barriere(frei)

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Barriere(frei)



1 Fotografie

– West/Ost/Mitte/Bad Canstatt

2 Filmstills

– Animationsfilm „barriere(frei)(?)“

3 Theorie

– Einleitung/Social Design nach Banz/Deweys Ästhetik und Social Design/Die soziale Verantwortung/Inklusion und Integration/Soziale Institution/Grenzen des Social Design/Ästhetik im Social Design, 2 Ansätze

4 Notationen

– Notation –Einführung/Notationen/Die Ampel/Notation –ÖVPN und öffentlicher Raum/Rot-Grün/ BGG/UN Konvention

Inhaltsverzeichnis


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Fotografie

–Bad Canstatt


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Fotografie

–Bad Canstatt


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Fotografie

–Mitte


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Fotografie

–Ost


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Fotografie

–West


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Theorie


Filmstills

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Theorie


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,

barriere(frei)(?), Animationsfilm, sec. 36, Standbild

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Filmstills


Im Kontext des Themas Barrierefreiheit in Stuttgart entstanden verschiedene visuelle Auseinandersetzungen mit dem Thema. Die nachfolgenden Filmstills aus dem Animationsfilm „barriere(frei)(?)“ sind ein Teil davon.

barriere(frei)(?), Animationsfilm, sec. 22, Standbild

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22

Theorie


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barriere(frei)(?), Animationsfilm, sec. 15, Standbild

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Filmstills


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Theorie


Ästhetik im Social Design Einführung In der nun folgenden Arbeit soll untersucht werden welche Rolle die Ästhetik im Social Design spielt. Nach einem Überblick des Social Designs in der temporären Auffassung wird eine weitergehende Untersuchung im Kontext von Gesellschaft, gesellschaftlicher Verantwortung, Inhalt und Legitimation geführt, an deren Ende zwei Vorschläge zu einer Theorie der Ästhetik im Social Design stehen. Social Design nach Banz Zu Anfang möchte ich versuchen den Begriff Social Design anhand der Erläuterungen von Claudia Banz in ihrem Buch: „Social Design“ zu erläutern. Banz analysiert kritisch wie Social Design in den Kontext des Funktionalismus gebracht wurde und wird, davon ausgehend und diskutierend was Funktionalismus sein möge. Funktionalismus definiert sie als einen Begriff, der die Zweckgebundenheit von Produktion und Gestaltung an die industriellen Ansprüche beschreibt. Daraus ergebend wurde der Funktionalismus, der irgendwann als Ausdruck für eine, den Produktionsumständen angepasste, Formsprache verwendet wurde, negativ konnotiert und zum Sinnbild einer Gesellschaftskritik die nicht nur die zweifellos schlechten Arbeitsbedingungen und daraus resultierende zwei-Klassengesellschaft adressierte, sondern auch die Gestalter als eine Art Handlanger dieses Systems denunziert und funktionale Gestaltung als bloßes Mittel für den Fortschritt um des Fortschritts Willen degradiert. Dieser entscheidende, laut Banz auf Kant zurückgehende, Kritikpunkt begründet sich aus der Trennung verschiedener Zweckhaftigkeiten.(1) Einmal das selbstzweckhafte (moralische) Handeln und das zweckrationale Handeln. In diesem Falle wird dem Funktionalismus ausschließlich das zweckrationale, jüngerhafte, Anbiedern an die Industrie ohne moralische, dem Menschen dienende, Ideale, angedichtet.(2) Man ist an dieser Stelle geneigt, Banz’ kritischem („Mit diesen (aus dem Kulturpessimismus des frühen 20. Jahrhunderts stammenden) Klischees […])(3) Ton zu folgen, denn selbstverständlich gingen die industrielle Revolution und die nachfolgenden produktionstechnischen Veränderungen nicht mit der idealistischen Idee einer neuen, durch alle Schichten gleichgestellten, Gesellschaft einher, doch ist die Schuld daran nicht dem Funktionalismus, sondern eher dem Gesellschaftsteil der sich, wie die Jahrhunderte davor, der neuen Mittel bediente und sich bereicherte, zu geben. Auch können mit Hinblick auf den Versuch Social Design in einen Kontext der Ästhetiktheorie zu stellen nicht zentrale Gestaltungsprozesse, um dem obigen Beispiel zu folgen sprechen wir vereinfachend exemplarisch von Produktdesign, in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Herausforderungen, ob denn nun lösungsorientiert oder, im negativen Sinne katalysierend, als an sich schädlich oder moralisch verwerflich dargestellt werden. Jedoch stellt sich durchaus die Frage welche Verantwortung Gestaltung bei der Umstrukturierung von Prozessen und BezieClaudia Banz, Social Design, Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, Bielefeld: Transcript Verlag 2016 S. 30

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Vgl. Ebd. S. 81

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Ebd. S. 31

2

Vgl. Ebd. S. 30

6

Vgl. Ebd. S. 31

3

Ebd. S. 30

7

Vgl. Ebd. S. 31

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hungen im Hinblick auf das Gesamtwohl einer Gruppe, im Optimalfall kann man wohl von Gesellschaft sprechen, hat. Dies wird auch in einem Interview mit Jesko Fezer deutlich, der zu verstehen gibt dass Social Design sowohl das soziale Gestalten als auch die (bewusste) Gestaltung des sozialen beschreibt. (4) Mit Blick auf diese Frage lässt sich nun der Begriff des Social Design diskutieren. Banz nennt drei Begriffsdefinitionen. Erstens: Social Design als eine Idee der Gesellschaftsplanung und Strukturierung, besonders im städtebaulichen Bereich, beispielsweise Planstädte und Ähnliches. Aus dieser Kritik an diesem systemideologischen Gestaltungsansatz, durch „[…]seines Scheiterns auf verschiedenen Ebenen[…]“(5) legitimiert, folgt Auffassung zwei: Social Design, das sich mit normativen, ethischen und moralischen Fragen beschäftigt und daraus folgend eine Gestaltungsidee, deren Resultate sich an diesen Anforderungen messen müssen. Und drittens: Social Design als ein „In Frage stellen“ gestalterischer Praxis.(6) Meines Erachtens nach sollte man diese Trennungen jedoch nicht zu scharf führen. Dies resultiert aus der Überlegung, dass die erste Definition die zweite bedingt und die dritte in der zweiten zwingend mitgedacht werden muss. Der Gedanke, dass Gestaltung und/ oder Design auch im größeren Kontext gedacht werden kann, sogar muss, über Planviertel und Städte bis hin zur Strukturierung sozialer Schichten, oder politisch korrekter, der Gesellschaft ist Grundvorraussetzung, um die oben genannten Aspekte des Ethischen und Moralischen in ein größeres Gesamtsystem zu integrieren. Ohne die gesellschaftliche Bedeutung entfällt den normativen Fragen ihr Halt, da sie einen Bezug dazu, auf was sie sich beziehen und wem oder was sie gerecht werden sollen, brauchen. Wasser an Ort X ist, unter ethischen und moralischen Aspekten, erst diskutierbar wenn dasselbe Wasser an Ort Y fehlt oder zuviel Wasser an Ort X ist. Des weiteren ist das, im Optimalfall ständige, „In Frage stellen“ der eigenen Praxis elementarer Bestandteil eines bewusst moralischen und verantwortungsvollen Gestaltens, nicht zuletzt aufgrund der, durch verschiedene Umstände teils extrem beschleunigten, globalen gesellschaftlichen Veränderungen. Laut Banz gilt innerhalb der nun eingegliederten oder je nach Perspektive, erweiterten, zweiten Definition gegenwärtig besonderer Fokus auf Teilaspekte gesellschaftlicher Trennungsbereiche und deren Überwindung, z. B. Integration, Inklusion, Barrierefreiheit.(7) Explizit letzteren Teil, die Barrierefreiheit, wäre an dieser Stelle zu besprechen. Meiner Auffassung nach ist Barrierefreiheit ein, in unserem Sprachgebrauch, meist völlig missverstandener Begriff. Das Bild, das im Kontext von Barrierefreiheit, sowohl sprachlich als auch zynischer Weise tatsächlich bildlich, man denke nur an blaue Beschilderung von Behindertenparkplätzen, gezeichnet wird, ist das eines gönnerhaften Möglichmachens für die, die sonst nicht könnten, meist (körperlich) Behinderte. Tatsächlich jedoch beschreibt Barrierefreiheit lediglich den Ist-Zustand für einen priviligierten Teil unserer Gesellschaft, nämlich den, auf den eben keine Widerstände treffen. Zugespitzt ausgedrückt, könnte man auch formulieren: Niemand ist behindert. Behinderung kommt erst mit dem Auftreten einer (sozialen) Barriere zustande. Und so lässt sich Barrierefreiheit auf die verschiedensten Dinge übertragen. Auch Grenzen dessen, was gemeinhin als „normal“, „behindert“, „unintelligent“ etc. beschrieben wird, verschieben sich. Schließlich ist jemand, der an der überkomplexen Formulierung eines Mietvertrages scheitert, in dem selben Maße durch Barrieren behindert wie jemand, der an der eher niederkomplexen Bedienung eines Fahrkartenautomats scheitert. Des weiteren kann Barrierefreiheit allerdings auch einen weit subtileren Kontext haben, die Äußerlichkeit der Erscheinung, durch kleine, marginale Details oder in der gesamten Erscheinung ausgedrückt, schafft Barrieren oder baut sie ab, besonders im kulturellen Kontext und angesichts dessen was gemeinhin als Geschmack bezeichnet wird. Barrierefreiheit kann auch, wie Banz ebenso andeutet, rein kommerzielle Gründe haben. Bei ihr als „Greenwashing“(8) bezeichnet. Wer seine Warenwelt, welcher Form auch im-

Theorie


mer, einem breiteren Publikum öffnet, sei es durch Blindenschrift, ebenerdigen Zugang oder Mehrsprachigkeit, der gewinnt Kunden. Dieser Linie folgend ist Barrierefreiheit letztendlich ein Begriff, der in jeder Erscheinungsform von Gestaltung ausgehandelt wird. Barrierefreiheit begrenzt oder öffnet den Zuschauer und Nutzerrahmen in einer Artikulation, die von der Äußerlichkeit bis hin zum Inhalt gehen kann. Dies nun erklärend wäre zum Beispiel ein Plakat zu nennen, dessen Äußerlichkeit einen Teil der „Konsumenten“ abstößt und durch diese Positionierung für einen anderen Teil wiederrum attraktiv wird. Diese Art der künstlichen Barriere, die bewusst geschaffen wird, ist für Teilbereiche der Gestaltung natürlich legitim und zeichnet sie bisweilen sogar aus, man denke nur an diverse Subkulturen, modische Nischen und Ähnliches, deren kultureller Wert kaum abzustreiten ist und deren Qualität nicht zuletzt in der Artikulation von Abgrenzung liegt. Jedoch liegt im Gegenteil der bewussten Anwendung, im versehentlichen Barrieren Vorhanden-lassen oder gar Barrieren erzeugen mit die größte Gefahr für den im weniger schlimmen Fall Gestalter, oder im schlimmsten Fall die Gesellschaft. Banz formuliert analog dazu einen Entwurf der Teilhabe verschiedener Gruppen als Gradmesser eines erfolgreichen in Form von Gestaltung des Sozialen.(9) Der Begriff der Teilhabe könnte an dieser Stelle auch mit Barrierefreiheit, die aktiv angenommen wird, beschrieben werden.

Deweys Ästhetik und Social Design An dieser Stelle wird es nicht nur möglich sondern gar nötig einen Blick auf die Theorien von John Dewey zu werfen. In seiner Schrift: „Kunst als Erfahrung“ legt er eine ästhetische Theorie der Erfahrung dar, die im genaueren Hinblick auf Social Design aus zwei Perspektiven interessante Erkenntnisse liefert. Ganz direkt lässt sich im Kontext der zuvor erwähnten Selbstreflexion, oder auch „In Frage stellen“ und dem im Zuge dessen registrierten, und gerade erwähnten, bewussten oder auch unbewussten Gestalten von Barrieren eine Art Kritik des Unbewusstseins aufstellen: Dewey’s Idee der Erfahrung, insbesondere der ästhetischen, ist gekennzeichnet durch das Vorhandensein einer Art von Interaktion, die zwar eine Phase der Passivität miteinschließt: „[…]gibt es in jeder Erfahrung ein Moment der passiven Hinnahme, des Erleidens im weiteren Sinne.“(10), jedoch auch zeitlich begrenzt und eine aktive Auseinandersetzung fordert. Analog zu seiner sprachlich ausgeführten Illustration des Steins(11) könnte man auch einen Gestaltungsprozess in eine Bewegungsform gießen die von A nach B führt, was ebenso seiner Ausführung zu der absoluten Bedingung von „[…]Anfang und Ende[…]“(12) genügen würde. Würde also nun die Gestaltung in Form eines Objekts von statten gehen, das sich bewegend von A nach B reisend, diversen Hindernissen und Beschleunigungsfaktoren ausgesetzt sieht, wie Beispielsweise, sehr pragmatisch gedacht, mehr Geld (Beschleunigung), Krankheit eines Mitarbeiters (Hindernis), oder aber Faktoren in der Idee des Objekts selber, wie geänderte Anforderung, so ist der Gestalter steter Begleiter der Reise und trifft ebenso wie das Objekt auf diese Faktoren. Nun kommt treffend die faktische Forderung, dass Interesse für das, was hindert und beschleunigt, vorhanden sein muss. Das Ergebnis, also das Produkt/das Gestaltete muss analog zum „[…] Zur-Ruhe-Kommen […]“(13) eine Art Multiplikation der schon geschehenenTeile des Vorangegangen sein, keine Addition bloßer Einzelteile sondern eine sich bedingende Kette und das Ergebnis ein Teil davon. Von dieser Ausführung ausgehend lohnt sich ein erneuter Blick auf das versehentliche Nicht-beachten von Barrieren. Ist nämlich der Gestalter auf dem Weg zum Ergebnis nicht in der Lage eine essentielle Wahrnehmung, essentiell bedingt sich an dieser Stelle aus meinen Ausführungen zur erweiterten Anwendung und Denken des Barrierebegriffs, aktiv zu durchleben in Form eines bewussten Reflektierens, so fehlt ihm ein wesentlicher und elementarer Bestandteil zur einer ästhetischen Praxis des Entwurfs. Die zweite Perspektive, die es sich zu betrachten lohnt, ist ein Transfer der Voraussetzung, dass das bewusste Erleben, prozesshafte Durchführen oder auch Erfahren, das bei Dewey sowohl exemplarisch bei Kunst als auch bei einer streng intellektuellen Überlegung(14), dem Verhalten von Staatsmännern(15) oder eher dem alltäglichen Da-

10

John Dewey, Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980, S. 53

11

Vgl. Ebd. S. 52

8

Ebd. S. 7

12

Ebd. S. 47

9

Vgl. Ebd. S. 17

13

Vgl. Ebd. S. 52

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sein zugeordneten Handlungen wie „Schach“, „Einnehmen einer Mahlzeit“ und „Gespräch“(16) seinen ästhetischen Charakter beinhaltet, ihrerseits voraussetzt, dass der Betrachter, Benutzer oder allgemeiner gesagt: der Erfahrende, also der Mensch in dem gesellschaftlichen Kontext den er erfährt oder in dem er erfährt, überhaupt Zugang zur Erfahrung erlangt. Eine ästhetische Erfahrung setzt zwar voraus, dass sich der Erfahrende oder Ausübende, Nutzende, man könnte die Liste lange fortführen, in gewisser Weise auch selber darum bemüht diese eine spezielle Erfahrung zu machen, doch setzt sie ebenso voraus dass der Erfahrende erst einmal in die Position kommen muss diese Erfahrung zu machen, die, das sei an dieser Stelle erwähnt, nicht nur physischer sondern auch rein psychischer/intellektueller/gedanklicher Natur sein kann. Es ist natürlich klar, dass absolute Gleichheit, in diesem Fall könnte das in etwa: „gleicher Zugang für alle“ lauten, eine Illusion ist, die nie in Gänze erreicht werden kann. Jedoch können, und das hat die Geschichte mehr als einmal bewiesen, barrierefreie Zugänge für davor kaum vorstellbare Entwicklungen sorgen. Wer sich die gesellschaftliche Entfesselung, die mit der Übersetzung der Bibel einherging und die im Umkehrschluss zuvor faktisch existierende gesellschaftliche Geiselung, nicht nur ausgedrückt, sondern explizit aufrecht erhalten durch eine künstliche Barriere, denn nichts anderes ist das bewusst gewollte nicht-Übersetzen: eine Sprachbarriere, vor Augen führt, dürfte keine Zweifel daran haben welches Potential eine Neudenkung des Barrierebegriffs beziehungsweise die Bewusstmachung von Barrieren hat. Interessanterweise merkt Banz, durch ein Zitat von Latour, an, dass Design den Begriff der „Revolution“(17) ersetzt hat. Eine unübersehbare Parallele, denn Revolution war die Übersetzung der Bibel in gewissenm Sinne auch. Auch zeigen diverse Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart, welche Barrieren entstehen und fallen können, wenn beispielsweise die Schulbildung in spezifischen Gesellschaftsgruppen, also der Zugang zu Bildung erhöht oder verringert wird. Solche Auswirkungen artikulieren sich in der durchschnittlichen Lohnund Lebenserwartung, die äußerst eng miteinander verknüpft sind, nicht-weißer Gesellschaftsgruppen im modernen Nordamerika(18) (19) ebenso wie in nicht-Akademiker Haushalten Deutschlands, deren Nachwuchs signifikant niedrigere Bildungsabschlüsse als der Rest der Gesellschaft hat.(20) Die aus diesen Voraussetzungen resultierenden Lebensumstände sind naturgemäß Barrieren, die den entsprechenden Personengruppen allzeit präsent sind. Einerseits könnte man nun argumentieren man brauche mehr Toleranz, Offenheit oder sonst einen Euphemismus von Seiten der privilegierten Gesellschaftsteile, was allerdings eine selektive Zuteilung von Zugängen wäre und gleichzeitig, drastisch formuliert, eine Abwertung des zu Erfahrenden wäre, da es häppchenweise zerstückelt und als Erfahrung meist unbrauchbar gemacht, selektiv verteilt werden würde. In gewisser Weise müsste, unter Berücksichtigung naturgesetzlicher Gegebenheiten, vom ersten Moment des bewussten Daseins an, jedem ein eigenständiger Zugang zum selbständigem Erfahren ermöglicht werden.

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Die soziale Verantwortung Doch was bedeutet dies nun für einen Ästhetikbegriff im Social Design, der zugleich dessen gesellschaftliche Relevanz entsprechen kann? Davon ausgehend, dass Social Design den Anspruch hat, soziale Anforderungen zu berücksichtigen, und Barrierefreiheit in einer Form wie ich sie erläutert habe, gedacht werden kann oder gar sollte, ergibt sich dem Social Design eine enorme Verantwortung. An dieser Stelle wäre ein weiteres Mal auf Banz zu verweisen die völlig richtig anmerkt, dass die Tendenz der Politik, anzuerkennen welches Kraft- und Wirkungspotential dem Design damit zuteil wird und daraus folgend eine Kompetenz und Verantwortlichkeitsverschiebung hin zu Design zu veranlassen, ein Schritt in die falsche Richtung ist.(21) Dem Problem kann auf verschiedene Weisen begegnet werden. Einmal wäre denkbar die Prozesshaftigkeit und Problemlösungsorientiertheit der Gestaltung auf die Politik zu übertragen, was in Teilen bereits geschehen ist(22), was jedoch eine Integration der sozialen Komponente des Designs in die Politik/Gesellschafts- oder auch Machtgestaltung zur Folge haben könnte, woraufhin sich das „klassische“ Design seiner Verantwortung möglicherweise entziehen wird. Hier werden Paralellen zur Kritik am Funktionalismus deutlich, die Gestaltung wäre angreifbar für eine Kritik mit Inhalt ein reiner Steigbügelhalter des Warenfetischismus, diverser politischer Systeme oder was unzufriedenen Kritikern sonst noch als Fremdzweck der Gestaltung zu sehen gedenken, zu sein. Gestaltung sollte sich vielmehr seines eigenen Potentials, das nicht zuletzt in der sozialen Komponente zu finden ist, ermächtigen und sich nicht von den Inhalten des „Social Design“ trennen, denn sie sind das, was der Gestaltung Gewicht verleiht. Nie sollte es nur darum gehen eine gute Form zu finden, oder sich hinter der reinen Anpassung in ein System zu verstecken. Auch Ästhetik ist kein, wie man eventuell vermuten würde, legitimer Begriff um die Abwesenheit eines Verantwortungsbewusstseins zu legitimieren. Ästhetik ist eine Form des Erfahrens, nach Dewey, was nach aktiver Reflexion dessen, was der Gestalter gestaltet verlangt und in diesem Prozess des Wahrnehmens kann die gesellschaftliche Komponente dessen, was wir wahrnehmen und umsetzen und wie wir uns in dieser Beziehung selber wahrnehmen nicht vernachlässigt werden. Wer es doch tut, produziert Gefälligkeiten und reduziert das eigene Schaffen auf ein reines Darstellen, und den Betrachter/Benutzer auf einen kurzen Genussmoment, ohne die Möglichkeit zur Reflexion. Das Produkt verkommt zu einem Effekt. Gestaltung muss sich nicht zuletzt daran messen welchen Ansprüchen einer Gesellschaft, durch die sie erst Ihre Existenzlegitimation bekommt, sie gerecht wird. Aufgrund dessen sollten sich Gestalter die Inhalte des Social Designs, die ich oben grob verallgemeinert als eine vielfach geartete Form der Barrierefreiheit definiert habe, zu eigen machen und ihrer Praxis zugrunde legen.

14

Vgl. Ebd. S. 51

15

Vgl. Ebd. S. 51

16

Ebd. S. 47

17

Claudia Banz, Social Design, Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, Bielefeld: Transcript Verlag 2016 S.

18

https://www.bpb.de/izpb/181064/gesellschaftsstruktur-der-usa?p=1 Stand 28.04.2020

19

https://www.cdc.gov/vitalsigns/aahealth/index. html Stand 28.04.2020

21

20

http://www.hochschulbildungsreport2020. de/chancen-fuer-nichtakademikerkinder Stand 26.04.2020

Vgl. Claudia Banz, Social Design, Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, Bielefeld: Transcript Verlag 2016 S. 23

22

Vgl. Ebd. S. 23

Theorie


Inklusion und Integration Wie bereits erläutert, schließt diese Bewusstmachung und Vergegenwärtigung keinen reflektierten Umgang mit den zugrundeliegenden Sozialkomponenten im weiterführenden Umgang mit Gestaltung aus, nein ist sogar wünschenswert. Dass der Auftrag eine Treppe zu gestalten in seiner Grundidee ausschließt, einen Ort der Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer anzubieten, kann nicht dem Gestalter angelastet werden, allerdings sollte der Eigenanspruch beinhalten, in der gestalterischen Praxis einen Entwurfsansatz anzubieten der eine gleichwertige, inhaltlich wie „funktional“-praktische, Zugangslösung für Rollstuhlfahrer beinhaltet. Die Annahme des Vorschlags liegt im genannten Beispiel allerdings nicht beim Gestalter, was den Zweck des vorangegangenen Plädoyers in Teilen ad absurdum führt. An dieser Stelle deutet sich bereits die Frage an, welchen Zweck die Überlegungen zur Verantwortlichkeit der Gestaltung verfolgen, wenn am Ende doch davon auszugehen ist, dass es selten in der Entscheidungsgewalt des Gestalters liegt finale Urteile über die Produktion/Ausführung zu fällen. Hier wird ein weiteres Problem der öffentlichen Gestaltung und ihrem Versuch barrierefrei, in diesem Fall enger gefasst für körperlich Behinderte und deren spezifische Barrieren, zu sein, klar. Wie in der gegenwärtigen Begriffstrennung zwischen Social Design und normalem Design schon anklingt, werden die verschiedenen, inhaltlichen, beispielsweise Leitsysteme, und äußerlich architektonischen, Ansätze in den meisten Fällen getrennt behandelt, der barrierefreien Systemkomponente fällt dabei meistens eine untergeordnete, gar degradierte Rolle zu. Man möge nur mal öffentliche Gebäude der eigenen Wahl betreten und betrachten wie barrierefreie Zugänge stets um das Gebäuden herum oder in die entlegensten Winkel fallen, da sie eben kein artikulierter Bestandteil gestalterischer Praxis sind sondern später, ganz im Sinne der Trennung von Social und normalem Design, dazugedacht werden. Anhand dessen und der vieldiskutierten Wörter Inklusion und Integration, deren Einfluss und Bedeutung sich zweifelsohne auf die gesamte Gesellschaft ausweiten lässt, ist eines der Kernprobleme unserer gängigen Auffassung und Umsetzung von Barrierefreiheit abzulesen. Integration beschreibt die Möglichkeit eines Zusammenlebens trotz Barriere, das heißt der, von der Barriere Betroffene muss sich soweit anpassen dass er (hinein)passt. Inklusion beschreibt das Zusammenleben, oder auch Leben im allgemeinen Sinn, ohne dass eine Veränderung des Eintretenden nötig wäre.(23) Die gängige Umsetzung sozialer Fragen im Design lässt sich also in den Bereich des Versuchs einer Integration verorten, jedoch keinesfalls in den der Inklusion, erst recht keiner Gelungenen. Daraus folgend lässt sich ein Missverständnis in ästhetischer Praxis zeigen, an dessen Anfang die Annahme steht man, also der Konsument/Benutzer, ist die sich zu eigen machende und den (ästhetischen) Mehrwert schon erkennende Komponente. Gut sichtbar am vermehrten Auftreten von Wohn-/Belebungs-/Sharing-/Begehbarmach-, die Liste ließe sich lange fortsetzen, Konzepten in mehr oder weniger neu angelegten Bauwerken die keinen erkennbaren Mehrwert haben, bei denen der Gestalter aber schon soweit kapituliert hat, Dewey’s Forderung nach dem Erfahren im Prozess der Gestaltung gänzlich ignorierend, dass er den späteren ästhetischen sowie gesellschaftlichen 23

Vgl. https://www.vdk.de/bayern/pages/26741/inklusion_und_integration?dscc=ok, Stand: 27.02.2020

Mehrwert beziehungsweise die noch zu folgende Definition dessen, in die Hände anderer legt. Man könnte sagen: spekulatives Design der Rückratlosigkeit. Also ein Design, das die gesellschaftliche Komponente und die darin zugrundeliegende Verantwortung ignoriert, beziehungsweise von sich weisst und in die Zukunft verlagert. Dies ist nicht zu verwechseln mit Barrierefreiheit, die zwar eine tatsächliche Gestaltungsmöglichkeit im späteren Gebrauch beinhalten kann, also eine gewisse Wandlungsfähigkeit für verschiedene Ansprüche derer sich der Nutzer bemächtigen kann, aber sich nicht gänzlich frei von den praktischen Fragen und Problemen, die die Nutzung aufwirft, machen kann. Wenn ich das Integrieren von Barrierefreiheit in die Grundlagen jeder ästhetischen Praxis fordere so meint dies zwei Dinge explizit nicht. Es sollte keine nachträgliche Umformung von Prozessen und Strukturen geben, nur um dem Anschein der Barrierefreiheit oder einer sozialen Komponente nachzukommen. Damit gemeint ist das zu eigen machen, beispielsweise politischer Leitideen, von Inhalten, um diese in einem Prozess von oben herab in sensible Systeme mit Druck einzupressen. Konkretes Problemfeld wäre hier die deutsche und in Teilen auch europäische Bildungspolitik. In zahlreichen Erlässen und Weisungen aus den Bildungsministerien wurde die rechtlich nun notwendige Inklusion ohne die finanziellen und personellen Mitteln eingeführt. (24)(25) Konkret äußert sich dieses, dem Grunde nach schon falsches, Umsetzungskonzept, in Problemen im Schulalltag. Nicht zuletzt die behinderten Kinder leiden darunter. Das deutsche Bildungssystem mit seinem Einstufungsprinzip in verschiedene Leistungsklassen ist an sich schon zumindest fragwürdig, da die Zeitpunkte an denen über die entsprechende Einstufung entschieden wird doch recht willkürlich anmuten und Menschen mit wie auch immer gearteten, im Bildungskontext so genannten Defiziten gegenüber exklusiv. Die nun erfolgte und erfolgende nachträgliche Überbauung mit dem Begriff der Inklusion führt zu völlig dysfunktionalen Persönlichkeitsbeziehung innerhalb des fragilen Raumes Schule, an dessen Ende schlecht geförderte Schüler, überstrapazierte Lehrer und ein überforderter Verwaltungsapperat stehen. Die Verortung wo solche Zielsetzungen ausgehandelt und definiert werden sollten ist weniger der, der ausführenden Stelle, in diesem Fall die Schule, als vielmehr der, des Reisbretts, also die Politik. Soll heißen dass für eine solch tiefgreifende Veränderung, die dem Grunde nach vollumfänglich zu begrüßen ist, ein allumfassender also gesellschaftspolitischer Gestaltungsansatz benötigt wird, der eine Umstrukturierung der Grundverhältnisse, auch außerhalb des Klassenzimmers, erfordert und keine bloßen Weisungen in den ausführenden Apperat hinein, dies ist in etwa so sinnvoll wie mit einem Diesel Benzin zu tanken und dem Auto zu sagen: „fahr!“.

24

Vgl. https://www.zeit.de/2014/14/inklusionschule-finanzen Stand: 23.04.2020

25

Vgl. https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/inklusion-in-der-kritik-zurueck-zur-foerderschule-15638151-p2.html Stand: 23.04.2020

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Soziale Institutionen „Beschreiben wir also das Krankenhaus als Institution. Es ist vor allen sichtbaren Dingen ein System von Beziehungen zwischen Menschen. Auch zwischenmenschliche Systeme sind designt, entworfen, zum Teil allerdings von Geschichte und Tradition, zum andern Teil aber von heute lebenden Menschen. Wenn das Gesundheitsministerium verfügt, die Diätküche sei nicht dem medizinischen Personal, sondern der Direktion unterstellt – oder umgekehrt –, so ist dieser Beschluss ein Stück der Gestaltung der Institution.“(26) Anhand dieses Zitats und weiterer Ausführungen Burckhardt’s lässt sich eine Konstruktion dessen ableiten, was ich vorangegangen nur als eine Art Verhältnis zwischen Überlegung, Anweisung und schlussendlich ausführender Stelle beschreiben konnte. Burckhardt beschreibt in: „Design ist Unsichtbar“ verschiedene Komponenten des Gestaltens und wie diese zu anderen Einflüssen, Personen oder Objekten interagieren. Beginnend mit der Definition von „Randbedingungen“(27) die sich wechselseitig beeinflussen, führt er den Gestaltungsgedanken der gegenseitigen Einflussnahme weiter und verweist auf einen größeren Kontext, eine Art System.(28) Diese Systeme beschreibt er als Institutionen, die aus ständig interagierenden Beziehungskonstruktion bestehen und der Bedeutung sich der Gestalter stets bewusst sein muss. Das geforderte Bewusstsein resultiert aus seiner Annahme, dass sich aus einem fehlenden Bewusstsein für das Gesamtkonstrukt nur partielle Lösungen für Probleme ergeben, die ihrerseits neue Probleme verursachen, ein ewig währender Kreislauf der „Kontraproduktivität“(29) Beispielhaft veranschaulicht wird dies von Burckhardt mit dem allgegenwärtigen Versuch für absolute Sauberkeit zu sorgen, der im Falle eines Krankenhauses zu einem noch viel größeren Problem, nämlich dem der multiresistenten Keime führt, die wiederum mit noch wesentlich mehr Antibiotika bekämpft werden müssen.(30) Diese Veranschaulichung des Beziehungskonstrukts, dies meint an dieser Stelle die Wechselwirkung menschlicher Interaktion untereinander und mit ihrer Umwelt, als Institution lässt sich direkt auf meine Überlegungen zur Dysfunktionalität der Inklusion im traditionellem Schulsystem übertragen. Ein Eingriff ins System ist nur dann erfolgreich wenn auch die Randbedingungen geändert werden, sonst bedarf es bald einer erneuten Korrektur der Korrektur. Burckhardt spricht von einer „NichtNeutralität“(31) der Objekte, wenn diese eine Abhängigkeit des Konsumenten, beziehungsweise des Benutzer, zu anderem Dingen erzeugen,

32

26

Lucius Burckhardt, „Design ist Unsichtbar“, in Lucius Burckhardt ‚Wer plant die Planung?Architektur, Politik und Mensch’, Martin Schmitz Verlag 2006, S. 189

27

Ebd. S. 187

28

Vgl. Ebd. S. 189

29

Ebd. S. 199

30

Vgl. Ebd. S. 192

31

Ebd. S. 197

Theorie

beziehend auf recht naheliegende Konsumgüter wie ein „Auto“(32) oder „[…]diejenigen Objekte […], die uns dazu zwingen, weitere Zusatzgeräte zu kaufen.“(33). Hier verpasst Burckhardt die Chance seine, anfangs noch in größerem Kontext formulierten Theorien auch in den Kontext einer gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen. Zwar ist ihm vermutlich ebendieses ein Anliegen und mit seinem Bezug auf alltägliche Konsumgüter könnte man auch eine gesellschaftliche Bedeutung, im Sinne einer allgegenwärtigen Benutzung und Erfahrens, konstruieren, bedenke man meine Ausführungen zu Dewey. Doch wäre es auch ein notwendiger Bestandteil wenn seine Ausführungen auch Bezug nehmen würden zu größeren, nennen wir sie gesellschaftspolitischen, Fragen. Dieser Anspruch schwingt zwar immer wieder mit, siehe zum Beispiel: „Kontraproduktivität, so sagten wir, entsteht, wenn Erfindungen so eingesetzt werden, daß sich ein Bruch zum Gesamtsystem öffnet, der wiederum durch eine isolierte Erfindung zugekleistert wird. Die Summe der Nachfolgeerfindungen ergibt dann die Kontraproduktivität des Gesamtsystems.“(34), jedoch muss auch die Gesellschaft, heute mehr denn je, als eine große Institution begriffen werden, die ihrerseits in einer noch größeren Institution, der Weltgemeinschaft in ständiger Wechselbeziehung zu sich nicht zuletzt aufgrund der Globalisierung, sich ständig ändernden Rahmenbedingungen, also „Randbedingungen“(35), verortet ist. Burckhardts abschließende Worte „Unsichtbares Design. Damit ist heute gemeint: das konventionelle Design, das seine Sozialfunktion selber nicht bemerkt. Damit könnte aber auch gemeint sein: ein Design von morgen, das unsichtbare Gesamtsysteme, bestehend aus Objekten und zwischenmenschlichen Beziehungen, bewußt zu berücksichtigen imstande ist.“(36) bilden, in Verbindung mit den Ausführungen Dewey’s zur Erfahrung im Sinne eines Wahrnehmens verschiedener Komponenten von Empfindungen, Emotionen und der eigenen Wahrnehmung, also eine Art Reflexion, einen Vorschlag zu einem Social Design dass sich der eigenen ethischen, gesellschaftlichen, moralischen und sonstigen Einflüsse auf die Institutionen, auf die sie durch Einbringung, sei es als Konsumgut oder Politiksystem, unmittelbaren Einfluss hat, bewusst ist. An dieser Stelle deutet sich schon an, dass Social Design weder als eigenständige Praxis gedacht werden kann, noch als bloße Komponente die beliebig eingebracht oder weggestrichen werden darf.

32

Ebd. S. 198

33

Ebd. S. 198

34

Ebd. S. 199

35

Ebd. S. 187

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Ebd. S. 192


und andererseits, dass auch schwer zu ertragende Zustände, schließlich erscheint zumindest das Verweigern eines Hörgeräts im Kindesalter vonseiten der Eltern als kaum zumutbar, wenn sie denn kulturell bedingt und in einer solch spezifischen Gesellschaft verankert sind, oft hingenommen werden müssen. Das es bei der Frage, was hinzunehmen und was beispielsweise durch die Justiz unterbunden werden muss, um eine Frage geht, die Social Design als eigenständige Gestaltungspraxis aufgrund fehlender Legitimation, nicht zu beurteilen in der Lage ist, zeigt, dass wir Social Design nicht als eigenständiges Konstrukt denken können. Die Erkenntnis, dass Schaffung von sich, in ihrer Wertigkeit entsprechenden, Zugängen und dem Abbau von Barrieren immer auch einen gesamtgesellschaftlichen Umbau oder zumindest einer Berücksichtigung der Beziehungen innerhalb einer Institution, wie wir sie bei Burckhardt kennen gelernt haben, erfordern, stützt diese These offensichtlich. Grenzen des Social Design Versuchen wir anhand der Grenzen dessen was Social Design zu leis- ten vermag noch stärker auszudefinieren was Social Design ist. Dies zu diskutieren ist unabdingbar, denn Menschen die körperliche oder geistige Einschränkungen haben sind nun einmal unterschiedlich zu einem Menschen der keine körperliche Einschränkung hat und es gibt Menschen die auf absehbare Zeit einen differenten Zugang zur Gesellschaft haben werden. Dies kann sich im Bildungsstand, Wohnort, Vermögen, sozialem Hintergrund und Ähnlichem äußern. Ausreizend kann man auch davon sprechen, dass der Mensch als solcher immer eingeschränkt ist, sich nur die Wahrnehmung dessen, was eingeschränkt sein mag unterscheidet. Auch die, soziale Gefüge einmal ignorierend, Unterscheidbarkeiten der Menschlichen Natur sind zu beachten. Ist es schließlich nicht so, dass niemand allwissend ist? Dass niemand in der Lage ist jede erdenkliche Bewegung vollkommener als ein jeder anderer auszuführen? Dass allein durch die räumliche Einschränkung des Geburts- und Lebensortes der gedankliche Horizont, durch das nicht kennen eines unbekannten Ortes, eingeschränkt ist? Dass diese Beengung durch die spezifische Kultur in der wir uns jeweils befinden noch verstärkt wird? Die Intensität und Art variiert, die Einschränkung als solche existiert. Diese Differenz ist unbestreitbar und muss in Teilen, nämlich denen die die Person, die sich damit beschäftigt, nicht zu beeinflussen in der Lage ist, so hingenommen werden. Auch die Unterschiede, die in ihrer Struktur künstlich, soll heißen aus der Gesellschaft bedingt und nicht natürlich bedingt, im Bezug auf Einkommen, Bildung etc. sind nicht von heute auf morgen aus der Welt zu schaffen, werden sogar mit großer Wahrscheinlichkeit in unterschiedlicher Ausprägung immer bestehen. Aufgabe einer Gesellschaft wie wir sie haben oder gerne hätten ist nun dafür zu sorgen, dass trotz dieser Differenz ein grenzüberschreitendes Erfahren möglich ist. Des weiteren meint die Einbeziehung von Barrierefreiheit, wie wir sie nun kennengelernt haben, nicht dass komplette Barrierefreiheit immer geleistet werden kann oder muss. Manchmal lassen die speziellen Anforderungen, niedriges Budget, fehlende Zeit oder die von Burckhardt erwähnten „Randbedingungen“ keine optimale Umsetzung zu, jedoch kann das Nachdenken über die Anforderungen der Barrierefreiheit und insbesondere deren aktive Bewusstmachung zu besseren Ergebnissen führen. Doch darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass die Unterschiede auch Teil davon sind was wir gemeinhin als Identität bezeichnen. Keineswegs darf für Gleichmacherei statt Schaffung gleicher, in diesem Fall als die Grundvorraussetzung für ästhetisches Erfahrung gemeinten, Verhältnisse plädiert werden. Dies begründet sich unter anderem in der erwähnten, identitätsstiftenden, Unterschiedlichkeit. An dieser Stelle sei beispielsweise die Gehörlosen-Community erwähnt, deren Mitglieder es in bereits mehrmaligen Fällen ablehnten, sich oder ihren Kindern Hörgeräte implantieren zu lassen mit dem Verweis auf eine eigenständige Kultur, die sich durch Zeichensprache und ähnliche Besonderheiten auszeichnet. (37)(38) Dieses Beispiel zeigt einerseits dass es hingenommen werden muss, wenn Einzelpersonen oder Mitglieder einer Gruppe sich bewusst einer aktiven Eingliederung von außen zu entziehen wünschen 37

https://www.derstandard.de/story/2000115383542/ein-implantat-fuer-gehoerlose-kinder-das-nicht-alle-eltern-wollen Stand 28.04.2020

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https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ cochlea-implantat-wird-ein-gehoerloses-kindgegen-den-willen-der-eltern-operierta-1180538.html Stand 28.04.2020

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Ästhetik im Social Design, zwei Ansätze Mit Blick auf die vorangegangenen Überlegungen ergeben sich zwei Theorien der Ästhetik im Social Design. Unter Berücksichtigung von Dewey’s Ausführungen zur Ästhetik mit besonderem Augenmerk auf den Prozess der Erfahrung und der ästhetischen Erfahrung, die ein Bewusstsein Dessen erfordert was genau man wahrnimmt und erfährt, lässt sich mit dem Institutionsbegriff Burckhardt’s, und seinem Plädoyer zur Bewusstmachung des Einflusses der Gestaltung in eben diesen Institutionen(39), darauf schließen, dass Social Design dem Grunde nach lediglich die Komponente der Gestaltung, Gestaltung wie zuvor auch im gesellschaftlichen Sinne zu verstehen: also Design, Politik und so fort, meint, die ihren ästhetischen Teil beschreibt. Dies begründet sich unter anderem daraus, dass die diskutierten Komponenten des Social Design, zum Beispiel die Schaffung von fairen Bedingungen, Zugang zu diversen soziokulturellen Bereichen, Bildung und Ähnliches, eine ästhetische Erfahrung erstens für den Betrachter, Konsumenten, sprechen wir am besten vom Gesellschaftsmitglied, erst möglich machen und zweitens dem Gestalter erst ästhetisches Gestalten ermöglichen, denn ein blindes Wiederholen gestalterischer Praktiken, hat keinen ästhetischen Mehrwert. (40) Dewey formuliert: „Bringt ein Künstler in seinem Schaffensprozeß nicht eine neue Erkenntnis zum vollendeten Ausdruck, so arbeitet er mechanisch und wiederholt irgendein altes Modell, das wie eine Blaupause in seinem Geist haftet.“(41) Social Design im umganssprachlichen Sinne meint jedoch eine gestalterische Praxis die soziale Inhalte verfolgt und eine konkrete Verbesserung von Umständen anstrebt. Bei Burckhardt sieht man recht deutlich, dass das reine Problemerkennen und dessen singuläre Behebung keine funktionierende Lösung ist da sich das Grundproblem in der Institution singulär nicht beheben lässt.(42) Wenn nun aber das Social Design sich seiner größeren Bezüge bewusst wird, oder gar ist, folgt der logische Schluss, dass Social Design keine eigenständige Praxis zur Problembehebung sein kann und darf.Bei Betrachtung der zu berücksichtigenden Gesamtumstände der Institution Gesellschaft, beispielsweise Produktion, Währungssystem, Bildung, Lieferketten, Umwelt etc. wird klar dass sich das Social Design mit seinen schon bestehenden Anliegen in einen zentralen, bestehenden, Gestaltungsprozess eingliedern muss, die Politik. Jedoch nicht als deligierte Botschafter eines Fachbereichs sondern als Ganzes. An dieser Stelle wäre das Social Design ein Design „[…]ein Design von morgen, das unsichtbare Ge-

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samtsysteme, bestehend aus Objekten und zwischenmenschlichen Beziehungen, bewußt zu berücksichtigen imstande ist.“(43) Seine Anliegen und Inhalte würden, politisch umgesetzt, zu einer barrierefreien Wahrnehmungsmöglichkeit und damit der Chance einer ästhetischen Gesellschaftsempfindung führen. Eine Art neue Aufklärung die einem großen Teil der Gesellschaft ästhetische Erfahrungen erst zugänglich macht. Beide Ansätze haben miteinander gemein, dass sie Hinweise und Denkanstöße zu liefern im Stande sind wie mit den globalen Herausforderungen der nächsten Jahre umzugehen ist. Exemplarisch sei hier die Digitalisierung und Automatisierung der modernen Arbeitswelt genannt, die zwangsläufig eine bewusste Umstrukturierung der bestehenden Idee von Arbeit und Beschäftigung im weiteren Sinne erfordert. Zwar wird nicht jeder Bereich der Arbeitswelt durch-automatisiert werden (können), doch bedarf es eines Plans wie eine neue Art von Beschäftigung abseits des klassischen Arbeitsverhältnisses aussehen kann. Ersterer Ansatz erlaubt eine sehr positive Interpretation dessen was kommen mag, denn wenn die ästhetisch wertlosen, sich immer wiederholenden Arbeitsschritte auch inhaltlicher Art, inhaltlich in Form der Nebenbereiche von klassischer Produktion, von Maschinen übernommen werden, könnte sich der Mensch vermehrt den doch wertvollen, ästhetischen Erfahrungen zuwenden. Das passive Hinnehmen von Tätigkeit wäre beendet. Mit zweitem Ansatz fällt es schwerer Utopien aus (eventuellen) Verhältnissen abzuleiten, jedoch leichter, ein Realbild für entsprechendes Szenario zu entwerfen. Die zentrale Anforderung wird nämlich ebenso sein, die gesellschaftlichen „Randbedingungen“(44), die solch eine positive Wandlung, wie in ersterer Anwendung beschrieben, erlaubt, zu konstruieren. Für neue Möglichkeiten muss stets auch ein Rahmen vorhanden sein der dies erlaubt. Beide Ansätze bedingen sich und stehen in Wechselwirkung.

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Lucius Burckhardt, „Design ist Unsichtbar“, in Lucius Burckhardt ‚Wer plant die Planung?Architektur, Politik und Mensch’, Martin Schmitz Verlag 2006, S. 199

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Vgl. John Dewey, Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980, S. 49. & S. 51

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Ebd. S. 49

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Ebd. S. 199

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Lucius Burckhardt, „Design ist Unsichtbar“, in Lucius Burckhardt ‚Wer plant die Planung?Architektur, Politik und Mensch’, Martin Schmitz Verlag 2006, S. 199

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Lucius Burckhardt, „Design ist Unsichtbar“, in Lucius Burckhardt ‚Wer plant die Planung?Architektur, Politik und Mensch’, Martin Schmitz Verlag 2006, S. 187

Theorie


Literaturverzeichnis: Claudia Banz, Social Design, Gestalten für die Transformation der Gesellschaft, Bielefeld: Transcript Verlag 2016 John Dewey, Kunst als Erfahrung, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980 Lucius Burckhardt, „Design ist Unsichtbar“, in Lucius Burckhardt ‚Wer plant die Planung?Architektur, Politik und Mensch’, Martin Schmitz Verlag 2006 – https://www.bpb.de/izpb/181064/gesellschaftsstruktur-der-usa?p=1 Stand 28.04.2020 – https://www.cdc.gov/vitalsigns/aahealth/index.html Stand 28.04.2020 –http://www.hochschulbildungsreport2020.de/chancen-fuer-nichtakademikerkinder Stand 26.04.2020 –https://www.vdk.de/bayern/pages/26741/inklusion_und_integration?dscc=ok, Stand: 27.02.2020 – https://www.zeit.de/2014/14/inklusion-schule-finanzen Stand: 23.04.2020 – https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/inklusion-in-der-kritik-zurueck-zur-foerderschule-15638151-p2.html Stand: 23.04.2020 – https://www.derstandard.de/story/2000115383542/ein-implantat-fuer-gehoerlose-kinder-das-nicht-alle-eltern-wollen Stand 28.04.2020 – https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/cochlea-implantat-wirdein-gehoerloses-kind-gegen-den-willen-der-eltern-operierta-1180538.html Stand 28.04.2020

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Theorie


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Theorie


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Notation


Eine Skizze am Hauptbahnhof Stuttgart, (Mittlereraufgang –Treppen), als der Aufzug wegen eines Polizeieinsatzes gesperrt war.

UN-Behindertenrechtskonvention Präambel Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens – 1) unter Hinweis auf die in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Grundsätze, denen zufolge die Anerkennung der Würde und des Wertes, die allen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft innewohnen, sowie ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, 2) in der Erkenntnis, dass die Vereinten Nationen in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den Internationalen Menschenrechtspakten verkündet haben und übereingekommen sind, dass jeder Mensch ohne Unterschied Anspruch auf alle darin aufgeführten Rechte und Freiheiten hat, 3) bekräftigend, dass alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind, einander bedingen und miteinander verknüpft sind und dass Menschen mit Behinderungen der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss, 4) unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskrimi- nierung der Frau, das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das Übereinkommen über die Rechte des Kindes

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Notation

–Skizze

–BGG

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) § 1 Ziel und Verantwortung der Träger öffentlicher Gewalt (1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleich- berechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Be- dürfnissen Rechnung getragen. (1a) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Dienststellen und sonstige Einrichtungen der Bundesverwaltung einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, bundesunmittelbaren Anstalten und bundesunmittel baren Stiftungen des öffentlichen Rechts, 2. Beliehene, die unter der Aufsicht des Bundes stehen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, und 3. sonstige Bundesorgane, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. (2) Die Träger der öffentlichen Gewalt sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in Absatz 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Glei- che gilt für Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bund- esrecht ausführen. (3) Die Träger öffentlicher Gewalt sollen darauf hinwirken, dass Einrichtungen, Ver- einigungen und juristische Personen des Privatrechts, an denen die Träger öffentlicher Gewalt unmittelbar oder mittel- bar ganz oder überwiegend beteiligt sind, die Ziele dieses Gesetzes in angemessener Weise berücksichtigen. Gewähren Träger öffentlicher Gewalt Zuwendungen nach § 23 der Bundeshaushaltsordnung als institutionelle För- derungen, so sollen sie durch Nebenbestimmung zum Zu- wendungsbescheid oder vertragliche Vereinbarung sicherstellen, dass die institutionellen Zuwendungsempfängerinnen und -empfänger die Grundzüge dieses Gesetzes anwenden. Aus der Nebenbestimmung zum Zuwendungsbescheid oder der vertraglichen Verein- barung muss hervorgehen, welche Vorschriften anzuwenden sind. Die Sätze 2 und 3 gelten auch für den Fall, dass Stellen außerhalb der Bundesverwaltung mit Bundesmitteln im Wege der Zuweisung institutionell gefördert werden. Weitergehende Vorschriften bleiben von den Sätzen 1 bis 4 unberührt. (4) Die Auslandsvertretungen des Bundes berücksichtigen die Ziele dieses Gesetzes im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

–UN-Behindertenrechtskonvention


Barrierefreiheit, wie zuvor wissenschaftlich dargelegt umfasst weit mehr als physische Zugänglichmachung. Im Zuge dieser Erkenntnis wurde die persöhnliche Erfahrung mit Barrieren und/oder ihrer Abwesenheit mit Skizzen erfasst. Diese schnellen Skizzen wurden später auf größerem Format und mehr Materialien umgesetzt, Dies wird nachfolgend als Notation betitelt. Die Skizzen entstanden einerseits auf gezielten Rundgängen und mit, für mich interessant wirkenden Rahmenbedingungen wie z. B. Regen, Nacht, Pendlerzeiten usw. und andererseits im normalen Alltag als spontaner Eintrag in das Skizzenbuch.

Die nachfolgende Notation zur Skizze links.

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und das Internationale Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen, 5) in der Erkenntnis, dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleich- berechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindem, 6) in der Erkenntnis, dass die in dem Weltaktionsprogramm für Behinderte und den Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte enthaltenen Grundsätze und Leit- linien einen wichtigen Einfluss auf die Förderung, Ausarbeitung und Bewertung von pol- itischen Konzepten, Plänen, Programmen und Maßnahmen auf einzelstaatlicher, regionaler und internationaler Ebene zur Verbesserung der Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen haben, 7) nachdrücklich darauf hinweisend, wie wichtig es ist, die Behinderungsthematik zu einem festen Bestandteil der einschlägigen Strategien der nachhaltigen Entwicklung zu machen, 8) ebenso in der Erkenntnis, dass jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung eine Verletzung der Würde und des Wertes darstellt, die jedem Menschen innewohnen, 9) ferner in der Erkenntnis der Vielfalt der Menschen mit Behinderungen, 10) in Anerkennung der Notwendigkeit, die Menschenrechte aller Menschen mit Behinderungen, einschließlich derjenigen, die intensivere Unterstützung benötigen, zu fördern und zu schützen, 11) besorgt darüber, dass sich Menschen mit Behinderungen trotz dieser verschiedenen Dokumente und Verpflichtungen in allen Teilen der Welt nach wie vor Hindernissen für ihre Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft sowie Verletzungen ihrer Menschenrechte gegenübersehen, 12) in Anerkennung der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderungen in allen Ländern, insbeson- dere den Entwicklungsländern, 13) in Anerkennung des wertvollen Beitrags, den Menschen mit Behinderungen zum allgemeinen Wohl und zur Vielfalt ihrer Gemeinschaften leisten und leisten können, und in der Erkenntnis, dass die Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen sowie ihrer uneingeschränkten Teilhabe ihr Zugehörigkeitsgefühl verstärken und zu erheblichen Fortschritten in der menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft und bei der Beseitigung der Armut führen wird, 14) in der Erkenntnis, wie wichtig die individuelle Autonomie und Unabhängigkeit für Menschen mit Behinderungen ist, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, 15) in der Erwägung, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben sollen, aktiv an Entscheidungsprozessen über politische Konzepte und über Programme mitzuwirken, insbesondere wenn diese sie unmittelbar betreffen, 16) besorgt über die schwierigen Bedingungen, denen sich Menschen mit Behinderungen gegenübersehen, die mehrfachen oder verschärften Formen

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Notation

–Skizze

–BGG

§ 2 Frauen mit Behinderungen; Benachteiligung wegen mehrerer Gründe (1) Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und zur Vermeidung von Benachteiligungen von Frauen mit Behinderungen wegen mehrerer Gründe sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu besei- tigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig. (2) Unabhängig von Absatz 1 sind die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen, die von Benachteiligungen wegen einer Behinderung und wenigstens eines weiteren in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genann- ten Grundes betroffen sein können, zu berücksichtigen. § 3 Menschen mit Behinderungen Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Als langfristig gilt ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert. § 4 Barrierefreiheit Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auf- findbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.

–UN-Behindertenrechtskonvention


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der Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen, indigenen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt, des Alters oder des sonstig- en Status ausgesetzt sind, 17) in der Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres häuslichen Umfelds oft in stärkerem Maße durch Gewalt, Verletzung oder Missbrauch, Nichtbeachtung oder Vernachlässigung, Misshandlung oder Ausbeutung gefährdet sind, 18) in der Erkenntnis, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten in vollem Umfang genießen sollen, und unter Hinweis auf die zu diesem Zweck von den Vertragsstaaten des Über- einkommens über die Rechte des Kindes eingegangenen Verpflichtungen, 19) nachdrücklich darauf hinweisend, dass es notwendig ist, bei allen Anstrengungen zur Förderung des vollen Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch Menschen mit Behinderungen die Geschlechterperspektive einzube- ziehen, 20) unter besonderem Hinweis darauf, dass die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen in einem Zustand der Armut lebt, und diesbezüglich in der Erkenntnis, dass die nachteiligen Auswirkungen der Armut auf Menschen mit Behinderungen dringend angegangen werden müssen, 21) in dem Bewusstsein, dass Frieden und Sicherheit auf der Grundlage der uneingeschränkten Achtung der in der Charta der Vereinten Nationen ent- haltenen Ziele und Grundsätze sowie der Einhaltung der anwendbaren Übereinkünfte auf dem Gebiet der Menschenrechte unabdingbar sind für den umfassenden Schutz von Men- schen mit Behinderungen, insbesondere in bewaffneten Konflikten oder während ausländischer Besetzung, 22) in der Erkenntnis, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderungen vollen Zugang zur physischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit und Bildung sowie zu Information und Kommunikation haben, damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll genießen können, 23) im Hinblick darauf, dass der Einzelne gegenüber seinen Mitmenschen und der Gemeinschaft, der er an- gehört, Pflichten hat und gehalten ist, für die Förderung und Achtung der in der Internationalen Menschenrechtscharta anerkannten Rechte einzutreten, 24) in der Überzeugung, dass die Familie die natürliche Kern- zelle der Gesellschaft ist und Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat hat und dass Menschen mit Behinderungen und ihre Familienangehörigen den erforderlichen Schutz und die notwendige Unterstützung erhalten sollen, um es den Familien zu ermöglichen, zum vollen und gleichberechtigten Genuss der Rech- te der Menschen mit Behinderungen beizutragen, 25) in der Überzeugung, dass ein umfassendes und in sich geschlossenes internationales Übereinkommen zur Förderung und zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderungen sowohl in den Entwicklungsländern als

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Notation

–Skizze

–UN-Behindertenrechtskonvention


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auch in den entwickelten Ländern einen maßgeblich-en Beitrag zur Beseitigung der tiefgreifenden sozialen Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen leisten und ihre Teilhabe am bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Le- ben auf der Grundlage der Chancengleichheit fördern wird –haben Folgendes vereinbart:

Artikel 1 – Zweck Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körper- liche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesell- schaft hindern können.

Artikel 2 – Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens –schließt „Kommunikation“ Sprachen, Textdarstellung, Brailleschrift, taktile Kommunikation, Großdruck, leicht zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorleser zugänglich gemachte sowie er- gänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich leicht zu-

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Notation

–Skizze

–UN-Behindertenrechtskonvention


gänglicher Informations und Kommunikationstechnologie, ein; –schließt „Sprache“ gesprochene Sprachen sowie Gebärdensprachen und andere nicht gesprochene Sprachen ein; –bedeutet „Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen; –bedeutet „angemessene Vorkehrungen“ notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können; –bedeutet „universelles Design“ ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles De- sign genutzt werden können. „Universelles Design“ schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus.

Artikel 3 – Allgemeine Grundsätze Die Grundsätze dieses Übereinkommens sind: 1. die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unab- hängigkeit;

2. die Nichtdiskriminierung; 3. die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft; 4. die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit; 5. die Chancengleichheit; 6. die Zugänglichkeit; 7. die Gleichberechtigung von Mann und Frau; 8. die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

Artikel 4 – Allgemeine Verpflichtungen (1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Men- schenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten, 1. alle geeigneten Gesetzgebungs‑, Verwaltungsund sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen 2. alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung- en darstellen; 3. den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten und allen Programmen zu berücksichtigen; 4. Handlungen oder Praktiken, die mit diesem Übereinkommen unvereinbar sind, zu unterlassen und dafür zu sorgen, dass die staatliche n Behörden und öffentlichen Einrichtungen im Einklang mit diesem Übereinkommen handeln; 5. alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung

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der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen; 6. Forschung und Entwicklung für Güter, Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen in universellem Design, wie in Artikel 2 definiert, die den beson- deren Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen mit möglichst geringem Anpassungs- und Kostenaufwand gerecht werden, zu betreiben oder zu fördern, ihre Verfügbarkeit und Nutzung zu fördern und sich bei der Entwicklung von Normen und Richtlinien für universelles Design einzusetzen; 7. Forschung und Entwicklung für neue Tech- nologien, die für Menschen mit Behinderungen geeignet sind, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien, Mobilitätshilfen, Geräten und unterstützenden Technologien, zu betreiben oder zu fördern sowie ihre Verfügbarkeit und Nutzung zu fördern und dabei Technologien zu erschwinglichen Kosten den Vorrang zu geben; 8. für Menschen mit Behinderungen zugängliche Informationen über Mobilitätshilfen, Geräte und unterstützende Technologien, einschließlich neuer Technologien, sowie andere Formen von Hilfe, Unterstützungsdiensten und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen; 9. die Schulung von Fachkräften und anderem mit Menschen mit Behinderungen arbeitendem Personal auf dem Gebiet der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu fördern, damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen und Dienste besser geleistet werden können. (2) Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel und erforderlichenfalls im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Maßnahmen zu treffen, um nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen, unbeschadet derjenigen Ver- pflichtungen aus diesem Über- einkommen, die nach dem Völker- recht sofort anwendbar sind. (3) Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Be- hinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Me- nschen mit Behinderungen, ein- schließlich Kindern mit Behin- derungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsulta-

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Notation

–Skizze

–UN-Behindertenrechtskonvention


tionen und beziehen sie aktiv ein. (4) Dieses Übereinkommen lässt zur Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen besser geeignete Bestimmungen, die im Recht eines Vertragsstaats oder in dem für diesen Staat geltenden Völker recht enthalten sind, unbe- rührt. Die in einem Vertragsstaat durch Gesetze, Übereinkommen, Ver- ordnungen oder durch Gewohnheitsrecht anerkannten oder besteh- enden Menschenrechte und Grundfreiheiten dürfen nicht unter dem Vorwand beschränkt oder außer Kraft gesetzt werden, dass dieses Übereinkommen derartige Rechte oder Freiheiten nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß anerkenne. (5) Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten ohne Einschränkung oder Ausnahme für alle Teile eines Bundesstaats.

Artikel 5 – Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung (1) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, vom Gesetz gleich zu behandeln sind und ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz und gleiche Vorteile durch das Gesetz haben. (2) Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen. (3) Zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung unternehmen die Vertragsstaaten alle geeigneten Schritte, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. (4) Besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Übereinkommens.

Artikel 6 – Frauen mit Behinderungen (1) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind, und ergreifen in dieser Hinsicht Maßnahmen, um zu gewähr- leisten, dass sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt genießen können. (2) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der vollen Entfaltung, der Förderung und der Stärkung der Autonomie der Frauen, um zu garantieren, dass sie die in diesem Übereinkommen genannten Menschenrechte und Grundfreiheiten ausüben und genießen können.

Artikel 7 – Kinder mit Behinderungen (1) Die Vertragsstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kin- dern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen können. (2) Bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. (3) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kin- der mit Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit anderen Kin- dern frei zu äußern, wobei ihre Meinung angemessen und

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§ 5 Zielvereinbarungen (1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, sollen zur Herstellung der Barrierefreiheit Zielvereinbarungen zwischen Verbänden, die nach § 15 Absatz 3 anerkannt sind, und Unternehmen oder Unternehmensverbänden der ver- schiedenen Wirtschaftsbranchen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich getr- offen werden. Die anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen. (2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere 1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer, 2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 4 künftig zu verändern sind, um dem Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Auf- findbarkeit, Zugang und Nutzung zu genügen, 3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen. Sie können ferner eine Vertragsstrafenabrede für den Fall der Nichterfüllung oder des Verzugs ent- halten. (3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen ver- langt, hat dies gegenüber dem Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsparteien und Verhand-lungsgegenstand anzuzeigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt diese Anzeige auf seiner Internetseite bekannt. Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben an- dere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht, den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungsparteien beizutreten. Nachdem die beteiligten Verbände von Menschen mit Behinderungen eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet haben oder fest- steht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen innerhalb von vier Wochen aufzunehmen. (4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 2 besteht nicht, 1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Ab- satzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände behinderter Menschen, 2. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die ankündigen, einer Zielvereinbarung beizutreten, über die von einem Unternehmensverband Ver- handlungen geführt werden, 3. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung, 4. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die einer zustan-

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Notation

–Skizze

–BGG


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entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife berücksichtigt wird, und behinderungsgerechte sowie altersgemäße Hilfe zu erhalten, damit sie dieses Recht verwirklichen können. Artikel 8 – Bewusstseinsbildung (1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, sofortige, wirksame und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um 1. in der gesamten Gesellschaft, einschließlich auf der Ebene der Familien, das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern; 2. Klischees, Vorurteile und schädliche Praktiken gegenüber Menschen mit Behinderungen, einschließlich aufgrund des Geschlechts oder des Alters, in allen Lebensbereichen zu bekämpfen; 3. das Bewusstsein für die Fähigkeiten und den Beitrag von Menschen mit Behinderungen zu fördern. (2) Zu den diesbezüglichen Maßnahmen gehören 1. die Einleitung und dauerhafte Durchführung wirksamer Kampagnen zur Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit mit dem Ziel, 1. die Aufgeschlossenheit gegenüber den Rechten von Menschen mit Behinderungen zu erhöhen, 2. eine positive Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen und ein größeres gesellschaftliches Bewusstsein ihnen gegen-über zu fördern, 3. die Anerkennung der Fertigkeiten, Verdienste und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen und ihres Beitrags zur Arbeitswelt und zum Arbeitsmarkt zu fördern; 2. die Förderung einer respektvollen Einstellung gegenüber den Rechten von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen des Bildungssys-

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Notation

–Skizze

–BGG

–UN-Behindertenrechtskonvention

de gekommenen Zielvereinbarung unter einschränkungsloser Übernahme aller Rechte und Pflichten beigetreten sind. (5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt ein Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach den Absätzen 1 und 2 eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschlie- ßende Verband behinderter Menschen ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Abschluss einer Zielvereinbarung dem Bundes- ministerium für Arbeit und Soziales diese als beglaubigte Abschrift und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übersenden sowie eine Änderung oder Aufhebung innerhalb ein- es Monats mitzuteilen. (6) Öffentliche Stellen des Bundes: Öffentliche Stellen des Bundes sind 1. die Träger öffentlicher Gewalt, 2. sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die als juristische Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie a) überwiegend vom Bund finanziert werden, b) hinsichtlich ihrer Leitung oder Aufsicht dem Bund unterstehen oder c) ein Verwaltungs-, Leitungsoder Aufsichtsorgan haben, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die durch den Bund er- nannt worden sind, und 3. Vereinigungen, an denen mindestens eine öffentliche Stelle nach Nummer 1 oder Nummer 2 beteiligt ist, wenn a) die Vereinigung überwiegend vom Bund finanziert wird, b) die Vereinigung über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird, c) dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile an der Vereinigung gehört oder d) dem Bund die absolute Mehrheit der Stimmen an der Vereinigung zusteht. Eine überwiegende Finanzierung durch den Bund wird angenommen, wenn er mehr als 50 Prozent der Gesamtheit der Mittel aufbringt.


tems, auch bei allen Kindern von früher Kindheit an; 3. die Aufforderung an alle Medienorgane, Menschen mit Behinderungen in einer dem Zweck dieses Über- einkommens entsprechenden Weise darzustellen; 4. die Förderung von Schulungsprogrammen zur Schärfung des Bewusstseins für Menschen mit Behinderungen und für deren Rechte. Artikel 9 – Zugänglichkeit (1) Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten ge- eignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Trans- portmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und ‑systemen, sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und länd- lichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und ‑barrieren einschließen, gelten unter anderem für 1. Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten; 2. Informations‑, Kommunikations- und andere Dienste, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste. (2) Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, 1. um Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit von Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereit- gestellt werden, auszuarbeiten und zu erlassen und ihre Anwendung zu überwachen; 2. um sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die

der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zu- gänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen; 3. um betroffenen Kreisen Schulungen zu Fragen der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen anzubieten; 4. um in Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, Beschilderungen in Brailleschrift und in leicht lesbarer und ver- ständlicher Form anzubringen; 5. um menschliche und tierische Hilfe sowie Mittelspersonen, unter anderem Personen zum Führen und Vorlesen sowie professionelle Gebärdensprachdolmetscher und ‑dolmetscherinnen, zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, den Zugang zu Gebäuden und anderen Einrichtungen, die der Öffentlichkeit offenstehen, zu erleichtern; 6. um andere geeignete Formen der Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen zu fördern, damit ihr Zugang zu Infor- mationen gewährleistet wird; 7. um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informationsund Kommunikationstechnologien und ‑systemen, einschließlich des Internets, zu fördern; 8. um die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien und ‑systeme in einem frühen Stadium zu fördern, sodass deren Zugänglichkeit mit möglichst geringem Kostenaufwand erreicht wird.

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Notation


Hauptbahnhof, fußläufig, Kohle auf Papier

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Notation


Schlossplatz, fußläufig, Kohle auf Papier

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Notation


Staatstheater, Rollator, Kohle auf Papier

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Notation


Rotebühlstraße, Fahrrad , Kohle auf Papier

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Notation


Hauptbahnhof, fußläufig, Kohle auf Papier

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Artikel 10 – Recht auf Leben Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass jeder Mensch ein angeborenes Recht auf Leben hat, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um den wirksamen und gleichbe- rechtigten Genuss dieses Rechts durch Menschen mit Behinder- ungen zu gewährleisten. Artikel 11 – Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen Die Vertragsstaaten ergreifen im Einklang m it ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts und der internationalen Menschenrechtsnormen, alle erforderlichen Maß- nahmen, um in Gefahrensituationen, einschließlich bewaffneter Kon- fl ikte, humanitärer Notlagen und Naturkatastrophen, den Schutz und die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Artikel 12 – Gleiche Anerkennung vor dem Recht (1) Die Vertragsstaaten bekräftigen, dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, überall als Rechtssubjekt anerkannt zu werden. (2) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen. (3) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen. (4) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass zu allen die Ausübung der Rechtsund Handlungsfähigkeit betreffenden Maßnahmen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen geeignete und wirk- same Sicherungen vorgesehen werden, um Missbräuche zu verhin- dern. Diese Sicherungen müssen gewährleisten, dass bei den Maß- nahmen betreffend die Ausübung der Rechts- und Handlungsfähigkeit die Rechte, der Wille und die Präferenzen der betreffenden Person geachtet werden, es nicht zu Interessenkonflikten und miss- bräuchlicher Einflussnahme kommt, dass die Maßnahmen verhältnismäßig und auf die Umstände der Person zugeschnitten sind, dass sie von möglichst kurzer Dauer sind und dass sie einer regelmäßigen Überprüfung durch eine zuständige, unabhängige und unparteiische Behörde oder ge- richtliche Stelle unterliegen. Die Sicherungen müssen im Hin- blick auf das Ausmaß, in dem

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Notation

–Die Ampel

–BGG

§ 6 Gebärdensprache und Kommunikation von Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen (1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. (2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt. (3) Menschen mit Hörbehinderungen (gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen) und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikat- ionshilfen zu verwenden. § 7 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt (1) Ein Träger öffentlicher Gewalt darf Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unter- schiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung liegt auch bei einer Beläs- tigung im Sinne des § 3 Absatz 3 und 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in der jeweils geltenden Fas- sung vor, mit der Maßgabe, dass § 3 Absatz 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht auf den Anwendung- sbereich des § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes begrenzt ist. Bei einem Verstoß gegen eine Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit wird das Vorliegen einer Benachteiligung widerleglich vermutet. (2) Die Versagung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen ist eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes. Ange- messene Vorkehrungen sind Maßnahmen, die im Einzelfall geeignet und erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass ein Mensch mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen alle Rechte genießen und ausüben kann, und sie die Träger öffentlicher Gewalt nicht unverhältnismäßig oder unbillig belasten. (3) In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig. Bei der Anwendung von Ge- setzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belang- en von Frauen mit Behinderungen Rechnung zu tragen. (4) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

–UN-Behindertenrechtskonvention


Besonders absonderlich war das Fehlen von Druckknöpfen mit Akustikresonanz oder Vibration an Ampeln. Vor dem Schwabtunnel beispielweise fehlt an allen Fußgängerampeln eine solche Hilfe was zwangsläufig dazu führt dass blinde und seheingeschränkte Menschen auf die Mithilfe von Passanten angewiesen sind, die Kreuzung selber ist stark befahren.

diese Maßnahmen die Rechte und Interessen der Person berühren, verhältnismäßig sein. (5) Vorbehaltlich dieses Artikels treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten und wirksamen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen oder zu erben, ihre finan- ziellen Angelegenheiten selbst zu regeln und gleichen Zugang zu Bankdarlehen, Hypotheken und anderen Finanzkrediten zu haben, und gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich ihr Eigentum entzogen wird. Artikel 13 – Zugang zur Justiz (1) Die Vertragsstaaten gewährleisten Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen wirksamen Zugang zur Justiz, unter anderem durch verfahrensbezogene und altersgemäße Vorkehrungen, um ihre wirk- same unmittelbare und mittelbare Teilnahme, einschließlich als Zeu- gen und Zeuginnen, an allen Ge- richtsverfahren, auch in der Ermitt- lungsphase und in anderen Vorverfahrensphasen, zu erleichtern. (2) Um zur Gewährleistung des wirksamen Zu- gangs von Menschen mit Behinderungen zur Justiz beizutragen, fördern die Vertragsstaaten geeig- nete Schulungen für die im Justizwesen tätigen Personen, ein- schließlich des Personals von Polizei und Strafvollzug.

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29.05.2020 17.50 Uhr

20 Minuten 01.06.2020 14.20 Uhr

04.06.2020 21.10 Uhr

15 Miuten 5 Minuten

06.06.2020 23.00 Uhr 10.06.2020 9.30 Uhr

12 Miuten

11.06.2020 22.10 Uhr

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2 Fußgänger 21 Fußgänger und 7 Radfahrer

10 Minuten 5 Minuten

Die Ampel

12 Fußgänger 2 Fußgänger und 1 Radfahrer

25 Minuten

13.06.2020 8.00 Uhr

13 Fußgänger und 3 Radfahrer

2 Fußgänger

4 Fußgänger und 3 Radfahrer


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Ein Notausgangsschild ist bei vollen Gängen und im sitzen teils schwer zu erahnen. Deckenschilder sind wesentlicher besser zu erkennen.

Artikel 14 – Freiheit und Sicherheit der Person (1) Die Vertragsstaaten gewährleisten, 1. dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen; 2. dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Freiheit nicht rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird, dass jede Freiheitsentziehung im Einklang mit dem Ge- setz erfolgt und dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt. (2) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Men- schen mit Behinderungen, denen aufgrund eines Verfahrens ihre Frei- heit entzogen wird, gleichberechtigten Anspruch auf die in den inter- nationalen Menschenrechtsnormen vorgesehenen Garantien haben und im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen dieses Übereinkommens behandelt werden, einschließlich durch die Bereitstellung an- gemessener Vorkehrungen. Artikel 15 – Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (1) Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Insbesondere darf niemand ohne seine frei- willige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden. (2) Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen gesetzgeberischen, verwaltungsmäßigen, gerichtlichen oder sonstigen Maßnahmen, um auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu ver- hindern, dass Menschen mit

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Notation

–ÖVPN und öffentlicher Raum/Rot-Grün

–UN-Behindertenrechtskonvention


Der rot-grüne Teil der Notationen beschäftigt sich mit Leitsystemen und Serviceangeboten im öffentlichen Raum, also beispielsweise Beschilderungen im öffentlichen Nahverkehr und Einkaufscentern oder Ticketautomaten und deren Bedienbarkeit. Grün und Rot waren die einprägsamsten Farben dieser Beobachtungen, unter anderem der Hausfarbe der deutschen Bahn und der leuchtend grünen Notausgangsbeschilderung.

Die Umwege, die an mancher Stelle für funktionierende Ticketautomaten in Kauf genommen werden müssen sind teils sehr weit, teils umsonst.

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Behinderungen der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Artikel 16 – Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch (1) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs‑, Verwaltungs‑, Sozial‑, Bildungs- und sonstigen Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte, zu schützen. (2) Die Vertragsstaaten treffen außerdem alle geeigneten Maßnahmen, um jede Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu verhindern, in- dem sie unter anderem geeignete Formen von das Geschlecht und das Alter berücksichtigender Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien und Betreuungspersonen gewährleisten, einschließlich durch die Bereitstellung von Informationen und Aufklärung darüber, wie Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Miss- brauch verhindert, erkannt und angezeigt werden können. Die Ver- tragsstaaten sorgen dafür, dass Schutzdienste das Alter, das Ge- schlecht und die Behinderung der betroffenen Personen berücksichtigen. (3) Zur Verhinderung jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch stellen die Vertragsstaaten sicher, dass alle Einrichtungen und Pro- gramme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, wirksam von unabhängigen Be- hörden überwacht werden. (4) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um die körperliche, kognitive und psychische Genesung, die Rehabilitation und die so- ziale Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen, die Opfer irgendeiner Form von Aus- beutung, Gewalt oder Missbrauch werden, zu fördern, auch durch die Bereitstellung von Schutzeinrichtungen. Genesung und Wie- dereingliederung müssen in einer Umgebung stattfinden, die der Gesundheit, dem Wohlergehen, der Selbstachtung, der Würde und der Autonomie des Menschen för-derlich ist und geschlechts- und altersspezifischen Bedürfnissen Rechnung trägt. (5) Die Vertragsstaaten schaffen wirksame Rechts- vorschriften und politische Kon- zepte, einschließlich solcher, die auf Frauen und Kinder ausgerichtet sind, um sicherzustellen, dass Fälle von Ausbeutung, Gewalt und

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Notation

Stadtmitte, Rollstuhl, Wachs auf Papier

–ÖVPN und öffentlicher Raum/Rot-Grün

–UN-Behindertenrechtskonvention


Missbrauch gegenüber Menschen mit Behinderungen erkannt, un- tersucht und gegebenenfalls straf- rechtlich verfolgt werden. Artikel 17 – Schutz der Unversehrtheit der Person Jeder Mensch mit Behinderungen hat gleichberechtigt mit anderen das Recht auf Achtung seiner körper- l ichen und seelischen Unversehrtheit. Artikel 18 – Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Freizügigkeit, auf freie Wahl ihres Aufenthaltsorts und auf eine Staatsangehörigkeit, indem sie unter anderem gewährleisten, dass 1. Menschen mit Behinderungen das Recht haben, eine Staatsangehörigkeit zu erwer- ben und ihre Staatsangehörigkeit zu wechseln, und dass ihnen diese nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung entzogen wird; 2. Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung die Möglichkeit versagt wird, Dokumente zum Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit oder andere Identitätsdokumente zu erhalten, zu besitzen und zu ver- wenden oder einschlägige Ver- fahren wie Einwanderungsverfahren in Anspruch zu nehmen, die gegebenenfalls erforderlich sind, um die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit zu erleichtern; 3. Menschen mit Behinderungen die Freiheit haben, jedes Land einschließlich ihres eigenen zu verlassen; 4. Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich oder aufgrund von Behinderung das Recht entzogen wird, in ihr eigenes Land einzureisen. (2) Kinder mit Behinderungen sind unverzüglich nach ihrer Geburt in ein Register einzutragen und haben das Recht auf einen Namen von Geburt an, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit möglich das Recht, ihre Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden.

Stadtmitte, Rollstuhl, Wachs auf Papier

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Die Stadtmitte besticht mit einigen besonders komplizierten Beschilderungen und langen Wegen.

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Notation

Leitsystem, Stadtmitte, fußläufig, Wachs und Kohle auf Papier

–ÖVPN und öffentlicher Raum/Rot-Grün

–UN-Behindertenrechtskonvention


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Theorie


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Theorie


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Theorie


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Theorie


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Leipziger Platz, fußläufig, Kohle auf Papier

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Notation

–Nacht

–BGG

–UN-Behindertenrechtskonvention


Bei Nacht stellen sich besonders die Probleme von Umwegen noch mehr heraus, um (beleuchtete) Treppen zu vermeiden muss man beispielsweise durch Parks oder ähnliches. Des Weiteren kann selten um Hilfe gebeten werden da kaum jemand unterwegs ist. Manche öffentliche Orte stellen sich jedoch als wesentlich übersichtlicher dar ohne Menschen, fahrende Autos und Lärm.

§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr (1) Zivile Neu-, Um- und Erweiterungsbauten im Eigentum des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abge- wichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt wer- den. Die landesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Bauordnungen, bleiben unberührt. (2) Der Bund einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts soll anlässlich der Durch- führung von investiven Baumaßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 bauliche Barrieren in den nicht von diesen Baumaßnahmen unmittelbar betroffenen Gebäudeteilen, soweit sie dem Publikumsverkehr dienen, feststellen und unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten abbauen, sofern der Abbau nicht eine unangemessene wirtschaftliche Be- lastung darstellt. (3) Alle obersten Bundesbehörden und Verfassungsorgane erstellen über die von ihnen genutzten Gebäude, die im Eigentum des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts stehen, bis zum 30. Juni 2021 Berichte über den Stand der Barriere- freiheit dieser Bestandsgebäude und sollen verbindliche und überprüfbare Maßnahmen- und Zeitpläne zum weite- ren Abbau von Barrieren erarbeiten. (4) Der Bund einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ist verpflichtet, die Barr- ierefreiheit bei Anmietungen der von ihm genutzten Bauten zu berücksichtigen. Künftig sollen nur barrierefreie Bauten oder Bauten, in denen die baulichen Barrieren unter Berück- sichtigung der baulichen Gegebenheiten abgebaut werden können, angemietet werden, soweit die Anmietung nicht eine unangemessene wirtschaftliche Belastung zur Folge hätte. (5) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten. Weitergehende landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Artikel 19 – Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirk- same und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabean der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass 1. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu ent- scheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben; 2. Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von gemeindenahen Unter- stützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen sowie zu sonstigen gemeindenahen Unterstützungsdien- sten haben, einschließlich der per- sönlichen Assistenz, die zur Unter- stützung des Lebens in der Gemein- schaft und der Einbeziehung in die Gemeinschaft sowie zur Verhin- derung von Isolation und Absonderung von der Gemeinschaft notwendig ist; 3. gemeindenahe Dienstleistungen und Ein- richtungen für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zur Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rech- nung tragen. Artikel 20 – Persönliche Mobilität Die Vertragsstaaten treffen wirksame Maßnahmen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, indem sie unter anderem

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1. die persönliche Mobilität von Menschen mit Behinderungen in der Art und Weise und zum Zeitpunkt ihrer Wahl und zu erschwinglichen Kosten erleichtern; 2. den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu hochwertigen Mobilitätshilfen, Geräten, unterstützenden Technologien und menschlicher und tierisch- er Hilfe sowie Mittelspersonen er- leichtern, auch durch deren Bereit- stellung zu erschwinglichen Kosten; 3. Menschen mit Behinderungen und Fachkräften, die mit Menschen mit Behin- derungen arbeiten, Schulungen in Mobilitätsfertigkeiten anbieten; 4. Hersteller von Mobilitätshilfen, Geräten und unterstützenden Technologien ermutigen, alle Aspekte der Mo- bilität für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Artikel 21 – Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maß- nahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Gedankengut sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, gleichberechtigt mit anderen und durch alle von ihnen gewählten For- men der Kommunikation im Sinne § 9 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen des Artikels 2 ausüben können, (1) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen unter anderem indem sie haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 1. Menschen mit Behinderungen für die das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt zur WahrnehAllgemeinheit bestimmte Informamung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren in Deutscher tionen rechtzeitig und ohne zu- Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden sätzliche Kosten in zugänglichen oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kom- Formaten und Technologien, munizieren. Auf Wunsch der Berechtigten stellen die Träger die für unterschiedliche Arten der öffentlicher Gewalt die geeigneten Kommunikationshilfen Behinderung geeignet sind, zur im Sinne des Satzes 1 kostenfrei zur Verfügung oder Verfügung stellen; tragen die hierfür notwendigen Aufwendungen. 2. im Umgang mit Behörden die Verwendung (2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordvon Gebärdensprachen, Braillenung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, schrift, ergänzenden und alternati1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung von geeig- ven Kommunikationsformen und neten Kommunikationshilfen, allen sonstigen selbst gewählten zu- 2. Art und Weise der Bereitstellung von geeigneten Kommunikationshilfen, gänglichen Mitteln, Formen und 3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine ErstatFormaten der Kommunikation tung von notwendigen Aufwendungen für den Einsatz durch Menschen mit Behinderungeeigneter Kommunikationshilfen und gen akzeptieren und erleichtern; 4. die geeigneten Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1. 3. private Rechtsträger, die, einschließlich durch § 10 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken das Internet, Dienste für die All- (1) Träger öffentlicher Gewalt haben bei der Gestaltung von Bescheiden, Allgemeingemeinheit anbieten, dringend dazu verfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordruauffordern, Informationen und cken eine Behinderung von Menschen zu berücksich- Dienstleistungen in Formaten zur tigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können zur Verfügung zu stellen, die für Me- Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren nschen mit Behinderungen zugäng- nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 lich und nutzbar sind; insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich4. die Massenmedien, einschließlich der Anbie- rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten ter von Informationen über das auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich Internet, dazu auffordern, ihre Die- gemacht werden. nstleistungen für Menschen mit (2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch RechtsverordBehinderungen zugänglich zu ge- nung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, stalten; bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in 5. die Verwendung von Gebärdensprachen Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehin- anerkennen und fördern. derten Menschen zugänglich gemacht werden.

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Notation

–Nacht

–BGG

–UN-Behindertenrechtskonvention


Schwabstraße, fußläufig, Kohle auf Papier

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Artikel 22 – Achtung der Privatsphäre (1) Menschen mit Behinderungen dürfen unab- hängig von ihrem Aufenthaltsort oder der Wohnform, in der sie leben, keinen willkürlichen oder rechts- widrigen Eingriffen in ihr Privatleben, ihre Familie, ihre Wohnung oder ihren Schriftverkehr oder an- dere Arten der Kommunikation oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen ihrer Ehre oder ihres Ru- fes ausgesetzt werden. Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen. (2) Die Vertragsstaaten schützen auf der Grun- dlage der Gleichberechtigung mit anderen die Vertraulichkeit von Informationen über die Person, die Gesundheit und die Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen. Artikel 23 – Achtung der Wohnung und der Familie (1) Die Vertragsstaaten treffen wirksame und ge- eignete Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung von Men- schen mit Behinderungen auf der Grundlage der Gleichberechtig- ung mit anderen in allen Fragen, die Ehe, Familie, Elternschaft und Partnerschaften betreffen, um zu gewährleisten, dass 1. das Recht aller Menschen mit Behinderungen im heiratsfähigen Alter, auf der Grundlage des freien und vollen Einverständnisses der künftigen Ehegatten eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen, anerkannt wird; 2. das Recht von Menschen mit Behinderungen auf freie und verantwortungsbewusste Entscheidung über die An- zahl ihrer Kinder und die Geburtenabstände sowie auf Zugang zu altersgemäßer Information sowie Aufklärung über Fortpflanzung und Familienplanung anerkannt wird und ihnen die notwendigen Mittel zur Ausübung dieser Rechte zur Verfügung gestellt werden; 3. Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern, gleichberechtigt mit an- deren ihre Fruchtbarkeit behalten. (2) Die Vertragsstaaten gewährleisten die Re- chte und Pflichten von Menschen mit Behinderungen in Fragen der Vormundschaft, Pflegschaft, Personen- und Vermögenssorge, Adoption von Kindern oder ähn- lichen Rechtsinstituten, soweit das innerstaatliche Recht solche kennt; in allen Fällen ist das Wohl des Kindes ausschlaggebend. Die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderungen in angemessener Weise bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung. (3) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kin- der mit Behinderungen gleiche

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Notation

–Nacht

–BGG

§ 11 Verständlichkeit und Leichte Sprache (1) Träger öffentlicher Gewalt sollen mit Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen in einfacher und verständlicher Sprache kommunizieren. Auf Verlangen sollen sie ihnen insbesondere Bescheide, Allgemeinver- fügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in einfacher und verständlicher Weise erläutern. (2) Ist die Erläuterung nach Absatz 1 nicht ausreichend, sollen Träger öffentlicher Gewalt auf Verlangen Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in Leichter Sprache erläutern. (3) Kosten für Erläuterungen im notwendigen Umfang nach Absatz 1 oder 2 sind von dem zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu tragen. Der notwendige Umfang bestimmt sich nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten. (4) Träger öffentlicher Gewalt sollen Informationen vermehrt in Leichter Sprache bereitstellen. Die Bundesregierung wirkt darauf hin, dass die Träger öffentlicher Gewalt die Leichte Sprache stärker einsetzen und ihre Kompetenzen für das Ver- fassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden. § 12 Öffentliche Stellen des Bundes Öffentliche Stellen des Bundes sind 1.die Träger öffentlicher Gewalt, 2.sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die als juristische Per- sonen des öffentlichen oder des privaten Rechts zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie a) überwiegend vom Bund finanziert werden, b) hinsichtlich ihrer Leitung oder Aufsicht dem Bund unterstehen oder c) ein Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan haben, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die durch den Bund ernannt worden sind, und 3. Vereinigungen, an denen mindestens eine öffentliche Stelle nach Nummer 1 oder Nummer 2 beteiligt ist, wenn a) die Vereinigung überwiegend vom Bund finanziert wird, b) die Vereinigung über den Bereich eines Landes hinaus tätig wird, c) dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile an der Vereinigung gehört oder d) dem Bund die absolute Mehrheit der Stimmen an der Vereinigung zusteht. Eine überwiegende Finanzierung durch den Bund wird angenommen, wenn er mehr als 50 Prozent der Gesamtheit der Mittel aufbringt.

–UN-Behindertenrechtskonvention


Feuersee, Rollstuhl, Kohle auf Papier

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Feuersee, Rollstuhl, Kohle und Acryl auf Papier

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Notation

–Nacht


SilberburgstraĂ&#x;e, Rollator, Kohle auf Papier

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Rechte in Bezug auf das Familienleben haben. Zur Verwirklichung dieser Rechte und mit dem Ziel, das Verbergen, das Aussetzen, die Vernachlässigung und die Absonderung von Kindern mit Behinderungen zu verhindern, verpflichten sich die Vertragsstaaten, Kindern mit Behinderungen und ihren Familien frühzeitig umfassende Informationen, Dienste und Un- terstützung zur Verfügung zu stellen. (4) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass ein Kind nicht gegen den Willen seiner Eltern von diesen getrennt wird, es sei denn, dass die zuständigen Be- hörden in einer gerichtlich nachprüf- baren Entscheidung nach den an- zuwendenden Rechtsvorschriften und Verfahren bestimmen, dass diese Trennung zum Wohl des Kin- des notwendig ist. In keinem Fall darf das Kind aufgrund einer Behin- derung entweder des Kindes oder eines oder beider Elternteile von den Eltern getrennt werden. (5) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, in Fällen, in denen die nächsten Familienangehörigen nicht in der Lage sind, für ein Kind mit Be- hinderungen zu sorgen, alle Anstr- engungen zu unternehmen, um § 12a Barrierefreie Informationstechnik andere Formen der Betreuung in- (1) Öffentliche Stellen des Bundes gestalten ihre Websites und mobilen Anwendunnerhalb der weiteren Familie und, gen, einschließlich der für die Beschäftigten bestimmten falls dies nicht möglich ist, inner- Angebote im Intranet, barrierefrei. Schrittweise, spätestens halb der Gemeinschaft in einem bis zum 23. Juni 2021, gestalten sie ihre elektronisch familienähnlichen Umfeld zu ge- unterstützten Verwaltungsabläufe, einschließlich ihrer währleisten. Verfahren zur elektronischen Vorgangsbearbeitung Artikel 24 und elektronischen Aktenführung, barrierefrei. Die grafisch– Bildung en Programmoberflächen sind von der barrierefreien (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Gestaltung umfasst. Menschen mit Behinderungen auf (2) Die barrierefreie Gestaltung erfolgt nach Maßgabe der aufgrund des § 12d zu er- Bildung. Um dieses Recht ohne Dis- lassenden Verordnung. Soweit diese Verordnung keine kriminierung und auf der GrundVorgaben enthält, erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach lage der Chancengleichheit zu ver- den anerkannten Regeln der Technik. wirklichen, gewährleisten die (3) Insbesondere bei Neuanschaffungen, Erweiterungen und Überarbeitungen ist Vertragsstaaten ein integratives die barrierefreie Gestaltung bereits bei der Planung, Bildungssystem auf allen Ebenen Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung zu berückund lebenslanges Lernen mit sichtigen. dem Ziel, (4) Unberührt bleiben die Regelungen zur behinderungsgerechten Einrichtung und 1. die menschlichen Möglichkeiten sowie das Be- Unterhaltung der Arbeitsstätten zugunsten von Menschen wusstsein der Würde und das Se- mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften, lbstwertgefühl des Menschen voll insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch. zur Entfaltung zu bringen und die (5) Die Pflichten aus Abschnitt 2a gelten nicht für Websites und mobile Anwendungen Achtung vor den Menschenrechten, jener öffentlichen Stellen des Bundes nach § 12 Satz 1 den Grundfreiheiten und der men- Nummer 2 und 3, die keine für die Öffentlichkeit wesentlichschlichen Vielfalt zu stärken; en Dienstleistungen oder speziell auf die Bedürfnisse von 2. Menschen mit Behinderungen ihre PersönMenschen mit Behinderungen ausgerichtete oder für diese lichkeit, ihre Begabungen und ihre konzipierte Dienstleistungen anbieten. Kreativität sowie ihre geistigen (6) Von der barrierefreien Gestaltung können öffentliche Stellen des Bundes aus- und körperlichen Fähigkeiten voll nahmsweise absehen, soweit sie durch eine barrierefreie zur Entfaltung bringen zu lassen; Gestaltung unverhältnismäßig belastet würden. 3. Menschen mit Behinderungen zur wirklichen (7) Der Bund wirkt darauf hin, dass gewerbsmäßige Anbieter von Websites sowie von Teilhabe an einer freien Gesellschaft grafischen Programmoberflächen und mobilen Anwendunzu befähigen. gen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt wer- (2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen den, aufgrund von Zielvereinbarungen nach § 5 Absatz 2 ihre die Vertragsstaaten sicher, dass Produkte so gestalten, dass sie barrierefrei genutzt werden 1. Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund können. von Behinderung vom allgemeinen (8) Angebote öffentlicher Stellen im Internet, die auf Websites Dritter veröffentlicht Bildungssystem ausgeschlossen werden, sind soweit möglich barrierefrei zu gestalten.

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Bad Canstatt, fußläufig, Kohle und Wachs auf Papier

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werden und dass Kinder mit Be- hinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiter- führender Schulen ausgeschlossen werden; 2. Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben; 3. angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden; 4. Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern; 5. in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen Integration wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden. (3) Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kom- petenzen zu erwerben, um ihre volle und gleichberechtigte Teilhabe an der Bildung und als Mitglieder der Gemeinschaft zu erleichtern. Zu diesem Zweck ergreifen die Ver- tragsstaaten geeignete Maßnahmen; unter anderem 1. erleichtern sie das Erlernen von Brailleschrift, alte rnativer Schrift, ergänzenden und alternativen Formen, Mitteln und Formaten der Kommunikation, den Erwerb von Orientierungs- und Mobilitätsfertigkeiten sowie die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen und das Mentoring; 2. erleichtern sie das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen; 3. stellen sie sicher, dass blinden, gehörlosen oder taubblinden Menschen, ins- besondere Kindern, Bildung in den Sprachen und Kommunikatio- nsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzel- nen am besten geeignet sind, sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet. (4) Um zur Verwirklichung dieses Rechts beizutragen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zur Einstellung von Lehrkräften, ein- schließlich solcher mit Behinderung- en, die in Gebärdensprache oder Brailleschrift ausgebildet sind, und zur Schulung von Fachkräften so- wie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungs-

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§ 12b Erklärung zur Barrierefreiheit (1) Die öffentlichen Stellen des Bundes veröffentlichen eine Erklärung zur Barrierefreiheit ihrer Websites oder mobilen Anwendungen. (2) Die Erklärung zur Barrierefreiheit enthält 1. für den Fall, dass ausnahmsweise keine vollständige barrierefreie Gestaltung erfolgt ist, a)die Benennung der Teile des Inhalts, die nicht vollständig barrierefrei gestaltet sind, b)die Gründe für die nicht barrierefreie Gestaltung sowie c)gegebenenfalls einen Hinweis auf barrierefrei gestaltete Alternativen, 2. eine unmittelbar zugängliche barrierefrei gestaltete Möglichkeit, elektronisch Kontakt aufzunehmen, um noch bestehende Barrieren mitzuteilen und um Informationen zur Umsetzung der Barrierefreiheit zu erfragen, 3. einen Hinweis auf das Schlichtungsverfahren nach § 16, der a)die Möglichkeit, ein solches Schlichtungsverfahren durchzuführen, erläutert und b)die Verlinkung zur Schlichtungsstelle enthält. (3) Zu veröffentlichen ist die Erklärung zur Barrierefreiheit 1. auf Websites öffentlicher Stellen des Bundes, die nicht vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden: ab dem 23. September 2019, 2. auf Websites öffentlicher Stellen des Bundes, die nicht unter Nummer 1 fallen: ab dem 23. September 2020, 3. auf mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen des Bundes: ab dem 23. Juni 2021. (4) Die öffentliche Stelle des Bundes antwortet auf Mitteilungen oder Anfragen, die ihr aufgrund der Erklärung zur Barrierefreiheit übermittelt werden, spätestens innerhalb eines Monats.

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wesens. Diese Schulung schließt die Schärfung des Bewusstseins für Behinderungen und die Verwendung geeigneter ergänzender und alternativer Formen, Mittel und Formate der Kommunikation sowie pädagogische Verfahren und Ma- terialien zur Unterstützung von Men- schen mit Behinderungen ein. (5) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Men- schen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Ler- nen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden. Artikel 25 – Gesundheit Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Die Ver- tragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten, einschlielich gesundheitlicher Rehabilitation, haben. Insbesondere 1. stellen die Vertragsparteien Menschen mit Behinderungen eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard zur Verfügung wie anderen Menschen, einschließlich sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen Gesundheitswesens; 2. bieten die Vertragsstaaten die Gesundheitsleis- tungen an, die von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer Behinderungen benötigt werden, soweit angebracht, einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Me- nschen, weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder ver- mieden werden sollen; 3. bieten die Vertragsstaaten diese Gesundheitsleistungen so gemeindenahwie möglich an, auch in ländlichen Ge- bieten; 4. erlegen die Vertragsstaaten den Angehörigen der Gesundheitsberufe die Ver- pflichtung auf, Menschen mit Be- hinderungen eine Versorgung von gleicher Qualität wie anderen Hauptbahnhof, Rollator, Kohle und Wachs auf Papier

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Menschen angedeihen zu lassen, namentlich auf der Grundlage der freien Einwilligung nach vorheriger Aufklärung, indem sie unter an- derem durch Schulungen und den Erlass ethischer Normen für die st- aatliche und private Gesundheitsversorgung das Bewusstsein für die Menschenrechte, die Würde, die Autonomie und die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen schärfen; 5. verbieten die Vertragsstaaten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung, soweit eine solche Versicherung nach innerstaatlichem Recht zu- lässig ist; solche Versicherungen sind zu fairen und angemessenen Bedingungen anzubieten; 6. verhindern die Vertragsstaaten die diskriminierende Vorenthaltung von Gesund- heitsversorgung oder ‑leistungen oder von Nahrungsmitteln und Fl- üssigkeiten aufgrund von Behinderung. Artikel 26 – Habilitation und Rehabilitation (1) Die Vertragsstaaten treffen wirksame und ge- eignete Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch an- dere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchst- maß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. Zu die- sem Zweck organisieren, stärken und erweitern die Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und Re- habilitationsdienste und ‑programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der Sozialdienste, und zwar so, dass diese Leistungen und Programme 1. im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Be- wertung der individuellen Bedürf- nisse und Stärken beruhen; 2. die Einbeziehung in die Gemeinschaft und die Gesellschaft in allen ihren Aspekten sowie die Teilhabe daran unterstützen, freiwillig sind und Menschen mit Behinderungen so ge- meindenah wie möglich zur Verfügung stehen, auch in ländli- chen Gebieten. (2) Die Vertragsstaaten fördern die Entwicklung der Aus- und Fortbildung für Fachkräfte und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in HabilitationsHauptbahnhof, Rollstuhl, Kohle auf Papier

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und Rehabilitationsdiensten. (3) Die Vertragsstaaten fördern die Verfügbarkeit, die Kenntnis und die Ver- wendung unterstützender Geräte und Technologien, die für Me- nschen mit Behinderungen best- immt sind, für die Zwecke der Habilitation und Rehabilitation. Artikel 27 – Arbeit und Beschäftigung (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem off- enen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zuänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung er- werben, durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Re- chtsvorschriften, um unter anderem 1. Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zu- sammenhang mit einer Beschäftigung gleich welcher Art, einsch- ließlich der Auswahl‑, Einstellungsund Beschäftigungsbedingungen, der Weiterbeschäftigung, des beruflichen Aufstiegs sowie sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen, zu verbieten; 2. das gleiche Recht von Menschen mit Behin- derungen auf gerechte und gü- nstige Arbeitsbedingungen, ein- schließlich Chancengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, ein- schließlich Schutz vor Belästi- gungen, und auf Abhilfe bei Miss- ständen zu schützen; 3. zu gewährleisten, dass Menschen mit Behin- derungen ihre Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte gleichberechtigt mit anderen ausüben können; 4. Menschen mit Behinderungen wirksamen Zu- gang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung zu ermöglichen; 5. für Menschen mit Behinderungen Beschäftigungsmöglichkeiten und beruflichen Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt sowie die Unterstützung bei der Ar- beitssuche, beim Erhalt und der Bei-b ehaltung eines Arbeitsplatzes und beim beruflichen Wieder- einstieg zu fördern; 6. Möglichkeiten für Selbständigkeit, Unternehmertum, die Bildung von Genossenschaften und die Gründung eines eigenen Geschäfts zu fördern; 7. Menschen mit Behinderungen im öffentlichen

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§ 12c Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit (1) Die obersten Bundesbehörden erstatten alle drei Jahre, erstmals zum 30. Juni 2021, der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (§ 13 Absatz 3) Bericht über den Stand der Barrierefreiheit 1. der Websites und mobilen Anwendungen, einschließlich der Intranetangebote, der obersten Bundesbehörden, 2. der elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufe. Sie erstellen verbindliche und überprüfbare Maßnahmenund Zeitpläne zum weiteren Abbau von Barrieren ihrer Informationstechnik. (2) Die Länder erstatten alle drei Jahre, erstmals zum 30. Juni 2021, der Überwachungs- stelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (§ 13 Absatz 3) Bericht über den Stand der Barrierefreiheit 1. der Websites der öffentlichen Stellen der Länder und 2. der mobilen Anwendungen der öffentlichen Stellen der Länder. Zu berichten ist insbesondere über die Ergebnisse ihrer Überwachung nach Artikel 8 Absatz 1 bis 3 der Richtlinie (EU) 2016/2102. Art und Form des Berichts richten sich nach den Anforderungen, die auf der Grundlage des Artikels 8 Absatz 6 der Richtlinie (EU) 2016/2102 festgelegt werden. § 12d Verordnungsermächtigung Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Bestimmungen zu erlassen über 1. diejenigen Websites und mobilen Anwendungen sowie Inhalte von Websites und mobilen Anwendungen, auf die sich der Geltungsbereich der Verordnung bezieht, 2. die technischen Standards, die öffentliche Stellen des Bundes bei der barrierefreien Gestaltung anzuwenden haben, und den Zeitpunkt, ab dem diese Standards anzuwenden sind, 3. die Bereiche und Arten amtlicher Informationen, die barrierefrei zu gestalten sind, 4. die konkreten Anforderungen der Erklärung zur Barrierefreiheit, 5. die konkreten Anforderungen der Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit und 6. die Einzelheiten des Überwachungsverfahrens nach § 13 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1.

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Sektor zu beschäftigen; 8. die Beschäftigung von Menschen mit Behin- derungen im privaten Sektor durch geeignete Strategien und Maßnahmen zu fördern, wozu auch Pro- gramme für positive Maßnahmen, Anreize und andere Maßnahmen gehören können; 9. sicherzustellen, dass am Arbeitsplatz an- gemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen getroffen werden; 10. das Sammeln von Arbeitserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch Menschen mit Behinderungen zu fördern; 11. Programme für die berufliche Rehabilitation, den Erhalt des Arbeitsplatzes und § 13 Bundesfachstelle für Barrierefreiheit den beruflichen Wiedereinstieg von (1) Bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wird eine Menschen mit Behinderungen zu Bundesfachstelle für Barrierefreiheit errichtet. fördern. (2) Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit ist zentrale Anlaufstelle zu Fragen (2) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Men- der Barrierefreiheit für die Träger öffentlicher Gewalt. schen mit Behinderungen nicht in Sie berät darüber hinaus auch die übrigen öffentlichen Sklaverei oder Leibeigenschaft ge- Stellen des Bundes, Wirtschaft, Verbände und halten werden und dass sie gleich- Zivilgesellschaft auf Anfrage. Ihre Aufgaben sind: berechtigt mit anderen vor Zwangs- 1. zentrale Anlaufstelle und Erstberatung, oder Pflichtarbeit geschützt werden. 2. Bereitstellung, Bündelung und Weiterentwicklung von unterstützenArtikel 28 den Informationen zur Herstellung von Barrierefreiheit, – Angemessener Lebensstandard und sozialer 3. Unterstützung der Beteiligten bei Zielvereinbarungen nach § 5 im Schutz Rahmen der verfügbaren finanziellen und personellen (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht Kapazitäten, von Menschen mit Behinderungen 4. Aufbau eines Netzwerks, auf einen angemessenen Lebens5. Begleitung von Forschungsvorhaben zur Verbesserung der Datenstandard für sich selbst und ihre lage und zur Herstellung von Barrierefreiheit und Familien, einschließlich angemes6. Bewusstseinsbildung durch Öffentlichkeitsarbeit. Ein Expertenkreis, sener Ernährung, Bekleidung und dem mehrheitlich Vertreterinnen und Vertreter der Wohnung, sowie auf eine stetige Verbände von Menschen mit Behinderungen angehören, Verbesserung der Lebensbedingunberät die Fachstelle. gen und unternehmen geeignete (3) Bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit wird eine Überwachungsstelle des Schritte zum Schutz und zur För- Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik derung der Verwirklichung dieses eingerichtet. Ihre Aufgaben sind, Rechts ohne Diskriminierung auf- 1. periodisch zu überwachen, ob und inwiefern Websites und mobile grund von Behinderung. Anwendungen öffentlicher Stellen des Bundes den (2) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht Anforderungen an die Barrierefreiheit genügen, von Menschen mit Behinderungen 2. die öffentlichen Stellen anlässlich der Prüfergebnisse zu beraten, auf sozialen Schutz und den Ge- 3. die Berichte der obersten Bundesbehörden und der Länder auszunuss dieses Rechts ohne Diskrimiwerten, nierung aufgrund von Behinder- 4. den Bericht der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission ung und unternehmen geeignete nach Artikel 8 Absatz 4 bis 6 der Richtlinie (EU) 2016/2102 Schritte zum Schutz und zur vorzubereiten und Förderung der Verwirklichung 5. als sachverständige Stelle die Schlichtungsstelle nach § 16 zu dieses Rechts, einschließlich unterstützen. Maßnahmen, um (4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Fachaufsicht über die 1. Menschen mit Behinderungen gleichberechDurchführung der in den Absätzen 2 und 3 genannten tigten Zugang zur Versorgung mit Aufgaben. sauberem Wasser und den Zugang § 14 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren zu geeigneten und erschwinglichen Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 7 Absatz 1, § 8 Absatz Dienstleistungen, Geräten und an- 1, § 9 Absatz 1, § 10 Absatz 1 Satz 2 oder § 12a, soweit die deren Hilfen für Bedürfnisse im Verpflichtung von Trägern öffentlicher Gewalt zur barriereZusammenhang mit ihrer Behindefreien Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen, rung zu sichern; die für die Öffentlichkeit bestimmt sind, betroffen ist, ver- 2. Menschen mit Behinderungen, insbesondere letzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Frauen und Mädchen sowie älteren Verbände nach § 15 Absatz 3, die nicht selbst am Verfahren Menschen mit Behinderungen, den beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen; Gleiches gilt bei Zugang zu Programmen für sozia- Verstößen gegen Vorschriften des Bundesrechts, die einen len Schutz und Programmen zur Ar- Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne mutsbekämpfung zu sichern; des § 4 oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen 3. in Armut lebenden Menschen mit BehindeKommunikationshilfen im Sinne des § 6 Absatz 3 vor- rungen und ihren Familien sehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetden Zugang zu staatlicher Hilfe zungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch bei behinderungsbedingten den Menschen mit Behinderung selbst vorliegen.

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Aufwendungen, einschließlich § 15 Verbandsklagerecht ausreichender Schulung, Be- (1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu ratung, finanzieller Unterstütz- sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsord- ung sowie Kurzzeitbetreuung, nung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Fest- zu sichern; stellung eines Verstoßes gegen 4. Menschen mit Behinderungen den Zugang 1. das Benachteiligungsverbot für Träger der öffentlichen Gewalt nach § zu Programmen des sozialen 7 Absatz 1 und die Verpflichtung des Bundes zur HerstelWohnungsbaus zu sichern; lung der Barrierefreiheit in § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 und § 5. Menschen mit Behinderungen gleichberech10 Absatz 1 Satz 2 sowie in § 12a, soweit die Verpflichtung tigten Zugang zu Leistungen und von Trägern öffentlicher Gewalt zur barrierefreien Gestaltung Programmen der Altersversorgung von Websites und mobilen Anwendungen, die für die Öffen- zu sichern. tlichkeit bestimmt sind, betroffen ist, Artikel 29 2. die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefrei– Teilhabe am politischen und öffentlichen heit in § 46 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Bundeswahlordnung, Leben § 39 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Europawahlordnung, § 43 Abs. Die Vertragsstaaten garantieren Menschen mit 2 Satz 2 der Wahlordnung für die Sozialversicherung, § 17 Behinderungen die politischen Abs. 1 Nr. 4 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 4 Abs. 1 Rechte sowie die Möglichkeit, diese Nr. 2a des Gaststättengesetzes, § 3 Nr. 1 Buchstabe d des gleichberechtigt mit anderen zu Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, § 3 Abs. 1 Satz 2 genießen, und verpflichten sich, und § 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes, § 8 Abs. 3 1. sicherzustellen, dass Menschen mit BehindeSatz 3 und 4 sowie § 13 Abs. 2a des Personenbeförderungs- rungen gleichberechtigt mit an- gesetzes, § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordderen wirksam und umfassend am nung, § 3 Abs. 5 Satz 1 der Straßenbahn-Bau- und Betriebspolitischen und öffentlichen ordnung, §§ 19d und 20b des Luftverkehrsgesetzes oder Leben teilhaben können, sei es 3. die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdenunmittelbar oder durch frei ge- sprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen wählte Vertreter oder Vertreterinin § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 82 nen, was auch das Recht und des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 19 Abs. 1 Satz die Möglichkeit einschließt, zu 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt nicht, wählen und gewählt zu werden; wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem unter anderem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren 1. stellen sie sicher, dass die erlassen worden ist. Wahlverfahren, (2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme oder das Unter- ‑einrichtungen und lassen in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich ‑materialien geeignet, berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderung selbst zugänglich und leicht seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungs- zu verstehen und zu klage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann handhaben sind; die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der 2. schützen sie das Recht von Me- Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme nschen mit Behin- oder dem Unterlassen um einen Fall von allgemeiner derungen, bei Wahlen Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn und Volksabstimmuneine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen gen in geheimer Ab- nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschstimmung ohne Ein- nitts der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend schüchterung ihre mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann Stimme abzugeben, bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer bei Wahlen zu kan- obersten Bundes- oder einer obersten Landesbehörde didieren, ein Amt erlassen worden ist; Gleiches gilt bei einem Unterlassen. wirksam innezuhaben Vor der Erhebung einer Klage nach Absatz 1 gegen einen und alle öffentlichen Träger öffentlicher Gewalt hat der nach Absatz 3 anerAufgaben auf allen Eb- kannte Verband ein Schlichtungsverfahren nach § 16 durch- enen staatlicher Tätig- zuführen. Diese Klage ist nur zulässig, wenn keine gütliche keit wahrzunehmen, Einigung im Schlichtungsverfahren erzielt werden konnte indem sie gegebenenund dies nach § 16 Absatz 7 bescheinigt worden ist. Das falls die Nutzung unter- Schlichtungsverfahren ersetzt ein vor der Klageerhebung stützender und neuer durchzuführendes Vorverfahren. Technologien erleich- (3) Auf Vorschlag der Mitglieder des Beirates für die Teilhabe behinderter Menschen, tern; die nach § 86 Abs. 2 Satz 2, 1., 3. oder 12. Aufzählungspunkt 3. garantieren sie die freie Willen- des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berufen sind, kann säußerung von Me- das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Anerkennschen mit Behindenung erteilen. Es soll die Anerkennung erteilen, wenn der rungen als Wähler vorgeschlagene Verband und Wählerinnen und 1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange erlauben zu diesem von Menschen mit Behinderungen fördert, Zweck im Bedarfsfall 2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbänauf Wunsch, dass sie de dazu berufen ist, Interessen von Menschen mit Behindesich bei der Stimm- rungen auf Bundesebene zu vertreten, abgabe durch eine Pe- 3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in rson ihrer Wahl unter- diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, stützen lassen; 4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei 2. aktiv ein Umfeld zu fördern, in dem Menschen sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der

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mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitwirken können, und ihre Mitwirkung an den öff- entlichen Angelegenheiten zu begünstigen, unter anderem 1. die Mitarbeit in nichtstaatlichen Or- ganisationen und Ver- einigungen, die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben ihres Landes befassen, und an den Tätigkeiten und der Verwaltung politischer Parteien; 2. die Bildung von Organisationen von Menschen mit Behinderungen, die sie auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene ver- treten, und den Bei- tritt zu solchen Orga- nisationen.

Artikel 30 – Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen 1. Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten haben; 2. Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in zugäng- lichen Formaten haben; 3. Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultu- reller Bedeutung haben. (2) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinder- ungen die Möglichkeit zu geben, ihr kreatives, künstlerisches und in- tellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen, nicht nur für sich selbst, sondern auch zur Bereicherung der Gesellschaft. (3) Die Vertragsstaaten unternehmen alle geeigneten Schritte im Einklang mit dem Völkerrecht, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine unge- rechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Mensch- en mit Behinderungen zu kulturellem Material darstellen. (4) Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität, einschließlich der

Gebärdensprachen und der Gehörlosenkultur. (5) Mit dem Ziel, Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilnahme an Erholungs‑, Freizeit- und Sportaktivitäten zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen, 1. um Menschen mit Behinderungen zu er- mutigen, so umfassend wie möglich an breitensportlichen Aktivitäten auf allen Ebenen teilzunehmen, und ihre Teilnahme zu fördern; 2. um sicherzustellen, dass Menschen mit Be- hinderungen die Möglichkeit haben, behinderungsspezifische Sport- und Erholungsaktivitäten zu organisieren, zu entwickeln und an solchen teilzunehmen, und zu diesem Zweck die Bereitstellung eines geeigneten Angebots an Anleitung, Training und Ressourcen auf der Grundlage der Gleichbe- rechtigung mit anderen zu fördern; 3. um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zu Sport‑, Erholungs- und Tourismusstätten haben; 4. um sicherzustellen, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit ander- en Kindern an Spiel‑, Erholungs‑, Freizeit- und Sportaktivitäten teil- nehmen können, einschließlich im schulischen Bereich; 5. um sicherzustellen, dass Menschen mit Be- hinderungen Zugang zu Dienstleistungen der Organisatoren von Erholungs‑, Tourismus‑, Freizeitund Sportaktivitäten haben. Artikel 31 – Statistik und Datensammlung (1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich zur Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statistischer Angaben und Forschungsdaten, die ihnen ermöglichen, politische Konzepte zur Durchführung die- ses Übereinkommens auszuarbeiten und umzusetzen. Das Verfahren zur Sammlung und Aufbewahrung dieser Informationen muss 1. mit den gesetzlichen Schutzvorschriften, einschließlich der Rechtsvorschriften über den Datenschutz, zur Sicherung der Vertraulichkeit und der Achtung der Privatsphäre von Menschen mit Behinderungen im Einklang stehen; 2. mit den international anerkannten Normen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und den ethischen Grundsätzen für die Sammlung und Nutzung stat- istischer Daten im Einklang stehen. (2) Die im Einklang mit diesem Artikel gesa- mmelten Informationen werden, soweit angebracht, aufgeschlüsselt und dazu verwendet, die Umsetzung der Verpflichtungen aus diesem

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Übereinkommen durch die Ver- tragsstaaten zu beurteilen und die Hindernisse, denen sich Menschen mit Behinderungen bei der Aus- übung ihrer Rechte gegenübersehen, zu ermitteln und anzugehen. (3) Die Vertragsstaaten übernehmen die Verantwortung für die Verbreitung dieser Statistiken und sorgen dafür, dass sie für Menschen mit Behinderungen und andere zugänglich sind. Artikel 32 – Internationale Zusammenarbeit (1) Die Vertragsstaaten anerkennen die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und deren Förderung zur Unterstützung der einzelstaatlichen Anstrengungen für die Verwirklichung des Zwecks und der Ziele dieses Übereinkommens und treffen diesbezüglich geeignete und wirk- same Maßnahmen, zwischenstaatlich sowie, soweit angebracht, in Partnerschaft mit den einschlägigen internationalen und regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft, insbesondere Organisationen von Menschen mit Behinderungen. Unter anderem können sie Maßnahmen ergreifen, um 1. sicherzustellen, dass die internationale Zusammenarbeit, einschließlich internationaler Entwicklungs- programme, Menschen mit Behin- derungen einbezieht und für sie zugänglich ist; 2. den Aufbau von Kapazitäten zu erleichtern und zu unterstützen, unter anderem durch den Austausch und die Wei- tergabe von Informationen, Erfahr- ungen, Ausbildungsprogrammen und vorbildlichen Praktiken; 3. die Forschungszusammenarbeit und den Zu- gang zu wissenschaftlichen und technischen Kenntnissen zu erleichtern; 4. soweit angebracht, technische und wirtschaftliche Hilfe zu leisten, unter anderem durch Erleichterung des Zugangs zu zugänglichen und unterstützenden Technologien und ihres Austauschs sowie durch Weitergabe von Technologien. (2) Dieser Artikel berührt nicht die Pflicht jedes Vertragsstaats, seine Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen zu erfüllen. Artikel 33 – Innerstaatliche Durchführung und Überwachung (1) Die Vertragsstaaten bestimmen nach Maß- gabe ihrer staatlichen Organisation eine oder mehrere staatliche An- laufstellen für Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens und prüfen sorgfältig die Schaffung oder Bestimmung eines staatlichen Koordinierungsmechanismus, der

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Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und 5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist. § 16 Schlichtungsstelle und -verfahren; Verordnungsermächtigung (1) Bei der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Men- schen mit Behinderungen nach Abschnitt 5 wird eine Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten nach den Absätzen 2 und 3 eingerichtet. Sie wird mit neutralen schlichtenden Personen besetzt und hat eine Geschäftsstelle. Das Verfahren der Schlichtungsstelle muss insbesondere gewährleisten, dass 1. die Schlichtungsstelle unabhängig ist und unparteiisch handelt, 2. die Verfahrensregeln für Interessierte zugänglich sind, 3. die Beteiligten des Schlichtungsverfahrens rechtliches Gehör erhalten, insbesondere Tatsachen und Bewertungen vorbringen können, 4. die schlichtenden Personen und die weiteren in der Schlichtungsstelle Beschäftigten die Vertraulichkeit der Informationen gewährleisten, von denen sie im Schlichtungsverfahren Kenntnis erhalten und 5. eine barrierefreie Kommunikation mit der Schlichtungsstelle möglich ist. (2) Wer der Ansicht ist, in einem Recht nach diesem Gesetz durch öffentliche Stellen des Bundes verletzt worden zu sein, kann bei der Schlichtungsstelle nach Absatz 1 einen Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens stellen. Kommt wegen der behaupteten Rechtsverletzung auch die Einlegung eines fristgebundenen Rechtsbehelfs in Betracht, beginnt die Rechtsbehelfsfrist erst mit Beendigung des Schlichtungsverfahrens nach Absatz 7. In den Fällen des Satzes 2 ist der Schlichtungsantrag innerhalb der Rechtsbehelfsfrist zu stellen. Ist wegen der behaupteten Rechtsverletzung bereits ein Rechtsbehelf anhängig, wird dieses Verfahren bis zur Beendigung des Schlichtungsverfahrens nach Absatz 7 unterbrochen. (3) Ein nach § 15 Absatz 3 anerkannter Verband kann bei der Schlichtungsstelle nach Absatz 1 einen Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens stellen, wenn er einen Verstoß eines Trägers öffent- licher Gewalt 1. gegen das Benachteiligungsverbot oder die Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2. gegen die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3. gegen die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 behauptet. (4) Der Antrag nach den Absätzen 2 und 3 kann in Textform oder zur Niederschrift bei der Schlichtungsstelle gestellt werden. Diese übermittelt zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens eine Absch- rift des Schlichtungsantrags an den Träger öffentlicher Gewalt. (5) Die schlichtende Person wirkt in jeder Phase des Verfahrens auf eine gütliche Einigung der Beteiligten hin. Sie kann einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten. Der Schlichtungsvorschlag soll am geltenden Recht ausgerichtet sein. Die schlichtende Person kann den Einsatz von Mediation anbieten. (6) Das Schlichtungsverfahren ist für die Beteiligten unentgeltlich. (7) Das Schlichtungsverfahren endet mit der Einigung der Beteiligten, der Rücknahme des Schlichtungsantrags oder der Feststellung, dass keine Einigung möglich ist. Wenn keine Einigung möglich ist, endet das Schlichtungsverfahren mit der Zustellung der Bestätigung der Schlichtungsstelle an die Antragstellerin oder den Antragsteller, dass keine gütliche Einigung er- zielt werden konnte. (8) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechts verordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, das Nähere über die Geschäftsstelle, die Besetzung und das


die Durchführung der entsprechenden Maßnahmen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen erleichtern soll. (2) Die Vertragsstaaten unterhalten, stärken, bestimmen oder schaffen nach Maß- g abe ihres Rechts- und Verwaltungssystems auf einzelstaatlicher Ebene für die Förderung, den Schutz und die Überwachung der Durchführung dieses Übereinkommens eine Struktur, die, je nachdem, was angebracht ist, einen oder mehrere unabhängige Mechanismen ein- schließt. Bei der Bestimmung oder Schaffung eines solchen Mecha- nismus berücksichtigen die Vertrags- s taaten die Grundsätze betreffend die Rechtsstellung und die Arbeits- weise der einzelstaatlichen Institutionen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte. (3) Die Zivilgesellschaft, insbesondere Men- schen mit Behinderungen und die sie vertretenden Organisationen, wird in den Überwachungsprozess einbezogen und nimmt in vollem Umfang daran teil. Artikel 34 – Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (1) Es wird ein Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden als „Ausschuss“ bezei- chnet) eingesetzt, der die nachstehend festgelegten Aufgaben wahrnimmt. (2) Der Ausschuss besteht zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens aus zwölf Sachverständigen. Nach sechzig weiteren Ratifikationen oder Beitritten zu dem Übe- reinkommen erhöht sich die Zahl der Ausschussmitglieder um sechs auf die Höchstzahl von achtzehn. (3) Die Ausschussmitglieder sind in persönlicher Eigenschaft tätig und müssen Per- sönlichkeiten von hohem sittlichen Ansehen und anerkannter Sachkenntnis und Erfahrung auf dem von diesem Übereinkommen erfassten Gebiet sein. Die Vertrags- staaten sind aufgefordert, bei der Benennung ihrer Kandidaten oder Kandidatinnen Artikel 4 Absatz 3 gebührend zu berücksichtigen. (4) Die Ausschussmitglieder werden von den Vertragsstaaten gewählt, wobei auf eine gerechte geografische Ver- teilung, die Vertretung der ver- schiedenen Kulturkreise und der hauptsächlichen Rechtssysteme, die ausgewogene Vertretung der Geschlechter und die Beteili- gung von Sachverständigen mit Behinderungen zu achten ist. (5) Die Ausschussmitglieder werden auf Sitz- ungen der Konferenz der Ver- tragsstaaten in geheimer Wahl aus einer Liste von Personen gewählt, die von den Vertragsstaaten aus

dem Kreis ihrer Staatsangehörigen benannt worden sind. Auf diesen Sitzungen, die beschlussfähig sind, wenn zwei Drittel der Vertrags- staaten vertreten sind, gelten diejen- igen Kandidaten oder Kandidatinnen als in den Ausschuss gewählt, welche die höchste Stimmenzahl und die absolute Stimmenmehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertreter beziehungsweise Vertret- erinnen der Vertragsstaaten auf sich vereinigen. (6) Die erste Wahl findet spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens statt. Spätestens vier Mo- nate vor jeder Wahl fordert der Generalsekretär der Vereinten Nat- ionen die Vertragsstaaten schriftlich auf, innerhalb von zwei Monaten ihre Benennungen einzureichen. Der Generalsekretär fertigt sodann eine alphabetische Liste aller auf diese Weise benannten Personen an, unter Angabe der Vertragsstaaten, die sie benannt haben, und übermit- telt sie den Vertragsstaaten. (7) Die Ausschussmitglieder werden für vier Jahre gewählt. Ihre einmalige Wiederwahl ist zulässig. Die Amts- zeit von sechs der bei der ersten Wahl gewählten Mitglieder läuft jedoch nach zwei Jahren ab; un- mittelbar nach der ersten Wahl werden die Namen dieser sechs Mitglieder von dem oder der Vorsitzenden der in Absatz 5 ge- nannten Sitzung durch das Los bestimmt. (8) Die Wahl der sechs zusätzlichen Ausschussmitglieder findet bei den ordentlichen Wahlen im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieses Artikels statt. (9) Wenn ein Ausschuss mitglied stirbt oder zurücktritt oder erklärt, dass es aus anderen Gründen seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann, ernennt der Vertragsstaat, der das Mitglied benannt hat, für die verbleibende Amtszeit eine andere sachverständige Person, die über die Befähigungen verfügt und die Voraussetzungen erfüllt, die in den einschlägigen Bestimmungen dieses Artikels beschrieben sind. (10) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. (11) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen stellt dem Ausschuss das Personal und die Einrichtungen zur Verfügung, die dieser zur wirksamen Wahrnehmung seiner Aufgaben nach diesem Übereinkommen benötigen, und beruft seine erste Sitzung ein. (12) Die Mitglieder des nach diesem Übereinkommen eingesetzten Ausschusses erhalten mit Zustimmung der Gen- eralversammlung der Vereinten Nationen Bezüge aus Mitteln der Vereinten Nationen zu den von

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der Generalversammlung unter Berücksichtigung der Bedeutung der Aufgaben des Ausschusses zu beschließenden Bedingungen. (13) Die Ausschussmitglieder haben Anspruch auf die Erleichterungen, Vorrechte und Immunitäten der Sachverständigen im Auftrag der Vereinten Nationen, die in den einschlägigen Abschnitten des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vorgesehen sind. Artikel 35 – Berichte der Vertragsstaaten (1) Jeder Vertragsstaat legt dem Ausschuss über den Generalsekretär der Vereinten Nationen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den betreffenden Ver- tragsstaat einen umfassenden Bericht über die Maßnahmen, die er zur Er- füllung seiner Verpflichtungen aus dem Übereinkommen getroffen hat, und über die dabei erzielten Fort- schritte vor. (2) Danach legen die Vertragsstaaten mindestens alle vier Jahre und darüber hinaus jeweils auf Anforderung des Aus- schusses Folgeberichte vor. (3) Der Ausschuss beschließt gegebenenfalls Leitlinien für den Inhalt der Berichte. (4) Ein Vertragsstaat, der dem Ausschuss einen ersten umfassenden Bericht vor- gelegt hat, braucht in seinen Folge- berichten die früher mitgeteilten Angaben nicht zu wiederholen. Die Vertragsstaaten sind gebeten, ihre Berichte an den Ausschuss in einem offenen und transparenten Verfahren zu erstellen und dabei Artikel 4 Absatz 3 gebührend zu berücksichtigen. (5) In den Berichten kann auf Faktoren und Schwierigkeiten hingewiesen werden, die das Ausmaß der Erfül- lung der Verpflichtungen aus die- sem Übereinkommen beeinflussen. Artikel 36 – Prüfung der Berichte (1) Der Ausschuss prüft jeden Bericht; er kann ihn mit den ihm geeignet erscheinenden Vorschlägen und allgemeinen Empfehlungen versehen und leitet diese dem betreffenden Ver- tragsstaat zu. Dieser kann dem Ausschuss hierauf jede Information übermitteln, die er zu geben wünscht. Der Ausschuss kann die Vertragsstaaten um weitere Angaben über die Durchführung dieses Übereinkommens ersuchen. (2) Liegt ein Vertragsstaat mit der Vorlage eines Berichts in erheblichem Rückstand, so kann der Ausschuss dem betref- fenden Vertragsstaat notifizieren, dass die Durchführung dieses Über- einkommens im betreffenden Vertragsstaat auf der Grundlage der dem Ausschuss zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informa-

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Verfahren der Schlichtungsstelle nach den Absätzen 1, 4, 5 und 7 zu regeln sowie weitere Vorschriften über die Kosten des Verfahrens und die Entschädigung zu erlassen. Die Rechtsverordnung regelt auch das Nähere zu Tätigkeitsberichten der Schlichtungsstelle. § 17 Amt der oder des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen (1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen. (2) Der beauftragten Person ist die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. (3) Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages. § 18 Aufgabe und Befugnisse (1) Aufgabe der beauftragten Person ist es, darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung des Bundes, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird. Sie setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Auf- gabe dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen mit Behinderungen und Männern mit Behinderungen berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden. (2) Zur Wahrnehmung der Aufgabe nach Absatz 1 beteiligen die Bun- desministerien die beauftragte Person bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von Menschen mit Behinderungen behandeln oder berühren. (3) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die beauftragte Person bei der Erfüllung der Aufgabe zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt. § 19 Förderung der Partizipation Der Bund fördert im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel Maßnahmen von Organisationen, die die Voraussetzungen des § 15 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 5 erfüllen, zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gestaltung öffentlicher Angelegenheiten.


tionen geprüft werden muss, falls der Bericht nicht innerhalb von drei Monaten nach dieser Notifikation vorgelegt wird. Der Ausschuss fordert den betreffenden Vertragsstaat auf, bei dieser Prüfung mit- zuwirken. Falls der Vertragsstaat daraufhin den Bericht vorlegt, findet Absatz 1 Anwendung. (3) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen stellt die Berichte allen Vertragsstaaten zur Verfügung. (4) Die Vertragsstaaten sorgen für eine weite Verbreitung ihrer Berichte im eigenen Land und erleichtern den Zugang zu den Vorschlägen und allgemeinen Empfehlungen zu die- sen Berichten. (5) Der Ausschuss übermittelt, wenn er dies für angebracht hält, den Sonderorganisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen und ander- en zuständigen Stellen Berichte der Vertragsstaaten, damit ein darin enthaltenes Ersuchen um fachliche Beratung oder Unterstützung oder ein darin enthaltener Hinweis, dass ein diesbezügliches Bedürfnis be- steht, aufgegriffen werden kann; etwaige Bemerkungen und Empf- ehlungen des Ausschusses zu diesen Ersuchen oder Hinweisen werden beigefügt. Artikel 37 – Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten und dem Ausschuss (1) Jeder Vertragsstaat arbeitet mit dem Aus- schuss zusammen und ist seinen Mitgliedern bei der Erfüllung ihres Mandats behilflich. (2) In seinen Beziehungen zu den Vertragsstaaten prüft der Ausschuss gebührend Möglichkeiten zur Stärkung der einzelstaatlichen Fähigkeiten zur Durchführung dieses Übereinkommens, einschließlich durch inter- nationale Zusammenarbeit. Artikel 38 – Beziehungen des Ausschusses zu anderen Organen Um die wirksame Durchführung dieses Übereinkommens und die internationale Zusammenarbeit auf dem von dem Übereinkommen erfassten Gebiet zu fördern, 1. haben die Sonderorganisationen und andere Organe der Vereinten Nationen das Recht, bei der Erörterung der Dur- chführung derjenigen Bestimmungen des Übereinkommens, die in ihren Aufgabenbereich fallen, ver- treten zu sein. Der Ausschuss kann, wenn er dies für angebracht hält, Sonderorganisationen und andere zuständige Stellen einladen, sachkundige Stellungnahmen zur Durchführung des Übereinkommens auf Gebieten abzugeben, die in ihren jeweiligen Aufgabenbereich fallen. Der Ausschuss kann Son- derorganisationen und andere

Organe der Vereinten Nationen einladen, ihm Berichte über die Durchführung des Übereinkommens auf den Gebieten vorzulegen, die in ihren Tätigkeitsbereich fallen; 2. konsultiert der Ausschuss bei der Wahrnehmung seines Mandats, soweit angebracht, andere einschlägige Organe, die durch internationale Menschenrechtsverträge geschaffen wurden, mit dem Ziel, die Kohärenz ihrer jeweiligen Bericht- erstattungsleitlinien, Vorschläge und allgemeinen Empfehlungen zu gewährleisten sowie Doppelungen und Überschneidungen bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu vermeiden. Artikel 39 – Bericht des Ausschusses Der Ausschuss berichtet der Generalversammlung und dem Wirtschafts- und Sozialrat alle zwei Jahre über seine Tätigkeit und kann aufgrund der Prüfung der von den Vertragsstaaten eingegangenen Berichte und Auskünfte Vorschläge machen und allgemeine Empfehlungen abgeben. Diese werden zusammen mit et- waigen Stellungnahmen der Vertr- agsstaaten in den Ausschussbericht aufgenommen. Artikel 40 – Konferenz der Vertragsstaaten (1) Die Vertragsstaaten treten regelmäßig in einer Konferenz der Vertragsstaaten zusammen, um jede Angelegenheit im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Übereinkommens zu behandeln. (2) Die Konferenz der Vertragsstaaten wird vom Generalsekretär der Vereinten Nationen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens einberufen. Die folgen- den Treffen werden vom Generalsekretär alle zwei Jahre oder auf Beschluss der Konferenz der Vertr- agsstaaten einberufen. Artikel 41 – Verwahrer Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist Verwahrer dieses Übereinkommens. Artikel 42 – Unterzeichnung Dieses Übereinkommen liegt für alle Staaten und für Organisationen der reg- ionalen Integration ab dem 30. März 2007 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf. Artikel 43 – Zustimmung, gebunden zu sein Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten und der förmlichen Bestätigung durch die unterzeichnenden Or- ganisationen der regionalen Inte- gration. Es steht allen Staaten oder Organisationen der regionalen

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Integration, die das Übereinkommen nicht unterzeichnet haben, zum Beitritt offen. Artikel 44 – Organisationen der regionalen Integration (1) Der Ausdruck „Organisation der regionalen Integration“ bezeichnet eine von souveränen Staaten einer bestimmten Region gebildete Organisation, der ihre Mitgliedstaaten die Zu- ständigkeit für von diesem Über- einkommen erfasste Angelegen- heiten übertragen haben. In ihren Urkunden der förmlichen Bestätigung oder Beitrittsurkunden er- klären diese Organisationen den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf die durch dieses Übereinkommen erfassten Ange- legenheiten. Danach teilen sie dem Verwahrer jede erhebliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten mit. (2) Bezugnahmen auf „Vertragsstaaten“ in diesem Übereinkommen finden auf solche Organisationen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Anwendung. (3) Für die Zwecke des Artikels 45 Absatz 1 und des Artikels 47 Absätze 2 und 3 wird eine von einer Orga- nisation der regionalen Inte- gration hinterlegte Urkunde nicht mitgezählt. (4) Organisationen der regionalen Integration können in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit ihr Stimmrecht in der Konferenz der Vertragsstaaten mit der Anzahl von Stimmen aus- üben, die der Anzahl ihrer Mitglied- staaten entspricht, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind. Diese Organisationen üben ihr Stimmrecht nicht aus, wenn einer ihrer Mitgliedstaaten sein Stimmrecht ausübt, und umgekehrt. Artikel 45 – Inkrafttreten (1) Dieses Übereinkommen tritt am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der zwan- zigsten Ratifikations- oder Beitritts- urkunde in Kraft. (2) Für jeden Staat und jede Organisation der regionalen Integration, der bezieh- ungsweise die dieses Überein- kommen nach Hinterlegung der zwanzigsten entsprechenden Urkunde ratifiziert, förmlich be- stätigt oder ihm beitritt, tritt das Übereinkommen am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der eigenen Urkunde in Kraft. Artikel 46 – Vorbehalte (1) Vorbehalte, die mit Ziel und Zweck dieses Übereinkommens unvereinbar sind, sind nicht zulässig. (2) Vorbehalte können jederzeit zurückgenommen werden. Artikel 47 – Änderungen

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(1) Jeder Vertragsstaat kann eine Änderung dieses Übereinkommens vorschlagen und beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einreichen. Der Generalsekretär übermittelt jeden Änderungsvorschlag den Ver- tragsstaaten mit der Aufforderung, ihm zu notifizieren, ob sie eine Konferenz der Vertragsstaaten zur Beratung und Entscheidung über den Vorschlag befürworten. Befür- wortet innerhalb von vier Mona- ten nach dem Datum der Übermittlung wenigstens ein Drittel der Vertragsstaaten eine solche Kon- ferenz, so beruft der General- sekretär die Konferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ein. Jede Änderung, die von einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten beschlossen wird, wird vom Generalsekretär der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Genehmigung und danach allen Vertragsstaaten zur Annahme vorgelegt. (2) Eine nach Absatz 1 beschlossene und ge- nehmigte Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Anzahl der hinterlegten Annahmeur- kunden zwei Drittel der Anzahl der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung erreicht. Danach tritt die Änderung für jeden Vertragsstaat am dreißigsten Tag nach Hinterlegung seiner eigenen Annahmeurkunde in Kraft. Eine Änderung ist nur für die Vertragsstaaten, die sie angenommen haben, ver- bindlich. (3) Wenn die Konferenz der Vertragsstaaten dies im Konsens beschließt, tritt eine nach Absatz 1 beschlossene und genehmigte Änderung, die ausschließlich die Artikel 34, 38, 39 und 40 betrifft, für alle Ver- tragsstaaten am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Anzahl der hinterlegten Annahmeurkunden zwei Drittel der Anzahl der Vertragsstaaten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Änderung erreicht. Artikel 48 – Kündigung Ein Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Notifikation beim Gen- eralsekretär wirksam. Artikel 49 – Zugängliches Format Der Wortlaut dieses Übereinkommens wird in zugänglichen Formaten zur Verfügung gestellt.

Artikel 50 – verbindliche Wortlaute Der arabische, der chinesische, der englische, der französische, der russische und der spanische Wortlaut dieses Über- einkommens sind gleichermaßen verbindlich. Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, von ihren Regierungen hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

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Impressum: Vielen Dank an alle Gesprächspartner, insbesondere die Diakonie Stuttgart und Michael Hering. Des Weiteren an das Haus Hasenberg. Gestaltung: Elia Schmid Fotografie und Zeichnung: Elia Schmid Inhalte: Wenn nicht anderst gekennzeichnet Elia Schmid Schrift: Neue Haas Grotesk Roman, Neue Haas Grotesk Bold, Neue Haas Grotesk Black, Times New Roman Regular, Times New Roman Italic, Times New Roman Bold Dieses Projekt entstand im dritten und vierten Semester an der Staatlichen Akademie der bildenden Kßnste Stuttgart Betreuung: Prof. Gerwin Schmidt

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Impressum




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