Incoming Call

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Incoming Call Eine Arbeit mit klarem Anfang und offenem Ende. 18. März 2020. Drinnen. Zurück von meiner Reise quer durch Deutschland, finde ich mich wieder in einer leeren Wohnung. Allein. In der Stadt. Draußen zwingt ein Virus die Menschen inne zu halten. Meine einzigen Verbindungen zur Außenwelt: Das Fenster und mein Smartphone. Zwei Filter, die darüber entscheiden, was wann wie zu mir vordringt. Beide zeigen mir Bilder von Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie zeigen nichts und alles, alles und nichts. Meine Welt, so groß wie eine Handfläche. Dokumentation auf 100 Quadratmeter. Ich suche nicht, schaue zu. Stillleben verstellt sich nicht. 100 Quadratmeter Lichteinfall. Ausnahme ist Dauerzustand. Besinnung auf das Kleine hilft.

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1. April 2020. Mein Geburtstag. Nach zwei Wochen Quarantäne bin ich auf dem Weg zu meiner Familie. Nach Hause. Die Zeit vergeht langsam, aber dafür sehr schnell. Zurück auf dem Land: Ohrenbetäubende Ruhe und der Klang von schlechtem Internet. Der Frühling zieht mich nach draußen. Die Natur explodiert, unbeeindruckt von der globalen Krise. Wachstum ist Veränderung. Ein Kopf voller Gedanken. Ich bin zu viele, um mich allein zu fühlen.

Incoming Call erzählt vom Dualismus, der Distanz und dem Wechselspiel von Innen und Außen während einer besonderen Zeit. Es geht um physische Trennung und virtuelle Überlastung, um Konzentration und Ablenkung, Ruhe und Bewegung und darum, an einem Ort und gleichzeitig überall zu sein. Der Titel beschreibt das Gefühl, das mit einem Anruf ein(her)geht. Oft ist es verbunden mit dem Druck, immer verfügbar zu sein. Ein Leben auf Bereitschaft. Es erzählt aber auch von einer anderen Ebene. Einem Aufruf, der in meinem Innern ankommt und mich gleichzeitig bewusster nach außen schauen lässt. Incoming Call ist die Aufforderung, wach zu bleiben und sich trotz allem einen liebenden Blick auf die Welt zu bewahren. Ich will wenig zeigen und dabei viel erzählen. Geschichten erzählen über die Poesie des Gewöhnlichen.

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Incoming Call Eine Arbeit mit klarem Anfang und offenem Ende. 18. März 2020. Drinnen. Zurück von meiner Reise quer durch Deutschland, finde ich mich wieder in einer leeren Wohnung. Allein. In der Stadt. Draußen zwingt ein Virus die Menschen inne zu halten. Meine einzigen Verbindungen zur Außenwelt: Das Fenster und mein Smartphone. Zwei Filter, die darüber entscheiden, was wann wie zu mir vordringt. Beide zeigen mir Bilder von Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie zeigen nichts und alles, alles und nichts. Meine Welt, so groß wie eine Handfläche. Dokumentation auf 100 Quadratmeter. Ich suche nicht, schaue zu. Stillleben verstellt sich nicht. 100 Quadratmeter Lichteinfall. Ausnahme ist Dauerzustand. Besinnung auf das Kleine hilft. 1. April 2020. Mein Geburtstag. Nach zwei Wochen Quarantäne bin ich auf dem Weg zu meiner Familie. Nach Hause. Die Zeit vergeht langsam, aber dafür sehr schnell. Zurück auf dem Land: Ohrenbetäubende Ruhe und der Klang von schlechtem Internet. Der Frühling zieht mich nach draußen. Die Natur explodiert, unbeeindruckt von der globalen Krise. Wachstum ist Veränderung. Ein Kopf voller Gedanken. Ich bin zu viele, um mich allein zu fühlen. Incoming Call erzählt vom Dualismus, der Distanz und dem Wechselspiel von Innen und Außen während einer besonderen Zeit. Es geht um physische Trennung und virtuelle Überlastung, um Konzentration und Ablenkung, Ruhe und Bewegung und darum, an einem Ort und gleichzeitig überall zu sein. Der Titel beschreibt das Gefühl, das mit einem Anruf ein(her)geht. Oft ist es verbunden mit dem Druck, immer verfügbar zu sein. Ein Leben auf Bereitschaft. Es erzählt aber auch von einer anderen Ebene. Einem Aufruf, der in meinem Innern ankommt und mich gleichzeitig bewusster nach außen schauen lässt. Incoming Call ist die Aufforderung, wach zu bleiben und sich trotz allem einen liebenden Blick auf die Welt zu bewahren. Ich will wenig zeigen und dabei viel erzählen. Geschichten erzählen über die Poesie des Gewöhnlichen.




























































Incoming Call A work with a clear beginning and an open end. March 18, 2020. Being inside. Back from a week of travelling I find myself alone in an empty flat. Outside, a virus is forcing everyone to pause. My only connections to the external world are the window and my phone. Two filters which decide what reaches me and how it reaches me. Both show me images of worlds that could not be more different. They show nothing and everything, everything and nothing. Although I immediately feel an inner urge of documenting the present moment, I am not consciously looking for motives. I am just sitting inside, watching the light coming in. April 1, 2020. My birthday. After two weeks of quarantine I am on my way home to my family. Time is passing slowly but fast. Back in the countryside, only the sound of nature surrounds me. Twittering birds, chirping crickets, no cars and bad Wi-Fi. Spring is pulling me outside. Regardless of the global crisis, nature is exploding around me. Growth is change. A head full of thoughts, I am too many to feel alone. Incoming Call tells of the dualism, distance and the interaction of inside and outside during a special time. It is about physical disconnection and virtual overload, about focus and distraction, rest and movement and staying in one place but being every- where at the same time. These observations are as ambiguous as the title. On the one hand it implies the feeling when a call comes in. Often there is the pressure of always being available. Feeling unable to escape, I am always on standby. On the other hand there is a call reaching my inside, allowing me to look outside more consciously. Incoming Call is an invitation to stay awake and still keep a loving view of the world. My intention is showing less while telling a lot. Telling stories of poetry in the ordinary.


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Incoming Call

Fotografie

A work with a clear beginning and an open end.

March 18, 2020. Being inside. Back from a week of travelling I find myself alone in an empty flat. Outside, a virus is forcing everyone to pause. My only connections to the external world are the window and my phone. Two filters which decide what reaches me and how it reaches me. Both show me images of worlds that could not be more different. They show nothing and everything, everything and nothing. Although I immediately feel an inner urge of documenting the present moment, I am not consciously looking for motives. I am just sitting inside, watching the light coming in. April 1, 2020. My birthday. After two weeks of quarantine I am on my way home to my family. Time is passing slowly but fast. Back in the countryside, only the sound of nature surrounds me. Twittering birds, chirping crickets, no cars and bad Wi-Fi. Spring is pulling me outside. Regardless of the global crisis, nature is exploding around me. Growth is change. A head full of thoughts, I am too many to feel alone.

Gestaltung

Incoming Call tells of the dualism, distance and the interaction of inside and outside during a special time. It is about physical disconnection and virtual overload, about focus and distraction, rest and movement and staying in one place but being every- where at the same time. These observations are as ambiguous as the title. On the one hand it implies the feeling when a call comes in. Often there is the pressure of always being available. Feeling unable to escape, I am always on standby. On the other hand there is a call reaching my inside, allowing me to look outside more consciously. Incoming Call is an invitation to stay awake and still keep a loving view of the world. My intention is showing less while telling a lot. Telling stories of poetry in the ordinary.

Text

Šâ€‰Pia Heer 07/2020


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