie der Name schon sagt, Sicherheit und Sauberkeit und Sicherheit ist nochmal in zwei Säulen aufgeteilt, in den Kriminalpräventionsbereich und zum Zweiten die Verkehrssicherheit, also Verkehrsunfallprävention. Für dieses Sauberkeitsthema haben wir diese Initiative Let’s Putz, wo wir aktuell auch gerade die Situation haben, dass das Thema einfach sehr präsent ist. Mittlerweile behandeln die meisten Beschwerden der Bürger das Thema Müll. Es gibt ja diese Gelben Karten, das ist ein Instrument, wo die Bürger ausfüllen können und der Stadt Stuttgart schicken können, wenn irgendetwas nicht passt oder wenn sie Kritik haben. Die werden dann von der Stadt Stuttgart ausgewertet und die meisten Karten dieser Art handeln vom Thema Müll. Es ist echt erstaunlich wie das den Bürger umtreibt. Dann ist es jetzt so, dass das Thema Let’s Putz bei uns läuft, bei Let’s Putz haben wie die steigenden Teilnehmerzahlen im Laufe der Jahre gehabt. Natürlich durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit unsererseits, aber eben auch dadurch, dass es einfach gerade so den Nerv der Zeit trifft und dass dann die Bürger die Ärmel hochkrempeln und da tätig werden wollen. Da geht es einfach darum durch das Netzwerk den Bürger mitzuteilen, dass es Let’s Putz gibt und dann diesen Müll aufsammeln können, im Vordergrund steht aber natürlich nicht, dass wenn die Bürgerinitiative in Vaihingen ihre Grünflächen sauber macht, dass das dann nachhaltig wirkt und die nächsten Wochen dann geschleckt aussieht, das ist ja gar nicht der Ansatz. Sondern es geht darum den Teilnehmern zu vermitteln, meistens dann Kitas und Schulen, wie mühsam es ist, den Müll aufzusammeln und man dadurch eine Bewusstseinsänderung bzw. auch eine Sensibilität erreichen wollen, diese Sachen nicht wegzuwerfen. Auch weil es Verpackungsmüll wie Sand am Meer gibt und wir in einer Wegwerfgesellschaft leben, wo sofort alles auf den Boden wandert. Das ist auch kombinierbar mit einer Müllerziehung von der Abfallwirtschaft Stuttgart, die dann in den Einrichtungen einen Unterricht platzieren oder einfach etwas zum Thema Recycling erzählen. Das ist wahlweise möglich oder man kann es im Rahmen von Projekttagen umsetzen. 62 — Interview: Gunter Schmidt


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Wie funktioniert dieses Let’s Putz? Also es ist so, dass die Initiativen das selber in die Hand nehmen und die bekommen dann von der Abfallwirtschaft die ganzen Utensilien, wie z.B. Zangen zum Aufheben, Tüten, Säcke, Handschuhe und dergleichen und müssen dann mit der Abfallwirtschaft vereinbaren, wann diese Säcke dann wieder abgeholt werden. Wir sind eigentlich nur dafür da, dass die Flyer und die Vermarktung bzw. Öffentlichkeitsarbeit über den Verein laufen. Gehört dann zu euch auch dieser Kippster dazu? Ja genau, das zweite Projekt, dass sich um das Thema Sauberkeit dreht, ist der Kippster, da gab es diesen Ballot Bin aus England, das ist der Vorgänger. Da sind wir drauf gekommen, weil eine ehemalige Praktikantin das mal in England gesehen hat und diese Idee fanden wir super, da haben wir dann gleich ein paar Kippster besorgt. Da war damals der Sponsor die Firma Kärcher, das passt natürlich auch sehr gut zu deren Produktlinie und mit deren finanziellen Unterstützung haben wir dann diese Kippster besorgt, wir haben die an Clubs verteilt, die haben die dann installiert und die waren dann auch für die Leerung zuständig und für die Betreuung, wenn irgendwie ein Schaden war, haben sie den dann gemeldet und haben dann auch die Müllstände dokumentiert mit diesen Fragen. Wie viele von den Kippstern gibt es in Stuttgart? Ellena Krämer: Jetzt sind es noch 16 Stück von den Ballot Bins, wahrscheinlich aber auch schon ein paar weniger, weil ein paar zerstört wurden und die muss man dann abhängen und bei den Kippster haben wir mittlerweile auch schon 10 – 12 Stück. Gunter Schmidt: Kippster ist dann das Nachfolgeprojekt, also wir wollten einfach von dem englischen Produkt wegkommen, was ein bisschen kostspielig und sehr aufwendig in der Beschaffung ist, weil das muss ja von England hier her geschifft werden. Deshalb wollten wir einen heimischen Metallbauer haben, der die hier produziert und da haben wir einen in Botnang gefunden, der dieses Ding einfach nochmal optimiert hat und auch vom Design her in so einer Art und Weise entwickelt, dass er noch mehr zum Thema Zigaretten passt. Jetzt kann man sich darüber streiten, ob der wirklich stylischer ist oder nicht. Ellena Krämer: Was aber der Vorteil ist, das ist eine ganz andere Handhabung, die Schotten haben zwar die Idee entwickelt, die super ist, aber das Produktdesign ist schlecht, die Funktion davon ist schlecht und der Metallbauer hat das jetzt wirklich einfach redesignt. Da kann man jetzt viel besser mit dem Handling aufmachen und den Müllsack einspannen und sowas, das ist schon ein Vorteil. Was aber echt auch wichtig ist, unsere Projekte sind immer so ein bisschen in eine pädagogische Richtung. Klar auch umweltmäßig, dass es nicht auf dem Boden liegt,

Ballot Bin gesponsert von Kärcher in der Nähe des Hans-im-Glück Brunnens in Stuttgart-Mitte

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Kippster am Sportpark in Feuerbach, aufgestellt durch die Patenschaft vom Jugendtreff Camp Feuerbach

aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, weil die Polizei dahintersteht. Klar gibt es auch Bußgeld, aber irgendwo versuchen wir es durch eine sympathische Art und Weise die Bürger zu finden und gemeinsam das Littering Problem anzugehen. Also beim Kippster auch, das ist ja etwas witziges, wo man sagt, jetzt wirf es lieber da rein und nicht du zahlst 75 € oder so, sondern es ist eher so etwas spielerisches. Auch mit den Kindern, wenn man das mit dem Let’s Putz anschaut, dass man einfach schaut, wie viel Zigarettenkippen liegen da, dann können die eure Geschichten erzählen und das ist immer das was bei uns im Hintergrund ist. Jetzt z.B. das Cleanup Network die räumen auf und sammeln, bei uns ist immer noch ein bisschen das Pädagogische mit dabei. Gunter Schmidt: Von der Cleanup Initiative gibt es ja auch diese Kampagne am Cannstatter Bahnhof und das ist auch ein guter Ansatz finde ich, wo man ein Schild hat: „Sie haben 40 Liter Grundwasser gerettet“ und das ist natürlich etwas, was in dieser Verhaltenspsychologie immer so eine Rolle spielt, dass man diesen positiven Ansatz verstärkt oder so ein Belohnungseffekt. Ich finde es muss beides sein. Klar diese Vereine machen es auf diese pädagogische, auf diese subtile witzige Art, wie jetzt eben Cleanup Stuttgart auch. Natürlich gibt es auch andere Institutionen wie die Polizei oder der städtische Vollzugsdienst, die haben nur eine Aufgabe, zu kontrollieren und zu sanktionieren. Das dritte Projekt, was sich mit dem Thema Sauberkeit beschäftigt, sind diese Taschenaschenbecher, die haben bei uns jetzt intern nochmal zur Diskussion geführt, weil man ja im Endeffekt zur Müllvermeidung Müll erzeugt. Also man hat einen zusätzlichen Taschenaschenbecher, braucht es das überhaupt, weil eigentlich könnte man das ja auch im Aschenbecher entsorgen. Es ist gewünscht, es ist gefordert und dann haben wir es halt entwickelt. Ellena Krämer: Das schöne dabei ist halt, das ist ja der Gedanke, dass nicht gleich dieses Bußgeld stattfindet. Wenn man sagt, wirf das nächste mal deine Kippe einfach in diesen Taschenaschenbecher, dann muss der Bürger das Bußgeld beim ersten Mal nicht gleich bezahlen, dann ist es wie eine Verwarnung. Gunter Schmidt: Der Taschenaschenbecher wird ja vom städtischen Vollzugsdienst ausgegeben und es ist natürlich jetzt auch erstmal hart, du stehst als Kontrollmensch an einer Bushaltestelle und siehst wie jemand eine Zigarette auf den Boden wirft, so wie 100 oder 1000 Leute an dem Tag auch. Jetzt gehst du als böser Kontrolleur zu demjenigen hin und sagst, dass er jetzt 100 € zahlen muss, weil so viel kostet es. Sowas ist natürlich auch für einen als Mensch nicht einfach so etwas zu kommunizieren und da soll der Taschenaschenbecher nochmal einen Zwischenmechanismus geben, dass man sagt: „Hier haben sie einen Taschenaschenbecher, machen Sie es doch da rein.“ Wenn dann die Kontrolle in der Art und Weise abläuft, dass der Betroffene uneinsichtig wäre oder vielleicht nicht gewünscht reagiert auf den Taschenachenbecher, dann gibt es eben die 100 € Strafe. Die Strafzahlung setzt sich aus 75 € Strafe plus 25 € Gebühr. Interview: Gunter Schmidt — 65


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Ich habe ja auch schon Interviews geführt und auch Passanten befragt zu dem Thema Müllverschmutzung und die meisten Leute haben auch gemeint, dass es eine gute Idee ist mit den Geldstrafen, aber das Problem ist, dass einfach zu wenig Personal dafür da ist um die Menschen zu kontrollieren. Aber das heißt die Leute begrüßen grundsätzlich schon eine hohe Strafe? Also die meisten haben gemeint, dass es eine gute Idee ist. Das ist auch das was ich so wahrnehme und empfinde, dass da was das Thema Müll angeht eine große Sensibilität da ist und jeder eigentlich irgendwie wütend ist, warum die Leute so handeln, wie sie halt handeln. Am Schlossplatz und in der Königstraße gibt es ja eigentlich auch mehr als genug Mülleimer und dann sitzen die Menschen auf der Bank und 2 Meter daneben steht der Mülleimer und trotzdem bleibt der Müll einfach liegen. Dann bringt es nichts noch mehr Mülleimer aufzustellen. Das hatten wir auch mal letztes Jahr durchgeführt von Studierenden von der Hochschule der Polizei. Das war so, dass da 5 Studierende eine Studie gemacht haben in der Königstraße und untersucht haben, wie man Bedingungen verändern kann, um das Verhalten zu ändern. Bzw. es wurden Flyer hergestellt, da stand drauf: Vielen Dank für Ihren Einkauf. Das Material war sehr billig und es war eigentlich völlig nichtsagend und da stand auch nicht dabei, wer diesen Flyer produziert hat usw. Das wurde im Endeffekt einfach nur ausgegeben und derjenige der es erhält, erkennt was das ist und zwar Müll und hat es dann, so war der Gedanke, auf den Boden geworfen. Dann hat man das zum ersten Mal durchgeführt und hat dann alle Flyer, die auf den Boden geworfen wurden gezählt und das waren 8 %.

»Königstraße am Samstag immer 15 Uhr wurde das gemacht, ganz viele Leute auf der Königstraße unterwegs, d.h. schon eine hohe Sozialkontrolle, man weiß also, wenn ich das auf den Boden werfe, wird das beobachtet, von daher sind 8 % relativ gering. Wenn ich das Nachts um 3 Uhr mache, sind es wahrscheinlich 98 %.« Dann hat man die Hälfte der Mülleimer abmontiert, um zu schauen wenn jetzt mehr oder weniger Mülleimer da wären, hat das einen Einfluss. Jetzt frage ich dich, was glaubst du was das bewirkt hat, dass weniger Mülleimer da sind. Wurden mehr Flyer weggeworfen ja oder nein? Nein. Genau, gar kein Effekt. Also eigentlich ziemlich irre, jeder würde denken, wir pflastern jetzt Stuttgart mit Mülleimern zu damit es keinen Müll mehr auf der Straße gibt. Das ist vollkommen egal, weil die Leute genau wie du sagst, der Mülleimer ist direkt neben ihnen auf der Parkbank, das ist den Leuten aber vollkommen egal. Dann haben wir den 3. Versuch gemacht, man hat die Mülleimer orange eingepackt, weil das ja auch immer so ein bisschen das Thema ist, dass die Mülleimer nicht wahrgenommen werden. Die sind so grau und in der reizüberflutenden Welt müssen die Mülleimer auffälliger sein, man muss dann lustige Sprüche aufbringen, man muss sie pink gestalten bzw. neon Farben. Das hatte aber keinen Effekt. Dann hat man noch Schilder platziert mit Sprüchen von Kindern daneben, damit noch einmal verstärkt diese Aufmerksamkeit auf die Mülleimer gerichtet ist. Das hatte auch keinen Effekt.

Mülleimer am Marienplatz mit großem Aufkleber als Pfeil um auf den Mülleimer aufmerksam zu machen von der Kampagne Sauberes Stuttgart bzw. Stuttgart macht‘s rein

68 — Interview: Gunter Schmidt


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Littering in einer Einkaufsmeile

Feldexperimente zum Litteringverhalten des Passantenstroms in der Stuttgarter Königstraße Von Egon Wachter, Gunter Schmidt, Viola Vockrodt-Scholz, Isabell Dambach, Alexander Klein, Alexandra Schaal, Mark Schaeffer und Thomas Schulte-Wieking

Die zunehmende Verunreinigung von Innenstädten durch die Entledigung von Abfällen (Littering) steht seit Jahren im öffentlichen Diskurs. Während Kommunen oft mit konzeptionellen Ansätzen für saubere Innenstädte werben, sucht die Forschung nach Erklärungen für das problemkonstituierende Sozialverhalten. Der Beitrag widmet sich der Frage, inwieweit sich das innerstädtische Litteringverhalten durch konkrete Veränderunge der Umfeldbedingungen beeinflussen lässt. Es werden die Abläufe und Befunde von Feldexperimenten vorgestellt, die sich auf den Passantenstrom in der Stuttgarter Königstraße, einer stark frequentierten Einkaufsmeile richten. Im Ergebnis zeigt sich eine auffallende Konstanz des Verhaltens der Passanten, das aber durchaus beeinflussbar ist.

Einleitung Littering (engl. to litter: Abfall wegwerfen) bezeichnet Verunreinigungen öffentlicher Räume durch beliebig motiviertes Entledigen von Abfällen, zum Beispiel auf Straßen, Plätzen, Parkanlagen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Dieses seit Jahren besonders im urbanen Umfeld beobachtete Phänomen verursacht unnötige Kosten bei den Reinigungsdiensten. So stiegen z. B. in Stuttgart die Gesamtreinigungskosten von 18,8 Millionen Euro im Jahr 2012 auf 21,2 Millionen Euro im Jahr 2016 an.1 Wenn sich Menschen an solchen Verschmutzungen des öffentlichen Raums stören, kann dies deren Lebensqualität beeinträchtigen und das Sicherheitsgefühl mindern.2 Die Anzahl der bei der Stadtverwaltung Stuttgart eingereichten Beschwerden über Verschmutzungen erhöhte sich von 122 im Jahr 2011 auf 1152 im Jahr 2016 um fast das Zehnfache.3 Ein gesellschaftspolitischer Diskurs, bei dem die Unordnung im öffentlichen Raum in Form von Müll, Abfall und Graffitis (physical incivilities) bzw. öffentlichem Alkohol‑ und Drogenkonsum oder bettelnden Personen (social incivilities) eine zentrale Rolle spielt, entstand mit Blick auf den Broken-Windows-Ansatz von Wilson und Kelling (1982).4 Dieser Erklärungsansatz geht davon aus, dass kleinere Unordnungserscheinungen im öffentlichen Raum größere nach sich ziehen und auch Straftaten folgen können.5 Forschungen bestätigen, dass geringfügige Kriminalität als Folge von Unordnungserscheinungen wahrscheinlich ist.6 Vor diesem Hintergrund initiierte ein Forscherteam der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg7 eine Feldforschung zum Litteringverhalten des Passantenstroms in der Stuttgarter Einkaufsmeile (Königstraße). Dabei ging es im Wesentlichen um die Suche nach räumlichen Umfeldbedingungen mit dem Potenzial, das Litteringverhalten eines Passantenstroms zu beeinflussen. Die zentrale Fragestellung lautete entsprechend: Lässt sich innerstädtisches Litteringverhalten eines Passantenstroms durch die Gestaltung der Umfeldbedingungen beeinflussen? Beschreibung der Feldexperimente An sechs Samstagen in den Monaten Juli und August 2017 verteilte das Forscherteam jeweils von 15.00 Uhr –  16.45 Uhr auf der Stuttgarter Königstraße an den stadteinwärts gerichteten Passantenstrom Flyer mit der Aufschrift „Danke für Ihren Einkauf in Stuttgart!“ (siehe Abbildung 1). Die Personen, die den Flyer entgegennahmen, erkannten diesen sofort als für sie wertlosen und zu entsorgenden Müll und hatten grundsätzlich vier Handlungsoptionen: sofort zurückgeben, auf den Boden werfen, in Mülltonnen auf der Königstraße entsorgen oder mitnehmen. Die im Postkartenformat (14,8 cm x 10,5 cm) mit gelber Hintergrundfarbe und schwarzer Schrift aus zerknüllbarem, witterungsbeständigem Papier erstellten Flyer mussten als Litter gut erkennbar und mit Blick auf die spätere Auszählung im Restmüll feuchtigkeitsresistent sein. Neben einer leicht erfassbaren inhaltlichen Botschaft war bedeutsam, dass der Flyer keinen weiteren Benefit für den Probanden lieferte. Im Pretest bestätigten Passanten mit Aussagen wie „die Verteilung der Flyer treibt die Vermüllung der Umwelt voran“, dass der Gegenstand sofort als zu entsorgender Müll 70 — Studie: Littering in einer Einkaufsmeile

Abbildung 1: Flyer

Abbildung 2: Untersuchungsfläche mit vier Zonen (eigene Grafik in Anlehnung an Stuttgart Maps (https://www. stuttgart.de/maps)

Abbildung 3: Vermüllungssituation

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bewertet wurde. Es lag demzufolge nahe, dass die Entscheidung über den weiteren Umgang mit dem Gegenstand durch die Probanden sofort bzw. noch im Untersuchungsgebiet getroffen wurde. Die Untersuchungsfläche wurde aus analytischen Gründen in vier Zonen eingeteilt (siehe Abbildung 2). Die Forschergruppe zählte die Flyer nach den vorgenannten Handlungsoptionen aus, d. h. wie viele Flyer den Austeilern sofort zurückgereicht, auf einer 236 Meter langen Untersuchungsstrecke gelittert (d. h. auf den Boden geworfen, auf Bänken, Laternenpfählen, Sitzgruppen oder Ähnlichem zurück gelassen; hierbei wurden auch zerrissene Flyer bewertet und gezählt), ordnungsgemäß in den vorhandenen 13 Mülltonnen entsorgt oder von den Probanden mitgenommen wurden (Differenz aus der Anzahl ausgegebener/ nicht zurückgegebener und der Summe gelitterter und ordnungsgemäß entsorgter Flyer). Ob der Flyer mit nach Hause genommen und dort entsorgt wurde oder außerhalb des Untersuchungsraums eine der a deren Kategorien zum Tragen kam, war nicht Gegenstand der Untersuchung. Auf der Suche nach Antworten auf die Fragestellung, inwieweit das Litteringverhalten durch die Gestaltung der Umfeldbedingungen beeinflusst werden kann, nahm das Forscherteam nach einer neutralen Kontrollbedingung an jedem weiteren Samstag folgende Umgestaltungen auf der Königstraße vor. Zur Prüfung des in der Literatur vielfach bestätigten Broken-Windows-Effekts unterließ das Amt für Abfallwirtschaft Stuttgart am ersten Samstag, an dem die Umfeldbedingungen verändert wurden, die Reinigung der Untersuchungsfläche ab 05.00 Uhr. Zusätzlich präparierte das Forscherteam die Untersuchungsfläche mit auf einer Fußgängerzone gewöhnlich vorkommenden Müll (pro Zone in gleichmäßiger Verteilung zehn zerknüllte Papiertüten, Servietten, Plastikbecher, Kartonteller u. a. und zehn Flyer). Abbildung 3 zeigt die Vermüllungssituation zu Beginn des Feldexperiments. Die Arbeitsthese lautete: Vermüllung fördert das Litteringverhalten! Am zweiten Samstag stellte die Forschungsleitung zwei Streifenwagen der Polizei gut sichtbar auf der Untersuchungsfläche ab. Zusätzlich lief ein uniformierter Polizeibeamter ununterbrochen von 15.00 – 16.45 Uhr Streife (siehe Abbildung 4). Die Arbeitsthese lautete: Sichtbar wahrnehmbare formelle Sozialkontrolle reduziert das Litteringverhalten! Am dritten Samstag ging es um die Prüfung der Arbeitsthese: Werden Mülltonnen reduziert, dann wird mehr Müll auf den Boden geworfen! Hierzu reduzierte das Forscherteam die Anzahl der Mülltonnen auf dem Untersuchungsabschnitt der Königstraße von 13 auf neun. Zur Vermeidung einer Überfüllung einzelner Mülltonnen und eines eventuell dadurch eintretenden Broken-Windows-Effekts entfernte das Forscherteam insbesondere die beiden Mülltonnen, die sich bei den vorhergehenden Experimenten als am stärksten frequentiert erwiesen. Am vierten Samstag stand die Wahrnehmbarkeit von Mülltonnen im Fokus. Die Arbeitsthese lautete: Wird die Wahrnehmbarkeit von Mülltonnen verbessert, wird mehr Müll ordnungsgemäß in den Mülltonnen entsorgt! An diesem Tag wurden, wie Abbildung 5 zeigt, anstatt der üblicherweise eingesetzten schwarzen Mülltonnen grell orangefarbene benutzt. Am fünften und letzten Samstag stellte das Forscherteam neben jede Mülltonne im Untersuchungsraum ein von einem Kind erstelltes Plakat mit der Aufschrift: „Der Müll kommt in die Tonne“ (siehe Abbildung 6). Das Experiment galt der Überprüfung der Arbeitsthese: Wird zur Müllentsorgung in Form informeller Sozialkontrolle aufgefordert, wird mehr Müll in den Mülltonnen ordnungsgemäß entsorgt! Einige Abläufe im Detail Die Verteilung der Flyer erfolgte an jedem Samstag durch drei Ausgabepersonen, die alle ein schwarzes T-Shirt mit gleichlautendem Aufdruck (Danke für Ihren Einkauf in Stuttgart) trugen, und war undifferenziert auf jeden vorbeilaufenden Passanten ohne persönliche Ansprache gerichtet (siehe Abbildung 7). Da es sich bei den im Untersuchungsraum vorhandenen 13 Mülltonnen um sogenannte Unterflurmülleimer mit ca. 700 Liter Fassungsvermögen handelt, deren Leerung nur durch maschinelles Aussaugen erfolgen kann, war eine manuelle Auszählung der Mül tonnen nach der Anzahl der ordnungsgemäß entsorgten Flyer für das Forscherteam nicht ohne weiteres möglich. Aus diesem Grund transportierten Mitarbeiter des Amts für Abfallwirtschaft Stuttgart an allen Samstagen vor dem Untersuchungsbeginn 13 Schutzkappen sowie 13 Ersatzmülltonnen mit 200 Liter Fassungsvermögen mit einem Lastkraftwagen in den Untersuchungsraum, versiegelten die vorhandenen Unterflurmülleimer mit den abschließbaren Schutzkappen und stellten die 13 Ersatzmülltonnnen mit einer oben offenen Einwurföffnung neben die versiegelten Unterflurmülleimer (siehe Abbildung 8). Nach Ablauf des Experiments wurden die Schutzkappen der 13 Unterflurmülleimer wieder entfernt, die 200-Liter-Mülltonnen auf das firmeninterne Betriebsgelände des Amts für Abfallwirtschaft Stuttgart transportiert und dort vom Forscherteam nach Flyern ausgezählt. Experimentelles Design Es handelte sich um ein kontrolliertes experimentelles Design; die Experimente fanden immer auf demseben Straßenabschnitt der Stuttgarter Königstraße im Abstand von mindestens einer Woche statt, um unterschiedliche ortsspezifische Einwirkungen oder Einflüsse aufgrund zeitlicher Überschneidungen ausschließen zu können. Zu den identischen Untersuchungsbedingungen zählten an allen Samstagen der Untersuchungsraum (236 Meter lang, von der Arnulf-Klett-Passage bis zur Seitenstraße Thouretstraße); der Ausgabezeitraum der Flyer (von 15.00 Uhr bis 16.45 Uhr; festgelegt unter Berücksichtigung der höchsten Besucherfrequenz anliegender Einzelhandelsgeschäfte); der Ausgabeort der Flyer (Beginn der Königstraße); die Anzahl und das äußere Erscheinungsbild der Ausgabepersonen (drei Personen; schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift: Danke für Ihren Einkauf in Stuttgart) und der Ausgabemodus (undifferenziert an jeden vorbeikommenden Passanten). Die Witterung variierte bei hochsommerlichen Temp raturen zwischen 20,0 °C und 29,70 °C, ohne längere Regenschauer. Nennenswerte Beeinträchtigungen durch Sonderveranstaltungen gab es auf dem Untersuchungsabschnitt der Königstraße an keinem Untersuchungstag. Für den Zeitraum der Durchführung der Feldexperimente war sichergestellt, dass die Beschäftigten des Amts für Abfallwirtschaft Stuttgart die Untersuchungsfläche nicht reinigten und sechs Müllbehälter von drei Einzelhandelsgeschäften im Untersuchungsraum, deren Auszählung nicht möglich gewesen wäre, entfernt waren. Diese übereinstimmenden Untersuchungsbedingungen sollten ermöglichen, dass insbesondere die im Rahmen der Feldexperimente erfolgten Veränderungen der Umfeldbedingungen auf ihre Wirkung hin gemessen werden konnten.

114 – 123

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Abbildung 4: Streifenwagen

Abbildung 5: orangefarbene Mülltonne

Abbildung 6: Plakat

Abbildung 7: Ausgabe der Flyer

Abbildung 7: Ausgabe der Flyer

Abbildung 8: Unterflurmülleimer mit Schutzkappe und Ersatzmülltonne

Studie: Littering in einer Einkaufsmeile — 71


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Deskriptive Befunde 13.047 Passanten8 passierten durchschnittlich im Ausgabezeitraum die Ausgabestelle; 792 (= 6,07 %) bis 1213 (= 9,29 %) der Vorbeilaufenden nahmen einen Flyer an. Die Gesamtzahl der Probanden, die einen Flyer entggennahmen, und auf die sich die weitere Analyse bezieht, beträgt 5938. Zone 1 schloss sich direkt an die Ausgabestelle der Flyer an und wies mit 70,27 % an Litteringfällen und mit 52,90 % der ordnungsgemäß in Mülltonnen entsorgten Flyer in beiden Kategorien den höchsten Wert auf. Fasst man Zone 1 und 3 zusammen (Laufrichtung), so zeigt sich, dass mit 85,95 % der Fälle gelitterter und mit 73,61 % ordnungsgemäß entsorgter Flyer primär in Laufrichtung und auf der in Laufrichtung rechten Straßenseite bei mit zunehmender Entfernung von der Ausgabestelle abnehmender Stärke gelittert und ordnungsgemäß entsorgt wurde. Diese beiden Entscheidungen im Umgang mit dem Flyer fielen also früh und dicht nach der Ausgabestelle (siehe Tabelle 1). Ein weiterer, visueller Vergleich der Befunde zeigt, dass sich das Litteringverhalten mit Ausnahme der Vermüllungssituation unabhängig von den Umfeldbedingungen auf einem sehr konstanten Niveau zwischen 8,03 % und 9,09 % bewegt. Der Anteil der Litteringrate ist bei der Vermülungssituation mit 14,42 % nahezu doppelt so hoch. Etwa zwei Drittel (65,53 %) bis über drei Viertel (77,41 %) der an die Passanten ausgeteilten Flyer wird von diesen mitgenommen. Zwischen 0,88 % und 1,07 % der Flyer werden unmittelbar nach Aushändigung wieder zurückgegeben.10 Die Befunde ergeben sich aus Tabelle 2. Die grafische Darstellung in Abbildung 9 veranschaulicht die Verhaltensweisen im Umgang mit Flyern (aus Gründen der Übersichtlichkeit ist die geringe Anzahl „zurückgegebener Flyer“ nicht enthalten). Weitere Analyse Zur Prüfung der Arbeitsthesen erfolgt ein Vergleich der Verteilung der Anteilswerte zwischen den unteschiedlichen Untersuchungsbedingungen mittels Chi-Quadrat-Test.11 Zunächst werden auf der Basis der beobachteten Werte (fo) die erwarteten Werte (fe) (Produkt aus Zeilensumme mal Spaltensumme dividiert durch Gesamtsumme) sowie die prozentuale Verteilung der Erwartungswerte (Gleichverteilung) berechnet (siehe Tabellen 3; 4). Die spezifische Verteilung der Anteilswerte wird mit dem Chi-Quadrat-Test als Quadrat aus der Differenz zwischen dem beobachteten Wert (fo) minus erwarteten Wert (fe) dividiert durch erwarteten Wert (fe) berechnet und ergibt folgende Spaltenprozente (siehe Tabelle 4): Die Signifikanz wurde mit korrigierten Residuen getestet und wird im Folgenden beschrieben. Der Chi-Quadrat-Test führt zu einem höchst signifikanten Ergebnis (Chi-Quadrat = 67; df = 10; p = 0,000 ***), weshalb eine Konfigurations-Frequenz-Analyse (KFA) durchgeführt wird. Die KFA ist eine Analyse mehrdimensionaler Kontingenztafeln, die keine Voraussetzung an die Verteilung der Messwerte stellt. Zur Objektivierung der Interpretation der einzelnen Zellen in der Kontingenztafel werden adjustierte standardisierte Residuen (Z-Werte) im Rahmen der KFA herangezogen. Da es sich bei der KFA um simultane Signifikanztests in jeder der 18 Zellen der Kontingenztafel handelt, wird eine Alpha-Adjustierung nach Bonferoni vorgenommen.12 Die adjustierte Wahrscheinlichkeit ist in Tabelle 5 dargestellt. Ein hoch signifikanter Befund ergibt sich für die Entsorgung in Mülltonnen in der Kontrollbedingung (adjustiertes Residuum = 3,42; P < 0,01 **). Höchst signifikante Befunde ergeben sich in der Untersuchungsbedingung „Vermüllung“ für das Merkmal „Littering“ (adjustiertes Residuum = 5,48; p < 0,001 ***) und für das Merkmal „Mitgenommen“ (adjustiertes Residuum = ‑4,54; p < 0,001 ***) sowie in der Untersuchungsbedingung „Mülltonnen reduziert“ für die Merkmale „Mülltonnen“ (adjustiertes Residuum = ‑5,00; p < 0,001 ***) und „Mitgenommen“ (adjustiertes Residuum = 4,92; p < 0,001 ***) (siehe Tabelle 6). Die grafische Darstellung in Abbildung 10 veranschaulicht die Ergebnisse bei den unterschiedlichen Untersuchungsbedingungen. Die Befunde werden anschließend zusammengefasst und mit Blick auf die Arbeitsthesen bewertet. Zusammenfassung und Bewertung der Befunde Das Litteringverhalten erweist sich mit Ausnahme der Vermüllungsituation bei den unterschiedlichen Umfeldbedingungen als relativ konstant (zwischen 8,03 % und 9,09 %). Ein relativ hoher Wert zeigt sich bei der Anzahl mitgenommener Flyer (zwischen 65,53 % und 77,41 %). Die Art der Entsorgung mitgenommener Flyer war nicht Gegenstand der Untersuchung. Der Umstand, dass Flyer unmittelbar nach Aushändigung wieder zurückgegeben we den (zwischen 0,88 % und 1,07 %) weist darauf hin, dass die Flyer in diesen Fällen sofort nach Erhalt als zu entsorgender Müll eingeschätzt worden sind. Ein hoch signifikanter Befund ergibt sich für die Entsorgung in Mülltonnen in der Kontrollbedingung (adjustiertes Residuum = 3,4; P < 0,01 **).

Zone 1

Zone 2

Zone 3

Zone 4

Tabelle 1: Verteilung Littering und ordnungsgemäße Littering in % 72 — Studie: Littering in einer Einkaufsmeile

Entsorgung in Mülltonnen in %

Entsorgung nach Zonen


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104 – 107

108 – 113

1. These: Vermüllung fördert das Litteringverhalten

114 – 123

Zone 1

Zone 2

124 – 131

Zone 3

Zone 4

(Broken-Windows-Effekt)! Die These hat sich in der Untersuchung bestätigt. Das Litteringverhalten ist in der Vermüllungsituation höchst signifikant häufiger (adjustiertes Residuum = 5,5; p < 0,001 ***) und es werden gleichzeitig höchst signifikant weniger Flyer (adjustiertes Residuum = –4,5; p < 0,001 ***) aus dem Untersuchungsraum mitgenommen. Der Broken-Windows-Effekt lässt sich damit beim Passantenstrom in der Stuttgarter Königstraße bestätigen und stützt die Universalitätsvermutung. Der Grad der Vermüllung am Ende einer Zeiteinheit (Endwert) erscheint abhängig vom Grad der Vermüllung zu Beginn der Zeiteinheit (Ausgangswert). Ein Reinigungsverzicht von etwa zwölf Stunden und eine zusätzliche Vermüllung der Straßenfläche bewirken ein nahezu doppeltes Maß des Litteringverhaltens in der Stuttgarter Königstraße. Die regelmäßige Reinigung der Straße und deren damit einhergehende wahrnehmbare Sauberkeit erscheinen somit essentiell, um einer sich über kurze Zeit beschleunigenden Vermüllung entgegenzuwirken.

Littering absolut

555

Entsorgung in Mülltonnen absolut 9

2. These: Sichtbar wahrnehmbare formelle Sozialkont-

898

rolle reduziert das Litteringverhalten!

Die These hat sich in dieser Untersuchung nicht bestätigt. Das Litteringverhalten war nicht bedeutsam höher. Die Entsorgung in Mülltonnen war bei dieser Untersuchungsbedingung aber höchst signifikant geringer (adjustiertes Residuum = –5,0; p < 0,001 ***) und die Anzahl der mitgenommen Flyer höchst signifikant höher (adjustiertes Residuum = 4,9; p < 0,001 ***). Die Reduzierung der Anzahl der Mülltonnen führt also nicht unmittelbar zu einer höheren Litteringrate. Es wird aber weniger Müll in den noch vorhandenen Mülltonnen entsorgt und mehr Müll mitgenommen. Die Menschen des Passantenstroms suchen bei reduzierter Anzahl von Mülltonnen weder aktiv vor Ort nach Mülltonnen zur Entsorgung aktuell anfallenden Mülls, noch littern sie unmittelbar in höherem Umfang. Wenn ein Passant also nicht vorhatte, zu littern, konnte er auch durch diese schlechtere Ausgangslage der Entsorgungsmöglichkeiten nicht in bedeutsam höherem Maße zum Littern bewegt werden.

4. These: Wird die Wahrnehmbarkeit von Mülltonnen verbessert, wird mehr Müll in den Mülltonnen ordnungsgemäß entsorgt! Die These hat sich in dieser Untersuchung nicht bestätigt. Das Entsorgungsverhalten war nicht bedeutsam höher. Zur Schlussfolgerung siehe Ziffer 5.

400

600

800

1000

Tabelle 1: Verteilung Littering und ordnungsgemäße Entsorgung nach Zonen

0%

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

0%

10 %

20 %

30 %

40 %

50 %

60 %

70 %

80 %

Littering

Kontrollbedingung Vermüllung Streifenwagen Mülltonnen reduziert Mülltonnen orange Schilder

Kontrollbedingung Vermüllung Streifenwagen Mülltonnen reduziert Mülltonnen orange Schilder

Mülltonnen

mehr Müll auf den Boden geworfen!

200

Kontrollbedingung Vermüllung Streifenwagen Mülltonnen reduziert Mülltonnen orange Schilder

Mitgenommen

3. These: Werden Mülltonnen reduziert, dann wird

0

Kontrollbedingung Vermüllung Streifenwagen Mülltonnen reduziert Mülltonnen orange Schilder

Zurückgegeben

Die These hat sich in dieser Untersuchung nicht bestätigt. Das Litteringverhalten war nicht bedeutsam geringer. Eine sichtbare und wahrnehmbare formelle Sozialkontrolle in Form der Streifenwagen und eines Polizeibe amten reduziert das Litteringverhalten nicht. Inwieweit die beiden unbesetzten Streifenwagen und ein einzelner Polizeibeamter auf dem 236 Meter langen Untersuchungsabschnitt der Königstraße von den Passanten überhaupt wahrgenommen oder als polizeiliche Alltagsaktivitäten (z. B. Diebstahlsermittlungen der Polizei in Einzelhandelsgeschäften) eingestuft wurden, ist nicht bekannt. Die in der genannten Form beabsichtigte Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit hat sich jedenfalls als nicht bedeutsam zur Reduzierung des Vermüllungsverhaltens erwiesen. Wenn das Vermüllungsverhalten nicht durch die Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit reduziert werden kann, wären in einer künftigen Untersuchung die Bedeutung der Eintrittswahrscheinlichkeit und Wertigkeit von Handlungsfolgen als Einflussgrößen zu prüfen.13

Tabelle 2: Verhaltensweisen im Umgang mit Flyern bei unterschiedlichen Umfeldbedingungen

Studie: Littering in einer Einkaufsmeile — 73


14 – 19

20 – 23

24 – 33

34 – 37

38 – 61

5. These: Wird zur Müllentsorgung in Form informeller

62 – 85

Summe

Sozialkontrolle aufgefordert, wird mehr Müll in den

850

845

Mülltonnen ordnungsgemäß entsorgt! Die These hat sich in dieser Untersuchung nicht bestätigt. Das Entsorgungsverhalten war nicht bedeutsam höher. Weder eine auffallend orangefarbene Gestaltung der Mülltonnen noch eine mittels Plakatwerbung vermittelte Botschaft mit Aufforderungscharakter zur ordnungsgemäßen Entsorgung sind in der Lage, die Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Müll beim Passantenstrom in der Stuttgarter Königstraße bedeutsam zu erhöhen. Es wäre zu prüfen, ob diese Veränderungen überhaupt eine Aufmerksamkeitslenkung erzeugen können bzw. inwieweit die gewünschten Signale aus diesen Veränderungen in einer Einkaufsstraße vom Passantenstrom überhaupt wahrgenommen werden. Zu prüfen wäre im Weiteren, ob eine Plakatwerbung in öffentlichen Räumen mit anderen Funktionen (z. B. Freizeitfunktion) eine Wirkung erzeugt.

Mitgenommen Kontrollbedingung

Vermüllung

1123

1200

Fazit Die zentrale Frage, ob sich innerstädtisches Litteringverhalten eines Passantenstroms durch die Gestaltung der Umfeldbedingungen beeinflussen lässt, kann für die Vermüllungsituation bejaht werden. Da mit dem Passantenstrom das Verhalten eines breiten Spektrums an zufällig passierenden Menschen erforscht wurde, ist ein Zusammenhang zwischen sozialstrukturellen Merkmalen der Menschen und deren Litteringverhalten nicht erkennbar. Im Rahmen der Feldexperimente hat sich gezeigt, dass abgesehen von der Vermüllungsituation keine weitere hier getestete Umfeldbedingung geeignet war, die Litteringquote signifikant zu beeinflussen. Es gibt beim Passantenstrom in dieser Einkaufsmeile einen „harten Kern“ im Umfang von acht bis neun Prozent der Menschen, der weitgehend konstant und unabhängig von den Umfeldbedingungen littert. Das Ausmaß des Litterings ist bei diesem Passantenstrom gegenüber anderen Untersuchungsergebnissen aber deutlich geringer.14 Unter dem Vorbehalt, dass ein normal übliches Maß an Littering nicht bekannt ist, wäre es möglich, dass die Umfeldbedingungen der Stuttgarter Königstraße bereits günstig oder sehr weitgehend optimiert sind. Inwieweit der harte Kern über die Frage der Sanktionswahrscheinlichkeit und Sanktionshärte erreicht werden kann, muss hier offen bleiben. Die Feldexperimente haben auch gezeigt, dass sich bei einer Verschlechterung der Umfeldbedingungen nicht ohne weiteres mehr Personen unmittelbar zum Littering verleiten lassen. Die Reduzierung der Anzahl der Mülltonnen führte zu keiner bedeutsamen Steigerung der Litteringquote, sondern zu einer höheren Mitnahmerate. Für die kommunal Verantwortlichen stellt sich also die Frage, wie wichtig es ist, dass Müll aus dem öffentlichen Raum mitgenommen oder vor Ort entsorgt wird. Besteht die Verschlechterung der Umfeldbedingungen indes in einer stärkeren Vermüllung des Umfelds, dann sind wohl auch einige jener Personen bereit zu littern, die im vorherigen Fall den Müll eher mitgenommen haben.

Mülltonne Mülltonnen reduziert

Streifenwagen

784

1070

Littering Mülltonnen orange

Schilder

Tabelle 3: fo-Beobachtete Werte

Mitgenommen

Mülltonne

Littering

(h)15 %***

(h)70 %**

An der Durchführung der Feldexperimente wirkten Isabell Dambach, Alexander Klein, Alexandra Schaal, Mark

(s)66 %***

Schaeffer und Thomas Schulte-Wieking als Bacheloranden und Studierende an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg mit. Verantwortlich für die statistische Datenanalyse ist Dr. Viola Vockrodt-Scholz, Diplom-Psychologin. Kontakt: egonwachter@hfpol-bw.de; gunter.schmidt@polizei.bwl.de Kontrollbedingung

Alpha (p)

0,05

0,01

0,001

Alpha* (p* =p/18)°

0,001389

0,000278

0,000028

Adj. Residuen (Z-Werte)

2,99

3,45

4,00

Signifikanz

*

**

***

Vermüllung

Streifenwagen

Mülltonnen orange

Schilder

(s)13 %***

(h)78 %***

Mülltonnen reduziert * Bonferoni-Korrektur: Alpha wird durch die Anzahl der Zellen der Kontingenztafel geteilt Tabelle 5: Alpha * für die vorliegende Tabelle

Abbildung 9: Verhaltensweisen beim Umgang mit Flyern bei unterschiedlichen Umfeldbedingungen (h = häufiger, s = seltener, *** statistisch höchst signifikant, ** statistisch hoch signifikant Tabelle 4: Spaltenprozente)

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6 Kontrollbedingung

Vermüllung

Streifenwagen

Mülltonnen reduziert

5,5***

Mülltonnen orange

Schilder

4,9***

5

4 3,4**

Mitgenommen

3

2

1

0 Mülltonnen

-1

-2

-3

-4 Littering -4,5*** -5

-5,0*** Abbildung 10: Befunde bei den unterschiedlichen Untersuchungsbedingungen (** hoch signifikante Ergebnisse nach der Alpha-Adjustierung und *** höchst signifikante Ergebnisse nach der Alpha-Adjustierung (pos. Werte = häufiger; neg. Werte = seltener) Tabelle 6: Angepasste Korrigierte Residuen Konfigurations-Frequenz-Analyse)

Anmerkungen 1

Wehaus, R.; Klos, C. 2017: Stuttgart macht mobil gegen Müll in der Stadt. In: Stuttgarter Zeitung, Nr. 210, vom 11.9.2017, S. 22.

2

Naplava, T.; Kania, H. 2010: Kriminalitätsfurcht im gesellschaftlichen Kontext. Teil 1. Wohnumfeld und Sicherheitsgefühl. In: Kriminalistik 2/2010, S. 117 – 121.

3

Wehaus, R.; Klos, C. 2017: Stuttgart macht mobil gegen Müll in der Stadt. In: Stuttgarter Zeitung, Nr. 210, vom 11.09.2017, S. 22.

4

„Theorie der zerbrochenen Fenster“, wonach ein zerbrochenes Fenster in einem leerstehenden Haus, das von den Menschen als Zeichen nachlassender Sozialkontrolle gewertet wird, zu einer späteren völligen

Verwahrlosung der Umgebung führt (Kelling, G.; Wilson, J. 1982: Broken Windows: The police and neighborhood safety. In: The Atlantic Monthly, 249(3), S. 29 – 38).

5

Der Broken-Windows Ansatz basiert auf Feldexperimenten des Psychologen Zimbardo. Dieser stellte fest, dass ein Autowrack, abgestellt in Bronx, New York, binnen 26 Stunden ausgeschlachtet und verwertbare Einzelteile

entwendet worden waren, während an einem Autowrack in Palo Alto, Kalifornien, vergleichbare Verhaltensweisen nicht beobachtbar waren. Zimbardo führte die unterschiedlichen Befunde auf die unterschiedlichen

Sozialstrukturen zurück (Zimbardo, P. 1969: The human choice: Individuation, reason and order vs. deindividuation, impulse and chaos. Stanford University Press).

6

Keizer/Lindenberg/Steg stellten fest, dass in einer Umgebung ohne Graffiti und Müll 13 % (N=71) der Probanden ein Briefkuvert, das aus einem öffentlichen Briefkasten herausragt und worin sich ein gut sichtbarer

5-Euro-Schein befand, an sich nahmen. Dieselbe Verhaltensweise zeigten 27 % (N=60) unter der Bedingung, dass Graffiti am Briefkasten sichtbar war (Keizer, K.; Lindenberg, S.; Steg, L. 2008: The spreading of disorder.

Scienceexpress. http://www.lantm.lth.se/fileadmin/fastighetsvetenskap/utbildning/Fastighetsvaerderingssystem/Spreading_disorder.pdf. Abruf 28.3.2018). Auch Keuschnigg/Wolbring bestätigten Kriminalität als Folge

von Unordnung für die Mitnahme von Umschlägen mit sichtbaren Geldscheinen als Inhalt. 13,33 % (N=135) der Probanden nahmen den auf dem Boden vor dem Briefkasten liegenden Umschlag mit, wenn keine Fahrräder

am Briefkasten abgestellt waren, und 20,37 % (N=135) der Probanden zeigten dieselbe Verhaltensweise, wenn kaputte Fahrräder am Geländer neben dem Briefkasten angelehnt waren. Steigerte sich der Betrag des im

Briefumschlag sichtbaren Geldscheins, so war bei einem Betrag von 100 Euro ein Einfluss auf das Verhalten nicht mehr feststellbar (Keuschnigg, M; Wolbring, T. 2015: Disorder, social capital and norm violation. Three field

experiments on the broken windows thesis. Rationality and Society).

7

Im Rahmen dieser Forschung erstellten Studierende der Hochschule für Polizei Baden- Württemberg ihre Bachelorarbeiten.

8

7455 Passanten pro Stunde. Gemessen am Samstag, 6.5.2017, 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr (http://www.jll.de/germany/de-de/Documents/JLL%20-%20Passantenfrequenzz%C3%A4hlung%202017 %20-%20TOP_20_nach%20

Rang.pdf; Abruf 28.3.2018).

9

Ohne die Versuchssituation Mülltonnen reduziert.

10

Diese Verhaltensweise weist darauf hin, dass die Flyer sofort als zu entsorgender Müll erkannt worden sind.

11

Vockrodt-Scholz, V. 2012: Excel – Statistische Funktionen. Nicht veröffentlichte Seminarunterlagen.

12

Vockrodt-Scholz, V. 2012: Excel – Statistische Funktionen. Nicht veröffentlichte Seminarunterlagen.

13

„Verhaltenssteuerung erfolgt über die Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Handlungsfolgen multipliziert mit deren Wertigkeit. Die multiplikative Verknüpfung beider Wirkfaktoren verweist darauf, dass beides

nennenswert vorhanden sein muss: die Erwartung, dass man bei seinem Fehlverhalten erwischt wird und eine Strafhöhe, die persönlich bedeutsam ist“ (Schlag, B. 2010: „Regelbefolgung“. In: Schriftenreihe Nr. 14 des

Deutschen Verkehrssicherheitsrats, Fachliche Beiträge zu Themen der Kampagne „Risiko Raus“, Bonn 2010, S. 23 – 38).

14

Zum Vergleich: Reiter/Samuel verwendeten als „Müll“ ein Kärtchen mit der Aufschrift „Danke, dass Sie Ihre lokalen Kaufleute unterstützen!“, das sie an der Windschutzscheibe von im Parkhaus geparkten Autos anbrachten.

Sie stellten einen Vermüllungsgrad zwischen 31,9 % und 41,9 % fest (Reiter, S.; Samuel, W. 1980: Littering as a function of prior litter and the presence or absence of prohibitive signs. In: Journal of Applied SocialPsychology

10/1980, S. 45 – 55). Keizer/Lindenberg/Steg befestigten an einem stark frequentierten innerstädtischen Fahrradabstellplatz Flyer mit dem Aufdruck „We wish erverybody happy holidays“. In dieser Umgebung ohne Graffiti

litterten 33 % der Probanden (N=77) den Flyer bei Abholung des Fahrrads, nachdem Graffitis in der Umgebung sichtbar ware litterten 69 % der Abholer (N=77) (Keizer, K.; Lindenberg, S.; Steg, L. 2008: The spreading of

disorder. Scienceexpress. http:// www.lantm.lth se/fileadmin/fastighetsvetenskap/utbildning/Fastighetsvaerderingssystem/Spreading_disorder.pdf. Abruf 28.3.2018). Studie: Littering in einer Einkaufsmeile — 75


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Da hätte ich jetzt auch eine Frage gehabt, ob es sinnvoll ist, Aufmerksamkeit auf Mülleimer zu richten. Regelmäßig wird das natürlich von allen gefordert, von den Lokalpolitikern. Jeder Bürger sagt, wir brauchen mehr Mülleimer, dann gibt es natürlich die Lokalpolitiker und Bezirksvertreter, die alle sagen, AWS wir brauchen mehr Mülleimer und dann sagt die Abfallwirtschaft, wir brauchen keine Mülleimer mehr, das bringt alles nichts, dann gibt es einen Kompromiss und man macht ein paar mehr Mülleimer hin. Aber eigentlich hat es gar keinen Effekt. Also es haben auch schon ein paar von den interviewten gesagt, dass es nichts bringt, wenn man Schilder oder Aufkleber oder sonst irgendetwas macht. Es gibt ja gerade so eine Aktion oder Kampagne, die Grafiken, die hängen ja an den Mülleimern. Die Stadt Stuttgart wertet ja immer aus, wie viel Müll in diesen Behältern drin ist. D.h. man müsste mal schauen, ob nach dieser Kampagne tatsächlich weniger oder mehr Müll in den Mülleimern ist. Denn eigentlich müsste ja dann mehr Müll in den Mülleimern sich befinden. Ich weiß aber nicht ob das dann tatsächlich der Fall ist. Ellena Krämer: Wir haben auch mal so ein bisschen rum gefragt, dir ist es wahrscheinlich auch aufgefallen als visueller Mensch, die Kampagne Sauberes Stuttgart oder? Ja.

Aschenbecher vor dem Cannstatter Bahnhof, welcher im Zuge der Sensibilisierungskampagne aufgestellt wurde

Wir haben ja auch einen Kursleiter für Werbung und da sind wir zufällig letzte Woche auf das Thema Müllverschmutzung gekommen und dann hat der Kursleiter gesagt, dass er da an dieser Kampagne Sauberes Stuttgart mit seiner Werbeagentur beteiligt ist. Ellena Krämer: Man muss ja auch echt sagen, für uns visuelle Menschen ist die Werbung immer eine Gratwanderung und eine coole Idee ist ja schon Klasse. Es ist schon ein stückweit eine coole Idee, aber funktioniert die Idee, das ist das andere, weil da gibt man echt sehr viel Geld aus und letztendlich begreifen es die, die es begreifen sollen gar nicht, weil die schauen es gar nicht an. Das sind auch die die auf der Parkbank sitzen und den Müll neben den Mülleimer werfen. Das ist halt immer schade. Gunter Schmidt: Ich glaube in dem Bereich ist es auch unmöglich eine Kampagne zu machen, weil die Werbung nicht die Zielgruppe erreicht. Anders wie wenn ich eine Werbung für Media Markt oder sonst irgendwas, dann erreiche ich damit doch die Zielgruppe, aber das tut es hier in dem Fall halt nicht. Ellena Krämer: Die Frag ist halt auch, wer oder wo ist die Zielgruppe? Gunter Schmidt: Ich würde sagen, das deckt sich teilweise mit Kriminalität, also jetzt nicht falsch verstehen, aber im Endeffekt ist es delinquentes Verhalten. Jetzt mal im kriminologischen Bereich sind das einfach Menschen von niedriger Sozialstruktur oder von einem geringen sozialen Status. Mit Sicherheit auch andere Kulturen, weil das in anderen Kulturen völlig normal ist, Sachen auf den Boden zu werfen. Das ist ganz klar, wenn ich in die Türkei gehe, dann ist das anders, dann sieht das da wirklich anders aus wie in Deutschland. Also sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich. Das ist jetzt auch wirklich kein Vorurteil, das ist jetzt eine klare Tatsache, dass Südländer nicht so ordnungsliebend sind wie die Deutschen. In Bad Cannstatt ist es im Bahnhofsbereich ganz schlimm mit der Müllverschmutzung und da frage ich mich an was das liegt. Wenn sie jetzt gerade irgendwo mit ihrem Hund unterwegs sind, der Hund macht ein Häufchen und sie räumen es nicht weg, da schauen sie sich schon einmal um und wenn jemand da ist, dann muss derjenige es dann doch aufsammeln.

»Es hat etwas wieder mit der Sozialkontrolle zu tun, wenn halt mehr Menschen da sind, dann fühlt man sich immer mehr beobachtet und dann passiert auch weniger. Das heißt wenn ich jetzt z.B., das ist ja auch in dieser städtebaulichen Kriminalprävention so, wenn ich jetzt Bereiche habe, die überhaupt nicht frequentiert sind, wie z.B. in Parkanlagen, da vielleicht dann doch eher, wenn es so dunkle Ecken gibt und da beobachtet es keiner.« 76 — Interview: Gunter Schmidt


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Grundsätzlich sage ich mal, es gibt schon den Hardcore Litterer, aber die meisten Menschen haben ja schon ein Unrechtsbewusstsein und wollen nicht unbedingt darauf angesprochen werden. Ich glaube, dass es ganz erheblich davon abhängt wie häufig so ein Platz frequentiert ist. Das ist ja auch etwas, was gerade am Oberen Schlossgarten diskutiert wird, weil man da auch diese Vermüllung hat und da versucht man einfach den Platz mit viel Geld zu bespielen, mit Gastronomie und durch Einrichtungen, die eine bessere Kontrolle mit sich bringen. Was ich mich auch frage, warum im Bereich Königstraße bzw. Schlossplatz ganz viele Mülleimer stehen und an anderen Stellen gar kein Mülleimer ist. Ich glaube, das ist teilweise auch ein bisschen Politik, da wo laut geschrien wird, da kommt man diesem Wunsch von vorher zitiert eben nach. An mancher Parkbank ist es durchaus diskutabel und kann man kritisieren, dass da gar nichts ist, aber im Einzelnen weiß da nur die Abfallwirtschaft Bescheid, warum jetzt an dieser Stelle der Mülleimer sogar vielleicht abmontiert wurde. Vielleicht liegt der Mülleimer auch ungünstig auf irgendwelchen Wegstrecken, also die haben ja mit Sicherheit ihre abgesteckten Routen und haben irgendwelche Pläne. Aber kann ich dir nicht genauer sagen, warum das so gemacht wurde. Wie sehen Sie die Müllverschmutzung allgemein in Stuttgart, ist die Müllverschmutzung besonders schlimm im Gegensatz zu anderen Städten? Ich glaube, dass das Problem in jeder Großstadt vorhanden ist, weil es gibt auch in anderen Städten teilweise irgendwelche Stabstellen, die errichtet werden und ganz viel Geld in die Hand genommen wird. Also das ist gerade überall das Thema. Aber die Kriminalität geht runter in vielen Großstädten, aber diese Ordnungsstörung, die gehen ein bisschen nach oben.

»Es ist so ein grausames Wort mit Werteverlust, aber es ist schon so ein bisschen dieses gegenseitige respektieren. Wir erleben das ja auch im Umgang mit den Bürgern, dass da einfach so eine Respektlosigkeit da ist, so ein: „Sie können mir nichts.“ Also wir empfinden schon, dass sich da ein bisschen was gewandelt hat und es lässt sich ja wirklich auch durch Zahlen belegen. « Die AWS hat ja diese steigenden Zahlen. Also es liegt ja nicht nur Subjektiv mehr Müll auf der Straße, sondern es ist auch gemessen mehr Müll auf der Straße. Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, dass es immer mehr Verpackung gibt. Alles mögliche wird in Plastik eingepackt, wo es aber überhaupt nicht notwendig ist. Gunter Schmidt: Absolut. Ellena Krämer: Da ist jetzt ganz gut, dass diese Gegenbewegung gerade richtig stark aufkommt, finde ich. Gunter Schmidt: Aber es stimmt, wozu braucht es überhaupt to go Kaffee, in Italien gibt es das überhaupt nicht, da geht man kurz in das Café rein, trinkt seinen Kaffee und geht wieder. Was halten Sie von ehrenamtlichen Müllsammel Organisationen und Aktionen? Ich finde es wirklich super, wir haben es ja wie gesagt auch mit diesem Let’s Putz als Marke bei uns im Verein. Da geht es nicht um diese eine Aktion, das ist immer ganz wichtig zu betonen, weil das für die 2 Stunden in denen ich den Müll aufräume hilft. Aber es geht einfach darum, dass man diese Aktionen pädagogisch begleitet mit vielen jüngeren Teilnehmern und vielleicht auch eine Berichterstattung in den Medien macht, die vielleicht dann auch im Zweifel wieder die falsche Zielgruppe erreicht, aber man muss da einfach am Ball bleiben und man darf es auch nicht unter dem Gesichtspunkt sehen, dass man die 100 % will, es reicht im Prinzip schon die 5 % und die kann ich erreichen.

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Kampagne Sauberes Stuttgart Ausschreibung und Umsetzung der Kampagne „Ausschreibung eines Kommunikationskonzepts für eine Kampagne zum Thema „Sauberes Stuttgart“ der Landeshauptstadt Stuttgart 1. Allgemeine Informationen: Bundesweit klagen Städte, aber auch Bürgerinnen und Bürger über eine zunehmende Vermüllung (Littering) der öffentlichen Bereiche. Abfalleimer werden ignoriert. Müll landet daneben, auf der Straße oder wird einfach liegen oder fallen gelassen. Hinzu kommen Unmengen an Zigarettenkippen und die Spuren von „Wildpinklern“. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, hat die Landeshauptstadt Stuttgart das ämterübergreifende Konzept „Sauberes Stuttgart“ entwickelt. Es enthält neben deutlich verstärkten Reinigungsleistungen auch präventive Maßnahmen zur Müllvermeidung, mehr Kontrollen und Strafen sowie eine entsprechende Öffentlichkeitskampagne. Für die neuen Aufgaben werden stadtweit über 120 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, darunter rund 100 direkt bei der Straßenreinigung. Eines ist klar: Ohne aktive Mithilfe der Stadtgesellschaft, verbunden mit einem Bewusstseinswandel in Bezug auf Mitverantwortung für die Gemeinschaft und den öffentlichen Raum, wird das Problem nicht zu lösen sein. Deshalb ist auf Einsicht und daraus resultierend auf freiwillige Verhaltensänderung zu setzen, also auf sozialen und auch finanziellen Druck mittels Bußgelder. Die Landeshauptstadt Stuttgart will daher aus dem Thema „Sauberkeit“ ein gemeinsames Projekt von Stadt, Bürgerinnen und Bürgern machen. Ziel ist es, auf sympathische Weise die gesamte Stadtgesellschaft für ein sauberes Stuttgart und zum Mitmachen zu gewinnen. Dafür bedarf es einer neuen, groß angelegten und vor allem langfristigen und öffentlichkeitswirksamen Kampagne mit klaren Botschaften und einprägsamem Logo bzw. Claim. Um für das Ziel einer sauberen Stadt möglichst viele Menschen zu gewinnen und nachhaltige Überzeugungsarbeit zu leisten, braucht die Stadt einen starken kreativen Partner. Dieser muss über große Erfahrung mit Kampagnen dieser Art verfügen. Eine solche Agentur soll über diese Ausschreibung gefunden werden. 2. Anforderungen an die Kampagne/Aufgaben der Agentur: Botschaft: Die öffentlichkeitswirksame Kommunikationskampagne soll für ein sauberes Stuttgart werben und dabei auch vermitteln, dass die Landeshauptstadt Stuttgart zwar ihrerseits den Einsatz deutlich erhöht, mehr Geld investiert und mehr Personal einstellt, aber das Problem ohne Unterstützung der Stadtgesellschaft nicht in den Griff bekommen kann. Zielgruppe: – Stuttgarts Stadtgesellschaft allgemein – und insbesondere all jene, die Teil des Problems sind, also ihren Abfall fallen- oder liegenlassen, „wild“ urinieren und ihre Kippen überall hinschnippen – Besucherinnen und Besucher in Stuttgart. Stimmiges Gesamtkonzept: Das Kommunikationskonzept umfasst eine Gesamtstrategie mit Maßnahmenempfehlungen einer im gesamten Stadtgebiet sichtbaren Kampagne für ein „sauberes Stuttgart“. Sie soll Aufmerksamkeit wecken, zum Mitmachen anregen, emotionalisieren sowie originell, überraschend und dabei seriös und der Außenwirkung der Landeshauptstadt Stuttgart angemessen sein. Die Anforderungen: Claim, Slogan: Absenderin der Kampagne ist die Landeshauptstadt Stuttgart mit ihrer CI – Mit der bestehenden Gestaltungslinie und dem Slogan der AWS „Ich mag die Orangen“ kann offen und kreativ umgegangen werden. Er ist nicht bindend. Mediaplan, Vorschläge für z.B.: Out of Home-Medien – Clip, Video, Kino-Spot – CityCards – Ground-Poster – Guerilla-Marketing – Website, Soziale Medien – Response- und Beteiligungsformate – Events. Ansprache der Verursacher: Gefragt sind Ideen/Maßnahmen für eine gezielte und wiederkehrende Ansprache der Zielgruppe „Verursacher“. Finanzierungsplan: Gesamtkonzept – für den Auftakt der Kampagne – ihre Fortsetzung im ersten Jahr – jeweils für die vier Folgejahre (optional pro Jahr max. 500 000 Euro) darzulegen – Anhand von Modulen muss eine Gewichtung erkennbar sein, welche Bausteine als notwendig, wichtig usw. angesehen werden. Auf diese Weise sollen das erforderliche Budget sowie finanzielle Spielräume festgestellt werden. Partner und Unterstützer: Die Stadt braucht Partner und Unterstützer. Konkrete Vorschläge sind gefragt. – Die Medien berichten schon heute regelmäßig über das Thema. Ist ein spezieller 78 — Kampagne Sauberes Stuttgart

Ausstellung des 36 m3 gesammelten Mülls von zwei Tagen in der Königstraße im Zuge des Eröffnungsevents der Kampagne Sauberes Stuttgart auf dem Schlossplatz am 09. Juli 2019.

Aufsteller für den Aktions- und Eröffnungstag der Kampagne Sauberes Stuttgart.

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Medienpartner sinnvoll? – Wie können bereits bestehende Initiativen (wie der Verein Sicheres und Sauberes Stuttgart, Let’s Putz, Let’s Clean up Europe etc.), der Einzelhandel, Fastfood-Betriebe, aber auch Institutionen (wie Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen), Kultureinrichtungen und auch Veranstalter von Open-Air-Events eingebunden werden? Einbindung des künftigen Coffee to go-Pfandsystems mit Mehrwegbechern. Mit einem Konzeptund Ideenwettbewerb sucht die Stadt (Stand: November 2018) bereits einen Partner für das Projekt „Mehrwegbecher“. Nach einer Anschubphase von zirka zwei Jahren wird sie sich aus dem Projekt zurückziehen: Hier sind Ideen gefragt, wie dieses Projekt in die Kampagne eingebaut werden kann. Budget: Für 2019 stehen für den Auftakt der Kampagne und ihre ganzjährige Fortsetzung maximal 500.000 € zur Verfügung. Dieser Betrag ist jeweils auch für die vier Folgejahre eingeplant. Die Folgejahre werden spätestens zum 1. Oktober des Vorjahres beauftragt. Vertragslaufzeit: Der Vertrag hat voraussichtlich eine Laufzeit ab 1. April 2019, jedoch spätestens ab Zuschlagserteilung und endet zum 31. Dezember 2020. Es besteht die Option, dass die Laufzeit in gegenseitigem Einvernehmen dreimal um jeweils ein Jahr bis 31. Dezember 2021, 31. Dezember 2022 oder 31. Dezember 2023 verlängert wird. Der Vertrag ist zeitgebunden und endet spätestens mit Ablauf der dritten Option am 31. Dezember 2023. Die Verlängerungsoption wird von Seiten des Auftraggebers mindestens sechs Monate vor Ablauf des jeweiligen Vertragsendes ausgesprochen und bedarf der Schriftform. Kampagnenauftakt: Start: Mai 2019 – Konzept für einen wirkungsvollen Kampagnenauftakt mit Eventcharakter im öffentlichen Raum Dauer der Kampagne: Da das Problem nicht auf kurzem Weg in den Griff zu bekommen ist, soll die Kampagne langfristig auf fünf Jahre angelegt sein. Das Thema „Sauberes Stuttgart“ wird wirkungsvoll mit einem Aufschlag gesetzt, kontinuierlich fortgeführt und bleibt durch immer neue Impulse im Gespräch und damit im Bewusstsein. Begleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Die Abteilung Kommunikation wird die Kampagne mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit in den eigenen städtischen Medien (stuttgart.de, soziale Medien, Amtsblatt) und in ihrem Pressedienst, der täglich erscheint, begleiten: durch Pressekonferenzen, Berichterstattung, Berichte zu aktuellen Themen. Ziel: Information und Sensibilisierung. – Auch über Aktionen, Initiativen usw., die sich des Themas annehmen oder die sich im Laufe der Kampagne ergeben, wird regelmäßig berichtet. Sie werden damit gewürdigt und andere zur Nachahmung animiert.“ 2

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Zurschaustellung der unterschiedlichen Mülleimer in Stuttgart.

Riesiger menschlicher Aufsteller, der auf das Problem Wildpinkler aufmerksam machen soll.

Umsetzung der Kampagne durch die Werbeagentur Werbung etc. „1. Konzeption für eine saubere Stadt – Unsere Arbeitsweise – Unser gedanklicher Ansatz – Touchpoints – Zielgruppen – Exkurs: Coffee-to-go – vom Einweg – zum Mehrwegsystem — 2. Marketing-Kommunikations-Strategie – Ganzheitlicher Ansatz für Stuttgart – 360 Grad Kommunikation an 365 Tagen – Ideen und Key Visuals – Events für die Farbe Orange – Media-Kommunikation über 4 Jahre — 3. Kreative Umsetzung der Kommunikation In jeder Kommune gibt es immer mehr die Herausforderung, den Müllberg, den die Menschen hinterlassen, zu bewältigen. Auch Stuttgart steht vor der Aufgabe, die Stadt zu säubern, die Stadt als einen lebenswerten Ort zu erhalten und den Stuttgartern eine menschenwürdige Umgebung zu bieten. Müll entsteht dort, wo Menschen leben, sich bewegen und aufhalten. Müll ist lästig und dreckig – ein Tabu über das die Bürgerinnen und Bürger sich wenig Gedanken machen. Hauptsache er ist weg. > Mit unserem Arbeits-Prozess für Marketing Kommunikation können wir nicht nur Konzepte sondern ganzheitliche Kommunikation erfassen, verdichten, konzipieren und umsetzen. Die Analyse hat uns gezeigt, dass Müll und Entsorgung ein lästiges Thema für alle ist. Und es ist eben schnell mal – der Bequemlichkeit geschuldet – ein Kaugummi ausgespuckt, ein Papierchen weggeworfen, oder eine Kippe weggeschnippt. Wir denken disruptiv, um den einen zentralen Gedanken für eine nachhaltige Kommunikation zu entwickeln. Unser zentraler Gedanke soll Zünder für die Kampagnen Kommunikation, soll Katalysator für die Events und Kompass für die digitalen Kanäle sein. Und soll für das Thema Müll sensibilisieren sowie die Menschen in Stuttgart motivieren, Müll dort abzuladen, wo es sinnvoll ist. Weniger Müll, der auf der Straße liegt, schafft mehr Wohlbefinden und ein Gefühl für Sicherheit in Stuttgart. Weniger Müll, hilft Stuttgart sauberer zu werden und schont die Umwelt. Weniger Müll, der unachtsam weggeworfen wird, zeugt von mehr Respekt in Stuttgart. Weniger Müll, der zusammengesammelt werden muss, bedeutet mehr Freiraum für Stuttgarter. Weniger Müll, durch Mehrweg, bringt ein neues Denken und Lebensgefühl in die Stadt. „Weniger Müll, mehr Leben.“ Mit dem zentralen Gedanken, können wir Maßnahmen und Events ableiten, die immer auf genau das eine Ziel hinarbeiten: Menschen, die in Stuttgart leben und sich bewegen sind achtsam und respektvoll gegenüber der Stadtgesellschaft. Stuttgarter halten selbst die Stadt sauber. Mit einem starken Motto treiben wir die motivationale Schubkraft der Kommunikation auf die Spitze. Die Spitze eines Pfeils ist das eindeutige Symbol, hier geht der Müll rein, hier muss er hin. Wir motivieren ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu Winken zum Mitmachen. Wir wollen Menschen motivieren, mitreißen und anstecken, sich für ein sauberes Stuttgart zu engagieren. Wir zeigen, wie einfach es für jeden Stuttgarter ist, im Kleinen einen Anfang zu machen. Seinen Müll richtig zu entsorgen, beginnt mit dem Kaugummi und endet mit der Fast Food Verpackung auf der Straße. Aus dem scheinbar Lästigen machen wir etwas Selbstverständliches. Wir haben uns für das Motto „Stuttgart macht‘s rein“ entschieden, da es neben der starken aktivierenden Wirkung zum Mitmachen auch noch „doppeldeutig“ auf den Effekt des „Reinwerfens“ in den Eimer und des „Reinemachens“ an sich hinweist.

2

Ausschreibung eines Kommunikationskonzepts für eine Kampagne zum Thema „Sauberes Stuttgart“ der Landeshauptstadt Stuttgart, Zugriff am 06.03.2020.

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Das Gespräch mit Menschen auf der Straße hat uns folgende Erfahrungen aufgezeigt: Müll entsteht, weil die Menschen in Eile sind, weil sie keinen Mülleimer finden, weil sie keinen Müll mit sich herumtragen wollen und weil sie zu bequem sind ... Wenn wir uns in der Stadt umschauen, dann ist jeder, der in Stuttgart lebt oder sich bewegt, Zielgruppe für die Kommunikation „Stuttgart macht‘s rein“. Wir fokussieren uns auf 3 Kern-Zielgruppen: 1. Menschen in Stuttgart: Wir selektieren Personen im Alter von 15 – 45 Jahren, die aktiv in der Stadt unterwegs sind und laut Studien die wichtigsten Adressaten für die „Stuttgart macht‘s rein“ Kommunikation sind. 2. Jugendliche und junge Erwachsene – Schüler, Auszubildende und Studenten: Junge Menschen im Alter von 15 – 30 in der Schule, Ausbildung und beim Studieren zu sensibilisieren, ist eine Investition in die Zukunft und kann nur dann auf fruchtbaren Boden stoßen, wenn gerade diese Gruppe sich zu Meinungsführern entwickeln. 3. Familien mit kleinen Kindern Familien sind heute schon Meinungsführer für den Umgang mit Müll für die Stadtgesellschaft von morgen. Nebenbei haben Kinder in Deutschland ein natürliches Gespür für Müll, so dass sie in der Regel keine Sensibilisierung benötigen, lediglich das Training für ein richtiges Verhalten. Ein Langzeitstudie von 2005 – 2017 der VKU zeigt folgenden relevanten Aspekt für die Tonalität unserer Kommunikation auf. Junge Erwachsene (21 – 30 Jahre) machen mit Abstand den größten Anteil beobachteter Littering-Fälle in Höhe von 42,2 % aus. Jugendliche bis 20 Jahre haben den zweithöchsten Anteil von 18,5 %. Erwachsene von 31 – 100 Jahre haben lediglich einen Anteil von 11,9 %. Dieser Tatsache wollen wir in der Tonalität unserer Kommunikation Rechnung tragen. Es gilt junge Menschen mit der Kommunikation zu erreichen!

Jugendliche (bis 20 Jahre)

46,5

Junge Erwachsene (21 – 30 Jahre)

42,2

Ältere Erwachsene (31 – 100 Jahre) Sonstige

27,4

26,0 18,5

17,8

11,9 9,7

2008

2016 Verteilung des Merkmals „Alter“ in der untersuchten Litterer-Stichprobe [in Prozent] mit einer Stichprobengröße von 256 im Jahr 2008 (in Berlin und Frankfurt am Main und 151 Litterern im Jahr 2016 (nur in Berlin) Quelle: Langzeitstudie von 2005 – 2017 der VKU, Copyright Verband Kommunaler Unternehmen, Zugriff am 01.06.2020.

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Die Abfallwirtschaft ist im Umbruch. Neueste Regeln aus Brüssel verbieten Plastik-Artikel. Fast Food und Coffe-to-go produzieren übermäßig viel Müll. Mit der Initiative Coffee-to-go als Mehrwegsystem will Stuttgart das nächste Level in der Abfallwirtschaft erreichen. Für die Sensibilisierung des Mehrwegsystems nutzen wir den Kampagnen Claim „Stuttgarts macht‘s rein“, um die Kraft der Kommunikation zu bündeln. -> Am Ende des Tages wollen wir dem Verbraucher den Impuls liefern, dass er das Coffe-to-go Mehrwegsystem nutzt und den leergetrunkenen Becher gegen sein bezahltes Pfand bei allen Teilnehmern oder einem Pfand-Automaten zurückgibt. -> Dieses Mehrwegsystem gilt es zu kommunizieren. Die Kommunikationsstrategie zielt darauf ab, dass zwei Säulen einer erfolgreichen Marketing Kommunikation erfüllt werden: 1. Sichtbarkeit – Omnipräsenz über das gesamte Stadtgebiet. 2. Aktivierung – Aktivierung der Zielgruppen zum Mitmachen auf allen Ebenen – analog und digital. Der Mülleimer ist das ganze Jahr für alle da. Mit einem motivierenden Hinweis versehen, wollen wir die Geschichte erzählen, dass es neue Mülleimer gibt. Storytelling in Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Sobald die Abfalleimer selbst zum Träger von Content werden, ist die Kampagne das ganze Jahr sichtbar. Verstärken wir die Aufmerksamkeit der kleinen städtischen Müllstationen um zielgruppengerechte Kommunikation, bekommen wir unter dem zentralen Gedanken „Weniger Müll, mehr Leben“ unterschiedliche Tonalitäten. In der Tonalität können wir aussteuern, wie progressiv wir die Menschen zum Mitmachen bringen. Sicherlich nicht beim ersten Mal, aber vielleicht beim dritten Mal, wenn es heißt „Park Pisser“. Unsere Kampagne lebt davon, dass sie 365 Tage im Jahr mindestens eine Aktion parat hält – in Form von Fahrzeugen, Personal und den Mülleimern selbst. Wir boxen die Menschen in Stuttgart wach, für mehr Lebensqualität. Insbesondere bei dem sensiblen Thema Müll wollen wir keine fotorealistischen Bilder zeigen. Wir wollen dem Müllsünder kein Gesicht geben, sondern dass sich bei der Zielgruppe „Kino im Kopf“ abspielt. Mit starken Worten sorgt die „Mülleimerkampagne“ für große Aufmerksamkeit und dank eines klaren Key Visuals „Pfeil“ addiert es klar und einfach sämtliche Werbewirkungen. Der Mediawert einer solchen Kampagne ist hoch und kostet wenig. Als Initialzündung für die Kampagne findet am 1. Juni 2019 auf dem Schlossplatz eine große Leistungsshow der AWS zusammen mit ihren Partnern, der Bioabfallvergärungsanlage Stuttgart, der Mineralstoff Deponie und der Verbrennungsanlage Münster statt. Hierbei wird die neue Kampagne der AWS ausführlich vorgestellt: so z.B. die mit Pfeilen versehenen Mülleimer, orangene Bodenaufkleber, überlebensgroße Cola-Dosen, Zigaretten etc. Zudem bietet sich den Besuchern auch die Gelegenheit verschiedene Fahrzeuge darunter auch Unimogs mit Spezialaufbauten (Mercedes Benz könnte als Sponsor auftreten) zu besichtigen und Einblicke in die Arbeit der Betriebe zu erhalten. Auf eine ganz besondere Neuheit wird sich das Augenmerk des interessierten Publikums richten: das neue öffentliche mobile Pissoir. Außerdem gibt es weitere Programmpunkte für Kinder und Erwachsene. Kloreiches Stuttgart!: Einbeziehung der AWS App. Unter dem Motto „Kloreiches Stuttgart“ machen wir in Social-Media die AWS App und deren georeferenziertes Toiletten-Verzeichnis bekannt. Dann weiß jeder wo er kann, wenn er mal muss. Carewoche. Wettbewerb aller Stadtteile: Wer putzt am meisten weg: Heslach, Feuerbach oder Stuttgart-West? Die Bürger aller 23 Stadtteile werden motiviert, ihre Teilnahme an dieser Aktion über ein Voting auf facebook/Instagram zu bestätigen. Damit zeigen sie, dass sie mitmachen und sich für eine saubere Stadt einsetzen. Der Stadtteil, mit den meisten „Mitmacher/Votes”, bekommt den „Carepokal”. Unter allen Votern werden z.B. 10 Hochdruckreiniger verlost. 2019: Sensibilisierung und Aktivierung der Stadtgesellschaft und junger Menschen. Den Start der Kampagne wollen wir zusätzlich zur „Pfeil Mülleimerkampagne“ mit einer aufmerksamkeitsstarken Plakat-Kampagne begleiten. Hierbei haben wir die Hauptzielgruppe der 21 bis 30-jährigen im Blick und erlauben uns deshalb auch ein „plakatives“ Wording. Corporate Communication! Aus einem Guss soll die typografische Kampagne „mit starken Worten“ zugunsten der Addition der Werbewirkungen über die ganze Laufzeit fortgeführt werden. Die Kampagne kann über die Laufzeit von 2019 bis 2023 in folgende Themenschwerpunkte gesplittet werden: 2019: Sensibilisierung der Zielgruppen – 2020: Aktivierung und Mobilisierung der Zielgruppen: Die zweite Phase der Plakat-Kampagne zur Fortführung der Kampagne, führt die gelernte typografische Kampagne mit „starken Worten“ fort. Allerdings unter anderem Vorzeichen: positiv! Statt „Voll Horst“ heißt es jetzt „Sauber Mann“. Weiterhin signifikanter Teil der Kampagne ist der Pfeil mit dem Claim „Stuttgart macht‘s rein“ – 2021: Aktivierung und Qualifizierung zum Thema Mehrweg/Coffee-togound Fast-Food Verpackung – 2022: Argumentieren. Warum sich eine saubere Stadt für alle lohnt. Kommunikation des reason why: „Weniger Müll mehr Leben“. Talk of the town > Talk of the web > Social Media. Am besten funktioniert Social Media mit coolen Geschichten aus dem echten Leben: z. B. auf dem Rathaus Platz. Denn da geht‘s ab: Bei der Mülleimer-Challenge. Wer macht das geilste Tor in den Mülleimer? Teaser der Aktion sind Filme, die vorab produziert werden. Danach läuft das Ganze wie von selbst. Jeder kann seinen Film bei #StuttgartMachtsRein einreichen. Der beste Film gewinnt. Like & Vote. Die besten Tore in den Mülleimer werden per Likes von der Community juriert. Diese kreative Alternative für die Plakat-Kampagne zur Fortführung der Kampagne, stellt das Key Visual „Pfeil“ in den Mittelpunkt. Hohe Emotionalität und Identifikation kommt hier durch die Einbeziehung echter Protagonisten mitten in Stuttgart. Die Wiedererkennung der „Pfeil Mülleimer“ Kampagne sorgt für optimale Addition der Werbewirkungen.“ 3

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Merchandise für die Kampagne Sauberes Stuttgart im Form eines T-Shirts.

Überdimensional große Zigarettenkippe, die auf die Verseuchung des Grundwassers aufmerksam machen soll.

Fotos: Bilder Event Copyright Werbung etc.

Präsentation „Sauberes Stuttgart“ vom 15.02.2019 Copyright 2019 Werbung etc., Zugriff am 06.03.2020.

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Wie sieht Ihrer Meinung nach ein guter öffentlicher Mülleimer aus? Ich finde grundsätzlich sollte beides möglich sein, ein Aschenbecher für die Kippen und ein Behälter für den Müll. Das ist auch das Thema von der SSB, die sagt, dass sie nicht für den Müll der Raucher zuständig sind. Die Wahrheit ist einfach, wenn man keinen Aschenbecher anbietet, dann landen die Zigarettenstummel halt auf der Straße. Dann kann man sagen, die Straße interessiert uns nicht, aber man ist da einfach pragmatisch und sagt, dass ist einfach die Wahrheit und die Realität, deswegen brauche ich da halt einen Aschenbecher. Ellena Krämer: Schön wäre dann auch, wenn dieser Aschenbecher auch diesen Zusatzbehälter hätte, wo man die Kippen dann auch sammelt, dass man dann die Kippen irgendwo anders wieder verwertet. Gunter Schmidt: Wobei wir da nicht ganz sicher sind, ob sich das wirklich realisieren lässt. Das ist das Thema, dass man die Zigarettenstummel recyceln kann. Aber das hat Thomas Venugopal sicherlich erzählt mit dem Unternehmen TobaCycle, die aus Zigarettenstummel neue Produkte entwickeln. Da haben wir aber ein bisschen Zweifel, weil ein Spezialist in dem Bereich uns gesagt hat, dass das ein Phantom ist, weil die Zigarettenstummel so viele Giftstoffe enthalten, dass der Aufwand die zu reinigen um dann brauchbares Kunststoff zu erhalten, so hoch ist, dass es in der Ökobilanz sich gar nicht realisieren lässt. Was eigentlich sehr plausibel klingt und deshalb habe ich persönlich so ein bisschen Zweifel, was das Recycling von Zigarettenstummel anbelangt. Aber ansonsten was die Gestaltung von Mülleimern anbelangt, sie sollten groß sein, nicht ganz unauffällig, aber sie müssen sich auch irgendwo ins Stadtbild einfügen. Das muss irgendwie so ein Kompromiss sein. Ellena Krämer: Vielleicht wenn Flaschen gefunden werden, es gab ja auch mal diesen Flaschenring um die Mülleimer herum, was dann aber auch wieder zerstört wurde und deshalb hat man die auch wieder abmontiert. Aber prinzipiell finde ich sowas gar nicht so schlecht, weil dann kann der, der die Flasche mitnimmt und so fleißig ist, die dann gut gebrauchen und wieder abgeben. Gunter Schmidt: Also da muss ich sagen, bin ich nicht der Fachmann, weil ich glaube dass das aus dem Bauch, jeder sagt, das ist ein Mülleimer. Aber das ist gar nicht so ohne durch diese Flaschensammlerei, was eigentlich ein tolles Instrument ist, um Bedürftigen quasi wieder Geld zur Verfügung zu stellen. Es ist wichtig einen Mülleimer zu haben, der sich irgendwie öffnen lässt oder offen ist, zu offen darf er auch nicht sein, weil sonst die Tauben und die Tiere kommen und das alles auseinander pflücken. Also es ist echt eine Gratwanderung, aber da bin ich echt kein Fachmann. Mit dem Leitsystem und der Aufmerksamkeit auf Mülleimer haben wir ja auch schon besprochen, dass das so gut wie nichts bringt. Ellena Krämer: Wenn man nach Berlin schaut, ist es schon witzig, da sind die Mülleimer ja mit so Sprüchen versehen und in anderen Städten auch. Gunter Schmidt: In Zürich haben sie das ja auch mal untersucht und die haben auch festgestellt, dass es nichts bringt. In London haben sie es auch überprüft und da hat es dann was gebracht, wenn sie diese Sprüche, die auf den Mülleimern drauf waren, in einer intensiven Kampagne begleitet haben. Da ist die Frage, war das jetzt der Aufkleber oder war das die Kampagne, die letztendlich etwas bewirkt hat, schwierig. Aus dem Bauch heraus mit dem Wissen von unserer Studie finde ich es bringt gar nichts. Inwieweit darf man irgendwelche Sachen, wie z.B. Aufkleber oder Schilder etc. anbringen an die Mülleimer? Gunter Schmidt: Das darf man gar nicht, das ist nicht autorisiert von der SSB. Ellena Krämer: Da gab es doch auch so einen Artikel vor einem Jahr, irgendjemand hat das initiiert und hat dann auch solche Dosen an Haltestellen aufgestellt. Gunter Schmidt: Es gab mal so etwas mit Gläsern und die Gläser wurden dann runter gehauen und dann lagen die ganzen Scherben auf dem Boden, was auch wieder nicht gut ist bzw. auch eine Gefahr darstellt. Aber was das Thema Aschenbecher anbelangt, sind wir noch ganz am Anfang, vor allem an Haltestellen und sind da leider auch ein bisschen verschlossen vor dieser Geschichte. Wir sind da auch als Verein dran an dem Thema die SSB mitzunehmen, was das Thema Aschenbecher an Haltestellen anbelangt, weil das genau das ist, dass die SSB die Meinung vertritt, nicht wir sind die Bösen, sondern diejenigen die die Zigarettenkippen wegschmeißen. Jetzt stimmt das natürlich, aber auf der anderen Seite sieht die Realität so aus, wir haben die Zigaretten auf dem Boden oder auf dem Gleisbett, da ist es halt auch die Verantwortung des Betreibers danach zu schauen und etwas zu tun. Ellena Krämer: Die SSB hat ja oben in Degerloch ein Versuchsprojekt, da ist am Boden so ein Gitter und dann kann man praktisch die Kippe mit dem Fuß dort rein kicken. Aber das ist keine gute Idee, weil dadurch gehen ja genau so die ganzen Giftstoffe in den Boden und in das Grundwasser, das bringt ja im Prinzip überhaut nichts. Ellena Krämer: Ja genau, erstens sensibilisiert man den Bürger nicht, der braucht ja einen richtigen Aschenbecher, damit es nicht in den Boden geht und für sowas hat man auch viel Geld unnötig ausgegeben. Es gibt ja auch seit Neuestem diese Kaugummitafeln an Haltestellen, von wem geht diese Aktion aus? Ellena Krämer: Da gibt es ein Unternehmen, die haben mal bei mir angerufen, dann habe ich aber keine Zeit gehabt, die wollten sich mit uns treffen, mit unserem Förderverein. Die haben angerufen, weil wir waren mal beim Flughafen, die sammeln auch die Zigarettenstummel, die haben so eine Gum-Wall. Die hatten damals eine Gum-Wall als Pilotphase und dann haben sie nämlich noch ein paar aufgestellt. An der Haltestelle am Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt hängen auch zwei. Aber die haben da bestimmt auch eine Genehmigung um das dort offiziell anzubringen. Sie haben ja auch schon angedeutet, dass es mit der Müllverschmutzung früher nicht so schlimm war und dass es in den letzten Jahren zugenommen hat. Gunter Schmidt: Ja, vor allem durch das Verpackungsmaterial. Es ist jetzt nicht so, dass es doppelt so viel Müll ist, der auf den Straßen liegt, aber es gibt auf jeden Fall eine Steigerung, was mit Sicherheit auch durch das erhöhte Aufkommen und Nutzen der to go Artikel ausgelöst wurde. Ellena Krämer: Ich finde schon auch, dass es rapide gestiegen ist, also ich habe früher in Stuttgart West gewohnt, jetzt wohne ich in Stuttgart Nord. In Stuttgart West, das war vor ein paar Jahren, da hatten wir nicht so viel Gelbe Säcke wie jetzt. Das 82 — Interview: Gunter Schmidt


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fällt mir so auf, dass dieser Gelbe Sack sich dermaßen sammelt und füllt. Jetzt ist es so, dass ich konsequent nichts mehr mitnehme, was eine Verpackung hat. Ich kaufe jetzt fast schon gar nicht mehr bei Aldi oder Edeka, sondern nur im Notfall und gehe stattdessen in den Gemüse Laden, weil es ist erschreckend was da an Müll anfällt. Jeder Salat hat eine Folie drum herum. Ich versuche Verpackung so gut es geht zu vermeiden. Ich finde auch, dass es innerhalb kürzester Zeit mehr Müll geworden ist. Ich habe es halt echt an den Gelben Säcken bemerkt, am Trennen des Mülls. Gunter Schmidt: Fakt ist, das wird auch immer wieder von der Polizei zitiert, dass der öffentliche Raum anders genutzt wird. Alles wird einfach viel viel stärker genutzt. Seit der Fußball-WM 2006, vielleicht auch schon vorher, aber das ist immer so ein bisschen das magische Datum. So eine Stelle wie der Schlossplatz, wenn es da warm ist, sieht es aus wie im Freibad. Früher sind da vielleicht drei, vier Leute gelegen, aber mittlerweile sieht man da nur noch Köpfe. Entsprechend sieht es da dann auch aus. Es ist schon so, dass mittlerweile die Leute, die Jugendlichen setzen sich da überall hin und nehmen ihr Bier, ihr Sixpack, haben wir früher auch gemacht, aber wir haben uns ins Auto gesetzt und haben da halt etwas getrunken. Ellena Krämer: Beim Inder beispielsweise gibt es im Sommer so einen großen Karton, den man dann auch mit raus nimmt. Gunter Schmidt: Es ist ein riesiges Thema, es ist einfach etwas, dass brutal stark zugenommen hat. Die ganze Stadt besteht eigentlich nur noch aus solchen Verpackungen. Früher gab es vielleicht nur einen Pizzakarton, der war aus Papier, aber heute gibt es für asiatische, mexikanische und thailändische Läden Verpackungen und immer gibt es Kunststoff Besteck. Aber wir selbst benutzen diese Dinge ja auch immer wieder mal, das darf ich auch nicht vergessen, man darf sich da gar nicht ausnehmen. Ellena Krämer: Da denke ich das nächste Mal dran und ich würde auch nicht diesen Recup Becher benutzen, weil das finde ich echt schrecklich. Ich versuche diese Becher nicht mehr zu nehmen, am Anfang habe ich sie auch genommen und fand es toll. Gunter Schmidt: Die Wahrheit ist einfach, wenn du dich in die Königstraße stellst um 8 Uhr morgens, wie viele Leute da mit einem To go Becher rumlaufen. Warum muss man unterwegs einen Kaffee trinken? Oder auch am Hauptbahnhof, die den immer noch To go haben. Das ist die Wahrheit, oder Starbucks, das gab es ja früher gar nicht, wie viel Kaffee, die mittlerweile verkaufen und immer weiter expandieren. Auch Burger King will expandieren, 1000 neue Läden in Deutschland, aber das ist ja nur eine Marke. Das ist ein riesiger Markt, der immer noch unglaublich expandiert, obwohl es das schon lange gibt. Die Leute wollen alles auf die Hand haben, keine Zeit mehr sich nieder zu lassen oder halt möglichst unverbindlich irgendwie konsumieren. Nicht in dem Geschäft, weil man da beobachtet wird, sondern ich will es in meiner Privatsphäre auf der Parkanlage machen. Was sagen Sie zu Vorwürfen an ehrenamtliche Müllsammler, dass man mit dem Müll sammeln nur das Wegwerfen von Müll unterstützt und die Müll Sünder darin den Grund sehen erst recht Müll auf den Boden zu werfen. Man kann mit Sicherheit kritisch zu dem Thema stehen, weil man sagt, es bringt gar nichts. Das stimmt auch, weil wenn ich jetzt mal ein Beispiel mit einer Mountainbike Gruppe nehme, das ich mal hatte, die sind auf mich zugekommen und man hat denen angesehen, dass dieser Gruppe die Natur sehr am Herzen liegt und die fühlen sich sehr verbunden damit. Diese Leute schmeißen dann auch nichts weg, die räumen jetzt den Kräherwald auf und holen irgendwelche Sachen raus. Dann schafft das ein bisschen Sauberkeit in diesem Bereich, pädagogisch habe ich aber gar nichts erreicht. Ich habe auf der anderen Seite auch niemanden erreicht, der jetzt deswegen den nächsten Müll dort ablädt, weil er sagt, da gibt es eine Gruppe, die das ja eh weg macht. Also im Endeffekt habe ich eine Null Nummer erreicht, »Der weit überwiegende Prozentsatz von Litterern denkt aber die Gruppe hat jetzt vielleicht für einen Tag ein bisschen Spaß gehabt und der Kräherwald ist dann auch ein bisschen sauberer sich gar nichts, die denken einfach nur weg damit. Ich geworden. Das habe ich damit schon erreicht. Ich würde niemals so weit gehen zu sagen, dass ich dort extra Müll fallen lasse, weil habe dann das Problem los, welches ich in der Hand habe das dann die Gruppe sowieso wegräumt. Das könnte ich vielleicht bei der AWS sagen, wenn ich jetzt die AWS sehen, die mit ihren und fertig ist es.« orange gekleideten Leuten durchlaufen und sagen, die räumen den Müll ja eh auf. Ich glaube aber, dass so nur eine absolute Minderheit der Litterer denkt. Aber dass da so eine Strategie dahinter steckt, das ist verfehlt und nicht die Realität. Ellena Krämer: Also was ich glaube, wenn man den Müll nicht wegräumt an der jeweiligen Stelle, dann, denkt der Litterer, ah da packe ich jetzt meinen Müll auch noch drauf. Das ist es halt. Also der, der da zufällig vorbei kommt, der denkt sich wenn da schon Müll liegt dann lege ich meinen Müll erst recht dort hin. Gunter Schmidt: Wenn man sich in die Situation eines Litterers hinein versetzt, dann gehe ich einfach davon aus, dass die sich denken, zack weg mit dem Müll. Also man sieht ja eigentlich auch täglich Litterer. Das fängt schon bei der Kippe an, du stehst an der Haltestelle, dann kommt der Bus und der Litterer schmeißt seine Kippe auf den Boden, was denkt der dabei, gar nichts. Wenn man diejenigen mal anspricht, dann suchen die natürlich sofort irgendwelche Entschuldigungsgründe um ihr Verhalten ein bisschen zu relativieren, aber letzten Endes weiß er sehr wohl, dass er hier jetzt Unrecht getan hat. Er weiß auch, dass es irgendjemand aufräumen muss. Aber das ehrenamtliche jetzt dahingehend zu kritisieren finde ich nicht richtig. Im schlimmsten Fall hat das ehrenamtliche Müllsammeln gar kein Effekt, wenn ich jetzt z.B. auf dem Marienplatz eine Stunde lang Müll sammeln gehe, hat es kein Effekt, weil das die AWS vielleicht 5 Stunden später sowieso sauber macht. Aber dass man dann sagen könnte da entsteht mehr Müll, weil die jetzt die Haltung haben, es gibt zusätzliche Ehrenamtliche die den Müll aufsammeln, das glaube ich einfach nicht. Wir Menschen sind extrem heterogen, die Einen schreiben die Gelben Karten, oder wie wir, die das Thema umtreibt und den Müll wahrnehmen, dann wieder welche die sich in der Mitte befinden und den Müll dann wahrnehmen, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden durch Aktionen wie von Cleanup Network und dann gibt es eben noch die Litterer, die vielleicht noch irgendwo empfänglich sind und dann noch die Hardcore Litterer, die immer ihr Zeug wegwerfen und die man von nichts überzeugen kann. 84 — Interview: Gunter Schmidt


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Der Martin Dolde richtet ja auch mit seinen Leuten die Beete in Stuttgart Wangen und befreit sie von Müll und dadurch wird dann dort nicht mehr so viel Müll hingeworfen, weil es eben schön aussieht und die Leute das dann nicht zerstören wollen. Das haben wir bei unserer Studie auch herausgefunden, das war tatsächlich der einzige Effekt, der etwas gebracht hat. Und zwar wurde da absichtlich nicht gereinigt in der Königstraße und dann hat man festgestellt, dass doppelt so viele Flyer auf dem Boden gelandet sind. Wenn mehr Müll auf der Straße liegt ist man einfach weniger gehemmt seinen Müll noch dazu zu schmeißen. Das ist tatsächlich so, das kann ich nur unterstreichen was der Dolde gesagt hat. Wie sinnvoll würden Sie ein Pfandsystem für Zigarettenstummel finden? Grundsätzlich als Wunsch würde ich sagen ja, aber das ist nicht realisierbar, weil es Giftstoffe sind und das wird nicht angenommen. Die Frage ist, kann eine Zigarette auch recycelt werden? Ich sage dazu nein. Wenn es funktionieren würde, wäre es natürlich super, weil dann würden ganz viele Menschen die Zigarettenstummel aufsammeln und wir hätten das Problem nicht mehr. Aber ich glaube einfach nicht dass das funktionieren kann. Die von der Abfallwirtschaft hat gemeint, dass das System dann funktioniert, wenn das Pfand hoch genug wäre. Das dachte ich auch immer, aber mittlerweile werden auch Bierflaschen für 8 Cent überall raus gezogen. Heute habe ich einen Techniker gesehen, der war dann an einem Mülleimer und hat eine Bierflasche raus geholt als Nebenerwerb. Haben Sie eine Idee wie man das Müllproblem an der Wurzel packen kann bzw. was haben Sie als Förderverein in naher Zukunft noch vor um gegen die Müllverschmutzung vorzugehen? Wir kratzen da immer nur an der Oberfläche vom Eisberg, wenn man es wirklich richtig machen wollte, dann nur mit Bußgeldern. Das ist das einzige was funktioniert, da ist die Frage, klar es ist personalintensiv, aber das ist genauso wie mit diesem Anschnallgurt im Auto. Das hat damals wo »Aber letzten Endes geht es nur über die Kontrolldichte das Gesetz eingeführt wurde keinen interessiert und dann sind und die Höhe der Sanktionen, weil diese nicht geringe Zahl die Bußgelder immer weiter hoch und es wurde auch kontrolliert und für uns ist es heute völlig normal sich anzuschnallen. Aber Handy am Steuer ist auch so etwas, das Bußgeld dabei wurde auch an Hardcore Litterern erreicht man niemals durch Let’s nochmal raufgesetzt auf 100 €. Das ist richtig teuer. Interessiert trotzdem viele nicht. Die schmeißen immer ihr Zeug auf den BoPutz, durch Kippster, durch Cleanups, durch gar nichts.« den, wenn man jetzt Samstag in der Innenstadt ist, wenn die AWS nicht reinigen würde um 5 Uhr morgens, dann würde es aussehen wie auf einem Schlachtfeld. Das lässt sich nur erreichen indem man wirklich richtig zulangt. Für die Zukunft ist es wahrscheinlich am besten und wichtigsten bei den Kindern anzusetzen und die richtig zu erziehen. Das Problem dabei sind die Eltern die teilweise die Einstellung eines klassischen Litterers haben. Eigentlich sind immer die Eltern diejenigen die es verbocken. Bei der gesamten Bildung fallen immer die Kinder hinten weg, wo die Eltern nicht hinterher sind. Das ist genau eben so was man beobachtet, die Eltern schmeißen etwas auf den Boden, dann machen es die Kinder genauso. Die Kita oder die Schule kann natürlich mit einem Projekttag gegen die Müllverschmutzung wenig erreichen, wenn das Kind dann nach Hause kommt und es da wieder falsch vorgelegt bekommt. Deswegen ist es ganz schwierig, würde dann auch wieder nur funktionieren über die Sanktionen, obwohl das eigentlich keiner will. Klar erreicht nicht jeder die 100 %, aber vielleicht lässt sich durch diese einmalige Aktion 1 oder 2 % erreichen und das ist dann der Erfolg. Man müsste es regelmäßig machen, aber da haben wir auch nicht die Kapazität dafür. Wie kann man alle Gesellschaftsschichten für das Thema Müll begeistern? Da bin ich jetzt als Polizist Realist und sage, das klappt halt nicht. Die Leute denken überhaupt nicht wie wir, das ist denen vollkommen egal, die denken sich das räumt schon irgendjemand auf, das ist total egoistisch. Aber das ist ja auch im Straßenverkehr so, da fährt man durch die Gegend und es ist vollkommen egal was die anderen von einem denken. Dann schneidet man und gefährdet man und hat Schuld an einem Verkehrsunfall und steigt aus und sagt, ich habe keine Schuld, denn es wäre gegen meine Würde zuzugeben, dass ich einen Fehler gemacht habe. Was wollen Sie an die Menschen in Stuttgart appellieren? Wie immer, an viele Menschen appelliere ich gar nichts, sondern nur an die die es auch betrifft, liebe Eltern eigentlich braucht ihr ein Kinderführerschein, weil ihr euch eigentlich viel zu wenig und falsch um eure Kinder kümmert. Mein Appell geht gegen die Eltern, die sich nicht so verhalten, wie man es sich eigentlich gerne vorstellt. Wo sehen Sie Stuttgart bzw. die Welt in zehn Jahren hinsichtlich der Vermüllung? Ich glaube die Situation wird sich vielleicht wenn überhaupt ein bisschen verbessern, zwar nicht durch die Konzepte die es jetzt hier in Stuttgart gibt, sondern durch diese ganz große Initiative, die wir global haben, was das Thema Ökologie, Umwelt und Klima anbelangt. Dass wir dann einfach weniger Verpackungsmüll haben. Schwierig, weil man arbeitet da im Prinzip gegen Windmühlen, weil wie willst du jetzt z.B. einem Burger King vorschreiben, dass er seine Burger nicht in einer Verpackung ausgibt. Das lässt sich gar nicht definieren. Aber es dreht sich ja eigentlich hauptsächlich um das Fast Food to go und nicht um Gemüse vom Supermarkt, weil das Gemüse vom Supermarkt ist zwar auch verpackt, aber das läuft eigentlich in den Gelben Kreislauf, in die Wertstoffumläufe und wird dort recycelt, bei uns in Stuttgart ist dafür das Unternehmen Schaal & Müller zuständig. Der Müll auf der Straße generiert sich halt eigentlich aus diesen anderen Töpfen und ob man das regeln kann, glaube ich nicht. Also insofern bleibt es glaube ich unverändert mit der Müllverschmutzung, düstere Prognose. Interview: Gunter Schmidt — 85


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»Genau das ist es, das im Kleinen, das multipliziert sich, weil wenn das jeder so macht, dann muss man es gleich mal multiplizieren mit ein paar Millionen in Süddeutschland, Milliarden weltweit. Es sind verschiedene Punkte, erstmal brauchen wir mehr vom Weniger. Also dieses immer haben, haben, haben ist schlecht. Dann brauchen wir andere Verpackungen, andere Materialien. Es ist nicht getan, irgendwo den Müll zu recyceln, sondern wir müssen aufhören den Müll zu produzieren.«

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Inga Ritter ist die Pressesprecherin von Greenpeace Stuttgart. Sie ist der Initiative beigetreten, weil sie unsere Lebensgrundlagen erhalten will und setzt sich besonders gegen die Vermüllung der Meere ein. Nebenbei ist sie noch bei Foodsharing tätig. Inga Ritters Appell ist, dass wir den Müll gar nicht erst produzieren sollen und unterstützt die Idee eines 100 prozentigen Recycling Kreislaufes.

am 04.12.2019

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Inga Ritter, Pressesprecherin von Greenpeace Stuttgart und bei Foodsharing tätig


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Was macht ihr bei Greenpeace? Und was macht ihr im Bereich Müllverschmutzung? Wir ca.sind an die 100 Ehrenamtsgruppen in Deutschland unter anderem eine der größten hier in Stuttgart. Hier in Stuttgart haben wir die Möglichkeit, weil wir eine relativ große Gruppe sind, dass wir verschiedene Arbeitskreise haben. Wir haben den Arbeitskreis Energie, Landwirtschaft, Meere, Wald und Papier. Im Bereich Meere haben wir schon einiges gemacht, da gab es eine Aktion. Da haben wir am Neckar Müll gesammelt und haben den in so riesige Tüten gepackt, haben die fotografiert und haben die Leute gefragt, was sie glauben wo wir das gefunden haben und wie lange es gedauert hat usw. um ein bisschen Aufmerksamkeit zu erregen. Wir sind auch im Bereich Plastikmüll tätig, dass es weniger Müll wird, wir sind dabei Unverpackt Läden zu propagieren und zu unterstützen. Wir sind dabei gegen Plastiktüten vorzugehen und die Leute einfach aufzuklären. „Weniger ist mehr“, da gab es auch so eine Kampagne. Wir brauchen mehr vom Weniger. Du kannst dir ja vorstellen, es ist nicht getan, irgendwo den Müll zu recyceln, sondern wir müssen aufhören den Müll zu produzieren. Ich gehe auch in Schulen zum Thema Plastik und es ist jedes Mal das Thema, was machen wir, was können wir tun? Da ist immer ein Punkt dabei wo die Kinder darauf kommen, dass wir Müll sammeln gehen können und das machen die dann auch. Macht ihr sonst noch etwas zum Thema Müll in Stuttgart? Wenn wir Müll sammeln gehen und das haben wir auch schon ein paar Mal gemacht und ich bin auch zum Thema Silvester aktiv, da geht es ja auch um Müll. Wir sind mit der Abfallwirtschaft in Verbindung, ich kenne da auch die Leute, da haben wir schon die Sachen ausgeliehen bekommen. Wir haben das schon oft gemacht. Aber ich sage dir jetzt ganz ehrlich eine Sache und das ist ganz wichtig, dass du das auch irgendwo erwähnst.

»Eine Metapher: Du kommst nach Hause, bist in der Stadt gewesen und siehst, du hast vergessen das Wasser abzuschalten. Es kommt dir schon entgegen im Treppenhaus. Was machst du? A: Du klingelst bei den Nachbarn und sagst: Ich brauche schnell Eimer und Gefäße, du rennst in deine Wohnung und holst alle Gefäße oder B: Du gehst in deine Wohnung und schaltest das Wasser ab. Was machst du als Erstes? Das Wasser zuerst abschalten. Genau und genau das müssen wir zum Thema Müll machen, weil wenn wir immer nur die Sachen einsammeln, wird man irgendwann verrückt.« Mein Mann hat das mal mit meiner Tochter gemacht und hat an der Hauptstraße entlang gesammelt. Am nächsten Tag sieht das wieder so aus. Es ist auch frustrierend, wir brauchen von der Regierung ganz klare Gesetze und wir müssen auch schauen, dass wir das einhalten. Wir brauchen andere Verpackungen. Da muss etwas passieren, sonst werden wir hier verrückt mit dem Einsammeln, das geht nicht. Wir sind auch nicht die Müllsammler der Nation. Deshalb bin ich auch nicht bei Greenpeace, sondern ich bin bei Greenpeace, um um unsere Lebensgrundlagen zu kämpfen. Wir müssen aufhören mit der Plastikvermüllung. Da müssen Gesetze ran. Cradle to cradle ist ja eine Interview: Inga Ritter (Greenpeace Stuttgart) — 87


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Denkschule, die sagt: Alles was wir hier haben muss zu 100 % recycelbar sein und da sind wir noch Meilen davon entfernt. Da muss die Bemühung hingehen. Wir können von unten anfangen mit den Unverpackt Läden und natürlich Plastik immer wieder verwenden, was wir ja auch machen. Wir haben sehr wenig, wir sind da glaube ich ganz gut aufgestellt, weil wir bewusst damit umgehen, aber das müssen andere auch. Dann müssen wir von oben ran, von der Regierung, vom Umweltministerium und dann müssen auch mal richtige Gesetze rein gedrückt werden. Ich gehe ja auch einmal die Woche Müll sammeln und das Häufigste was ich da immer finde sind unter anderem diese Coffee to go Becher und Zigarettenschachteln. Ich bin ja der Meinung uns geht es allen noch viel zu gut. Ahja ich kann ja wunderbar so leben, ich schmeiße meinen Coffe to go Becher dahin, dann ist der weg. Das interessiert doch Niemanden, deshalb fällt in China doch kein Reissack um. Eben doch. Genau das ist es, das im Kleinen, das multipliziert »In Zigaretten ist ein Filter der aus Plastik besteht. Das sich, weil wenn das jeder so macht, dann muss man es gleich mal multiplizieren mit ein paar Millionen in Süddeutschland und Millisind so Sachen, da muss mehr Aufklärung in den Schulen arden weltweit. Es sind verschiedene Punkte, erstmal brauchen wir mehr vom Weniger. Also dieses immer haben, haben, haben ist und mehr Aufklärung in der Bevölkerung sein und auch schlecht. Dann brauchen wir auch andere Verpackungen, andere Materialien. 2 Drittel der Klamotten sind mittlerweile aus Kunstganz klare Maßnahmen getroffen werden, solange das fasern, früher war alles aus Baumwolle und Leinen, jetzt ist es Kunstfaser. Wir brauchen andere Bekleidung und wir brauchen nicht ernst genommen wird.« einfach andere Gesetze für die Müllentsorgung etc. Sonst ist es irgendwann mal zu spät. Unsere Meere sind total verdreckt und das ist einfach nicht mehr gut und wir brauchen es auch relativ schnell. Wir brauchen intelligente Leute und wir brauchen verantwortungsbewusste Leute, die es verstehen und auch emotional verstehen für sich und sagen ich muss auch etwas tun. Ich kann nicht sagen, der Nachbar soll mal sein Auto abschaffen. Nein, man muss immer bei sich selber anfangen und dann wenn man ein gutes Beispiel ist, kann man sagen, ich mach das so und so. Willst du nicht auch mitmachen? Bei uns in der Mensa gibt es seit Neuestem die Recup Becher, die man dann durch ein Pfandsystem wieder zurück geben kann. Pfandsystem ist eigentlich immer gut. Das ist auch schon mal ein guter Schritt, aber damit ist es leider nicht genug, das ganze System ist halt so aufgebaut in der globalisierten Welt, dass wir von überall unsere Sachen bekommen. Die Sachen sind tausende Kilometer unterwegs auf dem Meer in Containern, sind verpackt und viele Dinge muss man dann auch verpacken, sonst gehen sie kaputt. Die Sache ist halt, wir müssen wieder zurück zum Regionalen, zum Saisonalen. Also wenn man einmal anfängt, dann kommt man aufs große Ganze. Bei mir im Rewe um die Ecke ist es auch so, dass es für Obst und Gemüse immer noch sowohl Papiertüten als auch Plastiktüten angeboten werden und die meisten Leute greifen aus Gewohnheit zu den Plastiktüten. Wenn es aber keine Plastiktüten im Angebot gäbe, dann würden auch diejenigen umsteigen.

»Das ist auch ganz gut zu sehen am Prinzip Rewe, der Rewe will natürlich die Leute nicht verärgern. Der denkt, die Leute würden wo anders hingehen, wo es die Plastiktüten gibt, nur wegen der Plastiktüten. Wenn man aber den richtigen Geist hat und diesen Geist auch vermittelt, dann kommen die Leute erst Recht, weil es da keine Plastiktüten gibt. Aber da braucht man glaube ich ein anderes Selbstbewusstsein und das haben viele nicht. « Das erschließt mir nicht den tieferen Sinn, weil es funktioniert. Man sieht es an den Bioläden und auf dem Markt, auf dem Markt kann man wunderbar unverpackt einkaufen, das kann man beim Rewe auch, ich nehme immer meinen Korb mit, wo alles rein kommt, an der Kasse kommt wieder alles raus und dann wieder rein. Eine Stofftasche oder ein Korb, aber man muss halt vorher denken bevor man einkauft. Wenn ich den ganzen Tag unterwegs bin und ich weiß ich gehe heute Nachmittag einkaufen, dann muss ich halt schon mal meine Tüten mitnehmen oder ich habe schon meine Sachen dabei falls ich zum Einkaufen gehe, aber das ist auch alles. Finden Sie, dass speziell in Stuttgart viel Müll auf dem Boden und auf den Straßen liegt? Also ich habe den Eindruck, ich kenne Stuttgart ja schon sehr lange, ich kenne Stuttgart auch schon seit 25 Jahren und ich finde, vielleicht habe ich damals auch nicht so genau darauf geachtet, aber ich würde mal sagen, dass es vor 20 Jahren wesentlich weniger Müll war. Das liegt meiner Meinung nach an den Coffee to go Produkten, an diesen vielen Einweg Sachen, wo die Leute einfach nicht wissen wohin damit. Dadurch dass sich diese to go Produkte so unglaublich vermehrt haben und Verpackungsmaterialien allgemein, ist dieses Müllaufkommen erst Recht ins Rollen gekommen. Wir haben die Zahlen hier, ich war so naiv und habe immer gedacht, jetzt wo wir den Computer haben und so viele Dinge 88 — Interview: Inga Ritter (Greenpeace Stuttgart)


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mit E-Mail gehen, da brauchen wir ja nicht mehr so viel Papier. Aber wenn man sich die Zahlen anschaut, sieht das anders aus. Seit den 50iger Jahren hat sich der Papierverbrauch in den letzten 60 Jahren glaube ich verfünffacht. Das muss man sich mal vorstellen, also es wird nicht weniger. Ich denke das spiegelt sich wider. Manchmal denke ich auch wir haben ein unbewussteres Publikum zum Teil, aber wir haben auch Leute, die wieder ganz bewusst schauen und den Müll sortieren und das niemals machen würden. Aber wir haben halt leider auch viel an Publikum, die das nicht verstehen. Ich sage da jetzt auch nicht genau wer das ist, aber wenn man einfach mal ein bisschen herum schaut und in die ärmeren Gebiete geht, die sind einfach auch unbewusster und da muss noch viel mehr Aufklärung passieren. Leute, die auch aus dem Ausland kommen und das vielleicht nicht so kennen aus dem Ausland, das ist ja auch nicht böse gemeint, aber die müssen lernen, dass das nicht mehr geht. Man darf keinen Müll irgendwo entsorgen. Der Müll muss richtig getrennt und entsorgt werden. Dann heißt es aber immer noch nicht, dass alles was im Gelben Sack ist, recycelt wird. Im Gelben Sack werden maximal 30 % recycelt, alles andere kann nicht mehr verwendet werden. Das ist zwar schwierig, aber es liegt zumindest erstmal nicht an Straßenrändern im Wald und letztendlich im Meer. Glaubst du dass sich die Einstellung der Menschen gegenüber dem Müll verändert hat? Ich glaube das spiegelt sich wider im Konsumverhalten und dadurch dass ich durch die Medien, durch Werbung usw. daraufhin programmiert werde viel zu konsumieren und viel zu haben. Ich glaube da hat sich dann das Bewusstsein wo das ganze Zeug nachher hin geht und dass ich ja auch dann die ganze Verpackung mit kaufe, die dann nachher Müll ist. Das ist so in den Hintergrund geraten, dass ich glaube, dass es doch viel daran liegt. Was hältst du von ehrenamtlichen Müllsammel Initiativen? Natürlich ist sowas ganz toll, das muss auch in die Presse kommen und die Müllsammel Initiativen müssen auch eine gewisse pädagogische Arbeit leisten, das wäre super. Denn wenn die nur die Müllaufleser der Nation sind, dann kann es natürlich auch heißen, der Schuss kann nach hinten los gehen. Die Leute sagen sich dann, ach es gibt ja die Cleanups, dann kann ich meinen Müll ja auf den Boden werfen. Das geht gar nicht. Man muss sowas immer in einer Art und Weise machen, wo man andere mitnimmt und auch dass es so ein bisschen einen pädagogischen Effekt hat. Was leider sehr erschreckend ist, ist dieser Plastikmüll, der zerkrümelt und immer kleiner wird und den sieht man irgendwann tatsächlich nicht mehr wenn er zu klein ist. Das heißt aber nicht, dass er nicht weiterhin gefährlich ist, weil er letztendlich im Meer landet oder aus Versehen von irgendwelchen Kleintieren gefressen wird oder von Vögeln gefressen wird und weil er natürlich eine Oberfläche bietet für Chemikalien und für alle möglichen Stoffe, die sehr toxisch wirken. Ich bin da wirklich ratlos und denke mir was kann man dagegen unternehmen.

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»Das ist halt etwas, das muss man auch wissen, wenn man einen to go Becher irgendwo hinwirft, dass der ja zerkrümelt wenn er nicht von jemandem aufgehoben wird.

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Was daraus letztendlich wird, was da für ein Rattenschwanz dran hängt. Das muss in die Schulen, das muss in die Zeitung, dieser ganze Kreislauf. Dieses Ganze, was da nachher passiert und wie das zerkrümelt wird, das muss in die Köpfe der Leute.« Interview: Inga Ritter (Greenpeace Stuttgart) — 91


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Auf dem Schlossplatz und in der Königstraße gibt es ja eigentlich mehr als genug Mülleimer und trotzdem gibt es dann Leute die auf der Bank sitzen und 2 Meter daneben steht ein Mülleimer und trotzdem bleibt der Müll einfach auf der Bank liegen. Ja, die Ignoranz. Wir leben auch gerade in einer Zeit, wo das “Ich“ und “immer mehr wollen“ im Vordergrund steht, auch wenn man nach Amerika schaut Richtung Trump oder in die Türkei Richtung Erdogan. Man kommt zu einem Mainstream, der mir wirklich Angst macht, zum Glück ist das bei uns jetzt nicht so. Aber es gibt genügend Leute, z.B. wenn man schaut wie stark die AfD geworden ist, ich möchte es jetzt nicht an der AfD aufziehen, aber es sind schon so eine Art von Publikum, die meinen “hauptsache Ich und alle andereninte ressieren mich nicht.“ Das ist ein Publikum, das macht mir Angst, weil die sind nicht offen, die sagen sich, was interessiert mich das, ob der Müll zerkrümelt oder nicht. Diese Art von Weltsicht muss sich dringend verändern, weil wir müssen wieder in die Richtung schauen, was können wir tun für die Welt, was ist unser Beitrag, wie können wir sie erhalten, wie können wir der Natur Liebe schenken? Wenn ich diese Liebe nicht habe, dann bin ich eigentlich auch ein armer Mensch, eigentlich tun mir diese Leute echt leid, weil sie keine Freude haben, sie haben nur Freude an irgendwelchen Sachen, aber das ist nicht das was uns Menschen ausmacht. Wir kommen da wieder zurück, indem wir unsere Kinder vernünftig erziehen, in den Schulen die richtigen Fächer unterrichtet werden und in den Schulen die richtigen Ideen vermittelt werden. Aber ich finde es wird sowieso zu wenig in der Schule in Bezug auf solche Dinge gemacht. Ich denke einfach, dass die Kinder noch viele andere Fächer lernen und denen steht sowieso schon viel entgegen und jetzt kommt dieses Fach auch noch mit dazu und dann steht einer geringen Aufmerksamkeit der Kinder ganz viel Stoff gegenüber und das muss ja eigentlich immer gleich sein von der Ebene her. Ich glaube deshalb scheuen sich viele davor. Wenn ich Lehrerin wäre, dann würde ich es beispielsweise in Mathe einbeziehen. Dann gibt es auch die Gruppen an Menschen, bei denen Erziehung auch nicht mehr hilft und nur noch Sanktionen die einzige sinnvolle Schlussfolgerung ist. Allerdings fehlt für richtige Kontrollen das Personal und es ist auch schwierig die Zigarettenschnipper auf frischer Tat zu erwischen. Die hatten davor nämlich ein richtiges Problem mit dem Müll »Aber in Singapur beispielsweise gibt es ganz hohe Geldund das hat dann auch gut funktioniert mit den Strafen. Aber man braucht halt das Personal dafür. Ja, aber stell dir mal vor, wenn strafen, da kostet es gleich mal 500 bis 1000 € wenn man 500 € zahlen muss, wenn eine Person etwas wegwirft, dann man Müll auf den Boden wirft und Singapur ist mittlerweile hat man schon sehr gute Einnahmen und je mehr man da einnimmt, desto mehr kann man an Personal einstellen, die dann wieder kontrollieren. Ich bin da auch wirklich langsam richtig einer der saubersten Städte der Welt.« wütend. Ich finde da gehören richtige Strafen hin. Wir vermüllen unseren Planeten so sehr, man kann bald nicht mehr darauf leben. Ich bin auf jeden Fall dafür, dass man richtige Strafen einsetzt. Wie sieht ein guter öffentlicher Mülleimer deiner Meinung nach aus? Ein guter öffentlicher Mülleimer muss so sein wie an den Bahnhöfen, da ist ja bereits eine Mülltrennung da, dass man in verschieden Sprachen darauf schreibt: Plastik, Restmüll und Papier. Ich würde Rauchen ausklammern, das ist so ein extra Thema. Wenn man Zigaretten raucht, dann sollte man auch einen Taschenaschenbecher dabei haben, in den man die Kippe samt Asche rein tut. Das sollte so etabliert werden. Aber ein guter Mülleimer sieht bei mir nach Mülltrennung aus und wenn eine große Veranstaltung ist, dann muss man das auf jeden Fall machen. Es geht nicht, dass man einen grauen Sack hinstellt und da kommt dann alles rein, das geht gar nicht. Vor allem die organischen Sachen sollte man trennen müssen, die dann wieder als Kompost verwertbar sind. Die Frage ist halt wie intelligent ist die Bevölkerung und kann das tatsächlich so funktionieren. Es nützt uns nichts, wenn dann im Glascontainer die Restabfälle sind. Wenn man vor allen Dingen Raucherzonen hat, wie im Bahnhof, dass man sagt, das ist jetzt eine Raucherzone, wo man schnell rauchen kann, dann müssen natürlich dort richtige Aschenbecher hin, ganz klar. Würde Aufmerksamkeit auf Mülleimer etwas bringen, damit die Leute ihren Müll dort hineinwerfen? Es würde auf jeden Fall was bringen, dass man die Anweisungen in verschiedenen Sprachen macht, damit auch jeder das System versteht. Aber es ist auf jeden Fall eine Aufmerksamkeit, weil den Leuten in dem Moment wieder ins Bewusstsein rückt, dass man Müll hat und diesen dann auch richtig trennen muss. Das ist dann auch nicht gerade schön, es hat dann auch wieder etwas Ästhetisches. Weiß ich nicht ob ich das gut heißen kann, weil dann kommen wieder Plastikstreifen auf den Boden oder Farbe wird gesprüht. Wenn es nicht anders geht, dann kann man das ja so machen, aber ich glaube an das Vorbild in Singapur. Richtig hohe Strafen, weil ich finde ein bisschen Intelligenz sollte den Leuten doch noch zugesprochen werden, dass sie wissen, wenn ich so viele Sachen kaufe, dann muss ich halt schauen wo ich es hin mache und ein bisschen drauf achten. Ich bin immer noch der Meinung, dass wir dahin gehen sollen mit dem Beispiel von vorhin mit dem Wasser abdrehen. Es sollte halt in Bahnhöfen Sachen verkauft werden, die möglichst ohne Verpackung verkauft werden. Beispielsweise habe ich vor Kurzem gesehen, die haben Waffeln gehabt und in die Waffel haben sie Pommes rein gemacht und die Waffel konnte man dann am Ende essen und selbst wenn man sie weggeworfen hat, ist es biologisch abbaubar. Warum wird sowas nicht mehr gemacht? Der Gunter Schmidt hat auch gemeint, dass sehr viel Müll durch die Fast Food Läden entsteht, weil die Leute alles mitnehmen müssen und unterwegs nebenbei essen und trinken müssen. Dadurch entsteht extrem viel unnötiger Verpackungsmüll. Da ist dann wieder der Anfang zu sagen, wenn ich etwas esse und wenn ich etwas trinke, dann setze ich mich hin und nicht im Gehen. Das kann auch ein Trend werden, dass man sagt, wenn ich einen 92 — Interview: Inga Ritter (Greenpeace Stuttgart)


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Kaffee trinke, dann setze ich mich gemütlich in ein Café und genieße das und fertig. Das sind alles so Unsitten, wenn die sich einschleifen, dann wird es einfach schwierig. Da müssen wir überall anfangen, Bewusstsein zu verstreuen und den Leuten Bewusstsein zurückzugeben. Man muss ja nicht einmal auf etwas verzichten. Der Kaffee kostet nicht mehr, es gibt weniger Müll wenn ich mich hinsetze. Was sagst du zu der Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof? Sowas bringt auf jeden Fall etwas, weil das lesen dann ganz viele Leute, die das noch gar nicht wussten mit der Verunreinigung des Grundwassers durch die Zigarettenstummel und werden davon dann abgeschreckt. Woran glaubst du liegt es dass im Bereich um den Bahnhof in Bad Cannstatt besonders viel Müll liegt? In Stadtteilen in denen viel Laufpublikum ist und in Stadtteilen, die nicht so gebildet und nicht so reich sind, da ist es immer schlimm mit dem Müll. Das heißt aber nicht, dass es in den reichen Vierteln mit dem Müll so super ist, aber es ist schon anders. Das hängt sicherlich mit der Bevölkerungsdichte zusammen, aber es hängt auch mit der Bildung und dem Bewusstsein zusammen. Wir haben vorhin ja schon über die Leute gesprochen, die meinen, sie müssen ihren Müll erst Recht auf den Boden werfen, weil es ja ehrenamtliche Müllsammel Initiativen gibt, die ihren Müll wieder aufsammeln. Das ist natürlich sehr zynisch, aber es gibt ja bei jeder ehrenamtlichen Müllsammel Aktion Leute, die sich von diesen Aktionen angegriffen fühlen. Immer wenn eine Bewegung entsteht, entsteht auch eine Gegenbewegung dazu.

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Was hältst du von einem Pfandsystem für Zigaretten? Also ein Pfandsystem ist nie schlecht, weil es geht ja immer über Geld. Wenn die Leute merken, dass man damit Geld machen kann, dann spuren sie. Über die Vernunft geht es ja nicht. Über Geld funktioniert es ja immer, siehe Singapur. Das bedeutet ja dann auch wie beim Flaschen sammeln, dass Leute wie Hartz 4 Empfänger oder Obdachlose, dass die sich vielleicht auf die Straße aufmachen und Kippensammeln um sie dann zurück zu bringen. Das hat schon so seine Vorteile, wenn das tatsächlich so funktionieren sollte. Die Idee ist gut. Die Ideen müssen halt relativ einfach und praktikabel sein, wenn irgendwas kompliziert wird, dann wird es meistens nicht angenommen.

»Aber hier sind wir dann wieder bei den to go Geschichten.Wenn man gemütlich eine rauchen will, dann soll man sich halt irgendwo reinsetzen und hat dort einen Aschenbecher und kann dann das richtig entsorgen. Warum muss das da auf der Straße sein? Das ist wie beim Kaffee trinken auch. Wie können wir eine Kultur schaffen, wo man so etwas wieder richtig genießen kann? Man sollte diese to go Kultur gar nicht erst fördern.« Wie kann man alle Menschen für das Thema Müll begeistern? Es ist wichtig, dass man ganz früh anfängt, es muss im Kindergarten angefangen werden, es muss im Elternhau angefangen werden, es muss in der Schule weitergeführt werden und es muss ein Bewusstsein geschaffen werden für Umwelt und Natur. Da gehört alles mit dazu und da gehört auch insofern alles dazu, als dass es das eigene Wohlbefinden mit einschließt, denn wenn ich alles zerstöre, dann hab ich auch keinen Spaß mehr. Dann habe ich keine Vögel mehr, die ich beobachten kann, dann habe ich keinen Wald mehr, dann habe ich gar nichts mehr. Dann können wir irgendwann mal nicht mehr leben.

»Die Kette muss schon zu Ende gedacht werden um zu begreifen, dass es im Kleinen los geht, dass es mit dem Bonbonpapier, das mein 5-jähriger Sohn auf die Straße wirft beginnt und genau da muss es anfangen.« Wo siehst du Stuttgart bzw. die Welt in 10 Jahren hinsichtlich der Müllverschmutzung? Wir sitzen jetzt hier, weil wir etwas verändern müssen, wir müssen es. Wenn wir es nicht tun, dann sehe ich die Welt nicht mehr in 100 Jahren, weil dann wird es ein Planet werden auf dem wir nicht mehr leben können. Da geht es nicht nur um Müll, sondern um Erderwärmung etc. Wir müssen jetzt anfangen etwas grundsätzlich zu verändern und es gibt ja auch schon ganz lobenswerte Anfänge mit recycelbarem Material und Bewusstsein, aber es muss noch mehr werden, es reicht noch nicht. Jetzt sind wir wieder bei der Politik, die ein Umweltpaket geschnürt haben, weil sie bis 2050 komplett erneuerbar sein wollen oder die Erderwärmung reduzieren wollen. Es reicht aber nicht. Beim Müll Thema genauso, es reicht noch nicht. Diese to go Produkte müssen abgeschafft werden, diesen Verpackungsplastik sollte es überhaupt nicht mehr geben. Es gibt Alternativen, die sind vielleicht ein bisschen umständlicher, aber das macht nichts, so viel Zeit hat jeder. Ich kann es auch und wenn ich es kann, dann können es andere genauso. Wir haben mittlerweile ca. 500 Millionen Tonnen Müll im Meer und wir sind halt auch als Initiative dabei den Hahn abzustellen, dass nichts mehr rein kommt. Denn das was drinnen ist, ist schwer herauszuholen. Wir brauchen einfach von der Regierung Gesetze und ganz klare Verbote.

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»Wenn deine Kinder irgendwann mal rauchen, dann werfen sie auch die Kippen auf den Boden und so geht das weiter. Irgendwann kommt man aber nicht mehr an die Menschen dran. Man muss das schon im Hintergrund haben mit dem Müll in den Mülleimer werfen, vielleicht hat man das irgendwo verloren, aber ich glaube wenn das nie da war, dann ist es schwierig das nachträglich hervorzurufen.«

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Chiara ist im Bezirksbeirat der Grünen in Bad Cannstatt tätig, schreibt den Blog für die italienische Initiative Rete Zero Waste und ist seit dem Sommer 2018 bei Cleanup Network dabei. Außerdem hat sie in der Vergangenheit schon Cleanups in Bad Cannstatt organisiert. Sie ist der Meinung, dass wir an der Vermeidung der Produktion von Verpackung ansetzen müssen und Unverpackt Läden fördern sollten. Außerdem müssen die Menschen eine Verantwortung übernehmen, denn das Thema geht alle etwas an, denn es ist unser Planet auf dem wir leben, also sollten wir auch zusammenhalten.

am 06.12.2019

Chiara, Mitglied im Bezirksbeirat der Grünen Bad Cannstatt, schreibt Blogs für Rete Zero Waste

Was hast du schon alles in Bezug auf die Müllverschmutzung gemacht und was machst du aktuell dafür? Das Thema hat mich schon seit meiner Kindheit interessiert. Mein erstes Cleanup habe ich tatsächlich mitWWF in Italien gemacht. Da haben wir in einem Park in meiner Heimatstadt in Italien aufgeräumt und damit hat es da quasi angefangen. In meiner Gymnasium/Anfang Uni Zeit habe ich solche Sachen nicht gemacht, weil es einach nicht cool war und sonst auch keiner mitgemacht hat. 2007 habe ich dann angefangen in einem Unverpackt Laden einzukaufen, weil ich gemerkt habe, dass ich dadurch sehr viel Müll einspare. Vor ca. 3 Jahren haben mich dann mal meine Eltern hier in Deutschland besucht und die haben gemeint, dass es hier bald genauso schmutzig wie in Italien ist. Durch diese »Ich habe auch gemerkt, dass Vereine und Initiativen Aussage hat es bei mir klick gemacht, weil mir das auch gar nicht so aufgefallen ist. Das hat mich dann anfangs aber noch mehr gegen die Müllverschmutzung viel machen können, dazu gebracht den Müll zu reduzieren. Zu dieser Zeit hat dann auch Schüttgut aufgemacht, der erste Unverpackt Laden in Stuttgart. vor allem die Aufmerksamkeit für das Thema schaffen, Durch meine Aktivitäten in diesem Bereich wurde ich dann irgendwann von einem Netzwerk von Italienern kontaktiert. Ich habe aber viel muss einfach auch die Politik machen.« dann angefangen ehrenamtlich zu schreiben für diese italienische Webseite Rete Zero Waste. Mit denen kooperiere ich immer noch und ich habe dann wieder angefangen Müll zu sammeln und für eine Weile war ich damit alleine bis ich einen Beitrag von Thomas Venugopal auf Facebook gesehen habe. Das waren damals Freunde, die zusammen Müll gesammelt haben und ich habe mich da angeschlossen. Ich war dann auch die Erste, die nicht zum Freundeskreis gehört hat. Dann habe ich mit denen zusammen Müll gesammelt. So hat dann grob gesagt die Zusammenarbeit mit Cleanup Network im Sommer 2018 angefangen, bevor es das Cleanup Network überhaupt offiziell gab. Ansonsten ist das Müll sammeln schön und gut, aber viel muss auch die Politik machen. Ich habe einen Bekannten der im Gemeinderat ist und der hat mich davon überzeugt mich für die Grünen zu gewinnen und dann bin ich den Grünen beigetreten und jetzt bin ich im Bezirksbeirat der Grünen in Bad Cannstatt. Dort versuche ich natürlich auch diese Themen weiter zu treiben. Was motiviert dich daran Müll zu sammeln?

»Es ist nicht mein Müll, aber es ist mein Planet. So würde ich es zusammenfassen. Es stört mich einfach, der Müll gehört dort nicht hin und deshalb muss er weg. Ich mag es einfach sauber, aber umso mehr weil es in der Natur ist und damit Tieren und Umwelt schadet.« Findest du dass in Stuttgart viel Müll auf dem Boden liegt? Auf meinem Arbeitsweg in Vaihingen von der Haltestelle bis zu meinem Büro sind es 200 Meter und was da alles auf dem Boden liegt ist echt unglaublich. Man merkt wirklich wo nicht geputzt wird. Im Bereich Königstraße und Schlossplatz, wo regelmäßig geputzt wird sieht man den Müll zumindest nicht sofort, aber dort gibt es auch mehr als genug Müll. Aber das was auf meinem Arbeitsweg liegt ist schon echt schlimm. Ich finde, dass es in Stuttgart schon ziemlich schmutzig ist. Im Vergleich zu Italien ist in Stuttgart schon ein bisschen weniger, weil dort sind sogar die Landstraßen vermüllt. 96 — Interview: Chiara (Cleanup Network)


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Kennst du Orte in Stuttgart, wo es mit der Müllverschmutzung besonders schlimm ist? Am Rewe bzw. gegenüber vom Rewe in der Schwabstraße ist es am schlimmsten meiner Meinung nach. Ansonsten am Bahnhof in Bad Cannstatt und am Bahnhofsvorplatz und Wilhelmsplatz. Das Thema wurde jetzt auf jeden Fall gesehen, das hat auch die Kampagne Sauberes Stuttgart gezeigt, dass es dieses Problem gibt. Die Kampagne finde ich aber nicht so gut vom Konzept her. Ich finde Erziehung bei diesem Thema sehr wichtig. Das könnte man z.B. in die Schulen bringen. Deshalb finde ich es auch gut, dass es z.B. Cleanup Network gibt, weil es das Bewusstsein für das Thema näher bringt. Alle die ich bis jetzt interviewt habe, haben auch gesagt, dass die Erziehung eine der wichtigsten Dinge bei dem Thema ist. Mein Mann bzw. seine Familie ist da ein schlechtes Beispiel, weil eigentlich hat seine Mutter immer gesagt, er soll seine Sachen nicht auf den Boden schmeißen. Irgendwann hat sie aber selbst Zigaretten auf den Boden geworfen und sein Bruder macht das jetzt auch und ich habe ihm letzte Woche gesagt, dass das sehr schlecht ist, vor allem wenn du das vor deinen Kindern machst. Wenn deine Kinder irgendwann mal rauchen, dann werfen sie auch die Kippen auf den Boden und so geht das weiter. Irgendwann kommt man aber nicht mehr an die Menschen dran. Man muss das schon im Hintergrund haben mit dem Müll in den Mülleimer werfen, vielleicht hat man das irgendwo verloren, aber ich glaube wenn das nie da war, dann ist es schwierig das nachträglich hervorzurufen. Was ich noch erzählen wollte, dass es mehr mit der Erziehung zu tun hat und eher weniger mit der Anzahl bzw. dem Abstand von Mülleimern. Ich gehe am Römerkastell einkaufen und direkt draußen vor dem Rewe gibt es einen Mülleimer. Da habe ich einmal einen Jungen gesehen, der ungefähr 13 Jahre alt war, der ist vor mir raus gegangen mit einer Cola und hat diese Cola einfach auf den Boden geworfen, obwohl der Mülleimer direkt daneben war. Ich habe aber auch überhaupt keine Lust die Leute dann darauf anzusprechen und sie zu ermahnen.

Einer von vielen überfüllten Mülleimern in Stuttgart, wo dann der Müll um den Mülleimer herum auf dem Boden landet


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»Die Geldstrafen sind auf der einen Seite vollkommen richtig, auf der anderen Seite bringt die Geldstrafe meiner Meinung nach aber keine Erziehung mit sich. Aber es ist auch immer schade, wenn man mit einer Strafe ein Ziel erreichen muss. Das heißt, dass da dann die Erziehung gescheitert ist. Ich glaube aber auch dass der Erziehungsmangel in der Gesellschaft zunimmt, man sieht das nicht nur im Müllbereich, man sieht das auch bei den Sachschäden.« Es gibt ja auch schon Geldstrafen für das Wegwerfen von Müll und Kippen. Das wurde ja am Anfang groß beworben. Ich kenne dazu nicht die genauen Zahlen, aber ich habe mal gelesen, dass die Zahlen von erwischten Leuten und das Bußgeld dafür sehr wenig ist, wenn man bedenkt, wie oft dass das passiert Meinst du es bringt etwas wenn man mehr Mülleimer aufstellt? Ich glaube schon, dass es was bringt, man sollte es auf jeden Fall machen, aber man müsste auch klar machen warum man die Mülleimer benutzen soll, wobei das eigentlich selbstverständlich ist. Was aber wirklich teilweise funktioniert, wenn sie Müll auf den Boden werfen, diesen Müll dann direkt vor ihnen aufzuheben und zu entsorgen, weil dann schämen sie sich extrem. Das wirkt wirklich gut, das bringt wirklich zum Nachdenken, aber am besten kommentarlos aufheben. Aber auch das versteht nicht jeder, weil wenn man das Wegwerfen nicht als falsch wahrnimmt, dann wirkt das vor einem Müll aufzuheben auch nicht. Glaubst du Aufmerksamkeit für Mülleimer mit Schildern oder Plakaten wäre sinnvoll? Ich glaube schon, dass man das machen soll, ich glaube auch, wie man es dann macht ist entscheidend, ob es dann was bringt denke ich schon, aber auch nicht sehr viel. Findest du dass die Stadt Stuttgart genug in Bezug auf die Müllverschmutzung macht? Nein. Wir haben unterschiedliche Probleme. Einmal das Problem mit dem Gelben Sack, wenn man den raus stellt. Viele im Westen von Stuttgart haben keinen Balkon und keinen Keller und dann wird der Gelbe Sack einfach auf die Straße gestellt, auch wenn noch lange keine Abholung ist. Der bleibt dann da auf der Straße bis zur Abholung und in der Zeit kommen Tiere, kommt Wind und dadurch wird dann oft der Müll auf der Straße verteilt. Die Stadt will das vielleicht nicht sehen, aber das Problem mit dem Gelben Sack funktioniert nicht. Wir brauchen ein anderes Konzept mit Mülltonnen, die mag ich aber eigentlich auch nicht, weil die Tonne lädt dazu ein mehr Müll zu machen. Aber besser mehr Müll als überall in der Gegend verteilt. Die Häufigkeit der Mülleimer ist auch ein Problem das von der Stadt genauer untersucht werden muss. Wie schaut deiner Meinung nach ein guter öffentlicher Mülleimer aus? Er muss auf jeden Fall einen guten Aschenbecher haben, wo die Kippen aufbewahrt werden können. Ein guter Mülleimer ist einer, den man in jeder Ecke findet und der noch nicht voll ist. Ein guter Mülleimer ist einer, der auch regelmäßig geleert wird. Ich verstehe auch nicht die Leute, die ihren Müll in einen bereits überfüllten Mülleimer werfen, weil man eigentlich wissen sollte, dass der Müll dann wieder raus fallen kann. Ich würde sagen, ich bin 1 % in dem Fall, die ihren Müll nicht in einen bereits überfüllten Mülleimer wirft. Mein Mann würde seinen Müll trotzdem in den überfüllten Mülleimer schmeißen und würde sagen, dass es nicht mehr seine Verantwortung ist, wenn die Leute von der AWS den Mülleimer nicht leeren, womit er eigentlich auch Recht hat. Aber ich finde wir sind ein bisschen außerhalb von dieser Verantwortung. Es ist egal, wer das Loch in das Schiff macht, wir sind alle auf dem Schiff. 98 — Interview: Chiara (Cleanup Network)


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Findest du dass sich die Einstellung zu Müll in den letzten Jahren verändert hat? Das kann ich nicht so wirklich beurteilen, ich weiß nur, dass sich die Einstellung in meinem Freundeskreis deutlich verändert hat und zwar ins Positive. Jeder von meinen Freunden ist zumindest informiert, dass Müll ein Problem ist und das finde ich schon gut. Ich glaube, dass sich die Einstellung schon positiv verändert hat. Was sich aber absolut nicht positiv verändert hat ist das Verhalten. Wie findest du die Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof von Cleanup Network? Ich finde sie sehr gut. Ich kann nicht beurteilen, wie gut es funktioniert, weil ich nicht so oft am Bahnhof bin. Ich weiß auch nicht wie sehr die Sprüche auffallen. Die Sprüche am Mülleimer sind sehr gut, die am Boden und an den Treppen sind glaube ich teilweise sehr schnell weg gewesen und die an der Wand sind ein bisschen unauffällig. Die sind zwar groß, aber nur wenn man sie lesen will, dann liest man sie auch. Ich finde die Sprüche und Aufschriften am Aschenbecher am Gleis das Beste an der Kampagne. Der Spruch: „Sie haben gerade 40 Liter Grundwasser gerettet“ ist wirklich ein guter Spruch. Das ist ein Fall, wo der Spruch an den Mülleimern auch wirklich funktioniert. Die Lage ist gut, der Spruch ist gut und dann funktioniert es auch. Das Problem in der Unterführung ist, dass man immer läuft und das meinte ich auch, wenn man unterwegs ist, wenn man schnell in die Arbeit oder zu einem Termin will, dann fallen die Plakate natürlich nicht so auf wie wenn man steht. An die Türe von der S-Bahn oder dem Zug einen Spruch zu machen, wäre auch sehr hilfreich und auffallend. Hast du eine Idee wie man das Müll Problem an der Wurzel packen kann? Viel von dem Müll ist schon einfach unnötig, dass er überhaupt produziert wird. Für mich ist die Müllreduzierung auf jeden Fall der bessere Schritt. Man kann natürlich die Leute bestrafen, die ihren Müll wegwerfen, man kann die Menschen erziehen, aber am besten wäre es den Müll gar nicht erst herzustellen. Da ist die Welt aber leider noch sehr hinterher. Ich kann verstehen, dass Verpackungsmüll in manchen Bereichen vollkommen in Ordnung ist, z.B. im Medizinbereich, wo alles sauber oder sterilisiert werden muss, das ist klar. Das will ich nicht bestreiten, aber warum kann man nicht das Pfandsystem erweitern? Warum kann man nicht mehr Sachen lose verkaufen, es spricht eigentlich nichts dagegen, eigentlich sogar dafür. Wir gehen ein bisschen in diese Richtung, aber wenn man z.B. spontan einkaufen gehen will und nichts dabei hat, dann ist es auch schwierig. Aber wenn man ein Pfandsystem hätte, bei dem man sich eine einfache Tupperdose ausleihen kann und die man dann gespült wieder zurück gibt, das wäre dann für jeden machbar. Im Supermarkt sollte es auch viel mehr unverpackt Produkte geben. Entweder man hat Geld und Zeit zur Verfügung, dann kann man auch in einem Unverpackt Laden einkaufen, wie Schüttgut und dabei viel Verpackung sparen, aber wenn du schon eine der beiden Sachen nicht hast, dann sieht es halt schlecht aus und der Supermarkt ist halt da bis jetzt noch nicht so weit und daher keine Alternative.

»Ein generelles Problem in unserer Gesellschaft ist auch, dass alles immer schnell passieren muss und daher hat fast keiner mehr Zeit sich in Ruhe hin zu setzen und einen Kaffee zu trinken ohne Verpackungsmüll zu verursachen. Auch weil viele Menschen weniger Zeit haben um sich um solche Sachen zu kümmern.« Wenn man Vollzeit arbeitet, hat man wirklich wenig Zeit und dann muss man alles so schnell wie möglich erledigen, weil irgendwann will man auch einfach seine Freizeit genießen. Es ist jetzt schneller da alles einzukaufen anstatt zum Unverpackt Laden zu gehen, es ist schneller Fertigprodukte zu kaufen anstatt es selber zu machen. Wie glaubst du kann man alle Gesellschaftsschichten für dieses Thema begeistern? Es ist wirklich schwierig, man kann nur wirklich gute Arbeit in der Schule leisten. Aber es gibt immer irgendwelche Menschen, die sich nicht daran halten. Man kann sich auch nicht auf die Menschen verlassen, man muss das System so anpassen, dass die Menschen nicht versagen. Wo siehst du Stuttgart bzw. die Welt in 10 Jahren in Bezug auf die Müllverschmutzung? Das ist schwierig zu sagen, nächstes Jahr haben wir Oberbürgermeisterwahlen. Ich glaube jede Partei würde grundsätzlich das Thema angehen, die Frage ist nur mit welcher Intensität und in welche Richtung. Ich glaube es ist sehr wahrscheinlich, dass es unverändert bleibt, es gibt eine Möglichkeit dass es sich deutlich verschlimmert und es gibt eine kleine Möglichkeit, dass es besser wird. Ich bin da nicht so optimistisch muss ich ganz ehrlich sagen. Aber ich halte es für sehr wahrscheinlich dass es zu einem Mittelweg führt. Was planst du noch in naher Zukunft um gegen die Müllverschmutzung vorzugehen? Ich habe schon teilweise Dinge eingeleitet für die Zukunft, wir haben mehr Brunnen beantragt, dass man Wasser umsonst bekommt und dadurch weniger Plastikflaschen gekauft werden. Was ich auf jeden Fall beantragen werde, sind mehr Mülleimer an Stellen wo es notwendig ist. Mehr kann ich auf Bezirksebene nicht machen, viel muss die Stadt machen, ich kann Druck von unten machen, das ist passiert und ich werde weiterhin Cleanups machen und ich werde weiterhin meine Freunde nerven, dass sie weniger Müll produzieren. Ich will strenger mit mir selber mit der Müllproduktion werden. 102 — Interview: Chiara (Cleanup Network)


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»Es gibt ja mittlerweile Strafen in der Stadt, dass man für eine weggeworfene Kippe ca. 100 € Bußgeld bezahlen muss. Dieses Bußgeld Thema funktioniert einwandfrei, bloß andererseits macht es natürlich auch Sinn die Leute mit Spaß zu begeistern, vielleicht mal Kippen ordentlich wegzuwerfen. Daher kommt auch die Idee.« am 11.12.2019

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Karle Recycling ist ein Wertstoffhof und Spezialist für die Entsorgung, Verwertung und Aufbereitung von sogenannten Sekundärrohstoffen. Seit 1948 übernehmen sie als waschechte Stuttgarter Firma Entsorgungs- und Recyclingaufgaben in Stuttgart und um Stuttgart herum. Sie sind ein Familien Unternehmen in der 3. Generation mittlerweile und kamen ursprünglich aus dem Schrott. Sie tragen als modernes, zertifiziertes Unternehmen einen Teil dazu bei, dass Schrott und Bauschutt am Ende wieder zu größtmöglichen Teilen in nutzbare Rohstoffe umgewandelt werden.

Bastian Lauer, Leiter des Kundenservicecenters bei Karle Recycling

Können Sie die Idee bzw. Das Konzept des Kippsters genauer erklären? Kippster ist eine Neukreation, die Idee stammt ursprünglich aus Großbritannien und heißt dort Ballot Bin. Es geht darum dem riesigen Müllberg aus Zigaretten, die achtlos auf den Boden geworfen werden entgegen zu wirken. Es gibt mittlerweile Strafen in der Stadt, dass man für eine weggeworfene Kippe ca. 100 € Bußgeld bezahlen muss. Dieses Bußgeld Thema funktioniert einwandfrei, bloß andererseits macht es natürlich auch Sinn die Leute mit Spaß zu begeistern, vielleicht mal Kippen ordentlich wegzuwerfen. Daher kommt auch die Idee, es gibt eine Frage und die Antwortmöglichkeiten „Ja“ und „Nein“ und da können die Leute dann abstimmen mit der Kippe und dann tut man die Kippe in die jeweilige Öffnung und dann sieht man im Endeffekt das Abstimmergebnis über die zwei Säulen mit dem Glas unten drin. Das ist die Grundidee. Dann kam der Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart auf uns zu und hat gefragt, was wir da noch besser machen können. Dann haben wir uns das ursprüngliche Objekt aus Großbritannien angeschaut und haben einen befreundeten Schlosser in Botnang miteinbezogen, damit wir den Ballot Bin nochmal neu aufsetzen. Damit er kleiner, handlicher, besser verarbeitet und stabiler ist und dass die Fragen auch einfach austauschbar sind. Dann haben wir einerseits unseren Kontakt zu dem Schlosser spielen lassen und haben dann andererseits auch 10 Kippster gesponsert um die Stadt sauberer zu machen. Außerdem haben wir in Zusammenarbeit mit den Jugendräten es organisiert, dass die dann Patenschaften für den Kippster übernehmen. Dazu gehört dann beispielsweise ein Kippster, den wir auf der Königstraße aufgehängt haben. Wir haben einen in Botnang, in Degerloch, in Feuerbach usw. aufgehängt. Das sind in verschiedenen Bezirken der Stadt über den Jugendrat als Patenschaft aufgehängte Kippster. Die kümmern sich dann auch immer um die Organisation der Leerung eines Kippsters, sie schauen, dass die Kippster ordentlich sind, nicht kaputt gemacht und die Fragen immer wieder mal ausgetauscht werden. Was hat sie als Unternehmen dazu gebracht sich an dieser Aktion mit dem Kippster zu beteiligen? Die Sauberkeit der Stadt ist für uns eine Herzensangelegenheit als Recycling Unternehmen. Wir sind ja mittlerweile über 70 Jahre hier vor Ort lokal als Recycling Unternehmen ansässig. Wir sind ein Familien Unternehmen in der 3. Generation mittlerweile, kamen ursprünglich aus dem Schrott, nach dem Krieg hat ja Emil Karle Schrott eingesammelt und wurde dann größer und wir machen mittlerweile alles was Abfälle so hergeben. Von Schrotten, die dann ins Stahlwerk gehen und dann zu 100 % recycelt werden, über Altfahrzeuge bis hin zu Baustellen, was da an Bauschutt entsteht. Insofern ist das ganze Thema Abfall, Müll, Recycling uns eine Herzensangelegenheit und als uns der Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart dann gefragt hat, ob wir ihnen helfen können, da haben wir dann sofort zugesagt. Haben Sie dann schon Rückmeldung zum Kippster bekommen? Ja wir werden immer wieder mal darauf angesprochen, auch von Kunden, die dann sagen, sie haben den Kippster gesehen. Dann haben wir auf Instagram eine Seite, die heißt Tippen mit Kippen, da laden wir auch ab und zu Videos zum Kippster hoch, da haben wir auch schon einige Aufrufe darauf. In der Zeitung gab es verschiedene Beiträge zum Kippster, also es gibt eine Resonanz. Die Stadt hat natürlich auch 600.000 Einwohner und wenn wir jetzt da 10 Kippster in der Stadt verteilt haben, dann ist das schön und gut, aber die komplette Bekanntheit ist bis jetzt natürlich noch nicht da. Haben Sie dann auch noch vor in naher Zukunft weitere Kippster aufzustellen? Ja, also wir sind froh, dass auch diese Patenschaften so funktionieren. Was jetzt auch immer mehr kommt ist, dass die Bekanntheit des Metallbauers steigt und dass dieser immer stärker angefragt wird. Wir bekommen Anfragen für den Strand an der Ostsee Kippster aufzu-hängen, es kommen vermehrt Anfragen deutschlandweit. Da haben wir jetzt gar nicht mehr so viel damit zu tun, wir sind halt jetzt hier lokal unterwegs. Der Kippster ist ja nur eine Geschichte um die Stadt sauberer zu machen. Was haben Sie dann noch für Projekte in diesem Bereich? Beispielsweise haben wir dieses Jahr beim Kessel Festival auf dem Cannstatter Wasen die komplette Entsorgung übernommen. Wir haben Container aufgestellt als Absperrbereiche, wir haben geschaut, dass der wenige Müll auf dem Nachhaltigkeitsfestival vor Ort schon richtig sortiert und getrennt wird. Aktuell entsorgen wir auf dem Weihnachtsmarkt in der Stadt, die Behälter leeren wir da jeden Tag. 104 — Interview: Karle Recycling


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Ein Kippster, der direkt am Gebäude von Karle Recycling in Feuerbach hängt. Die Frage auf der Tafel darüber lautet: Mercedes oder BMW?

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»Es ist auch einfach so in der Stadt, die Menschen ordnen sich einfach betimmten Regeln nicht mehr unter. Bei uns ist immer Gelber Sack Abholung mittwochs und dann stellen es manche Leute eine Woche vorher schon raus. Wenn einer einen Gelben Sack raus stellt, dann denken alle anderen auch, dass dann am nächsten Tag Gelbe Sack Abholung ist und stellen alle ihren Gelben Sack raus. Wenn ein Gelber Sack aufreist, dann ist der ganze Müll auf der Straße «

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Simone Rehm arbeitet an der Universität, wo sie im Rektorat für Informationstechnologie verantwortlich ist. Im Mai 2017 hat sie die kleine Initiative „Weniger Müll“ ins Leben gerufen, die sich schon seit längerer Zeit auf die fehlenden Aschenbecher an SSB Haltestellen fokussieren und dafür kämpfen. Mit der Flugblätter Reihe „Denkzettel“ spricht die Initiative jeweils die 3 Themen Kippen, Gelber Sack und illegaler Müll auf der Straße mit Worten an um die Leute zu erreichen. Das aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern nach dem Motto Hand aufs Herz. Mit einer empfehlung wird der Leser darauf hingewiesen, wie man es richtig machen sollte.

Simone Rehm, arbeitet an der Universität und ist Gründerin der Initiative „Weniger Müll“

Wie sind Sie zu Ihrer Initiative „Weniger Müll“ gekommen? Ich muss da ein bisschen ausholen, was meine Motivation angeht. Ich wohne schon seit mindestens 15 Jahren in der Stadt, auch stadtnah. Ich hatte davor einen anderen Arbeitgeber außerhalb der Stadt Richtung Ditzingen. Dort bin ich immer mit dem Auto hingefahren und da hatte ich einen Tiefgaragenparkplatz und da war immer alles sauber. Dann habe ich 2015 meinen Arbeitsplatz gewechselt und habe hier an der Universität begonnen, wo ich im Rektorat für Informationstechnologie verantwortlich bin. Dann habe ich begonnen mit dem Fahrrad zu meiner Arbeitsstelle zu fahren oder bin auch zu Fuß gegangen. Dann ist mir erst wirklich aufgefallen, wie schlimm mein eigenes Viertel aussieht. Irgendwann bekommt man einen Tunnelblick, dann kann man nicht mehr anders als darauf schauen. Das hat mich irgendwann persönlich so betroffen gemacht, dass ich dachte, ich muss etwas dagegen tun. Ausschlaggebend war aber ein Papierkorb vor einem Supermarkt, der bis abends um 24 Uhr geöffnet hat. Dieser Mülleimer vor dem Supermarkt war ja völlig falsch dimensioniert. Alle Leute, die spät abends noch einkaufen waren und oft to go Produkte konsumiert haben, haben ihre Sachen in diesen Mülleimer gestopft, immer mit dem Ergebnis, dass er praktisch immer voll bzw. übervoll war. Das hat mich so gestört, dass dieser Mülleimer sonntags, wenn ich dann in die Stadt gegangen bin, immer komplett überfüllt war und der ganze Müll lag auf der Straße und ich bin wahnsinnig geworden. Dann habe ich Kontakt zu dem Supermarkt aufgenommen und habe gesagt, dass der Mülleimer zu klein ist. Ich habe Fotos gemacht, ich habe geschrieben, E-Mails versendet an die Hausverwaltung. Dann war es wieder das übliche, diese Verantwortungsdiffusion. Man weiß überhaupt nicht, wer eigentlich zuständig ist. Ist der Hausbetreiber zuständig? Ist der Besitzer zuständig? Die haben es sich immer gegenseitig zugeschoben und dann hat wieder jemand Mut gefasst und gesagt, dass sie sich darum kümmern und 4 Wochen später hat es wieder so schlimm ausgesehen. Am Ende war der Gebäudeverwalter zuständig und es gab eine frappierende Lösung des Problems, indem sie den Mülleimer abmontiert haben. In der Tat war das die Lösung des Problems. Dieses Problem an diesem Ort ist nicht mehr vorhanden. Das war mein privater Kampf und dann habe ich gemerkt, dass mir das Thema zu viel Kraft kostet und ich Leute brauche, mit denen ich darüber sprechen kann. Dann habe ich ein Flugblatt gemacht und habe damit auf Themen wie Kippen, die dann auf der Straße landen, aufmerksam gemacht. Bei uns ist auch gerade das Anwohnerparken eingeführt worden in meinem Viertel und man glaubt es ja nicht, wie viele Leute beim Wegfahren den Parkschein aus der Scheibe heraus nehmen, ihn zerknüllen, Auto nochmal aufmachen und den dann auf den Boden werfen. Das begreift man gar nicht, das ist ja nicht eklig und das ist ja auch eine ganz bewusste Handlung. So ist dann unsere Initiative entstanden, dann haben wir ein erstes Treffen am 23. Mai 2017 gehabt. Seither gibt es uns. Was haben Sie gegen die Müllverschmutzung in Stuttgart schon alles gemacht? Wir sind eine kleine Gruppe, wir sind nicht zu vergleichen mit dem was mit Cleanup Network entstanden ist. Ich glaube, dass ich eine andere Klientel adressiere. In meiner Gruppe sind auch 2, 3 ältere Damen, die gehen nicht wirklich Müll sammeln. Aber Andere von uns sind bei vielen Cleanups dabei und gehen auch so mal Müll sammeln. In unserer kleinen Initiative sitzen wir zusammen und haben versucht uns selber den Problemen zu nähern. Warum kommt das? Wie ist die Mentalität? Wie können wir die Menschen erreichen? Dann waren wir zweimal auf dem sogenannten Übermorgen Markt, ein Nachhaltigkeitsmarkt. Da hatten wir einen schönen Stand und ich war sehr stolz, dass der Landesumweltminister zu unserem Stand kam und wir hatten allgemein auch gute Resonanzen. Wir sind mit ganz vielen Leuten ins Gespräch gekommen. Danach haben wir begonnen uns den Fokus mehr auf das Thema Kippen zu richten. Dann habe ich den 108 — Interview: Simone Rehm (Weniger Müll)


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Förderverein für Sicheres und Sauberes Stuttgart kontaktiert und der Gunter Schmidt hat dann zu mir gesagt, dass die Kippen das Schlimmste sind. Das habe ich nicht gesehen, nur leere Zigarettenschachteln und alles andere, bloß keine Kippen. Aber seit ich die Kippen im Fokus habe, sehe ich das genauso wie der Gunter Schmidt es gesagt hat. Dann haben wir uns ein bisschen mehr auf das Thema Kippen an Bushaltestellen konzentriert. An Haltestellen ist es echt total widerlich. Es ist schon schlimm, dass die Leute ihre Kippen da auf den Boden werfen, aber ganz schlimm ist, dass die SSB selber dagegen nichts macht. Dann sieht es halt regelmäßig so widerlich an Haltestellen aus. Man kann immer mehrere Sachen tun. Man kann sich an die Vermüller richten, die erreicht man eigentlich gar nicht. Diejenigen die es wirklich tun, die spreche ich an, die spreche ich immer an wenn ich jemanden sehe, aber die Unterhaltungen sind nicht wirklich zielführend. Man kann sich an die Stadt richten. Man kann sich an Verantwortliche richten, die in Häusern wohnen. Manchmal komme ich mir vor wie ein freiwilliger Polizist, das ist auch unangenehm, aber ich habe inzwischen meine Hemmungen an der Stelle komplett abgelegt.

»Die SSB ist ein gutes Beispiel, wo man sagen kann, die müssen etwas tun, denn alle Menschen, die ihre Kippen auf dem Mülleimerdeckel ausdrücken, die haben ja ein Bewusstsein, die wollen ja auch nicht ihre Kippen auf den Boden werfen.« Dann hatten wir die Idee mit der Ziggi-Büx und die gibt es ja jetzt an manchen Haltestellen. Wir haben dann einmal eine Aktion gemacht bei der Buslinie 43 und haben überall solche Becher an die Haltestellen dran gemacht. Aber das lässt die SSB völlig kalt. Ich habe einen sehr langen Schriftverkehr mit der SSB, wo die mir in 3 Seiten darlegen, warum sie keine Aschenbecher an den Haltestellen installieren. Ich war im Bezirksbeirat und habe dort den Erfolg errungen, dass die einen Antrag gestellt haben an den Gemeinderat, dass die SSB an ihren Bushaltestellen Aschenbecher anbringen soll, aber die SSB macht das einfach nicht. Es ist die komplette Verantwortungsdiffusion. Es fängt schon damit an, dass es Stadtbahn Haltestellen und Bushaltestellen gibt. Die sind komplett unterschiedlich in der Verantwortung. An Stadtbahn Haltestellen ist die SSB für alles zuständig und deshalb auch für die Reinigung und deshalb haben die tatsächlich vor, nach und nach Aschenbecher anzubringen. An den Bushaltestellen sind sie nicht zuständig für die Reinigung, sondern da gibt es jemanden dem das Gelände gehört und das ist dann auf die Stadt bezogen und die hat

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wiederum ein anderes Unternehmen beauftragt, die für die Bank und die Überdachung zuständig ist. Denen gehört das dann auch. Die SSB hat an Bushaltestellen nur die Pflicht, einen Mülleimer anzubringen, aus dem einfachen Grund, weil es früher und teilweise noch heute Papiertickets gab, damit der der aussteigt oder einsteigt sein Papier Ticket entsorgen kann. Die stellen sich echt auf den Standpunkt und sagen, wir tun unsere Pflicht, das Papierticket kann man in dem Mülleimer entfernen und für mehr sind wir nicht zuständig. Ich habe keine Idee mehr. Ich habe einen 3-seitigen Brief an den Geschäftsführer der SSB geschrieben, weil es zu der Zeit einen Wechsel an der Spitze der SSB gab. Wirklich immer in sehr verbindlichem und freundlichem Ton. Auch darauf gab es keine Reaktion. Bei dem runden Tisch Anfang Dezember war die SSB auch da, aber das Thema prallt an denen ab. Die stellen sich auch auf den Standpunkt, dass jeder vernünftige Mensch weiß, dass man seine Kippe nicht auf den Boden wirft. Warum sollte sich die SSB dann als Erzieher aufspielen? Was der wirkliche Grund ist, weiß ich nicht. Aber sie sagen oft, dass sie nicht möchten, dass an ihren Haltestellen geraucht wird, weil es unangenehm für die Fahrgäste ist, aber sie können es halt auch nicht verbieten. Wenn sie Aschenbecher aufstellen, dann laden sie ja die Leute zum Rauchen ein. Das hat eine gewisse Logik, aber andere Städte machen es halt so, dass sie ein Nichtrauchgebot an die Haltestellen anbringen und trotzdem Aschenbecher aufstellen. Beides wäre eigentlich sinnvoll, Nichtrauchgebot und Aschenbecher. Ein Mülleimer im Schlossgarten ist immer überfüllt und das ist auch wieder ein gutes Beispiel für Zuständigkeitsaufteilung. Das ist einem normalen Bürger auch nicht bewusst. Wir sind Landeshauptstadt, weil wir Landeshauptstadt sind ist nicht alle Fläche die wir haben Kommunal, sprich der Stadt zugeordnet, sondern manche Flächen gehören dem Land. Zum Beispiel gehört der Schlossgarten dem Land. Für die Stadt ist die Abfallwirtschaft die Behörde, die für das Reinigen zuständig ist, für das Land ist es die Wilhelma. Die Wilhelma hat die Pflicht die landeseigenen Flächen sauber zu halten. Der Stadtgarten, wo die Hauptgebäude der Universität sind, ist in zwei gleich große Flächen geteilt. Die eine Fläche gehört der Stadt, die andere Fläche gehört dem Land und die bekommen es nicht überein wer wann reinigt. Das sind so Dinge, wo der Herr Kuhn aktiv werden und erkennen muss, dass es z.B. an Zuständigkeitsaufteilungen liegt und muss irgendetwas tun. Da sieht es jeden Montag richtig schlimm aus, da liegt haufenweise Müll, vor allem durch die Partys von den Studenten. Da ziehe ich 8 Wodkaflaschen raus plus Plastikbecher, Kippen und Zigarettenschachteln, wenn ich es alleine mache. Was ich alles schon gemacht habe. Dann habe ich mich mit dem Rektor der Hochschule für Technik zusammen getan und dann haben wir um einen Termin beim Bürgermeister gebeten. Den Termin haben wir dann auch bekommen, allerdings nicht beim Herrn Kuhn, sondern bei seinem Pressesprecher, der war schon mal der Falsche. Der Presssprecher hat sich das von uns eine Stunde lang angehört und hat dann auf seine Uhr geschaut und gesagt: „Die Stunde ist jetzt vorbei, also vielen Dank für das Gespräch, ich nehme das alles auf und sie hören von uns.“ Das wars. Da ist dann danach nichts passiert. Jetzt geht uns so ein bisschen die Kraft aus, ich habe dieses Jahr noch eine Aktion an einer Schule gemacht, das hat mir echt Spaß gemacht. Da habe ich einen Vortrag gehalten und das fand ich sehr effektiv und das würde ich gerne nochmal machen und wir haben die Aktion mit den Aschenbecher an Haltestellen gemacht und wir haben tragbare Aschenbecher gemacht, die wir an die Leute verteilt haben. Wir haben auch noch sogenannte Denkzettel gemacht, wo wir auf 3 unterschiedliche Themen hingewiesen haben. Da habe ich versucht mit Worten die Leute zu erreichen, aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern nach dem Motto Hand aufs Herz. Dann kommen solche Gründe warum man Müll nicht einfach auf den Boden werfen sollte. Gehwege werden von der Stadt nicht mehr gereinigt, weil es die Kehrwoche in der Art auch nicht mehr gibt wie es früher einmal war. So haben wir 3 Denkzettel gemacht, einen zum Thema Kippen, einen zum Gelben Sack und einen zu „zu verschenken“ bzw. illegalem Müll auf der Straße. Es ist auch einfach so, dass in der Stadt, ich weiß nicht ob es nur in der Stadt so ist, aber die Menschen ordnen sich einfach bestimmten Regeln nicht mehr unter. Bei uns ist immer Gelber Sack Abholung mittwochs und dann stellen es manche Leute eine Woche vorher schon raus. Wenn einer einen Gelben Sack raus stellt, dann denken alle anderen auch, dass am nächsten Tag Gelbe Sack Abholung ist und stellen auch alle ihren Gelben Sack raus. Wenn ein Gelber Sack aufreist, dann ist der ganze Müll auf der Straße, was dann auch wieder niemand weg macht. Das 3. Thema des Denkzettels war „zu verschenken“ und das ist ganz schlimm in unserem Viertel, also jeden Samstag steht auf der Straße Müll und das ist eigentlich illegal. Aber die Leute denken, dass es eine soziale Tat ist, wenn sie ihre Sachen auf der Straße verschenken. Die wissen vielleicht auch nicht was sie sonst mit den Sachen machen sollen. Aber Realität ist halt einfach, dass diese gut gemeinten „zu verschenken“ Dinge dort nicht stehen dürfen und das sollte auch geahndet werden. Also was das Problem mit den Aschenbechern an Haltestellen angeht ist auch hauptsächlich die Verteilung von Verantwortung dafür verantwortlich, dass es eben nicht funktioniert oder? Bei Verantwortungsdiffusion habe ich das Gefühl, dass das ein großes Problem ist. Natürlich gibt es ganz viele strukturelle Probleme auf die die Politik nicht hinweist.

»Es hat ganz lange gebraucht bis ich kapiert habe, dass wenn man in einen Laden geht und einen Coffee to go oder überhaupt ein to go Produkt kauft, dann zahlt man nicht 19 % Mehrwertsteuer auf das Produkt, sondern ungefähr 9 %. Alle Bäckereien, die etwas to go oder auf die Hand verkaufen, sind davon befreit und haben einen reduzierten Steuersatz auf die Produkte, die sie dann to go verkaufen.« Interview: Simone Rehm (Weniger Müll) — 111


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Mit der Argumentation, dass man sagt, sie haben ja auch nicht den Aufwand, den sie haben, wenn sie noch jemanden im Service angestellt haben. Aber im Endeffekt, die Wirkung beim Konsumenten ist, dass to go Produkte günstiger sind wie wenn man to stay Produkte kauft. Was an Müll erzeugt wird und was in der Allgemeinheit landet, ist worum sich der Steuerzahler dann indirekt kümmern muss, weil das nicht eingepreist ist in den Preis der Produkte. Das ist so ähnlich wie wenn man über die Klimaschutz Themen reden. Natürlich müssen die Sachen, die klimaschädlich sind teuer werden. So ähnlich müsste man das hier auch machen. Entweder es komplett verbieten, was ja die EU mit bestimmten Plastikprodukten gemacht hat, oder aber die to go Produkte teurer machen, aber unser Gesetzgeber macht das Gegenteil. Er macht sie billiger als die anderen Produkte.

»Da habe ich mal irgendwo was gehört von drei oder vier „A’s“. Man muss aufklären. Es gibt einfach Menschen die wissen nicht, dass eine Kippe giftig ist. Die meinen die löst sich in Luft auf. Also Aufklärung ist das eine was notwendig ist. Das Zweite ist aufräumen. Deshalb finde ich gut was das Clenaup Network macht. Weil wo Müll liegt da kommt weiterer Müll hin. Das ist die Erfahrung. Das Dritte ist ahnden. Man muss ahnden und das müsste auch unsere Stadt viel stärker tun.« Es gab lange keinen aktualisierten Bußgeldkatalog. Jetzt gibt es einen aktualisierten Bußgeldkatalog. Das hat Ihnen der Herr Schmidt bestimmt auch erzählt. Wenn sie die Kippe wegschmeißen und sie jemand dabei erwischt dann kostet das 103,50 €. Und wissen sie wieviel Bußgelder bisher verteilt wurden? Seit einem Jahr ist dieser neue Bußgeldkatalog aktiv. Achtzig! Das Problem ist, dass es dafür viel zu wenig Personal gibt. Also meiner Meinung nach haben sie für diese Aufgabe vier Personen eingestellt. Aber ich weiß nicht was die machen. Also die können nicht den Kippenschnippern nachjagen sonst würden die viel mehr als achtzig finden nach einem Jahr. Aber vier Personen sind auch viel zu wenig. Da denkt auch keiner dass das irgendwas bringt. Da müsste man auf jeden Fall mehr Leute anstellen. Ich würde gerne von Ihnen, als jungen Menschen wissen, also ich möchte da niemanden verteufeln der das macht, aber die Partys die da draußen stattfinden, das ist schon eine bestimmte Generation die das macht, und ich würde gerne viel besser verstehen was in den Köpfen vorgeht, wenn sie am Ende einer Party den Müll, so wie er war auf dem Gelände liegen lassen, wo sie gefeiert haben.Die denken sich gar nichts. Ich weiß nicht wie man die erreicht. Ich glaube es gibt ganz unterschiedliche Müllsünder. Da gibt es Leute, die haben einfach überhaupt keine Hemmschwelle mehr. Die schmeißen einfach ihr Zeug, ohne dass sie es beim Sperrmüll anmelden, einfach raus. Da hat jemand ein Aquarium rausgestellt. Das trägt auch keiner so leicht weg. Das ist auch so eine Erfahrung, die man oft macht. Dort wo z.B. Glascontainer oder Papiercontainer stehen. Die sind zur Entsorgung gedacht. Dass dann die Leute kommen und denken: „Da kommt doch jemand und räumt das weg. Da schmeiß ich meinen Scheiß auch hin.“ Man kennt ja eigentlich die „Hotspots“. Man kann es einfach nicht überwachen. Das ist vielleicht noch eine interessante Erfahrung, die ich gemacht habe. Ich habe mir immer, am Anfang wo ich gemerkt habe, dass alles so vermüllt ist, da habe ich mir gedacht: Menschenskind da liegt so viel Müll rum und ich bin doch dauernd in der Stadt und habe immer die Augen offen. Ich muss doch einmal einen sehen. Ich will doch einmal einen sehen der seinen Coffee to go Becher auf den Boden fallen lässt. Und ich sehe nie jemanden. Geht es Ihnen auch so? Also bei Zigarettenstummeln. Da schon. Bei Müll ist das schwierig. Das wird natürlich nicht so offensichtlich gemacht. Das ist klar. Doch, einmal habe ich so eine Gruppe von Jugendlichen gesehen, die im Park saßen, gefeiert haben und aufgestanden sind und einfach Ihren Müll haben liegen lassen. Die habe ich angesprochen. Das hat auch funktioniert. Das ist das was wir tun.

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»Das ist das große Thema, d.h. die Verpackungsindustrie muss sich weitere Alternativen überlegen um da wirklich etwas zu bewirken. Es fängt damit an einfach unnötige Verpackung wegzulassen. Da muss ich ganz klar sagen, Leute ihr werdet verarscht und das ist 50 % mehr Verpackung als wir brauchen. D.h. wir könnten allein schon 50 % reduzieren, indem wir die Verpackungen angemessen machen.«

am 10.01.2020

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Jens-Peter Wedlich ist Gründer und Inhaber von Schüttgut. Gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann aus den Bereichen Chemie und Mineralölhandel. Er setzt sich aktiv bei Greenpeace Stuttgart für den Schutz der Meere ein. Seine Vision ist Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Wertschätzung und gute Nahrungsmittel unter einen Hut zu bringen. Mit Schüttgut kann er dies umsetzen und viele Menschen erreichen. Speziell die Wertschätzung für den Beruf hat ihm im vorherigen Beruf komplett gefehlt. Die will er nun ausleben und dazu gehören für ihn auch faire Löhne für seine Lieferanten und damit einhergehend auch ein Konzept ohne Druck.

Jens-Peter Wedlich, Gründer und Inhaber von Schüttgut, setzt sich für den Schutz der Meere ein

Wie funktioniert das ganze System mit dem Unverpackt? Wir sind ein Unverpackt Laden, das heißt ich bin kein plastikfrei Laden, das ist auch schon mal wichtig, weil wir haben auch oftmals Kunden, die hier reinkommen und sagen, das ist ja alles aus Plastik hier. Ich persönlich bin der Meinung Kunststoff ist nicht schlecht, Kunststoff ist ein toller Werkstoff, egal aus welchem Ursprung er kommt und selbst wenn er aus Mineralöl kommt ist er zu schade um ihn nur einmal zu verwenden und dann wegzuwerfen. Und ich glaube das ist das große Thema das wir haben. Das ist das was bei mir von Belang ist.Es ist bei uns so, dass die Kunden ihre Verpackung selber von daheim mitbringen können, das heißt es hat den großen Vorteil es gibt keine Verkaufsverpackung in dem Sinne und der Kunde kann so viel kaufen wie er braucht.Also das heißt meine Kunden haben rein theoretisch die Möglichkeit mit null Verpackung hier rauszugehen. Wie funktioniert das bei uns, wie gesagt man bringt die Verpackung von zu Hause mit, wir haben hier vorne eine Eingangswaage stehen, die Stammkunden kennen das schon es ist so das man das Gefäß leer verwiegt, damit haben wir das Tara Gewicht und dann darf der Kunde in Selbstbedienung, zumindest bei den Lebensmitteln, sich die Produkte abfüllen. Wir haben inzwischen 850 nachhaltige Produkte im Sortiment, ein Großteil davon Lebensmittel, aber nicht ausschließlich, wir haben Wasch- und Reinigungsmittel, wir haben Drogerieartikel aus dem Bereich Hygiene und Kosmetik und das ist natürlich dann auch schon eine gute Breite im Sortiment. Es geht um langlebige Dinge,wir haben viel Edelstahl, viel Holz, das lässt sich wiederum gut recyceln. Wie gesagt, diese Abfüllerei machen die Kunden meistens selber, außer bei Wasch- und Reinigungsmittel, da machen wir das, Hintergrund ist der, wir unterliegen dort dem deutschen Chemikalienrecht und das schreibt vor, dass diese Ware in geeignete Behältnisse mit ausreichender Kennzeichnung gefüllt werden müssen und das ist gegeben am Originalgebinde und wir hatten halt schon Kunden da, die haben früher WC-Reiniger in Weinflaschen gefüllt und das geht gar nicht. Deswegen haben wir das aufgehoben, das machen wir jetzt selber, ansonsten haben wir einiges an verpackter Ware, sprich Getränke, Molkerei, Aufstriche, solche Sachen, das ist bei uns dann entweder Pfandgebinde, bepfandet wie in jedem anderen Markt auch oder Mehrweggebinde. Wir hatten vorher eine Kundin da, die sagte die Gläser vom Frischkäse kann ich nicht zurückgegeben, dann sagte ich doch, bei mir können sie die zurückgeben, weil wir bringen die wieder zurück und die werden wieder befüllt und das unterscheidet uns eben von anderen Märkten, weil wir versuchen das Konzept so zu spielen, dass dann eben wiederverwendbare Behältnisse mehrere Leben bekommen. Das ist bei Wasch- und Reinigungsmitteln so und das ist auch eben bei den abgepackten Produkten so. Und wie sind sie dann darauf gekommen den Laden zu eröffnen, gab es irgendwie ein spezielles Ereignis? Im Enddefekt komme ich zuletzt aus dem Schwerölhandel und das sind im großen Stile, sprich Schiffpartien, Windschiffspartien mit 2000 Tonnen, 4000 Tonnen, das sind so eine Million Warenwert gewesen, das ganze mit Börsenhandel abgedeckt und daraus gekauft und was weiß ich was alles. Ich war 30 Jahre kaufmännisch aktiv und war nichts was mich glücklich gemacht hat und dann hab ich mich bei Greenpeace hier in Stuttgart ehrenamtlich engagiert im Bereich Meere, das war auch der erste Kontakt zum Thema Plastik im Meer und dann kam es wie es kommen musste, mein Arbeitgeber meinte, Greenpeace und Schweröl das ist nicht so der „Burner“ und wir haben uns dann einvernehmlich getrennt. Nach 20 Jahren, das bedeutete für mich doch die Chance eine Abfindung zu kriegen und einfach nochmal neu anzufangen. Mein Problem war, ich muss ehrlich gestehen, ich wusste nicht was ich machen soll, deswegen habe ich mich coachen lassen, wer bin ich, was kann ich, wo will ich hin und diese Findungsphase bestritt Original Unverpackt in Berlin seinen Weg zur Eröffnung und das machten die mit ganz viel Presserummel und selbst wenn die erst der dritte Laden in Deutschland sind, haben sie getan als wären sie der erste und das machte dann eine riesen Welle. Das erreichte mich und dann dachte ich mir, weiterhin kaufmännisch agieren, die Welt retten durch Abfallvermeidung und wie man mir ansieht, ich liebe Lebensmittel, also perfekt. Seit Sommer 2014 setze ich mich mit dem Thema 114 — Interview: Jens-Peter Wedlich (Schüttgut)



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Unverpackt auseinander, hab im März 2015 gegründet, aber erst im Mai 2016 eröffnet, weil wir einfach keine Ladenfläche gefunden haben und das war ein großes Problem. Das ist eigentlich der Weg zu Schüttgut, einfach etwas machen was einen glücklich macht und was mir immer gefehlt hat in meinem Berufsleben, ist und war die Wertschätzung und das versuchen wir hier komplett zu leben und es funktioniert und die Kunden nehmen das auch auf und wie Sie gesehen haben sind dadurch Freundschaften entstanden. Das ist einfach mehr als nur ein Laden zum Einkaufen oder nur Unverpackt Laden, der Begriff der Wertschätzung ist durchgehend erkennbar und es funktioniert auch richtig gut. Sie sind der erste Unverpackt Laden hier in Stuttgart? Ja, ich bin der erste und der größte in Stuttgart. Es ist so, dass jetzt natürlich die immer näher rücken, aber ich mir hier ein sehr guten Ruf erarbeitet und ich glaube, dass sich auch andere schwer tun würden, wir machen unsere Sache schon wirklich gut. Es gibt die Tante Emma noch in Sillenbuch, die ist viel kleiner. In Ludwigsburg gibt es einen, in Reutlingen, Tübingen, wir haben immer noch Stammkunden von früher, weil die gibt es jetzt maximal zwei Jahre die Läden, Stammkunden von früher, die immer noch zu uns kommen, obwohl sie den Laden quasi direkt ums Eck haben. In Schwäbisch Gmünd, die gibt es schon ein Jahr länger wie uns, die gibt es bald 5 Jahre und mit der verstehe ich mich auch gut, weil nach Schwäbisch Gmünd sind es immerhin 70 km, das ist weit genug weg, dass man sich nicht wehtut und trotzdem auch in Kontakt bleiben kann. Zu den anderen Läden muss ich ehrlich gestehen habe ich keinen Kontakt. Man steht halt auch im Wettbewerb, das muss man ganz klar sehen, ich sehe das zumindest so. Gutmenschentum hin oder her, dieser Laden ist erst mal dazu da Geld zu verdienen, dass er die Miete zahlt, dass ich meine Mitarbeiter bezahlen kann, dass ich selber davon leben kann und danach kommt erst dieses Gutmenschentum. Das muss man ganz klar so sehen und ich habe ein sehr großes Einzugsgebiet bis zu 70 km am Anfang gehabt wo die Kunden zu uns kamen. Das ist natürlich echt schon eine Entfernung. Aber wir haben immer noch Kundschaft die aus Schwäbisch-Hall, die zu uns kommen. Die kommen halt nur alle drei, vier Monate. Aber die kaufen halt auch anders ein. Wie sind sie eigentlich auf den Namen Schüttgut gekommen? Ich habe mir überlegt, das war auf dem Weg zum Coaching, da war schon klar, dass die Möglichkeit besteht, dass ich einen Unverpackt Laden aufmachen könnte. Da hab ich mir gedacht: „Wie nenn ich denn den? Was machen wir dort? Es geht um die Schütten“. Da war Schüttgut einfach naheliegend und ich habe mir den als Marke relativ schnell gesichert. Das ist natürlich ein Vorteil. Der große Vorteil hier in Stuttgart ist, hier fragt keiner wenn er wegzieht, gibt es wo anders einen Unverpackt Laden? Sondern die fragen, gibt es dort auch einen Schüttgut Laden? Und das ist halt wie „Tempo“. Also perfekt. Genau so muss es sein. Machen Sie außerhalb des Unverpackt Ladens noch irgendwas gegen die Müllverschmutzung? Ich arbeite sechzig bis achtzig Stunden die Woche. Ich wüsste nicht, wann ich noch was mache. Die restliche Zeit esse ich oder schlaf ich. Das heißt ich würde gerne, aber dieser Laden ist im Endeffekt mein Leben momentan. Da gibt es nichts außenrum. Es ist leider so, ist aber so. Was gibt es alles für Produkte in Ihrem Unverpackt Laden? Alles. Wir sind ein vegetarischer Laden, das heißt es gibt kein Fleisch und keinen Fisch. Aber da muss man sagen, es gibt tolle handwerkliche Berufe die das gelernt haben, die das besonders gut können. In Fachkreisen nennt man die in Bezug auf Fleisch Metzger und das wird leider in der heutigen Gesellschaft ein bisschen verkannt, weil man sagt: „ So ein Supermarkt, der hat ja immer alles.“ Nein, es gibt einfach Spezialisten für bestimmte Sachen und wir sind Spezialisten darin nachhaltige Produkte zusammenzutragen und dann zu veräußern. Das ist so unser Bereich. Viele Kunden sind glücklich, wenn sie zu uns kommen, weil sie uns sagen sie müssen nirgends wo anders mehr hin und genau das ist das Prinzip das wir haben. Ich habe rund 850 Produkte im Sortiment, ungefähr so viel wie ein kleiner „Penny“. Und das ist schon eine Nummer. Denn der „Penny“ ist ungefähr fünf mal so groß wie mein Laden. Und dafür ist es schon gut was wir dann leisten auf den 53 Quadratmetern. Wie ist es mit den Preisen. Ist es im Vergleich zu den normalen Supermärkten teurer? Die Frage ist, mit was vergleiche ich mich? Ich vergleich mich weder mit dem Aldi und dem Lidl, noch mit einem EDEKA und REWE. Kann ich gar nicht. Weil die haben natürlich eine viel größere Einkaufsmacht. Wir sind Bio-zertifiziert, aber ich kann mich auch nicht mit Denn‘s oder Alnatura vergleichen. Auch das sind riesen Unternehmen, die Druck ausüben.

»Jetzt hatten wir voher den Begriff der Wertschätzung, d. h. ich will ja diesen Druck überhaupt nicht ausüben. Ich will ja nicht meine Lieferanten drücken, sondern ich will das sie faire Löhne bekommen, dass sie faires Geld bekommen.« In dem Augenblick kann man uns vergleichen mit Bioladen mit Naturkostfachhandel. Damit sind wir vergleichbar, da sind wir auch drin. Wir hatten eine Kundin, die hat vor Kurzem erst einen Warentest gemacht für sich selber, um das für sich selber rauszukriegen und hat uns das dann gesagt. Die war im „Naturgut“. „Naturgut“ ist ja eine Supermarktkette mit 11 Biosupermärkten und hat dort eingekauft und dann bei uns eingekauft. „Schüttgut“ war tatsächlich einen Cent günstiger. Das zeigt also wir sind Preisgleich im Endeffekt und gar nicht so teuer wie man oft denkt. Also 116 — Interview: Jens-Peter Wedlich (Schüttgut)


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man hört es immer wieder in den Foren, dass die Menschen sagen: „ Ach ich gehe nicht in den Unverpackt Laden, weil das ist ja alles so schweineteuer“. Wir haben viele Kunden die sagen, dass obwohl es mehr kostet, asl das was sie früher gekauft haben, weil sie früher im Supermarkt eingekauft haben, nicht Bio, haben sie jetzt mehr Geld, weil sie gezielter einkaufen. Das ist auch noch mal ein Unterschied zum Thema Abfallvermeidung oder auch Lebensmittelverschwendung. Wer zu mir kommt muss sich vorbereiten. Ich pack da nicht wahllos Gläser und Dosen ein, sondern ich brauche das und das. Also nehme ich die Dose und das Glas mit.

»Das heißt sie haben fünf Sachen auf den Einkaufszettel geschrieben, die haben fünf Gefäße dabei, das heißt die gehen mit fünf Sachen auch wieder raus. Probieren sie das mal im Supermarkt. Sie haben fünf Sachen auf dem Zettel stehen und sie haben acht Sachen drin liegen. Das genau ist schon der Unterschied. Sie geben mehr aus als sie eigentlich wollten.« Das ist bei mir schon mal nicht der Fall. Der nächste Punkt ist, wenn Sie jetzt alleine leben, Sie brauchen keine 500 Gramm Reis. Für die Portion die Sie jetzt brauchen, brauchen Sie vielleicht nur 120 Gramm Reis. Bei mir können Sie 120 Gramm Reis kaufen und brauchen keine 500. Das ist dann totes Kapital das daheim liegt. Reserven, also Essen das übrig bleibt, lässt sich zwar lange lagern, wird aber oft vergessen und ich kenne es bei eigenen Gewürzen. Da steht abgelaufen 1994, das hätte ich mal früher ausräumen sollen. Und das ist das große Problem. Weil wir es so lange lagern und das nach hinten rutscht, schmeißen wir es dann irgendwann mal weg. Und damit haben wir Geld weggeschmissen. Das passiert hier eben nicht. Das heißt, obwohl wir gleichpreisig mit dem Bioladen sind, mit dem Naturkostfachhandel, kann man bei uns tatsächlich Geld sparen. Das ist noch nicht im Kopf der Menschen angekommen, weil die denken, Bioladen, ach das ist richtig teuer. Ist es aber nicht, weil es vom Verhältnis anders zu bewerten ist. Es sind so viele Faktoren. Bio kostet einfach mehr Geld. Aber auch faire Löhne. Alle wollen viel Geld verdienen. Keiner will es bezahlen. Wie soll das System funktionieren. Das funktioniert nicht. Woher kommen die Produkte? Sind die dann alle oder die meisten regional oder wie ist das? In einer Globalisierten Welt ist regional natürlich schwierig, gerade bei den Lebensmitteln versuche ich natürlich viel regional zu agieren und bei Obst und Gemüse haben wir das auch zu großen Teilen. Aber Bananen kriege ich nicht aus Deutschland, auch da habe ich ein Faires Projekt und Naturland Bananen dahinterstehen , die aus Ecuador kommen. Ich habe Zitronen, Orangen und Clementinen aus Spanien, oder aus Italien. Das sind halt die Ursprungsländer für diese Zitrusfrüchte. Zitronen habe ich immer im Sortiment, weil die werden einfach nachgefragt, da muss man halt auch mal Kompromisse machen. Wir haben Ingwer aus Peru, weil Deutscher Ingwer ist unbezahlbar. Das muss man einfach sehen, den gab es jetzt auch mal im Angebot, aber wenn Sie dann bei 100 g dann über 10 € zahlen, dann macht das keinen Spaß mehr. Ansonsten gerade Obst und Gemüse haben wir viel regional, auch bei Trockenwaren versuchen wir viel regional zu machen. Bei den Gewürzen ist der Händler regional, der wiederum danach schaut, Wasch- und Reinigungsmittel sind regional. Also wir schauen schon ziemlich nach der Regionalität. Bei den Non-Food Artikeln, die Edelstahl Dosen usw. das kommt alles entweder aus Indien oder China, da gibt’s keine Produktionsstätten mehr in Deutschland, weil die Preise könnte keiner bezahlen. Da kommt es halt aus Indien, dss ist halt so, regional ist immer relativ. Also Spanien kann schon auch regional sein, also ich hab schon Süßkartoffeln aus Deutschland, ich hab manchmal Süßkartoffeln aus Spanien, ich würde aber nie Süßkartoffeln aus Israel oder aus den USA haben, weil mir das einfach zu weit ist. Dafür habe ich geröstete Erdnüsse aus Ägypten, ich bekomme die nirgend woanders, aber Erdnüssen gehören jetzt auch einfach in die Zeit rein. Und dann entscheide ich eben, wie gesagt es gibt auch viele Produkte die gibt’s nur aus China. Bei den Bohnen habe ich einige Sorten die nur in China angebaut werden. Wie werden die Unverpackt Produkte geliefert? Verpackt wird das natürlich, das sind jetzt keine Kleingebinde, die wir bekommen, weil das macht natürlich keinen Sinn, wenn ich 500 g Päckchen aufschneide und das reinnehme. Sondern wir spielen das Thema Großgebinde, die es immer schon gibt und gab. Das sind je nachdem, also Nudeln kriege ich in 2,5 – 5 kg, Reis geht bis 25 kg Sack. Das meiste oder größte, was wir haben sind 25 kg Säcke und dort dann meistens Papier mit Folien-Inlay und damit ist unwahrscheinlich viel Verpackung gespart. Wenn wir mal als Produkt Haferflocken auswählen, dann haben wir bei uns eine Palette beim Großhändler, die ist eingestretcht, ich bekomme den Sack direkt auf den Rolli geliefert. D.h. der wird nicht weiter eingepackt der Rolli ist Pfand, der läuft hin und her und wir nehmen es rein, das ganze ist ein Papier Sack, das ist der Abfall, der anfällt. Ein Stückchen von Stretch-Folie bei meinem Großhändler und dieser Papiersack. Jetzt nehme ich Haferflocken im Bioladen, abgepackt in ein Kilopäckchen, d.h. wir haben Papier, dann haben wir eine Verpackungseinheit, das sind dann 10 kg auf einer Pappinlay und eingeschweißt, damit es einfach zusammenhält. Das Ganze ist wiederum zusammen gestapelt in eine größere Verpackungseinheit, meistens auch eine Palette und dann nochmal eingeschweißt oder eingestretcht. D.h. wir haben ein viel höheres Verpackungsaufkommen, weil das ja alles für dieselbe Menge dann umgerechnet viel öfters eingepackt ist. Das ist glaube ich das Relevante daran. Wir hatten jetzt erst ein Projekt, ein Studienprojekt der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde zum Thema Unverpackt. In diesem RahInterview: Jens-Peter Wedlich (Schüttgut) — 117


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men hat eine Studentin eine Erhebung gemacht, die ist nicht repräsentativ, aber sie zeigt einfach die Tendenz auf. Die hat 4 Unverpackt Läden vom Abfallaufkommen, Transportverpackung, Verkaufsverpackung, im Vergleich zu 4 Bioläden, dieselbe Größenordnung, Transportverpackung, Verkaufsverpackung verglichen. Also immer alles zusammen, alles was anfällt und was schätzen Sie denn was ein Unverpackt Laden im Gegensatz zu einem Bioladen an Verpackungsmüll einspart in Prozent. 75 %. 75 % sind schon ganz gut dran. 84 % sind es und es ist wie gesagt zwar nicht repräsentativ, diese Umfrage, weil es eben nur 4 Läden waren, die verglichen wurden, aber ich finde es schon echt viel. Sie müssen ja davon ausgehen, unsere Kunden gehen ohne Abfall raus, die haben null Abfall. Was haben wir eigentlich an Abfall?

»Bei uns werden die Gelben Säcke alle 3 Wochen abgeholt. In dem Zeitraum hatten wir als 4-köpfige Familie, 3 – 4 gelbe Säcke als es noch kein Unverpackt Laden gab. Als Unverpackt Laden habe ich 10 – 12 Gelbe Säcke, das ist Pillepalle, ganz ehrlich das ist verschwindend gering. Bei mir kaufen mehr als 3 oder 4-köpfige Familien ein und versorgen sich auch hauptsächlich dturch uns.« Also das heißt die Ersparung ist immens, immer davon auszugehen von Plastik, Kunststoff, Gelber Sack werden maximal 20 % recycelt. Metalle 95 %, das ist die beste Recycling Quote und wir haben ganz viel Kartonagen und Papier, ungefähr 2 Container voll je 1000 Liter und die werden aber zu 80 % recycelt, also da ist auch die Recycling Quote extrem hoch. Von daher ist Kartonagen Papier für mich das geringere Problem, weil ich weiß es kommt wieder als Kartonage auf den Tisch. Plastik, das meiste das wir haben, geht in die thermische Verwertung, weil das einfach viel zu kleinteilig ist. Die Kanister die wir bekommen, da sind wir jetzt Teil eines Pilot Projekts, wir sammeln die leeren Kanister und schicken die dann zurück, die guten Kanister werden wieder befüllt, die die nicht so gut sind werden zum Einsatz für ihre Kleinflaschen verwandelt und damit haben wir da auch wieder ein Kreislauf drin. Also das einfach so zu diesen Abfallmengen, die einfach da entstehen und das ist im Vergleich zu einem Supermarkt, der so ein riesen Presscontainer da stehen hat, also wirklich fast lächerlich. Es gibt auch bestimmt viele Kritiker von so einem System? Oder haben Sie persönlich mal von irgendwelchen negativen Äußerungen gehört? Also die negativste Äußerung, die ich mal gehört habe war, wie das mit der Hygiene ist. Aber wir unterliegen natürlich den selben Hygienevorschriften wie jedes andere Restaurant, Supermarkt auch. Die Umsetzung bei uns ist ein Tick aufwendiger. Das müssen wir aber gewährleisten. Aber bloß z.B., wir putzen jeden Abend zu zweit mindestens eine Stunde. Das werden sie in keinem Supermarkt erleben. Wir haben bei jedem Auffüllen unserer Schütten eine Qualitätskontrolle für unsere Produkte, weil wir unsere Produkte anschauen. Wenn wir merken da kriecht irgendwas drin, dann fliegt der Sack raus. Wenn Sie irgendwo eingepackt, ein 500 Gramm Päckchen von irgendwas haben, da kuckt keiner rein. Das wird einfach ins Regal reingeschoben, scheißegal ob das drinnen was kreucht oder fleucht. Das heißt bei uns ist eigentlich dieser Aufwand viel größer, aber viel effektiver und viel nachhaltiger. Klar ist es so, wir sind hier im Biobereich. Alle sagen: „Bitte keine Pestizide einsetzen, aber Tiere im Essen wollen sie auch nicht haben“. Also da beißt sich die Katze ein bisschen in den Schwanz. Da muss man einfach sagen, kann passieren. Das muss man uns melden, dann gibt es kostenlosen Ersatz dafür. Wichtig ist halt, dass man es uns meldet, dass wir selber kucken können. Haben wir einen Befall da? Weil der Befall kann natürlich überall auftreten. Dann können wir auch entsprechend schauen, ob wir unsere Ware herausnehmen müssen und woran es liegt und es gibt dann bei mir immer kostenlosen Ersatz. Das ist überhaupt kein Thema. Wir schauen da intensiv nach und unser Laden funktioniert nur wenn er sauber ist. Also wenn die Kunden das Gefühl haben es ist hier sauber, dann kommen die auch gerne einkaufen. Wenn es nicht sauber ist, dann bleiben die ganz schnell weg. Was wird da genau gereinigt bei diesen Schütten? Bei den Schütten werden immer die Griffe gereinigt und der Auslass. Die werden dann ausgeklopft bzw. auch alle zwei Tage ausgesaugt, weil sich einfach ganz viele Stäube sich in diesen Kanten absetzen und das zieht Schädlinge an. Die Schütten werden bei Chargenwechsel gereinigt, werden also getauscht. D.h. wir haben hinten noch andere Schütten. Das hängt immer vom Verschmutzungsgrad ab. Die Kritik ist dann nur auf die Hygiene bezogen oder? Der eine Punkt ist die Hygiene, weil sich die Menschen einfach nicht vorstellen können, wie das funktioniert bei uns. Das heißt die Menschen haben sich damit nicht auseinandergesetzt und hinterfragen das einfach.Ich hafte als in den Verkehr-Bringer. Das ist einfach so, damit wir auf der sicheren Seite sind und ich war lange genug in der Chemiebranche tätig, dass ich dann selber auch klar sagen kann: „Nein, dieses Risiko gehe ich nicht ein.“ Und noch mal was. Preis ist immer ein Thema, bis sie dann irgendwann mal was eingekauft haben. Aber ansonsten, die meisten sind begeistert. Ich hatte mal eine Stadtführung da. Denen habe ich erzählt, das wir ein vegetarischer Laden sind. Worauf dann ein älterer Herr stehenden Fußes umdrehte, den Laden verließ und sagte: „Damit kann ich nichts anfangen.“ Ist der nur Fleisch der Arme? So ein Unverpackt Laden ist schon eine Horizonterweiterung, weil es sind einfach Produkte da, die man so nicht kennt. Festes Shampoo, Zahnputztabletten. Das System ist ein anderes. Es ist aktives 118 — Interview: Jens-Peter Wedlich (Schüttgut)


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einkaufen. Wir haben hier plötzlich den mündigen Bürger, der also wirklich hingehen kann und entscheiden kann, welches Produkt will ich? Welches Behältnis nehme ich? Wann fange ich an zu ziehen? Und vor allem wann lasse ich wieder los? Das klappt beim ersten Mal nicht immer gut. Das passiert auch mal, dass mal was daneben geht, aber diese Entscheidungsfähigkeit bringt den Menschen in Kontakt mit dem Lebensmittel. Er muss es sich erarbeiten. Das gibt einen ganz anderen Bezug zum Lebensmittel. Das heißt alles was daraus in der Folge entsteht, das hat einen ganz anderen Wert. Da kommen wir in den Bereich der Wertschätzung. Was ich mir erarbeite. Also nicht einfach nur durch den Supermarkt laufen und das dann reinschmeißen und meistens dann noch irgendwelche Fertiggerichte in die Mikrowelle. Fertig. Wir haben ehrliche Produkte. Wir haben glaube ich insgesamt 5 Convenience-Produkte im Sortiment. Also Fertigprodukte. Der Rest sind alles Rohwaren aus denen man halt selber was machen muss und das ist das wichtige, wenn die Menschen dann sich mit dem Produkt auseinandersetzen und dann auch einkaufen. Das ist dann eher positiv und dann haben die auch Spaß dabei und dann kommen die auch gerne wieder, weil es Spaß macht so einzukaufen. Das hat wieder etwas mit Wertschätzung zu tun. Und wo stehen die Unverpackt Läden Ihrer Meinung nach in naher Zukunft, also in 5 bis 10 Jahren? Es ist jetzt natürlich ein Hype und ich merke, ich sag es ganz krass jeder „Hanswurst“ meint er kann einen Unverpackt Laden aufmachen. Die Gefahr ist, dass es halt schlecht gemacht ist und damit auch die Branche in Verruf bringt. Da versucht auch der Unverpackt Verband, im Zusammenschluss der Unverpackt Läden gewisse Strukturen, gewisse Standards auch durchzusetzen, damit das einfach funktioniert. Soweit ich weiß, sind es 250 Läden aktuell und 175 sind momentan in Gründung, ich gehe davon aus, dass wir in 2 – 3 Jahren ein Unverpackt Sterben haben werden. Ich merke es machen jetzt Unverpackt Läden an Standorten auf, wo ich sage wenn ich da eine Marktanalyse mache, vergiss es,da wirst du nie Geld verdienen. Es wird sich dann regulieren, ich sehe uns als etabliert an, wie gesagt, uns gibt es jetzt schon 3 ½ Jahre, die rennen uns die Bude ein, wir sind immer noch in der Wachstumsphase, obwohl ich meiner Meinung nach schon längst an der Kapazitätsgrenze der Ladenfläche angekommen bin. Es brummt. Klar gibt es bei mir auch Ideen Schüttgut weiter zu entwickeln, aber ich habe es vorhin schon gesagt, ich arbeite 60 – 80 Stunden für den einen Laden, wann soll ich denn noch für den anderen Laden arbeiten, das heißt, da arbeiten wir dran es zu entspannen. Momentan die wirtschaftliche Situation in der Region ist noch gut, aber man hört immer wieder Automobil geht es nicht gut, es werden Menschen entlassen, die Leiharbeiter sind schon alle weg usw. Das heißt wir müssen einfach ein bisschen aufpassen, wie es hier um die wirtschaftliche Situation steht und dann sind wir wieder in diesem Kaufmännischen drin, ohne kaufmännisches Wissen geht es einfach nicht, weil das Ding muss sich einfach rechnen, denn wenn es sich nicht rechnet dann, bringt es nichts. Ich glaube, dass Unverpackt eine Nische bleiben wird, ich kann mir nicht vorstellen, dass die breite Masse so einkauft, man ist zu bequem, ich hab es gesagt es sind Routinenänderung bei uns, wer zu uns kommt muss seine Routine »Ich glaube, dass Unverpackt eine Nische bleiben wird, ich verändern, die meisten sind dazu nicht bereit. Das merke ich auch teilweise an mir selber und da kann man auch so ehrlich sein. Es werden die Läden bestehen bleiben, weil wir etwas leben, was kann mir nicht vorstellen, dass die breite Masse so eines woanders nicht mehr gibt, eben diese Wertschätzung, dieses kauft, man ist zu bequem, ich hab es gesagt es sind Routi- miteinander reden, Wissen über gewisse Produkte haben und das unterscheidet uns von anderen Läden. Das ist wie bei den Bioläden im Endeffekt, ich weiß nicht ob es irgendwann mal große nenänderung bei uns, wer zu uns kommt muss seine Unverpackt Supermärkte geben wird, aber da werden sie einfach ein Sauberkeitsproblem haben, ein Hygieneproblem. Also ein Routine verändern, die meisten sind dazu nicht bereit.« EDEKA hat einfach nicht die Manpower oder auch ein ganz anderer Supermarkt , sich jemand da hinzustellen der a) die Produkte andauernd nachfüllt, der schaut ob irgendwelche Schädlinge drin sind und abends auch eine Stunde darum putzt, das ist einfach das Problem. Das wurde noch nicht erkannt und die Menschen sind leider noch nicht bereit das eben auch zu bezahlen, da viele sagen, das ist alles viel günstiger, weil die ganze Verpackung fällt ja weg, aber ich habe viel mehr Aufwand und die Schütten und die Ladeneinrichtung müssen auch bezahlt werden. Also so eine Schütte aus Kunststoff kostet so um die 100 €. Wenn sie es aus Glas oder Edelstahl machen dann sind sie halt im 3 fachen Bereich pro Stück, ja und ich hab da 88 Schütten drüben. Das ist alles schon eine Nummer und da steckt auch schon Geld dahinter und das muss man auch sehen und das sehen halt viele Kunden nicht. Aber da muss ich auch sagen, ich kann sie auch nicht alle haben, wenn jetzt jeder bei mir einkaufen würde, dann hätte ich zwar alles richtig gemacht rein theoretisch, aber rein praktisch dann doch nicht, weil jeder hat so seines und wir haben halt viele Menschen, die sagen es muss billig sein und satt machen bei uns. Aber wir haben auch eine immer größer werdende Gruppe, die sagt es muss fair sein, es muss nachhaltig sein und es muss schmecken und die Sättigung kommt dann von alleine, aber Genuss spielt da auch eine Rolle mit hinein und es verschiebt sich gerade und da wird sicherlich Unverpackt auch einen Anteil daran haben in Zukunft. So ein Unverpackt Laden ist ja eine Lösung, wenn nicht sogar die wichtigste Lösung, weil es ist ja der Ursprung von allem. Das was viele momentan machen ist, Cleanup Network, den entstandenen Müll zu beseitigen. Es geht aber nicht darum, den entstandenen Müll zu reduzieren.Sondern viel mehr darum, dass ich mir andere Verpackungsgrößen, andere Verpackungsprodukte überlege. Wir beschäftigen uns als Unverpackt Verband auch viel mit Verpackung auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Solche Sachen. Die Problematik ist, es gibt z.B. Zellophan, das gibt es schon seit Ewigkeiten, das ist rein theoretisch kompostierbar. Das funktioniert, wenn man eine Kompostmiste im Garten haben und das Ding dann da 3 Jahre liegt. Dann ist es auch weg. Wir haben Lieferanten, die sagen, dass sie die Sackware jetzt in Zellophan eingepackt haben und dann muss man das halt auf den Kompost legen. Ich hab dann aber solche riesigen Lagen Zellophan auf dem Kompost. Da geht dann kein Wurm, weil die brauchen einfach Nährstoffe dazu zwischendrin. Das funktioniert so nicht. Man kann es aber nicht in den Kompost geben, weil wir haben hier 122 — Interview: Jens-Peter Wedlich (Schüttgut)


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hauptsächlich Vergärungswerke im Einsatz und keine Kompostieranlagen. D.h. die Verweildauer in diesen Vergärungsanlagen ist zu kurz als dass dieses Produkt sich wirklich zersetzen könnte. D.h. wir tragen automatisch wieder Mikroplastik aus. Das ist das große Thema, d.h. die Verpackungsindustrie muss sich weitere Alternativen überlegen um da wirklich etwas zu bewirken. Es fängt damit an unnötige Verpackung wegzulassen. Ich habe z.B. einen Joghurtbecher mit einem Aludeckel und auf dem Aludeckel ist noch einmal ein Deckel. Warum? Versteht keiner. Klar, damit ich es wieder verschließen kann, wenn ich es mal aufgemacht habe. Aber ganz ehrlich wir haben das früher mit dem Aludeckel auch wieder zu gemacht. Dann muss es halt schnell gegessen werden. Da ansetzen, ich glaube das ist einfach viel wichtiger. Oder auch, ich schaue mir die Cornflakes Packungen an, dann stehen da immer solche riesigen Verpackungen in den Regalen drin. Dann macht man die auf und dann hat man einen Beutel drin, der viel kleiner als die eigentliche Karton Verpackung ist und der Beutel ist dann technisch bedingt nur noch halb voll. Da muss ich sagen, Leute ihr werdet verarscht und das ist alles 50 % mehr Verpackung als wir brauchen. D.h. wir könnten schon 50 % reduzieren, indem wir die Verpackungen einfach angemessen machen. Ich glaube, das ist so ein Ansatz, den die Wirtschaft treffen muss und ich glaube, der wir auch auf kurz oder lang kommen. Das was bis jetzt passiert, besonders aus der Politik, ist reine Augenwischerei.

»Die Plastiktüte war nie das Problem. Klar, landet die in der Umwelt, aber ich erinnere mich daran, ich komme aus einer Generation, wo wir wirklich den Aufstieg des Plastiks erlebt haben. 70er-Jahre war ja alles Plastik was es gab. Wir hatten auch damals Plastiktüten und die wurden im Sportunterricht mitgenommen, dann hast du da deine Schwimmsachen reingepackt, dann hast was weiß ich was darin transportiert. Dann waren sie irgendwann so verranzt, dass man sie nicht mehr tragen wollte. Dann ist sie als Mülltüte geendet, d.h. wir haben einer Plastiktüte 8 Leben geschenkt. Dann darf sie auch sterben. Klar sollte sie fachgerecht entsorgt werden, aber sie darf dann sterben.« Das große Problem sind die dünnwandigen Plastiktüten für Obst und Gemüse und die sind weiterhin erlaubt. Das ist Lächerlich. Tut mir Leid, das ist Augenwischerei. Das ist genauso, Dieselfahrverbote sind lächerlich, weil ganz ehrlich Feinstaub machen sie alle und nicht gerade wenig. Elektroautos auch, weil die haben auch Reifenabrieb. Wir werden da leider von der Politik ein bisschen eingelullt und deswegen braucht es eben auch Akteure, die da sich auch mal vorne hinstellen und sagen, wir versuchen das jetzt so und so zu lösen und versuchen das zu vermeiden.

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»Es gibt zwei Dinge zu unterscheiden. Das eine ist Umweltbewusstsein und das andere ist Umweltverhalten. Das Umweltbewusstsein ist merkbar gewachsen in den letzten Jahren. Es gibt kaum einen der nicht weiß, dass fliegen nicht gut für die Umwelt ist. Die Meisten wissen das. Nur das konvertieren dieses Wissens in das Verhalten, das ist so der Knackpunkt und da würde ich sagen, da sind wir überhaupt noch nicht gut.« am 30.03.2020

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Thomas Venugopal ist Gründer von Cleanup Network und hauptberuflich seit 15 Jahren selbstständig im Bereich Online-Marketing und Webdesign. Diese Fähigkeiten nutzt er um es für das Ehrenamt einzubringen. Mit dem Cleanup Network vernetzt er viele kleine Initiativen in diesem Bereich und macht so aus einer kleinen Community eine ganz große, wo man sich über die jeweiligen Ideen und Aktionen untereinander austauschen kann. Seit Sommer 2018 veranstaltet er immer wieder Cleanups an unterschiedlichen Orten in Stuttgart und versucht damit möglichst viele Leute für das Thema Müll zu sensibilisieren.

Thomas Venugopal, Gründer von Cleanup Network, beruflich Online-Marketing und Webdesign

Wie bist du überhaupt auf das ganze Thema Müll gekommen, wie hat das ganze für dich angefangen? Ich war schon immer für das Thema sensibilisiert, weil wir in der Schule schon damals eigentlich ziemlich fortschrittliche Projekte durchgeführt haben, da habe ich schon gelernt das Capri-Sonne keine gute Verpackung ist. Damals hatte ich immer gedacht die Probleme sind offensichtlich,die Erwachsenen erklären es ja gerade also werden die auch wissen, wie man das beseitigt und hab mich auf die verlassen. Irgendwann hatte ich so ein Erlebnis am Strand der ziemlich vermüllt war und hab dann festgestellt, dass die Erwachsenen gar nichts gemacht haben und hab dann gedacht okay was kann ich jetzt machen, einige sind dann von dem Strand quasi geflüchtet, weil sie das nicht ertragen konnten und ich hab gedacht ja okay aber dadurch wird es jetzt irgendwie auch nicht besser, wenn ich jetzt da gehe und alles liegen lasse und so kam es dann, dass ich dort einfach den Müll aufgeräumt hab und das gleiche hab ich am Marienplatz in Stuttgart erlebt so hat es dann angefangen. Und bist du mit ein paar Freunden dann losgegangen, hast Müll gesammelt oder erst mal alleine oder wie? Erst war ich einmal alleine am Marienplatz da bin ich vorbeigefahren das war kurz nach dem ich vom Strand zurückkam und davor kam erst ein Artikel im Stadtkindmagazin, wo jemand ein Foto vom dem Marienplatz gepostet hat, das hat mich gleich getriggert, weil ich da gerade zu tun hatte und dann bin ich da mit dem Bus vorbeigefahren und hab da genauer hingeschaut und hab zu meiner Frau gesagt, Entschuldigung ich muss kurz noch mal nach Hause, Kehrschaufel, Besen und Müllsäcke holen. Dann bin ich zum Marienplatz und hab den Müll bei 40 Grad im Schatten vor allen Leuten weggeräumt. Dann hab ich einen Kumpel danach getroffen, dem hab ich erzählt was ich gemacht hab und hab mich dann mit ihm verabredet um das nochmal gemeinsam zu machen und dann hat es sich irgendwann ergeben, dass dort dann 4 Freunde dabei waren. Dann haben wir immer weiter gemacht und dann ist es immer größer mit der Zeit geworden. Wann war das, dass du da am Marienplatz warst und du alleine Müll gesammelt hast? Das war im Sommer 2018 also ich schätze mal im Mai. Wie ist es dann zum Cleanup Network gekommen? Erstmal war es so, dass ich eigentlich nur die Leute am Marienplatz dafür sensibilisieren wollte bzw. meine Freunde und ich wollte halt darüber sprechen ohne in die spießige Ecke gestellt zu werden und meine Freunde wissen, dass ich halt nicht so ein Spießer bin. Deswegen waren die ersten irritiert, dass ich so von Müll spreche und eigentlich darf man gar nicht darüber sprechen sonst ist man ja gleich der Spießer. Und ich dachte irgendwie muss man eine Sprache finden, dass man auch mit seinen Freunden über solche Probleme sprechen kann ohne gleich in die Ecke gestellt zu werden. Dementsprechend hab ich halt das Konzept, erst mal einfach was machen und dann darüber diskutieren umsetzen wollen. Dieses Prinzip, hab ich gemerkt, kommt gut an, ich hab dadurch viele Reaktionen hervorgerufen. Zwar nicht unbedingt nur positives, aber es geht auch eher einfach darum, dass die Leute einfach mal darüber sprechen. Dann hab ich gemerkt, dass es ganz gut ankommt und dann haben sich die Leute gemeldet, erst Freunde, dann fremde Leute plötzlich. Das war für mich auch erst mal neu und dann hab ich im Internet recherchiert und gesehen, dass es da schon viele Initiativen dieser Art gibt. Dann dachte ich mir aber, dass die nicht richtig sichtbar sind und hab dann gedacht, dass da irgendwie doch eine Art Netzwerk daraus entstehen muss. Dass aus diesen vielen vereinzelten Initiativen eine ganze Community werden muss um eben schlagkräftiger zu sein und um eine lautere Stimme im öffentlichen Diskurs zu haben. Dann hat sich so ein Zahnrad in Gang gesetzt, das ich kaum mehr aufhalten kann und auch ziemlich viel Zeit beansprucht. 124 — Interview: Thomas Venugopal


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Foto: Copyright_ FTGRF Fotodesign

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Dieses gegenseitige unterstützen ist doch auch durch dieses Netzwerk ein bischen dazugekommen oder? Also im Kern geht es bei all diesen Aktionen, die wir immer machen, darum die Leute aus den Häusern zu locken und mal zusammenzubringen, Das sind meistens dann Leute die sich gar nicht kennen, aber irgendwie eine Ebene gefunden haben wo man sich trifft. Also eben, dass man nachhaltig denkt oder so. Darum geht es eigentlich und klar unterstützt man sich gegenseitig. Es geht darum, aus vielen einzelnen kleinen Communitys eine ganz große Community zu machen ohne dass die kleinen Communitys jetzt weggehen. Denn die bleiben bestehen, die kleinen, und trotzdem kann man sich zu was Größerem zugehörig fühlen. Dann ist das unterstützen das A und O, weil im Ehrenamt muss man kreativ sei ,weil die Zeit und das Geld begrenzt ist und dann muss man eben so kreativ sein, dass man auch mit wenig Aufwand viel erreichen kann. Und was würdest du sagen ist das besondere am Cleanup Network? Das Besondere daran ist, dass jede einzelne Initiative ihre eigene Identität beibehält. Also es ist nicht so wie bei Greenpeace, dass man jetzt sagt wir kommen mit der Merchandise-Keule und jeder wird jetzt orange angestrichen.

»Jede Initiative hat ihren noch speziellen Fokus, ihre spezielle Art damit umzugehen und das Cleanup Network sieht sich eher als Empfehlungsratgeber, was sich bewährt hat, wie man Dinge angeht, liefert Ideen, die man aufgreifen kann zu seiner Initiative.« Wir machen vor allen Dingen nicht unbedingt nur unsere ehrenamtliche Arbeit sichtbar, sondern vor allem die, der vielen Initiativen in unserem Netzwerk. D.h. letztlich, wir bieten da einige Vorteile den Netzwerkpartnern, einmal die größere Sichtbarkeit, dann den Austausch mit der Community und anderen Organisatoren, das sind mittlerweile etwa 85 Organisatoren aus ganz Deutschland in einer Gruppe. Dann zum Thema Müllblindheit. Dieses Wort verwendest du ja oft. Was hat es genau damit auf sich? Ich erkläre das gerne mit so einem Beispiel. Ich war mal früher als Kind einmal länger im Urlaub. Ich hab zwei Katzen. Und auf die Katzen hat meine große Schwester aufgepasst. Als ich zurück kam waren die so fett. Ich war richtig schockiert. Die sind auf mich zu gerannt wie so zwei Kugeln. Meine Schwester hat es gar nicht gemerkt wie dick die wurden, weil sie die ja jeden Tag gesehen hat. Genauso ist es mit dem Müll in der Umgebung. Wir laufen herum und haben uns daran gewöhnt. Das ist auch für das Gehirn eigentlich wichtig, dass es viele Dinge ausfiltert, dass es nicht so einen Informationsoverload hat. Vielleicht sollten wir das Gehirn und unsere Augen wieder öffnen für den Verpackungsmüll. Da kam ich eben auf den Begriff Müllblindheit, weil, wir laufen rum, wir sehen den Müll, aber irgendwie sehen wir ihn auch nicht, weil wir ihn ausblenden. Alleine der Akt vor einem anderen Menschen den Müll aufzuheben ist meiner Meinung nach die beste Form ihm zu zeigen, dass da Müll liegt, ohne ihn irgendwie anzusprechen oder mit dem ermahnenden Zeigefinger zu kommen. Vielleicht sollte ich auch mal einen Artikel über die verschiedenen Phasen eines Müllsammlers schreiben. Am Anfang ist es einem noch peinlich. Dann fühlt man sich richtig gut dabei. Dann irgendwann kann man gar nicht mehr anders, als den Müll aufzuheben. Irgendwann ist es eine Bürde, weil wenn man jeden Tag rausgeht und diesen Müll sieht, dann kann das einen ganz schön runterziehen. Das ist bei mir auch. Manchmal gehe ich raus aus der Arbeit und denke: „Ne, ne, das bringt alles nichts.“ Das ist natürlich nur ein Ausschnitt aus dem ganzen Bild. Dann gibt es auf jeden Fall noch mehrere Phasen dahinter, dass man irgendwie systemisch überlegt: „Wie kann man nicht nur durch das Bücken, sondern auch durch nachdenken Dinge ändern. Was motiviert dich daran Müll zu sammeln? Wie gesagt, den anderen Leuten zeigen, dass dort Müll auch liegt. Ich unterscheide da zwischen zwei Sachen. Das eine ist das ganze sensibilisierungsmäßige, dass man dabei gesehen wird, dass man davon ein Foto machen kann und online zeigen kann um noch mehr Leute zu erreichen. Bei Aktionen mitmachen kann. Dass der nachhaltige Konsum dann irgendwann das Nachdenken darüber in Kraft setzt. Auf der anderen Seite ist es einfach gefährlich für ein Kind, wenn eine Kippe auf dem Spielplatz liegt oder wenn eine Plastiktüte im Baum hängt, wo sich die Vögel darin verheddern können. Das ist einmal die konkrete Hilfe an die Natur und einmal ein Angebot an die Gesellschaft zum Nachdenken. Wie siehst du die Müllverschmutzungssituation speziell in Stuttgart? Also Stuttgart muss man gleich mal sagen ist relativ sauber gegenüber anderen Städten. Das muss man einfach mal so sagen. Aber das ändert ja daran nichts, nur weil es etwas weniger vermüllt ist, ist es immer noch vermüllt. Ich sag mal, die Arbeit hört ja nicht auf, wenn kein Müll mehr am Boden liegt, weil genügend Mülleimer usw. da sind. Mülleimer so groß wie Container. Das kann nicht die Lösung sein. Sondern die Lösung kann nur sein, dass wir zirkulär konsumieren. Dass wir Kreisläufe schaffen und etablieren, dass wir Mehrweg in den Vordergrund stellen. Also selbst wenn da kein Müll mehr daliegt, bleibt es trotzdem, dass der Kerngedanke ist, dass man nachhaltig konsumiert. Und ich verkneife es mir immer, aber natürlich gehören da auch Inlandsflüge dazu und all diese Themen, weil man kann nicht den Müll vom Klima trennen. Weil die Produktion von Plastik und das Verbrennen von Plastik unmittelbar damit zusammenhängt. Manche hören das nicht gerne, aber man kann das nicht trennen. Es ist wie ein Ökosystem. Alles hängt miteinander zusammen und deswegen, die Leute leben auf jeden Fall noch nicht genügend nachhaltig. Deswegen ist da noch genug zu tun. 126 — Interview: Thomas Venugopal


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Kennst du Orte in Stuttgart wo besonders viel Müll rumliegt bzw. wo richtige Hotspots an Müll sind? Hotspots wie Marienplatz, wo sich viele junge Menschen treffen und Party machen. An Seen, an Bänken usw. Aber auch ganz deutlich an Straßen, wo viele Autos fahren ist es immer dreckiger. Insbesondere die Hauptstätterstraße, wennman die entlang läuft, vom Marienplatz aus runter. Da gibt es Rasenflächen, da denkt man ja nicht, dass man in Stuttgart ist. Da sind halt so Ecken und Stellen in der Stadt, die wurden, ich sag mal so, dem Auto überlassen, weil da wird einfach gar nichts gemacht. Da will auch niemand hin, da will auch keiner entlang laufen, weil wer will an so einer Stadtautobahn entlang laufen. Also da liegt definitiv viel Müll. Mein Credo ist, dort hinzugehen mit den Aktionen, wo viele Menschen sind, damit man gesehen wird. Findest du dass die Stadt Stuttgart genug Arbeit in Bezug auf Müllverschmutzung leistet? Die Stadt Stuttgart macht viel, aber vieles nicht richtig, meiner Meinung nach. Und zwar geht es der Stadt in erster Linie darum, die Stadt visuell sauber zu halten. Also fürs Auge. Und zwar bedeutet das einmal, dass die eher dort sauber machen wo viele Leute sind. Königstraße, Schlossplatz, quasi ein bisschen nach dem Motto: „Stuttgart putzt sich für seine Shopping-Gäste raus“. Sie sollen sich nicht gestört fühlen von dem Müll beim einkaufen und der Aspekt des Umweltschutzes kommt meiner Meinung nach überhaupt nicht vor. Es gibt einen kleinen Aspekt der wurde mal aufgegriffen in der neuen Kampagne der Stadt. „Eine Kippe verunreinigt bis zu 40 Liter Grundwasser.“ Aber wenn man sich die Bushaltestellen anschaut usw., dann kann man das kaum glauben, dass das denen wirklich wichtig ist, weil jetzt gerade in dieser ganzen Corona-Zeit, wo die ganzen Kippenstummel auf den Mülleimern liegen, direkt vor der Nase von Kleinkindern, da halte ich es ehrlich gesagt schon für Unverantwortlich keine Aschenbecher anzubringen. Darum denke ich, die Stadt Stuttgart macht viel, aber nicht in Bezug auf Umweltschutz. Ich kann dir auch noch ein paar Beispiele nennen. Das ist einmal das Schreddern von Verpackungsmüll auf Rasenflächen, egal ob Müll liegt oder nicht, das wird zerschreddert. Das zweite ist, kein Angebot an Aschenbechern, dort wo Aschenbecher gebraucht werden. Also ganz konkret bei Bushaltestellen. Das gilt aber auch in Bereichen von „Gassi-Boxen“, wo Plastiktüten drin sind statt nachhaltiger Möglichkeiten. Und die Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Wie schaut für dich ein guter öffentlicher Mülleimer aus? Oh, da gibt es sehr viele Fragen. Also die Öffnung sollte nicht zu groß sein, damit man seinen Hausmüll nicht einfach abliefern kann. Es sollte ein integrierter, regengeschützter Aschenbecher integriert sein, der aber gut sichtbar ist und auf den auch hingewiesen wird. Dann sollte es Möglichkeiten geben sein Pfand dort anzubringen. Da gibt es aber wiederum Probleme, weil viele Leute den Müll in die Pfandfächer stecken. Also da gibt es Probleme. Ein anderes Problem ist auch, dass viele diesen Schlüssel nachmachen und Pfandsammler das aufmachen, oft aber nicht mehr zu machen. Und dann fliegt der Müll rum. Also das sind für mich die wichtigsten Punkte. Die Sozialverträglichkeit ist auch zu berücksichtigen vor alle hinsichtlich Pfand, aber auch dass es nicht gepresst wird, sodass die Leute das noch rausholen können. Und dann gibt es Dinge bei denen man sich entscheiden muss was jetzt wichtiger ist. Die Sozialverträglichkeit oder das Volumen genommen werden kann, z.B. so Unterflurbehälter. Das ist am Marienplatz in Stuttgart z.B. nicht möglich, weil dort darunter der Bunker ist. Deswegen gibt es leider keine Unterflurbehälter. Darum haben sie sich für den Presshai entschieden. Dafür können die Pfandsammler die Flaschen nicht rausholen. Das muss man einfach miteinander abwägen. Was ich gut finde ist, dass er solarbetrieben ist und anzeigt, wenn er überfüllt ist. Ansonsten finde ich sollte auf einem Mülleimer auch nicht nur draufstehen, dass man etwas wegschmeißen soll, sondern warum man etwas wegschmeißen soll. Weil ein Kontext ergibt für die Leute nur einen Sinn, die sich nicht mit diesem Thema beschäftigen. Wenn man nicht sagt, warum man einen Aschenbecher anbringen sollte, wird es auch nie jemand verstehen und auch nie unterstützen. Wenn man sagt warum, weil eine Kippe 30 – 40 Liter Grundwasser verunreinigt, dann kann man denke ich eher die Leute dazu bewegen einen Aschenbecher zu nutzen. So sehe ich es auch mit dem Mülleimer. Ich meine da sollen auch Sprüche angebracht sein und zwar nicht „Mülle grazie“, was ganz nett ist. Aber ich würde andere Dinge draufschreiben. Also da gibt es schon viel zu beachten. Vandalismus sicher sollte der Mülleimer auf jeden Fall sein. Da gibt es viele Dinge bei einem Mülleimer zu prüfen und es kommt auch immer auf die Umgebung an. Und so Leitsysteme, die auf Mülleimer hinweisen oder auffällig gestaltete Mülleimer. Findest du das sinnvoll? Ja genau. Das ist ein guter Punkt. Das ist eigentlich einer der ersten Punkte. Ein Mülleimer sollte auffällig sein und sich nicht in die Umgebung einbetten. Das macht man hier in Stuttgart so. Die Mülleimer sollen nicht auffallen. In die Umgebung möglichst farblich eingliedern, dass sie unauffällig sind. Man redet nicht so gerne über Müll und Müll will man ja eigentlich nicht. Das ist irgendetwas worüber man nicht so gerne spricht. Aber selbstbewusst herzugehen und den knallorange zu machen und sagt hier Leute kommt der Müll rein und drauf steht 100 € Strafe und einer nebendran verteilt noch Aschenbecher. Ich glaube so eine Kombination würde ziemlich gut wirken z.B. am Marienplatz. Und warum Marienplatz? Die Farbigkeit eines Mülleimers finde ich wichtig und sollte auffällig sein. Wie siehst du die Einstellung gegenüber Müll. Hat sich die in den letzten Jahren irgendwie verändert? Schmeißen die Leute mehr Müll weg wie früher? Ich weiß nicht ob du das schon so lange beobachtest, aber vielleicht so vom Gefühl her? Also es gibt zwei Dinge zu unterscheiden. Das eine ist Umweltbewusstsein und das andere ist Umweltverhalten. Das Umweltbewusstsein ist merkbar gewachsen in den letzten Jahren. Also es gibt kaum einen der nicht weiß, dass fliegen nicht gut für die Umwelt ist. Also all diese Punkte. Die Meisten wissen das. Nur das konvertieren dieses Wissens in das Verhalten, das ist so der Knackpunkt und da würde ich sagen, da sind wir überhaupt noch nicht gut. Wenn ich Freunde sehe, wenn die gerade ein Baby bekommen haben und nach jedem wickeln, diese Urinauffangtücher neu unterlegen, dann sind wir noch meilenweit von Nachhaltigkeit entfernt. Und das gab es vor 10 Jahren glaube ich noch nicht. Deswegen glaube ich ist es jetzt aktuell noch so in der Entwicklung, dass es sich noch mehr zuspitzt, dass die Leute noch unnachhaltiger wegwerfen. Gleichzeitig entsteht aber eine Bewegung, die noch sehr klein Interview: Thomas Venugopal — 127


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ist, wie z.B. „Zero Waste“ die extrem dagegenüber stehen. Darum glaube ich ist es gerade so, dass es eine Entwicklung gibt, dass es mehr, mehr, mehr Müll gibt. Aber das spitzt sich gerade zu. Corona hat da gerade alles geändert. Ich sehe da auch große Chancen darin den Leuten vielleicht zu zeigen, es klingt abgedroschen, aber dass man auch mit weniger zufrieden sein kann und die Welt nicht untergeht wenn man nicht alle Wohlstandsgüter gleichzeitig zur Verfügung hat. Da merkt man vielleicht auch, dass man so auch gut zurecht kommt. Ich sehe da eine große Chance. Aber aktuell sehe ich gerade alles wird noch ein bisschen schlimmer. Das liegt auch an Produkten, die teilweise auf den Markt kommen. Ja genau. Wenn z.B. Obst klein geschnitten wird und alles zehnfach in Plastik verpackt wird. Das ist auch immer schlimmer geworden in letzter Zeit oder letzten Jahren.Ich habe so Osterartikel gesehen, das glaubst du nicht, da werden Plastikfigürchen in Plastik eingepackt und mit einem geschälten Ei nebendran. Deshalb glaube ich, den Hardcore Leuten, die solche Produkte herstellen, bei denen ist alles noch gar nicht angekommen oder denen ist das alles total egal. Aber wenn das mal weg ist, dann glaube ich haben wir den Zenit erreicht und können uns langsam dorthin entwickeln wohin uns die Welt gerade zwingt. Dann zu eurer Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof, wie ist es da genau dazu gekommen? Ich war eigentlich an dem Thema Aschenbecher an Haltestellen dran, aber dann ist aber irgendwie meine E-Mail an den Bahnhofsmanager der Deutschen Bahn, der ist für 96 Bahnhöfe hier in der Region Stuttgart und für Sicherheit und Sauberkeit zuständig. Mit dem habe ich mich getroffen,weil der fand das eine gute Idee mit diesen Aschenbechern, weil er jetzt auch überall Aschenbecher an den Bahnsteigen angebracht hat. Dann hab ich selber geschaut und war ganz erstaunt, dass da tatsächlich diese Aschenbecher stehen. Da hab ich gelernt, die Deutsche Bahn ist nicht gleich Deutsche Bahn, sondern es kommt darauf an mit welchen Menschen man zu tun hat. Deswegen hatte ich schlichtweg einfach das Glück einen Menschen in einer Position zu treffen, der so eine Sache unterstützt und versteht worum es da geht und mit dem man auf dem kurzen Dienstweg einfach mal was machen konnte und das auch entgegen der Konzernrichtlinie, weil die Konzernrichtlinie sieht vor, dass jeder Bahnhof rauchfrei ist und diese Regel hat er auch gebrochen, weil man einfach der Realität ins Auge sehen muss. Menschen rauchen unter freiem Himmel, man kann es nicht verbieten, man kann schon, es funktioniert aber nicht. Dann muss man eben schauen wie man damit umgeht und ich bin jeden Tag am Bahnhof in Bad Cannstatt wegen der Arbeit, gerade jetzt nicht, aber normalerweise und ich kann feststellen, dort wo die Aschenbecher stehen, liegen kaum Zigaretten auf dem Boden, also das ist wirklich deutlich sauberer. Ja und so ist entstanden, dass viele andere Bahnhofsmanager auf uns aufmerksam geworden sind und wir gerade in mehreren Städten etwas ähnliches planen und letztlich war es einfach nur Glück jemanden zu finden, der bereit ist und Entscheidungshoheit hat. Hast du irgendwie eine Idee wie man das Müllproblem an der Wurzel packen kann? Ja ich glaube es ist ein ganzer Blumenstrauß an Maßnahmen, den man entwickeln muss um das Problem an der Wurzel zu packen. Das bedeutet, pädagogische Arbeit mit Kindern, Bußgelder, Sensibilisierungskampagnen, Mitmachaktionen, im Grunde eigentlich fast all das »Ein Blumenstrauß an Maßnahmen, den man entwickeln was Cleanup Network fordert, mit dem könnte man das Problem muss um das Problem an der Wurzel zu packen. Das bedeu- an der Wurzel packen. Auch die Abkehr vom linearen Konsum und Etablierung von Kreislaufwirtschaft. Nicht nur das eine, weil nur tet, pädagogische Arbeit mit Kindern, Bußgelder, Sensibi- die Kreislaufwirtschaft bringt auch nichts, weil die Menschen müssen wissen warum sie ihren Anorak wieder nach B bringen müssen oder sonst irgendwas. Sie müssen verstehen, warum sie das lisierungskampagnen, Mitmachaktionen.« machen sollen und welchen Vorteil sie dann davon haben, sonst bringt das beste Konzept nichts, deswegen braucht es immer das Zusammenspiel von verschiedenen Dingen, Sensibilisierung, Pädagogik, Bußgeld, also Zuckerbrot und Peitsche natürlich. Gibt es auch irgendwie eine Möglichkeit um die Leute für dieses Thema zu begeistern? Klar. Also ich denke man muss es erlebbar machen, was das Problem ist. Jeder braucht diesen Moment, wo er feststellt, scheiße, so geht es nicht weiter und Cleanups haben sich als sehr effektives Sensibilisierungswerkzeug erwiesen um den Menschen das erlebbar zu machen, wenn man sie eine halbe Stunde sammeln lässt. Es ist aber auch so, dass es nicht für jeden etwas ist, es gibt nicht eine Sache, die vielleicht jeden dafür begeistern lassen, aber Cleanups sind auf jeden Fall sehr effektiv für viele. Und wo siehst du die Welt bzw. Stuttgart hinsichtlich der Vermüllung in 10 Jahren oder in naher Zukunft? Also ich denke, dass die Stadt sehr viel machen wird. Für mich ist die entscheidende Frage, welcher Fokus bei den Entscheidern gelegt wird bzw., auf was der Fokus gelegt wird. Ich war letztens bei dem Vortrag zu dem Thema Cradle to Cradle, da war auch die Nachhaltigkeitsmanagerin der Stadt Stuttgart, und da hat man hier und da bei anderen Leuten gehört, dass da schon auch viel gemacht wird und auch Bereitschaft gezeigt bzw. signalisiert wird, aber es fehlt eben noch, dass es so richtig angegangen wird das Thema. Aber allein die Tatsache, dass es eine Nachhaltigkeitsmanagerin der Stadt gibt, das wusste ich nämlich gar nicht, das find ich schon einmal positiv, kann ja eigentlich nur besser werden. Ich denke wenn der Austausch auch zwischen den verschiedenen Institutionen noch mehr diesbezüglich stattfindet, bin ich guter Dinge. Also denkst du dass es dann mit der Müllverschmutzung ein bischen zurückgeht oder? Also in 10 Jahren denk ich schon, ja. In 30 Jahren, habe ich jetzt gemerkt, dass nichts passiert ist, jetzt wird es gerade noch schlimmer und 128 — Interview: Thomas Venugopal


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ich denke aber dass uns die Welt zwingen wird anders zu handeln, man merkt es jetzt schon. Ich hab gestern eine interessante Dokumentation dazu gesehen, wie der unmittelbare Zusammenhang zwischen Corona und dem Einbruch der Artenvielfalt zusammenhängt. Und da ist eine direkte Verknüpfung dazu und jetzt kann man noch weiter spinnen und sagen, Plastikverbrauch und Klima hängen auch unmittelbar zusammen. Denn das lineare konsumieren von Plastik, das produzieren von Plastik und das verbrennen von Plastik hat unmittelbar mit dem Klimawandel zu tun. Die Art und Weise, wie wir auf diesem Planeten konsumieren und leben. Deswegen lässt sich auch eine direkte Verbindung zu Corona herstellen, das heißt all die großen Fragen, die Herausforderungen der Menschheit wie Pandemien, Klimakrise, Flüchtlingskrise, all diese Themen werden uns zwingen, anders zu konsumieren, zu leben und unsere gemeinschaftliche Haltung zu haben. Deswegen denke ich, wird im zehnten Jahr sehr viel passiert sein. Dazu muss ich immer Harald Welzer zitieren, ich hab den Spruch vor 2 Jahren gehört und der geht mir seit Corona einfach nicht mehr aus dem Kopf, er hat nämlich gesagt: „Es bringt nichts in die Zukunft zu planen, denn die Zukunft ist nicht linear.“ Genau diesen Fall haben wir jetzt, plötzlich ist Corona da und plötzlich gehen ganz viele Dinge, die vorher nicht gingen, Videokonferenzen, Homeoffice, wo viele gesagt haben, es geht nicht und bei all dem Leid, dass das erzeugt, erzeugt es auch viele Chancen. Jetzt mal Themen zu platzieren, zu sagen vielleicht ist es ja eine Chance zu bemerken, dass wir auch mit weniger auskommen. Was würdest du jetzt an die Menschen in Stuttgart appellieren, was sie machen sollen oder bzw. an alle Menschen? Also wenn ich mir was wünschen dürfte, würde ich mir von jedem Einzelnen wünschen, dass er bei jeder einzelnen Konsumentscheidung ein paar Sekunden nachdenkt, ob er es wirklich braucht, ob es nicht nachhaltig geht wenn er es braucht, ob er es nicht vielleicht Secondhand bekommen kann, ob er es wirklich will. Das ist auch oft ich eine Sache, dass man eher etwas kauft, weil es einfach Spaß macht und sich selbst belohnen. Ich glaube wenn man sich einmal befreit von dieser Abhängigkeit, dass der Konsum einen glücklich macht, so abgedroschen das auch klingt, dann kommt man irgendwann auf den Geschmack und denkt, dass macht eigentlich richtig Spaß hat mit weniger zufrieden zu sein und auch Leuten sagen zu können, ich bin mit dem zufrieden was ich habe. Das tut sehr gut das aussprechen zu können und ich glaube auf diesen Geschmack können viele kommen, wenn sie sich angewöhnen ein paar Sekunden vor dem Kauf oder dem Konsumieren zu entscheiden, brauch ich das wirklich oder kann ich das auch nachhaltig machen. Das würde ich mir wünschen, weil das ist das Kleinste, was man verlangen kann.

Foto: Copyright_ FTGRF Fotodesign




Mülleimermodelle in Stuttgart 644,8

440,5 403,2 377,9 375,6

290,7

294,5

309,6 314,1 304,1 295,6 296,6

2 0 2 2 0 10 1 2 2 0 10 1 6 8 2 2 0 00 1 2 4 2 2 0 00 0 8 0 1 1 9 00 0 6 7 5 9 9 0 9 5

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Kommunales Abfallaufkommen in Stuttgart seit 1990 [in 1000 Tonnen] ohne Baumassenabfälle, Problemstoffe und E-Altgeräte/Lampen.

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Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), erstellt durch das Statistische Amt, Landeshauptstadt Stuttgart, Zugriff am 29.05.2020.

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Mülleimermodelle ab Seite 148

Mülleimer Sammlung

In Stuttgart gibt es eine Menge von unterschiedlichen Mülleimern. Jedes Modell hat seine Vor-und Nachteile. Manche haben einen integrierten Aschenbecher, andere wiederum haben gar keinen Aschenbecher. Manche haben eine Abdeckung als Schutz vor Niederschlägen, andere wiederum sind komplett offen. Außerdem muss ein Mülleimer auch den jeweiligen Begebenheiten vor Ort entsprechen. D.h. ein Mülleimer z.B. in der Königstraße muss anders aussehen wie ein Mülleimer in einem Park. Deshalb

gibt es so viele unterschiedliche Modelle in Stuttgart. Dabei kann man je nach Standort des Mülleimers auch ganz genau sagen, ob dieser jetzt an diesem Ort geeignet ist oder nicht. Natürlich gibt es noch viel mehr an unterschiedlichen Mülleimern in Stuttgart, die aber dann in der Art und Weise bzw. in ihrer Funktion gleich sind. Deshalb werden nachfolgend nur ein Teil der Vielfalt an Mülleimermodellen gezeigt. Die jeweiligen Vor-und Nachteile werden im Folgenden zum entsprechenden Mülleimer gezeigt.


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Dieser Mülleimer steht in ganz Stuttgart verteilt und ist auch einer der am häufigsten aufgestelllten Mülleimer in Stuttgart, z.B. in großer Zahl am Schlossplatz vertreten. Die Vorteile an diesem Mülleimer sind die kleine Mülleimeröffnung, sodass man den Hausmüll nur schwer entsorgen könnte. Außerdem hat er eine Abdeckung, die vor Regen schützt. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit im Stadtbild sowie der Aschenbecher, der nicht vor Regen geschützt ist, wodurch die Giftstoffe sehr leicht entweichen können.

134 — Mülleimermodelle


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Dieser Mülleimer steht ebenfalls in ganz Stuttgart verteilt und ist auch einer der am häufigsten aufgestellten Mülleimer. Die Vorteile an diesem Mülleimer sind die kleine Mülleimeröffnung, sodass man den Hausmüll nur schwer entsorgen könnte. Außerdem hat er eine Abdeckung, die den Müll vor Regen schützt. Zudem ist er mit seinem gelben Deckel zumindest ein bisschen auffälliger wie sein verwandtes Modell. Nachteil ist der nicht vorhandene Aschenbecher.

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Diese Unterflurabfallsammelbehälter stehen ausschließlich in der Königstraße und in den anliegenden Straßen. Das besondere dabei ist, dass es sich hierbei um einen Unterflur Behälter handelt, der Platz für rund 650 Liter Müll bietet. Diese Konstruktion wurde so gewählt, da sich in der Königstraße durch die Einkaufsmeile besonders viel Müll anhäuft. Die Arbeiter der AWS müssen zur Abholung nur eine Luke im Boden vor dem Mülleimer öffnen und können dann den Müll maschinell mittels einer mit einem Absaugschlauch ausgestatteten Kehrmaschine absaugen. Vorteile dieses Mülleimers ist die hohe Kapazität an Müll, die man dort lagern kann. Die Mülleimeröffnung ist klein genug damit man seinen Hausmüll nicht direkt entsorgen kann und es gibt eine Abdeckung gegen den Regen sowie einen Aschenbecher. Nachteil ist die geringe Auffälligkeit im Stadtbild, vor allem da dieser Mülleimer etwas kleiner ist. Der Aschenbecher hat keine Abdeckung.

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Dieser Mülleimer wird auch Presshai genannt und ist nur in kleinen Stückzahlen in Stuttgart vorhanden, vor allem aber steht er am Marienplatz oder in der Nähe der Königstraße. Der Müll in diesem Mülleimer wird immer wieder zusammen gepresst, sodass der Mülleimer nicht so schnell voll ist und dadurch mehr Müll entsorgt werden kann. Dieses Verfahren wird durch Sonnenenergie über die Solarzellen auf dem Mülleimerdeckel erzeugt. Vorteil an diesem Mülleimer ist die hohe Speicherkapazität von Müll, dank der Presstechnik und der vorausgehenden Energieerzeugung durch die Solarzellen. Die Mülleimeröffnung ist klein und es gibt eine Abdeckung, die vor Regen schützt. Außerdem ist er durch seine Größe auffällig. Nachteile sind die hohen Kosten für so einen Mülleimer mit entsprechender Technik sowie der fehlende Aschenbecher.

Mülleimermodelle — 137


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Dieser Mülleimer steht in der Nähe des Cinemaxx am Berliner Platz. Vorteile sind die Abdeckung vor Regen und die kleine Mülleimeröffnung. Außerdem gibt es einen Aschenbecher. Zudem hat dieder Mülleimer Piktogramme, die auf das Müll entsorgen und den Aschenbecher hinweisen. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit trotz der aufgeklebten Piktogramme sowie der nur halb abgedeckte Aschenbecher.

138 — Mülleimermodelle


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Dieser Mülleimer steht hauptsächlich an SSB Haltestellen für Stadtbahn und Bus in ganz Stuttgart. Vorteile sind die Abdeckung vor Regen und die kleine Mülleimeröffnung. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit, auch weil dieser Mülleimer etwas kleiner ist und das Fehlen eines Aschenbechers.

Mülleimermodelle — 139


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Dieser Mülleimer steht verteilt in Stuttgart, kommt aber nicht so häufig vor. Oft ist er in der Nähe von Parkplätzen aufgestellt. Vorteile an diesem Mülleimer gibt es im Prinzip nicht. Nachteile sind die fehlende Abdeckung zum Schutz vor Regen, die Möglichkeit seinen Hausmüll ohne Probleme zu entsorgen oder dass Tiere sehr leicht an diesen Müll kommen sowie die geringe Auffälligkeit im Stadtbild. Zudem fehlt es an einem Aschenbecher und durch die geringe Größe bietet der Mülleimer nur wenig Platz für Müll, sodass dieser sehr schnell voll wird und dann der Müll erst Recht aus dem Mülleimer fliegt.

140 — Mülleimermodelle


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Dieser Mülleimer ist ein Aschenbecher und ist im Zuge der Sensibilisierungskampagne von Cleanup Network am Bad Cannstatter Bahnhof aufgestellt worden. Vorteile sind die hohe Auffälligkeit, da es mit einem Schild und einem Spruch darüber beworben wird. Außerdem gibt es eine Abdeckung über dem Aschenbecher als Schutz vor Regen, sodass die Giftstoffe der Kippen auch im Behälter bleiben. Nachteile an diesem Aschenbecher gib es nicht.

Mülleimermodelle — 141


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Dieser Mülleimer steht vor dem Robert Bosch Gebäude in der Werner Straße in Feuerbach. Vorteile sind der integrierte Aschenbecher mit Abdeckung über dem Mülleimer und die hohe Auffälligkeit, da es ein großes Hinweis Schild gibt. Nachteil ist die etwas große Mülleimeröffnung, wodurch der Hausmüll leichter entsortgt werden kann.

142 — Mülleimermodelle


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Dieser Mülleimer ist einer der am häufigsten aufgestellten Mülleimer in Stuttgart und ist überall verteilt. Vorteile an diesem Mülleimer ist die kleine Mülleimeröffnung, sodass der Hausmüll nur schwer entsorgt werden kann und Tiere nur schwer an den Müll kommen. Außerdem gibt es einen Aschenbecher mit Schutz vor Regen und eine Abdeckung für den Müll. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit im Stadtbild mit dem Grauton sowie der sehr kleine und unauffällige Aschenbecher.

Mülleimermodelle — 143


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Dieser Mülleimer steht meistens vor Restaurants oder Hotels am Eingang. Vorteile sind der große integrierte Aschenbecher, da der Mülleimer in den meisten Fällen unter dem Dach steht sowie die kleine Mülleimeröffnung und die Abdeckung des Mülls vor Regen. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit und falls der Mülleimer nicht unter dem Dach steht die fehlende Abdeckung für den Aschenbecher.

144 — Mülleimermodelle


148 – 149

Dieser Mülleimer steht vor der Schleyer-Halle unter einem Dach. Vorteile sind der große integrierte Aschenbecher, da der Mülleimer in den meisten Fällen unter dem Dach steht sowie die kleine Mülleimeröffnung und die Abdeckung des Mülls vor Regen. Nachteile sind die geringe Auffälligkeit und falls der Mülleimer nicht unter dem Dach steht die fehlende Abdeckung für den Aschenbecher.

Mülleimermodelle — 145


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Dieser Mülleimer steht an der Mercedes-Benz Arena verteilt Die Vorteile an diesem Mülleimer sind die kleine Mülleimeröffnung, sodass man den Hausmüll nur schwer entsorgen könnte. Außerdem hat er eine Abdeckung, die den Müll vor Regen schützt. Zudem ist er mit seinem roten Farbanstrich ein bisschen auffälliger wie seine verwandten Modelle. Nachteil ist der nicht vorhandene Aschenbecher.

146 — Mülleimermodelle


148 – 149

Dieser Mülleimer ist um das Mercedes-Benz Museum aufgestellt. Vorteile sind die kleine Mülleimeröffnung, die Abdeckung zum Schutz des Mülls vor Regen und der integrierte Aschenbecher. Außerdem ist er recht auffällig durch seinen silbernen Glanz. Nachteile sind der nicht überdachte und kleine Aschenbecher.

Mülleimermodelle — 147


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148 — Mülleimer Sammlung


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Mülleimer Sammlung — 149


Zersetzungsdauer von Müll A Kepfel rn 0,2 e Or a scnge ha nle W oll so

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Zeit des Abbaus von Abfällen in der Natur [in Jahren] Quelle: https://www.saarland.de/SID-DFFC8D2B-EBD5BFDB/240605.htm., Zugriff am 29.05.2020.

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ab Seite 152

Aluminiumdose ab Seite 156

Zigarettenstummel ab Seite 160

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Zigarettenschachtel ab Seite 168

Kronkorken ab Seite 172

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Coffee to go Becher

Styropor

Plastiktüte ab Seite 180

Glasflaschen

Im folgenden Kapitel geht es um die Zersetzungsdauer der jeweiligen Müllsorten. Müll zersetzt sich in der Natur unterschiedlich schnell je nach Material. Dabei spielt das Wetter bzw. die Umwelt natürlich auch eine wichtige Rolle, allerdings kann man jeweils ca. eine durchschnittliche Zersetzungsdauer erkennen. Der Müll, der dort dann auf dem Boden liegt ist aber nicht nur unschön, sondern das eigentliche Problem dabei ist, dass der Abfall die Umwelt verschmutzt bzw. vergiftet. Das Problem bei Plastik ist, dass es nahezu nicht zersetzbar ist. Was am Ende dann immer bleibt, ist feinstes Mikroplastik, welches an Land beispielsweise über den Boden ins Grundwasser gelangt und im Meer von Fischen, Muscheln oder anderen Meerestieren aufgenommen wird und so über die Nahrungskette wiederum zur Gefahr für Mensch und Tier wird. Allein schon die Schalen von konventionellem Obst sind häufig mit Pestiziden belastet, die so ihren Weg in den Boden finden. Auch Zigarettenstummel besitzen neben ihrer schweren Zersetzbarkeit einen stark schädigenden Einfluss auf die Umwelt. Denn sie enthalten über 700 giftige Chemikalien, die in den Boden und anschließend in unser Grundwas-

ser übergehen können. Außerdem können sich Tiere in dem Müll verfangen und kommen so alleine nicht mehr aus dieser gefährlichen Lage.Besonders im Meer kommt so etwas sehr häufig vor, weil der Müll dort einfach in Massen herumschwimmt und dann häufig nicht von den Meerestieren gesehen wird. Verrottung wird häufig auch als Verfaulung oder Vermoderung bezeichnet, und beschreibt die Zersetzung von organischen, in der Regel pflanzlichen Materialien zu Humus, Kohlenstoffdioxid und Wasser. Hierfür sind kleine Mikroorganismen verantwortlich.Wenn Produkte nicht durch diese Organismen zersetzt werden können verfallen sie dennoch mit der Zeit, in diesem Fall spricht man dann allerdings von Korrosion. Dabei reagieren Werkstoffe mit ihrer Umgebung, also zum Beispiel Luft oder Wasser und wird dadurch zersetzt. Wie bereits zuvor erwähnt, nur organische Stoffe verrotten, andere Stoffe zerfallen. Metalle beispielsweise zählen dazu, die meisten kennen hier etwa angelaufenes Silber oder die Rostbildung bei Eisen. Die Zersetzungsdauer und der Müll dazu wird im Folgenden mit entsprechenden Fotos dargestellt.



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Bis sich eine Aluminiumdose in der Natur komplett zersetzt hat vergehen ganze 200 Jahre.

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Zersetzungsdauer: Aluminiumdose — 155


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Ein Zigarettenstummel braucht bis zu 15 Jahre bis er sich zersetzt hat und setzt in diesem Prozess viele Giftstoffe frei.

156 — Zersetzungsdauer: Zigarettenstummel



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Zersetzungsdauer: Zigarettenstummel — 159


Ein Coffee to go Becher ist erst nach 50 Jahren in der Natur abgebaut.




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Zersetzungsdauer: Coffee to go Becher — 163



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Papier braucht 6 Wochen bis es verottet – eine Zigarettenschachtel braucht durch die Beschichtung bis zu 5 Jahre bis sie auf natürlichem Weg verrottet ist.

Zersetzungsdauer: Zigarettenschachtel — 165


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166 — Zersetzungsdauer: Zigarettenschachtel

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Zersetzungsdauer: Zigarettenschachtel — 167


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Bis sich ein Kronkorken vollständig zersetzt hat dauert es mehrere Jahrzehnte, er besteht zu einem Großteil aus Metall und einem kleinen Teil aus Kunststoff. 168 — Zersetzungsdauer: Kronkorken



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Zersetzungsdauer: Kronkorken — 171


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Styropor braucht etwa 6000 Jahre bis es sich komplett zersetzt hat.

172 — Zersetzungsdauer: Styropor



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174 — Zersetzungsdauer: Styropor

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Zersetzungsdauer: Styropor — 175



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Eine Plastiktüte hat sich in ca. 20 Jahren zersetzt – je nach Beschichtung kann dieser Prozess mehrere Jahrzehnte länger dauern.

Zersetzungsdauer: Plastiktüte — 177


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178 — Zersetzungsdauer: Plastiktüte

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Zersetzungsdauer: Plastiktüte — 179


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Glasflaschen zersetzen sich nicht in der Natur – Glas kann nur eingeschmolzen werden.

180 — Zersetzungsdauer: Glasflaschen



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182 — Zersetzungsdauer: Glasflaschen

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Zersetzungsdauer: Glasflaschen — 183


Aktionen 36, 1 26, 0 k

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b ro P Zusammensetzung Restabfall der Stadt Stuttgart mit 114.798 Tonnen Haus- und Geschäftsmüll in einem Jahr [in Prozent], Sortieranalyse 2009 Quelle: Abfallwirtschaftskonzept 2016. Technisches Referat. AWS Abfallwirtschaft Stuttgart. Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Stuttgart, Zugriff am 06.03.2020.

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ab Seite 186

Global Plogging ab Seite 190

Feuersee Cleanup ab Seite 194

ab Seite 200

Unipark Cleanup ab Seite 204

Jakobschule Cleanup ab Seite 208

ab Seite 214

Silvester Cleanup

Müll-Upcycling-Kunst Aktion

Dosen auf Mülleimer ab Seite 216

Aufkleber für Mülleimer

Zu den Aktionen, um das Problem der Müllverschmutzung in Stuttgart zu lösen bzw. Lösungsansätze zu finden, gehören 4 Cleanups. Eins davon ist mit Joggen verbunden und wurde von der Initiative Global Plogging um den Gründer Stefan Keifer auf der Karlshöhe am 25.10.2019 organisiert. Die 3 anderen Cleanups wurden durch die Initiative Cleanup Network bzw. Cleanup Stuttgart um den Gründer Thomas Venugopal organisiert. Dazu gehört das erste Cleanup am Feuersee am 16.11.2019 zusammen mit dem offenen Chor vom Musikwerk Stuttgart. Das Silvester Cleanup am 04.01.2020 auf der Karlshöhe und das Unipark Cleanup am 22.02.2020. Außerdem habe ich bei einer Aktionswoche des Stadtteilhaus Mitte zusammen mit

Schülern der Jakobschule unter der Leitung von Angela Bäumler-Arnold mitgemacht und mitgeholfen. Dazu gehörte ein Cleanup mit den Grundschülern der Jakobschule am 03.03.2020 sowie Vorträge und eine MüllUpcycling-Kunst Aktion. Eine weitere Aktion thematisierte das Problem der Zigarettenstummel an Haltestellen, welches ich durch Dosen mit Sprüchen auf den entsprechenden Mülleimern lösen wollte. Zudem habe ich einen Aufkleber gestaltet für eine bestimmte Art von Mülleimer, den es in Stuttgart verteilt gibt. Das Problem behandelt den zu unauffällig gestalteten Aschenbecher. Dem wollte ich mit dem Aufkleber mehr Aufmerksamkeit schenken. Wie meine Aktionen im Detail verlaufen sind wird im Folgenden behandelt.


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Global Plogging Aktion am 25.10.2019 auf der Karlshöhe

Ablauf der Global Plogging Aktion Auf der Facebook Seite von Cleanup Network bin ich durch eine geteilte Veranstaltung von Global Plogging 1 auf diese Müllsammelaktion gestoßen. Mitbringen sollte man Sportschuhe, Müllbeutel und Handschuhe. Treffpunkt war um 16 Uhr am Biergarten auf der Karlshöhe. Also hab ich mich auf den Weg gemacht. Vom Marienplatz bin ich über lange Treppen gegangen und nach kurzer Zeit war schon der Biergarten von Weitem zu sehen. Kurz vor dem Eingang zum Biergarten standen Stefan Keifer und Marco. Sie sind Arbeitskollegen in einer Agentur in Schorndorf. Stefan ist außerdem der Gründer der Global Plogging Initiative. Marco hat so eine Aktion, wie ich auch zum ersten Mal mitgemacht. Auf dem Weg zur Karlshöhe bzw. in der Nähe des Biergartens sah es für mich auf den ersten Blick schon so aus, als würde so gut wie kein Müll auf dem Boden liegen. Nachdem wir uns dann vorgestellt haben, haben wir noch auf das Team von regio tv und Thomas Venugopal gewartet, der der Gründer des Cleanup Networks ist. Regio tv wollte einen kurzen Beitrag über die Global Plogging Aktion und Organisation von Stefan machen. Nach kurzer Zeit sind dann zwei Mitarbeiterinnen von regio tv, Thomas, der Vater von Stefan und seine zwei kleinen Söhne eingetroffen. So waren wir insgesamt 9 Personen, die sich an dieser Aktion beteiligten. Nicht jeder, mich eingeschlossen, hatte Sportkleidung an, aber das war kein Problem, schließlich geht es nicht darum schnell zu joggen, sondern vor allem Müll aufzuheben und dabei kann das jeder in seinem Tempo machen. Kurz darauf startete die Aktion. Ich war ausgestattet mit Sportschuhen, einer normalen Alltagshose, einem Pullover und Gummihandschuhen und einem Müllbeutel. Interessant war, dass mich kurz nach dem Start der Aktion ein Passant gefragt hat, was wir denn da genau machen und wie die Aktion heißt. Das war für mich ein erster positiver Eindruck, wenn Außenstehende Interesse zeigen und neugierig sind bezüglich so einer Aktion. Zu Beginn hab ich fast gar nichts an herumliegenden Müll gefunden. Doch dann haben einige angefangen unter Bäumen und zwischen Sträuchern und Büschen zu suchen und Tatsache, dort befand sich jede Menge Müll. Der erste große Fund war eine große leere Glasflasche unter einem Strauch. Thomas war schon ein paar Monate zuvor auf der Karlshöhe mit seiner Initiative Müll sammeln, wobei er einen kleinen Hügel hinunter hinter einem Zaun eine riesige illegale Müllhalde entdeckt hatte. Diese meldete er damals natürlich sofort der Stadt Stuttgart. Deshalb wollte er schauen, ob sich die Stadt um dieses Müllproblem gekümmert hat. Als wir dort ankamen, hatte sich seine Vermutung bestätigt, denn die Müllhalde war nach wie vor unangerührt vorhanden. Das machte ihn sehr sauer und er postete gleich mal eine Instagram Story für seine Cleanup Network Instagram Seite. Auch mich erschreckte diese illegale Müllhalde sehr, denn diese war wirklich extrem groß und mit allem möglichen Müll bedeckt. Vor allem sah es so aus als wäre dieser Müllhaufen mehrere Zentimeter oder sogar Meter hoch. Etliche Müllbeutel, Konservendosen, Plastikflaschen, Dosen, Glasflaschen, Schuhe, Jacken, Elektrogeräte und ein Wasserkanister usw. lagen verstreut herum. Auch direkt vor diesem Zaun befand sich jede Menge Müll, vor allem Plastikmüll. Den haben wir dann aufgehoben und in unsere Müllbeutel getan. Allein dadurch sind unsere Müllsäcke deutlich voller geworden. An dieser Stelle habe ich auch ein wenig mit Thomas geredet und ihm mein Projekt genauer erklärt. Er meinte auch, dass Stuttgart nicht unbedingt mit mehr Müllverschmutzung betroffen ist, als andere Städte. Aber es kommt dann halt auch immer auf die

1

„Plogging ist ein Kofferwort, gebildet aus den Bestandteilen „plocka“ (schwedisch aufheben; pflücken) und Jogging, und steht für

eine Natursportart, bei der – zumeist organisiert und mit Handschuhen sowie Abfallbehältnissen ausgestattet – die Vermüllung der Landschaft bekämpft, sowie der Müll dem Recyclingkreislaufzugeführtwird.“(Quelle:Wikipedia), Zugriff am 02.05.2020.

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Gegend in Stuttgart an. Er hat mir dann auch bestätigt, dass es am Cannstatter Bahnhof besonders schlimm ist mit der Müllverschmutzung und dass das vor allem ein elitäres Problem dort ist, denn dort halten sich viele Penner und Obdachlose bzw. Menschen mit wenig Geld auf. Seine Organisation Cleanup Network hat er erst im Februar 2018 gegründet und die ist seitdem ziemlich groß und bekannt geworden. Sein Netzwerk beinhaltet weitere Organisationen, die sich mit dem Thema Müllverschmutzung beschäftigen und das auch außerhalb von Stuttgart. Er arbeitet auch mit Schulen und anderen Vereinen, wie z.B. dem Neckar Ruderverein zusammen, mit denen er dann gemeinsam Müll aufheben geht. Daraufhin haben wir uns wieder auf den normalen Weg begeben und sind in eine andere Richtung gelaufen. Das Problem das wir hatten, war der viele Laub auf dem Boden, dadurch war der Müll noch viel schwerer zu finden. Aber trotzdem fanden wir weiterhin viel an weggeworfenem Müll. Bei einem kurzen Stopp zeigte uns der Vater von Stefan seine interessantesten Funde. Dabei war ein Messer und ein altes kaputtes Handy. Ich hatte in meinem Müllbeutel inzwischen schon zwei große Glasflaschen. Was auch sehr auffallend war, war die Tatsache, dass sich besonders viel Müll geballt unter oder neben bzw. in der Nähe von Bänken befand. Doch dann fanden wir eine Stelle an der viele kleine Plastikfetzen herumlagen. Thomas wusste sofort Bescheid, wie dies zustande kam. Denn das waren die Reste Müll, die durch das Mähen an dieser Stelle in hunderte, wenn nicht sogar tausende kleine Teilchen gehäckselt wurden. Die zuständigen Arbeiter der Stadt fanden es dabei für nicht notwendig den Müll vor dem Mähen zu entfernen. Und so liegen dort jetzt Unmengen von kleinen Teilchen Müll verstreut auf dem Erdboden, teilweise versteckt durch den Laub. Wir bemühten uns eine Zeit lang diesen Müll einzusammeln, aber dennoch mussten wir feststellen, dass es fast hoffnungslos war. Denn die kleinen Teilchen Müll waren teilweise auch schon unter der Erde vergraben und waren so eigentlich überhaupt nicht zu sehen. Wir mussten also mit unseren Handschuhen richtig graben, um an den vielen Müll zu kommen. Kurze Zeit später mussten wir leider aufgeben und sind weiter gegangen, da man dort etliche Stunden verbringen müsste um alles zu finden und aufzuheben. Dann waren wir auch schon wieder am Ende unserer Aktion und wir legten unsere Müllbeutel auf den Boden, um zu sehen wie viel wir gesammelt hatten. Für regio tv haben wir einzeln nach und nach unsere Müllsäcke auf den Boden gestellt, damit sie daraus einen interessanten Clip machen konnten. Dann hat regio tv noch von jedem von uns eine Nahaufnahme mit seinem Müllsack gemacht und zum Schluss wurde Thomas noch zu seiner Cleanup Network Organisation interviewt. Interview von Regiotv mit Thomas Venugopal Dabei hat er erzählt, dass er regelmäßige Cleanup Aktionen macht und dadurch Leute zusammen kommen, die sich nicht kennen und dadurch aber auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht, indem man zusammen Spaß am Müllsammeln hat. Durch solche Aktionen soll den Leuten gezeigt werden, dass in der Natur und auf den Straßen Müll liegt, der da nicht hingehört, denn viele Leute leiden an der sog. Müllblindheit. Dadurch schaffen sie eine Diskussionsgrundlage dafür, was eigentlich das Problem ist. Er macht aber auch Putzaktionen mit Grundschulen und hat eine Sensibilisierungskampagne am Cannstatter Bahnhof. Die Organisation lässt von einem Netzwerkpartner die gesammelten Zigarettenreste recyceln und stellen daraus tragbare Taschenaschenbecher her, die sie dann wieder kostenlos verteilen. D.h. aus den Zigarettenresten werden neue Produkte hergestellt. So versuchen sie in alle Richtungen ihre Fühler auszustrecken. Außerdem erzählt er, dass er an diesem Tag zum ersten Mal Plogging betrieben hat, da ihm laufen überhaupt nicht liegt. Er konnte sich aber trotzdem beteiligen, die anderen waren halt ein bisschen schneller. Auf die Frage, ob er es nochmal machen würde, antwortet er: Die anderen machen Plogging und er macht Cleanup. Zu der Frage nach der Müllentsorgung, antwortet Thomas: Die App um den illegalen Müll zu melden, hat nicht seine Organisation entwickelt, sondern Thomas Lennartz. Er ist Appentwickler und hat diese App ehrenamtlich entworfen und umgesetzt und hat als Hommage an das Cleanup Network eine Cleanup Network Edition herausgebracht, die man in der App aktivieren kann. Die App funktioniert so, dass man einfach ein Foto von illegalen Müllanhäufungen machen und dann einfach der zuständigen Behörde melden kann. Das macht die App automatisch, d.h. man kann es bundesweit benutzen. Dann sind wir wieder zum Ausgangspunkt gegangen und haben unterhalb des Biergartens alle unsere Müllsäcke zusammen in einen Müllsack umgeschüttet. Dabei ist der eine 120 Liter Müllbeutel mehr als halb voll und nach Schätzung von Thomas mindestens 10 Kilogramm schwer geworden. Zum Schluss gab es noch ein letztes Gruppenfoto mit dem einen von allen gesammelten Müllsack. Der zufällig ausgewählte Passant, der das Foto gemacht hat, stellte sich dabei als Student von Verpackungstechnik vor, wodurch Thomas mit ihm ein kurzes Gespräch abhielt. Danach hat Thomas den Müllbeutel neben einen öffentlichen Mülleimer gestellt und dann auf der App MÜLLweg! DE die dafür zuständigen Behörden informiert. Damit endete unsere Global Plogging bzw. die Müllsammelaktion auf der Karlshöhe. Insgesamt waren wir also ungefähr 50 Minuten mit Müllsammeln beschäftigt und haben dabei mehr als die Hälfte eines 120 Liter Müllbeutels voll bekommen mit einem Gewicht von ca. 10 Kilogramm, an einem Ort, der im ersten Moment nicht besonders verschmutzt aussah. 188 — Global Plogging


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Feuersee Cleanup am 16.11.2019 am Feuersee Ablauf des Feuersee Cleanups Treffpunkt bei meinem ersten Cleanup, organisiert von Cleanup Stuttgart, war der Feuersee. Dabei war dieses Mal der Offene Chor vom Musikwerk Stuttgart, der zuerst ein paar Lieder zur Unterstützung für die anschliesende Cleanup Aktion unten vor den großen Steintreppen anstimmte. Nach dieser gesanglichen Einlage gab es sozusagen den Startschuss zum Müll sammeln. An dieser Aktion beteiligten sich in etwa 60 Sänger und Sängerinnen sowie nochmal 40 Personen, die die Gegend um den Feuersee von Müll befreien wollten. Und auch dieses Mal gab es wieder interessierte Passanten, die wissen wollten was wir da genau machen. Zu einem Ehepaar hat Thomas Venugopal (Gründer von Cleanup Network) dann gesagt, dass sie nicht alles aufräumen und sauber machen wollen, das würden sie auch gar nicht können. Er will mit der Cleanup Aktion vielmehr zeigen, dass Müll auf dem Boden liegt und damit die Müllblindheit der Menschen beseitigen. Am Cleanup beteiligten sich Menschen von unterschiedlichem Alter, von kleinen Kindern bis hin zu Rentnern. Auch Stefan Keifer war vor Ort, den ich bei der Global Plogging Aktion auf der Karlshöhe kennengelernt hatte. Außerdem habe ich Anne Venugopal, die Frau von Thomas kennengelernt, die die Cleanups immer unterstützt und bei der Initiative mithilft. Es gab einiges an Müll zum Aufheben, vor allem Zigarettenstummel gab es haufenweise, die zwischen den Ritzen der Steintreppen versteckt waren. Geballten Müll gab es auch an den Bänken und im umliegenden Gebüsch. Aber auch der Feuersee selbst war von der Müllverschmutzung betroffen. Was mir während der Aktion bei mir auch aufgefallen ist, war die Tatsache, dass ich weniger bzw. fast gar nicht mehr gehemmt war den Müll aufzuheben ohne zu denken, dass mich jetzt irgendein Passant komisch anschaut. Aus dem einfachen Grund, weil es eben ganz viele Menschen auf einem Fleck ebenso gemacht haben. Das ist ein weiterer essentieller Vorteil so eines Cleanups. Nach ca. 2 Stunden war das Cleanup dann offiziell beendet und jeder Teilnehmer hat den gesammelten Müll aus seinem Müllsack in einen der großen Müllbeutel gefüllt. Zigarettenstummel und Kronkorken wurden jeweils getrennt voneinander in einen orangenen Behälter gefüllt. Denn die getrennten Kippen sammelt Thomas Venugopal bei sich zu Hause im Keller und gibt sie dann ab einer bestimmten Menge an die Initiative Tobacycle weiter, die dann aus den Zigarettenfiltern, die aus Kunststoff bestehen, neue recycelte Taschenaschenbecher herstellt. Die gesammelten Kronkorken, die zu einem sehr großen Teil aus Metall und zu einem kleinen Teil aus Kunststoff bestehen, werden an die Initiative Blechwech gespendet, die diese dann wieder recyceln. Den Gewinn dieser wertvollen Rohstoffe spendet die Initiative dann für Kinder, die Polio-Impfungen benötigen. Am Ende kamen wir insgesamt auf etwa 320 Liter Müll und mit diesem Müll gab es dann das obligatorische Gruppenfoto, welches immer am Ende eines Cleanups stattfindet. Danach wurden die Müllsäcke noch jeweils mit einem DIN A4 Papier beklebt, auf dem steht: Wir haben diesen Bereich ehrenamtlich von Müll befreit. Damit sollen vorbeilaufende Leute auch nochmal sensibilisiert und auf das Thema aufmerksam gemacht werden bis die Müllsäcke dann von der Abfallwirtschaft abgeholt werden. Der Eindruck meines ersten Cleanups war sehr positiv, es hat Spaß gemacht in einer größeren Gruppe gemeinsam Müll zu sammeln und dabei noch zu wissen, dass man nicht nur der Natur und den Tieren etwas Gutes tut, sondern mit den gesammelten Kippen, neue Objekte herstellen kann und durch die Kronkorken Kinder mit einer Impfung helfen kann. Mein häufigster Fund waren an diesem Tag viele Verpackungen, Kronkorken und Zigarettenstummel.2

2

Vgl. Inspiration/Quelle: https://cleanupnetwork.com/news/cleanup/buecken-singen-und-320-liter-muell-sammeln-fuer-gesell-

schaftlichen-zusammenhalt/, Zugriff am 06.05.2020.

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Foto: Copyright_ FTGRF Fotodesign

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Silvester Cleanup am 04.01.2020 auf der Karlshöhe Ablauf des Silvester Cleanups Als ich auf dem Weg zu meinem 2. Cleanup vom Marienplatz her ankam, sah es im ersten Moment ziemlich sauber aus. Auf jeden Fall nicht so wie wenn 3 Tage zuvor jede Menge Böller und Raketen gezündet worden wären. Als ich Thomas darauf angesprochen hab, meinte er, dass die Abfallwirtschaft schon da war und den groben Müll bereits zuvor mitgenommen hat. Dieses Jahr war die Abfallwirtschaft wohl etwas schneller dran, vor allem dadurch weil es letztes Jahr kurz nach Silvester eine herbe Kritik gegeben hat, da die Karlshöhe damals von der Abfallwirtschaft nicht gereinigt wurde und es aussah wie auf einem Schlachtfeld. Diese Kritik haben sie sich scheinbar zu Herzen genommen. Daraufhin meinte Thomas Venugopal auch, dass es heute vielleicht ein kürzeres Cleanup werden würde, wenn das meiste schon entsorgt wurde. Doch dem war nicht so. Jede Menge freiwillige Helfer waren an diesem Tag zur Karlshöhe gekommen, mindestens 50 an der Zahl, die auf der Suche nach verstecktem Müll im Gebüsch, in den Beeten und auf den Wiesen waren. Auch dises Mal wurden Kronkorken und Zigarettenstummel seperat gesammelt um diese an die bereits im vorherigen Cleanup genannten Initiativen Tobacycle und Blechwech weiterzuleiten. So verteilten sich die freiwilligen Helfer auf die Fläche der Karlshöhe. Entgegen des ersten Eindrucks lag doch noch einiges an Müll auf dem Boden, unter Laub oder im Gebüsch versteckt. Ich fand einige Teile von Böllern, kaputte Glasflaschen, Korken, Kronkorken, Kippen und vieles mehr. Nach etwa 90 Minuten wurden alle Teilnehmer zusammengerufen um ihren Müll in die großen 120 Liter Müllsäcke zu füllen. Ziemlich schnell wurde deutlich, dass trotz der zuvor erledigten Aufräum Aktion der Abfallwirtschaft noch sehr viel Müll versteckt rumgelegen ist. Es war wirklich sehr erstaunlich, was da noch alles gefunden wurde, dazu gehörten mindestens 80 unbeschädigte Glasflaschen, mindestens 30 Holzstäbe von Raketen, Raketenkappen, Böller Teile und sogar ein kompletter Stuhl und eine Spritze waren dabei. Der normale Müll wie Verpackungen und Plastikreste sowie Kronkorken und Zigarettenstummel waren ebenfalls in großen Mengen vorhanden. So kamen wir am Ende auf etwa 400 Liter Müll. Mit dieser Menge an Müll hatte wohl zuvor niemand gerechnet, aber daran konnte man sehr gut erkennen, dass selbst wenn es auf den ersten Blick sauber aussieht, immer noch massenweise Müll versteckt vorhanden ist. Nachdem der komplette Müll in die großen Müllsäcke umgefüllt war, haben wir das Gruppenfoto mit dem Fernsehturm und der Stadt im Hintergrund und dem gesammelten Müll im Vordergrund gemacht.3

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Vgl. Inspiration/Quelle: https://cleanupnetwork.com/news/cleanup/boellerverbor-silvester-muell-stuttgart-silvestermuell/,

Zugriff am 08.05.2020.

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Unipark Cleanup am 22.02.2020 im Unipark in der Stadtmitte Ablauf des Unipark Cleanups Mein drittes Cleanup fand im Unipark rund um die Universität Stuttgart in der Stadtmitte statt.Diese Mal waren nicht ganz so viele freiwillige Helfer gekommen, trotzdem waren es in etwa 25 an der Zahl. Greifzangen, Handschuhe und Müllbehälter waren im Bollerwagen wie immer bereit für das Cleanup. Dieses Mal waren vor allem zerbrochene Glasflaschen, Kronkorken und Zigarettenstummel am häufigsten zu finden. Die Zigarettenstummel konnten sogar zwei Eimer komplett füllen, die wie immer an TobaCycle gehen, die daraus dann wieder Taschenaschenbecher herstellen. Außerdem haben wir einen ganzen Eimer mit Kronkorken voll bekommen, die an die Initiative Blechwech gehen. Doch auch bei diesem Cleanup waren noch vereinzelte Reste von Silvester zu finden, die bereits all ihre Giftstoffe an die Umwelt abgegeben hatten. Während dieses Cleanups habe ich mit dem freiwilligen Helfer Sven Teufel gesprochen, der bei fast jedem Cleanup dabei ist und auch selbst regelmäßig kleine Cleanups mit seiner Frau macht. Außerdem setzt er sich für Tiere ein und lebt einen veganen Lifestyle mit Vermeidung von Verpackungsmüll. Gespräch/Interview mit Sven Teufel Seit wann sammelst du Müll bzw. wie bist du auf das Thema gekommen? Eigentlich war das ähnlich wei beim Thomas, auf den Reisen ist es mir besonders aufgefallen. In Asien im Urlaub war es sehr extrem mit dem vielen Müll, da habe ich dann morgens angefangen am Strand zu sammeln. Es war dort eigentlich sehr schön, aber im Kontrast dazu sieht man dann den Müll rumliegen und man denkt sich, das kann eigentlich gar nicht sein. Das war eigentlich auch der Auslöser für dises Thema. Wann war das dann? Ich habe das angefangen bevor hier in Stuttgart der Hype um das Thema begonnen hat, also das ging schon vor etwa 8 Jahren los. Was motiviert dich daran Müll zu sammeln? Zum einen, dass die schönen Flecken, die es gibt, dass die dann nicht aussehen wie Sau und mir und meiner Frau geht es auch sehr um die Tiere. Auf einmal pickt da dann eine Taube an dem Plastik rum. Dann geht es natürlich auch um die Kinder wenn die spielen, dann liegen hier Scherben, Spritzen und was man sonst noch so alles in die Richtung findet. Man hofft auch immer, dass man andere Menschen damit aufrüttelt und dass die dann ein Bewusstsein für das Thema entwickeln. Ich habe in meinem Rucksack immer eine Tüte dabei zum Müll sammeln, auch wenn es dann nur mal 3 Sachen sind. Findest du dass es im Vergleich zu anderen Städten in Stuttgart schlimmer ist? Umso größer die Stadt umso schlimmer die Müllverschmutzung glaube ich. Aber dann gibt es wieder Großstädte wie Singapur wo man nicht mal einen Kippenstummel findet. Kennst du in Stuttgart einen Ort, wo extrem viel Müll rumliegt? Also ich finde, dass es auf der Karlshöhe schlimm ist, da haben wir jetzt auch schon 3 Mal ein Cleanup gemacht. Aber ich denke alle Parks sind speziell im Sommer betroffen, wenn die Menschen alle draußen sitzen und Party machen. Hattest du bis jetzt einen besonder beeindruckenden Fund beim Müll sammeln? Ich habe zum Beispiel schon mal einen 50 € Schein gefunden. im Gebüsch gefunden. Ich mache es auch immer so, dass ich das Geld sammel das ich bei meinen Cleanups finde und ich und meine Frau spenden regelmäßig über Facebook und was wir dann finden nehmen wir zusätzlich als Spende dafür her. Ansonsten habe ich z.B. letzte Woche einen Staubsauger im Wald gefunden oder eine Heugabel. Wie sieht für dich ein guter öffentlicher Mülleimer aus? Gut ist, wenn die Öffnung nicht zu groß ist damit nicht jeder seinen Hausmüll entsorgen kann. Wichtig ist, dass es für Kippen nochmal extra etwas gibt, dass die Kippen auch möglichst nicht nass werden, damit die Giftstoffe über das Wasser nicht raus laufen. Schön ist es auch, wenn sie außen für die Pfandflaschen so einen Ring haben. Ansonsten finde ich schon wichtig, dass es viele Mülleimer gibt. Ich habe manchmal das Gefühl, es kann nicht genug geben, weil für manche Menschen ist es schon zu anstrengend wenn sie 20 Meter zu einem Mülleimer laufen müssen 200 — Unipark Cleanup


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lassen sie ihren Müll lieber fallen. Vor allem auf dem Dorf ist es so, dass man ewig weit laufen muss bis der nächste Mülleimer kommt. Da ist dann die Frage, wie lange man den Müll in der Hand hält bis man diesen dann doch fallen lässt. Was hälst du von den Vorwürfen, dass die ehrenamtlichen Müllsammler den Job der Abfallwirtschaft wegnimmt oder dass es im Prinzip das Wegwerfen von Müll unter stützt, weil die Leute sich denken, es wird ja dann sowieso aufgeräumt? Da halte ich nicht viel davon, weil wenn man hier jetzt mal eine Aktion macht und dann 4 Wochen lang nichts und kommt dann aber wieder, dann sieht es hier genauso aus, wenn man dann aber ein ganzes Jahr nichts macht, dann sieht es halt noch schlimmer aus. Wir sammeln das alles unterstützend auf, was die Abfallwirtschaft zeitlich nicht schafft, denn die räumen ja hauptsächlich nur den groben Müll auf. Das Müllsammeln was wir hier betreiben ist ja auch eher Öffentlichkeitsarbeit. Ich habe heute auch schon wieder viele sehr gute Gespräche gehabt, wo irgendjemand fragt, was wir hier machen. Selbst wenn man an die paar Leute herankommt, indem man erklärt, dass durch das achtlose Wegwerfen von Kippen das Grundwasser verunreinigt wird, hat man schon einiges erreicht. Da ist bei den Leuten ja dann auch Verständnis dafür da. Arbeit nehmen wir da niemandem weg, weil es gibt so viel Müll und man hat auch das Gefühl es wird immer mehr. Man muss eher an die Leute ran kommen, dass die bewusster werden. Das ist keine Konkurrenz, sondern eine Unterstützung , eigentlich können sie froh sein, wenn das jemand ehrenamtlich macht. Das ist mit allen Themen so, Flüchtlinge oder sonst etwas, wenn das Ehrenamt nicht wäre, dann würde es ganz anders aussehen. Was hälst du von Geldstrafen für das Wegwerfen von Müll, vor allem von Kippen? Es ist leider nötig, weil manche Menschen bekommt man nicht ohne Strafen. Es gibt glaube ich schon welche die man auch sensibilisieren kann und dann gibt es halt immer noch ein paar Prozent, die es nicht machen oder grad weil es einen Reiz hat. Ich glaube schon, dass man das dann schon irgendwie kontrollieren muss. Klar, man muss das schon auch kontrollieren, aber auch das ist doch eine Chance. Ich sage mal, wenn man 100 € Strafe einkassiert, dann kann man Personal für ein paar Stunden bezahlen. Ich glaube einfach, dass man an manche Menschen leider nicht anders herankommt. Singapur ist ein gutes Beispiel dafür, es muss nicht extrem sein, dass man dann noch Stockhiebe bekommt wenn man etwas auf den Boden wirft, aber über Geld und ich würde es noch kombinieren mit einer Verpflichtung an Cleanups teilzunehmen, also sozusagen Sozialstunden. Denn manche Menschen bekommt man nicht mal über das Geld, die schwimmen im Geld und sagen, dann zahle ich halt die 100 €, wenn sie einmal im Jahr erwischt werden. Diese Kombination mit Geldstrafe und Sozialstunden wäre meiner Meinung nach ganz gut. Wie würdest du ein Pfandsystem für Zigaretten finden? Das könnte auch ein Ansatz sein, ich denke es ist recht umfangreich. Die Kippen kosten 5 oder 6 € und wenn man dann nochmal 5 oder 6 € Pfand drauf rechnet, warum nicht. Also ich glaube allgemein, es gibt nicht nur das Eine, wo man sagt das macht man, und dann wird alles gut, sondern man muss an allen Stellschrauben anlegen und dann kann es was werden. Das mit dem Pfand für Zigaretten könnte dann ein Teil davon sein. Ich weiß nicht wie es umsetzbar ist, aber ich denke schon, dass man da etwas machen kann. Am besten man probiert es mal für eine Weile aus und schaut ob es sich lohnt. Wie kann man die Müllverschmutzung an der Wurzel packen? Das aller wichtigste ist erstmal weniger Müll zu machen, dass die Industrie gefragt ist andere Verpackungen herzustellen. Der Verbraucher ist gefragt, der dann möglichst unverpackt einkauft. Man könnte im Recycling Bereich noch sehr viel mehr machen, da aktuell nur ca. 30 % unseres Mülls recycelt wird und das meiste noch verbrannt wird. Der Müll sollte dort wo er entsteht auch wieder entsorgt und verarbeitet werden, dass man also nicht den Müll ins Ausland verschifft. Die Sensibilisierung macht viel aus, das Bewusstsein schaffen. Vielleicht auch nochmal zu entscheiden, was denn Müll eigentlich ist. Kann man Sachen nicht viel mehr wiederverwerten? Wer entscheidet denn was gut und was schlecht ist? Wo siehst du Stuttgart bzw. die Welt in 10 Jahren bezüglich der Müllverschmutzung? Das ist auch ein großes Fragezeichen, das hat mich auch nochmal angetrieben mehr in Bezug auf die Müllverschmutzung zu machen. Man liest immer 2050 ist mehr Plastik im Ozean wie dort Fische leben. Zum einen wegen der Überfischung und zum anderen aber auch weil der Plastikmüll so stark zunimmt. Das ist so ein Szenario wo ich denke, da darf man gar nicht hinkommen. Wir haben jetzt 30 Jahre Zeit etwas dagegen zu tun so wie mit allen anderen Klimathemen auch, damit es gar nicht erst soweit kommt. Ich hoffe, dass mehr Schwung rein kommt, auch über die Politik, durch Fridays for Future, man kann dazu stehen wie man will, ich finde es super. Ich glaube auch, dieses Bewusstsein und dieser Druck, der dort aufgebaut wird für Wirtschaft und Politik, auch über unser Konsumverhalten. Dass die Bevölkerung schon viel Druck ausüben kann, indem man sagt, das kaufe ich und das kaufe ich nicht. Die Kinder sind das größte Potenzial so in den nächsten 10 Jahren. Dass die dann einfach mit einem ganz anderen Bewusstsein reinkommen in dieses Thema, wenn die es vielleicht gar nicht mehr anders gewohnt sind, dass man den Müll mitnimmt, wenn es die schlechten Verpackungen nicht mehr gibt, wenn die einfach ganz anders aufwachsen. Das ist eine Chance zu sagen, dass es vielleicht in 20 Jahren besser aussieht wie jetzt. Es sind alle Menschen gefragt etwas zu tun. 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Was würdest du an die Menschen appellieren? Dass jeder, dem etwas wichtig ist, auch etwas dafür tun sollte. Dass man viel darüber spricht, auch in der Familie. Dass man frühzeitig anfängt und nicht wartet. Dass man versucht die Leute mit ins Boot zu nehmen, das ist glaube ich das aller wichtigste bei allen Themen, dann ist auch die Chance da, dass sich etwas verändert. Ablauf des Unipark Cleanups Nach etwa 90 Minuten Müll sammeln kamen alle Helfer zusammen und haben wieder ihren gesammelten Müll in die großen 120 Liter Müllsäcke und in die seperaten Behälter für Zigarettenstummel und Kronkorken gefüllt. Zusammengekommen sind am Schluss also ca. 200 Liter Müll sowei zwei komplette Behälter voller Zigarettenstummel und einen kompletten Eimer Kronkorken. Daraufhin gab es wieder das Gruppenfoto mit dem Müll im Vordergrund.4

4

Vgl. Inspiration/Quelle: https://cleanupnetwork.com/news/cleanup/strahlende-sonne-beim-cleanup-im-unipark-stuttgart/,

Zugriff am 08.05.2020.

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Jakobschule Cleanup

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am 03.03.2020 rund um die Jakobschule im Heusteigviertel Ablauf der Projekt Woche an der Jakobschule Durch Simone Rehm von der Initiative Weniger Müll bin ich auf die Müll-UpcyclingKunst Aktion aufmerksam geworden. Dieses Projekt wurde vom Stadtteilhaus Mitte unter der Leitung von Angela Bäumler-Arnold und Jürgen Kull organisiert. Nach einem Telefongespräch mit Angela Bäumler-Arnold haben wir uns für einen Termin mit den Betreuerinnen der Jakobschule verabredet bei dem wir das Projekt gemeinsam geplant haben. Das Projekt sollte in der ersten Märzwoche starten und bis Ende März andauern und mit einer Ausstellung im Rathaus enden. Am 03.03.2020 haben Frau Bäumler-Arnold und ich zwei Tische im Schulgebäude aufgestellt und mit den von Angela Bäumler-Arnold aus Müll hergestellten Kunstwerken belegt. Die Kinder interessierten sich sehr für die gezeigten Kunstwerke und wollten direkt auch welche basteln. Wir erklärten also den interessierten Kindern wie diese Dinge gemacht wurden und aus welchem Müll es entstanden ist. Ich zeigte den Kindern auf meinem Laptop die Fotos meines wöchentlich gesammelten Mülls. Einige der Kinder wollten sofort mit dem Projekt anfangen und standen lange um unsere aufgebauten Tische herum. Außerdem erklärten wir den Kindern, dass wir an diesem Tag auch um die Jakobschule Müll sammeln gehen würden. Nach ca. 1,5 Stunde haben wir dann unsere Sachen wieder eingepackt und sind eine Stunde später Müll sammeln gegangen. Müll sammeln rund um die Jakobschule Jeder der Kinder bekam eine Greifzange und Handschuhe, außerdem teilten wir den gesammelten Müll auf drei große Müllsäcke auf. Einer war für die Zigarettenstummel, einer für den Müll der nicht mehr zu gebrauchen war und natürlich der Müll, der noch für unsere Bastel Aktion nützlich war. Die Kinder waren zu Beginn sehr motiviert und haben jeden gefundenen Müll lautstark gefeiert. Dabei waren vor allem Zigarettenstummel und Kronkorken, aber auch einiges an Verpackungsmüll zu finden. Dann sind wir auf einen Spielplatz in der Nähe der Schule gegangen und ab da ist dann die Motivation von ein paar Kindern abgeflacht, da sie lieber schauckeln wollten. Die meisten Kinder waren aber noch intensiv auf der Suche nach Müll. An diesem Spielplatz gab es auch eine Graffiti Wand, vor der viele Sprühdosenköpfe auf dem Boden lagen. Die haben die Kinder dann aufgesammelt und in den Sack mit den wiederverwertbaren Müll getan. Kurze Zeit später haben wir uns dann wieder auf den Rückweg zur Schule gemacht. Damit waren wir in etwa 45 Minuten rund um die Jakobschule Müll sammeln. In der Schule angekommen haben wir zum Abschluss des ersten Tages der Projektwoche die 3 Müllsäcke jeweils gewiegt. Der Müllsack mit den Zigarettenstummeln hatte am Ende ein Gewicht von 260 Gramm, der Müllsack mit dem Müll, den wir wiederverwenden wollen hatte 900 Gramm und der Müllsack mit dem Müll, den wir nicht mehr brauchen hatte ein Gewicht von 960 Gramm. Mit diesen Daten endete der erste Tag an der Jakobschule. 2. und 3. Tag an der Jakobschule Für den 2. Tag der Projektwoche an der Jakobschule war eine Präsentation von mir für eine Klasse über Müll und meine Müllsammel Aktion angesetzt. Ich hatte eine Power Point Präsentation zum Thema Müll mit Fotos von Müll vorbereitet. Als erstes zeigte ich den Kindern, was es für Folgen hat, wenn man den Müll auf den Boden wirft. Ich zeigte ihnen also Fotos von Tieren, die in Müll gefangen waren und sich daraus von alleine nicht mehr befreien können. Auf diese Fotos reagierten die Kinder sehr mit Entsetzen. Sie fragten oft schreiend, was mit den Tieren hier 204 — Jakobschule Cleanup


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ist und wer so etwas schreckliches macht. Sie fragten was die Tiere haben und wie es dazu gekommen ist. Bei den Fotos mit den Tieren, die sich in den alten Fischenetzen verfangen haben, sagte einer der Schüler: „Ich hasse Fischer“ und wurde wütend. Die Kinder riefen um sich vor Empörung und Entsetzen und diskutierten auch untereinander über die Fotos. Ein Junge sagte: „Die Menschen haben kein Herz.“ Zum Thema Zigarettenstummel sagte eines der Mädchen: „Die Kippen sind eklig.“ Dann habe ich den Kindern ein kleines Quiz gestellt, bei dem sie schätzen sollten wie lange es dauert bis sich der jeweilige Müll in der Natur zersetzt. Das hat allen Kindern sehr Spaß gemacht und jeder hat seine Schätzungen abgegeben. Bei der Plastikflasche, die bis zu 500 Jahre braucht bis sie sich vollständig zersetzt hat, waren die Kinder sehr erstaunt, dass das so lange dauert. Danach habe ich ihnen noch ein paar von meinen gesammelten Müllsäcken und die Fotos von der gestrigen Müllsammel Aktion gezeigt. Am Ende habe ich die Schüler dann noch gefragt was sie gegen die Müllverschmutzung machen können. Darauf gab es einige gute Vorschläge von den Kindern. Am darauffolgenden 3. Tag habe ich dann noch eine ähnliche Präsentation für den sogenannten „Boys Club“ der 3. und 4. Klasse gehalten. Da die Fotos von den im Müll gefangenen Tieren so lautstark kommentiert wurden, habe ich noch einige davon hinzugefügt. Das Quiz zur Zersetzungsdauer von Müll in der Natur habe ich auch noch erweitert, da es so gut angekommen ist. Auf die im Müll gefangenen Tiere kam dann von den Kindern: „Der Arme“, „Was? Wie kann das sein?“ Auch beim Quiz rateten wieder alle Kinder fleißig mit und diskutierten miteinander was für Zeiten für die Zersetzungsdauer richtig sein könnten. Den Kindern machte das Raten auch an diesem Nachmittag sichtich großen Spaß. Zum Schluss gaben die Kinder ihre Vorschläge ab, wie sie Müll vermeiden können und nach 40 Minuten war dann die 2. Präsentation vorbei.

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Müll-UpcyclingKunst Aktion

am 06.03.2020 in der Jakobschule und Fazit der Betreuer Kreatives Werken unter dem Motto: Von der Milchtüte zum blühenden Garten Im Zuge der Müll-Upcycling-Kunst Aktion 5 stand am Freitag das kreative Werken auf dem Plan. Frau Bäumler-Arnold hat die notwendigen Utensilien dafür aus dem Stadtteilhaus mitgebracht. Ziel des Projekts war es den gesammelten Müll wiederzuverwenden und daraus etwas neues Nützliches herzustellen. Heute lag der Fokus auf der Milchtüte bzw. dem Tetrapack Milch, deshalb auch der von Frau Bäumler-Arnold gewählte Titel „Von der Milchtüte zum blühenden Garten.“ Die Kinder sollten also aus dem Tetrapack einen umfunktionierten Blumentopf oder ein Vogelhaus zusammen bauen. Zur Veranschaulichung und Hilfe hatte Frau Bäumler-Arnold ein bereits fertiggestelltes Vogelhaus und ein paar Blumentöpfe mitgebracht. Die Kinder , die einen Blumentopf machen wollten, mussten das bedruckte Papier von der eigentlichen Pappe abziehen, was ein ziemliches Gefriemel war. Für das Vogelhaus, bei dem die Tür auf beiden Seiten bereits heraus geschnitten war, musste das Tetrapack mit den bedruckten Seiten von außen mit weißer Acrylfarbe als Grundierung bemalt werden. Anschließend wurde das grundierte Tetrapack kurz getrocknet und konnte dann von den Kindern mit den gewünschten Farben bemalt werden. Beim Blumentopf konnte man nach dem Abziehen der äußeren Beschichtung ebenfalls mit dem bemalen mit Farben beginnen. Bei vielen Schülern wurde der Blumentopf sehr bunt und vereinzelt haben die Kinder dann auch noch die Farbe als Kleber verwendet um aus Zeitungen ausgeschnittene Blumen darauf zu kleben. Den Kindern machte der Gestaltungsprozess sichtlich Spaß. Nachdem die Farbe vollständig aufgetragen war, wurde der Blumentopf und das Vogelhaus mit dem kleinen Handtrockner von allen Seiten gründlich getrocknet. Beim Blumentopf musste noch das offene Ende nach außen geklappt werden, sodass die silberne Beschichtung der Innenseite nun nach außen zeigen musste. Diese Aufgabe übernahm bei allen Frau Bäumler-Arnold. Der Blumentopf war somit im Prinzip fertig, nun fehlte nur noch der Inhalt. Zuerst haben die Kinder also ein wenig Sand in den Blumentopf geschüttet und darauf dann die kleine Blume mit Erde eingesetzt. Schon war der Blumentopf mit Blume fertig. Bei dem Vogelhaus musste dagegen nur noch ein kleines Loch oberhalb des Bodens gemacht werden, das dann auf der anderen Seite wieder raus kommt, um damit dem Vogel eine Stehmöglichkeit vor dem Vogelhaus zu bieten. Dabei habe ich den Kindern geholfen, da das ein bisschen schwer war. Doch dann war auch das Vogelhaus fertig. Einige der Schüler sind nicht ganz fertig geworden, andere hingegen haben sogar zwei Blumentöpfe gemacht. Am Ende kam eine bunte Vielfalt an Blumentöpfen und Vogelhäusern heraus. Fazit der Betreuer/innen zur Projektwoche Müll-Upcycling-Kunst Aktion Am Montag darauf haben Frau Bäumler-Arnold und ich mich zusammen mit einem Betreuer und einer Betreuerin noch einmal getroffen und die Projektwoche Revue passieren lassen. Der erste Tag mit der Präsentation des Projekts im Schulgebäude mit den zwei Tischen und das

5

Beim Upcycling (englisch up „nach oben“ und recycling „Wiederverwertung“) werden Abfallprodukte oder (scheinbar) nutzlose

Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt. Im Gegensatz zum Downcycling kommt es bei dieser Form des Recyclings zu einer stofflichen Aufwertung. Die Wiederverwertung oder Nachnutzung von bereits vorhandenem Material reduziert die Verwendung von Rohstoffen. (Quelle: Wikipedia), Zugriff am 09.05.2020.

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Müll sammeln am Nachmittag war sehr erfolgreich und ist sehr gut angekommen, auch weil sich dafür sehr viele Kinder interessierten. Eine Betreuerin empfindet es sehr positiv, dass ich da bin bei dem Projekt, weil ich durch meine Jugendlichkeit und dann auch noch als Mann die Kinder sehr anspreche. Ein Betreuer sagt: Bei dem Boys Club am Donnerstag waren die Jungs echt sehr interessiert und die haben dann auch den anderen Kindern, die nicht da waren von der Präsentation erzählt. Die Jungs, die da waren waren interessiert und gerade so dieses mitmachen und selber überlegen, wie lange die Zersetzungsdauer jeweils andauert, das ist für die Kinder genial. Zwei Jungs davon, haben sich auch noch am Tag danach nochmal über das Thema unterhalten, wie schlecht doch rauchen ist, nicht nur für den Körper, sondern auch für die Umwelt. Dass es ja dann doppelt schlecht ist. Ich fande es sehr gut für die Jungs. Da waren ja auch Jungs dabei, die zu Hause nicht unbedingt den Input mit dem Müll aufräumen und nicht liegen lassen von Müll bekommen. Da waren am Mittwoch und am Donnerstag jeweils 2 Kinder, die das zu Hause gar nicht vorgelebt bekommen und dann hier saßen und mitgeraten und überlegt haben. Für uns Betreuer wäre das wahrscheinlich schwieriger, die Kinder zu erreichen, aber dadurch dass du sie ansprichst, weil du einfach jünger bist, kamen die dazu mitzumachen. Frau Bäumler-Arnold hat dann noch gesagt, dass sie sehr glücklich ist, dass wir uns so spontan gefunden haben und gegenseitig bei dem Projekt unterstützen können. Das Upcycling von Müll soll den Kindern vermitteln, dass man den vermeintlichen Müll nicht gleich wegwerfen muss, sondern ihn mit ein bisschen Kreativität zu einer neuen Sache aufwerten kann. Dieses kreative Werken ist auch einfach ein Weg die Kinder auf das Thema aufmerksam zu machen und darum geht es ja bei diesem Projekt. Also nicht unbedingt, dass sie sich künstlerisch verwirklichen müssen, sondern dass sie merken, dass das ein wichtiges Thema ist. Das kreative Werken ist auch sehr positiv angekommen bei den Kindern und dabei konnten sie eben sehen, dass man aus den Dingen, die wir sonst wegwerfen, etwas machen, was ihnen gefällt. Für die Kinder ist dieses kreative Werken sehr wichtig, da sie auch ihre eigenen Dinge, die sie herstellen, wertschätzen.Somit war die Projektwoche besprochen und beendet.

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Dosen auf Mülleimer am 24.11.2019 von der Haltestelle Hauptfriedhof bis zur Haltestelle Daimlerplatz Ablauf des Projekts Dosen auf Mülleimer Ein großes Problem von Mülleimern an SSB Haltestellen sind die fehlenden Aschenbecher und das obwohl die meisten Menschen beim Warten auf die Stadtbahn noch eine Zigarette rauchen. Das Ergebnis ist eindeutig, die Kippenstummel liegen massenweise auf dem flachen Deckel des Mülleimers an der Haltestelle und werden beim nächsten Windstoß auf den Boden geweht oder sind eben bereits auf den Boden und auf das Gleisbett geworfen worden. Das verunreinigt Unmengen an Grundwasser. Ich wollte dem entgegenwirken indem ich Dosen mit Sprüchen auf die Mülleimer stelle, wo normalerweise die Kippen liegen. Die Idee gab es bereits und wurde vor allem für die Bushaltestellen in Stuttgart meist mit einem Glas, welches an einer Schnur befestigt wurde, genutzt. Ich schnappte mir also 5 leere Dosen, nahm das Papieretikett ab und klebte dafür jeweils einen Spruch in einer Sprechblase darauf. Zu den Sprüchen gehörten: Haste mal ne Kippe für mich?, Hast du eine Kippe für mich?, Füll mich mit Zigarettenstummeln. Kippenlager 24 Stunden geöffnet und Her mit der Kippe. Orte und Zeitpunkt des Aufstellens der Dosen Alle Dosen habe ich am gleichen Tag hintereinander aufgestellt. Die erste Dose stellte ich um 12.10 Uhr an der Haltestelle Hauptfriedhof auf. Die zweite Dose um 12.19 Uhr an der Oberen Ziegelei, die dritte Dose um 12.31 Uhr an der Gnesener Straße, die vierte Dose um 12.42 Uhr am Kursaal und die fünfte Dose um 12.53 Uhr am Daimlerplatz. In der Zwischenzeit sammelte ich vom Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt aus 30 Minuten lang Zigarettenstummel. Dann habe ich beim Zurückgehen die beobachtet, ob die Dosen nach ca. einer Stunde noch da stehen, wo ich sie aufgestellt habe. Die Dose am Kursaal, an der Gnesener Straße, an der Oberen Ziegelei und am Hauptbahnhof standen noch. Am nächsten Tag in der Früh auf dem Weg zur Kunstakademie standen die Dosen an den Haltestellen Hauptfriedhof, Obere Ziegelei, Kursaal und Daimlerplatz noch genauso da. Die Dose an der Gnesener Straße war allerdings nicht mehr da und es wurden bereits wieder viele Zigarettenstummel auf den Mülleimerdeckel gelegt. Auch am Abend diesen Tages blieb alles so wie in der Früh. Was man aber auch erkennen konnte, war die Tatsache, dass die Leute die Dosen als Aschenbecher verwendeten. Einige der Dosen waren mit einigen Zigarettenstummeln gefüllt. Es lagen zwar noch immer Kippen auf dem Boden um den Mülleimer, aber deutlich weniger im Vergleich zu davor ohne Dosen. Am darauffolgenden Tag, also am 26.11.2019 um 11.30 Uhr waren die Dosen an der Oberen Ziegelei, am Kursaal und am Daimlerplatz nicht mehr da. Nur noch die Dose an der Haltestelle Hauptfriedhof stand noch auf dem SSB Mülleimerdeckel. Diese Dose stand auch noch 2 Tage darauf an ihrer Stelle. Erst am 5. Tag, also am 29.11.2019 war die Dose verschwunden, höchstwahrscheinlich wurde sie von Arbeitern der Abfallwirtschaft mitgenommen, da die Mülleimer geleert waren. Fazit der Aktion Die Leute akzeptieren die Dosen als Aschenbecher überwiegend, denn man sieht ja auch schon daran, dass die Kippen davor auf den Mülleimerdeckel gelegt wurden, dass die Leute ihren Zigarettenstummel bewusst richtig entsorgen wollen. Die Dosen wurden zwar relativ schnell auch wieder entfernt, was aber auch daran liegen kann, dass Leute es als Müll ansehen oder sich denken, lieber die Dose in den Mülleimer zu werfen bevor jemand anderes die Dose mit den Kippen irgendwo hin wirft und damit dann erst Recht nicht geholfen ist. Das große Problem ist nur, dass es eben keine Möglichkeit von der SSB dafür gibt und dann landen die meisten Kippen früher oder später eben auf dem Boden. Die SSB zieht sich einfach nur aus der Verantwortung indem sie sagt, dass man an Haltestellen nicht rauchen darf, also brauchen sie auch keine Aschenbecher aufzustellen.

214 — Dosen auf Mülleimer


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Aufkleber auf Mülleimer

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Aufmerksamkeit für Aschenbecher an Mülleimer Prozess und Idee des Aufklebers Es gibt dieses eine Mülleimermodell in Stuttgart, welches sehr weit verbreitet ist, aber einen weniger guten bzw. vor allem wenig auffallenden, kleinen Aschenbecher hat. Der Mülleimer hat zwar den Vorteil, dass er einen Deckel mit einer kleinen Mülleimeröffnung und einen integrierten Aschenbecher hat. Doch das Problem liegt darin, dass dieser Aschenbecher extrem unauffällig ist. Lediglich ein Loch mit einem Durchmesser von ca. 3,5 cm auf der Vorderseite des Mülleimers könnte auf einen Aschenbecher hinweisen. An manchen dieser Mülleimer ist unter dem kleinen Loch eine rauchende Zigarette als Symbol angebracht, was den Aschenbecher auffälliger machen soll. Allerdings ist auch dieses angebrachte Symbol in den gleichen schlichten silber/grau Tönen gehalten wie der Mülleimer selbst und bringt daher nicht wirklch viel. Dieses Problem wollte ich mit einer unterstützenden Lösung lösen, indem ich einen Aufkleber gestaltet habe, der das Loch des Aschenbechers als Mittelpunkt beinhaltet und gleichzeitig auffällig ist. Also habe ich mir überlegt eine rote Kreiskontur als Mittelpunkt zu nehmen und diese dann mit roten Pfeilen, die auf das Loch gerichtet sind, zu unterstützen. Heraus kamen also jeweils links und rechts 3 Pfeile, die an ihrem Ende jeweils zu einer rauchenden Zigarette übergehen. Da mir das Symbol als solches aber nicht reichte um die Anweisung zu erklären, habe ich noch unter das Motiv einen einfachen in schwarz gehaltenen Schriftzug mit „Zigaretten“ hinzugefügt. Der Aufkleber ist quadratisch und hat eine Seitenlänge von 14,5 cm. Durch seine Größe und seinen weißen Hintergrund unterscheidet sich der Aufkleber stark vom Farbton des silber/grauen Mülleimers und ist schon aus weiter Entfernung zu sehen. Durch diesen Aufkleber erhoffe ich mir, dass die Menschen den in diesem Mülleimer integrierten Aschenbecher besser sehen können und damit ihre Kippen richtig entsorgen.

216 — Aufkleber auf Mülleimer


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Meine Müllsammel Aktionen

01.11.

04.11.

10.11.

24.11.

01.12 .

.12 . 08.12 . 15

22 .12 .

.05. 25.04. 02 4. 17.04. .04. 10.0 04 3. .0 20.03. 28 2. 09.03. .02. 28.0 15.02. 21 2. .0 07 1. 02 .02. .01. 25.0 11.01. 18

Gesammelter Müll pro Woche [in Gramm] auf der linken Skala in gelb und Dauer des Müllsammelns [in Minuten] auf der rechten Skala in rot

220 — 227


ab Seite 220

35 Liter Müllbeutel Sammlung ab Seite 224

Gewicht Sammlung ab Seite 226

Dauer in Minuten Sammlung

Sensibilisierungseffekt beim Müll sammeln Als einer der ersten Ideen, die mir bei diesem Projekt in den Sinn gekommen sind, waren Müllsammel Aktionen, die ich in einem bestimmten regelmäßigen Zeitraum machen wollte. Gestartet habe ich das dann am 01.11.2019 sozusagen vor meiner Haustür im Stadtteil Sommerrain. Zunächst hatte ich mir vorgenommen mindestens einmal die Woche Müll sammeln zu gehen, also auch mal öfter in einer Woche. Das habe ich dann in der ersten Woche auch noch gemacht. Allerdings habe ich dann schnell festgestellt, dass dies im Prinzip nicht viel bringt, denn an den Stellen, an denen ich Müll gesammelt habe, sah es am nächsten Tag fast genauso schlimm aus wie vor meiner Müllsammel Aktion. Auch da ich mich mehr mit dem Thema beschäftigt habe, wurde mir bewusst, dass ich alleine nicht wirklich viel mit meinen Müllsammel Aktionen an Müll aufheben kann, außer dass vielleicht für ein oder zwei Tage die jeweilige Strecke etwas schöner aussieht bzw. weniger Müll rumliegt. Damit will ich aber definitiv nicht sagen, dass Müll sammeln nichts bringt, denn jeder einzelne noch so kleine Müll ist schädlich für die Natur, die Tiere und im Endeffekt auch für den Menschen. Das Problem ist aber, dass sich dieser Müll da innerhalb kürzester Zeit extrem schnell ausbreitet, so schnell dass ich als Einzelner nie hinterher kommen würde und es auch noch andere wichtige Dinge im Leben gibt mit denen man sich beschäftigen sollte. Das wirklich wichtige aber bei diesen Müllsammel Aktionen bzw. Cleanups bzw. das Müll sammeln im Einzelnen ist der Sensibilisierungseffekt den man dabei ausübt. Denn wenn ein Anderer sieht wie ich da den Müll sammel und aufhebe, dann macht sich dieser Mensch im Normalfall Gedanken darüber.Was macht denn der da? Was bringt denn das? usw. und vielleicht beschäftigt sich dann dadurch auch diese Person mehr mit dem Thema und findet heraus dass das sehr wohl einen Sinn hat. Ich kann also nicht den ganzen Müll aufräumen den hunderte Menschen jeden Tag machen, aber ich kann sie durch das Müll aufheben auf das Thema bzw. Problem aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen. Am besten wäre es natürlich wenn man dadurch die Menschen auch zum Umdenken bringen würde, dass sie ihren Müll in Zukunft dadurch nicht mehr achtlos auf den Boden werfen und auch erkennen, dass auf dem Boden Müll liegt, denn vielen Menschen fällt der Müll schon gar nicht mehr auf. Genau das ist der wichtige Teil den man mit dem Müll sammeln erreichen kann. Meine Müllsammel Aktionen ersteckten sich somit über einen Zeitraum vom 01.11.2019 bis zum 02.05.2020. In Zahlen waren es 24 persönlich, von mir veranstaltete kleine Cleanups und 5 große Cleanups zusammen mit anderen Teilnehmern. Ablauf der Müllsammel Aktionen Und so habe ich mich dann Woche für Woche bei Wind und Wetter einmal zum Müll sammeln aufgemacht. Das lief dann immer so ab, dass ich meinen 35 Liter Müllbeutel dabei hatte sowie Handschuhe und eine Kofferwaage. An einem Ort habe ich dann einfach angefangen und die Zeit gestoppt wie lange ich für diesen 35 Liter Müllsack brauche bis er gefüllt war. Meistens war es so , dass ich auf der Tour eine Stelle gefunden habe an der geballt viel Müll lag, wodurch ich den Müllbeutel relativ schnell voll bekommen habe. Passanten haben mich oft komisch angeschaut, angesprochen wurde ich nur 5 Mal. Sobald mein 35 Liter Müllbeutel voll war, habe ich ihn von allen genau Seiten fotografiert und dann mit der Kofferwaage gewiegt.

Anschließend habe ich nach öffentlichen Mülleimern Ausschau gehalten, um den gesammelten Müll auf diese zu verteilen. Diese Methode zur Entsor gung habe ich gewählt, weil es mir die Mitarbeiterin der Abfallwirtschaft so empfohlen hat. Man könnte zwar eine Gelbe Karte an die Stadt schicken und den Müll abholen lassen, allerdings würde das mindestens einen Tag dauern und mir war es daher lieber den Müll immer gleich in den Mülleimern zu entsorgen. Nachdem ich den kompletten Inhalt des Müllbeutels also in den öffentlichen Mülleimern entsorgt hatte, habe ich den Müllsack je nach Zustand wieder nach Hause genommen um ihn beim nächsten Mal wieder zu verwenden oder wenn er schon löchrig war habe ich ihn auch in einem Mülleimer entsorgt. Diesen Ablauf des Müllsammelns habe ich jede Woche abgehalten. Passanten Gespräche Dabei handelte es sich einmal kurz nach Silvester um ein kleines Mädchen, das zu mir gesagt hat, dass sie mit ihren Eltern im Bad Cannstatter Kurpark auch Müll gesammelt hat nach Silvester und da ganz viel Müll rumgelegen ist. Aber es war ihrer Meinung nach nicht so viel wie im Jahr davor. An einem anderen Tag ist mir ein Mann entgegengekommen, der kurz vor mir Müll aufgehoben hat und ihn dann mit den Worten, „das mache ich auch immer wieder“ in meinen Müllbeutel geworfen hat. An einem anderen Tag hat mich ein älteres Ehepaar angesprochen und gesagt, den Leuten, die ihren Müll wegwerfen, sollte man jedes Mal einen Schlag auf die Hand geben, wenn sie den Müll auf den Boden werfen, vielleicht würden sie es dann verstehen dass man das nicht macht. Ein Mann hat sich bei einer Mülsammel Tour bedankt, für das Aufheben von Müll und an einem anderen Tag habe ich einen etwas jüngeren Mann getroffen, der ebenfalls Müll gesammelt hat. Der hat dann erzählt, dass er immer wieder mal Müll sammeln geht zur Entspannung sozusagen. Persönliches Ergebnis der Aktionen Was ich aber auch festgestellt habe ist die Tatsache, dass das Müll sammeln schon auch etwas sehr entspannendes sein kann, im Prinzip wie ein Spaziergang bei dem man sich auf eine Sache konzentriert und sich dabei ein paar Mal bücken muss. Außerdem ist mir aufgefallen, dass ich vor allem vor Beginn der Aktion und zu Beginn den Müll in der Umgebung auch kaum wahrgenommen habe, vor allem die Menge des Mülls. Ich hatte also die von Thomas Venugopal beschriebene Müllblindheit, die die meisten Menschen ebenfalls haben. Erst mit der Zeit habe ich quasi einen Filter entwickelt, wodurch der Müll übertrieben gesagt in mein Auge gestochen ist. Mittlerweile kann ich gar nicht mehr weg schauen wenn ich Müll sehe, ich habe auch eine Art Reflex entwickelt, wodurch ich fast schon gezwungen bin den Müll aufzuheben den ich sehe, vorausgesetzt ich habe dabei Handschuhe an. Auch wenn sich das jetzt ein bisschen übertrieben anhört, aber Sie können es ja selber mal eine Zeit lang probieren. Ähnliche Empfindungen werden auch Sie haben. Fakt ist nämlich, dass Sie den Müll dann nicht so schnell ignorieren können. Außerdem ist mir dabei auf-gefallen, dass meine Motivation zum Müll sammeln mit der Zeit nach und nach etwas nachgelassen hat. Allerdings habe ich diese Aktion bis zum Schluss durchgezogen, vor allem weil ich wissen wollte wie viel Müll zusammen kommt, wenn man „nur“ einmal die Woche für im Durchschnitt 1 Stunde Müll sammeln geht. Das Ergebnis wird in den folgenden Seiten deutlich.




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224 –

01 — 01.11.2019

02 — 04.11.2019

03 — 10.11.2019

04 — 24.11.2019

05 — 01.12.2019

06 — 08.12.2019

07 — 15.12.2019

08 — 22.12.2019

09 — 11.01.2020

10 — 18.01.2020

11 — 25.01.2020

12 — 02.02.2020

222 — 35 Liter Müllbeutel Sammlung


– 225

226 – 227

13 — 07.02.2020

14 — 15.02.2020

15 — 21.02.2020

16 — 28.02.2020

17 — 09.03.2020

18 — 20.03.2020

19 — 28.03.2020

20 — 04.04.2020

21 — 10.04.2020

22 — 17.04.2020

23 — 25.04.2020

24 — 02.05.2020 Über einen Zeitraum von 24 Wochen 35 Liter Müllbeutel Sammlung — 223


222 – 223

224 –

01 — 2880 g *

02 — 2840 g *

03 — 2850 g *

04 — 2820 g *

05 — 2860 g *

06 — 3520 g

07 — 3700 g

08 — 5160 g

09 — 2560 g

10 — 4390 g

11 — 5410 g

12 — 3080 g

* hierbei handelt es sich um ein nachgestelltes Fotos 224 — Gewicht Sammlung


– 225

226 – 227

13 — 3130 g

14 — 4680 g

15 — 1630 g

16 — 2700 g

17 — 2020 g

18 — 1630 g

19 — 2130 g

20 — 1710 g

21 — 2880 g

22 — 920 g

23 — 1730 g

24 — 1310 g 68,5 kg Müll gesammelt Gewicht Sammlung — 225


222 – 223

224 –

01 — 60 min

02 — 42 min

03 — 68 min

04 — 90 min

05 — 65 min

06 — 35 min

07 — 45 min

08 — 60 min

09 — 43 min

10 — 67 min

11 — 45 min

12 — 70 min

226 — Dauer in Minuten Sammlung


– 225

226 – 227

13 — 50 min

14 — 75 min

15 — 45 min

16 — 40 min

17 — 50 min

18 — 50 min

19 — 25 min

20 — 40 min

21 — 65 min

22 — 70 min

23 — 80 min

24 — 35 min

1315 Minuten = 21,92 Stunden mit Müll sammeln beschäftigt gewesen Dauer in Minuten Sammlung — 227


Schlussbemerkung Auch wenn das Thema Müll sehr häufig belächelt, nicht ernst genommen und tot geschwiegen wird, sollte man sich wirklich mal intensiv und mit einer gewissen Ernsthaftigkeit mit dem Thema aueinandersetzen. Denn Müll betrifft uns alle und ist auch für uns alle ein Problem. In Zukunft wird uns das Thema Müll noch viel präsenter als Problem in Erscheinung treten. Sowohl von den optischen als auch von den gesundheitlichen Folgen her. Das wichtigste dabei ist, den Müll gar nicht erst zu produzieren. Wenn es aber doch soweit kommt, kann Müll sammeln auch dieses Problem zumindest zeitweise reduzieren und so der Umwelt etwas gutes tun. Natürlich könnte man aber auch schon nach kürzester Zeit auhören mit dem Müll sammeln, weil man einfach verrückt wird, wenn einen Tag später an der gleichen Stelle, der Müll wieder auf dem Boden liegt, aber genau da muss man weiter machen und darf nicht aufgeben und wenn es noch so sinnlos und aussichtslos erscheint. Es hilft den Tieren und der Natur. Was ich durch meine Müllsammel Aktionen an Erfahrung und Wissen gesammelt habe ist, dass Müll häufig geballt in der Nähe von Parkbänken liegt, dort wo die Menschen sich länger aufhalten und dann aus Faulheit und Ignoranz ihren Müll liegen lassen. Müll sammelt sich aber auch an den Bäumen mit ihren kleinen Vertiefungen im Boden auf den Gehwegen an. Dort schaut es oft aus als wäre dieser Bereich mit einem richtigen Mülleimer verwechselt worden. Das kann allerdings auch daran liegen dass diese Vertiefungen ein Windschutz bzw. ein Sammelbecken für Müll durch den Wind ist, denn wenn der Müll einmal in diese Vertiefung geweht wurde, kommt er da auch nicht mehr so schnell raus. Auffällig war aber auch, dass an Haltestellen aller Art, ob Stadtbahn oder Bus etc. Zigarettenstummel wie Sand am Meer auf dem Boden verteilt liegen. Oft auch einfach auf dem Gleisbett. Sobald die Menschen warten müssen, wird schnell noch eine Zigarette geraucht und schon landet diese in den aller meisten Fällen auf dem Boden und verschmutzt so unser Grundwasser. Müll Hotspots sind meiner Erfahrung nach auch die großen Straßen, wo viele Autos fahren, besonders auch neben parkenden Autos an Straßen, wo der Müll aus dem Auto kurzerhand am Straßenrand entsorgt wird. Aber auch die große Einkaufsstraße, Königstraße ist logischerweise immer besonders stark vom Müll betroffen, da sich dort auch viele Leute aufhalten. Dann sind besonders die Wochenenden von den Party-Litterern betroffen, wo dann die Stadtreinigung am nächsten morgen alles sauber machen muss und das Woche für Woche. Es geht mir in diesem Buch auch hauptsächlich darum den Fokus auf den kleinen einzelnen Müll zu legen, denn genau damit fängt die ganze Kette an. Deshalb sieht man hier in dem Buch auch nur wenige Müllmassen auf einem Fleck, denn die gibt es in Stuttgart definitiv, so wie in jeder anderen Großstadt eben auch. Die Müllmassen fangen im Kleinen an und arten dann immer weiter aus. Auch wenn es sich jetzt übertrieben und spießig anhört, aber jeder noch so kleine Müll ist einer zu viel. Und damit sollte sich jeder Einzelne angesprochen fühlen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, damit wir das große Ziel der Müllreduzierung bzw. im Idealfall natürlich das „Zero Waste“ erreichen können. Eine etablierte Kreislaufwirtschaft, in der es keinen Abfall gibt und alles wiederverwendet wird, wie es auch das „Cradle to Cradle“ System vorsieht, ist das ganz große Ziel am Ende des Horizonts. Denn wenn man es angehen will, sollte man es auch richtig machen. Dazu gehört auch das Zusammenspiel von vielen verschiedenen Faktoren, es bringt nämlich nichts, wenn man nur an einer kleinen Stellschraube dreht, sondern man muss ganz klar das große Ganze betrachten und an allen notwendigen Stellschrauben drehen. Bis dahin ist es aber noch ein langer steiniger Weg mit etlichen Hindernissen, die wir bewältigen müssen. Angefangen bei der Verpackungsindustrie, die so schnell wie möglich alternative Verpackungen auf den Markt bringen muss, damit der „Wasserhahn“ der alles ins Rollen bringt bereits gestoppt wird. 50 % der bereits bestehenden Verpackungen könnten ja theoretisch schon jetzt verhindert werden, aber da fehlt es auch in der Politik an Verständnis und Selbstbewusstsein. Ein Kreislauf muss entstehen, indem Abfall nicht mehr vorhanden ist. Das wichtigste ist das ursprünlgiche Problem zu lösen und das ist hier eindeutig die Produktion von Verpackung und weiteren Dingen, die zu Müll werden. Alle anderen Maßnahmen sind wichtig, werden aber das eigentliche Problem nicht lösen können. Fangt zuallererst bei euch selbst an und gebt das gewonnene Wissen bzw. die Erfahrung dann an eure Mitmenschen weiter. Schaut zuerst auf euch selbst, was kann ich machen, damit ich möglichst wenig Müll produziere? Was kann ich noch verwenden und brauche es nicht gleich wegschmeißen? Was kann ich wiederverwerten? Was kann ich einfach wieder reparieren? Was kann ich genauso gut auch gebraucht kaufen? Brauche ich das wirklich, was ich da gerade einkaufe oder liegt es dann einfach nur irgendwo herum? Oder gibt es dafür eine nachhaltige Alternative? Kann ich nicht auch mit weniger zufrieden sein? All diese Fragen sollte jeder einzelne sich selbst stellen und dann daran arbeiten. Wenn du dann das Gefühl hast, dass du genug für die Müllreduzierung machst, dann gib deine Erfahrungen und Tipps an deine Bekannten und Freunde weiter. Vielleicht öffnet das Buch dem ein oder anderen Leser die Augen zu diesem Thema, sodass er/sie zumindest mal darüber nachdenkt und sich seine/ ihre eigenen Gedanken auf seine/ihre Person bezogen macht.


Impressum Ein Buchprojekt entstanden im 3./4. Semester Kommunikationsdesign in der Klasse Gerwin Schmidt an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart. Betreuung: Prof. Gerwin Schmidt Vielen Dank an alle die mich bei diesem Projekt unterstützt haben. Danke an: Gerwin Schmidt für die Betreuung Ulrike Myrzik für die Beratung bei den Fotos. alle Interviewpartner für ihre Offenheit und die interessanten Gespräche, dazu gehören: die Passanten Stuttgarts Martin Dolde Constanze Stefan Keifer Ulla Allgaier und Andreas Gunter Schmidt und Ellena Krämer Inga Ritter Chiara Bastian Lauer Simone Rehm Jens-Peter Wedlich Sven Teufel Thomas Venugopal Spezieller Dank auch noch an das Cleanup Network Team für die tollen Cleanups Fred Feuerbacher und die Werbeagentur Werbung etc. das Restmüllheizkraftwerk Stuttgart-Münster das Stadtteilhaus Mitte Angela Bäumler-Arnold und Jürgen Kull die Jakobschule FTGRF Fotodesign für einige Fotos an Annett Bader, Hubert Bader und Stephan Bader

Konzeption, Redaktion & Gestaltung: Markus Bader Fotografien und Inhalte:Wenn nicht anders gekennzeichnet Markus Bader Schrift: RooneySans, Meta Pro, Acumin Pro Herstellung: Papier: Auflage: 5 ©2020 Markus Bader – All rights reserved.






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