Moderne Mosaiktechnik von Otto Habel

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Moderne Mosaiktechnik von Otto Habel Linda Giangrande Bachelorarbeit im Studiengang Konservierung & Restaurierung von Wandmalerei, Architekturoberfläche und Steinpolychromie


Das Mosaik ist eine Gestaltungstechnik, die durch das Zusammenlegen von unterschiedlich farbigen oder unterschiedlich förmigen Steinen und Gläsern realisiert wird. Schon seit dem Altertum wird diese Technik als Oberflächengestaltung von Architektur verwendet, sei es als Bodenmosaik, an Wänden oder als Verzierung von verschiedenen Architekturelementen, wie Gewölbe, Säulen oder Fries- und Sockelbereiche. Durch eine Exkursion unseres Studienganges (WS 2019/20) nach Sizilien, bei der wir eine Vielzahl an Mosaiken besichtigt haben, hat sich bei mir ein besonderes Interesse für diese Gestaltungstechnik entwickelt. Zudem wurde durch unsere letzte Werkstoffkundevorlesung, im Bereich Gesteinskunde, mein Interesse für die dazu angewendeten Materialen verstärkt. So kam es, dass dieses Fachgebiet Thema meiner Bachelorarbeit geworden ist.

Abb.1: Mosaik-Intarsien an Säulen des Kreuzgangs des Doms zu Monreale (Sizilien)

Der Künstler Zusammen mit meinen Betreuern wurde die Mosaiktechnik des Stuttgarter Künstler Otto Habel gewählt. Otto Habel (*1922 in Nordböhmen, ✝ 1996 in Stuttgart) war ein deutscher Mosaizist, Glasgestalter und Bildhauer. Er besuchte zuerst die Fachschule für Glasgestaltung in Haida, einige Zeit später die Kunsthochschule in Berlin und studierte von 1945 bis 1949 an der Staatlichen Akademie der Bildende Künste in Stuttgart bei Rudolf Yelin. Nach dieser Ausbildungszeit lebte und übte er den Beruf als freischaffender Künstler in Stuttgart aus. Dementsprechend ist eine große Anzahl seiner Werke in Süddeutschland und vor Allem im Kreis Stuttgart zu finden. Die von ihm ausgeführten Mosaike zeigen meist theologische Inhalte, wie Kreuzwege oder Kreuzigungsszenen, die für die Gestaltung von zahlreichen Kirchen der süddeutschen Regionen realisiert wurden.


Die Technik Um mir einen Einblick über die von ihm verwendeten Mosaiktechniken und seinen Stil zu verschaffen, besuchte ich einige Kirchen in und im Kreis Stuttgart. Dadurch war zu beobachten, dass die Technik sowie die angewendeten Materialen je nach Objekt leicht variieren, wobei sein Stil eindeutig wiederzuerkennen ist. Grundsätzlich konnte ich zwei unterschiedliche Techniken ausfindig machen: -

Mosaik in Metallrahmen: Diese Mosaike werden innerhalb eines Metallrahmens realisiert, indem ein Schichtenaufbau aus unterschiedlichen Mörteln gemacht wird, worauf dann die Gesteine angebracht werden. Diese Mosaike erscheinen wie „gerah te Bilder“, die auf der Wa do erflä he era kert z . “aufgehä gt“ erde . Diese beinhalten somit keinen direkten Kontakt mit der Wandoberfläche und werden als einzelne Objekte eines Bildzyklus betrachtet.

Abb. 2: Mosaik im Kunsthaus Grabenstetten


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Mosaik auf Straminträger: Diese Technik basiert auf einem Träger aus Stramin (ein stabiles Kunststoffnetz), worauf die Gesteine durch einen Mörtel angebracht werden. Die jeweiligen Bildszenen werden dann in kleinere Stücke unterteilt und getrennt. Diese ei zel e Teile, au h „Lappe “ ge a t, erde dur h ei e zusätzli he Mörtel direkt auf die vorbehandelte Wandoberfläche angebracht und wieder zusammengesetzt. Im Gegensatz zu der zuvor erwähnten Technik, besteht hier ein direkter Kontakt zur Wand.

Abb. 3: Liebfrauenkirche, Stuttgart – Bad Cannstatt

Beide Techniken beinhalten den Vorteil, dass die Mosaike in einer Werkstatt vorgefertigt werden können und dadurch der Anbringungsprozess auf die Wand beschleunigt wird. Der wesentliche Unterschied der verwendeten Materialien besteht darin, dass an einigen Objekten ausschließlich Naturstein verwendet worden ist, während bei anderen eine Mischung aus Naturstein und Smalten aufzufinden sind.


Abb. 4: Altarkreuz, St. Klemens, Böblingen

Otto Habels Stil ist in all seinen Werken wieder zu erkennen, sei es bei Glasobjekten, Mosaiken oder Bildern. Dieser besteht aus einfach gehaltenen, geometrischen Linien und Formen. Die Anordnung der Farbigkeit sowie die unterschiedliche Bearbeitung der einzelnen Elemente bzw. Gesteine ergeben die Plastizität innerhalb der Bildszenen. Im Fall der Mosaike, tragen die unterschiedlichen Größen, Formen und Niveaus sowie die Oberflächenbeschaffenheit und Farbigkeit der angebrachten Mosaiksteine dazu bei, Schattenbereiche, Höhungen und besondere Bildelemente hervorzuheben. So werden z.B. Körperglieder der einzelnen Figuren wie Hände, Füße oder Gesichter durch einen Wechsel von großen und kleinen geometrischen Formen abstrahiert. Dies beinhaltet die Eigenschaft, dass man das eigentliche Bild aus der Weite besser erkennt, als wenn man direkt davorsteht. Dank der Künstlerin Bettina Pütter (Lebensgefährtin des verstorbenen Sohnes von Otto Habel, Raphael Habel) habe ich einen näheren Einblick auf zwei von Otto Habel realisierten Mosaikfelder bekommen. Dabei handelt es sich um zwei gerahmte Mosaikbilder eines Kreuzweges, die nach einer Renovierung der St. Eberhards Kirche Stuttgart in das Kunsthaus Grabenstetten verlagert wurden. Es wurde mir dadurch ermöglicht tiefgründige Untersuchungen an diesen Objekten zu tätigen. Unter anderem durfte ich in dem nun von Frau Pütter geführten Kunsthaus in Grabenstetten, unter ihrer Anleitung, selbst ein Mosaik legen. Diese praktischen Tätigkeiten werden oftmals im Rahmen einer Projektarbeit ausgeführt, um die einzelnen Arbeitsschritte einer Technik, in diesem Fall die eines Mosaiks, nachvollziehen zu können. Aus der näheren Untersuchung ist es mir nun möglich Bestands-, Zustands- und Schadensphänomene der zwei Mosaikbilder aufzuklären. Diese werden durch eine Datenbank (FileMaker) in die von mir erstellten Kataloge eingefügt und phänomenologisch beschrieben. Zudem werden ein Objektkatalog und ein Gesteinskatalog entwickelt, indem die einzelnen von Otto Habel realisierten Mosaike und die dazu verwendeten Materialien aufgenommen werden können. Dadurch wird ein Überblick der enthaltenen Phänomene bzw. Materialien sowie ein Vergleich der einzelnen Objekte ermöglicht. Aus der Entwicklung der Untersuchungen, der Katalogisierung und der nachgebildeten Mosaiktechnik, wird eine ausführliche Dokumentation realisiert, in der die Ergebnisse der zuvor erläuterten Arbeitsschritte und Beobachtungen erklärt und zusammengefasst werden. Das Ziel dabei ist es, eine Grundlage zu erschaffen, die für zukünftige Konservierungs- und/oder Restaurierungskonzepte der von Otto Habel realisierten Mosaike dienen kann.


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