Demolierung – Stuttgart zwischen Erhalt und Abriss

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– Stuttgart zwischen Erhalt und Abriss Ein Projekt von Sophie Döll

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Demolierung – Stuttgart zwischen Erhalt und Abriss

Ein Projekt von Sophie DĂśll



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Inhaltsverzeichnis Einleitung Gespräche   mit dem Pfarrer der Brenzkirche Karl-Eugen Fischer    mit dem Architekten und Stadtplaner Michael Schröder    mit dem Stadterneuerer Martin Holch    mit der Leiterin des Ortskuratoriums Stuttgart der Deutschen Stiftung Denkmalschutz   Gisela Lasartzyk    mit dem Vorsitzenden der Stadtgruppe Stuttgart des Schwäbischen Heimatbunds   Stefan Frey

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Texte   Wohnen an der „Roten Wand“ – Gemeinderat vergibt Grundstücke an   Baugemeinschaften    Abschied von der autogerechten Stadt    Eine fünfzig Jahre alte Sünde

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Fotostrecken    Abriss des Hofmeister Areals   Fassaden

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Illustrationen und Collagen    Collagen Teil 1   5 Wellen    Collagen Teil 2

025 – 036 059 – 060 101 – 106

Bildnachweis Impressum

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Einleitung

Einleitung Wenn man so durch Stuttgart läuft oder fährt, hat man das Gefühl von einer in die nächste Baustelle zu laufen. Kaum eine Stelle von Stuttgarts Innenstadt ist nicht abgesperrt. Baustellenschilder flankieren die Straßen, wie die Bäume einer Allee. Es wird viel abgerissen. Vom Bahnhof bis zur Calwer Passage hin zum Wohnhaus in der Wagenburgstraße. Was danach kommt ist selten ansprechend, scheinbar kaum durchdacht und sieht sich häufig ähnlich. Zumindest meinem Empfinden nach. Wie kann es gelingen denkmalgeschützte Architektur in das Stadtbild zu integrieren und wie wichtig sind solche Gebäude mit Geschichte für die Identität einer Stadt?    Diese Fragen zu beantworten, wenn vielleicht auch nur teilweise, ist das Ziel dieses Buches, welches im Rahmen des Semesterprojekts im 3. und 4. Semester der Klasse Gerwin Schmidt an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart entstanden ist.


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Fotostrecke

·Abriss


Abriss des rund 40.000 Quadratmeter groĂ&#x;en, ehemaligen Hofmeister Areals in Leonberg aus dem Jahr 1995. Bis 2023 soll nun dort ein neuer Bosch-Campus entstehen.


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Gespräche

·Denkmalschutz ·Nationalsozialismus ·Rückbau

Gespräch mit dem Pfarrer der Brenzkirche Karl-Eugen Fischer Alfred Daiber Alfred Daiber wurde am 9. Juni 1886 in Böblingen geboren. Zu Beginn seiner Karriere als Architekt war er freiberuflich in Stuttgart tätig. Darauf war er von 1936 bis 1942 in Hamburg als Baubeamter tätig. Nach 1945 machte er sich erneut selbstständig. Er starb am 27. Juni 1961 in Stuttgart.1    Zu Anfang seiner Karriere baute er noch nach einem traditionellen Stil. Die Arbeitersiedlung Wallmer in Stuttgart, die er in Zusammenarbeit mit Friedrich Mössner plante, zeigt noch die klassischen Satteldächer. Ebenfalls die Raitelsbergsiedlung, deren Planung er 1926 durch einen Wettbewerb gewann, weist noch klassische Formen auf, hat aber auch schon modernere Züge. Die Raitelsbergschule, die er dann etwas später plant, entsteht ganz im modernen Stil. Auch den Wettbewerb zum Bau der Ortskrankenkasse in Stuttgart gewinnt Alfred Daiber. Der Entwurf wird später unter anderem mit dem Bau des Kaufhauses Schocken verglichen.2

Rudolf Lempp Rudolf Lempp wurde am 26. November 1887 in Oberiflingen geboren. Lempp studierte Architektur in Stuttgart unter Paul Bonatz. Später war er unter anderem Leiter des Hochbauamtes in Esslingen und unterrichtete ebenfalls als Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart. Er vertrat einen sehr klassischen und traditionellen Stil. Er starb 7. Januar 1981 in Stuttgart.3    Lempp reichte ebenfalls einen Entwurf für die Ortskrankenkasse ein, wurde jedoch nur Dritter. Im Jahre 1939 bekam er den Auftrag zum Umbau der Brenzkirche. Sein konservativer Baustil passte sehr gut mit den Vorstellungen des NS-Regimes überein.4

Lanzettförmiges Fenster

Die Kirche wurde 1932/33 nach dem Entwurf von Alfred Daiber gebaut im modernen Bauhausstil und dann unter dem NS-Regime umgebaut von Rudolf Lempp und hat dann etwas gelitten darunter.    Ja kann man heute sagen, also damals haben sie es als Gottes Offenbarung gefeiert, aber sie haben es ja eigentlich verschandelt, also die ganze Ästhetik auch die Proportionen und so es stimmt eigentlich nichts mehr. Einfach nur bisschen umgebaut wahrscheinlich, aber es wurde nicht groß darüber nachgedacht.    Es wurde im Grunde genommen nur, also man könnte sagen es war nur eine Fassadenveränderung. Also wie wenn man eine Fassade übergestülpt hätte, mit einem Giebeldach, das war damals irgendwie Deutsch und eben vor allem dieser Ecke. Alles, was irgendwie eckig und rund war und so ein bisschen schräg das hat man eben begradigt und rechtwinklig gemacht kann man sagen. Man hat im Inneren der Kirche, im Kirchenraum und so, das hat die gar nicht interessiert, sondern wichtig waren diese drei Komponenten. Das Satteldach, der Turm eben, das war früher ein ganz freier Dachreiter (zeigt ein Bild der Kirche). Es ist allgemein ein sehr großer Bau für eine Kirche oder?    Ja das ist relativ, wie man es nimmt. Es geht eigentlich. Das ist weil, es damals so geplant war, dass das Gemeindehaus unten sein sollte, also die Gemeindesäle und oben eben der Kirchenraum. Auch schon das war ungewöhnlich. Wobei Daiber eigentlich geplant hatte, oben einen Multifunktionsraum, einen großen Saal zu machen, wo auch Gottesdienste und alles gehalten werden und wo man Versammlungen abhält, Feste feiert, alles machen kann, also ein Gemeindesaal mit der Möglichkeit ihn zu einem Kirchen- oder Gottesdienstraum umzuwandeln und unten sollten verschiedene Wohnungen, Gruppenräume und so weiter sein. Aber das hat man offensichtlich aus irgendeinem Grund nicht gemacht und hat sich dann dafür entschieden unten den Saal, oben den Kirchenraum und das war damals 33 nicht singulär, aber schon relativ fortschrittlich. Das kam erst nach dem Krieg eigentlich, dass man solche Gemeindezentren auch mit dem integrierten Wohntrakt, wo wir jetzt sind, dass ist ja eigentlich schon quasi das Haus für Pfarrer, die Gemeindeangestellten und so. Alles durchdacht. Also Innen wurden dann nicht so viel verändert?    39 nicht, da kam einfach die Ecke hin, das Dach drauf, der Turm. Damit war es das. Die fast noch gravierenderen Veränderungen, dann auch im Innenraum, das waren alles so Verschlimmbesserungen. Das sollte irgendwie noch ein bisschen kirchlicher aussehen und noch ein bisschen sakraler und dann hat man es immer schlimmer gemacht. Also das Schlimmste finde ich diese Fensterchen da (zeigt auf die Fenster an der Ostseite), diese Lanzettfenster. Der Bau hatte ja auf der Ostseite keine Fenster und auf der Westseite ganz viele, das war praktisch durchgängig. Also das Licht spielte eine große Rolle auch in dem Kirchenraum. Nach dem Krieg hat man das dann verändert und hat eben auch links beziehungsweise an der Ostseite Fenster eingesetzt. (Zeigt Foto des Kirchenraums im Originalzustand nach Daiber) Das war jetzt auch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber ich finde man sieht, dass das Licht eben eine große Rolle gespielt hat, das es ein sehr schlichter Raum war, ist es auch heute noch. Und dann hat man eben hier die Fenster (rechts) verkleinert verschmälert, auf ein Drittel jeweils und hat dafür hier gegenüber welche eingesetzt. Gabe es dafür einen Grund oder eine Überlegung?    Ja die Überlegung war einfach, man hat mit Kirche glaube ich einfach mehr diese schmalen hohen Fenster, so diese Lanzettform der Fenster verbunden. Und man wollte einfach, das dass ganze Gebäude nicht mehr so werkstattmäßig aussieht, sondern einfach mehr kirchlicher. Was man schon 33 dann der Kirche immer vorgeworfen hat, sie sieht aus, wie so eine Werkstattgebäude, wie so eine Produktionshalle. Stimmt ja auch. (lacht) Ist auf jeden Fall eine untypische Form für eine Kirche, das stimmt.    Genau, das war es damals, aber so hat man eigentlich alles kaputt gemacht, man hat dann hier noch diesen Bogen reingetan, nach dem Krieg. Auch das passt Hinten und Vorne nicht, ja es passt alles nicht zusammen. Ich finde auch das mit dieser Schrift, das ist vielleicht gut gemeint, aber es ist einfach furchtbar schlecht gemacht. Für mein Empfinden, oder eigentlich das


Empfinden vieler, dass das eigentlich nicht geht. Aber ja, so hat es sich dann immer weiter entwickelt, dann kam ein neuer Taufstein dazu, dann wurde die Decke verändert und es wurde immer mehr versucht eine, was weis ich für eine Atmosphäre herzustellen und hat es immer schlimmer gemacht. Das war typisch Lempp der hat überall seine Bögen gemacht. Er hat übrigens in den Wettbewerb zum Bau der Kirche, hatte er auch eingereicht und wurde aber nicht genommen. Dann war es vielleicht auch eine verspätete Rache.    Vielleicht. Aber es ist schon erstaunlich, dass der Daiber, nachdem sein Gebäude sechs Jahre nach der Einweihung so verändert, da ist nichts bekannt, dass er sich in irgendeiner Weise dazu geäußert oder gewehrt hätte. Er war ja auch in der Partei, wollte auch Karriere machen, wurde in Hamburg Stadtbaumeister. Er war dann schon gar nicht mehr in Stuttgart. Wurde dann vielleicht stumm gehalten.    Ja vielleicht, vielleicht hat er auch wirklich nichts gesagt und vielleicht ist ihm mit der Kirche auch was gelungen, was er vielleicht gar nicht beabsichtigt hatte. Weil er eigentlich ein Bonatz Schüler war und tendierte mehr so zur Richtung der Stuttgarter Architekten, also der Stuttgarter Schule. Also hier sieht man auch ganz schön (zeigt auf Foto), was hier so gerötelt ist, das ist praktisch Veränderung. Und er hat letztendlich auf Grund, er hatte ursprünglich auch andere Pläne, auch einen klassischen Kirchenentwurf. Wirklich auch so mit einem klassischen Kirchturm und konventionellem Äußeren. Aber das wurde dann irgendwie zu teuer, weil der Grund tief ist, oder so ein Auffüllgebiet hier und die Kirche musste auf ganz viele Stelzen gestellt werden und deshalb diese neue Bauart. Das war ja dieses Skelettgerüst aus Stahl, die man da gerade neu in der Weissenhofsiedlung gezeigt hat und das hat er dann gemacht und auch umgesetzt. Vielleicht hat er sich da auch von der Umgebung inspirieren lassen, weil irgendwo musste das ja herkommen.    Ja natürlich, das auch. Das ist eindeutig, weil die Kirche sollte auch Weissenhofkirche heißen, es war ein eindeutiger Bezug zur Weissenhofsiedlung. Und dann gab es 39 ich glaube schon vor dem Krieg Pläne die Weissenhofsiedlung abzureißen vom NS-Deutschland oder damals der gewechselten Stadtverwaltung, plötzlich waren alles Nazis und dann sollte da, wo die Weissenhofsiedlung steht ein großes Wehrmachtsgebäude entstehen. Ein Hauptkommando für die Wehrmachtsgruppe West, weis der Geier. Sollte da gebaut werden. Das heißt die Weissenhofsiedlung stand zur Disposition und als das bekannt wurde, hat natürlich auch die Kirche ein bisschen ihre Anbindung verloren und sozusagen ihre Unterstützung und dann wurde das eben 39 schnell umgebaut so in voreiligem Gehorsam. Da die dann aber so schnell gewonnen haben in Frankreich wurde das Wehrmachtskommando nach Straßburg verlagert worden. Deshalb steht die Weissenhofsiedlung noch heute. Eigentlich komisch, dass sie die haben stehen lassen.    Ja die haben sie einfach dann vergessen, die hatten dann andere Probleme. Die Siedlung war ja dann vollkommen verwahrlost, wenn man das sieht, wie die aussah nach dem Krieg. Also erstens mal sind ja 10 Häuser den Bomben ja zum Opfer gefallen. Erst dann in den 90er Jahren kann man sagen, ist das Bewusstsein erwacht, auch ein bisschen in einer breiteren Bevölkerung, dass da ja was Tolles ist. Und dann hat man das entsprechend restauriert man hat das vorher schon auch restauriert und man hatte dem Haus von Behrens, dem hatte man auch ein Satteldach draufgemacht gehabt in der Nazi Zeit, das haben sie dann wieder runter genommen. Also da war es möglich und hier sagt der Denkmalschutz: „Nö, geht nicht.“ Also 83 kam dann der Denkmalschutz und hat dann gesagt: „Ne, die Kirche steht jetzt unter Denkmalschutz, jetzt darf man nichts mehr verändern.“ Weil es gab immer Bestrebungen. Das mit den Fenstern auf der Ostseite war voll blöd, weil Sonntag morgens, wenn da die Sonne schien hat die da die Leuten geblendet, die im Gottesdienst saßen, dann hat man da irgendwelche Lamellen reingebaut und so. Also es ist alles nicht durchdacht. Das Dach war kaputt im Krieg, man hätte da ja sagen können, ok jetzt ist das Dach kaputt, jetzt machen wir es wieder, wie früher, aber das hat man eben nicht gemacht. Das finde ich ist der Knackpunkt auch, das die nach dem Krieg, wo sie die Chance gehabt hätten, zu sagen ok, wir zeigen jetzt an diesem Gebäude, dass wir wieder an eine liberale oder eine andere demokratische Tradition, eine Moderne anknüpfen wollen, aber soweit war man damals einfach nicht. Man hat sich dann doch wieder zu dem bekannt,was man damals als normal empfunden hat.    Das Konventionelle und manche Leute sagen halt, die Menschen hatten eben andere Sorgen nach dem Krieg und so. Aber man hätte, es war 47, als man das quasi wieder hergestellt hat auch Lempp wieder, der hat dem ganz bewusst seinen Stempel aufgedrückt.

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Gespräche

Hat er sich wahrscheinlich selbst auch nicht eingestanden, dass der vorherige Entwurf doch der Bessere war.    Ja natürlich. Nein, der hat sich ja auch nicht verändert in seiner Gesinnung und so, er war ja einer der auch die Nationalsozialisten unterstützt hat. Es gibt ja auch in der Familie, es ist eine große Familie, auch Theologen gab es da, der Bruder, der war glaube ich Stadtdekan.

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Ja, ich glaube so was hatte ich auch gelesen, weil er eigentlich auch nicht sonderlich begabt war.    Nein, genau. Na ja. Also jetzt haben wir eben diese Kirche hier und wir versuchen jetzt, das doch irgendwie endlich wieder herzustellen. Weil wir finden die Argumentation der Denkmal behörde, die sagt ja: „Man kann Entwicklung, geschichtliche Entwicklung nicht einfach zurückdrehen. Wir wollen die Entwicklung dokumentieren und wollen auch, dass das so bleibt.“ Aber dann muss man natürlich auch fragen, ja warum, warum ist jegliche Entwicklung 1983 abgewürgt, es gibt ja nichts mehr zu entwickeln. Ihr konserviert jetzt quasi einen Zustand, der eindeutig sagen wir mal diese deutsch-nationale Handschrift und das kann man schon auch noch sagen, diese Nachkriegszeit abbildet. Aber es zeigt nichts mehr von dem, was es eigentlich ursprünglich mal gewesen war. Und das ist ja der viel wertvollere Bau gewesen, wenn man so möchte. Das Ursprüngliche war tatsächlich, also für die damalige Zeit, ich würde sagen in Stuttgart sowieso einzigartig, weil es eben so profan, weil es so schlicht, weil es so werkstattmäßig einfach aussah. Eine Gemeinde, die so ein Werkstattgebäude sich als Kirche da hinstellt, die hatte schon auch Mut. Die haben das ja auch lange ausgehalten. Diese ganzen Anfeindungen. Das war ja von Anfang an, gleiches Jahr, als die Nazis an die Macht kamen, kam die NS-Presse und die Fachpresse. Die haben alle gegen die Kirche polemisiert, es sei ein Schandfleck und was weis ich alles. Im Zuge der politischen Umwälzungen, auch in Stuttgart, weil Stuttgart war bis dahin nicht sehr nationalsozialistisch gewesen, hat sich das auch in der Gemeinde gezeigt. So 38/39 hat sich das komplett gewandelt. Der Pfarrer war ein deutscher Christ, also ein Nationalsozialist. Der hat den Juden verboten, also nach arischem Rassegesetz, die Kirche zu


betreten. Das finde ich auch so eine Geschichte, die mich immer noch schockiert letztlich. Es gab hier relativ viele so Ärzte und Leute, wo die Vorfahren Juden waren und die irgendwann man zum Christentum konvertiert sind. Die gehörten hier zur Gemeinde dazu. Und der Pfarrer, der hat dann geguckt und den Leuten gesagt, also jetzt in unsere neue Kirche dürft ihr nicht mehr kommen, seid ihr unerwünscht. Und ein Gemeindemitglied hier von uns, der er das auch gesagt hatte. Ist bei einem Fluchtversuch am Ende vom Krieg denunziert worden und war die letzte Frau, die letzte Person, die in Stuttgart im Hotel Silber ermordet wurde. Von so irgendeinem sadistischen Typen, der nur drei Jahre dann irgendwie gekriegt hat und bis an sein Lebensende friedlich in Vaihingen gelebt hat. Diese Frau die wohnte hier bei uns und deren Tochter, die habe ich halt auch mal so besucht, denn ich wusste das nicht, ich kannte die Geschichte nicht. Und dann hat sie so erzählt und hat immer mehr erzählt und dann hat sie mir diese Geschichte erzählt. Sie meinte dann das hat sie noch nie jemandem erzählt, weil sie wollte eigentlich nicht mehr drüber reden, über diese ganze Sache. Im Zuge dessen wurde dann für die Mutter ein Stolperstein gelegt und da sind Nachbarn gekommen, also frühere Nachbarn und haben mir das erzählt. Sonst hätte ich das auch nicht erfahren. Und das verbinde ich hier mit diesem Bau und das ist für mich auch ein Symbol dessen. Dieses Dogma der Denkmalpflege, man kann es irgendwo auch verstehen, dass man darauf achtet, dass man nicht alles einfach abreißt. Weil an anderer Stelle geschieht es. Das ist eben so verrückt. Den Bahnhof hat man ohne Not abgerissen. Viele Häuser auch hier. Ich glaube auch, wenn wir das Haus abreißen würden und wieder neu aufbauen, dann wäre das egal. Also wir könnten es glaube ich abreißen. Wäre das erlaubt im Rahmen der Denkmalpflege?    Ja. Also ich will meine Hand jetzt nicht dafür ins Feuer legen, aber das habe ich schon gehört. Das wäre viel einfacher, das Ding abzureißen und etwas Neues zu bauen, als umzubauen. Also umbauen geht nicht. Aber wir haben jetzt diesen Verein gegründet und haben jetzt überlegt, wir müssen das auf eine breite Basis stellen, weil es gibt viele Menschen in der Gemeinde, die das auch unterstützen, so eine Rekonstruktion. Die ja im Grunde genommen immer noch für unsere Verhältnisse auch ein fortschrittliches Kirchengebäude sein würde. Auf jeden Fall, das ist es immer noch.    Ja immer noch. Ich hatte jetzt noch einen Punkt, der bezieht sich aber mehr auf Stuttgart oder die Menschen allgemein. Ob es irgendwie ein mangelndes Bewusstsein gibt, für das, was vorherige Generationen geschaffen haben, also allgemein in Stuttgart, weil ja viel abgerissen wird.    Also da kann ich auch nicht mehr sagen, als das, was man auch immer mal wieder lesen kann oder erzählt bekommt. Ich habe es heute erst mit jemanden in einem Gespräch bedacht. Stuttgart ist ja, also die Innenstadt ziemlich weitgehen im Krieg zerstört worden. Aber genauso viel, wenn nicht mehr ist nach dem Krieg von der Stadt abgerissen worden. Ja, das war mehr als im Krieg selbst.    Es ist eigentlich, wenn man es vergleicht mit anderen Städten, hat man schon das Gefühl, dass man hier sehr, wie soll ich sagen. Das man hier wenig Bewusstsein für ein städtebauliches Konzept vorliegt. Also man hat glaube ich immer an die Investoren, die halt am meisten geblecht haben, die Stadt verhökert. Es gibt keine vernünftige Stadtplanung würde ich jetzt mal behaupten. Man versucht das heute, das kriege ich immer wieder mit vom Stadtplanungsamt. Aber zumindest bis vor ein paar Jahren war das noch so, da konnte das Stadtplanungsamt sagen, was es will, wenn da ein Investor kam und sagt: „Ich bau dir da eine große Shoppingmall hin.“ dann ist mir das egal. Das Gerbe und Milaneo, sind da ja die besten Beispiele.    Also so sind diese ganzen Viertel da, diese unsäglichen Dinger entstanden. Ich meine beim Gerber, das geht vielleicht gerade noch, aber das Milaneo ist echt eine Katastrophe. Das ganze Europaviertel an sich finde ich.    Ja und das ist in Stuttgart leider, ich weis es nicht es gibt hier so Namhafte, so viele Architekturbüros, die weltweit tolle Sachen bauen, aber die Stadt hier ist irgendwie so, ich weis auch nicht. Verkauft sich.    Ja, also hat auch da kein Selbstbewusstsein. Und das war mal eine sehr schöne Stadt, wenn man alte Bilder anschaut. Also so Beispiel Kaufhaus Schocken, das ist immer so das Paradebeispiel. Auch die Bevölkerung man hat sich da ja schon auch gewehrt, das ist ja nicht so. Aber es hat nichts geholfen.

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Gespräche

Kronprinzenpalais, ganz viele Sachen. Das neue Schloss nur gerade so und da ist der Denkmalschutz dann doch wieder wichtig, aber da funktioniert es dann irgendwie nicht.    Natürlich, da ist er wichtig. Natürlich. Hier ist es dann umgekehrt.    Ja weil das natürlich, also der Denkmalschutz in der Hinsicht, der bewahrt ja irgendetwas, was irgendwann mal aufgebaut worden ist und einfach der Stadt ein Gesicht gegeben hat. Und das finde ich jetzt hier bei der Kirche, da würde ich sagen gehört der auch dazu. Sie war tatsächlich, das war im Grunde genommen die Kirche für die Weissenhofsiedlung, das war jetzt nicht explizit, weil die nichts mit der Kirche am Hut hatten, aber immerhin. Für die Menschen war das die Kirche, die zur Weissenhofsiedlung gehörte. Und dann kommt so jemand und meint er muss hier irgendwie das Gebäude letztendlich, also ich würde sagen verkitschen. Weil man wollte ja aus diesem modernen Gebäude wieder so einen romantischen Kitsch machen. Was ich immer wieder höre von Vertretern des Denkmalamtes, wenn ihr jetzt wieder zurückbauen wollt, dann ist das ja wie Disneyland. Ihr wollt ja wieder irgendwas aufbauen, was es gar nicht mehr gibt. Aber das gibt es ja alles noch. Es ist alles noch da. Man muss nur das Dach runter nehmen, dann haben wir das Flachdach wieder, das ist alles noch da. Man muss die Ecke wegklopfen, dann habe ich die Rundung wieder. Der Baukörper ist noch vorhanden. Man muss es nur freilegen.    Man muss es freilegen und es geht um eine Befreiung. Es geht um eine Befreiung. Da sind wir jetzt gerade dran, auch mit der IBA, die haben da auch Ideen, wie sie auch die Weissenhofsiedlung entwickeln können. Da hat man ja auch irgendwelche Häuser reingesetzt. Also es ist nicht so einfach mit dem Denkmalschutz.    Es ist kompliziert. Ich weis halt, dass in anderen Ländern, also in anderen Bundesländern, der Denkmalschutz anders argumentiert. Also man hat zum Beispiel die Meisterhäuser in Dessau, die waren ja auch total überformt im dritten Reich und in der DDR. Die wechselten Besitzer und jeder hat irgendwie, irgendwas daran rumgemacht. Ja und die hat man einfach wieder zurückgebaut, weil man gesagt hat nein wir müssen sozusagen dieses Ensemble, müssen wir wieder sichtbar machen. Da wird eine geschichtliche Entwicklung gezeigt. Ich habe doch einen Haufen Nazikirchen. Wir haben hier die Martinskirche in unserem Gebiet. Ein Paradebeispiel nationalsozialistischen Kirchenbaus. Modernem nationalsozialistischem Kirchenbaus, so richtig eine Feste Burg ist unser Gott. Das ist genau so ein Lutherischer Bau mit einem heroischen Lutherbild und da hat man alle Ingredienzien, was man möchte, wenn man darstellen will, wie das dritte Reich gebaut hat. Wieso müssen wir dann hier dieses furchtbare Ding haben? Nein, dass man hier damals so was gebaut hat, das ist interessant. Nicht dieser Kitsch den sie daraus gemacht haben mit Schwarzwaldoptik, wenn man vom Parkplatz her kommt, das ist unglaublich. Kann man da nicht über den Bund irgendwie, gibt es da nicht einen übergeordneten Denkmalschutz?    Ja natürlich, es gibt ja die untere, also wer bei uns vor allem das Sagen hat ist die untere Denkmalbehörde, die kümmert sich letztendlich um solche Dinge. Die sagt ja oder nein leider und das ist vielleicht auch ein bisschen Pech, dass die Frau Pietrus, ich weis nicht, ob Sie die kennen? Die ist in der unteren Denkmalbehörde, die ist eine Lempp Schülerin, also die hat über Lempp promoviert und die findet das alles ganz toll hier. Da gibt es dann natürlich eine Sympathie.    Ja aber das Landesdenkmalamt ist genauso drauf und die Beiden haben sozusagen hier das Sagen. Man könnte jetzt natürlich sagen, wir versuchen das über die Politik, aber das ist ganz schwierig. Also das Problem jetzt irgendwie autoritär zu lösen, oder über die Hierarchie, also über die obere Denkmalbehörde ist glaube ich auch nicht so einfach. Ich hatte, als ich hier angefangen habe, hatte gerade eine neue Leiterin der oberen Denkmalbehörde angefangen. Die wohnte auch hier in der Weißenhofsiedlung eine total nette Frau, die hat mich dann mal besucht und wir haben auch über die Brenzkirche geredet und damals war das eher noch etwas wage alles. Sie hatte aber schon gesagt, sie fände es toll, wenn wir da was hinbekommen. Leider starb die Frau ganz plötzlich und dann die Nachfolger waren dann nicht mehr so freundlich. Also muss man wohl auch Glück haben, vielleicht mal mit dem richtigen Ansprechpartner.    Ja, also wir hoffen jetzt halt, das sich vielleicht auch die Denkmalbehörde ein bisschen bewegt, weil wir gehören zum Projektgebiet „Weissenhof“ von der IBA, der internationalen Bauausstellung 27. Da soll sozusagen ein Gesamtentwurf für diese Gebiet, das also quasi die Weissenhofsiedlung, die ganze Akademie, Augustinum und hier eben die Brenzkirche, die sozusagen zusammen mit der Akademie in gewisser Weise das Tor zu diesem Gebiet bildet. Das soll ein-

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Die Meisterhäuser in Dessau Die Meisterhäuser wurden parallel zum Bauhausgebäude errichtet. Walter Gropius entwarf drei Doppelhaushälften und ein Einzelhaus für den Direktor der Schule. Später nach der Schließung des Bauhauses 1932 wurden die Häuser vermietet.5    Zweieinhalb der drei Doppelhaushälften wurden weitestgehend in Ihren Ursprungszustand zurück versetzt. Das Direktorenhaus, das im Krieg zerstört wurde, wurde ebenfalls wieder aufgebaut. Die Fertigstellung erfolgte 2014.6

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fach ein sagen wir mal ein Gesicht bekommen, das auch der Bedeutung der Corbusier Häuser und der Weissenhofsiedlung auch ein bisschen gerecht wird. Weil so, wie es jetzt präsentiert wird, hat es immer noch so ein verschämtes Dasein. Was sehr schade ist. Es geht etwas unter im allgemeinen Stadtbild.    Ja genau, genau. Hier verirrt sich niemand hin.    Ne ne, verirrt sich niemand hin, das ist es eben. Da ist schon so die Idee, da müssen wir was machen, damit das besser zur Geltung kommt. Wir müssen diesen städtebaulichen, dieses Quartier neu zur Geltung bringen. Es wird ja jetzt hier gebaut. (Zeigt hinter sich aus dem Fester, auf die große Grünfläche, auf der noch die letzten Container, der einstigen Flüchtlingsunterkunft stehen.) Die Rote Wand. Das war auch noch eine Frage, genau. Es gibt Pläne hier gegenüber Wohnungen zu bauen.    Ja da gibt es fünf Mehrfamilienhäuser, so nachhaltiges Bauen, Holzbau, Holzhäuser und so kleinere Art Tiny Houses quasi entlang der Straße so bisschen als Riegel, der auch ein bisschen Lärm und so weiter abhält. Das ist schon interessant. Das Kölner Büro, das den Entwurf geliefert hat, das hier gewonnen hat, die haben die Brenzkirche in ihrer alten Form in den Entwurf gezeichnet. Also die haben da so Zeichnungen, so Ansichten präsentiert und da war eben die Brenzkirche in ihrer Urform. Mit Absicht?    Ja natürlich mit Absicht, ja ja. Also der Professor Cheret von der Universität, der Architekt. Der war der Leiter glaube ich dieses Preisgerichts, der hat das auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das natürlich sozusagen ein Wunsch wäre, dass die Kirche sich in diesen Kontext auch einfügt. Jetzt hat sie so ein bisschen ein Randdasein gehabt und da wäre sie ja jetzt mittendrin. Dann ist hier auch alles wieder ein bisschen belebt, weil sie geht ja schon unter. Ich muss gestehen, dass ich sie noch nie so richtig wahrgenommen habe.    Man nimmt die nicht wahr. Ich bin hier auch lange gefahren mit dem Fahrrad immer hin und her, bis ich irgendwann mal gemerkt habe, dass das ein Kirche ist. Und dann als ich es gemerkt habe, war das irgendwie so what, was ist das denn für eine Kirche?(lacht) Das ist einfach so. Es ist nicht einladend, ich meine jetzt ist es auch noch ein bisschen verwahrlost so. Aber ich habe gesagt, bevor wir nicht wissen, was wir hier machen, machen wir auch nichts. Wir fangen jetzt nicht mal an die zu streichen oder neuen Putz da drauf zu machen. Das ist ja blödsinnig, wenn man vielleicht die Chance hätten, tatsächlich eine größere Umbauaktion hier hinzubekommen. Das ist ja aber gerade das Interessant, dass es nicht so ist, wie eine typische Kirche. Das hat man ja schon so oft gesehen.    Das finde ich auch. Schön etwas anderes zu sehen und das es da auch Möglichkeiten gibt sich zu lösen von dem klassischen Baustil mit Turm und Kirchenschiff, das ist ja eigentlich unterstützenswert.    Ja, wir hoffen, dass wir das hinkriegen und wer hier bauen wird, also sagen wir mal so, ich kapiere das mit den ganzen Zuständigkeiten nicht. Also bauen wird hier, also die Baugesellschaften, die dieses ganze Gebiet hier bebauen, das ist die Archy Nova und die Filderbaugenossenschaft, das sind so zwei Wohnungsgessellschaften. Die jetzt auch die Ausschreibung für die Architekten, die dann wieder hier bauen gemacht haben und so. Die Archy Nova zumindest die ist ein sehr, wie soll ich sagen, die experimentieren auch gerne mit so ökologischen Projekten und die haben ein großes Interesse hier auch an der Brenzkirche. Die könnten sich sogar vorstellen hier zu investieren und aufs Dach irgendwelche Begrünung oder Gewächshäuser für Kräuter, die man dann unten im Restaurant essen kann. Das wäre natürlich schön, wenn es hier mal so ein Konzept gibt, im Vergleich zu allem anderen in Stuttgart, wo man das Gefühl hat, dass einfach nur hingebaut wird und alles sieht gleich aus.    Ja genau, also das wäre zum Beispiel so etwas. Das ist natürlich jetzt noch ein bisschen Zukunftsmusik. Aber wenn wir das schaffen würden, hier ein Flachdach zu bekommen und die Archy Nova sagt, wir bauen euch da Gewächshäuser drauf, auf dieses flache Dach, und da bauen wir Gemüse an. Wir können auch dann sogar aus dieser, was weis ich was, ein Heizungskonzept für die Kirche liefern, das keine Fossilenbrennstoffe benötigt. Dann hätten wir gleichzeitig noch so eine ökologische Komponente und das ist ja das, was eigentlich, um wieder auf die IBA zurück zu kommen, diese IBA Projekte auch ein Stück weit wollen. Dass sie sozusagen diese innovativen Impulse, die es damals bei der Ausstellung für die Weissenhofsiedlung

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Gespräche

gab, dass man die übertragen auf unsere Zeit, dass man da einfach auch ähnlich versucht, was heißt heute eigentlich Innovativ Bauen. Ich denke es gibt gleiche Probleme, zum Beispiel das Wohnungsproblem, günstiger, bezahlbarer Wohnraum, war schon ein leitendes Thema in der Weissenhofsiedlung und heute kommen noch diese ganzen ökologischen Sachen dazu. Das finde ich ist ja im Grunde genommne, als für mich zumindest, ein Uranliegen der Kirche, dass man sozusagen den Umweltschutz und die Ökologie, das lässt sich ja auch gut begründen, ist eigentlich eines unserer zentralen Themen. Bewahrung der Schöpfung, Gerechtigkeit, Frieden, also das sind so die Sachen. Und das soll auch ein Gebäude ausstrahlen. Die Frage bezieht sich jetzt auf Stuttgart allgemein. Was denken Sie, wo geht es hin? Kriegen wir die Kurve noch, dass man nicht immer so bemitleidet wird, wenn man erzählt man lebt in Stuttgart, oder geht es immer mehr bergab?    (lacht) Na ja, ich habe nicht das Gefühl, dass es bergab geht. Stuttgart hat sich schon relativ positiv entwickelt, das war früher noch viel schlimmer. Ich lebe seit fast 30 Jahren hier und am Anfang war das schon noch mal anders. Also, ob sich da städtebaulich was tut, dass kommt jetzt ein bisschen darauf an. Ich habe ein bisschen mehr Hoffnung eigentlich gehabt, nachdem wir einen grünen Bürgermeister haben. Ich glaube von dem sind viele enttäuscht.    Da sind viele enttäuscht, finde ich auch vollkommen zu Recht. Ich eigentlich auch. Obwohl, wenn ich dann Leute höre, die sich anscheinend auskennen, ja der macht schon viel aber der macht das nicht so öffentlich. Aber man muss ja auch was sehen. Man muss auch was erkennen, in welche Richtung es geht. Ich meine diese ganzen Sachen, die wir jetzt haben, wie das Milaneo und das Gerber, diese großen Projekte, die hat alle ja noch Schuster zu verantworten. Ich weis es tatsächlich auch von den Stadtplaner/innen, dass die da wirklich große Probleme haben, sich gegen solche Investorenmodelle hier durchzusetzen. Es ist eben auch so, dass Grundstücke, die dem Land gehören, die verkaufen sie dann so teuer, dass die Stadt da nicht mithalten kann, wenn irgendein Investor kommt und das Grundstück dann kauft. Da kann die Stadt machen, was sie will. Die Geschichte, wie das dann alles wir, wenn das Stuttgart 21 Areal, das ist ja auch so eine ganz komische Sache, wo man sagen könnte, na ja gut, da entsteht ein neuer Stadtteil, nehmen wir es mal hin, dass sie da ein kleines Bahnhöfchen hinbauen für einen Haufen Geld. Wie das dann sein wird, da habe ich auch große Zweifel, ob dieser Beteiligungsprozess, es gibt ja jetzt immer Veranstaltungen, wo man sich beteiligen kann, aber sie wissen ja noch nicht mal, ob sie die Schienen überhaupt wegkriegen dort. Vielleicht braucht man ja den oberen Bahnhof noch, weil der untere hinten und vorne nicht reicht. Man hat so das Gefühl, dass alles nicht so wirklich durchdacht ist.    Ja genau, es ist nicht mutig. Aber anderer Seits muss ich sagen, es hat sich schon ein bisschen was getan in der Stadt. Sie ist viel belebter. Wenn ich so an den Stuttgarter Süden denke, da hat sich wirklich was getan. Die Tübinger Straße, das ganze Lehenviertel oder am Marienplatz, es gibt hier schon auch belebtere Ecken. Es sind halt gerade die, die alt sind, gibt es da irgendwie eine Sehnsucht?    Die Leute suchen sich da so ihre Sachen. Wie das da im Europaviertel werden soll, dass kann ich mir irgendwie gerade auch noch nicht so richtig vorstellen. Ich kriege es jetzt halt mit, wir haben ja jetzt hier die Killesberghöhe, das war auch sehr umstritten. War auch so ein Schuster Projekt, da haben der Schuster und der Investor ein bisschen zusammen gegessen und dann waren alle Beteiligungsveranstaltungen nichts mehr wert, die haben dann gebaut. Das hat die Leute hier natürlich auch auf die Palme gebracht. Das war jetzt hier ein bisschen anders. (Zeigt aus dem Fenster auf die freie Fläche, wo die Siedlung „Die Rote Wand“ entstehen soll.) Hier gab es auch so Beteiligungsveranstaltungen und Forderungen der Bürger und manche wurden auch umgesetzt. Der Fürst, der schon die Killesbergerhöhe gebaut hat, der wollte hier eigentlich auch bauen. Die Fläche hier, das sollte auch so ein großes Shopping und eigentlich Modezentrum werden. Für so Modelables und so Sachen, also ein riesen Teil. Also der hatte dann damals gesagt, ich habe auch Pläne für hier. Ich könnte euch hier sozusagen die Rote Wand schön bebauen, ihr dürft das allerdings dann nicht mehr ausschreiben. Dann hat die Stadt aber gesagt: „Ne wir machen einen ganz normalen Wettbewerb, wir schreiben das aus.“ Darauf hat der Fürst sein Angebot dann wieder zurückgezogen. Das wäre vielleicht unter Schuster anders gelaufen. Also da kann man das vielleicht schon sehen. Was das Problem dann hier trotzdem ist, dass wenn ich hier eine Wohnung in einer Baugemeinschaft kaufen will, zahle ich für den Quadratmeter 7.500 Euro. Und wer kann sich das leisten.

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Also bleibt der Killesberg nur für eine bestimmte Gruppe erreichbar.    Na ja, die Baugemeinschaften, also die beiden Häuser oder die drei Häuser, die von der Archy Nova und von der Filderbau dann gebaut werden, die haben so eine Sozialauflage. Da braucht man einen Wohnberechtigungsschein und die gehen glaube ich, wenn ich das richtig verstanden habe, für die Mietwohnungen nicht über 9,50 Euro pro Quadratmeter. Also das fängt an bei 7,50 Euro für die einfacheren, da gibt es dann schon ein bisschen mehr Sozialedurchmischung. Aber wenn ich hier Eigenheim bauen möchte, dann muss ich schon sehr tief in die Tasche greifen. Ich war nämlich auch in so einer Baugemeinschaft, ich habe gedacht, ich mache da jetzt einfach mal mit, die wurde dann aber nicht gewählt. Da haben die das aber so ausgerechnet, das war so ein Modell, das diejenigen, die viel Geld haben, den macht es dann auch nichts aus, ob sie 7.500 Euro, 8.000 Euro, 8.500 Euro, 9.000 Euro oder vielleicht sogar 10.000 Euro für den Quadratmeter zahlen. Dafür zahlen andere dann ein bisschen weniger. Das wäre dann aber schwer zu bestimmen.    Es gibt Leute, für die ist das ein Klacks. Das zahlen die aus der Portokasse. Aber ja für jüngere Familien, für Leute, die jetzt nicht so viel verdienen ist es eigentlich, wenn man nicht über genügend Grundkapital verfügt, unmöglich. Das sieht man ja da drüben, dass ist ja Wahnsinn, was die da bezahlen. Diese Flüchtlingsunterkunft, die hat dem Stadtteil total gut getan, das war super hier. Und die müssen jetzt alle gehen?    Die sind jetzt alle schon weg. Eigentlich sollte das nur ein Jahr so eine Art Übergangswohnheim sein und es waren jetzt fast vier Jahre. Entsprechend sehen die Dinger jetzt auch aus, es war jetzt höchste Zeit. Die waren so was von abgewohnt, das war auch für die Leute eine Zumutung. Ne, aber die hatten es hier oben gut, die haben hier gerne gewohnt. Wir haben hier ja so ein Café für die Geflüchteten und die kommen jetzt noch von überall her zweimal die Woche. Sind die jetzt verwurzelt?    Ja, so zumindest ein paar, vor allem Familien mit Kindern. Zum Schluss waren hier ja vor allem nur noch einzelne Menschen, viele Männer, viele Afrikaner ohne Perspektive. Es hat hier dem Stadtteil gut getan, am Anfang gab es ja riesen Befürchtungen. Leute haben ihre Häuser da drüben verkauft, sind aus der Kirche ausgetreten, weil wir uns hier um die Flüchtlinge kümmern und so. Aber letzten Endes hatte es einen riesen Zuspruch hier in der Nachbarschaft und hat eine große Solidaritätswelle ausgelöst. Es hat unsere Gemeinde auch ein Stück weit belebt muss man sagen. Es bleibt zu hoffen, dass es dann mit der neuen Siedlung vielleicht genauso funktioniert, oder allgemein hier.    Also man kann halt sehen, wenn wir zum Beispiel in Richtung Nordbahnhof gehen, da wurde ja auch viel abgerissen. Schöne Sachen, wie der Milchhof, Künstlerkolonie, es waren eigentlich tolle Orte. Die hat man eben dann abgerissen und neu bebaut und das ist ganz klar, auch das ist, wie überall eine Gentrifizierung. Die Leute werden immer mehr an die Ränder gedrängt. Unsere Gemeinde geht ja wirklich auch bis runter zum Bahnhof, das ganze Gebiet am Nordbahnhof gehört noch dazu. Dort haben wir auch ein Gemeindehaus, das wir jetzt verkauft haben und das abgerissen wird. Einfach aus dem Grund, das ist ein Nachkriegsbau gewesen und den müsste man jetzt Sanieren und das würde wahrscheinlich teurer werden. Aber es hat auch damit zu tun, dass wir sagen, wir brauchen das nicht mehr, wir brauchen kein so großes Gemeindehaus. Wir haben eine riesen Kirche, die Martinskirche und wir haben dieses Gemeindehaus verkauft und für das Geld, für den Erlös haben wir die Martinskirche umgebaut. Im Grunde genommen zu einem Modell wie hier, wo die Gemeinderäume, Gottesdienstraum und so alles im Kirchengebäude ist. Also eigentlich die Idee, die es damals schon gab, noch mal kopiert.    Genau, genau. Das ist dort jetzt alles konzentrierter und wo das Gemeindehaus stand, dort entstehen Wohnungen und das macht so eine Wohnungsbaugesellschaft. Es sind halt nicht mehr diese, gerade da am Nordbahnhof, da gibt es ja schon auch noch günstige Wohnungen. Das hat ja auch mal der Stadt gehört und die haben das dann auch verkauft an so eine Wohnungsgesellschaft und die haben es wieder verkauft und jetzt ist es irgendein internationales Ding, was die Mieten in die Höhe treibt und die Leute da verscheucht. Wenn ich den Andres Hofer höre, der Leiter von der IBA, der sagt schon er stößt hier immer erst mal auf Bedenken. Was ihm hier so ein bisschen fehlt ist: „Oh ja, das machen wir jetzt mal und gehen mal drauf los und kümmern uns nicht ums Geld, sondern wenn wir das gut finden, versuchen wir das jetzt mal umzusetzen und schauen, wie können wir es am Besten erreichen.“

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021 / 022

Gespräche

Vielleicht ein bisschen die schwäbische Mentalität, die da durchschlägt auch.    Kann schon sein. ich bin ja auch Schwabe, aber ich verstehe es trotzdem nicht. Schade, aber vielleicht geht es ja wieder bergauf, vielleicht kriegen wir die Kurve und es wird alles besser.    Ich hoffe es. Ich finde hier oben, ich lebe hier, wie im Paradies. Ich habe hier einen wunderschönen Park, ich bin gleich im Wald, bin in fünf Minuten mit dem Fahrrad in der Stadt unten. Also irgendwie, das hat schon auch viele Vorteile so eine Stadt und man hat gar nicht so das Gefühl, dass man in so einer Großstadt lebt. So groß ist es ja auch nicht.    Ja aber immerhin, so Einwohnermäßig. Aber das ist ja auch egal, ich finde es kommt immer so ein bisschen auf die Atmosphäre an. Es hat viel mit Atmosphäre zu tun. Aber da habe ich jetzt wirklich das Gefühl, dass sich da was ändert. Also ich finde Stuttgart, der Ruf ist schlechter, als die Stadt wirklich. Das ist aber bei vielen Städten so. Ich dachte immer Hannover, was ist das denn für ein langweiliges Ding. Mich zieht es nicht nach Hannover. Jetzt war ich in Hannover und fand es super da. Man hört dann immer so komische Sachen und wenn ich mich dann mal darauf einlasse und schaue und dann finde ich vielleicht noch jemanden nett dort, dann sieht gleich ganz anders aus. (lacht) Ja so schlimm ist Stuttgart vielleicht gar nicht.    Ja gerade ist es schon schlimm, wegen dieser ganzen Bauerei. Also dieses Stuttgart 21 hat ganz viel aufgeweckt, aber auch viele Wunden gerissen glaube ich. Vielleicht ist es die aktuelle Situation, die so deprimiert. Das man denkt, alles was kommt sieht gleich aus.    Empfinden Sie so? Ja irgendwie schon.    Das passt gut in die Zeit, wo man denkt, vielleicht geht eh bald alles den Bach runter. Meine Devise ist einfach, man muss irgendwie gucken, dass man das Ganze im Auge hat, aber das, wo ich was machen kann, das ist da wo ich lebe. Vor Ort schauen, dass die Situation irgendwie besser ist oder besser wird. Da kann man immer irgendwie was machen, man kann immer ein bisschen was tun. Das rettet vielleicht die Welt nicht, aber na ja. Es ist ein Anfang.    Ja, man muss irgendwie anfangen. Wenn ich nur sage oh scheiße, es ist alles so blöd, das nützt doch gar nichts, wenn ich kein Auto mehr fahre, es fahren doch Tausende andere. Aber, wenn ich so denke, dann kann ich mich gleich irgendwie in den Sarg legen. So ist es auch hier ein bisschen. Immer hieß es ja der Denkmalschutz, der Denkmalschutz. Ja der Denkmalschutz ist auch nicht allmächtig, ich will mich da auch nicht so streiten mit dem Denkmalschutz, mir wäre es am Liebsten wir würden das zusammen hier etwas Vernünftiges hinbekommen. Es besteht ja jetzt Hoffnung.    Ja, ich habe eine gewisse Hoffnung. Vor allem, weil wir jetzt auch eine große Unterstützung haben.

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Wikipedia zu Alfred Daiber unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Daiber (aufgerufen am 31.01.2020)./////

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Dr. Ulrike Plate „Die Brenzkirche in Stuttgart — Neubau im Dritten Reich“ unter: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/nbdpfbw/issue/view/3423 (aufgerufen am 31.01.2020).////////////////////////////////////////

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Wikipedia zu Rudolf Lempp unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Lempp (aufgerufen am 31.01.2020).///////

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Dr. Ulrike Plate „Die Brenzkirche in Stuttgart — Neubau im Dritten Reich“ unter: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/nbdpfbw/issue/view/3423 (aufgerufen am 31.01.2020).////////////////////////////////////////

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Stiftung Bauhaus Dessau „Meisterhäuser von Walter Gropius (1925–26)“ unter: https://www.bauhaus-dessau.de/de/ architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html (abgerufen am 01.02.2020)./////////////////////////////////////

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Stiftung Bauhaus Dessau „Gropiushaus — Städtebauliche Reparatur des Meisterhausensembles seit 2011“ unter: https://www.bauhaus-dessau.de/rekonstruktion-gropiushaus-1.html (abgerufen am 01.02.2020).///////////////////


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https://www.bauhaus100.de/das-bauhaus/werke/architektur/weissenhof-siedlung-stuttgart/./////////////////////

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https://www.evangelisches-gemeindeblatt.de/detailansicht/der-moderne-raum-geben-kirchengebaeude-im-bauhausstil-2551/./////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.stuttgarter-nachrichten.de/gallery.brenzkirche-das-runde-wird-zum-eckigen.474dccc8-a5b2-46c08b5d-675c1d590bb0.html/id/7df443a6-7de0-4af0-a22c-e2f86bff92fe.//////////////////////////////////////////////

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http://www.kirchbau.de/php/300_datenblatt.php?id=3111&name=keiner.//////////////////////////////////////////

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https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-kaufhaus-schocken-eine-fuenfzig-jahre-alte-suende.71d1 1515-605d-41a8-ac21-110472b3e1e7.html.//////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus_Schocken.////////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html./////////////////////////////

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https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html./////////////////////////////

B9

https://www.sueddeutsche.de/kultur/gropius-meisterhaeuser-in-dessau-quadratur-des-traums-1.1966267./////////

B10

https://www.architekturzeitung.com/architektur/137-architekturprojekte/2514-stuttgart-rote-wand-kister-scheithauer-gross-gewinnen-staedtebaulichen-wettbewerb./////////////////////////////////////////////////

B11

https://www.architekturzeitung.com/architektur/137-architekturprojekte/2514-stuttgart-rote-wand-kister-scheithauer-gross-gewinnen-staedtebaulichen-wettbewerb./////////////////////////////////////////////////

B12

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bauprojekt-in-stuttgart-klimaneutrales-wohngebiet-an-der-roten-wand.ee186be9-4a10-4373-a27b-22d2a4ad8983.html./////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.cube-magazin.de/magazin/stuttgart/artikel/die-villen-am-park.///////////////////////////////////

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https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.containerbauten-in-stuttgart-nord-fluechtlingsunterkunft-ist-immer-noch-baustelle.082bffe6-f099-4260-90b6-559c2c48cca7.html.////////////////////////////////////////////////


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Text

·Neubau ·Baugemeinschaft

Wohnen an der „Roten Wand“ – Gemeinderat vergibt Grundstücke an Baugemeinschaften

Was ist eine Baugemeinschaft? „Eine Bauherrengemeinschaft (auch Baugruppe oder Baugemeinschaft) ist der Zusammenschluss mehrerer privater Bauherren, die gemeinsam – zur Eigennutzung oder Vermietung – Wohnungen, einzelne Mehrfamilienwohnhäuser, Gewerbe- oder Gemeinschaftsräume planen, bauen oder umbauen.“7

In direkter Nachbarschaft zu den historischen Siedlungen „Am Kochenhof“ (Holzbausiedlung) und „Am Weißenhof“ (Ausstellung „Die Wohnung“ von 1927) sowie dem neuen Quartier Killesberghöhe an der grünen Fuge, soll auf dem Gelände an der „Roten Wand“ ein Wohnquartier der Zukunft entstehen. Das Areal ist der letzte von vier Bauabschnitten auf dem Gelände der ehemaligen Messehallen. Mit sozial orientierten Wohnformen und innovativen Wohnkonzepten im Miet- und Eigentumswohnungsbau, Baugemeinschaften sowie der klimaneutralen, ökologischen Ausrichtung und hohem gestalterischen Anspruch fügt es sich optimal in den städtebaulichen Kontext ein. Der Gemeinderat hat nun im Konzeptverfahren die Grundstücke für zwei der insgesamt fünf sogenannten „Wolkenhäuser“ für 32 Wohneinheiten, davon etwa 20 Prozent geförderter oder inklusiver Wohnraum, an Baugemeinschaften vergeben.    Grundlage für die Vermarktung der städtischen Grundstücke ist der städtebauliche Entwurf des Büros ksg, Köln, vom 25. August 2016. In „Minimalhäusern“ entlang der Straße Am Kochenhof und fünf in zweiter Reihe liegenden amorphen, großflächigen Baustrukturen, den „Wolkenhäusern“, sind zirka 120 Wohneinheiten, eine Kindertagesstätte mit drei Gruppen und Sonderwohnformen zu realisieren. In den „Minimalhäusern“ und drei der fünf „Wolkenhäuser“ werden 87 Wohnungen und fünf Wohngemeinschaften entstehen. Je etwa ein Drittel sind frei finanziert, als Sozialmietwohnungen und Mietwohnungen für mittlere Einkommen gefördert.

Typische Kennzeichen von Baugemeinschaften · Zusammenschluss von Bauinteressierten    Eine Baugruppe ist eine Zweckgemeinschaft von Bauwilligen, die sich unter Vereinbarung verbindlicher gemeinsamer Ziele organisiert. · Grunderwerb    Jedes Baugemeinschaftsmitglied kauft direkt beim Grundstückseigentümer. Der Kauf von real geteilten Parzellen oder als WEG-Teilung erfolgt gemeinschaftlich. · Partizipation    Die Projektplanung erfolgt unter aktiver Beteiligung aller Mitglieder der Baugruppe, bei gleichzeitig individuellen Entscheidungsmöglichkeiten der einzelnen Bauherren. · Transparenz    Alle Verträge und Kosten sind für alle Mitglieder der Baugruppe offen einsehbar und beeinflussbar. · Bauherrenrisiko    Die Gemeinschaft trägt alle Bauherrenrisiken: Kosten, Termine und Qualitäten.    Baugruppen sind ideal für alle, die nicht einfach fertige „Wohnungen von der Stange“ bzw. aus dem Exposé eines Bauträgers kaufen wollen, aber ein Projekt auch nicht allein verwirklichen möchten. Gruppenbau- und Wohnprojekte werden meist von kleineren privaten Gruppen iniziiert, die sich bereits kennen. Ein möglicher Weg ist, dass eine Kleingruppe ein Konzeptentwickelt und sich für die Umsetzung Partner sucht. Interessenten können über Tageszeitungen, Anzeigenblätter, das Internet, diverse Datenbanken, im Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch auf Messen, wie z.B. den Münchner Wohnprojekttagen, gefunden werden.8


Baugemeinschaft Wolkenheim Bei der multikulturellen Baugemeinschaft Wolkenheim mit heinemeyerbeck Architekten GmbH Stuttgart ist die Wohnprojektidee durch unterschiedlichste Wurzeln und Traditionen inspiriert. Das Mehrgenerationen-Projekt nach dem Motto „gemeinsam Bauen, gemeinsam Leben“ strebt an, Freundschaften zu stärken und sich gegenseitig zu unterstützen. Das Haus ist als leimfreies Massiv-Holzhaus in vorgefertigter Bauweise geplant. Gemeinschaftsangebote ziehen sich durchs ganze Haus. In der „Bibliothek der Dinge“ können Geräte, Werkzeuge oder Spielzeuge getauscht und geteilt werden. Die Dachterrasse ist für alle nutzbar, und eine Werkstatt zum gemeinsamen Werkeln und Basteln wird eingerichtet. Das Angebot „tausendreich“ mit Raum für Kurse oder andere Angebote für den Austausch unter den Anwohnern soll den Gemeinschaftsgedanken auch ins Quartier tragen. Die Baugemeinschaft setzt auf einen Wohnungsmix mit Einheiten von ein bis fünf Zimmern. Die Gruppe will langfristig flexibel bleiben durch die Möglichkeit, Wohnungen ohne große Umbaumaßnahmen zu größeren Einheiten zu verbinden, aber auch in kleinere Einheiten aufteilen zu können. Baugemeinschaft Family & Friends Die Baugemeinschaft Family & Friends, Planformat GmbH, Isny, setzt sich aus Jung und Alt zusammen. Der Name ist dabei Programm und bildet sich auch in der Gebäudestruktur ab. Alle Wohnungen sollen flexibel gestaltet und barrierefrei erschlossen werden, um sich verändernden Lebenssituationen anpassen zu können. Das Haus wird zu 100 Prozent aus Holz gebaut. Dabei kommen Massivholzbauweise, Holzständerbau und Holzbalkendecken zum Einsatz. Das Dach wird intensiv begrünt, erhält eine Gemeinschaftsterrasse, Spielangebote und einen Garten. Dach und Fassade werden mit Photovoltaikanlagen zur Energiegewinnung ausgestattet. Die Erdgeschosszone wird in Teilbereichen für die Nachbarschaft geöffnet und lädt mit Sitzmöglichkeiten und einer Bücherbox zum Austausch ein. Das Untergeschoss, über einen Lichthof natürlich belichtet, wird auch von außen erschlossen und kann so für Veranstaltungen im Quartier genutzt werden. Die Waschküche dient als Treffpunkt der Hausgemeinschaft. Das innovative Mobilitätskonzept mit reduzierten 0,5 Pkw-Stellplätzen pro Wohneinheit und verbunden mit Car-Sharing, Lastenrad, Elektroroller sowie Elektroladestationen ist auf der Höhe der Zeit.9

Ausprägungen von Baugemeinschaften · Private Baugemeinschaft /-gruppe    Die private Baugruppe kennzeichnet sich dadurch, dass sie sich komplett selbst organisiert und dabei auf die Unterstützung professioneller Baubetreuer verzichtet. Teilweise ergeben sich durch die unterschiedlichen Berufe und Kenntnisse der Gruppenmitglieder wertvolle Synergieeffekte. Der einzelne Bauherr kann auf die Architektur, die Materialien, die Grundrisse und die Umsetzung stark Einfluss nehmen, was aber auch zu Konflikten führen kann. Die Gruppe entscheidet selbst, wer für sie bauen soll, wer in die Gruppe aufgenommen und somit später Nachbar wird. Der Bauprozess und die damit verbundenen Probleme können das Zusammengehörigkeitsgefühl früh prägen und fördern. Wichtig ist, dass sich demokratische Strukturen herausbilden und sich nicht immer die Gleichen durchsetzen. Erfahrungsgemäß dauert dieser Prozess länger und erfordert von den Mitgliedern mehr Zeit und Einsatz. Nicht zuletzt spart sich die Gruppe das Honorar für den Baubetreuer. Sollte es allerdings an Kompetenz mangeln, ist die Beauftragung eines Unternehmens oder auch eines Architekten, der die Betreuung übernimmt, dringend anzuraten. · Betreute Baugemeinschaft /-gruppe    Bei einer betreuten Baugruppe erfolgt die Organisation, die Verwaltung der Finanzen, die Betreuung, etc. durch professionelle Dienstleistungsunternehmen und Moderatoren. Durch die entstehenden Freiräume haben die Bauherren die Freiheit, sich auf die wesentlichen Inhalte zu konzentrieren, ohne dabei die organisatorischen Aspekte zu vernachlässigen. Zur Vermeidung und Klärung von Konflikten steht ein „neutraler Dritter“ zur Verfügung. Ab einer bestimmten Projektgröße bzw. Komplexität, z.B. beim Geschoßwohnungsbau, hat sich die Betreuung durch einen professionellen Berater bewährt. Durch das Know-how und die bestehende Infrastruktur eines solchen Unternehmens ist im Allgemeinen eine Zeit- und Kostenersparnis zu erreichen.10

Abgrenzung · Genossenschaften Wohnbaugenossenschaften sind die Alternative zwischen Wohnen zur Miete und Wohneigentum. Die Mitglieder einer Genossenschaft üben durch den Kauf von Genossenschaftsanteilen eine Doppelfunktion als Mitbesitzer der Genossenschaft und Mieter, mit lebenslangem Wohnrecht, aus. Eine Kündigung der Wohnung durch den Mieter ist möglich. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, sind die wirtschaftlich angemessenen Nutzungsgebühren billiger als das Mieten einer Wohnung. Einerseits sind Genossenschaften Wirtschaftsunternehmen, andererseits bewohnerorientierte Selbsthilfeeinrichtungen. Viele der häufig bereits seit langem bestehenden Genossenschaften begnügen sich mit dem Erhalt ihres Immobilienbesitzes und treten nicht mehr als Bauherr neuer Wohnanlagen auf. Da Gewinnerzielung nicht im Vordergrund steht, werden diese Genossenschaftswohnungen, aufgrund der daraus resultierenden günstigen Mieten stark nachgefragt. Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Genossenschaften gegründet, die zum Teil noch heute bestehen. In München entstanden in den letzten Jahren einige neue Wohnungsbaugenossenschaften. Da zunächst ein “Immobilienbestand” zu den herrschenden Marktkonditionen aufgebaut werden muss, sind die Mieten zu Beginn nicht günstig. Sie sinken erst langfristig, da Genossenschaften die am Markt üblichen Mietsteigerungen nicht gänzlich mitmachen bzw. an die Mieter weitergeben. Durch langfristige Verträge sind Genossenschaftswohnungen den Spekulationen am Immobilienmarkt entzogen. Bei Auszug und Austritt aus der Genossenschaft, wird meist der Gegenwert der Anteile wieder ausbezahlt. Genossenschaftsanteile sind vererbbar.11

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Wikipedia zu Bauherrengemeinschaft unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bauherrengemeinschaft (aufgerufen am 28.03.2020).////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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Entnommen: forum für baugemeinschaften unter: https://www.forum-baugemeinschaften.de/baugemeinschaften-infos/ was-ist-eine-baugemeinschaft/ (aufgerufen am 28.03.2020).////////////////////////////////////////////////////

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Entnommen: Stadt Stuttgart unter: https://www.stuttgart.de/item/show/685037(aufgerufen am 28.03.2020).////////

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Entnommen: forum für baugemeinschaften unter: https://www.forum-baugemeinschaften.de/baugemeinschaften-infos/ was-ist-eine-baugemeinschaft/ (aufgerufen am 28.03.2020).////////////////////////////////////////////////////

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Entnommen: forum für baugemeinschaften unter: https://www.forum-baugemeinschaften.de/baugemeinschaften-infos/ was-ist-eine-baugemeinschaft/ (aufgerufen am 28.03.2020).////////////////////////////////////////////////////


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Collagen

·Abriss ·Zerstörung


„Also der Denkmalschutz verhindert gewisse Dinge, sicher. Aber auf der anderen Seite erhält er auch. Da geht es ja auch um ein bauliches Erbe, mit dem man umgehen kann.“


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Collagen

„Man hat keinen Mut hier. Man hat immer so tausend Bedenken und meint das kostet zu viel Geld. Dann wird das Geld aber an einer anderen Stelle wieder ausgegeben ohne Sinn und Verstand.“



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„Die Häuser haben keine eigenen Gesichter mehr, sondern irgendwelche Lochfassaden, die halt funktionieren.“



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Gespräche

·Denkmalschutz ·Stadtplanung ·Verkehr in der Stadt

Gespräch mit dem Architekten und Stadtplaner Michael Schröder Wie verändert Denkmalschutz eine Stadt? Wie geht man damit um, wie verändert dies das Stadtbild?    Es gibt ja unterschiedliche Ebenen von Denkmalschutz. Auf der einen Seite gibt es den Denkmalschutz für einzelne Objekte. Da geht es um den Erhalt. Es gibt aber auch den Denkmalschutz für ganze Anlagen, also Ensembles und städtebauliche Anlagen, der sogenannte Gesamtanlagenschutz. Beides wirkt auf eine Stadt erst mal erhaltend, so lange es durchgehalten wird, ist aber eine politische Willensbildung, um überhaupt dorthin zu kommen. Einen Denkmalschutz dann in dem Maße, dass man das über Satzungen sichert. Ansonsten erhält der Denkmalschutz ein gewisses Stadtbild, unserer Meinung nach muss er aber immer so flexibel oder offengehalten werden, dass sich eine Stadt weiterentwickeln kann. Die Stadt ist ja nie fertig gebaut, sondern wird sich immer weiterentwickeln und alle Fragen, die neu auf so eine Stadt zukommen, die müssen im Kontext eines solchen Denkmalschutzes sicher behandelt werde. Oft ist er ja auch ziemlich hinderlich, habe ich so das Gefühl, weil er so strenge Auflagen hat.    Er verhindert sicher die eine oder andere Modernisierung oder Entwicklung in eine gewisse Richtung, würde ihn jetzt aber nicht als zu großes Hemmnis sehen. Eine Frage, auf die ich auch gestoßen bin, gibt es in der Bevölkerung ein mangelndes Bewusstsein, für das was Generationen vor uns geschaffen haben im Bezug auf Architektur? Weil ja viel in Stuttgart aus dem Stadtbild verschwindet und dann wird es ersetzt durch gesichtslose Neubauten, besonders im Europaviertel. Habe ich so das Gefühl.    Ja, wobei das Europviertel, im Ergebnis sicher das zutreffend ist, aber da hat man ja Gütergleise überbaut, da ist ja nichts weggekommen. Also viel stärker finde ich erkennt man diesen Konflikt und diese Problematik in der Kriegsbergstraße ist das glaube ich. Wenn man vom Katharinenhospital in Richtung Bahnhof fährt auf der linken Seite entsteht jetzt ein Neubau, davor wurde abgerissen, das war eine Hauptverwaltung, der EnBW hatte das mal gehört. Das sind eher Architekturen aus den 1950er, 60er, 70er Jahren, die mittlerweile erneuert werden, wofür es kaum Verständnis gibt. Sowohl aus gestalterischer Sicht in der Bevölkerung aber auch aus Sicht der Investoren sind das sicher, die bauten, die im Moment am gefährdetsten sind. Jetzt ist die Frage, in der Bevölkerung gibt es da eine Sensibilität? Es gibt sicher eine Sensibilität für das Alte, das geht ja soweit, dass in Frankfurt ein Teil der Altstadt wieder aufgebaut wurde und man da eher wieder Richtung Mittelalter geht, so von den Hausgrößen und so weiter. Es ist sicher unbestritten, dass es Altstadtbereiche gibt, die auch in der Bevölkerung als zu erhalten gelten, aber gerade Stadtentwicklung, die in der Nachkriegszeit entstanden ist, die wird oft in Frage gestellt. Da gibt es wenig Sensibilität. Viele fühlen sich ja hingezogen zu so Altstädten, auch im Tourismus. Das ist dann wieder die andere Seite, wenn es dann schon fast ins Kitschige geht.   Ja, genau. Wie groß sind denn die Hürden, um ein Gebäude unter Denkmalschutz zu nehmen? Das ist ein ziemlich großer Akt oder?    Ja, es muss natürlich bestimmte Kriterien erfüllen, damit es überhaupt unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Es muss eine gewisse Zeit widerspiegeln, es muss eine gewisse Qualität haben. Es ist auch immer die Frage, wer engagiert sich für ein Objekt, das unter Denkmalschutz zu stellen. Ja die Frage ist, aus welcher Sicht sind das Hürden. Es ist natürlich ein Prozess, es ist auch verbunden mit auf der einen Seite Einschränkungen in der Entwicklung auf der anderen Seite natürlich auch mit Möglichkeiten der Förderung und Abschreibung, wenn man am Denkmal arbeitet. In so weit ist es sicher gut, dass das wohl geprüft wird und dann vom Landesdenkmalamt entsprechend kategorisiert und katalogisiert wird. Was sind denn Gründe, die für einen Neubau sprechen gegen den Erhalt von Gebäuden?    In der Regel sind das funktionale Anforderungen. Gebäude, die eine Struktur haben, wo Flexibilität oder Variabilität in der Nutzung besteht, das heißt, das eine Umnutzung möglich ist. Die sind in der Regel nicht so schnell von Abbruch betroffen, wie jetzt Gebäude, die sehr starr eine Monofunktion haben. Gegen den Abbruch und Neubau spricht sicherlich auch die heutigen ökologischen und nachhaltigen Überlegungen. Also Stichwort graue Energie, die

Das Europaviertel „Das Europaviertel in Stuttgart wird seit 1990 auf dem Gelände des ehemaligen zentralen Güter- und Rangierbahnhofs der Stuttgarter Innenstadt errichtet, der in den 1980er-Jahren geschlossen wurde.“12 Fläche....................................0,201 km² Einwohner............................405 (2014) Bevölkerungsdichte......2015 Einw./km² Stadtbezirk....................Stuttgart-Mitte


bisher aufgewendet wurde, um dieses Haus zu erhalten. Diese Entsorgungsproblematik in soweit ist das Umwandeln von Gebäuden sicher erst mal anzustreben. Natürlich gibt es Situationen, die für einen Abbruch sprechen. Es gibt auch Situationen in der Stadt, wo einfach Fehler gemacht wurden oder Häuser nicht zukunftsfähig sind oder auch in der Stadtstruktur im Quartier sogenannte städtebauliche Mängel oder Missstände entstehen, die es zu beheben gilt. Das spricht natürlich für einen Abbruch, dann ist immer die Frage, was kommt danach. Es kann natürlich auch eine Qualität sein im Sinne der Innenentwicklung, Entsiegelung und Freiräume zu schaffen, aber das muss man glaube ich jedes mal im speziellen Fall beurteilen. Warum ist die Innenstadt Stuttgarts Ihrer Meinung nach so unattraktiv? Oder was ist da städteplanerisch alles schief gelaufen?    Die Innenstadt ist sicher das Ergebnis eines mittlerweile überholten oder in Frage gestellten Leitbildes. Die autogerechte Stadt. Das ist sicher ein Punkt, der zu Konflikten führt, anderer Seits, die Struktur, die sich daraus ergeben hat, die kann man auch fortschreiben und umwandeln. Sicher ein großes Problem der Innenstadt ist heute so diese Nutzungsverteilung. Insbesondere die Königsstraße, die im Moment einen Wandel durchlebt. Eine Zeit lang kamen erst mal alle Ketten, mittlerweile als reine Einkaufsstraße funktioniert sie auch nicht mehr so richtig. Dann kommt eher so die Gastronomie, in einem Übermaß, den man eigentlich auch nicht benötigt. Das zeigt sich über die Jahrhunderte eigentlich, diese klassische, gemischte Nutzung in kurzen oder geringen Entfernungen. Da eine Nutzungsmischung hinzubekommen, das glaube ich muss ein Ziel sein. Auch so eine Stadtstruktur, wie wir sie in Stuttgart haben, fortzuschreiben und dann wird sie auch wieder attraktiver. Also gibt es Hoffnung?    Ja, ja ich glaube schon. Denn diese Erkenntnis ist nicht neu, die ist immer abhängig natürlich auch von den wirtschaftlichen Möglichkeiten. Oftmals liegt es ja daran, dass ich bei unterschiedlichen Funktionen, unterschiedliche Rendite erziele. Dann kommen alle erst mal auf den Einzelhandel und dann kommen alle auf die Büronutzung, irgendwann auf die Gastronomie. Diese wirtschaftliche Lenkung, die quasi jetzt über Stadtplanung und Planungsrechtliche Vorgaben in gewissen Rahmen zu steuern, das ist sicherlich dann auch Aufgabe einer Stadtverwaltung. Um diese Nutzungsmischung zu fördern und wenn sie einmal da ist auch zu erhalten. Hoffentlich gelingt das. Ich sehe davon noch nichts.    Ja, ja, aber andere Städte kriegen das glaube ich schon hin. Es gibt ja auch Bereiche, die sich nicht schlecht entwickeln, gerade so der Abschnitt die Tübinger Straße zum Marienplatz runter. Man kann zum Marienplatz stehen, wie man will, also gestalterisch. Aber das ist schon ein Bereich, der sich in den letzten Jahren sicherlich entwickelt hat. Wo geht es denn hin mit Stuttgart, wo liegen die Unterschiede zu anderen Großstädten? Stuttgart hat ja keinen so guten Ruf, es wird viel abgerissen, besonders schön ist es hier ja nicht.    Ja, es wird auf einem Niveau gejammert und gestöhnt. Wie gesagt, ich glaube schon, dass die Struktur an sich einer positiven Entwicklung gar nicht entgegensteht. Sondern, dass da Entwicklungen möglich sind. Die Stadt hat natürlich eine Größe, also wenn man auf Mittelstädte in der Region schaut, wie Esslingen mit der Altstadt und Ludwigsburg. Die haben nicht so diese dezentrale Quartiersbildung. In soweit ist das sicher eine Herausforderung eine Innenstadt von der Größe, flächendeckend irgendwie aufzuwerten. Es wird immer Bereich geben, die vorwärts gehen, die vorangehen und dann andere Bereiche mitziehen. Das sieht man ja auch in anderen Großstädten. Hamburg, Berlin, da gibt es immer Stadtteilbezogen eine gewisse Aufwertung, dann fällt das mal wieder oder es geht entgegen. Da gehört sicher dazu, dass man jetzt in Stuttgart das Thema mit dem Verkehr anders löst. Das ist aber eine große Herausforderung.    Ja. Ich glaube aber, dass ein Umdenken da in Ansätzen vorhanden ist. Es ist noch nicht die überwiegende Mehrheit, aber vor allem die Belastungen verkehrlicher Art, die es in der Innenstadt gibt, die wenigsten sind Zielverkehre. Weil jemand jetzt weiterhin mit dem Auto etwas einkaufen geht von Stuttgarter Seite, sondern das sind ja vor allem aus der Region. Da ist die Frage, ob das wirklich notwendig ist, dass alle mit dem Auto in den Kern müssen und dann möglichst noch die B14, die Meisten fahren ja durch Stuttgart durch. Da ist jetzt die Frage, ob man nicht da eine Verlagerung hinbekommt, dass Gäste, die in die Innenstadt wollen eben öffentlich ankommen. Dazu muss aber ganz klar der öffentliche Nahverkehr verbessert werden, weil es im Moment keine Alternative zum Auto ist. Alle die überzeugte Autofahrer sind, die lassen sich nicht durch dieses ÖPNV Angebot überzeugen. Deshalb muss es besser werden und auf der anderen Seite muss es wahrscheinlich auch restriktive Maßnahmen geben, Verkehre

Autogerechte Stadt „Eine autogerechte Stadt ist eine an den vermeintlichen oder tatsächlichen Bedürfnissen des motorisierten Individualverkehrs orientierte Stadt.    Das Schlagwort leitet sich vom Titel des 1959 erschienenen Buches „Die autogerechte Stadt – Ein Weg aus dem Verkehrs-Chaos“ des Architekten. Hans Bernhard Reichow ab, eines entschiedenen Verfechters dieser Idee. Nach heutigen Maßstäben wird das Konzept überwiegend kritisch gesehen, von vielen auch als warnendes Beispiel verfehlter Stadtplanung dargestellt.“13

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einzudämmen. Also ich muss nicht jede Stelle in der Stadt mit dem Auto erreichen und wenn ich das Auto irgendwo abstelle, muss das teuer sein. Das muss teurer sein, als wie wenn ich mit der Straßenbahn komme. Finde ich ist es ja schon, aber anscheinend nicht teuer genug. Wenn ich je mal mit dem Auto in Stuttgart in einem Parkhaus parke, finde ich das schon ganz schön teuer. Aber die Parkhäuser sind immer voll. Ich weis gar nicht, weshalb es für die Menschen so ansprechend ist, mit dem Auto in die Innenstadt Stuttgarts zu fahren.    Ja weil natürlich die Anbindung eben in der Region noch nicht so ist, dass ich in die SBahn steige. Das mache ich, wenn ich einen S-Bahn-Anschluss direkt habe. Aber sobald ich umsteigen muss auf ein weiteres Verkehrsmittel, ist es unattraktiv, weil es sehr zeitintensiv und teuer ist. Also muss man erst mal da ansetzen und den öffentlichen Nahverkehr verbessern?    Man muss den öffentlichen Nahverkehr verbessern, man muss das Umsteigen aufs Fahrrad verbessern, man muss Angebote machen. Ich muss nicht mit der S-Bahn an jede Stelle kommen, aber ich muss attraktiv, zum Beispiel, wenn ich im Remstal wohne, mit dem Fahrrad zum S-Bahnhalt kommen, mein Fahrrad sicher und sauber unterstellen können. Dann nehme ich auch die S-Bahn komme zurück und fahre mit dem Fahrrad auch wieder heim. Also die Nutzbarkeit unterschiedlicher Verkehrsmittel und diese Übergänge von einem Verkehrsmittel aufs andere, da hakt es und das ist unattraktiv. Da sind auch die Verbindungen zwischen Stadtbahn, S-Bahn und Bus noch nicht so, dass man sagt: „Ok ich steige um.“. Ich finde es auch immer sehr anstrengend mein Fahrrad in der S-Bahn mitzunehmen, weil ich es auch nicht am Bahnhof stehen lassen möchte. In der S-Bahn wird man dann von allen Mitfahrenden gehasst, weil man schon mehr Platz wegnimmt.    Ja, die Frage ist, entweder attraktivieren, dass man es mitnimmt oder ich habe ein Fahrrad, mit dem ich zu S-Bahn komme und dann fahre ich S-Bahn und in der Stadt habe ich Bikesharing oder wie auch immer. Jetzt gibt es ja die Elektroroller, das funktioniert. Die haben aber auch wieder Konsequenzen, stehen an jeder Ecke rum, brauchen diese Ladestationen, das sind ja alles Dinge, die das Stadtbild, da sind wir wieder am Anfang, weiter verändern wird. Also Nahverkehr und Verkehr sind auch ein großer Punkt.    Ja, auf jeden Fall. Die Großzahl, der Neubauten, die jetzt entstehen, die sehen sich doch irgendwie sehr ähnlich. Werden die Städte austauschbarer und identitätslos oder ist das jetzt nur mein Empfinden? Vor allem so große Einkaufszentren sehen ja sehr ähnlich aus, ob das nun Stuttgart ist oder Düsseldorf.    Ja also der Eindruck ist sicher nicht falsch, es gibt auch Architekturmoden. Auf der anderen Seite, qualifizierte Architekturen in der Stadt. Die Stadt macht ja auch den ein oder anderen Wettbewerb und mutige Bauherren, braucht es natürlich, um mal etwas auszuprobieren, um eine neue Gestalt zu bekommen. Wenn man natürlich industriell vorgefertigte, abgenommene, nach alles Richtlinien bestehende Fassaden verbaut, die sieht dann auch immer ähnlich aus. Diese Diskussion gibt es in München auch. Auch im Wohnungsbau ist das ein Thema. Eine gewisse Entschuldigung kommt dann immer, natürlich sind auch mittlerweile die Bauvorschriften, in Bezug auf Energieeinsparung und in Bezug auf Brandschutz und was es alles für Vorgaben gibt natürlich schon in gewissem Maße auch einschränkend. Andererseits glaube ich schon, dass man mit etwas mehr Mut auch Architektur bekommt, die eine gewisse Identität an so einen Ort bringt. Ist da das Problem, dass Stuttgart viele Grundstücke an den Höchstbietenden verkauft hat?    Das ist sicher ein Problem. Im Olgaquartier, im Stuttgarter Westen, ehemaliges Olgahospital, da wird ja im Moment ein Quartier entwickelt, das auch nicht durchweg gute Architektur hat, dass aber über verschiedene Qualifizierungsmaßnahmen eine gewisse Vielfalt aufzeigt. Welches auch bei aller Dichte, die dieses Quartier hat, im öffentlichen Raum glaube ich schon ein positiver Beitrag in so einer Quartiersentwicklung ist. Also muss man Freiräume schaffen, um die Stadt irgendwie attraktiv zu gestalten?    Ja muss ich, wo sich dann auch die Leute aufhalten, wo ein Gatronomieangebot ergänzend ist, wo ich mich aber auch einfach mal hinsetzte und mich treffe, wo ich mit den Kindern hingehe. Das sind sicher solche Räume, weil Sie sagten Europviertel, eher alibimäßig platziert sind. Das gehört sicher dazu, dass der Freirau, der öffentliche Raum, da eine Funktion hat. Ich habe das Gefühl, es gibt wenig von diesem Freiraum in Stuttgart, weil da immer irgendwas steht.    Ja, aber es gibt immer mal wieder Ecken, die auch dem Verkehr entzogen werden und mit Baum und Bank aufgewertet werden. Also wenn man die Immenhoferstraße hoch fährt, gibt


es so einen Platz. Also es gibt immer mal wieder den Versuch so Räume zu schaffen, aber man kann das sicherlich noch stärker machen. Es ist immer so, dass der öffentliche Raum natürlich gerade durch das Auto und Parkplätze auch sehr stark belegt und beansprucht wird. Wenn ich dann Fläche gestalten will, dann entfallen mal drei, vier Stellplätze, auch das wird ja dann von der Bürgerschaft und den Nachbarn nicht immer positiv gesehen. Also ist das Auto schon ein großes Problem.    Das Auto ist schon ein großes Problem, ja. Gerde auch die Stellplätze. Was für eine Fläche wäre es denn, wenn wir alles Stellplätze in Stuttgart streichen würde, das wäre ja riesig.    Ja, ja, also das Auto an sich, Stellplatz 2,5 x 5 Meter, sind 12,5 qm2, dann brauche ich natürlich Fahrgasse und alles. Ja, das ist einfach Fläche, die auch anders genutzt werden könnte, mit Einschränkung dieser Bequemlichkeit, die das Auto bietet beziehungsweise den Anspruch, dass es dann auch vor dem Haus steht. Ich glaube im Stuttgarter Westen hat man das nie. Da habe ich zumindest mal eine Zeit lang gewohnt, wenn man da mal mit dem Auto unterwegs ist, benötigt man einen 200 Meter Radius, um überhaupt mal etwas zu finden. Wenn das weniger wird, brauchen wir intelligente Lösungen, auf der einen Seite, dass wir uns mit anderen Verkehrmitteln bewegen, oder auch, dass wir akzeptieren, dass eben dieses Auto an zentralen Stellen steht. Also gerade in der Wohnungsbauentwicklung, also Freiburg Vauban, die haben da versucht über eine Quartiersgarage das Auto aus dem Baugebiet herauszubekommen. Die Straßen zu gestalten als Aufenthaltsflächen und diejenigen, die ein Auto haben, die parken in einer Parkgarage am Gebietsrand. Das ist für das Quartier gut, aber dieses Auto wird natürlich auch bewegt und durch die Stadt gefahren. Aber es ist zumindest mal ein Ansatz. Und das Auto ist nicht ganz so präsent im Stadtbild.    Genau, es ist nicht so präsent. Dann hat man natürlich Flächenpotenzial an anderer Stelle. Wenn Sie jetzt für Stuttgart etwas planen dürften, utopisch gedacht, was wäre da Ihr erste Ansatz? Oder das größte Problem, das Sie sehen?    Ich glaube die Frage kann man nicht so konkret beantworten. Also die Stadtplanung bis hin zur Realisierung und Umgestaltung eines Objekts, das sind ja ganz unterschiedliche Maßstabsebenen. Wir haben über diese Verkehrsproblematik gesprochen, die kann ich sicher nur im großen Maßstab für die gesamte Stadt lösen. Wenn ich dann auf den Freiraum gehe, dann wird es konkret im Quartier, ein Hof, ein Platz oder eine Kreuzung um Straßenraum neu zu gestalten. Ja da glaube ich muss man an ganz unterschiedlichen Maßstäben angreifen, was ja auch in Ansätzen gemacht wird. Also heißt es abwarten und geduldig sein.    Genau und natürlich auch auf diesen Wandel in der Bevölkerung, warten ist das falsche Wort, den animieren. Nur, wenn wir alle selber da irgendwie unseren Beitrag dazu liefern in unseren Nutzungs- und Bewegungsabläufen, dann gelingt das sicher auch. Die Stadtplanung oder der Städtebau kann natürlich auch entsprechende Dinge umsetzten. Dazu benötigt man Akzeptanz, sowie beim Denkmal auch.

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Wikipedia zu Europaviertel (Stuttgart) unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Europaviertel_(Stuttgart) (aufgerufen am 04.04.2020).////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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Wikipedia zu Autogerechte Stadt unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Autogerechte_Stadt (aufgerufen am 06.04.2 020).///////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://dsgnbkmrks.wordpress.com/2015/12/26/die-autogerechte-stadt/.////////////////////////////////////////

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Wird der Wilhelmsplatz bald autofrei? „Die Neugestaltung der Kulturmeile könnte auch dafür sorgen, den Verkehr am Wilhelmsplatz massiv zu reduzieren – und den Platz flächenmäßig deutlich zu vergrößern. Das weckt große Hoffnungen bei den ansässigen Wirten.    Charlottenplatz, Österreichischer Platz, Wilhelmsplatz: Stuttgart hat viele Plätze, aber noch mehr Orte, die zwar wie Plätze heißen, aber faktisch keine sind. Beim Wilhelmsplatz in der Stuttgarter Innenstadt könnte sich das jetzt ändern – die Stadt schreibt den Wettbewerb für die Neugestaltung der B14 offiziell aus, am Mittwoch legte sie die Beschlussvorlage vor. Die Anrainer hoffen, dass sich dabei auch die Verkehrsführung um den Wilhelmsplatz wandelt, kämpfen sie doch seit Jahrzehnten dafür, die ihnen verhasste Stadtautobahn loszuwerden, die La Concha, Il Pomodoro und Süßholz auf der einen und das ehemalige Ciba Mato auf der anderen Seite trennt.    Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, wird sich in einem mehrstufigen Wettbewerbsverfahren zeigen, das im Mai 2020 abgeschlossen sein soll. „Die Idee, den Verkehr zu reduzieren, wird in den Wettbewerb zur Umgestaltung der B14 aufgenommen“, sagt ein Sprecher der Stadt Stuttgart. Damit stehe allerdings noch nicht fest, ob der Verkehr am Wilhelmsplatz tatsächlich massiv reduziert wird. Selbe Idee unabhängiger Architektenbüros Für diese Idee sprechen aber die Ergebnisse eines Symposiums des Vereins Aufbruch Stuttgart, der eng in die Prozesse um die Kulturmeile eingebunden ist. Dort haben bereits fünf Architektenbüros aus Zürich, Wien oder Brüssel unabhängig voneinander grobe Entwürfe präsentiert, die auch den Wilhelmsplatz betreffen. Der gemeinsame Nenner: Der Verkehr am Wilhelmsplatz soll massiv reduziert oder ganz abgeschafft werden. Diese – unverbindlichen – Gestaltungsvorschläge sehen vor, dass höchstens ein Fünftel der jetzigen Verkehrsflächen bestehen bleiben soll.    Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von StuttgartMitte, würde eine Umgestaltung des Platzes sehr begrüßen. absurd“, sagt sie. Weiter seien dadurch auch etliche NichtVerkehrsflächen ungenutzte tote Winkel.    Was Kienzle sich für den Wilhelmsplatz wünschen würde: „Die Schattenflächen verkleinern und die Flächen in der Sonne deutlich vergrößern – dieser Platz könnte dann auch den Gastronomen vom Murrhardter Hof bis zum Noodle One zugute kommen.“ Gleichzeitig könne die aktuell „völlig katastrophale“ Führung der Radweg verbessert werden.

·Verkehr ·Fehlplanung

Abschied von der autogerechten Stadt

Was bis vor Kurzem undenkbar schien, die Stadt Stuttgart hat es getan: Ein Wettbewerb zur Neugestaltung der B14 soll den Autoverkehr auf die Hälfte reduzieren und durchgängige Radwege auf der bisherigen Stadtautobahn schaffen.    Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich am 26. September im Stuttgarter Gemeinderat eine kleine Revolution ereignet. Eine der obersten Maximen der Stadtplanung, so unumstößlich wie bis 1989 die Berliner Mauer, ist gefallen. Jedem seine eigenen vier Räder: so lautete das Versprechen der Nachkriegszeit, das die Automobilindustrie groß und die Stadt wohlhabend gemacht hat. Stuttgart war „Die autogerechte Stadt“, wie 1959 im Buch von Hans Bernhard Reichow beschrieben. Es galt stets das Axiom, die Hauptschlagader B14 dürfe täglich auf keinen Fall weniger als 100 000 Automobilen Platz bieten. Und, davon abgeleitet: etwaige Probleme mit zu hohen Emissionen ließen sich am besten lösen, indem man den Verkehr „verstetigt“.    Nun aber, am 26. September, hat der Gemeinderat mehrheitlich einem interfraktionellen Antrag zugestimmt, einen städtebaulichen Wettbewerb auszuschreiben mit dem Ziel, „das heutige Verkehrsaufkommen auf der B14 in der Innenstadt durch eine Halbierung der Verkehrsfläche für den motorisierten Individualverkehr um 50 Prozent zu reduzieren“ und rund um den Cityring eine durchgehende Radroute einzurichten. Alternativ zur Halbierung hatte die CDU eine stufenweise Reduzierung des Verkehrs vorgeschlagen, wurde aber überstimmt. Die Radroute wurde mit großer Mehrheit angenommen.    Wie das? Hatten nicht Stadt, Land und das zuständige Regierungspräsidium seit Inkrafttreten der EU-Feinstaubrichtlinie 2008/50/EG das Feinstaubund Stickoxidproblem mit Alibi-Maßnahmen wie Feinstaubkehrmaschinen, Pförtnerampeln, Feinstaubkleber und Mooswänden immer wieder auf die lange Bank geschoben? Der Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Ministerpräsident Winfried Kretschmann, seinen Stellvertreter Thomas Strobl und Regierungspräsident Wolfgang Reimer wegen Untätigkeit trotz fortgesetzter Überschreitung der Stickoxidwerte notfalls in Beugehaft zu nehmen, mag das Problembewusstsein geschärft haben. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der ein von der DUH erstrittenes Gerichtsurteil seit 2014 beharrlich ignoriert, steht noch aus.


Auf lokaler Ebene sind es wohl eher die Kampagnen des Bündnisses „Stuttgart laufd nai“ und der Bürgerinitiative „Aufbruch Stuttgart“, die das Thema seit zwei Jahren auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die Picknicks auf der B14 und andere gut besuchte Veranstaltungen haben den Druck erhöht. Eine Bürgergerbeteiligung im Juli 2018 hat unter anderem erbracht, dass das Wettbewerbsgebiet über den Cityring hinaus auf die gesamte B14 von den Mineralbädern bis zum Marienplatz erweitert wurde. An dieser Entscheidungsgrundlage haben die Pro-Diesel-Demos nichts ändern können. Deren Organisator Joannis Sakkaros hat zwar einen Sitz im Gemeinderat errungen. Doch die Mehrheiten sind inzwischen andere.    Am 17. Dezember hat nun der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik das Wettbewerbsverfahren beschlossen. Bis 20. Januar soll der Wettbewerb europaweit ausgeschrieben sein, am 10. Februar fällt der Startschuss, am 20. Mai soll die Entscheidung fallen. Dann folgt aber zuerst noch eine Machbarkeitsstudie, bevor schrittweise mit der Umsetzung begonnen wird.    So weit wie Kopenhagen ist Stuttgart damit zwar noch nicht. In der „lebenswertesten Stadt der Welt“ sind von sechsspurigen Autostraßen heute nur noch zwei Autospuren übrig, der Rest ist für Radfahrer, Fußgänger und Bäume da. Aber auch in Stuttgart lautet das Ziel: „eine attraktive Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer sowie begrünte Stadträume.“14

Im Sommer ist Rennstrecke Bei den Wirten weckt die nicht ganz neue Idee große Hoffnungen. Armagan Gürak von der Kneipe La Concha würde es „einfach fabelhaft“ finden, wenn der Verkehr reduziert würde und er seinen Außenbereich nicht mehr so eng zwischen Gehweg und Hauptstraße quetschen müsste. „Die Idee gab es vor vielen Jahren schon mal, damals wurde aber letztendlich nichts draus“, sagt er.    Auch Hasan Geray, der den Murrhardter Hof vor etwa einem Jahr übernommen hatte und dort weiterhin schwäbische Spezialitäten serviert, würde sich über etwas Verkehrsberuhigung freuen. „Autofrei ist immer gut“, sagt er. Zumal er den Eindruck habe, dass sich die Stuttgarter Raser-Szene seit der Tempobegrenzung auf der Theodor-Heuss-Straße etwas in die Ecke des Wilhelmsplatzes verlagert hätte. „Im Sommer ist hier Rennstrecke“, so Geray. Immer wieder Streit um Platz So einig wie in dieser Frage waren sich die Wirte und die Bezirksvorsteherin selten. In der Vergangenheit gab es immer wieder Streit um den Platz. Veronika Kienzle bemängelte häufig, dass der Abstand zwischen den Außenbestuhlungen und den Hauswänden zu eng sei. Auch die Verwaltung wollte immer wieder wegen vermeintlichen Gastro-Wildwuchses durchgreifen, die Kommunalpolitik bremste sie dabei ein. Zweifelsohne ist es dort eng. Wenn die befahrene Straße wegfallen würde, könnte sich die Situation entspannen.    Die mögliche Umgestaltung des Wilhelmsplatzes ist in einem größeren Kontext zu sehen. Für das ehrgeizige Unterfangen, die Kulturmeile und den Cityring neu zu ordnen, ist der Wilhelmsplatz nur ein kleiner Baustein. Als eine der Zielsetzungen des Großprojekts nannte OB Fritz Kuhn (Grüne) auch, den Verkehr in der City bis 2030 um 50 Prozent zu verringern. Beim Wilhelmsplatz könnte es um bis zu 100 Prozent gehen.“15

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Kontext Wochenzeitung zu Abschied von der autogerechten Stadt unter: https://www.kontextwochenzeitung.de/de-

15

Stuttgarter Nachrichten zu Wird der Wilhelmsplatz bald autofrei? unter:https://www.stuttgarter-nachrichten.de/

batte/457/abschied-von-der-autogerechten-stadt-6427.html (aufgerufen am 26.05.2020)./////////////////////////

inhalt.stadtentwicklung-in-stuttgart-wird-der-wilhelmsplatz-bald-autofrei.1481e458-f3a0-4dd9-93686c8163c0654a.html (aufgerufen am 27.05.2020).////////////////////////////////////////////////////////////////


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·Stuttgart



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·Stadterneuerung ·Abriss ·Bewahren

Gespräch mit dem Stadterneuerer Martin Holch Vielleicht können Sie zu Beginn kurz erläutern, was Sie machen, wo liegen Ihre Schwerpunkt und was ist Ihre Aufgabe?

Also unser Sachgebiet heißt Stadterneuerung. Wir beschäftigen uns mit der Stadt, so wie sie besteht, entwickeln sie weiter und passen sie an die Bedürfnisse und aktuelle Themen an. Zum Beispiel: Mobilität, Klimaschutz, Wohnen, Kulturförderung, die ganze Bandbreite. Wir sind immer Gebietsbezogen unterwegs. Also wir sind nicht im gesamtstädtischen Raum unterwegs, sondern wir legen Fördergebiete fest und setzen in diesen Gebieten Fördermittel ein. Die setzen sich zusammen aus Geld vom Bund, vom Land und von der Stadt. Die akquirieren wir, die setzen wir in Projekte um und dann rechnen wir sie ab. Wir sind also auch Projektentwickler. Ich zeige Ihnen mal die Karte von Stuttgart. Alles was eingefärbt ist, sind Gebiete von uns, in denen wir fördern, zum Beispiel hier im Stuttgarter Westen. Das ist hier direkt in der Innenstadt, das ist das Hospitalviertel, das ist der Fasanenhof und so weiter. Die grauen Gebiete sind Beobachtungsgebiete, wo wir denken, dass da Handlungsbedarf besteht und wir hoffen, dass wir die nach und nach in eine Förderung bringen. Also beobachten Sie, was gerade so in der Stadt passiert und wo Bedarf besteht?

Wir scannen alle 12 bis 15 Jahre die ganze Stadt, mit einer blauen Brille, für städtebauliche Missstände und einer rosa Brille für soziale Missstände. Da wo es dann lila wird, da sehen wir Handlungsbedarf.

Das ist ja eine ausgefuchste Methode.

Vereinfacht ausgedrückt. Weil es gibt auch Gebiete, die haben städtebauliche Missstände, aber keinen Handlungsbedarf, zum Beispiel Gewerbegebiete. Oder es gibt Gebiete, die haben soziale Missstände, aber keine städtebaulichen, zum Beispiel denkmalgeschützte Arbeitersiedlungen. Dann gibt es aber eben auch die Gemengelage und da greifen wir dann ein mit Förderungen und Projekten. Projekte heißt bei uns, wir verbessern den öffentlichen Raum, gestalten Plätze um, gestalten Straßen um, Grünanlagen, schaffen Spielflächen, stellen Barrierefreiheit her, pflanzen Bäume. Zum Beispiel unser letztes großes, fertiges Projekt war der Hospitalplatz. Ein ziemlich breites Feld an Aufgaben.

Wir investieren auch in die Infrastruktur des Gemeinwesens, also wir bauen in Botnang jetzt gerade ein Jugendhaus, wir bauen eine Kita in Zuffenhausen, wir haben schon jede Menge Bürgerhäuser gebaut, wir bauen aber auch um. Wir sind zum Beispiel auch im Neckarpark, bei der Kulturinsel unterwegs und helfen denen in diesem Neubaugebiet irgendwie zu überleben, als soziokulturelles Zentrum, weil uns das wichtig ist. Wir fördern aber auch private Modernisierungen, also wir fördern auch private Eigentümer bei ihren Modernisierungen. Das hier ist das Ganze als Balkendiagramm, also die Balken sind die Jahre die Zeilen sind die Sanierungsgebiete, die Fördergebiete und da sehen sie jetzt, wenn eine Förderung 2004 begonnen hat, 2019 haben wir es dann aufgehoben. Es ging also 15 Jahre. So lange ist die durchschnittliche Laufzeit eines Gebietes. Unser jüngstes Gebiet ist Münster, das wurde 2017 festgelegt und hört 2029 auf. Das ist dann aber immer ein ganz schön langer Zeitraum.

Ja, den braucht man aber auch. Die Projekte, die Planung, das wird immer zäher. Es gibt immer mehr Widerstand, wenn man ein Projekt machen will, den man überwinden muss.

Aus der Bevölkerung?

Das ist noch das Geringste. Natürlich macht Bürgerbeteiligung die Projekte auch langsamer, aber Artenschutz, Umweltschutz, Interessenskonflikte in der Verwaltung, die moderiert werden müssen, Finazierungsprobleme, eine immer schwieriger werdende Vergabebürokratie. Wir brauchen heute, um einen Auftrag zu vergeben drei mal so lange,

„Der Hospitalplatz wurde zur Fußgängerzone umgestaltet. Matthias Hahn, Bürgermeister für Städtebau und Umwelt, hat am 23. Juli 2015 gemeinsam mit der Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, beim Hospitalviertelfest den Bereich rund um die Hospitalkirche offiziell der Öffentlichkeit übergeben.    Rund um den Hospital spenden nun elf neu gepflanzte Bäume Schatten. Bewohner und Passanten erleben nicht nur großzügige, sondern mit nun insgesamt 33 Bäumen auch grüne Straßenräume.    Die Zone mit ihrem einheitlichen Belag vermittelt Urbanität und lädt zum Schlendern und Verweilen ein. Breite Gehwege an den Straßen, ein integriertes Blindenleitsystem und die besondere Berücksichtigung der Wünsche von Rollstuhlfahrern weisen in eine neue, smarte Zukunft im Hospitalviertel mit weniger Autoverkehr.“16


wie früher. Um alle Regeln einzuhalten. Das verlangsamt die Projekte und deshalb brauchen wir auch 10 Jahre mindestens, um etwas zu bewirken in einem Gebiet. Wir sind 15 Leute, wir sind interdisziplinär, wir sind Architekten, Stadtplaner, Raumplaner, Verwaltungsfachleute, Soziologen und Sozialarbeiter. Eine bunte Mischung. Das macht bestimmt Spaß.

Klar, das ist ein geiler Job. (lacht)

Mein Schwerpunkt liegt ja beim Denkmalschutz, das ist jetzt nicht ganz ihr Gebiet, aber Sie kommen damit auch in Berührung.

Ja, wir sind nicht die Denkmalschutzbehörde, aber wir haben natürlich auch, wenn wir ein Gebiet betreuen oder festlegen auch das Ziel, die denkmalgeschützten Gebäude zu erhalten, zu sichern. Wir haben in dem jungen Gebiet Kaltental gerade erst das einzige denkmalgeschützte Gebäude, das der Stadtteil überhaupt hat von Privat gekauft, um Gemeinwesen rein zu bringen und das Gebäude zu erhalten. Wir haben aber unter der Ebene Denkmalschutz auch den Begriff ortsbildprägend. Das heißt auch Gebäude, die nicht dem Denkmalschutz unterliegen werden von uns, wenn sie entsprechend sind, eingestuft als ortsbildprägend und damit als besonders erhaltenswert aus Sicht der Stadterneuerung jetzt. Nicht aus Sicht des Denkmalschutzes. Weil wir sagen, Stadterneuerung bedeutet immer nicht nur verändern, sonder das was da ist und gut ist zu erhalten und zu stärken. Oder auch das was gut ist, aber verschüttet ist und nicht geborgen ist rauszuholen. Die Erneuerung durch Veränderung ist nur ein Teil unseres Verständnisses. Deshalb sind uns ortsbildprägende Gebäude wichtig und wir versuchen diese zu schützen und zu fördern.

Würden sie denn sagen, das es eine Hürde ist Gebäude unter Denkmalschutz zu nehmen, weil Sie ja auch selber zusätzlich einstufen als ortsbildprägend. Ist es schwer Gebäude unter Denkmalschutz zu nehmen?

Das kann ich nicht sagen, das ist nicht mein Fachgebiet. Es ist aber so, dass wir im Denkmalschutz zwei unterschiedliche Perspektiven haben und unterschiedliche theoretische Richtungen. Also in unserem Aufgabenbereich liegt auch die Villa Berg, die wir modernisieren und wieder revitalisieren werden. In die Villa Berg wurde in der Nachkriegszeit sehr unsensibel eingegriffen, sie wurde komplett ausgebeint innen und ein Sendesaal eingebaut, im Stil der 50er Jahre. Es gibt dann im Denkmalschutz eine Haltung die sagt, Rekonstruktion. Man schmeißt die 50er Jahre wieder raus und stellt den ursprünglichen Zustand der Villa aus dem 19.Jahrhunder wieder her. Es gibt aber auch eine theoretische Haltung, die sagt, Zeitschichten. Die besagt, so wie in der Nachkriegszeit rigoros mit historischen Gebäuden umgegangen wurde ist schon wieder bezeichnend für den damaligen Zeitgeist und deshalb selbst schon wieder denkmalwürdig. Deshalb muss der Saal erhalten werde als Denkmal des Baustils der 50er Jahre und er Art, wie damals gedacht wurde.

Warum hat Stuttgart denn unverdient so einen schlechten Ruf? Das es hier nicht so schön ist. Was ist schief gelaufen in der Vergangenheit im Bezug auf die Stadtplanung?

Ja gut, also ich glaube die Städte haben sich städtebaulich in der Nachkriegszeit alle relativ ähnlich ausgerichtet. In Stuttgart ist es noch deutlicher, weil Stuttgart extrem gelitten hat unter der Zerstörung. Also es gibt Städte, die weniger zerstört wurden und deshalb einfach noch mehr Identität behalten konnten. Die autofreundliche Stadt wurde von Stuttgart bis Hamburg eigentlich überall ähnlich bevorzugt, eine gewisse Zeit lang. In der jüngeren Vergangenheit würde ich den schlechten Ruf eher von Stuttgart 21 ableiten und von ähnlichen Leuchtturmprojekten, die eben auch eine kontroverse Diskussion dazu ausgelöst haben. Stuttgart hat auch ein paar städtebauliche Vorteile, die man schätzen lernen kann.

Die da wären?

Die vielen Hanglagen, die Stäffele, die Nähe zu relativ vielen Naherholungsgebieten, die interessante Topografie, die gründerzeitlichen Viertel, wie der Westen oder der Stöckach. Die wirklich eine eigenes Gesicht haben und auch sehr dicht besiedelt sind. Für europäische Verhältnisse ungewöhnlich dicht. Aber dafür muss man die Königstraße verlassen, um das zu entdecken.

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Ja die Königstraße ist natürlich auch besonders schlimm, wie auch das Europaviertel. Neuerdings sieht alles, das gebaut wird sehr ähnlich aus, habe ich das Gefühl. Liegt das nur an Architekturmoden?

Ja das liegt erst mal an einer gewissen Unsicherheit glaube ich auch, die sich in der Pluralisierung unserer Kultur widerspiegelt. Wir haben jetzt ja nicht mehr nur eine Kultur, wir haben nicht mehr nur ein Milieu oder ein relativ überschaubares Klassensystem. Wo der wohlständige Mittelständler weis, wie er sich nach außen präsentiert, sondern im

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wohlhabenden Mittelstand gibt es unterschiedliche Milieus. In dieser ganzen Pluralität entsteht dann auch eine gewisse Sachlichkeit und Zweckmäßigkeit. Gleichzeitig gibt es halt einen wirtschaftlichkeits Druck, der zugenommen hat, der Ornamente auch ausschließt. Das ist aber kein Stuttgarter Phänomen, sondern sagen wir mal ein europäisches.

Wo geht es denn hin mit Stuttgart in der Zukunft?

Das ist aber schon eine sehr globale Frage, ich meine ich bin Stadterneuerer (lacht). Also für die Zukunft, aus meiner Sicht, wir streben ja eine IBA an 2027. Die Schwerpunkt für die IBA sind definiert, das können Sie auch nachschauen. Das sind jetzt nicht unbedingt überraschende Schwerpunkte, also mehr oder weniger haben alle europäischen Großstädte diese Zielsetzungen, die man jetzt für Stuttgart definiert hat. Mir persönlich, da fragen Sie aber jetzt nur mich, mir sind sie zu ängstlich. Ich hatte, als wir hier ein Brainstorming gemacht haben im Amt, habe ich mich dafür ausgesprochen Tabus zu brechen. Weil ich gesagt habe also Smart City, Smart Mobility, Klimaneutralität, das macht von Oberammergau bis Gelsenkirchen jede Stadt. Also zumindest mal als Überschrift. Ich hatte drei Vorschläge, nämlich erstens: höher, dichter und mehr. Also den Städtebau zusammenrücken, das Zusammenleben, auf den Prüfstand zu stellen, müssen wir so hygienisch, so antiseptisch wohnen, dass wir uns untereinander nicht mitkriegen? Sind die Abstandsregeln noch die Richtigen, wie kriegen wir mehr Wohnungen hin in dieser Stadt, die keine Ausbreitungsmöglichkeiten mehr hat? Da die Tabus einfach mal zu brechen, mal etwas zu wagen. Das zweite Thema war: Autofrei ab Stadtrand, generell. Das dritte Thema war: weil es ja ein regionales Projekt ist die IBA, die Region schließt sich zusammen und setzt sich zum Ziel 10 mal mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als in Deutschland die geforderte Quote ist. Das waren meine drei Vorschläge. Klingt erst mal gut. Klar, wenn man das Auto aus der Stadt verbannt gewinnt man ja auch Unmengen an Fläche, die man dann für Wohnungen nutzen könnte.

Ja und im Grunde stärkt man natürlich die alternative Mobilität, weil sie ja plötzlich zwingend wird.

Das wäre eine schöne Sache, aber wahrscheinlich etwas utopisch.    Ja es ist über die Amtsleitung nicht hinausgekommen, meine Vorschläge. Schade, das wäre natürlich eine tolle Sache, das war auch noch eine Frage, welche Rolle spielt der Verkehr in der Stadtplanung?    Ja inzwischen fast eine dominante. Also immer noch. Wenn wir zu einem Projekt der Stadterneuerung eine Bürgerbeteiligung machen, zu einem Gebiet Bürgerbeteiligung machen und dann auch Themenwände aufbauen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, beispielsweise Thema Kinder- und Jugendliche, Grünanlagen, Wohnen- und Miete und eine Themenwand Verkehr. Dann rennen von den 200 Besuchern, die wir haben 180 zu dieser Themenwand. Und wollen da auch nicht mehr weg. Hat Stuttgart da den Nachteil, das wir mit der Autoindustrie so sehr verwoben sind? Weil Stuttgart ja die Autostadt ist, gibt es da viel Druck auch von der Industrie?    Nein, das hat darauf keine Auswirkungen. Wir haben auch nicht größere Verkehrsprobleme, als andere Städte. Also das Feinstaubthema haben die andere Städte auch. Bloß Stuttgart ist als Autostadt sicherlich besonders angehalten sich da nicht abhängig zu machen. Aber Stuttgart ist nicht Detroit, manchmal würde ich fast sagen leider. Was sind denn Gründe die für einen Abriss oder Neubau sprechen und gegen einen Erhalt?    Berechtigte Frage. Also grundsätzlich prüfen wir immer den Erhalt. Gegen einen Erhalt spricht, wenn das Gebäude funktional, städtebaulich und wirtschaftlich nicht mehr zu retten ist. Ich habe Ihnen Beispiele, ich war ja auf die Frage vorbereitet. Denn das lässt sich nicht generell sagen, weil generell kann man nur sagen, wir untersuchen jeden individuellen Fall sehr sorgfältig. Es ist nicht so, dass wir am liebsten immer abreißen. Das hier ist das vorhin erwähnte Zollamt-Areal im Neckarpark. Hier ist die Kulturinsel drin im Untergeschoss sind verschiedene Floors, oben gibt es soziokulturelle Angebote, hier war eine Skateranlage drin, die auch mein 15-jähriger Sohn sehr geschätzt hat. Diese Halle haben wir abgebrochen, ungern zwar, aber wir haben sie abgebrochen. Die Ursache ist ein Gesamtkonzept für den Neckarpark, in dem 800 bis 1000 Wohnungen entstehen sollen, aus den 00er Jahren. Sind die Wohnungen dann auch bezahlbar?    Ja, das ist das Ziel. Also das ist der Rahmenplan für den Neckarpark, hier ist wieder die Kulturinsel, man erkennt die Form, mit der Halle hier. Und diese Halle liegt mitten in der zentralen Erschließungsader, die und das war ein städtebaulicher Vorteil, genau eine Blickachse

NeckarPark „Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt sollen ab 2021 mehr als 2.000 Menschen leben. Auf einer Fläche von 22 Hektar entstehen rund 450 Wohnungen, Gewerbeflächen, Parks, Plätze und Straßen.“17


Rahmenplan NeckarPark

Q11 7.833m2

Q12 7.343m2 Q13 5.535m2 Q10 7.557m2

Q15 2.873m2

Ca 283/5 Am Zollamt

Satzungsbeschluss 2018/2019

Q13.1 1.655m2

Q15.1 3.208m2

Q16.1

1.336

Q14 3.332m2

m2

Q17 2.491m2

auf die Grabkapelle auf den Rotenberg hat. Also praktisch kann man auf relativ kurzem Wege im Neckarpark immer einen Punkt erreichen, an dem man einen Blick auf die Grabkapelle hat. Die ja schon ein Identitätsmerkmal ist. Ich sage mal, wenn dieser städtebauliche Wettbewerb, das war der erste Preis, wenn der heute durchgeführt worden wäre, hätte man um die Halle drumherum geplant. In den 00er Jahren, war man noch nicht so weit. Also ist es schon auch ein Nachteil, dass die Projekte so eine lange Dauer haben? Das man das, was geplant wurde eigentlich wieder überholen müsste?    Ja, ja, diese Dauer der Planungsprozesse führt auch immer wieder zu erneuten Schleifen, zu Aktualisierungen. In diesem Fall war es eben so, dass das Bebauungsplanverfahren für die unterschiedlichen Bereiche, die Vermarktung schon so weit gediehen war, dass wir diesen Städtebau nicht mehr revidieren konnten, um diese Halle zu retten. Wir als Stadterneuerer waren an dieser Entwicklung gar nicht beteiligt, denn das war kein Fördergebiet von uns. Als wir dann gesehen haben, dass das ganze Areal zu Disposition steht haben wir ein Sanierungsgebiet drüber gelegt, um zumindest den Bereich zu schützen. Weil der aus städtebaulichen Gründen nicht weg muss. Inzwischen sieht das Areal so aus, also die Halle ist weg. Wir haben jetzt dieses Feld zur Verfügung, um mit unseren Städtebaufördermitteln hier der Kulturinsel beim überleben zu helfen. Urbanes Gärtnern irgendwie zu retten, ein Stadtteilhaus reinzubringen und etwas neues zu bauen, was zum Areal passen muss. Niedrigschwellig, flexibel und multifunktional. Aber diese Straße wird kommen und deshalb musste die Halle weg. Ja, so etwas sorgt ja auch immer für eine Durchmischung, oder etwas Abwechslung im Gesamtbild, wenn man jetzt nicht nur eine Neubausiedlung hat. Sondern vielleicht auch noch etwas Altes.    Wir Stadterneuer, wir wissen das. Also wir brauchen das, als Identitätsmerkmal für einen Stadtteil, von dem wir nicht wollen, dass er gesichtslos wird. Das ist schon klar. Aber, nicht alle haben diese Haltung, oder dieses Bewusstsein. Weder in der Politik noch in der Verwaltung. Ein anderes Beispiel, das ist jetzt ein Beispiel, wo ich selber ein überzeugter Abbrecher bin. Also ich sage, die Kiste muss weg. Das ist der Stöckachplatz, das ist die ehemalige Hauswirt-

Q18 2.300m2

Kulturinsel und NeckarPark „Innerhalb des NeckarParks ist das Areal mit dem ehemaligen Zollamt ein wichtiger Identitätsfaktor für das zukünftige Wohngebiet. Neben der Kulturinsel ist auch die Gemeinwesenarbeit des Jugendamts zu einem wichtigen Faktor für den Zusammenhalt im Gebiet und für Transparenz bei der Entwicklung des Quartiers geworden. Deshalb sollen beide Angebote künftig auf dem Zollamt-Areal Platz behalten bzw. Platz bekommen. Seitens der Stadterneuerung ist es das Ziel, bei einer baulichen Sanierung oder Ergänzung den besonderen Charakter des Orts weitest möglich zu erhalten und zu unterstützen.    Mit der geplanten Wohnbebauung und den damit einhergehenden Anforderungen an den Lärmschutz ändern sich die Rahmenbedingungen für das Zollamt-Areal. Deshalb wird ein Betriebskonzept für das Areal entwickelt, das diese Entwicklung berücksichtigen und dabei den besonderen Charakter dieses soziokulturellen Angebots bestmöglich unterstützen soll. Im Rahmen des Sanierungsgebiets Bad Cannstatt 16 -Veielbrunnen- können die dafür notwendigen bauliche Maßnahmen gefördert werden.“18


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schaftliche Schule, das ist eine riesen Form aus den 60er Jahren, die jetzt gerade noch interimsmäßig genutzt wird und die wir Ende 2021, spätestens abbrechen wollen. Warum, hier kommt ein Hang runter, die sitzt städtebaulich komplett falsch im Hang drin. Die Kaltluft kann nicht durchfließen, die Frischluft kann nicht durchfließen, die Orientierung zum Platz ist nichtssagend und abweisend mit diesem Querriegel. Das Ganze ist energetisch und statisch, wenn man andere Nutzungen reinbringen will, nicht zu halten. Weil es nicht umnutzbar ist. Wir haben dazu eine Machbarkeitsstudie führen lassen, weil auch in der Bevölkerung hat sich die Frage ergeben, ob es nicht vernünftiger sei, das Ding zu halten. Deshalb haben wir den Nachweis geführt, dass es nicht geht. Wir haben einen städtebaulichen Wettbewerb durchgeführt, der an der Stelle eine aufgelockerte Bebauung vorschlägt. Unten mit einem Supermarkt drin, durchaus sogar mehr, also von der Kubatur ist es sogar mehr als jetzt gerade. Der eine Block ist ein kleines Hochhaus. Aber es ist durchwegt in den Hang hinein, es ist in vier Teile aufgelöst und passt sich dadurch viel mehr der Bebauung an und städtebaulich die definitiv bessere Lösung, als der aktuelle Zustand. Dieser Entwurf ist jetzt aus den 10er Jahren, wären wir da noch in den 00er Jahren gewesen, hätte jeder so was genommen, das ist das Zeppelingymnasium und hätte gesagt, darauf antworten wir mit einer Großkubatur. Hätte da dann auch wieder so einen riesigen Oschi hingestellt, um da so einen Rahmen zu bilden. Da ist inzwischen einfach das Bewusstsein gestiegen für ein menschliches Maß, das man auch haben sollte, das da jetzt so ein Ergebnis bei rausgekommen ist. Da finde ich es richtig, das weg zu machen, damit wir das kriegen. Und das wird dann Wohnraum? Oder wie wird das genutzt?    Das wir 50 % Wohnen, 25 % Gemeinwesen und 25 % Einzelhandel. Also es kommt ein Vollsortiment da rein. Wir haben dann sogar eine Postkartenaktion gemacht, wo wir diese beiden Baukörper, die man vom Platz aus sieht hier mal so vor die bestehenden Gebäude gelegt haben und die Treppe simuliert haben, die da durchlaufen wird. Wir haben dann die Leute gebeten reinzumalen, wie sie sich das Gesicht dieses Platzes zukünftig vorstellen. Da kamen dann ganz spannende Sachen bei raus und das haben wir dann zu einem Katalog zusammengefasst. Also da stehe ich absolut hinter dem Abbruch. Ja ich habe schon rausgehört, dass wenn Gebäude nicht umnutzbar sind, Abriss häufig die Konsequenz ist.    Ja in Punkto Identität hier im Stadtteil, gab es niemand, der gesagt hat, dieses Gebäude gehört zum Stadtteil und macht einen Teil unseres Stadtteils aus oder gehört zu unserer Geschichte. Keiner, da gab es keine Fürsprecher. Da hing kein Herz dran, von niemandem. In der Vergangenheit ist ja viel abgerissen worden, auch Gebäude, wo man es jetzt bereut. Ja, definitiv. Aber wir dürfen diesen Ruf nicht ewig an uns kleben haben, weil wir denken jetzt schon lange nicht mehr so. Jetzt wollte ich noch ein letztes Beispiel zeigen, das ist die Daimlerstraße 100 in Bad Canstatt. Da sind wir gerade noch am kämpfen. Für einen Abriss?    Wir für den Erhalt, der Rest der Verwaltung für den Abriss. Weil, aus welchen Gründen? Also wieso soll das Gebäude weg?    Dieses Gebäude ist in zentraler Ecklage, eine sehr exponierte Lage und aus unserer Sicht stadtbildprägend. Ich habe ja vorhin gesagt, das ist ein inoffizieller Begriff, den wir aber verwenden in unserer Förderung. Es hat keinen Denkmalschutz. Die SWSG, also die Stadtverwaltung hat die SWSG aufgefordert, das ist die städtische Tochterfirma für Wohnungsbau und auch Wohnungsneubau, eine Untersuchung durchzuführen, ob ein Erhalt des Gebäudes wirtschaftlich ist. Das hat sie gemacht, zu dem Ergebnis, das es das nicht ist. Wir sagen, wäre das irgendein Gebäude, könnten wir dem folgen. Da dieses Gebäude aber für die Identität dieses Gebiets eine große Bedeutung hat, hat das einen anderen Wert und die Wirtschaftlichkeit muss nach anderen Aspekten beurteilt werden. Da sind wir gerade noch am kämpfen.

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Stadt Stuttgart zu Hospitalplatz unter: https://www.stuttgart.de/item/show/505816 (aufgerufen am 26.05.2020)./

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Stadt Stuttgart zu Neckapark unter: https://www.stuttgart.de/item/show/588130 (aufgerufen am 26.05.2020)./////

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Stadt Stuttgart zu Neckapark unter: https://www.stuttgart.de/item/show/588130 (aufgerufen am 26.05.2020)./////


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https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.70-jahre-kriegsende-schicksalstage-in-stuttgart.36173c91-0c36427a-8692-f5916112a539.html./////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.pinterest.de/pin/420031102731900766/.///////////////////////////////////////////////////////////

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Bildrechte liegen bei der Landeshauptstadt Stuttgart.////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.german-architects.com/de/jetter-landschaftsarchitekten-stuttgart/project/stockachplatz./////////


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Die fünf Wellen des Abriss nach dem Artikel „Abriss-Furor und kein Ende in Sicht“ von Roland Ostertag unter: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgarts-umgang-mit-bauwerken-abriss-furor-in-stuttgart-und-kein-ende-in-sicht.02292601-4438-446a87fe-c8c4cd19f846.html (aufgerufen am 26.05.2020).//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////


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·Denkmalschutz ·Denkmalpflege ·Bewahren

Gespräch mit der Leiterin des Ortskuratoriums Stuttgart der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Gisela Lasartzyk Wie verändert Denkmalschutz eine Stadt?    Denkmalschutz bewahrt die erlebbare Geschichte eines Ortes, seine Strukturen und gestalterischen Werte sowie erhebliche wirtschaftliche Werte. Gibt es ein mangelndes Bewusstsein für das, was Generationen vor uns geschaffen haben, besonders in Bezug auf Architektur?    Der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bundesweit koordinierte Tag des Offenen Denkmals beweist, dass die Bürger dieses Bewusstsein haben. Die Politik knickt leider viel zu oft vor den wirtschaftlichen Interessen von Investoren ein, denen es oft nur um die Grundstückswerte der historischen Altstädte geht. Wie groß sind die Hürden, um ein Gebäude unter Denkmalschutz zu nehmen?    Die Gründe, um Bauten unter Denkmalschutz zu stellen, sind in den jeweiligen Landesdenkmalschutz-Gesetzen klar definiert. Wo sehen Sie die Mängel im deutschen System des Denkmalschutzes? Oder andersherum, gibt es Länder, in denen der Denkmalschutz besser funktioniert?    Das deutsche Denkmalschutz-System ist in der Theorie sehr gut. In der Praxis gibt es zu wenig qualifizierte Stellen in den Denkmalämtern, um beratend und nicht nur verbietend oder gebietend tätig werden zu können. Auch stehen zu wenig Fördermittel zur Verfügung, um die Auflagen, die im Interesse der Gesellschaft auferlegt werden, auch unproblematischer möglich zu machen. Was sind Gründe, die für einen Neubau und gegen einen Erhalt sprechen?    Aus Sicht der Denkmalpflege gibt es kaum Gründe. Kluge Architekten und Bauherren statt Investoren, die nicht nur an einer Gewinnmaximierung interessiert sind, finden auch für Umnutzungen, energetische Sanierungen, Modernisierungen etc. gute und intelligente Lösungen und der Dokumentenwert der Bauten und deren wirtschaftlicher und nachhaltiger Wert als Bausubstanz kann erhalten bleiben. Nur undurchdachte Schnellschüsse an der Denkmalpflege vorbei führen zu Problemen. Gibt es konkret in Stuttgart – verglichen mit anderen Großstädten – einen mangelnden Denkmalschutz.    Es mag für sich sprechen, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz aus Stuttgart nur für die Veitskapelle in Stuttgart-Mühlhausen, das Gedok-Haus in Stuttgart-West und 1994 für die Fassadensanierung von drei Fachhäusern überhaupt Anträge bekommen hat. Was bedeutet es für ein Gebäude, wenn es unter Denkmalschutz steht?    Grundsätzlich ist der Eigentümer zum Erhalt verpflichtet, er muss jede Baumaßnahme mit dem Denkmalamt abstimmen und genehmigen lassen, damit der Denkmalwert und das spezielle, was es als Denkmal auszeichnet, erhalten bleibt. Dafür kann er Zuschüsse beantragen und die Kosten steuerlich absetzen. Genaueres regeln die Landesdenkmalschutzgesetze . Würden Sie sagen, dass sich die Menschen hingezogen fühlen zu Architektur mit Geschichte (Beliebtheit von historischen Altstädten)?    Dies beweist auch die große Teilnahme am jährlichen Tag des Offenen Denkmals. Zudem bilden sich vermehrt Bürgerinitiativen für den Erhalt von Denkmalen. Die wachsende Bedeutung historischer Altstädte als touristische Destinationen sind weitere Indikatoren. Grundsätzlich scheint gerade in Zeiten der Globalisierung eine Gegenbewegung zu Identität und Heimat stattzufinden. Warum ist die Innenstadt Stuttgarts Ihrer Meinung nach so unattraktiv?    Stuttgart hat sehr attraktive Ecken, trotz aller Kriegszerstörungen zum Beispiel das Neue und Alte Schloss. Die Gesamtstadt folgt aber immer noch der städtebaulichen Maxime der

„Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist die größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland. Wir setzen uns bundesweit und unabhängig für den Erhalt bedrohter Baudenkmale aller Arten ein. Dabei verfolgen wir einen umfassenden Ansatz, der von der Notfall-Rettung gefährdeter Denkmale, zahlreichen Jugendprojekten bis hin zum „Tag des offenen Denkmals®“ reicht.    Rund 400 Projekte fördert die Stiftung jährlich, vor allem dank der aktiven Mithilfe und Spenden von über 200.000 Förderern. Hinzu kommen zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen.“19

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1970er Jahre: Der autogerechten Stadt. Die Bebauung nimmt wenig Rücksicht auf die geografische Lage und das menschliche Maß. Die Bauten sind Solitäre und fügen sich nicht ein in ein städtebauliches Bild, das es vermutlich als Planungsgrundlage auch nicht gibt. Es ist so, ich nenne mich ja Leiterin des Ortskuratoriums Stuttgart, bin aber für die ganze Region zuständig, also bis Schwäbisch Hall auch Heilbronn. Also ein ganz großes Gebiet und in Stuttgart, wie ich Ihnen schon geschrieben habe, haben wir nur drei Förderanträge. In Esslingen glaube ich 10, Ludwigsburg, Leonberg, Esslingen ist natürlich auch noch mal etwas anderes, weil da auch das Landesdenkmalamt ist und die haben natürlich auch wirklich viel. Aber die trauen sich dann eben auch den Antrag zu stellen. Hier in Stuttgart hört und sieht man dann gar nichts, weils anders läuft. Wer stellt dann diese Anträge, wie funktioniert das?    Die muss der Eigentümer stellen. Also wenn wir in Aktion treten, dann ist es grundsätzlich, dass man erst mal ein Denkmal hat. Nicht nur alt, sondern ein in die Denkmalliste eingetragenes Gebäude. Wenn ich dann als Privatperson in einem Haus wohne, dann kann ich einen Antrag stellen?    Ja genau, dann können Sie auch einen Antrag stellen. Also wenn sie jetzt ganz privat ein Denkmal haben und es muss Veränderungen haben aus irgendwelchen Gründen, müssen Sie das mit dem Denkmalamt besprechen, das es genehmigt wird sozusagen. Oder, dass Sie besprechen, wie man das machen kann, um die Besonderheiten dieses Objektes alle zu behalten, oder nicht zu zerstören. Und dann können Sie aber einen Antrag stellen und je nach dem wie das ist, wird also die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit einem Fördervertrag, manches mal auch das Landesdenkmalamt noch zusätzlich oder auch das Land tätig. Das kommt immer darauf an, was jetzt wie schützenswert ist und wie wertvoll das ist. Da gibt es dann noch Abstufungen?    Ja, nicht jedes Denkmal ist gleichwertig, das Neue Schloss ist noch mal etwas anderes, als das Garnisonsschützenhaus oder so. Aber alles ist schützenswert. Das ist dann auch schwer zu entscheiden, was schützenswert ist und was nicht.    Ja, aber das entscheidet das Denkmalamt. Wir haben einen Projektarchitekten, der dann mit dem Denkmalamt schaut, also wenn es soweit ist, dass ein Förderantrag gestellt wurde. Dann haben wir einen Projektarchitekten, der die Sache dann auch noch mal anschaut und sagt, was fördern wir. Also wir fördern nie die ganze Maßnahme, sondern innerhalb der Maßnahme nur einen bestimmten Teil, der kann groß sein der Teil, aber wir sagen dann, entweder wir sind für die Fenster zuständig, fürs Dach oder fürs Treppenhaus. Es gibt ganz viele Möglichkeiten und das wird dann eben entschieden, wofür wir das Geld geben. Also nicht einfach zu dem Größenbetrag für den Umbau etwas dazu, sondern wir bestimmen dann ganz genau, was wir bei dem einzelnen Projekt unterstützen. Und schauen dann, dass das umgesetzt wird?    Ja, das wird dann nachher kontrolliert. Wir haben einen zweiten Architekten, der nur kontrolliert, sind die Sachen wie im Fördervertrag bestimmt auch ausgeführt worden. Da müssen dann auch Rechnungen vorgelegt werden und so weiter. Wir reden ja von Spenden, das sind ja alles Spendengelder, wir sind allerdings auch Destinatär von der Glücksspirale, das ist eine Art der Gewinnspiele von Lotto und da sind wir Destinatär. Aber das ist ja nicht unser Geld, sondern wir geben das Geld, das da eingespielt wurde, in gewisser Weise doch auch öffentliche Gelder, geben wir aus. Deshalb muss das auch kontrolliert werden. Also da haben eigentlich alle Verständnis, obwohl es auch andere Fälle schon gegeben hat, nicht bei mir, aber in anderen Bundesländern, da musste der Betrag dann zurückgezahlt werden. Und haben Sie da gerade viel zu tun hier in der Region?    Ja also es ist so, dass ich immer sechs bis acht Förderverträge im Jahr habe. Ich war jetzt vor einer Woche in Heimsheim, das ist auch hier in der Nähe, das Grävenitz’sche Schloss, da fördern wir das Deckengemälde im Festsaal. Morgen bin ich dann in Straubenhardt und da fördern wir eine Orgel. Dort wurde vor Jahren eine Orgel einfach ausgebaut, in einer Scheune deponiert und die jetzige Kirchengemeinde, die möchte jetzt gerne wieder eine Orgel haben. Man hat die gefunden und man kann sie auch bespielbar machen, sie wird nicht umgebaut sondern nur gerichtet und dann wieder in der Kirche eingesetzt. Ein ganz schön breites Feld an Aufgaben.    Wir fördern, ich sage immer, Burgen, Schlösser, Kirchen, technische Anlagen, Parks und dann eben auch so was. Orgel ist es bei mir die zweite. Die eine war in Leingarten, das ist bei Heilbronn und das ist jetzt die zweite Orgel. Aber sonst alles, was so an einem Bau gemacht


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werden kann. Wenn ich mein Vorzeigeprojekt die Veitskapelle in Stuttgart Mühlhausen nehme, da war der erste Fördervertrag das Dach und dann war erst mal alles geschützt. Da war dann ein Dach und alles darunter war geschützt. Dann sind im Kirchenraum sehr viele Fresken herausgekommen, Gemälde, die dann gerichtet wurden, der Altarraum war der dritte Fördervertrag, dann außenrum musste man die Kirche auch noch richten. Das war dann der vierte Vertrag mit der Mauer, die plötzlich den Berg heruntergekommen ist. Also Sie sehen, es gibt bei einem Objekt auch mehrere Förderungen hintereinander. Das ist auch sehr nützlich. Aber nie das Gleiche. Man schaut ja auch, dass das dann wirklich gut gemacht wird und dann wieder eine Weile hält. Aber Sie haben gesagt, in Stuttgart ist es relativ wenig.    Ja. Drei Sachen, dabei sind wir mit der unter Denkmalschutzbehörde sehr gut in Kontakt mit der Frau Dr. Pietrus, wir machen manchmal sogar gemeinsame Veranstaltungen, aber die Dinge werden immer anders geregelt oder gar nicht. Wobei die Frau Dr. Pietrus ist sehr aufgeschlossen, vor ein paar Jahren am Tag des Denkmals hatten wir mal einen Stand zusammen. Die Calwer Passage, die so total eingehaust ist, Sie haben es vielleicht schon gesehen und die Baustelle drumherum. Es ist eingehaust und da haben wir vorher noch eine gemeinsame Veranstaltung und Führungen gemacht. Das ist auch so ein Projekt, wo ich nicht so recht verstehe, wieso eigentlich.    Ja ist auch nicht zu verstehen. Es ist vieles nicht zu verstehen. Ja, weil es wurde ja so gefeiert, als es damals gebaut wurde.    Europaweit sind damals alle hier hergereist, um das zu sehen. Und jetzt plötzlich und so alt ist es im Vergleich ja auch noch gar nicht und es ist trotzdem schon wieder überholt und wird einfach irgendwie noch mal neu ummantelt, das ist irgendwie ein bisschen skurril, was vorgeht.    Es ist einfach schwierig. Ein anderes Projekt, wo ich immer dran bin und sich nichts tut ist die Villa Berg. Da ist jetzt zwar beschlossen vom Gemeinderat „Musik und mehr“, was ist „Musik und mehr“? Soll da gemacht werden, aber ein Anfang ist da auch noch nicht gemacht worden. Sie zerfällt zusehens, wenn man dort spazieren geht, fehlt wieder einen Fensterscheibe oder so etwas, weil es nicht bewohnt wird.

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Steht dem da die Bürokratie in Deutschland im Weg?    Ja, ja genau auch etwas. Ich habe jetzt gehört vom Landesdenkmalamt, das kann man zwar nicht weiterverwenden, das wieder ganz andere Ideen sind, was man mit der Villa da machen will. Eine Art Hausaufgabenbetreuung und da sage ich, es gibt genug Schulen, die Platz für so etwas bieten. Also es ist alles wieder auf Anfang, es geht einfach nicht weiter. Da hat sich eine Gruppe hier in Stuttgart ja unheimlich dafür eingesetzt, dass das etwas wird, die haben sich auch für das Garnisonsschützenhaus sehr eingesetzt, aber beide Sachen hängen noch. Es geht einfach nicht weiter. Von der Oper gar nicht zu sprechen. Es gibt so ein paar Dinge in Stuttgart die irgendwie schief laufen.    Ja, die einfach schief laufen.

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Denken Sie, dass ist besonders in Stuttgart ein Problem, oder haben andere Städte auch diese Probleme?    Ich glaube es ist teilweise auch in anderen Städten. Wir sind jetzt hier vor Ort und merken das mehr und das berührt einen dann mehr. Ich glaube, dass die jetzige Generation, oder nachfolgende Generation, dass die da vielleicht nicht so den Bezug zu haben. Ich weis es nicht. Aber es geht ja auch über die Amtsstufen. Deshalb machen wir auch Vortragsveranstaltungen, Führungen und am Tag des Offenen Denkmals sind wir immer an unzähligen Stellen vertreten. Einfach immer wieder um den Gedanken hoch zu halten. Um zu sagen, wir müssen das erhalten, das ist unser Leben, das ist unsere Geschichte. Woher wir kommen. Um das einfach auch zu festigen. Auch bei jungen Leuten. Ja, ich habe mich auch gefragt, ob es jüngeren oder nachfolgenden Generationen dann mit dem, was wir aktuell bauen einmal genauso geht.    Das kann schon sein. Obwohl ich es mir schwer vorstellen kann.    Ja man kann es sich schwer vorstellen, aber es ist vielleicht schon so. Ich denke immer, was hat meine Mutter gesagt, die war immer sehr an Kunst und Kultur gehangen, das war aber damals auch noch zur Kriegszeit, da war alles noch mal anders. Es hat eine gewisse Zeit gebraucht, bis man selber dann soweit ist und das alles erkennt. Ja das kann dann schon so sein. Es fällt einem nur so schwer, das zu glauben, bei den aktuell entstehenden Gebäuden. Wir wissen es ja nicht, vielleicht haben die irgendwann dann doch noch ihren Reiz.    Also wir versuchen ja auch da die jungen Leute zu kriegen. Wir haben zwei Aktionen, das eine ist „Denkmal Aktiv“, da können sich Schulklassen bei uns bewerben, um beispielsweise den Friedhof aufzuräumen oder die Geschichte eines Hauses ergründen. Das habe ich in Eppingen erlebt, da haben sie die Geschichte eines Hauses von 1300, das immer wieder unterschiedlich genutzt wurde aufgearbeitet mit den Kindern und Jugendlichen. Die haben da teilweise mit alten Kirchenbüchern in Sütterlin gearbeitet und waren hinterher so was von begeistert. Das ist unglaublich. Das ist auch ein Problem der Heranführung. Haben Sie in der Schule so etwas gehabt? Nein.    Ich auch nicht (lacht). Aber wenn jetzt die Jugendlichen herangeführt werden, dann sind das andere Menschen. Also ich sage das immer, es klingt albern, aber es ist tatsächlich so. Da ist etwas geweckt worden. Ein Bewusstsein.    Ja genau ein Bewusstsein. Es wäre wünschenswert, wenn es das mehr in der Gesellschaft gäbe.    Ja, aber dazu braucht man dann wieder Lehrer. Da muss der Lehrer mitspielen, bei so einem Projekt mit einer Schulklasse. Der muss dann sich die Zeit nehmen und heranführen. Das ist dann auch wieder ein Problem. Ja, man stößt immer wieder auf Hindernisse. Das ist auch ein bisschen frustrierend.    Ja absolut. Das zweite sind die Jugendbauhütten. Das in einer Jugendbauhütte, so wie man früher mit Meister und so gearbeitet hat, 22 Jugendliche ein Jahr sind und das Freiwillige soziale Jahr machen. Die sind abgesichert, wie wenn sie im Altersheim oder sonst irgendwo sind und kommen da aber mit Denkmalen in Berührung und mit den Handwerkern. Wir suchen dann Einsatzstellen und dort können die Jugendlichen dann mitarbeiten. Wir sind stolz, unheimlich stolz, weil wir seit September letzten Jahres solch einen Einsatzort in Esslingen haben. Das haben wir am 1. September 2019 in Esslingen begonnen und haben jetzt schon so viele Anmeldungen, dass wir überlegen müssen, ob wir alle annehmen können. Den Leiter, den wir eingestellt haben, das ist der Herr Nonnenman der schafft es Einsatzstellen in ganz BadenWürttemberg, also auch am Bodensee zu finden. So das die Jugendlichen da wirklich etwas zu sehen bekommen. Die Jugendlichen wandern also dann von Ort zu Ort?    Ja, genau die wandern dann von Ort zu Ort oder sind dann länger an einer Stelle, wo andere schon wieder an eine andere gehen. Da ist man ein bisschen flexibel. Je nach dem, was eben auch ansteht oder gemacht werden muss. Dann haben sie aber auch Seminarwochen, wo sie einfach noch zu Kunst und Kultur lernen. Eigentlich hätten wir in Stuttgart schon genug zu tun, da könnten sie alle hier bleiben.    Das geht leider nicht (lacht). Aber jetzt sind wir glücklich, wir haben es in Esslingen hinbekommen. Ich habe da jetzt 10 Jahre dran gearbeitet, dass wir für Baden-Württemberg eine kriegen und den Bürgermeister von Esslingen, den konnte man eben überzeugen.


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Gespräche

Also Esslingen wieder.    Wieder Esslingen (lacht). Die haben da vielleicht ein höheres Bewusstsein, wenn man in dieser geschützten Atmosphäre lebt.    Möglicherweise, wenn man jeden Tag mit Denkmal zu tun hat. Denken Sie denn, dass Denkmalschutz oder Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen eine Weiterentwicklung der Stadt in irgendeiner Form behindern oder verhindern?    Also ich meine nicht. Meine Meinung ist die, dass die eher dazu beitragen. Dass etwas dableibt, dass ein Heimatgefühl entsteht, dass da eben etwas längere Zeit steht. Es sind eher dann so Investoren, die tolle Plätze in der Stadt wollen, so wie jetzt auch wieder ein Schmitthenner-Haus abgebrochen worden ist. Das ging ganz schnell, ich habe da noch gar nicht mit dem Denkmalamt drüber gesprochen. Aber es steht ja in allen Zeitungen „Denkmal abgerissen“ und das ist in der Eduard-Pfeiffer-Straße, das ist natürlich eine Wohnlage, die sicher toll zu bebauen und teuer zu verkaufen ist. Da geht es wieder darum. Ja die Killesbergerhöhe hier, ist ja auch so ein Investoren Ding, oder das Europaviertel, das ist immer wieder das selbe.    Ja, das ist nicht nur hier regional ein Problem, sondern europaweit oder noch weiter. Ein bisschen auch der Zeitgeist, die Urbanisierung spielt da sicher auch wieder viel mit rein.    Ja, aber Wir haben mehr Solitäre, mehr schöne Häuser, aber nicht, wie in München so eine tolle Straße, wo eins ans andere steht. Ja, das macht es eben aus, diese Altstadtattraktivität. Deswegen ist es wahrscheinlich für Touristen, die sich nicht für Autos interessieren hier auch nicht so interessant, weil es eben nicht, wie beispielsweise in Esslingen diese Fachwerkstraßen gibt.    Ja, genau genau. Da kann man so die Fachwerkstraßen und alle möglichen Fachwerke auch aus verschieden Jahrhunderten sehen. Also wer so etwas sucht, der findet dort natürlich mehr, als bei uns. Jetzt gibt es ja gerade von dem Verein „Aufbruch“ mit dem Wieland Backes, den Wunsch oder Plan, ein Kulturquartier erstellen. Aber das ist ja auch noch nicht durch. Also von der Oper rüber zur Königstraße, Neues Schloss, Altes Schloss, da so die Ecke. Da würde dann vermutlich aber auch wieder viel rumgebaut.    Ja, zumindest müsste das natürlich in einem Wurf in einer Hand sein. Also, wie man das Ganze dann gestaltet, bestehendes lässt, andere einsortiert. Aber, ob das so gelingt. Man ist da jetzt immer so skeptisch, weil irgendwie in Stuttgart nichts wirklich gut wird. Deshalb vertraut man so neuen Konzepten und Ideen jetzt auch nicht mehr, weil alles was kommt ist irgendwie nur so halb gar.    Richtig. Ein gewisses Misstrauen gegen die Obrigkeit ist glaube ich überall. Aber die ist bei Kultur hier besonders stark. Wenn man bedenkt, wie lange das gedauert hat mit der CrankoSchule, mit allem, was Stuttgart im Bezug auf Kultur wichtig macht. Das dauert alles immer ewig. Deswegen hat Stuttgart glaube ich auch so einen schlechten Ruf. Man wird ja immer so ein bisschen bemitleidet, wenn man in Stuttgart wohnt.    Ja, das liegt einfach drin. Wenn Freunde oder Bekannte einen dann besuchen und man mit ihnen eine Rundtour macht, die Solitäre besucht und auch darauf hinweist, dann kann man es oft etwas zurück stufen. Schade ist, dass die Königstraße, das ist eigentlich eine tolle Straße, dass da kein gescheiter Laden mehr ist. Genauso Dinge. Die Königstraße ist glaube ich ein Fall für sich. Aber, was man da jetzt noch anders machen kann, ich weis auch nicht.    Ein Fall für sich genau. Also ich habe da jetzt auch keine Vorschläge dafür, aber ich denke, dass es schon Menschen gäbe, die vielleicht da ein bisschen was machen könnten. Aber dann muss man eben in die Tasche greifen. Und dann gibt es da halt keinen Gewinn, also zumindest nicht gleich und dann läuft es nicht.    Ja, genau. Also wenn ich jetzt nur daran denke, um noch mal die Oper zu nehme, da haben sie gesagt eine Milliarde, wir haben aber viel eingerechnet, dass es hoffentlich keine Überraschungen gibt und so weiter. Da müsste man jetzt einfach ja sagen. Jetzt haben die 30 Jahre lang an der Oper nichts gemacht. Vor 30 Jahren hat man schon gesagt, die Verhältnisse der Arbeitenden hinter der Bühne, nicht die Zuschauer, da müsste etwas gemacht werden. Jetzt hat man es 30 Jahre lang hängen lassen und jetzt kostet es halt mehr, das ist im Leben nun mal so. Erstens wird es abgenutzt und zweitens ist es eben so und jetzt machen sie so einen Affentanz darum, dass man das nicht anlegen will. Wobei die Milliarde nicht nur für das Haus ist, sondern die ist ja auch für die Interimslösung, die muss man ja auch erst richten, so kommt es insge-

Paul Schmitthenner Alfred Daiber wurde am 15. Dezember 1884 in Lauterburg im Elsass geboren. Von 1902 bis 1907 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe und an der Technischen Hochschule München. Nach seinem Studium arbeitete er als Architekt und wurde dann 1918 durch Paul Bonatz als Professor an die Technische Hochschule Stuttgart berufen.    Schmitthenner zählt neben Paul Bonatz zu den Hauptvertretern der Stuttgarter Schule. Er starb am 11.November 1972 in München.20

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samt auf den Betrag. Ich hoffe natürlich auch, dass er nicht überschritten wird, wie bei allen Kunstobjekten, aber Hamburg ist heute ja glücklich mit der Elbphilharmonie. Wenn man es jetzt politisch sieht, dann hat jetzt der Herr Kuhn seinen Rücktritt erklärt, jetzt wird wieder nichts passieren, da wird gesagt, dass muss man dann mit dem Neuen machen. Die Entscheidung wird also aufgeschoben.    So läuft eben die Politik. Dann ist nächstes Jahr Landtagswahl, da kann das noch mal passieren. Also muss man sich auf längere Wartezeiten einstellen.    Ich hoffe es nicht, es wäre toll, wenn die sich mal entscheiden. Da fehlt einem so langsam ein bisschen die Geduld, weil es mit allem so schleppend läut, auch mit dem Bahnhof.    Der Bahnhof (lacht). Ja der Bahnhof ist natürlich eine ganz spezielle Sache. Also da kann ich Ihnen sagen, da war ich noch nicht bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, aber der damalige Vorsitzende der Stiftung, der war in den 90er Jahren öfter mal hier in Stuttgart, um das auch mit zu planen. Aber er ist total untergegangen mit seinen Hinweisen und Vorschlägen und dann war es ja eine politische Entscheidung. Das muss man wissen, es ist eine politische Entscheidung, es ist ja das Volk gefragt worden und dann wurde ja angefangen zu bauen. Jetzt hoffen wir mal, dass er irgendwann fertig wird und diese Baustellen beendet werden. Und dann die Bebauung, das wird auch noch spannend. Die Wohnungen die darauf entstehen sollen, da habe ich auch bisschen Angst davor, weil ich vermute, dass das auch wieder so eine trostlos Sache wird. Auch, wenn man sich vornimmt, dass man es besser macht.    Ja ja, dass ist dann auch wieder so, wie Sie es in Ihrer Mail geschrieben haben, dass die ganze Stadt gleich aussieht. Also ich glaube, wenn man sich das hier an der Killesbergerhöhe anschaut und das Europaviertel, dann kann man erahnen, wie das neue Areal dann aussehen wird.    Also es ist jetzt hier zwar besserer Wohnbau, aber aussehen tut er trotzdem gleich. Ich befürchte, dass es da genauso wird und, dass diese Atmosphäre, die durch diese Neubauten entsteht, da fehlt dann irgendwie diese Durchmischung mit Historie. Aber das kann man da natürlich auch nicht hinpflanzen, aber irgendwie ist es schwer.    Ja, es ist schwer. Wie kann es denn gut gelingen, dass man den Denkmalschutz in die Stadt integriert?    Also das ist er ja praktisch. Jede Stadt hat ihre Denkmalschutzbehörde, die darauf aufpassen muss, dass es richtig läuft, es sei denn bei politische Entscheidungen, dann können die auch nichts machen. Dann gibt es auch noch das Landesdenkmalamt, in sofern ist schon in jeder Stadt etwas vorhanden, wo man drauf aufpasst. Aber es kann eben durch die Politik dann ad absurdum geführt werden. Da gibt es doch diese Staffelungen mit der unteren, oberen und mittleren Denkmalschutzbehörde, das scheint mir ganz schön kompliziert.    Ja, also die untere Denkmalschutzbehörde ist in der Stadt. Dann gibt es noch das Landesdenkmalamt, das sitzt jetzt auch in Esslingen. Das also für Baden-Württemberg zuständig ist, noch mal untergliedert in die vier Bezirke: Nord Württemberg, Süd Württemberg, Nord Baden und Süd Baden. Also so, wie auch die Regierungspräsidien. Das Landesdenkmalamt ist ja eine Abteilung des Regierungspräsidiums und die oberste Denkmalschutzbehörde ist das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Das macht es vielleicht alles komplizierter, diese ständige Unterteilung. Wer darf denn da entscheiden?    Ja das ist genau festgelegt, bis zu was jeder entscheiden darf und was dann eben vom Ministerium oder letztendlich dann sogar im Landtag oder so muss. Das ist schon alles festgelegt in den Satzungen und so weiter. Also ist das System vielleicht auch Schuld daran, dass es so ist, wie es ist?    Kann schon sein, aber wir leben natürlich in einem Land, wo das überall so ist. Das ist in den anderen Bundesländern auch so. Macht es nur alles komplizierter.    Ja, das macht alles komplizierter, also es darf halt keiner so, wie er gerade denkt. Wobei manchmal so schnelle Entscheidungen auch gut wären, weil sonst zieht es sich wieder so, wie mit der Oper beispielsweise.    Manchmal, wäre es gut, wenn eine schnelle oder rasche Entscheidung getroffen werden kann, weil sonst verzieht es sich wieder. Manche Dinge müssen aber auch überlegt werden. Keine Schnellschüsse sein.


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Gespräche

Keine einfache Sache.    Nein, einfach ist es auf keinen Fall. Überhaupt glaube ich, dass Städtebau keine einfache Sache ist. Um noch mal zurück auf die Villa Berg zu kommen, wenn das gerichtet wäre, das wäre ein wirkliches Schmuckstück, mit dem Park und allem. Das ist ein Jammer, dass das so vor sich hin verkümmert. Aber es war ja am Anfang vom Neuen Schloss die Anlagen runter bis zur Villa Berg ein großer Park und das ist natürlich durch die Bundesstraße total durchbrochen worden. Ja das Auto ist ein großes Problem.    Das Auto ist ein großes Problem und unsere Bürgermeister hier nach dem Krieg, die haben eben vor allem die Autostadt hochgehalten. Aber ich sage immer, die haben schauen müssen, dass die Leute Arbeit kriegen, dass wieder Geld in die Stadt kommt. Jetzt sind die Schwerpunkte eben ein bisschen anders. Ja, ich glaube Stuttgart hat auch das Problem mit der großen Autoindustrie, dass man sich auch ein bisschen danach richtet.    Ja, etwas schon, weil die bringen das Geld in die Stadt. Da darf man die nicht so ganz unberücksichtigt lassen. Die Frage ist ja immer nur, wie findet man den Weg mit denen und ich denke, dass man mit Verhandlungen oder Gesprächen ganz schön was erreichen könnte. Wenn das Auto aus der Stadt raus wäre, dann wäre das natürlich noch mal eine ganz andere Sache und das würde Stuttgart auf jeden Fall attraktiver machen.    Da sind natürlich auch früher viele Fehler gemacht worden, wenn sie an die B14 denken. Wenn die gleich unten geblieben wäre und so durchschneidet sie die Stadt. Also vor dem Haus der Geschichte, vor der Staatsgalerie und so weiter. Das ist alles durchschnitten. Stuttgart ist eben nach Autogesichtspunkten gerichtet worden, muss man sagen und dass lässt sich jetzt ganz schwer zurück bauen. Ja gut, wenn man wollte könnte man bestimmt.    Da nützt es nichts, wenn man überall Fahrräder hinstellt. Weil überall stehen jetzt die Fahrräder, bei uns oben in Vaihingen, in Degerloch und so weiter. Es ist ja auch schwierig, den Berg runter kann man gut fahren, aber zum Beispiel der Fahrradweg von Vaihingen der hört einfach in Kaltental auf. Das sind auch so Dinge, wo man sich dann wirklich ärgern kann, wie oft das in der Straßenbahn verboten ist, das Fahrrad mitzunehmen. Ja das Fahrrad in der U-Bahn, das kann man eh vergessen, das geht gar nicht. Da stolpern alle drüber, weil man es dort nirgends richtig abstellen kann. In der S-Bahn ist es schon schlimm, aber in der U-Bahn ist es fast unmöglich und im Bus darf man es erst gar nicht mitnehmen.    Da ist schon vieles, was falsch geplant worden ist und was jetzt auch schwierig zurückzudrehen ist, aber die Autos sind ein Problem. Ich glaube, wenn man es wollen würde, könnte man es schon hinkriegen.    Ja, das ist richtig, wenn man durchplanen würde und nicht nur da ein bisschen und da ein bisschen, sondern mal einen generellen Plan. Der wird zwar auch auf Widerstand stoßen, aber man muss manches auch durchziehen gegen Widerstand. Also jetzt noch mal auf manche Denkmale oder Burgen zurückzukommen, wenn das noch schlecht aussieht und man sagt, dass fördert man jetzt und das richtet man. Da gibt es auch so viele Stimmen. Am Anfang sind viele skeptisch, wenn es dann aber mal fertig ist, dass kann sich keiner vorstellen, dass es mal schön wird. Wenn es mal fertig ist sind alle dafür. Das ist auch so etwas menschliches. Insofern muss man sich manchmal auch gegen Widerstand durchsetzen. Muss einfach sagen: „Das ist das Konzept!“. Das ist natürlich nicht einfach.    Nein, das ist nicht einfach. Da kommen dann die politischen Sachen, man will ja auch wiedergewählt werden. Das ist die andere Seite (lacht). Ich wollte auch zum Bewusstsein noch mal etwas sagen, dass ist mir auch gerade noch mal eingefallen auch gerade mit meinen Förderverträgen. Zum Bewusstsein, das ist vor allem bei Kirchen, Rathäusern oder Burgen der Fall, das die Kirchengemeinderäte oder sagen: „Wir haben gar nicht gewusst, dass das etwas besonderes ist, erst seit Sie es uns sagen, es war halt unsere Kirche.“ Insofern muss man schon immer dranbleiben und aufmerksam machen, was das besondere ist und das es besonders ist. Ja, manches nimmt man als selbstverständlich hin.    Das nimmt man so hin. Eine Frau hat mal zu mir gesagt: „Wissen Sie, dass ist die Kirche in der ich konfirmiert wurde, hier haben wir geheiratet, hier sind meine Kinder getauft worden, da haben wir uns nie Gedanken gemacht, das ist halt unsere Kirche.“ Und insofern ist natürlich das, was wir sagen, man muss aufmerksam machen, man muss darauf hinweisen auch

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auf die speziellen Sachen. Da kann man nie aufhören, da muss man immer weiter machen. Ich sage auch, wenn ich so einen Fördervertrag bringe, immer warum es gefördert, was das Besonder ist und dadurch kommt es dann auch, dass die Menschen darüber nachdenken. Ja klar, manchmal muss da irgendwie wachgerüttelt werden, um gezielter hinzuschauen. Denn man sieht es wahrscheinlich nicht, wenn man da keinen geschulten Blick hat. Wahrscheinlich entgeht uns auch ganz viel.    Es entgeht einem trotzdem noch viel. Also wenn ich von mir aus gehe, ich habe ja früher in einem ganz anderen Gebiet gearbeitet und wie ich in Rente bin, hat eine Segelfreundin gesagt, du könntest doch beim Denkmalschutz mitmachen. Da habe ich gesagt: „Oh, da muss ich aber arg umstellen.“ Aber dann war ich bei einem Vortrag von dem Leiter der Stiftung, den ich vorhin schon erwähnt hatte, und der hat dann gemeint, es wäre schon gut, wenn ich mitarbeite. Seither gehe ich auch anders durch die Städte. Vorher habe ich immer gemeint, ich weis alles in Baden-Württemberg, weil ich sehr viel unterwegs war. Aber da ist man den Straßen entlang gefahren, den Autostraßen und hat vieles wichtiges gar nicht gesehen. Seither gehe ich auch völlig anders durch die Welt. Es entgeht einem trotzdem noch viel, aber man kriegt dann doch ehr den Blick dafür. Es gibt im Denkmalschutz zwei Theorien, zum einen, dass man das ursprüngliche schützt und zum anderen, die Entwicklung an einem Gebäude schütz.    Es ist unterschiedlich. Kommt auch darauf an, was sich verändert hat. Also meistens geht man auf das ursprüngliche zurück, aber man muss im Haus oder in einem Gebäude dann doch auch schauen, wie es ein bisschen modernisiert wird.

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Deutsche Stiftung Denkmalschutz unter: https://www.denkmalschutz.de/aktuelles.html (aufgerufen am 06.06.2020).

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Wikipedia zu Paul Scmitthenner (Architekt) unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Schmitthenner_(Architekt) (aufgerufen am 15.06.2020).//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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http://www.veitskapelle.de/index.php/veitskapelle-stuttgart-muehlhausen.////////////////////////////////////

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https://www.pinterest.de/pin/832110468636435618/.///////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.stuttgart-album-zur-calwer-passage-so-eng-war-s-fuer-die-autoseinst-auf-der-calwer-strasse-param~3~2~0~5~false.95684b66-6724-4d41-bece-c7d2140f65e7.html./////////////////

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https://www.spd-stuttgart-ost.de/meldungen/unser-aktueller-flyer-zur-villa-berg-ist-online/.//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Villa_Berg,_Ansicht_von_Osten,_um_1910.jpg./////////////////////////

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https://oldthing.at/Stuttgart-Koenigstrasse-mit-Koenigsbau-0029931289.//////////////////////////////////////

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https://www.pinterest.de/pin/108297566025997020/.///////////////////////////////////////////////////////////


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Text

·Kaufhaus Schocken ·Abriss ·Stadtgeschichte

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Simon Schocken Simon Schocken wurde am 23. November 1874 in Margonin bei Posen geboren. Er entstammt einer Kaufmanns Familie. 1898 übernahm er die Leitung des Warenhauses Leonhard Tietz in Braunschweig. Am 21. Oktober 1904 eröffnete er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Salman Schocken das erste Kaufhaus Schocken in Oelsnitz/Erzgebirge. 1922 eröffneten die Brüder weitere Filialen darunter auch Nürnberg und Stuttgart. Als Auftraggeber und Bauherr schuf Simon Schocken mit Erich Mendelsohn die wegweisende Gestaltung von Kaufhausbauten, die in Nürnberg, Stuttgart, Chemnitz ihren einzigartigen Ausdruck fanden. Simon Schocken starb am 24. Oktober 1929 an den Folgen eines Verkehrsunfalls in Berlin.21

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Salman Schocken Salman Schocken geboren am 29. Oktober 1877 in Margonin bei Posen war der jüngere der beiden Schocken Brüder. Er absolvierte eine Kaufmännische Lehre und arbeitete darauf 1901 im Zwickauer Warenhaus unter der Führung seines Bruders. Später gründete er mit ihm den Kaufhauskonzern Schocken, dessen Leitung er nach dem Tod seines Bruders Simon übernahm. Salaman Schocken starb am 6. August 1959 auf einer Reise in Pontresina, Schweiz.22

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Eine fünfzig Jahre alte Sünde

Diese scheinbar alte Geschichte bleibt ewig jung, als wäre es erst gestern gewesen oder vergangene Woche. Der Abriss des Kaufhauses Schocken an der Eberhardstraße, genau am 2. Mai 1960 begonnen, hat sich tief eingegraben in das Gedächtnis der Bürger.    Es war und es bleibt ein schwarzer Tag für die Stuttgarter Stadtbaugeschichte, ein besonders negatives Zeichen für die Neubauwut in der Nachkriegszeit, für den Drang, die Wirtschaftlichkeit über alles andere zu stellen. Der „Fall Schocken“ war kein Ruhmesblatt für alle Beteiligten: nicht für den Investor, nicht für die Stadt und ihren Gemeinderat, auch nicht für die Architekten.    Was jedoch wirklich geschah, ehe vor genau fünfzig Jahren die Abrissbirne zuschlug, wie lange zuvor gefeilscht und gedroht, wie massiv getrickst und wie verbissen gerungen wurde – darüber wissen heute nur noch wenige Bescheid. Deshalb lohnt sich in der Rückschau ein Blick in das 2002 erschienene Buch „Konsequenz Abriss. Das (un)vermeidbare Ende des Kaufhauses Schocken“, das die Architektin Petra Ralle damals als Diplomarbeit schrieb, und das der Hohenheim Verlag im Rahmen der historischen Buchreihe des Stadtarchivs herausgegeben hat.    Die Vorgeschichte in Stichworten: die jüdischen Gebrüder Salman und Simon Schocken hatten 1907 mit zwei Warenhäusern in Zwickau und Oelsnitz begonnen. Der Erste Weltkrieg warf sie nicht um, 1926 eröffneten sie eine Filiale in Nürnberg, sechs weitere sollten folgen, darunter eine in Stuttgart. Der jüdische Architekt Erich Mendelsohn baute überall für die Schockens, am 2. Oktober 1928 war die Eröffnung an der Eberhardstraße. Es war das Jahr, in dem auch die Weißenhofsiedlung am Killesberg entstand und der Tagblattturm, schräg gegenüber dem Kaufhaus Schocken. Die alten Fotos sprechen für sich, die Stuttgarter Filiale, die so gut lief wie keine andere, galt rasch als Deutschlands schönstes Warenhaus.


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Erich Mendelson

Im Bombenkrieg des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude an der Eberhardstraße schwer beschädigt, aber nicht zerstört; mühselig richtete man den Bau wieder her. Salman Schocken, den die Nazis enteignet hatten, erhielt 1949 die Aktienmehrheit an seiner MerkurAG wieder zurück – 1953 verkaufte er seine Anteile an den Düsseldorfer „Kaufhauskönig“ Helmut Horten, einen Selfmademan und Helden des frühen Wirtschaftswunders. Mit ihm war das Schicksal des Stuttgarter Schockenbaus quasi besiegelt – nur wusste das damals noch niemand.    Die Autorin Petra Ralle hat alte Akten und Dokumente akribisch ausgewertet – ihr Fazit: „Zwischen 1946 und 1959 gab es nicht weniger als sieben verschiedene Baugesuche für das Schocken.“ OB Arnulf Klett und Baubürgermeister Walter Hoss wollten die Eberhardstraße autogerecht verbreitern, das Warenhaus stand ihnen im Weg. Die Baubehörden waren nicht bereit, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen, weil es erweitert und im Original nicht mehr erhalten war.    Helmut Horten forderte jahrelang massiv den Abbruch, weil es in diesem Kaufhaus keine Rolltreppen und keine Klimaanlage gab, immer wieder drohte er mit der Schließung, dem Weggang aus Stuttgart, was den Verlust von Gewerbesteuer für die Stadtkasse nach sich gezogen hätte.    Studenten der TH protestierten, auch renommierte Architekten, nicht zuletzt die Witwe von Mendelsohn – vergeblich. Der Rat hatte nicht den Mumm zu widersprechen. Der Architekt Egon Eiermann, eine internationale Größe, baute einen Kasten mit seinem Markenzeichen: der „Eiermannfassade“. 1972, als die Stadt die Erweiterung über die Steinstraße genehmigt hatte, zeigte sich Helmut Horten großzügig: Er spendete 750.000 D-Mark. Damit kaufte die Stadt das Tryptichon „Großstadt“ von Otto Dix – heute das Glanzstück im Kunstmuseum am Schlossplatz.

Erich Mendelson wurde am 21. März 1887 in Allenstein, Ostpreußen geboren. 1908 begann er mit dem Studium der Architektur an der Technischen Hochschule (Berlin-) Charlottenburg, wechselte aber zwei Jahre später an die Technische Hochschule München, wo er dann auch 1912 seinen Abschluss machte. Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg Ende 1918 gründete er sein eigenes Büro in Berlin. Mit der Realisierung des Einsteinturms und der Hutfabrik in Luckenwalde wurde Mendelsohn bekannt. Am bekanntesten sind seine Werke der 1920er Jahre, die sich der expressionistischen und organischen Architektur zuordnen lassen. Mit vielen seiner Skizzen und realisierten Bauvorhaben gilt er auch als einer der Pioniere der Stromlinien-Moderne. Zu Klassikern dieser Strömung der Moderne zählen der Einsteinturm in Potsdam und das Mossehaus in Berlin. Erich Mendelson starb am 15. September 1953 in San Francisco.23

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Wikipedia zu Simon Schocken unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Schocken (aufgerufen am 18.06.2020).///

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Wikipedia zu Salman Schocken unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Salman_Schocken (aufgerufen am 18.06.2020)./

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Wikipedia zu Erich Mendelson unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Mendelsohn (aufgerufen am 18.06.2020).

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https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Schocken.///////////////////////////////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Salman_Schocken.//////////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-kaufhaus-schocken-eine-fuenfzig-jahre-alte-suende.71d1 1515-605d-41a8-ac21-110472b3e1e7.html.///////////////////////////////////////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kaufhaus_Schocken,_Stuttgart_1.jpg./////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Mendelsohn./////////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.pinterest.fr/pin/518125132102276673/.///////////////////////////////////////////////////////////


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Gespräche

·Stadtentwicklung ·Verkehr ·Umwelt

Gespräch mit dem Vorsitzenden der Stadtgruppe Stuttgart des Schwäbischen Heimatbunds Stefan Frey Vielleicht können Sie zu Beginn etwas darüber sagen, was sie als Verein machen und wo da Ihre Schwerpunkte liegen. Also es gibt den Schwäbischen Heimatbund und vielleicht kurz zur Organisation, es gibt diese Stadt- und Ortsgruppen und das ist mein Bereich. Da bin ich Vorsitzender von Stuttgart und dann gibt es was sich Landesverband nennt, der nennt sich aber selber Gesamtverein, weil es nicht das ganze Land abdeckt, sondern nur Württemberg und Hohenzollern. Thema Denkmalschutz, Regionalgeschichte, Umwelt, Naturschutz ein bisschen und Landeskultur, das ist es im Wesentlichen. Also auch die Kulturlandschaft, deren Pflege, Gestaltung und Erhaltung. Die Stadtgruppe Stuttgart hat ein bisschen andere Schwerpunkte, um der Nachfrage gerecht zu werden, um junge Leute zu gewinnen, was leider nicht gelingt. Relativ viele Umweltthemen, Regionalgeschichte, häufig auch drittes Reich, die unglücklichen, die fürchterlichen Dinge, die da passiert sind, Verkehr und Umwelt. Glauben Sie, dass es ein mangelndes Bewusstsein gibt, für das, was Generationen vor uns geschaffen haben im Bezug auf Architektur? Aus dem Bauch raus würde ich sagen, ja. Ich bin natürlich etwas sensibilisiert durch die Tätigkeit, aber wenn ich jetzt versuche zurückzudenken an ältere Bauwerke, Jugendstil und so, die einfach etwas anderes sind, als das, was man jetzt so hinklotzt. Die werden nicht gewürdigt. Fachwerkhäuser, auch Gründerzeitgebäude, mit so kleinen versteckten Schnörkeln. Wenn sie die heutigen Dinge anschauen, da gibt es unzählige Bauwerke mit viel, viel Glas, also das Paradebeispiel die Heilbronnerstraße. Wenn sie da mal entlangfahren, diese ganzen Bankgebäude im Europaviertel. Da gibt es eines, mit einem riesen Glassporn, völlig nutzlos. Vögel fliegen wahrscheinlich dagegen und es macht auch den Luftaustausch dort schwieriger. Also da fragt man sich warum. Ist natürlich noch ein anderer Hintergrund, da war früher der Güterbahnhof, der ist jetzt weg, das ist jetzt ein Verkehrsproblem, Fehlentwicklung im Verkehr. Aber allgemein, das was neu gebaut wird in Stuttgart und nicht nur in Stuttgart, würde ich jetzt mal sagen, ist in vielen Fällen nicht sehr sensibel eingepasst. Das Europaviertel ist natürlich auch kein schöner Ort in Stuttgart. Man muss natürlich mit der Fläche sparsam umgehen, das erfordert eine verdichtete Bauweise, das kann ich verstehen. Aber ein bisschen mehr Fantasie würde ich mir wünschen. Andererseits fühlen sich Menschen ja auch hingezogen zu alter Architektur. Die Beliebtheit von historischen Altstädten zum Bespiel. Sie sprechen auf den Widerspruch an. Ja das stimmt, das ist ein Widerspruch. Das passt irgendwie nicht zusammen. Warum ist denn Ihrer Meinung nach die Innenstadt Stuttgarts so unattraktiv? Also ich würde sie jetzt so spontan nicht als generell unattraktiv bezeichnen. Es ist ja abends wohl immer unheimlich viel los. Also viele junge Leute da. Man hat ja in weiten Bereichen Fußgängerzonen jetzt, da ist sie ja eigentlich nicht unattraktiv. Was ein Problem ist, Stichwort Königstraße, die Veränderung der Ladenlandschaft. Leider gibt es immer weniger inhabergeführte Fachgeschäfte, in die ich persönlich sehr gerne gehe. Das ist ein Verlust an Identität und Atmosphäre. Wenn da jetzt nur noch so große Ketten sind. Aber unattraktiv, also es gibt weite Bereiche in Stuttgart, die sind unattraktiv, weil sie durch den Verkehr so belastet sind. Aber so der Stadtkern, insgesamt. Die Vororte, aber die meinen sie jetzt weniger. Da würde ich jetzt auch wieder sagen, wenn ich mir so Sillenbuch anschaue, die Kirchheimerstraße, die sind doch

Schwäbischer Heimatbund „Heimat, das sind Menschen und Kultur, Natur und Landschaft, Vergangenheit und Gegenwart. Heimat soll aber ebenfalls Zukunft haben. Sie will daher geschützt und bewahrt, erforscht und erarbeitet, aber auch gestaltet werden. Deshalb sehen wir vom Schwäbischen Heimatbund Heimat als Aufgabe.    Der Schwäbische Heimatbund ist ein Verein mit Geschichte und Erfahrung. Seine Vorstellungen sind in die Zukunft gerichtet. Er will sie nutzen für den Bestand menschenwürdiger Ortschaften und für Lebensräume, welche für Mensch und Tier gleichermaßen lebenswert sind. Dies ist eine Aufgabe, die angesichts des zunehmend leichtfertigen Umgangs mit der freien Landschaft und den Kulturdenkmälern immer wichtiger wird.“24


stark vom Autoverkehr belastet. Das ist nicht übermäßig attraktiv. Man muss auch sehen, da wo die Aufenthaltsqualität hoch ist, da gibt es wohl auch Zahlen aus Bayern, da wird auch lieber eingekauft und auch mehr eingekauft. Jetzt sind wir wieder beim Verkehrsthema, man sagt immer der größte Einkaufskorb ist der Kofferraum. Das stimmt, aber der wird besten Falls nur einmal in der Woche eingesetzt oder alle 14 Tage. Die Leute, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommen und die Aufenthaltsqualität ist groß, die kaufen fast jeden Tag ein. Bloß der einzelne Kaufvorgang ist weniger teuer. Das heißt unterm Strich, es gibt da wohl Zahlen, sind die ÖV-Nutzer sogar die besseren Kunden für die Fachgeschäfte, als der Autofahrer. Aber noch mal ihre Frage generell, unattraktiv, was in Stuttgart kommen müsste, da haben wir vom Heimatbund auch schon für gekämpft, mehr Grün, mehr Bäume. Da machen sie ein bisschen was, aber beim Marktplatz haben sie jetzt wieder versagt. Ich hatte aber mal gehört, Stuttgart sei die grünste Stadt, oder eine mit der grünsten Städte in Deutschland. Das kann sein, wenn sie die Gesamtfläche anschauen und anschauen, wie viel Waldflächen es hat, dann hat es sehr viel Wald. Vielleicht sogar am meisten, Berlin wahrscheinlich aber auch. Aber die Stadt selber, ist einigermaßen grün, ob das jetzt aber Spitzenposition hat. Also man hat schon etwas getan mit Baumbepflanzungen, aber zu wenig finde ich. Es fehlt vielleicht auch ein bissschen an Freiräumen in der Stadt. Ja ich zeige Ihnen nachher ein Foto mit Fassadenbegrünung, das ist ein bisschen unser Hobby. Da könnte man viel mehr tun. Weil das auch die Aufenthaltsqualität verbessert, die gefühlte Temperatur im Sommer geht runter und da könnte man sicher mehr machen. Für das menschliche Wohlbefinden und den Abbau von Aggressionen ist wohl mehr Grün und mehr Bepflanzung unheimlich wichtig. In dem Film Clockwork Orange wird ja auch geschildert, wie diese komplette Betonisierung von Städten bei jungen Personen zu Aggressionen führt, weil es einfach keine menschengerechte Umgebung ist. Aber das ist jetzt wahrscheinlich nicht ihr Thema. Klar, weil die Neubauten, die es gibt, die sind ja auch nur aus Beton. Ja, wir brauchen mehr Grün in den Städten, auf jeden Fall. Da wird aber auch etwas getan, ein Kollege von mir, mit dem ich am Schluss im Verkehrsministerium war, der hat auch an einem Wettbewerb „Mittendrin ist Leben – Grün in der Stadt“ oder so teilgenommen. Also es tut sich schon etwas. Aber auch noch nicht genug. Ja irgendwie habe ich so das Gefühl, in Stuttgart geht es nicht so richtig voran. Ja, da haben Sie leider recht. Jetzt fokussiert sich alles auf das Stuttgart 21 Gelände, das es möglichst schnell bebaut wird. Hat ein Problem für die bestehenden Gleise, weites Feld. Jeden Falls ist wichtig, dass man da etwas Gutes draus macht. Aber für die Durchgrünung im Kleinen und im Großen, Pocket Parks nennt man die, das kam bis vor Kurzem deutlich zu kurz. Es wird jetzt besser. Ja ich glaube dieses ganze Areal, das da jetzt entsteht ist irgendwie auch nicht so durchdacht. Ich habe das Gefühl, viel in der Stadt wird gemacht, aber so richtig durchdacht ist es nicht. Da kann ich jetzt nicht widersprechen. Ich bin jetzt nicht Experte genug. Also gut, dann spreche ich das jetzt doch noch kurz an. Der Oberbürgermeister grün und der Umwelt- und Baubürgermeister ebenfalls grün. Die sagen, wir bräuchten die Flächen eigentlich schon gestern, deshalb müssen die Bahnflächen, sobald die unterirdischen Gleise fertig sind, so schnell, wie möglich weg und gebaut werde. Um unsere Wohnungsnot zu beheben und sicher auch ansprechendes und menschengerechtes Wohnen zu machen. Zunächst mal die kommenden 10 Jahre mit Sicherheit oder 9, wird da noch kein Haus stehen können. Weil ich muss erst mal die Gleise weg machen, was ich für falsch halte und dann die Altlasten beseitigen und dann kann ich bauen. Dann tue ich etwas für die Wohnungsnot, wenn das dann tatsächlich 7.000 Wohnungen gibt oder für 7.000 Menschen. Weitere Frage, wer kann sich das dort leisten? Wir brauchen in den nächsten Jahren Wohnungen und wir müssen in den nächsten Jahren die anderen 198 Quadratkilometer von Stuttgart, davon noch die Hälfte besiedelt, attraktiver, durchgrünter, menschengerechter machen. Das ist mindestens genauso wichtig, wie diese Stuttgart 21 Fläche, ordentlich etwas daraus zu machen. Da bleibt zu hoffen, dass das wirklich gut wird. Da habe ich große Zweifel. Nicht, dass das so endet, wie im Europaviertel. Die Gefahr besteht. Also vielleicht noch etwas, da bin ich gerade sehr engagiert über den Heimatbund und dann bin ich da bei Pro Bahn. Wenn man die Bahnhöfe Stuttgart und Zürich vergleicht und von der Stadtgröße und dem Umland sind die durchaus vergleichbar, auch von der Verkehrsfunktion, dann hat künftig Stuttgart zehn unterirdische Gleise, inklusive S-Bahn und

Im Vergleich der Berliner Morgenpost mittels Satellitenbildern schafft es Stuttgart auf Platz 3 der grünsten Großstädte ab 500.000 Einwohnern, hinter Hamburg und Dortmund.25

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Gespräche

Zürich hat das auch, heute schon. Zürich hat heute aber auch schon 15 oberirdische Gleise und Stuttgart null und deshalb muss man sich wirklich überlegen und Fachleute sagen, man braucht künftig etwas, über diese unterirdischen hinaus. Das können entweder ein Teil der bestehenden Gleise sein, oder man baut etwas unter die Erde. Da hoffe ich, dass noch die Vernunft kommt und nicht diese totale Fixierung, dass nun alles nach diesen ersten Plänen bebauen zu müssen. Wobei die das sicher nicht nur zukleistern, die machen auch Grünflächen. Es gab mal die Idee auf der bisherigen Bahntrasse eine Radweg zu bauen, der ist natürlich auch nicht sonderlich integriert ins gesamte Radwegenetz. Thema Radwegenetz in Stuttgart auch nicht so toll. Es gibt Radwege, aber es gibt kein wirklich zusammenhängendes Netz. Was die da jetzt auf diesen Gleisen da machen, ich weis es nicht. Es ist wichtig, was dort geschieht, weil es auch in den Jahrzehnten nach 2030 immer kritisch beäugt werden wird. Dieses Projekt hat ja nun große Wellen geschlagen, aber es wird darauf ankommen auch drum herum etwas gutes zu machen. Nicht nur dort. Jetzt sind wir etwas vom Thema abgekommen. Das ist kein Problem. Es bleibt zu hoffen, dass das etwas durchdachter wird. Ja, etwas mehr Mut auch. Würden Sie sagen, dass es konkret in Stuttgart, verglichen mit anderen Großstädten einen mangelnden Denkmalschutz gibt? Schwierig. Also es gibt einen Experten, den Harald Schuhkraft, der im Heimatbund sehr aktiv war und der extrem viel auf dem Gebiet gearbeitet hat, der würde wahrscheinlich sagen man hat zu wenig. Man hat viel zu wenig erhalten, auch erhaltenswerte Dinge. Ich bin nun kein Experte, aber sagen wir mal, mit Ruhm bekleckert hat sich Stuttgart nicht. Die Markthalle beispielsweise, wäre um ein Haar abgerissen worden vor 40 Jahren, dass kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Ja, das Schloss ja auch. Ja und das Kronprinzenpalais, das hat man ja auch abgerissen.

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Das Kaufhaus Schocken, es gab viele solcher, nicht nachvollziehbarer Abrisse. Ja, das Kaufhaus Schocken, man hat furchtbar viele Gebäude, die nicht hätten abgerissen werden müssen, nach dem Krieg geopfert. Obwohl man sie auch hätte wieder aufbauen können. Gut es war eine Notsituation, das muss man auch verstehen, aber die autogerechte Stadt war halt auch ein Irrweg. Ja leider, damit hat man viel verbaut. Was in Stuttgart, jetzt wage ich mich etwas vor, vielleicht wirklich gefehlt hat, da gab es in der Stuttgarter Zeitung einen Artikel, da ging es um die Baubürgermeister Stelle. Ich möchte jetzt nicht über den Herrn Pätzold Kritik üben, ich könnte es nicht so gut wie er, gebe ich zu. Aber man hätte wirklich nicht nur jetzt, sondern viel früher, einen positiven und visionären Baubürgermeister hier in Stuttgart gewinnen können und das hat gefehlt.

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Liegt es auch ein bisschen an der falsche Personenwahl? Ja schon, aber das ist natürlich jetzt auch schwer so von außen. Also ich bin auch Jurist und der vorherige Baubürgermeister war auch Jurist und der hat sich beraten lassen, das muss man schon mal sagen, der war eigentlich recht gut, aber insgesamt konnte er sich auch mit seinen Beratern nicht genug durchsetzten. Ich weis auch nicht, ob der Herr Schuster der Richtige war, im Blick auf Denkmalschutz und Stadtgestaltung. Der Bonatz Bau zum Beispiel, Bahnhof ein weites Feld, aber man hätte den wahrscheinlich auch erhalten können, wenn man gewollt hätte. Das war ursprünglich auch mal so geplant. Also es waren nicht unbedingt die richtigen Leute dran. Ja, ich habe mitbekommen, dass in der Schuster Zeit sehr viel verkauft worden ist, an Investoren, wie beispielsweise die Killesberger Höhe. Ja, ja das war so. Vielleicht können wir dann kurz auf das Verkehrsthema eingehen, wenn das auch mehr ihr Feld ist. Was wurde da denn in der Vergangenheit falsch geplant? Also, wenn ich jetzt wieder Stuttgart und Zürich vergleiche oder allgemein die Schweiz. Man hat extrem viel Geld in die unterirdischen U-bahnen gesteckt, was im Prinzip nicht falsch war, in die öffentlichen Verkehrsmittel zu investieren. Man hat aber damit, zu einem Teil zumindest, den Straßenraum oben erweitert. Das heißt sowohl als auch. Das hat also nicht dazu geführt, das eine Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr stattgefunden hat. In der Schweiz war das besser, nicht mit total durschlagendem Erfolg, auch die haben immer noch viel Individualverkehr. Aber die Stadt oben ist dort in vielen Bereichen vom Auto befreit, dafür dann halt oberirdisch eine Straßenbahn, aber die hat dann den Vorteil, das sie mehr genutzt wird, als bei uns, weil sie leichter zugänglich ist. Also man hat zum Teil die Investitionen nicht ganz richtig gesetzt, würde ich sagen. Es wird jetzt langsam auch wieder besser, man hat sicher viel für den öffentlichen Verkehr getan. Aber zum Teil eben auch durch die extrem teueren Tunnelbauten letztlich mit der Folge, das oben mehr Platz fürs Auto war. Und dann hat oft der Mut gefehlt, nicht immer, aber oft, dann diesen gewonnen Raum oben dann für öffentliche Begegnungsräume oder Aufenthaltsräume umzuwidmen. Also das Stichwort der Zukunft wird wahrscheinlich sein, die Flächenneuverteilung. Also das man die Flächen innerorts jetzt doch mehr für Menschen und für Grün umwidmet. Auch zu Lasten vom Auto, was natürlich enorme Widerstände hervorrufen wird. Das wäre natürlich toll. Aber ich habe da leider so ein bisschen Bedenken, oder Zweifel, dass das je passiert. Ja, die habe ich auch. Letztlich kommt es darauf an, was die Jugend macht. Also Fridays for Future hat etwas bewirkt. Ich wage mal die Behauptung, dass dieses Klimapaket, das zunächst sehr schwach war, das wurde ja im Bundesrat neulich nachgebessert und ich meine, das wäre ohne Fridays for Future so nicht gekommen. Das waren nicht nur junge Leute sondern auch ältere. Vielleicht noch zum Thema Verkehr, ich meine, wenn ich menschengerechten Verkehr oder langsameren Verkehr, das kommt ja jetzt zum Teil auch schon mit 20er Zonen, dann sind auch wieder mehr Menschen in der Stadt. Dann gibt es vielleicht auch, ich wage mal die Vermutung, dass es dann durch eine gewisse Rückkoppelung, das man die Bausubstanz dort, weil eben wieder mehr Menschen dort sind und nicht nur Autos durchfahren, dass man dann auch sieht, dass die bauliche Substanz aufgewertet wird. Also ein bisschen gegliedert und nicht einfach nur so Klötze. Also das könnte ich mir vorstellen. Das wäre schön, aber ich glaube das wäre ein ziemlich großes Ding, diesen Verkehr aus Stuttgart wieder herauszuziehen und umzuleiten. Ich meine Stuttgart hat nicht wirklich Umgehungsstraßen, manche meinen man bräuchte sie, ob das jetzt wirklich hilft oder nur zu mehr Verkehr führt weis ich nicht, aber Stuttgart hat ein riesen Verkehrsproblem, immer noch. Also vielleicht kommen sie mal nach Zürich und bummeln da mal ein bisschen durch die Stadt, ich war neulich dort und konnte zum ersten mal wieder länger durch Zürich laufen und wenn man den Vergleich so sieht, das ist schon beeindruckend. Ich lebe immer noch gerne in Stuttgart, aber Zürich ist einen Tick besser, wurde natürlich im Krieg nicht zerstört. Das muss man immer sehen. In der Schweiz ist alles immer ein bisschen besser. Da kommt immer das Argument, die haben keine Autoindustrie und haben es dadurch leichter, das ist in der Sache richtig, das heißt letztendlich nichts anderes, als das unsere Politik sich von der Autoindustrie korrumpieren lässt. Das stimmt wohl leider auch.

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Gespräche

Ja und Stuttgart noch als Autostadt hat es besonders schwer. Sicher und jetzt natürlich durch die Veränderungen in der Autoindustrie man hat viel zu sehr und viel zu lange aufs Auto gesetzt, es gab so politische Sätze, wie: „Was gut für Daimler ist, ist gut für Baden-Württemberg.“ Das hat fast jeder ministeriale gesagt und dann hat man so halt alles gemacht, was gut fürs Auto war in den 70er, 80er und 90er Jahren. Ich übertreibe wenig. Man hat die eben zu sehr gehätschelt, wenn ich eine Industrie lange hätschele, wie bei einem kleinen Kind auch, dann wird es verwöhnt und ist Herausforderungen nicht mehr so richtig gewachsen. Wage ich mal in den Raum zu stellen, ich bin gerne bereit mal mit Autoleuten darüber zu diskutieren, ich meine das ist alles nicht ganz einfach. Die Globalisierung macht es auch der Autoindustrie schwer, ich möchte nicht mit denen tauschen. Ja das mit dem Auto ist eine große Sache. Eine Frage habe ich noch und zwar sehen sich eine Großzahl der Neubauten in Stuttgart doch sehr ähnlich, woran liegt das? Was mir halt auffällt, wenn ich spazieren gehe auch durch besiedelte Wohngebiete, dann kann man ja eigentlich fast immer sagen, in welcher Zeit was gebaut wurde. So ganz grob, auch als Laie. Und offensichtlich gibt es so Strömungen und Moden, die dazu führen, dass sehr viel sehr ähnlich und auch gesichtslos gebaut wird, vielleicht auch unter Kostendruck, ich weis es nicht. Also ich glaube da war aber wohl schon immer so. Auch wenn man so in Gebäudesiedlungen der 50er und 60er Jahre geht, ich habe jetzt so bestimmte Wohnsiedlungen vor Augen, im ländlichen Raum Villingen, wo meine Tante wohnte, da war eigentlich ein Haus so, wie das andere. Das sind jetzt Wohngebäude gewesen, aber das ist bei Zweckbauten oder Gewerbebauten nicht so viel anders. Man könnte es besser machen. Also es gibt ja verschiedene Architekturpreise, die dann versuchen solche positiven gut akzentuierten Gebäude, herauszustellen, zu prämieren, zu belohnen. Also man bemüht sich, aber vielleicht noch nicht genug. Und dann sind da immer noch die Investoren, da kommt es halt darauf an, was für einen sie haben, will der nur den schnellen Euro machen, oder denkt er vielleicht auch ein bisschen weiter.

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Schwäbischer Heimatbund unter: http://schwaebischer-heimatbund.de/shb_in_eigener_sache/ueber_uns.html (aufgerufen am 19.06.2020).////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

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Berliner Morgenpost zu Das sind Deutschlands grünste Großstädte unter: https://interaktiv.morgenpost.de/gruenste-staedte-deutschlands/ (aufgerufen am 19.06.2020).//////////////////////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Rahmenplan_Stuttgart_21.//////////////////////////////////////////////////////

B36

https://www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.von-zeit-zu-zeit-stuttgarter-markthalle-ein-kuehner-entwurf-param~1~0~0~11~false.8aa5a609-1ce5-45fa-b7f4-acb911ca6503.html.////////////////////////////////////////////////

B37

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.montagsgespraech-mit-rolf-bidlingmaier-das-gebaeude-wieder-erleb-

B38

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.vom-kronprinzenpalais-zum-kunstmuseum-ein-happy-end-das-

bar-machen.dd9bf6f7-9a41-4a41-8136-a355c62bc3b7.html.///////////////////////////////////////////////////////

nachts-leuchten-kann.12efde1a-7f79-4f4d-a62f-ca5f901aa40e.html.///////////////////////////////////////////// B39

https://www.kontextwochenzeitung.de/zeitgeschehen/408/maschinengewehre-im-bonatzbau-5667.html.//////////////


076

Umfrage

·Stadtbild ·Neubau ·Bewahren

Legende U01     weiblich, zwischen 60 und 65, Stuttgart Sonnenberg U02     männlich, zwischen 60 und 65, Leonberg U03     weiblich, zwischen 40 und 45, Leonberg U04     männlich, zwischen 50 und 55, Stuttgart Zuffenhausen U05     männlich, zwischen 25 und 30, Stuttgart Feuerbach U06     weiblich, zwischen 50 und 55, Stuttgart West U07     weiblich, zwischen 30 und 35, Stuttgart West U08     weiblich, zwischen 70 und 75, Korntal U09     weiblich, zwischen 20 und 25, Stuttgart Zuffenhausen U10     weiblich, zwischen 20 und 25, Stuttgart Zuffenhausen

Die folgende Umfrage beschäftigt sich mit dem Empfinden und Wahrnehmen der verschiedenen Bereiche der Stadt, beispielsweise der Altstadt und dem Europaviertel und der Ästhetik der Neubauten in Stuttgart. Sie fand anonym und handschriftlich statt.

U11     weiblich, zwischen 20 und 25, Stuttgart Zuffenhausen U12     weiblich, zwischen 20 und 25, Stuttgart Zuffenhausen


077 / 078

Umfrage

U01



079 / 080

Umfrage

U02



081 / 082

Umfrage

U03



083 / 084

Umfrage

U04



085 / 086

Umfrage

U05



087 / 088

Umfrage

U06



089 / 090

Umfrage

U07



091 / 092

Umfrage

U08



093 / 094

Umfrage

U09



095 / 096

Umfrage

U10



097 / 098

Umfrage

U11



099 / 100

Umfrage

U12



101 / 102

Collagen

·Abriss ·Zerstörung

„Die Erhaltung von schönen Gebäuden, schönen Dingen, das ist natürlich schon auch Heimatgefühl und trägt zur Identifizierung mit der Stadt bei. Da ist es hier in Stuttgart im Vergleich zu anderen Städten schon etwas schwieriger.“



103 / 104

Collagen



105 / 106

Collagen


„Man muss natürlich mit der Fläche sparsam umgehen, das erfordert eine verdichtete Bauweise, das kann ich verstehen. Aber ein bisschen mehr Fantasie würde ich mir wünschen.“


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Bildnachweis

Bildnachweis B1

https://www.bauhaus100.de/das-bauhaus/werke/architektur/weissenhof-siedlung-stuttgart/./////////////////////

B2

https://www.evangelisches-gemeindeblatt.de/detailansicht/der-moderne-raum-geben-kirchengebaeude-im-bauhausstil-2551/./////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

B3

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/gallery.brenzkirche-das-runde-wird-zum-eckigen.474dccc8-a5b2-46c08b5d-675c1d590bb0.html/id/7df443a6-7de0-4af0-a22c-e2f86bff92fe.//////////////////////////////////////////////

B4

http://www.kirchbau.de/php/300_datenblatt.php?id=3111&name=keiner.//////////////////////////////////////////

B5

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-kaufhaus-schocken-eine-fuenfzig-jahre-alte-suende.71d1 1515-605d-41a8-ac21-110472b3e1e7.html.//////////////////////////////////////////////////////////////////////

B6

https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus_Schocken.////////////////////////////////////////////////////////////

B7

https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html./////////////////////////////

B8

https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten/meisterhaeuser.html./////////////////////////////

B9

https://www.sueddeutsche.de/kultur/gropius-meisterhaeuser-in-dessau-quadratur-des-traums-1.1966267./////////

B10

https://www.architekturzeitung.com/architektur/137-architekturprojekte/2514-stuttgart-rote-wand-kister-scheithauer-gross-gewinnen-staedtebaulichen-wettbewerb./////////////////////////////////////////////////

B11

https://www.architekturzeitung.com/architektur/137-architekturprojekte/2514-stuttgart-rote-wand-kister-scheithauer-gross-gewinnen-staedtebaulichen-wettbewerb./////////////////////////////////////////////////

B12

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bauprojekt-in-stuttgart-klimaneutrales-wohngebiet-an-der-roten-wand.ee186be9-4a10-4373-a27b-22d2a4ad8983.html./////////////////////////////////////////////////////////

B13

https://www.cube-magazin.de/magazin/stuttgart/artikel/die-villen-am-park.///////////////////////////////////

B14

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.containerbauten-in-stuttgart-nord-fluechtlingsunterkunft-ist-immer-noch-baustelle.082bffe6-f099-4260-90b6-559c2c48cca7.html.////////////////////////////////////////////////

B15

https://dsgnbkmrks.wordpress.com/2015/12/26/die-autogerechte-stadt/.////////////////////////////////////////

B16

https://dsgnbkmrks.wordpress.com/2015/12/26/die-autogerechte-stadt/.////////////////////////////////////////

B17

https://dsgnbkmrks.wordpress.com/2015/12/26/die-autogerechte-stadt/.////////////////////////////////////////

B18

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.70-jahre-kriegsende-schicksalstage-in-stuttgart.36173c91-0c36427a-8692-f5916112a539.html.////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

B19

https://www.pinterest.de/pin/420031102731900766/.///////////////////////////////////////////////////////////

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Bildrechte liegen bei der Landeshauptstadt Stuttgart.////////////////////////////////////////////////////////

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https://www.german-architects.com/de/jetter-landschaftsarchitekten-stuttgart/project/stockachplatz./////////

B22

http://www.veitskapelle.de/index.php/veitskapelle-stuttgart-muehlhausen.////////////////////////////////////

B23

https://www.pinterest.de/pin/832110468636435618/.///////////////////////////////////////////////////////////

B24

https://www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.stuttgart-album-zur-calwer-passage-so-eng-war-s-fuer-die-autoseinst-auf-der-calwer-strasse-param~3~2~0~5~false.95684b66-6724-4d41-bece-c7d2140f65e7.html./////////////////

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https://www.spd-stuttgart-ost.de/meldungen/unser-aktueller-flyer-zur-villa-berg-ist-online/.//////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////

B26

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Villa_Berg,_Ansicht_von_Osten,_um_1910.jpg./////////////////////////

B27

https://oldthing.at/Stuttgart-Koenigstrasse-mit-Koenigsbau-0029931289.//////////////////////////////////////

B28

https://www.pinterest.de/pin/108297566025997020/.///////////////////////////////////////////////////////////

B29

https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Schocken.///////////////////////////////////////////////////////////////

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https://de.wikipedia.org/wiki/Salman_Schocken.//////////////////////////////////////////////////////////////

B31

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-kaufhaus-schocken-eine-fuenfzig-jahre-alte-suende.71d1 1515-605d-41a8-ac21-110472b3e1e7.html.//////////////////////////////////////////////////////////////////////

B32

https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kaufhaus_Schocken,_Stuttgart_1.jpg./////////////////////////////////////

B33

https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Mendelsohn./////////////////////////////////////////////////////////////

B34

https://www.pinterest.fr/pin/518125132102276673/.///////////////////////////////////////////////////////////

B35

https://de.wikipedia.org/wiki/Rahmenplan_Stuttgart_21.//////////////////////////////////////////////////////

B36

https://www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.von-zeit-zu-zeit-stuttgarter-markthalle-ein-kuehner-entwurf-param~1~0~0~11~false.8aa5a609-1ce5-45fa-b7f4-acb911ca6503.html.///////////////////////////////////////////////

B37

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.montagsgespraech-mit-rolf-bidlingmaier-das-gebaeude-wieder-erlebbar-machen.dd9bf6f7-9a41-4a41-8136-a355c62bc3b7.html.///////////////////////////////////////////////////////

B38

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.vom-kronprinzenpalais-zum-kunstmuseum-ein-happy-end-dasnachts-leuchten-kann.12efde1a-7f79-4f4d-a62f-ca5f901aa40e.html./////////////////////////////////////////////

B39

https://www.kontextwochenzeitung.de/zeitgeschehen/408/maschinengewehre-im-bonatzbau-5667.html.//////////////


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Impressum

Impressum Sofern nicht anders gekennzeichnet, handelt es sich bei den Bildern um eigene Arbeiten. Gestaltung und Inhalt: Sophie Döll Schrift: Iowan Old Style, Courier Regular, Montserrat Bold. Papier: Produktion: Druck: Auflage: Abbildungen Cover: Stadtbild Deutschland, Stuttgarter Nachrichten, Esslinger Zeitung. Vielen Dank an meine Interviewpartner für Ihre Zeit und an Gerwin Schmidt für seine Unterstützung. Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 2020






5.

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Zahlen der Stadt Stuttgart zu Folge, gibt es in Stuttgart rund 4500 Einzelgebäude, die unter Denkmalschutz stehen. Drei unter Denkmalschutz stehende Gesamtanlagen, sowie zahlreiche Parks, Grabungsschutzgebiete und viele Kleindenkmale.

Wenn man so durch Stuttgart läuft oder fährt, hat man das Gefühl von einer in die nächste Baustelle zu laufen. Kaum eine Stelle von Stuttgarts Innenstadt ist nicht abgesperrt. Baustellenschilder flankieren die Straßen, wie die Bäume einer Allee. Es wird viel abgerissen. Vom Bahnhof bis zur Calwer Passage hin zum Wohnhaus in der Wagenburgstraße. Was danach kommt ist selten ansprechend, scheinbar kaum durchdacht und sieht sich häufig ähnlich. Zumindest meinem Empfinden nach. Wie kann es gelingen denkmalgeschützte Architektur in das Stadtbild zu integrieren und wie wichtig sind solche Gebäude mit Geschichte für die Identität einer Stadt?


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