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1/2013
Österreichische Zeitschrift für das
ÄRZTLICHE GUTACHTEN Chefredaktion: Christina Wehringer
SozialrechtsÄnderungsgesetz 2012 Herausforderung an ärztliche Sachverständige Rudolf Müller und Klaus Rudolf Pirich
Textbausteine in Gutachten Birgit Glawar-Morscher und Christina Wehringer
Ärztliche Gutachten und Umsatzsteuer Hans-Georg Goertz
Zusammenspiel Rechtsgrundlage – Gutachten Christina Wehringer
„Honorarordnung der ÖÄK für gutachterliche Tätigkeiten“ – eine „Gesetzliche Gebührenordnung“?
ISSN 2308-7552
Johannes Zahrl
dag.manz.at
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redaktion
Österreichische Zeitschrift für das
ÄRZTLICHE GUTACHTEN Chefredaktion Christina Wehringer Dr. Christina Wehringer ist Ärztin und seit 1984 im Bundesdienst als Leiterin der ärztlichen Fachabteilung der Sektion IV im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz tätig. Sie ist Sekretär der Gesellschaft der Gutachterärzte Österreichs und Vizepräsidentin der Österreichischen LIGA für Kinder- und Jugendgesundheit. Ihre Tätigkeit im Ressort beinhaltet die Formulierung medizinisch relevanter Gesetzespassagen, Erstellung gutachterlicher Richtlinien zu den jeweiligen Gesetzen, Koordinierung und Aufsicht der ärztlichen Begutachtung der durchführenden Träger und der nachgeordneten Dienststelle. Ergänzend zum Verfassen fundierter und praxisorientierter Unterlagen für Gutachter hält sie selbst regelmäßig Vorträge und organisiert Informations- und Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte. Qualität und Aussagekraft der Gutachten stehen für eine gerechte, sachkundige ärztliche Beurteilung von Behinderungen, Erkrankungen, Defiziten, Pflegebedarf und Leistungsvermögen. Diese Überzeugungen prägen das gesamte berufliche Wirken der Ärztin. „In der medialen Berichterstattung geraten Gutachter oftmals stellvertretend für gesellschaftliche Miss-, Um- und Zustände in das Kreuzfeuer der Kritik. Die neue Zeitschrift bietet verständliche und praxisbezogene Informationen über neue medizinisch-diagnostische und therapeutische Methoden und deren Stellenwert für die Begutachtung. Verständlich aufbereitete aktuelle höchstgerichtliche Judikatur und Beispiele aus der Praxis sollen die tägliche Arbeit erleichtern.“
Redaktionsteam Birgit Glawar-Morscher Dr. Birgit Glawar-Morscher ist Fachärztin für Neurologie mit Zusatzfach Neurologische Intensivmedizin. Nach langjähriger Spitalstätigkeit ist sie seit 2008 in der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter angestellt und als medizinische Leiterin im Pensionsservice überwiegend mit Begutachtungsfragen der Versicherung befasst. Insbesondere betrifft dies die Oberbegutachtung im Pflegegeld- und Dienstunfähigkeitsbereich. In diesem Zusammenhang war sie für die BVA auch bei zahlreichen Projekten des Sozialministeriums in Zusammenarbeit mit den Sozialversicherungsträgern wie etwa der Erstellung des Konsensus-Papiers zur einheitlichen Begutachtung nach dem Bundespflegegeldgesetz mit eingebunden. Zudem ist sie weiterhin als niedergelassene Neurologin in einer Ordination klinisch und gutachterlich tätig. „Ich erwarte mir eine Zeitschrift, in der häufig auftretende Fragen im ärztlich-gutachterlichen Bereich von Experten übersichtlich beantwortet werden, in der Neuerungen und Strömungen im medizinischen, juristischen und Verwaltungsbereich berichtet werden und in der sich auch ausreichend Platz für fachlichen Austausch findet.“
redaktion
Rudolf Müller Prof. Dr. Rudolf Müller ist Facharzt für Innere Medizin und seit 2003 Chefarzt der Pensionsversicherungsanstalt. Davor war er seit 1991 Chefarzt eines der beiden Vorgängerinstitute, der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten. In dieser Eigenschaft ist er mit gutachterlichen Fragestellungen im Rahmen von Anträgen auf eine vorzeitige Alterspension krankheitshalber (Berufsunfähigkeits-/Invaliditätspension), auf Pflegegeld und bei medizinischer und beruflicher Rehabilitation beschäftigt. Die Entwicklung österreichweit geltender einheitlicher Qualitätsstandards in der Begutachtung dieser Fragestellungen war ihm stets eine vorrangiges Anliegen. Er ist Mitglied zahlreicher medizinischer Fachgesellschaften und war von 1999 bis 2008 Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Gutachterärzte Österreichs, von 2001 bis 2005 deren 1. Vizepräsident. „Gerade die Objektivierbarkeit von bestimmten Kriterien und die Nachvollziehbarkeit von bestimmten Defiziten stellt eine Herausforderung dar, der man sich jedes Mal von Neuem mit größtmöglicher Objektivität stellen muss. Ich erwarte mir von dieser neuen Zeitschrift, dass sie allen Ärzten, die im Bereich der Begutachtung tätig sind, eine Hilfestellung bei deren täglichen Entscheidungen geben kann.“
Christian Reiter ao. Prof. Dr. Christian Reiter ist stv. Leiter des Departments für Gerichtsmedizin der Medizin-Universität Wien, seit 1985 allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und seit 2008 Vizepräsident der Gesellschaft der Gutachterärzte Österreichs. Seine gutachterlichen Schwerpunkte liegen in der Sachverständigentätigkeit in Strafsachen (Todesfallanalysen, Verletzungsbegutachtung, Alkoholisierung, Verhandlungs- und Haftfähigkeit) und im Zivilverfahren (Schmerzperioden, Kausalitätsfragen). Wissenschaftliche Themenkomplexe: forensische Insektenkunde, Todeszeiteingrenzung, Forensische Histologie und Zytologie, Identifikation unbekannter Verstorbener inkl. Massenkatastrophen, historische Kriminalfälle und forensische Archäologie, Schwermetalltoxikologie. 90 Publikationen, 1 Lehrbuch, zahlreiche Filmbeiträge. „Da die medizinischen Wissenschaften aufgrund der ihr zugrunde liegenden Individualität der Menschen mit den anderen Gutachterdisziplinen nur schwer vergleichbar sind, zeigt es einen großen Weitblick, wenn den ärztlich begutachtenden Kollegen nunmehr ein Journal zur Verfügung gestellt wird, das regelmäßig spezifische Fortbildung, Aktualisierung des einschlägigen Wissens und Neuigkeiten vermitteln wird.“
Ewald Sedmik Dr. Ewald Sedmik ist seit 1994 als Arzt für Allgemeinmedizin in Wien niedergelassen. Ebenfalls seit 1994 ist er Mitarbeiter der ärztlichen Fachabteilung der Sektion IV des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, wo er sich neben Einzelfallprüfungen vor allem mit medizinischen Grundsatzfragen des Gutachterwesens, Qualitätssicherung der ärztlichen Begutachtung und Erstellung von Einschätzungsgrundlagen und Begutachtungsrichtlinien beschäftigt. Seit 1993 wird er regelmäßig als Sachverständiger mit der Erstellung von medizinischen Gutachten in verschiedenen Rechtsbereichen betraut. „Ziel dieses neuen Printmediums ist es, den gutachterlich tätigen Kollegen praxisbezogene Informationen nach dem Motto ‚aus der Praxis für die Praxis‘ zu liefern. Da die meisten Gutachten von Verwaltungsbehörden wie beispielsweise Sozialversicherungsanstalten in Auftrag gegeben werden, richtet sich die Zeitschrift nicht nur an Gerichtssachverständige, sondern an alle gutachterlich tätigen Ärztinnen und Ärzte.“
Johannes Zahrl Dr. Johannes Zahrl ist seit 1996 leitender Angestellter, seit Dezember 2004 stellvertretender Kammeramtsdirektor und seit April 2012 Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer. Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen, insbesondere zum ärztlichen Disziplinarrecht, zum ärztlichen Berufsrecht, zur ärztlichen Begutachtung und zu weiteren medizinrechtlichen Themen. Außerdem ist Johannes Zahrl Beisitzer in der Bundesschiedskommission beim OGH, fachkundiger Laienrichter für Arbeits- und Sozialrecht am OGH und Lehrbeauftragter der Medizinischen Universität Wien, der Universität Linz sowie der Donauuniversität Krems für Arbeits- und Sozialrecht, Medizinrecht und Recht der ärztlichen Begutachtung. „Ein unrichtiges Gutachten zieht sehr schnell straf-, zivil- und disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich. Ärzte, die regelmäßig Gutachten erstellen, sollten daher auch mit jenen Normen vertraut sein, die den Rahmen für dieses ärztliche Handeln bestimmen. Unsere neue Zeitschrift wird daher regelmäßig dieses rechtliche Rüstzeug für die Gutachterarbeit anbieten.“
Fotos: Fotostudio Huger
beiräte
Liste der Beiräte Dr. Christoph Auner
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Lenz
Flugmedizin und Flugbetrieb
Psychiatrie und Psychotherapie
Univ.-Prof. Dr. Manfred Deutsch
Dr. Günther Marchhart
Chirurgie
Orthopädie
Dr. Bernd Gisinger
Univ.-Prof. Dr. Michael Musalek
Orthopädie
Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapie
Univ.-Prof. Dr. Jasminka Godnic-Cvar
Univ.-Prof. Dr. Walter Oder
Arbeitsmedizin, Innere Medizin
Neurologie und Psychiatrie
Dr. Peter Grabner
Dr. Margot Peters
Allgemeinmedizin
Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. Andreas Greslehner
Univ.-Prof. Dr. Walter Rabl
Unfallchirurgie
Gerichtliche Medizin
Univ.-Prof. Dr. Andrea Griesmacher
Univ.-Prof. Dr. Peter Ritschl
Medizinische und chemische Labordiagnostik
Orthopädie
Univ.-Prof. Dr. Andreas Gruber
Dr. Wilhelm Saurma
Neurochirurgie
Allgemeinmedizin
Univ.-Doz. Dr. Hans-Peter Haring
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt
Neurologie
Neurologie und Neurogeriatrie
Univ.-Prof. Dr. Peter Husslein
Dr. Klaus Vavrik
Gynäkologie und Frauenheilkunde
Kinder- und Jugendheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie
Univ.-Prof. Dr. Martin Klicpera Innere Medizin
Dr. Norbert Vetter Pulmologie
Dr. Ernst Kohout Pulmologie
Univ.-Doz. Dr. Friedrich Winkelbauer Radiologie
Univ.-Prof. Dr. Andreas Kuchar Augenheilkunde und Optometrie
editorial & inhalt
Christina Wehringer Leiterin der ärztlichen Fachabteilung der Sektion IV im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser! Diese neue Zeitschrift des MANZ-Verlags richtet sich (vorrangig) an ärztliche Sachverständige. Damit erweitert der Verlag sein Spektrum an der Schnittstelle Medizin/Rechtswissenschaft und befüllt eine Lücke im Informationsangebot. Ärztliche Gutachten sind in einer Fülle an Verfahren die Grundlage der Rechtsentscheidung. Der Gutachter erläutert komplexe medizinische Zusammenhänge, Erkrankungsursachen und Erkrankungsfolgen in einer allgemein verständlichen Weise. In wenigen – meist spektakulären – Prozessen steht die gutachterliche Tätigkeit im öffentlichen Interesse. In der medialen Berichterstattung geraten Gutachter oftmals stellvertretend für gesellschaftliche Miss-, Um- und Zustände in das Kreuzfeuer der Kritik. Die weit überwiegende Zahl der Gutachten wird hingegen völlig abseits der öffentlichen Wahrnehmung im engen Zusammenschluss des Auftraggebers, des Untersuchten und des Gutachters erstattet. Eine grobe Schätzung der Anzahl jährlich erstellter Gutachten auf etwa eine halbe Million soll die Dimension verdeutlichen. Die Mehrzahl der Gutachten wird nicht von Gerichten, sondern von Verwaltungsbehörden in Auftrag gegeben. Die Sachverständigen sind lose – als so genannte freie Sachverständige – mit den jeweiligen Auftraggebern verbunden. Die Sachverständigen erhalten in der Regel kein direktes Feedback und die Auftraggeber beschränken Informationen über die – oftmals komplexen und vielschichtigen – Rechtslagen meist auf das Notwendigste. Der Gutachter ist bei seiner Arbeit weitgehend auf sich selbst angewiesen. Einige wenige, speziell für Gutachter ausgerichtete Veranstaltungen lassen eine umfassende Erörterung der vielfältigen und vielschichtigen gutachterlichen Aspekte nicht im notwendigen Ausmaß zu. Die neue „Österreichische Zeitschrift für das ärztliche Gutachten“ (kurz DAG) bietet Sachverständigen verständliche und praxisbezogene Informationen über neue medizinisch-diagnostische und therapeutische Methoden und deren Stellenwert für die Begutachtung. Verständlich aufbereitete aktuelle höchstgerichtliche Judikatur und Beispiele aus der Praxis sollen die tägliche Arbeit erleichtern. Eine Serviceseite informiert über Steuerrecht, Honorierung und ähnliche Themen. Wichtig ist der Redaktion das Angebot eines Austauschs von Meinungen, Anregungen und Wünschen via E-Mail. Interessante Anmerkungen werden als Leserbriefe der breiten Leserschaft zugänglich sein. Letztendlich soll auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. Regelmäßig werden gutachterliche Anekdoten und Kuriositäten unter der Patronanz von Christian Reiter erscheinen. Leserbriefe Ihre Meinungen, Ansichten und Vorschläge sind uns als Redaktionsteam wichtig. Themen, die Sie interessieren, Probleme, für die Sie sich gutachterliche Anregungen, fachliche Diskussion, Erörterung wünschen, greifen wir gerne auf. Kritik und kontroversielle Sichtweisen erweitern das Spektrum, dem wir Platz einräumen wollen. Sie erreichen uns unter christina.wehringer@recht.at. Ich als Chefredakteurin werde, das verspreche ich, jede E-Mail lesen, überdenken und in Absprache mit dem Redaktionsteam beantworten. Nicht alle Leserbriefe werden wir veröffentlichen können. Bei der Auswahl, dem Verdichten werden wir sorgfältig und die Meinungsvielfalt achtend vorgehen. DAG 2013/1
im fokus 2 Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 Herausforderung an ärztliche Sachverständige
Änderungen im Pensionsrecht Herausforderung für die Begutachtung
berichtet 6 Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung Zertifizierung, Rezertifizierung
Honorarordnung der ÖÄK für gutachterliche Tätigkeiten Eine „Gesetzliche Gebührenordnung?“
Zusammenspiel Rechtsgrundlage – Gutachten Ehemalige Heimkinder, Aufarbeitung struktureller Gewalt, Anerkennung als Opfer illegitimer Gewalt
gewusst wie 12 Textbausteine in Gutachten Sinnvolle Arbeitserleichterung oder gefährliche Falle?
spurensuche 14 Der „Vampyr“
Ein gutachterlicher „Fake“ mit nachhaltigen Folgen
beachten 16 Ärztliche Gutachten und die Umsatzsteuer Vorsteuer, Umsätze, Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht 2005
entschieden 17 Rechtsprechung für Gutachter Ärztliche Aufklärungspflicht; Bestimmung des Gebührensatzes für Zeitversäumnis
P.S.: Die DAG gibt es auch als App! Siehe http://dag.manz.at DAG 1 | 2013
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im fokus
Rudolf Müller/Klaus Rudolf Pirich Chefarzt Pensionsversicherungsanstalt/Stv. Chefarzt Pensionsversicherungsanstalt
Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 – Herausforderung an ärztliche Sachverständige Rehabilitationsgeld, Umschulungsgeld. Änderungen im Pensionsrecht stärken medizinische und berufliche Rehabilitation und sollen vorzeitigen Pensionierungen entgegenwirken. Für Gutachter bringt dies zahlreiche Herausforderungen mit sich. Einleitung Das Sozialrechts-Änderungsgesetz (SRÄG) 2012 (Verlautbarung des Bundesgesetzes am 10. 1. 2013, BGBl. I 2013/3) beinhaltet eine ganze Reihe von gesetzlichen Änderungen, wobei jene im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) bewirken, dass ab 1. 1. 2014 alle Personen, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, von der gesetzlichen Neuregelung bei Invalidität/Berufsunfähigkeit betroffen sind. Dies bedeutet den Entfall der Zuerkennung einer befristeten Pensionsleistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit – Berufsunfähigkeit/Invalidität (BU/IV). Stattdessen gebührt bei Vorliegen einer vorübergehenden BU/IV mit einer voraussichtlichen Dauer von mehr als sechs Monaten ein Rehabilitationsgeld, wenn berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig (§ 300 Abs. 3 ASVG) oder nicht zumutbar sind (§ 303 Abs. 4 ASVG). Leistungserbringer sind in diesem Fall die Krankenversicherungsträger. Wird bei vorübergehender BU/IV festgestellt, dass berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind, haben diese Antragsteller auf Pensionsleistungen krankheitshalber Anspruch auf Umschulungsgeld, wenn sie zur aktiven Teilnahme an für sie in Betracht kommenden beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation bereit sind. Berufliche Maßnahmen der Rehabilitation kommen weiterhin nur für berufsgeschützte Personen in Betracht. Bei Anspruch auf Umschulungsgeld ist der Leistungserbringer das Arbeitsmarktservice (AMS). Ferner haben Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass vorübergehend BU/IV vorliegt, Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, wenn dies zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig sind.
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Die medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation sind vom Pensionsversicherungsträger unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands und der Zumutbarkeit für die versicherte Person zu erbringen.
ten und ihn bei seiner Arbeit gefährden, so besteht ein Anspruch auf medizinische
Rehabilitationsmaßnahmen
im
Sinne einer Stoffwechselrehabilitation. Durch entsprechende Schulung und Therapiemodifikation können die Hypogly-
Herausforderungen an die ärztlichen Sachverständigen Es ist insbesondere von ärztlichen Sachverständigen zu prüfen, ob eine krankheitsbedingte Leistungseinschränkung, die zum Eintritt des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit (BU/IV) führt, dauerhaft oder nur vorübergehend (mehr als sechs Monate) vorliegt. Die Prognose der Irreversibilität oder sogar Progredienz der gesundheitsbedingten Leistungseinschränkung erfordert umfassende fachliche medizinische Kenntnisse und eine profunde Beurteilung des zugrunde liegenden Krankheitsbilds. Bei Vorliegen einer vorübergehenden Leistungseinschränkung und infolge einer vorübergehenden BU/IV muss vom ärztlichen Sachverständigen geprüft werden, ob durch medizinische Maßnahmen der Rehabilitation die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erfolgen kann. Eine Besserung des Gesundheitszustands, die nicht geeignet ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu bewirken – für ungelernte Arbeiter die Arbeitsfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt, für berufsgeschützte Personen die Arbeitsfähigkeit in ihrem qualifizierten Beruf oder im Verweisberuf –, reicht nicht aus, einen Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zu begründen.
Beispiel
kämiezustände nachweislich (Diabetikertagebuch) behoben werden, sodass wiederum Arbeitsfähigkeit zumindest im Verweisberuf gegeben ist.
Vorsicht Falle! Wird die Stoffwechselrehabilitation nur zur Besserung der Stoffwechselparameter (z.B. Senkung des Hb1c-Werts) und damit Vermeidung des frühzeitigen Auftretens diabetischer Spätschäden durchgeführt, kann kein Anspruch auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen geltend gemacht werden. Der Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation bedeutet gleichzeitig, dass die betroffenen Personen einer Mitwirkungspflicht an diesen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen unterliegen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zumutbar sind, da dabei keine Eingriffe in die körperliche oder physische Integrität vorgenommen werden, anderenfalls haben die ärztlichen Sachverständigen Gründe und Ursachen festzustellen, aufgrund derer keine Zumutbarkeit für die Durchführung medizinischer Maßnahmen der Rehabilitation gegeben ist.
Ist beispielsweise ein Maurer in seinem erlernten Beruf und in seinem Verweisberuf als Baufachmarktberater nicht mehr einsetzbar, weil im Rahmen eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus wiederholt Hypoglykämiezustände auftre-
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld ist nach Ablauf eines Jahres nach Zuerkennung zu überprüfen.
im fokus
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld (§ 143 a ASVG) besteht ab Vorliegen der vorübergehenden BU/IV und ist vom Krankenversicherungsträger jeweils bei Bedarf, jedenfalls aber nach Ablauf eines Jahres nach der Zuerkennung des Rehabilitationsgelds zu überprüfen. Die ärztlichen Sachverständigen des PV-Trägers haben daher unter Einbindung der von den Krankenversicherungsträgern (Case-Management) zur Verfügung gestellten Daten hinsichtlich zwischenzeitlich erfolgter Maßnahmen (Krankenbehandlung, medizinische Maßnahmen der Rehabilitation) die Leistungsfeststellung im Vergleich zum Vorgutachten bzw. Gewährungsgutachten durchzuführen. Dabei ist zu beurteilen, ob die BU/ IV in weiterer Folge nicht mehr gebührt (Entzug des Rehabilitationsgelds), dauernd gegeben ist (Zuerkennung einer dauernden Pensionsleistung) oder weiter vorübergehend (mehr als sechs Monate) bestehen wird. Im letzteren Fall wird eine Stellungnahme zu beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation gefordert, ebenso wie vor der erstmaligen Zuerkennung von Rehabilitationsgeld. In allen Fällen einer voraussichtlich mehr als sechs Monate bestehenden vorübergehenden BU/IV haben die ärztlichen Sachverständigen Stellung zu beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation zu nehmen, insbesondere, ob diese zweckmäßig und zumutbar sind. Der Begriff der Zweckmäßigkeit ist im ASVG nicht näher definiert, es ist jedoch davon auszugehen, dass darunter insbesondere das Vorliegen eines Berufsschutzes zu verstehen ist, hingegen sind in § 303 Abs. 4 ASVG jene Kriterien definiert, die für die Beurteilung der Zumutbarkeit beruflicher Maßnahmen der Rehabilitation maßgeblich sind. Es ist dabei insbesondere die physische und psychische Eignung, das Alter, der Gesundheitszustand und das Qualifikationsniveau der in Frage kommenden Personen zu berücksichtigen.
Beispiel Ein 48-jähriger Mann, der aufgrund erheblicher Gelenksveränderungen an den unteren Extremitäten weder seinen erlernten Beruf als Maurer noch den Verweisberuf als Baufachmarktberater ausüben kann, da ihm Arbeiten im Stehen nur mehr fallweise möglich sind, erhält beispielsweise eine Umschulung zum bautechnischen Zeichner. Dabei bleibt das Qualifikationsniveau (erlernter Beruf) erhalten und bisher erworbenes Wissen wird genutzt. Auf den Gesundheitszustand wird insofern Rücksicht genommen, als auf eine vorwiegend im Sitzen auszuübende Tätigkeit umgeschult wird. Unter dem Gesichtspunkt, dass eine qualifizierte Umschulung die Möglichkeit schaffen soll, den neuen Beruf mindestens fünf Jahre lang bis zum Regelpensionsalter auszuüben, liegt im gegenständlichen Beispiel ein für die Durchführung beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen entsprechendes Alter vor.
Für eine verlässliche Stellungnahme des ärztlichen Sachverständigen zu beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation sind neben der umfassenden Kenntnis des Gesundheitszustands zusätzlich Angaben über die jeweilige Berufsanforderung (Anforderungsprofil) notwendig, die er vom beauftragenden Pensionsversicherungsträger zu erhalten oder allenfalls zu erfragen hat.
Zusammenfassung Die Begutachtung der Antragsteller auf BU/IV im Rahmen des SRÄG 2012 stellt die ärztlichen Sachverständigen zusammenfassend vor folgende Herausforderungen: n Differenzierung, ob aufgrund der infolge Krankheit festgestellten Leistungsminderung ein Dauerzustand (dauernde BU/IV) oder eine behandelbare und daher verbesserbare vorübergehende krankheitsbedingte Leistungsminderung besteht (vorübergehende BU/IV von > sechs Monaten). n Bei vorübergehender BU/IV ist hinsichtlich des Anspruchs auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation zu beurteilen, ob durch diese die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit erzielt werden kann (§ 253 f und § 270 b ASVG). n Beurteilung, ob bei vorübergehender BU/IV berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind. Insgesamt erfordern die gesetzlichen Regelungen laut SRÄG 2012, dass ärztliche Sachverständige bei der Erstellung ihrer Gutachten in Hinblick auf den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit vermehrt berufsbezogene bzw. tätigkeitsbezogene Aspekte und Gegebenheiten werden berücksichtigen müssen. DAG 2013/2
Zum Thema Über die Autoren Prof. Dr. Rudolf Müller ist ärztlicher Leiter der PVA. E-Mail: rudolf.mueller@pensionsversicherung.at Dr. Klaus Rudolf Pirich ist stv. ärztlicher Leiter der PVA. E-Mail: klaus-rudolf.pirich@pensionsversicherung.at
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im fokus
Walter Pöltner Sektionschef im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Grundlegende Änderungen im Pensionsrecht als neue Herausforderung für die Begutachtung Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation, Umschulungsgeld, Rehabilitationsgeld. Die jüngsten Gesetzesinitiativen haben das Invaliditätsrecht der Pensionsversicherung grundlegend geändert. Das Prinzip „Rehabilitation vor Pension“ soll nun endgültig die herrschende Arbeitslinie im Sozialrecht werden – keine befristeten Pensionen mehr. Ab 1. 1. 2014 sind Pensionsversicherung, Arbeitsmarktservice und die Gebietskrankenkassen gemeinsam aufgefordert, leistungsgeminderte Personen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Verfahren in Sozialrechtssachen wird damit neu geregelt, komplexer und Institutionen übergreifend; somit zu einer Herausforderung für die medizinische Begutachtung. Allgemeines Seit etwa 2010 findet ein dynamischer Veränderungsprozess in Bereichen der Invaliditäts-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitspensionen (IP-BUP und EUP) sowie der Rehabilitation statt. Dahinter steht eine neue Sicht des Sozialstaats, die eine Abkehr vom bisherigen reinen passiven Sozialleistungssystem zu einem vorsorgenden, aktiven Sozialstaat im Fokus hat. Rehabilitation vor Pension, Integration in den Arbeitsmarkt statt Pension, so und ähnlich lauten die neuen Ziele. Mit der stärkeren Verankerung der Rehabilitation n vor allem der beruflichen Rehabilitation, n aber auch mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf medizinische Rehabilitation, wenn auch nur für bestimmte Personen, kommt auch dem Verfahren vor den Sozialversicherungsträgern und Gerichten eine neue Bedeutung zu. Grundsätzlich keine befristeten Pensionen mehr für Arbeitnehmer Ab 2014 gilt für Personen, die bis 31. 12. 2014 das 50. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, das neue Recht, in dem es keine befristeten IP und BUP mehr gibt. Die neuen Leistungen, die an diese Stelle treten, sind das Umschulungsgeld vom Arbeitsmarktservice (AMS) und das Rehabilitationsgeld der Gebietskrankenkassen (GKK). Die bisherigen Leistungen der Pensionsversicherungsanstalt/Versicherungsanstalt der Eisenbahnen und Bergbau (PVA/ VAEB), auch der seit 1. 1. 2011 geltende Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation splitten sich auf in:
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PVA/VAEB: dauernde IP und BUP; medizinische Rehabilitation für Versicherte und IP-/BUP-Pensionisten, teilweise auch mit Rechtsanspruch (neu!) und beruflicher Rehabilitation als freiwilliger Leistung; n GKK: Feststellung der Höhe und Auszahlung von Rehabilitationsgeld, „Case Management“; n AMS: Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation nach Vorgaben der PVA/ VAEB, Leistung von Umschulungsgeld, Wiedereingliederungsmaßnahmen. Die neuen Rechtsansprüche auf Leistungen der gesetzlichen Pensionsversicherung, insbesondere auf medizinische Rehabilitation, die beim Sozialgericht auch eingeklagt werden können, führen zu einer besonders schwierigen Aufgabe für die medizinische Begutachtung. Dies vor allem auch im Hinblick auf die Abgrenzung zur Krankenbehandlung als Leistung der Krankenversicherung. n
Neue Rechtsansprüche, z.B. auf medizinische Rehabilitation, führen zu schwierigen Aufgaben für die medizinische Begutachtung. Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation Bei den sogenannten gemäß § 255 Abs. 1 und 2 und § 271 Abs. 1 ASVG „berufsgeschützten“ Tätigkeiten (z.B. gelernter, angelernter Schlosser, Tischler oder Sachbearbeiter, Buchhalter) besteht nach einem von der PVA/VAEB festgelegten Berufsfeld ein Rechtsanspruch auf berufliche Rehabili-
tation und damit verbunden auf Umschulungsgeld durch das AMS. Das Verfahren Kommt die PVA/VAEB zur Ansicht, dass dauernde IP/BUP nicht zusteht, aber berufliche Rehabilitation möglich ist, so hat sie gemäß § 367 Abs. 4 ASVG im ablehnenden Bescheid festzustellen, n ob Invalidität (Berufsunfähigkeit) im Sinne des § 255 Abs. 1 und 2 (§ 273 Abs. 1) oder im Sinne des § 255 Abs. 3 (§ 273 Abs. 2) vorliegt und wann sie eingetreten ist; n ob die Invalidität (Berufsunfähigkeit) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird; n ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig (§ 303 Abs. 3) und zumutbar (§ 303 Abs. 4) sind und n für welches Berufsfeld die versicherte Person durch diese Maßnahmen qualifiziert werden kann. Dieser Bescheid schafft einen Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation hinsichtlich des angegebenen Berufsfelds, begrenzt aber auch die Möglichkeiten des AMS darauf. Da der Parteiwille, zumindest noch in den nächsten Zeiten, in der Regel auf die Pension gerichtet sein wird, sind dieser Rechtsanspruch und damit die Verweisung auf das AMS nicht friktionslos. Schon diese Bestimmung erfordert daher ein viel dichteres Verwaltungs- und Begutachtungsverfahren als bisher. Regelungen zur Begutachtung Mit dem SRÄG 2012 wurde eine eigene Bestimmung „Kompetenzzentrum Begutachtung“ geschaffen, die das schon bisher
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bestehende Begutachtungsverfahren gesetzlich genauer regelt. Diese Bestimmung (§ 307 f ASVG) regelt für die PVA und VAEB die n medizinischen, n berufskundlichen und n arbeitsmarktbezogenen Gutachten. Für die Selbständigen (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Sozialversicherungsanstalt der Bauern) soll ein eigenes Kompetenzcenter „Begutachtung“ (durch Gründung einer GmbH) geschaffen werden. Der öffentliche Dienst (Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter) hat weiterhin seine eigenen Regelungen zur Begutachtung; es gibt also künftig drei (!) Kompetenzzentren „Begutachtung“. Bei medizinischen Gutachten wird auf die Standards der Fachgesellschaften verwiesen und gleichzeitig allen Pensionsversicherungsträgern (PVT) der Auftrag erteilt, für die Ausbildung von „Personen, die zur Erstellung von Gutachten für die PVT herangezogen werden“, im Rahmen eines gemeinnützigen Vereins eine Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung aufzubauen und zu betreiben. Die PVT haben sich bereits zu so einem gemeinnützigen Verein zusammengefunden, der auch schon seine Arbeit aufgenommen hat. Erst im Frühjahr im NR beschlossen (2. SVÄG 2013), und zwar neu in § 307 h ASVG, der lautet: „Hat eine versicherte Person auf Grund des (bevorstehenden) Wegfalls des Krankengeldanspruches wegen Ablaufs der Höchstdauer eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit beantragt, so hat der Pensionsversicherungsträger dafür zu sorgen, dass Gutachten in Angelegenheiten der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit innerhalb von sechs Wochen erstellt werden können.“ Diese enge terminliche Bindung der PVT wird sicherlich auch auf die Terminsituation der Gutachter Auswirkungen entfalten. Neben den medizinischen Gutachten wird auch das Verfahren zu den berufskundlichen Gutachten konkret festgelegt. So ist die Verpflichtung zur persönlichen Mitwirkung der Versicherten und ein Anhörungsrecht zu den berufskundlichen Feststellungen vorgesehen (§ 366 Abs. 4 ASVG). Auch ein arbeitsmarktbezogenes Gutachten durch Vertreter des AMS ist im Verfahren von der PVA einzuholen.
Rehabilitationsgeld – das Case Management der GKK Für ungelernte Personen, die nur vorübergehend invalid sind, besteht ein Rechtsanspruch auf Rehabilitationsgeld, das mit Bescheid der PVA/VAEB zuerkannt und entzogen, aber von der zuständigen GKK ausgezahlt wird, die auch die Höhe des Rehabilitationsgelds (in etwa die Höhe des Krankengelds) festsetzt. Damit der Verwaltungsweg für die Versicherten einfacher wird, ist mit jedem Antrag auf eine IP/BUP auch ein Antrag auf Rehabilitation und somit auch auf Rehabilitationsgeld verbunden, was schon bei der Erstbegutachtung sicherlich besonders zu beachten ist. Die GKK haben für Rehabilitationsgeldbezieher ein Case Management, das sich besonders um diesen Personenkreis annehmen soll, einzurichten. Hauptaufgabe wird das Schnittstellenmanagement zu PVA/VAEB und AMS, insbesondere für den Bereich Rehabilitation, sein. Dabei ist auch ein individueller Versorgungsplan zu erstellen. Das bedeutet sicherlich auch für die medizinische Begutachtung im Bereich der GKK eine neue Herausforderung. Das Case Management hat aber auch darauf Bedacht zu nehmen, dass sich die Versicherten regelmäßigen Begutachtungen im Kompetenzzentrum der PVA/VAEB unterziehen. Schlussfolgerungen Die neuen Regelungen splitten das Verfahren zu IP/BUP und Rehabilitation auf zumindest drei Institutionen auf. Das bedeutet eine enorme Herausforderung für die Verwaltung. Dazu kommt noch, dass auch der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Richtlinien zur Begutachtung und zur Rehabilitation unter Beachtung eines Rehabi-
litationsplans zu erstellen hat. Eine weitere Schnittstelle ist die zu den Bundessozialämtern. In besonderen Vorschriften wird die Zusammenarbeit zwischen AMS, PVA/VAEB und den GKK neu im ASVG geregelt, in deren Mittelpunkt auch die Übermittlung persönlicher Daten (unter anderem auch medizinische und berufskundliche Gutachten) steht. Dies ist datenschutzrechtlich nicht ganz unbestritten. Besonders interessant ist die Abgrenzung zwischen Rechtsanspruch auf Krankenbehandlung, wofür die GKK zuständig sind, und Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation, wofür die PVA/VAEB verantwortlich sind. Das schon jetzt bestehende Abgrenzungsproblem (wann endet Krankenbehandlung, wann beginnt medizinische Rehabilitation) gewinnt mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf medizinische Rehabilitation eine völlig neue Bedeutung, die mit Sicherheit auch die medizinische Begutachtung fordert (z.B. wann ist Psychotherapie Krankenbehandlung und wann medizinische Rehabilitation).
Wann endet Krankenbehandlung, wann beginnt medizinische Rehabilitation: neue Herausforderungen auch für die medizinische Begutachtung. Abschließend sei nur ergänzend darauf hingewiesen, dass sich die neuen Regelungen vorwiegend an die im ASVG versicherten unselbständig Erwerbstätigen richten. Für Selbständige und Bauern gelten die neuen Regelungen nur teilweise. Die Möglichkeit einer befristeten EUP steht dieser Personengruppe weiter offen. DAG 2013/3
Zum Thema Über den Autor Dr. Walter Pöltner ist Sektionschef im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und seit Jahren Leiter der Sektion Pensionsversicherung. Der Hon.-Prof der Universität Salzburg gilt als der Experte zum Thema Pensionsregelungen. E-Mail: walter.poeltner@bmask.gv.at
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Christina Wehringer Leiterin der ärztlichen Fachabteilung der Sektion IV im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Österreichische Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung Zertifizierung, Rezertifizierung. Ein Fortbildungsangebot für Ärzte und Pflegefachkräfte, um Gutachten im Auftrag der Sozialversicherungsträger ab 1. 1. 2014 erstellen zu können. Hintergrund und Rechtsgrundlage Im Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 wurde festgelegt, dass alle Pensionsversicherungsträger im Rahmen eines gemeinnützigen Vereins eine Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung aufzubauen und zu betreiben haben. Absolventen der Kurse stehen, zusammengefasst in einem „Gutachter-Pool“, allen Sozialversicherungsträgern als Gutachter zur Verfügung. Die Kurse werden sowohl Ärzten als auch diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegefachkräften angeboten. Letztere sind derzeit in das Begutachtungsverfahren zum Pflegegeld bei Erhöhungsanträgen ab der Stufe 4 eingebunden. Explizit im Gesetz angeführt ist auch, dass bei medizinischen Gutachten auf die Standards der Fachgesellschaften verwiesen wird. Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung war und ist, Gutachtern eine umfassende Information über das Verfahren und die Eckpunkte der jeweiligen rechtlichen Grundlage anzubieten. Ziele – so die Interpretation der Autorin – sind eine bundesweit einheitliche gutachterliche Erörterung ärztlichen und pflegerischen Fachwissens und die Schaffung eines Pools an besonders informierten Gutachtern, die allen Entscheidungsträgern zur Verfügung stehen. Eine Maßnahme, die dem in den Medien in regelmäßigen Abständen kolportierten Missstand in der Begutachtung entgegenwirken soll. In diesem Sinne schützt eine derartige Einrichtung in gewisser Weise den einzelnen Gutachter auch vor polemischen Anfeindungen und könnte dazu beitragen, dass die tägliche und verantwortungsvolle Arbeit der Sachverständigen die öffentliche Meinung erreicht. Mit der Projektabwicklung – Planung, Errichtung und Organisation eines Vereins zum Betreiben einer Österreichischen Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung (ÖBAK) – wurde Dr. Harald Baumgartner beauftragt. Noch sind nicht alle rechtlichen, formalen und organisatorischen Probleme gelöst. Die Eckpunkte sind, so die Ausführungen von
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Dr. Harald Baumgartner anlässlich einer Vorstellung des Projekts in der Sektion IV des BMASK am 26. 6. 2013, bereits festgelegt. Verein und Akademie – Organisation n Rechtsträger zum Betreiben der Österreichischen Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung ist der Verein. Laut gesetzlichen Vorgaben ist er ein gemeinnütziger Verein. Mitglieder sind Sozialversicherungsträger – PVA, VAEB, AUVA, BVA, SVB, SVA –, die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) und der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV). n Die Mitgliederversammlung der ordentlichen Mitglieder wählt den Vorstand. n Inhaltlich unterstützt den Vorstand ein wissenschaftlicher Beirat, in den jedenfalls Ärzte der einzelnen Sozialversicherungsträger und Vertreter der ÖÄK und des ÖGKV entsendet werden. n Eine Kooperation mit der Ausbildungsakademie der Österreichischen Ärztekammer ist derzeit noch in Diskussion. n Der Verein finanziert sich aus einer Anschubfinanzierung der Träger, Mitgliedsbeiträgen und den Teilnahmegebühren an den Kursen. n Die Kurskosten für die Zertifizierung sind mit E 400,– und jene für die Rezertifizierung mit E 300,– budgetiert. Die Prüfungsgebühr wird E 50,– betragen. n Mit 1. 1. 2014 wird, so die gesetzliche Vorgabe, der Verein seine Tätigkeit, das Betreiben der Akademie, aufnehmen. In der Anfangsphase beschränkt sich das Kursangebot der Akademie auf die Begutachtungen nach dem Pflegegeld und die Zertifizierung der Sachverständigen für diesen Rechtsbereich.
Österreichische Akademie für ärztliche und pflegerische Begutachtung n Die Akademie bietet – fachlich getrennt für Ärzte und diplomierte Gesundheitsund Krankenpflegefachkräfte – zweitägige Kurse für die Zertifizierung und eintägige Kurse für die Rezertifizierung an. Die Gruppengröße pro Kurs soll 25 Personen nicht überschreiten und so eine rege aktive Teilhabe ermöglichen. Bisher tätigen Sachverständigen wird für die künftig notwendige Zertifizierung eine angemessene Übergangsfrist gewährt. Angedacht sind drei Jahre. Rezertifizierungen sind alle drei Jahre vorgesehen. n Für beide Professionen gemeinsam werden Vorträge zu rechtlichen Grundlagen, rechtsrelevanten Begriffen und höchstgerichtlichen Entscheidungen zum Bundespflegegeldgesetz abgehalten. n Gesondert – für Ärzte bzw. Pflegefachkräfte – finden die medizinischen und pflegerischen Vorträge zur Begutachtung nach dem PBGG statt. Inhaltlich werden folgende Themen behandelt: – Administrativer Ablauf von der Beauftragung über die Begutachtung bis hin zur Übermittelung und Honorierung – Allgemeine Kriterien eines Gutachtens – Medizinische bzw. pflegerische Begriffe in der Pflegegeldbegutachtung – Pflegegeldrelevante gutachterliche Aspekte zu Hausbesuch, Anamnese, Fremdanamnese, zum sozialen Umfeld und den Besonderheiten der klinischen Untersuchung bzw. pflegerischen Erhebung – Erläuterung der einzelnen Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen, abgestimmt auf die Funktionseinschränkungen der Untersuchten – Qualitative Kriterien für die Stufen 5, 6 und 7
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– Diagnosebezogene Mindesteinstufung – Spezifische Begutachtungsaspekte bei der Untersuchung und Beurteilung des Pflegebedarfs von Kindern und Jugendlichen – Praxisbeispiele Prüfung als Grundlage für die Zertifizierung: Die erfolgreich abgelegte Prüfung entspricht der Zertifizierung. Zertifizierte Sachverständige werden in den „Gutachterpool“ aufgenommen. Sie können sich bei allen Entscheidungsträgern bewerben, um Pflegegeldgutachten zu erstellen.
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Neben Abhaltung der Kurse, Prüfung und Zertifizierung werden laufende Informationsveranstaltungen und das Betreiben einer Website mit aktuellen In-
formationen, einer Serviceseite und auch ein Newsletter diskutiert. DAG 2013/4
Zum Thema Über die Autorin Dr. Christina Wehringer ist Leiterin der medizinischen Abteilung der Sektion IV im BMASK und Chefredakteurin der „Österreichischen Zeitschrift für das ärztliche Gutachten“. E-Mail: christina.wehringer@recht.at
Literatur Wehringer, Das Gutachten zum Pflegegeld, 2012.
Johannes Zahrl Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer, Wien
Die „Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten“ – eine „Gesetzliche Gebührenordnung“ im Sinne des § 34 Abs. 4 GebAG? Gebühr für Mühewaltung nach dem GebAG, Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer. §§ 34 ff. GebAG regeln die Gebühr für Mühewaltung des Sachverständigen. Die praktizierten Tarife sind völlig antiquiert und benachteiligen Ärzte gegenüber anderen Berufsgruppen. Nach dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008 ist die Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten als gesetzliche Gebührenordnung zu qualifizieren. § 34 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) regelt die „Gebühr für Mühewaltung“. Darunter versteht man die Entlohnung für die eigentliche Sachverständigentätigkeit, also für die Erstellung von Befunden und Gutachten. Im Detail sind mit dieser Gebühr die Vorbereitungstätigkeiten, die Befundaufnahme, die Konzipierung eines Gutachtens, die Ausarbeitung des Befundberichts und des Gutachtens im engeren Sinne sowie allfällige Korrekturen des schriftlichen Gutachtens zu verrechnen. Mit anderen Worten: Sie deckt alle mit dem eigentlichen Gutachten in Zusammenhang stehenden Aufwendungen ab, soweit dafür nicht nach den Bestimmungen des GebAG ein gesonderter Ersatz vorgesehen ist.
Die Grundregel für die Bemessung dieser zentralen Gebühr ist in § 34 Abs. 1 GebAG wie folgt normiert: Sie ist nach richterlichem Ermessen nach der aufgewendeten Zeit und Mühe und nach den Einkünften zu bestimmen, welche der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge, mindestens aber mit E 20,– für jede, wenn auch nur begonnene, Stunde. Zwei weitere Voraussetzungen müssen erfüllt sein: n Auf Zahlung aus Amtsgeldern muss verzichtet werden und n die zahlungspflichtige Partei darf nicht Verfahrenshilfe genießen. Unter diesen Prämissen ist im Wesentlichen der gesamte zivile Streitbereich erfasst,
also Zivilprozesse (inkl. Arbeitsrechtssachen), Außerstreitverfahren über das Erbrecht sowie Exekutionsverfahren. Kommt § 34 Abs. 1 GebAG nicht zur Anwendung, so gilt für die Bemessung der Gebühr für Mühewaltung § 34 Abs. 2 GebAG: In Verfahren, in denen eine der zur Zahlung verpflichteten Parteien Verfahrenshilfe genießt oder der Sachverständige nicht auf Zahlung der gesamten Gebühr aus Amtsgeldern verzichtet, sowie in Strafsachen, in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach § 50 Abs. 2 Arbeitsund Sozialgerichtsgesetz (ASGG), in Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG, in Insolvenzverfahren, in Verfahren außer Streitsachen (mit Ausnahme des Verfahrens über DAG 1 | 2013
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das Erbrecht) und insoweit, als in anderen Vorschriften auf das GebAG verwiesen wird, ist die Gebühr für Mühewaltung in erster Linie nach den Tarifen, welche im GebAG selbst vorgesehen sind, zu bestimmen.
Gleichheitswidrige Benachteiligung von Ärzten in § 34 Abs. 2? Solche Tarife sind im GebAG (§§ 43 ff.) allerdings lediglich für Ärzte, Tierärzte und einige weitere, sehr kleine Berufsgruppen vorgesehen. § 34 Abs. 2 GebAG stellt m.E. eine gleichheitswidrige Benachteiligung dieser Berufsgruppen dar, denn die in § 43 GebAG etwa für Ärzte genannten Tarife sind ihrer Höhe nach völlig antiquiert und haben mit der Realität, also dem, was für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben angemessen erscheint, nichts mehr gemeinsam. Gutachten in höchst sensiblen Bereichen, wie etwa ärztliche Prognosegutachten (§§ 21 ff. StGB), medizinische Gutachten in anderen Bereichen des Strafrechts oder psychiatrische Gutachten in wesentlichen Teilen des Außerstreitverfahrens – um nur einige Beispiele zu nennen – werden derzeit in einer Weise abgegolten, die mit zentralen Grundsätzen der Begutachtung unvereinbar ist. Lediglich wenn das Gutachten als wissenschaftliche Leistung zu werten ist, hat die Honorierung auch hier in der Höhe der außergerichtlichen Einkünfte zu erfolgen. Der Nachweis – oder besser: die Glaubhaftmachung – des außergerichtlichen Einkommens für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit erfolgt in concreto (etwa durch die Vorlage von Honorarnoten für ein vergleichbares Privatgutachten), anhand der Rahmensätze des § 34 Abs. 3 GebAG oder – falls eine solche existiert – mit Hilfe einer gesetzlichen Gebührenordnung. Bildet ein Gesetz die Grundlage für eine Gebührenordnung, so ist diese anzuwenden. Zu fragen ist daher, ob in solchen Fällen die „Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkei-
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ten“ heranzuziehen ist, weil es sich bei ihr um eine „gesetzlich vorgesehene Gebührenordnung“ iSd § 34 Abs. 4 GebAG handelt. § 34 Abs. 4 GebAG lautet wörtlich: „Beziehen Sachverständige für gleiche oder ähnliche außergerichtliche Tätigkeiten Honorar nach einer gesetzlich vorgesehenen Gebührenordnung, so sind die darin enthaltenen Sätze als das anzusehen, was die Sachverständigen im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise beziehen, soweit nicht anderes nachgewiesen wird.“ Diese Bestimmung wurde durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008 (BRÄG 2008)1 eingeführt. In den Erläuternden Bemerkungen zur diesbezüglichen Regierungsvorlage2 heißt es in Z 10 dazu: „Weiterhin angeknüpft werden kann und muss nur mehr an gesetzlich vorgesehene Gebührenordnungen (Gesetze im materiellen Sinn), weil davon ausgegangen werden kann und muss, dass der Gesetzgeber (auch in Ansehung der Aufrechterhaltung einer Verordnungsermächtigung für eine Körperschaft öffentlichen Rechts) den Erfordernissen der österreichischen Verfassung ebenso wie jenen des Gemeinschaftsrechts im Rahmen seiner Gesetzgebung ausreichend Rechnung trägt (widrigenfalls die Verordnungsermächtigung bzw. das Gesetz vom Gesetzgeber aufzuheben wären und den Betroffenen die nach dem EGV und dem B-VG vorgesehenen Rechtschutzmöglichkeiten zur Verfügung stünden).“ Das ausdrückliche Anknüpfen des Gesetzgebers an Gesetze im materiellen Sinn, worunter bekanntlich insbesondere Verordnungen zu gverstehen sind, bedeutet, dass eine Gebührenordnung auch dann als „gesetzliche“ zu verstehen ist, wenn es im zu-
ständigen Gesetz eine Verordnungsermächtigung für die jeweilige Körperschaft gibt. Im ÄrzteG findet sich eine solche Verordnungsermächtigung in § 117 b Abs. 2 Z 10, wonach in die Kompetenz der Österreichischen Ärztekammer u.a. die Erlassung von Verordnungen mit Empfehlungen über die angemessene Honorierung privatärztlicher Leistungen fällt. Die Österreichische Ärztekammer hat die Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten dementsprechend aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung erlassen.
„Honorarordnung der ÖÄK für gutachterliche Tätigkeiten“ als gesetzlich vorgesehene Gebührenordnung zu qualifizieren. Im Ergebnis besteht daher m.E. kein Zweifel, dass die „Honorarordnung der Österreichischen Ärztekammer für gutachterliche Tätigkeiten“ als „gesetzlich vorgesehene Gebührenordnung“ im Sinn des § 34 Abs. 4 GebAG zu qualifizieren ist. Sie ist daher in jenen Fällen, in denen das GebAG auf Einkünfte abstellt, welche der Sachverständige für eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit im außergerichtlichen Erwerbsleben üblicherweise bezöge, zur Bestimmung von deren Höhe heranzuziehen.3 DAG 2013/5 BGBl. I 2007/111. 2 ErläutRV 303 BlgNR 23. GP 49. 3 Ebenso nunmehr auch OLG Wien 26. 3. 2013, 21 Bs 371/12 f.
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Zum Thema Über den Autor Dr. Johannes Zahrl ist Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer. E-Mail: j.zahrl@aerztekammer.at
Literaturtipp Diemath, Grabner, Kopetzki, Zahrl (Hrsg.), Das ärztliche Gutachten (5. Aufl.), 2008.
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Christina Wehringer Leiterin der ärztlichen Fachabteilung der Sektion IV im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Zusammenspiel Rechtsgrundlage – Gutachten Ehemalige Heimkinder, Aufarbeitung struktureller Gewalt, Anerkennung als Opfer illegitimer Gewalt. Dieser Beitrag demonstriert am Beispiel der Wiener „Heimfälle“, wie entscheidend wichtig für den Gutachter das Wissen um den rechtlichen Hintergrund, die Sorgfalt beim Lesen des Auftrags und eine grundsätzlich neutrale Haltung zum Untersuchten sind. Diese Faktoren bestimmen Qualität, Aussagekraft und Verwertbarkeit der gutachterlichen Äußerung, des Gutachtens schlechthin. Im Detail der praktischen Umsetzung offenbaren sich die Herausforderungen. Beispiel Heimfälle Gewähltes Beispiel ist die Aufarbeitung der so genannten „Heimfälle“ der Gemeinde Wien und die (nachfolgende) Begutachtung der Betroffenen im Rahmen des Verbrechensopfergesetzes (VOG). Es handelt sich dabei um einen – absolut betrachtet – kleinen Personenkreis mit hoher individueller Betroffenheit, um ein – gesellschaftspolitisch gesehen – hochbrisantes Thema mit nachhaltigen Folgen für den (künftigen) Standard sozialer Einrichtungen und nicht zuletzt um eine gutachterliche Herausforderung. Das Beispiel zeigt auf, wie sehr unterschiedliche rechtliche Hintergründe die Fragen an Gutachter prägen (sollen), wie die gutachterlichen Äußerungen an Grenzen stoßen können und letztendlich zu unterschiedlichen rechtlichen Leistungen führen.
Heimfälle – in aller Kürze Ziel der Aufarbeitung ist die Konstruktion eines Bilds über die Zustände, die Verantwortlichen und die strukturellen
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erlebte Gewalt an ehemaligen Heimkindern zu dokumentieren und zu veröffentlichen; die Untersuchung des Vorwurfs organisierter Vergewaltigungen und anderer schwerer physischer und psychischer Gewalt im Kinderheim Wilhelminenberg und der individuellen und institutionellen Verantwortung; ehemalige Heimkinder als Opfer illegitimer Gewalt anzuerkennen und finanziell zu entschädigen.
Methoden In unterschiedlicher Intensität und Gewichtung nutzten die einzelnen Kommissionen bzw. Wissenschafter vorhandene Unterlagen der Jugendwohlfahrt, die sogenannten Kinderakte, Unterlagen der Heimträger und, ganz wesentlich, Gespräche, Interviews und fachärztliche Begutachtungen der ehemaligen Heimkinder. Bei letzteren zeigt sich übereinstimmend, dass die Erinnerungen an die Jahrzehnte zurückliegenden Ereignisse verzerrt, unvollständig und ungenau sind.
Ursachen individueller Gewalterfahrungen. Ziel der Opferentschädigung – durch den Weißen Ring – ist ein gesellschaftspolitischer Auftrag der Stadt Wien, Entschädigungszahlungen und Therapiekosten gemessen an dem erlittenen Leid zu leisten. Ziel im VOG ist die Feststellung einer kausalen Gesundheitsschädigung des Einzelnen als Folge der erlittenen Gewalterfahrung.
Aufarbeitung der Heimfälle Der politische Auftrag Eine massive öffentliche Empörung über die Missstände in Kinder- und Jugendheimen veranlasste die Gemeinde Wien, umfassende Aufklärung zu beitreiben. Das Ziel war, n strukturelle Hintergründe und übergriffige Methoden in Kinder- und Jugendheimen zu klären;
Gründe für die lückenhaften Erinnerungen1 n Verdrängen und Dissoziation der oftmals massiven physischen (Misshandlungen), psychischen (Herabwürdigung, Zynismus), sozialen (Isolation, Ausbildungsverweigerung), materiellen (Enteignung, Arbeitseinsatz) und sexuellen Gewalterlebnisse. n Bedeutsam ist auch, dass viele der ehemaligen Heimkinder bereits vor der Heimunterbringung psychosozialen Belastungen – wie schwierigen Familienverhältnissen, pathogen wirkenden Sozialisationsbedingungen, gesellschaftlichen Außenseiterpositionen, finanziell angespannten Lebensverhältnissen – ausgesetzt waren. n Die Fremdunterbringung mit dem Verlust der emotionalen Bezugspersonen
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und das Wiederfinden in einem institutionellen Betreuungssetting stellten jedenfalls eine erhebliche psychische Belastung, ein Trauma dar. Exogene Faktoren, wie (endlich) öffentliches Interesse, Medienberichte, Austausch über Foren etc., begünstigen das Erinnern an bislang Verdrängtes und ermutigen zur Äußerung. Typischerweise verschwimmen bei diesen traumatypischen Erinnerungen exakte Details zu Tätern, Orten, Taten, Zeiten. Die Erinnerungen können verdichtet assoziiert, scheinbar zufällig zugeordnet oder verwechselt werden. Letztlich muss auch das Phänomen der suggerierten Erinnerung und wiederentdeckten Pseudoerinnerung angemerkt werden.
Ergebnisse Trotz dieser Unschärfen in der Darstellung der individuell erfahrenen Gewalt und des Prinzips der Freiwilligkeit aller Befragten konnte in den angeführten wissenschaftlichen Arbeiten aus der Summe der Einzelfallbeschreibungen und den schriftlichen Unterlagen ein in sich schlüssiges Bild über die Zustände in den ehemaligen Einrichtungen zur Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen in Wien (1948 bis 1977) gezeichnet werden. Es entstand ein deutlich erkennbares Bild der strukturellen Missstände durch Versagen der Verwaltung und Politik mit Gewaltanwendung in allen denkbaren Ausformungen an Heimkindern in diesem Zeitraum. Die Frage hinsichtlich strafrechtlich relevanter Handlungen einzelner Personen konnte die Kommission Wilhelminenberg – unter den vorgegebenen Bedingungen, die nicht mit jenen in einem gerichtlichen Verfahren vergleichbar sind – nur bedingt klären. Die wesentlichen Vorwürfe wurden zu1
Details siehe angeführte Berichte unter Literaturangaben.
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sammengefasst, chronologisch gereiht und bestimmten Personen zugeordnet. Sie stehen im Bericht als Grundlage für weitere Ermittlung durch die zuständigen Behörden zur Verfügung. Die umfassenden Arbeiten zeigen auch auf, dass eine Bewertung der Handlungen einzelner Personen und Auswirkungen des Erlebten auf das weitere Leben der ehemaligen Heimkinder vielschichtig sind. Neben den Gewalterfahrungen in den Heimen haben beispielsweise psychosoziale Rahmenbedingungen und individuelle Resilienz entscheidenden Einfluss darauf, ob Lebensziele – auf sozialer und Beziehungsebene – verwehrt, erschwert oder erreicht werden. Projekt „Hilfe für Opfer der Gewalt“ in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt Im Auftrag der Stadt Wien richtete die Opferschutzeinrichtung Weißer Ring im März 2010 eine Anlaufstelle für betroffene Opfer ein. Diese Einrichtung übernimmt die Betreuung der Betroffenen sowie eine unbürokratische Abwicklung der außergerichtlichen Entschädigungsleistungen. Insgesamt stellte die Stadt Wien für die Entschädigung der Opfer und die Aufarbeitung der Vorfälle knapp 31,5 Mio Euro zur Verfügung (Stand 31. 3. 2013). Ein Gremium unter dem Vorsitz des Präsidenten Hon.-Prof. Dr. Udo Jesionek entscheidet seit Oktober 2010 unbürokratisch und rasch über ein Basisangebot von zehn Stunden Psychotherapie, einer Stunde anwaltlicher Beratung und finanzielle Zuwendungen. n Die Höhe der Zuwendung steht in Korrelation zum erlittenen Unrecht und orientiert sich an der gängigen Rechtsprechung für Schmerzengeldzahlungen. n Entscheidungsgrundlagen des Gremiums sind Berichte, Befunde und Expertisen. n Die einmaligen finanziellen Entschädigungsleistungen liegen zwischen E 5.000,– und E 30.000,–. n Mit Stand 31. 5. 2013 haben sich 1.713 Betroffene bei der Opferschutzeinrichtung gemeldet. Bisher wurden im Wiener Gremium 1.191 Entschädigungen bewilligt.
Auszug Gesetzestext § 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie 1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder 2. durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder 3. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. In aller Kürze, rechtliche Details vernachlässigend, erhalten Menschen, die Opfer eines Verbrechens wurden und Gesundheitsschädigung(en) davongetragen haben, Therapiekosten und im Falle einer geminderten Erwerbsfähigkeit einen damit verbundenen Verdienstentgang ersetzt.
Beispiel Auf dem Heimweg wird jemandem von einem Täter aufgelauert. Ihm wird in das linke Bein geschossen und er wird beraubt. Das Opfer wird mit schweren Verletzungen im Krankenhaus behandelt und muss sich fünf Monate lang einer intensiven medizinischen Behandlung unterziehen. In weiterer Folge bleibt das linke Bein 5 cm verkürzt und die Funktion im Kniegelenk ist hochgradig eingeschränkt. Der erlernte und ausgeübte Be-
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leistung bescheidmäßig zuerkannt.
Aus gutachterlicher Sicht ein klarer Fall. n Rechtlich liegt ein eindeutiges Verbrechen vor. n Das Verbrechen ist im Auftrag an den Gutachter zweifelsfrei dargestellt. n Die gutachterliche Beurteilung der Gesundheitsschädigung kann im Zuge der aktuellen klinischen Untersuchung und der aktuellen Befunde aus dem Krankenhaus und der Rehabilitationseinrichtungen schlüssig und kausal zugeordnet werden. Heimfälle im VOG-Verfahren Im Zuge der Aufarbeitung der sogenannten Heimfälle haben zahlreiche Opfer mit Gewalterfahrungen in Heimen – bestärkt durch die öffentliche Diskussion und gewonnene Selbstsicherheit – Anträge nach dem VOG gestellt.
Die Folgenbeurteilung eines eingeschränkt beruflichen Werdegangs stößt immer wieder an die Grenzen des gutachterlich Vertretbaren. Derartige Verfahren sind sowohl für die durchführenden Juristen als auch die befassten Gutachter eine ganz besondere Herausforderung. Die gesetzlichen Bestimmungen im VOG fordern – reduziert auf das Wesentliche – eine kausale Gesundheitsschädigung und einen dadurch ausgelösten Verdienstentgang. Das VOG ist m.E. ein nur bedingt anwendbares gesetzliches Regelwerk für Verbrechen an ehemaligen Heimkindern. Die Verbrechen wurden Jahrzehnte zurückliegend in der Kindheit und frühen Jugend begangen. Die Folgenbeurteilung eines eingeschränkt beruflichen Werdegangs stößt immer wieder an die Grenzen des gutachterlich Machbaren, Vertretbaren.
ruf als Dachdecker kann nicht weiter ausgeübt werden. Im nun – umgeschulten – Beruf als Berater in einem Baustoffgroßmarkt vermindert sich das Einkommen um rund ein Drittel. Im Verfahren nach
Verbrechensopfergesetz (VOG) Neben den beschriebenen Aktivitäten zur Aufarbeitung der Heimfälle in Wien gibt es für Opfer eines Verbrechens Leistungen
chen Gutachten, eine Entschädigungs-
mit Rechtsanspruch nach dem Verbrechensopfergesetz.
dem VOG – abgewickelt in der 1. Instanz beim Bundessozialamt und ab 2014 in 2. Instanz beim Bundesverwaltungsgericht – wird, basierend auf einem ärztli-
Gutachterliche Aspekte Es gilt zunächst für den Juristen, zu klären, ob und welches Verbrechen begangen wurde. Der Gesetzgeber hat in der genauen Formulierung darauf bedacht genommen, dass nicht alle Verbrechen eindeutig nachgewiesen werden können, und lässt dem Juristen einen
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gewissen Spielraum. Ein Nachweis über stattgefundene Verbrechen ist, selbst mit der zulässigen Nachsicht, schon alleine wegen des lange zurückliegenden Ereignisses schwierig. Fehlende oder mangelhafte objektivierende Unterlagen und verzerrte, unvollständige und ungenaue Erinnerungen aller Beteiligten sind beträchtliche Hürden bei der juristischen Festlegung des Verbrechens. In der Regel kann nur das Verknüpfen einer Vielzahl von Aussagen, Indizien und Fakten das Verbrechen festmachen. Im Auftrag an den Gutachter sollte die Art des Verbrechens im Detail beschrieben sein: was – wann – wie oft – in welchem Zeitraum? Der Gutachter hat zu prüfen, ob das Verbrechen zu einer ursächlich mit dem Verbrechen in Zusammenhang stehenden Gesundheitsschädigung geführt hat. Für diese Beurteilung hat der Gesetzgeber dem ärztlichen Sachverständigen einen gewissen Spielraum eröffnet. Der Gutachter muss lediglich die Wahrscheinlichkeit eines kausalen Zusammenhangs prüfen. Entsprechend der Judikatur bedeutet Wahrscheinlichkeit in diesem Zusammenhang, dass wesentlich mehr für als gegen einen Zusammenhang sprechen muss. Die lange zurückliegenden Ereignisse, ein Lebenslauf, der nicht immer kontinuierlich ist, und Erinnerungen, die vielfältigen Faktoren unterliegen, sind in Summe eine beachtenswerte gutachterliche Herausforderung. Jeder Einzelfall erfordert eine präzise Gewichtung der vorhandenen Fakten und Untersuchungsergebnisse. Die Grenze des gutachterlich objektiv Machbaren ist evident. – Die wissenschaftliche Bearbeitung der Heimfälle zeigte auf, dass viele Betroffene bereits vor der Fremdunterbringung erheblichen psychosozialen Belastungen und Traumatisierungen ausgesetzt waren. Psychosoziale Rahmenbedingungen des nachfolgenden Lebens und individuelle Bewältigungsmöglichkeiten prägen die weitere gesundheitliche Entwicklung. – Es gilt auch zu prüfen, ob allfällige körperliche Funktionseinschränkungen bereits vor der Fremdunterbringung vorgelegen sind. – In allen Fällen einer bereits vor der Heimunterbringung vorliegenden
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Gesundheitsschädigung hat der Sachverständige zu prüfen, ob und in welcher Weise die begangenen Verbrechen „Vorschäden“ beeinflusst haben. Liegt eine kausale Gesundheitsschädigung aus ärztlicher Sicht vor, ist zu prüfen, ob deswegen Heilbehandlungen erforderlich waren. Die angefallenen Kosten lassen sich relativ einfach, auch bei fehlenden Belegen, durch die zuständigen Sachbearbeiter/Juristen berechnen. Die größte Hürde im Vollzug des Gesetzes ist die Beurteilung, ob die kausale Gesundheitsschädigung zu einem Verdienstentgang geführt hat. – Diese Klärung fordert einerseits ein Abschätzen, ob die kausale Gesundheitsschädigung Arbeitsunfähigkeit ausgelöst hat. Die Grenze der gutachterlichen Äußerung wird durch die Art und den Schweregrad der Gesundheitsschädigung bestimmt. Angemerkt sei noch, dass ein – wie auch immer gestalteter – normaler Beschäftigungsverlauf Zeiten mit Arbeitslosigkeit umfasst. – Ein zweiter Aspekt zur Klärung ist der (maßgebliche) Einfluss der Gesundheitsschädigung auf den beruflichen Werdegang – ein Aspekt, der nur in besonders gelagerten Einzelfällen eine medizinisch-gutachterliche Beurteilung zulässt.
Schlussbemerkung Trotz der aus gutachterlicher Sicht schwierigen Beurteilung der gesundheitlichen und beruflichen Folgen eines Verbrechens gilt es, die Intention des Gesetzgebers, den
Auftrag zur medizinisch-gutachterlichen Schlussfolgerung nicht zu „verlieren“. Oberste Prämisse ist die Feststellung einer kausalen Gesundheitsschädigung und deren Einfluss auf den Verdienstentgang. Die eigene innere Einstellung, eine (vom Umfeld geprägte) Erwartungshaltung zu den teils unvorstellbaren Misshandlungen, Übergriffen, Verbrechen, die an diesen Menschen in ihrer Kindheit begangen wurden, sollte die gutachterliche Arbeit nicht beeinflussen.
Oberste Prämisse für den Gutachter ist die Feststellung einer kausalen Gesundheitsschädigung und deren Einfluss auf den Verdienstentgang. Konklusio n Jeder Einzelfall in Wien trägt dazu bei, das Bild der strukturellen Missstände zu verdichten und erweitert die Erkenntnisse über gewaltsame Übergriffe und ausgeübte Gewalt an ehemaligen Heimkindern. n Jeder Einzelfall erhält als Opfer illegitimer Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt Anerkennung und finanzielle Entschädigung durch die Stadt Wien. n Nicht jeder Einzelfall von gewaltsamen Übergriffen, Missbrauch und menschenverachtenden Verbrechen in Heimen der Wiener Jugendwohlfahrt führt zu kausalen Gesundheitsschädigungen mit Verdienstentgang oder/und Therapiebedürftigkeit im Sinne des VOG. DAG 2013/6
Zum Thema Über die Autorin Dr. Christina Wehringer ist Leiterin der medizinischen Abteilung der Sektion IV im BMASK und Chefredakteurin der „Österreichischen Zeitschrift für das ärztliche Gutachten“. E-Mail: christina.wehringer@recht.at
Literatur Verbrechensopfergesetz BGBl. 1972/288, zuletzt geändert BGBl. I 2013/71, www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=1000 8273 (abgefragt am 28. 7. 2013); Siedler R. und Smioski A., Endbericht 2011 – April 2012 Gewalt gegen Kinder in Erziehungsheimen der Stadt Wien; Helige B., John M., Schmucker H., Wörgötter G., Wisinger M., Endbericht der Kommission Wilhelminenberg;
Juni
2013;
www.kommission-wilhelminenberg.at/presse/jun2013/
Bericht-Wilhelminenberg-web_code.pdf (abgefragt am 28. 7. 2013); Opferschutzeinrichtung Weißer Ring, www.weisser-ring.at (abgefragt am 28. 7. 2013).
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gewusst wie
Birgit Glawar-Morscher
Christina Wehringer
Pensionsservice der BVA
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Textbausteine in Gutachten – sinnvolle Arbeitserleichterung oder gefährliche Falle? Gutachtenstruktur, Normstatus, Abkürzungen. Textbausteine für einzelne Gutachtenabschnitte zwingen den Sachverständigen, sich eigene Graduierungen, typische und relevante Situationen zu überlegen, und schaffen in gewisser Weise einen eigenen inneren Gradmesser an Pathologien. Verloren gehen dadurch individuelle Beschreibungen pathologischer Funktionen. Ein Textbaustein als Normstatus erleichtert eine klare Strukturierung des Gutachtens. Die Gefahr liegt im Vergessen des Löschens beim Einfügen der individuellen Situation. Was zeichnet ein aussagekräftiges ärztliches Gutachten aus? Diese Frage beschäftigt und betrifft Auftraggeber und Sachverständige gleichermaßen. Die Antwort findet sich im Ziel, der Erfüllung des Auftrags. Der Zweck eines ärztlichen Gutachtens ist es, den medizinischen Sachverhalt – also Erkrankungen, Behinderungen und funktionelle Defizite – möglichst objektiv zu ermitteln und darauf basierend die Fragen des Auftraggebers zu beantworten: Fragen, die ärztliches Wissen erfordern, um ein Urteil fällen oder eine juristische Entscheidung in einer bestimmten Gesetzesmaterie treffen zu können. Begutachtung ist – wie jede andere ärztliche Tätigkeit – die Kunst, aus einer Vielfalt an Beobachtungen, Gesprächsinhalten, eigener klinischer Untersuchung und externen Befunden die jeweils relevanten Daten herauszufiltern und sie wie ein Puzzle zu einem homogenen Bild zusammenzufügen. Alle gesammelten Details anzuführen, würde zu weit führen und in einer ausufernden und unübersichtlichen Darstellung münden. Es gilt, die wesentlichen Aspekte hervorzuheben, „unnötigen Ballast“ auszusieben und eine kompakte schlüssige Darstellung herauszuarbeiten, die letztendlich eine schlüssige und homogene Gesamtbeurteilung erlaubt.
Beispiel Während der klinischen Untersuchung einer Patientin, Sie tasten gerade das Abdomen ab, registrieren Sie zahlreiche Fakten – die Patientin ist mager, der Rippenbogen steht vor, über der Clavicel ist eine
fassend fest: herabgesetzter Ernährungszustand. Einen ersten Hinweis auf reduzierten Allgemeinzustand werden Sie im Zuge der Untersuchung durch andere Aspekte erhärten oder widerlegen.
Nun kennen wir alle das leidige Thema Honorierung. Gerade bei Routinegutachten im Pflegegeldbereich sind die vereinbarten Honorare der Versicherungsanstalten überschaubar. Der Zeitfaktor zum Verfassen eines Gutachtens ist daher, mit dem Anspruch, ein exaktes, nachvollziehbares und schlüssiges Gutachten zu erstatten, ein bedeutsamer Parameter. Textbausteine haben sich als zeitsparendes Hilfsmittel bewährt und erfreuen sich in Gutachterkreisen großer Beliebtheit. Neben diesen zeitökonomischen Aspekten erleichtert die überlegte Verwendung von Textbausteinen auch eine sinnvolle Strukturierung der Gutachten. Allerdings lauert der eine oder andere Fallstrick. Beispiele aus der Praxis der Pflegegeldbegutachtung, einem typischen Routinebegutachtungsverfahren, zeigen diese Fallen auf. Sie verstehen sich als Tipps für einen sinnvollen und arbeitserleichternden Einsatz von Textbausteinen. Verfassen von Textbausteinen Zum Abschnitt „Soziales Umfeld“ im Gutachten Bekanntermaßen spielt das Lebensumfeld für Pflegende eine wichtige Rolle. Der Zeitaufwand für Hilfsverrichtungen hängt direkt von der räumlichen Distanz der Versorgungsstationen zur Wohnung ab.
tiefe Grube, die Haut ist faltig, pergamentartig, der Muskeltonus schlaff, die Behaarung spärlich, verstärkte venöse Zeichnung, die Haut trocken, schuppig und eher kühl – und halten (gedanklich oder als Notiz) für das Gutachten zusammen-
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Tipp: Verfassen Sie Textbausteine, die typische Situationen beschreiben. Diese können dann wahlweise eingesetzt werden.
Zum Abschnitt „Wohnsituation“ im Gutachten Die konkreten Wohnverhältnisse sind mitentscheidend dafür, welcher Pflegebedarf bei bestimmten Funktionseinschränkungen erforderlich ist. Tipp: Verfassen Sie Textbausteine zur Wohnung – Zugang, Lift, Barrierefreiheit, Ausstattung der Wohnung mit sanitären Einrichtungen und der Küche. Diese können dann entsprechend genutzt werden. Zum Abschnitt „Status“ im Gutachten Bei der Prüfung von Wirbelsäule und Extremitäten können Sie sich auf die grobe Prüfung der Gelenks- und Nervenfunktionen beschränken. Die Ausfälle sollten in Form lebenspraktischer Fähigkeiten beschrieben werden. Zeitaufwendig und für diesen Bereich weniger aussagekräftig ist die exakte Beschreibung der Gelenksfunktion nach der Neutral-Null-Methode, wie sie für unfallchirurgische Gutachten unverzichtbar ist. Generell ist der Mobilitätsstatus für Pflegegeldgutachten wesentlich. Tipp: Verfassen Sie Textbausteine zu den einzelnen Funktionen – NackenSchürzengriff, im Stehen/Sitzen werden Kniegelenke/Knöchelbereich/ Zehen erreicht, Pinzettengriff/Faustschluss/Kraft/Sensibilität, Tremor. Verfassen Sie Textbausteine für das Gangbild, den Lagewechsel aus dem Sitzen/Liegen bzw. im Bett, zum Stehvermögen, Treppensteigen, freien Sitzen bzw. zur Kopfhaltung. Sie können dann, je nach Untersuchungsergebnis, die einzelnen
gewusst wie
Aspekte aus Ihrer Liste an Textbausteinen verwenden.
hen uneingeschränkt“ wurde nicht gelöscht. Ein Widerspruch im Gutachten, der eine eindeutige Zuordnung des Pflegebedarfs
Vorsicht Falle! Verwenden Sie für die Beschreibung funktioneller Einschränkungen unterschiedliche, der Realität angepasste Textbausteine.
nicht mehr zulässt. Das Gutachten ist unschlüssig. Eine
gerne
verwendete
Wendung
„Schrittlänge entspricht 3/4 Fußlänge“ steht in Anbetracht eines derart verkürzten
Abkürzungen im Gutachten Vermeiden Sie in Ihren Gutachten Abkürzungen. Das Gutachten wird im Weiteren von Nichtmedizinern gelesen und soll verstanden werden – haben doch selbst innerhalb der Berufsgruppe der Ärzte Abkürzungen je nach Fachrichtung unterschiedliche Bedeutung.
Schrittumfangs im krassen Widerspruch zur Aussage „sicheres Gangbild gewährleistet“. Der Standardsatz „Gangbild si-
Beispiel
cher und flüssig“ wurde nicht entfernt.
Die Abkürzung HWI steht sowohl für
unsicher mit nach vorne geneigtem Ober-
Ein Widerspruch im Gutachten, der eine
Harnwegsinfekt als auch für Hinter-
körper.“ Finden spätere Leser (Oberbe-
eindeutige Zuordnung des Pflegebedarfs
wandinfarkt. Die Abkürzung CVI be-
gutachter oder Juristen) regelmäßig in al-
nicht mehr zulässt. Das Gutachten ist
deutet entweder chronisch venöse Insuf-
len Gutachten desselben Sachverständi-
unschlüssig.
Beispiel „Das Gangbild ist kleinschrittig, zappelig
fizienz oder cerebrovaskuläre Insuffizienz.
gen die gleiche routinemäßig eingefügte Formulierung, erschüttert das im Längsschnitt die Aussagekraft des Gutachtens.
Der Normstatus als Textbaustein Einige Sachverständige verfassen einen „Normstatus“ als Vorlage und ersetzen dann jeweils die pathologischen Untersuchungsergebnisse – entweder frei formuliert oder aus dem Fundus der Textbausteine. Das hat den großen Vorteil, dass eine klare Struktur vorgegeben ist, die bedarfsgerecht und relativ zügig adaptiert werden kann. Vorsicht Falle! Bei Beschreibung einer Pathologie muss der dazugehörige „Normbefund“ aus der Vorlage entfernt werden. Ein derartiger „vergessener“ Textteil führt oftmals zu skurrilen Widersprüchen und das Gutachten wird in sich unschlüssig.
Vorsicht Falle! Beim Verfassen eines Normstatus sollten Sie auf Beschreibungen pathologischer Untersuchungsergebnisse verzichten. Die Formulierung „stark hinkendes Gangbild, kurze vorsichtige Schritte, Füße schleifen fast am Boden“ eignet sich schlecht als Standardsatz, da dieses Gangbild wohl nicht regelhaft zutrifft.
Tipp: Nützen Sie die Funktion „Automatisches Einfügen“ – beim Tippen von wenigen Buchstaben ergänzt das Programm den gesamten Begriff. DAG 2013/7
Zum Thema Über die Autorinnen Dr. Birgit Glawar-Morscher ist Leiterin der ärztlichen Abteilung des Pensionsservice der BVA. Als praktisch tätige Oberbegutachterin ist sie immer wieder mit missglückter Verwendung von Textbausteinen im Gutachten konfrontiert. Kontakt: Tel: +43 1 (0)1 522 07 22, E-Mail: birgit.glawar@gmx.at Dr. Christina Wehringer ist Leiterin der ärztlichen Abteilung der Sektion IV im BMASK. Seit
Beispiel
Beginn der Pflegegeldregelung ist sie mit Begutachtungsfragen befasst.
Im Status ist die Funktionseinschränkung
Kontakt: Tel: +43 (0)699 100 59 694, E-Mail: christina.wehringer@recht.at
einer Extremität „nach Unfall mit nicht einsetzbar“ beschrieben. Der Standardtext
Literaturtipp
„Funktionsgriffe zum Waschen und Anzie-
Wehringer, Das Gutachten zum Pflegegeld, 2012.
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spurensuche
Christian Reiter Department für Gerichtsmedizin, MUW
Der „Vampyr“ – ein gutachterlicher „Fake“ mit nachhaltigen Folgen Vampyrerkrankung, Vampyrglaube, Milzbrandepidemie. Vampyrglauben, eine pseudowissenschaftliche Interpretation der Militärärzte des 18. Jahrhunderts, beflügelt die Literatur- und Kulturgeschichte bis heute. Betrügerische Absichten verschleierten die wahren Ursachen: Aberglauben und Unwissen. „Vampyrismus“ in Medweda Nach der erfolgreichen Beendigung der Türkenbelagerung der Stadt Wien 1683 und wechselhaften militärischen Erfolgen der Habsburgischen Streitmächte dauerte es noch 35 Jahre, bis 1718 im Frieden von Passarowitz eine definitive Grenzziehung zwischen dem Osmanischen Reich und dem Habsburgerreich festgelegt wurde. Ein Teil dieser quer durch Serbien gezogenen Grenze verlief südlich des Westasts der Morawa. In dieser Region wurde der Grenzschutz von besoldeten Infanteristen, den sogenannten Heiducken, übernommen, die dort sesshaft waren. Die größeren Garnisonen, wie z.B. jene in Paraćin, wurden von der regionalen Landbevölkerung mit Lebensmitteln versorgt. Die Militärzentrale war in Belgrad. Im Herbst 1731 kam es an dieser Südostgrenze des Habsburgerreichs zum Auftreten einer unklaren Seuche, bei der innerhalb weniger Tage große Anteile der regionalen Bevölkerung zu Tode kamen. Die Krankheit war der Bevölkerung als „Vampyr“ bekannt und trat nur in den Herbst- bzw. Wintermonaten auf. Sie befiel Mensch und Tier und wurde als unheilbar eingestuft. Ein gewisser Schutz sollte durch Einschmieren des Körpers mit dem Blut bereits Verstorbener erreicht werden. Die Symptome der „Vampyrerkrankung“ bestanden in (Fieber-)Schauern, Schmerzen im Bereich des Verdauungstrakts sowie Zeichen einer zentralnervösen Eintrübung (Störung des Sehvermögens, Gehörschwäche und Sprachstörungen), psychisch-vegetativen Beschwerden, wie Angstgefühlen, nächtlichem Hochschrecken, Zittern, Todesangst und Albträumen über das Erscheinen bereits Verstorbener. Zusätzlich wurde eine Symptomatik mit Atemnot und Verengungsgefühl der Luftwege und hitzigen Aufwallungen sowie Zeichen des Flüssigkeitsverlusts (belegte Zunge und unstillbarer Durst, schwacher Puls) beschrieben.
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Als Auslöser der Erkrankung wurden bereits verstorbene „Vervampyrte“, Untote, sogenannte Blutsauger, verantwortlich gemacht. Die bodenständige Landbevölkerung hatte große Angst und forderte von der Besatzungsmacht die sachgemäße Exekution der Untoten nach alter Tradition, ansonsten drohte man mit der Abwanderung aus den betroffenen Regionen. Dadurch bestand das Risiko, dass die Versorgung der Garnisonen zusammenbrechen könnte und damit die Stabilität der Südostgrenze zum Osmanenreich gefährdet würde. Die als Seuchenärzte vor Ort befindlichen Militärärzte kannten diese Erkrankung nicht, weshalb im Herbst und Winter 1731 – wie z.B. in der Ortschaft Medweda – eine Untersuchungskommission, bestehend aus einem Seuchenarzt und mehreren Feldscherern, zusammentrat und Exhumierungen von insgesamt 19 Verstorbenen vornahm, um eine Befundaufnahme und gleichzeitig eine „Exekution“ der „Untoten“ vornehmen zu können. Dabei wurde unter wissenschaftlichen Aspekten vorgegangen: Es fand die Enterdigung von 13 Personen statt, die im Ruf standen, „vervampyred“ gewesen zu sein, und es wurde eine Kontrollgruppe, bestehend aus sechs Personen, untersucht, die nachweislich an anderen Todesursachen verstorben war. Im Zuge der Exhumierungen wurden detaillierte schriftliche Befunde und Gutachten verfasst und an die Militärkommandantur Belgrad übermittelt. Diese Dokumente befinden sich bis heute im Wiener Hofkammerarchiv. Als charakteristische Merkmale einer stattgefundenen „Vervampyrung“ wurden Blutaustritt aus den Gesichtsöffnungen, ein Schmatzen der Leichen in den ungeöffneten Särgen, eine abnorme Zunahme der Leibesfülle zwischen Todeszeitpunkt und Exhumierung, eine Abschälung und Schichtung der Haut, das Wachstum einer neuen, rosigen Haut, das Wachstum von Haaren und Nägeln, bei männli-
chen Leichen die „wilden Zeichen der Erektion“ und die Geruchlosigkeit der Leichen hervorgehoben. Im Vergleich zu den Kontrollfällen, die nach drei bis acht Wochen bereits als „verweset“ beschrieben wurden, waren die „Vervampyrten“ unverwest. Wie es von der regionalen Bevölkerung gefordert wurde, fand eine Exekution der „Vervampyrten“ durch Einschlagen eines Pfahls durch das Herz statt, mit anschließendem Köpfen und Verbrennen der Leichen auf dem Scheiterhaufen. Da es den Anschein hatte, dass im Zuge der stattgefundenen Maßnahmen keine vollständige Vernichtung der „Vampyre“ erreicht werden konnte, erfolgte ein schriftliches Ansuchen zur Durchführung weiterer Enterdigungen und Exekutionen, wobei angedeutet wurde, dass diese wohl nicht ungefährlichen und ästhetisch nachteiligen Tätigkeiten nicht durch die üblichen Dienstpflichten abgedeckt seien und daher zusätzliche Remunerationen beantragt würden. Vampyrerkrankung war Milzbrand Wie nicht anders zu erwarten, fand das Ansuchen auf zusätzliche Bezahlung von Wien aus keine Befürwortung, wodurch sehr rasch der Schriftverkehr bezüglich der „Vampyrerkrankung“ an der Ostgrenze zum Erliegen kam. Einer der Militärärzte, der Seuchenarzt Dr. Glaser, übermittelte zusätzlich eine Berichtabschrift an das Sanitätskollegium in Wien und eine Kopie an seinen Vater in Wien, der ebenfalls Mediziner war. Glasers Vater war zudem Wiener Korrespondent der damals neu geschaffenen wissenschaftlichen Zeitschrift „Commercium Litterarium“, die in Nürnberg ihre Redaktion hatte. Der Bericht des Johann Friedrich Glaser wurde am 12. 3. 1732 veröffentlicht und löste eine Vielzahl von weiteren Publikationen und Diskussionen in den folgenden Jahren in allen medizinischen sowie theologischen Journalen, aber auch in der Boulevardpresse aus.
spurensuche
Mein Studium der Obduktionsprotokolle und der medizinischen Vorgeschichten der im Rahmen der Vampyrepidemie verstorbenen Personen konnte zeigen, dass die pathomorphologische Charakteristik dieser Erkrankung in der Ausbildung von blutigen Ergüssen in den Brusthöhlen, Blut in der Magenlichtung, im Vorliegen eines hämorrhagischen Lungenödems und bei Wöchnerinnen im Auftreten einer hämorrhagischen Entzündung der Gebärmutterhöhle bestand. Der Beginn der Epidemie wurde durch den Verzehr und die Verarbeitung von „vervampyrten“ Schafen hervorgerufen und als Folge eines Festmahls bei dessen Besuchern ausgelöst. Sämtliche mit der „Vampyrerkrankung“ beschriebenen Symptome und die wissenschaftlich rekonstruierbaren meteorologischen Gegebenheiten des Jahres 1731 am Balkan konnten als Auslöser eine Milzbrandendemie identifizieren. Während in meteorologischen Archiven der Sommer 1731 als außerordentlich heiß und trocken dokumentiert ist, kam es im Herbst 1731 zu massiven Niederschlägen. Wie bekannt ist, wird Milzbrand durch Schlachten und Verwerten von infiziertem Weidevieh auf den Menschen übertragen. Der Milzbranderreger hat sein natürliches Reservoir im Erdboden und wird bei Dürreperioden durch Verletzungen der Mundschleimhäute beim Fressen von Disteln inkorporiert, wobei insbesondere Rinder und Schafe anfällig sind. Es ist zu vermuten, dass die Übertragung der Krankheit auf die Menschen im Rahmen der Verarbeitung des Schlachtviehs oder aber auch durch Herstellung von Trockenwürsten (Salami) zustande kam, da gerade die Herstellung von ungekochten Trockenwürsten Sporenbildung beim Milzbranderreger nach sich zieht und der Konsum derart kontaminierter Lebensmittel einen besonders heftigen Krankheitsverlauf nach sich zieht. Die bei den Obduktionen vorgefundenen Befunde lassen sich mit der Ausbildung von Darmmilzbrand, aber auch Lungenmilzbrand sowie der septisch-meningitischen Form des Milzbrands und des eher seltenen Milzbrand-Kindbettfiebers in Einklang bringen. Alle diese Erkrankungen hatten in der Präantibiotikaära eine Letalität um 90%. Die Präventionsmaßnahme, sich mit dem Blut „Vervampyrter“ einzuschmieren, erklärt sich durch den Umstand, dass Hautmilzbrand lediglich eine Letalität von
5 – 35% aufweist und dadurch eine Form archaischer „Impfung“ bewirkt wurde. Grund der regelwidrigen Verwesung Der Gerichtsmediziner Johann Ludwig Casper (1796 – 1864), der an der Charité in Berlin wirkte, beschrieb als Erster, dass Leichenveränderungen im Erdreich um ein Vielfaches langsamer ablaufen als an der Luft. Die Erfahrung der Gerichtsmedizin im Zusammenhang mit Exhumierungen zeigt, dass Verstorbene – wie im Falle der Exhumierten aus Medweda – nach einem halben Jahr Erdbestattung, insbesondere in der kühleren Jahreszeit, ein Erscheinungsbild aufweisen, das dem von unbestatteten Verstorbenen nach einigen Tagen gleichkommt. Diese auf Sauerstoffmangel im Erdreich zurückführende Gesetzmäßigkeit konnte den Militärärzten zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch nicht bekannt gewesen sein, da diesen überwiegend das postmortale Schicksal von Gefallenen auf den Schlachtfeldern geläufig war. Nach dem Tod kommt es – überwiegend durch Darmbakterien – zur Fäulnis, wodurch Gasbildung im Inneren des Leichnams hervorgerufen wird. Diese Fäulnisgase führen zu einer Durchsetzung sämtlicher Gewebe mit Gasbläschen und somit zu einer Volumenzunahme. Dieser Prozess beginnt bei unbeerdigten Leichen wenige Tage nach dem Tod und kann in den ersten Wochen nach dem Tod zu massiver Aufblähung des Rumpfs, aber auch der Extremitäten und der männlichen Genitalien führen. Fäulnisbedingte Veränderungen treten im Erdreich durch den Sauerstoffmangel und die Bodenkälte entsprechend verzögert auf. Durch den Gasdruck im Inneren des Leichnams und die damit verbundene Kompression der Lungen tritt rötlich gefärbte Fäulnisflüssigkeit aus Mund und Nase hervor, wodurch ein kurz davor stattgefundenes Blutabsaugen von Lebenden vorgetäuscht werden kann, und durch austretende Gasbläschen in der blutigen Flüssigkeit wird ein „Schmatzen“ akustisch wahrnehmbar. Durch den Druck im Inneren des Leichnams wird Flüssigkeit aus den Geweben unter die Oberhaut gepresst, weshalb sich diese an der Grenze zwischen Lederhaut und Oberhaut ablöst, so dass die Haut an Händen und Füßen handschuhartig gemeinsam mit den Nägeln abgeht. Die darunter liegende glänzende Lederhaut sowie die leeren
Nagelbetten täuschen die Entstehung einer neuen Haut und neuer Nägel vor. Bei einem Anstechen von fäulnisgeblähten Leichen treten die Fäulnisgase unter einem ächzenden Geräusch aus und es entleert sich aus dem Inneren des Leichnams reichlich blutig-wässrige Flüssigkeit. Die Geschwindigkeit der Verwesung eine Leichnams im Erdreich wird – abgesehen von der Temperatur – auch von der Luftdurchlässigkeit des Bodens und somit von der Korngröße der Bodenelemente bzw. dem Flüssigkeitsgehalt zwischen den korpuskulären Bestandteilen des Erdreichs mitbestimmt. Eine vollständige Verwesung eines Leichnams, so dass am knöchernen Skelett nur noch bindegewebige Reste vorliegen, wird selten vor dem zehnten Jahr nach der Beerdigung erreicht. Nach einer Liegedauer von wenigen Monaten im Erdreich, selbst bei grober Korngröße des bedeckenden Bodens und nur oberflächennaher Bestattung, ist eine körperliche Erhaltung der begrabenen Personen zwingend zu erwarten. Der beschriebene Zustand der „Vervampyrten“ mit Zunahme der Leibesfülle, Blutaustritt aus den Gesichtsöffnungen, Schmatzen der Leichen im Sarge, einer Abschichtung der Haut und einem scheinbaren Wachstum einer neuen Haut inklusive Haaren und Nägeln sowie den „wilden Zeichen“ der Erektion lässt sich aus gerichtsmedizinischer Sicht gut mit der tatsächlichen Liegedauer der Toten im Erdreich zur Deckung bringen. Die gerichtsmedizinische Erfahrung zeigt jedoch, dass eine „vollständige Verwesung“, wie sie bei der Kontrollgruppe nach drei bis sieben Wochen Liegedauer im Erdreich beschrieben wird, sowie der Befund der Geruchslosigkeit bei „Vervampyrten“ sich nach einer Liegedauer von einigen Wochen im Erdreich zwingend als objektiv unrichtig herausstellt. „Kontrollgruppe“ vorsätzlich „geschönt“ Es drängt sich somit aus gerichtsmedizinischer Sicht der Verdacht auf, dass die herangezogene „Kontrollgruppe“ hinsichtlich ihrer postmortalen Veränderungen vorsätzlich „geschönt“ wurde, da dies mit den Erfahrungen der heutigen Medizin keinesfalls zur Deckung zu bringen ist. Hingegen boten die „Vervampyrten“ nach einer Liegedauer von mehreren Wochen bzw. wenigen Monaten ein vollkommen übliches Erscheinungsbild, wobei dies aber von den Militärärzten als abnorm im Vergleich zur Kontroll-
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beachten
gruppe dargestellt wurde. Somit müsste jedermann, der Leichen nach mehreren Wochen bzw. wenigen Monaten exhumiert, aufgrund ihrer relativ geringen Leichenveränderungen zu der Annahme kommen, einen „Vervampyrten“ vorgefunden zu haben. Verbot der Exekution von „Vampyren“ durch Maria Theresia Die somit aus den dargelegten Befunden abgeleiteten gutachterlichen Schlussfolgerungen hätten dazu geführt, dass bei weiteren Exhumierungen die „Vervampyrungsepidemie“ keinesfalls abgerissen wäre. Die den „Vampyr“-Akten beiliegenden Schreiben der Militärkommandantur von Belgrad lassen erahnen, dass geplant war, für die Exekution von „Vervampyrten“ zusätzliche Remunerationen zu erlangen. Offenbar sollte die Exekution von „Untoten“ an der Südostgrenze des Habsburgerreichs zu einer Geldbeschaffungsaktion werden, die kein Ende finden würde. Da das Ansuchen um finanzielle Entschädigung für die erfahrenen Unbilden aus Wien nicht positiv beantwortet
wurde, kam diese „Vampyrepidemie“ fürs Erste zum Erliegen. Kaiserin Maria Theresia beauftragte Baron Gerhard van Swieten mit einer wissenschaftlichen Bearbeitung der Frage des Vampyrismus, die 1755 in französischer Sprache publiziert wurde. Van Swieten kam zu der Erkenntnis, dass „der Vampyrglauben nur dort existiert, wo Unwissen und Aberglauben in den Köpfen sind“, Am 1. 3. 1755 erging ein Erlass der Kaiserin, wonach die Exhumierung und Exekution von Personen, die im Verdacht stünden, verhext zu sein, unter Strafandrohung untersagt wurde.
Die pseudowissenschaftliche Interpretation und Diskussion der Gutachten der Militärärzte und die Kolportage dieser ungeklärten, geheimnisvollen Krankheitsfälle und ihrer Morphologie in den Printmedien Europas beflügelte die Fantasie der Menschen und hält bis zum heutigen Tag an. Die in betrügerischer Absicht verfassten ärztlichen Gutachten hatten somit unabsehbare Effekte auf unsere Literatur- und Kulturgeschichte, deren nachhaltige Folgen nicht mehr wegzudenken sind. DAG 2013/8
Zum Thema Über den Autor ao. Univ.-Prof. Dr. Christian Reiter ist am Department für Gerichtsmedizin, Medizinische Universität Wien (MUW) tätig. E-Mail: christian.reiter@meduniwien.ac.at
Literaturtipp www.kakanien.ac.at/beitr/vamp/CReiter1.pdf (mit Originaltexten)
Hans-Georg Goertz Steuerberater in Wien
Ärztliche Gutachten und die Umsatzsteuer Vorsteuer, Umsätze, Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht 2005. Kompakte Zusammenfassung durch den Dschungel der Umsatzsteuerregelung für ärztliche Gutachten. Ärztliche Gutachten grundsätzlich umsatzsteuerfrei Oft stellt sich die Frage, ob ein ärztliches Gutachten umsatzsteuerpflichtig ist oder nicht. Ärztliche Gutachten sind zwar grundsätzlich nach UStG § 6 Abs. 1 Z 19 umsatzsteuerfrei (auch wenn sie von Dritten in Auftrag gegeben werden und z.B. den Gesundheitszustand im Zusammenhang mit einer Versicherungsleistung betreffen), aber es gibt mittlerweile eine Reihe von Gutachten, die von dieser Umsatzsteuerfreiheit ausgenommen sind und daher der Umsatzsteuer unterliegen. Mit 1. 10. 2005 wurde die Umsatzsteuerpflicht für ärztliche Gutachten ausgedehnt, und seit 1. 1. 2007 sind überhaupt alle Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren umsatzsteuerpflichtig. Um Klarheit in den Dschungel der Gutachten zu bringen, haben wir daher eine
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Auflistung aller der Umsatzsteuer unterliegenden Gutachten zusammengestellt. Umsatzsteuerpflichtige ärztliche Gutachten n Verwandtschaftstests – auf biologische Untersuchungen gestützte Feststellung einer anthropologisch-erbbiologischen Verwandtschaft; n Medikamentenstudien – ärztliche Untersuchung über die pharmakologische Wirkung eines Medikaments; n Kosmetikstudien – dermatologische Untersuchung von kosmetischen Stoffen; n psychologische Tauglichkeitstests, die sich auf die Berufsfindung erstrecken; n Bescheinigungen für Ansprüche nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz; n Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren, wie z.B.
– Haftungsfragen (zivil- und strafrechtlich); – ärztliche Kunstfehler; – Invaliditäts-, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitspensionen sowie Unfallversicherungsleistungen; – Feststellung des Grads einer Invalidität, Berufs- oder Erwerbsminderung; – alle anderen Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren ab 1. 1. 2007, außer sie dienen dem Schutz der Gesundheit des Betreffenden (z.B. Vernehmungs-, Verhandlungs- oder Haftvollzugstauglichkeit). Die Umsatzsteuer aus den Gutachten muss zwar an das Finanzamt abgeführt werden, allerdings kann sich der Arzt auch teilweise Vorsteuern abziehen.
entschieden
Tipp: Vorsteuern, die im direkten Zusammenhang mit den umsatzsteuerpflichtigen Gutachten stehen, können in voller Höhe abgezogen werden.
Es könnte aber auch Ausgaben geben, die sowohl für die ärztlichen Leistungen als auch für die umsatzsteuerpflichtigen Gutachten anfallen. In diesen Fällen, in denen keine genaue Zuordnung möglich ist, ist das Verhältnis der ärztlichen Umsätze zu den umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen aus Gutachten zu ermitteln. Der Vorsteuerab-
zug kann in Höhe des Prozentsatzes, der die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen repräsentiert, vorgenommen werden. Diese Vorsteuer kann mit der abzuführenden Umsatzsteuer aus den Einnahmen gegengerechnet werden. DAG 2013/9
Zum Thema Über den Autor Mag. Hans-Georg Goertz ist Steuerberater und geschäftsführender Gesellschafter der ECOVIS Austria Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m. b. H. in Wien. Kontakt: Tel: +43 (0)664 12 50 652, E-Mail: goertz@ecovis.at
Johannes Zahrl Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer
Rechtsprechung für Gutachter OGH, OLG Wien. Ärztliche Aufklärungspflicht; Bestimmung des Gebührensatzes für Zeitversäumnis. Aufklärungspflicht über eine bereits veraltete Behandlungsmethode Eine Aufklärung des Patienten über eine bereits veraltete Behandlungsmethode ist nicht erforderlich, wenn diese nicht mehr der lex artis entspricht, nicht mehr allgemein üblich ist und außerdem als weniger erfolgsversprechend einzustufen ist als die tatsächlich gewählte Behandlungsmethode. Sachverhalt Der Kläger erlitt am 1. 10. 2004 einen Unfall, bei dem seine Kunststoffbrille zerbrach und dadurch am linken Auge das Lid, die Hornhaut, die Iris und die Linse durch Schnitte verletzt wurden. Er wurde in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus notoperiert. Dort wurde am 27. 7. 2005 im Rahmen einer Folgeoperation am linken Auge des Klägers die verloren gegangene körpereigene Linse durch eine ImplantatLinse (Iris-Blendlinse) ersetzt. Die Folgeoperation wurde nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt, verbesserte aber – entgegen den Erwartungen – die unfallbedingt entstandene Blendung nicht.
Der Kläger begehrte E 10.000,– s.A. an Schmerzengeld. Er sei vor der zweiten Operation nicht ausreichend auf die Alternative der Verwendung einer gewöhnlichen Kontaktlinse hingewiesen worden, die ohne Durchführung einer Operation verwendet werden hätte können. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei umfassend aufgeklärt worden. Zur durchgeführten Folgeoperation habe es keine gleichwertigen Behandlungsalternativen gegeben, weshalb eine diesbezügliche Aufklärung nicht erforderlich gewesen sei. Aus den Entscheidungsgründen 1.1 Im Rahmen des ärztlichen Behandlungsvertrags schuldet der Arzt Diagnostik, Aufklärung und Beratung nach den aktuell anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst. 1.2 Der Patient hat aus dem Behandlungsvertrag Anspruch auf Anwendung der nach dem Stand der Wissenschaft zu fordernden sichersten Maßnahmen zur möglichsten Ausschaltung oder Einschränkung bekannter Operationsgefahren.
2.1 Ärzte haben nach § 1299 ABGB den Mangel der gewissenhaften Betreuung ihrer Patienten nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung zu vertreten, also jene Sorgfalt, die von einem ordentlichen und pflichtgetreuen Durchschnittsarzt in der konkreten Situation erwartet wird. 2.2 Ein Verstoß gegen die Regeln medizinischer Kunst liegt vor, wenn die vom Arzt gewählte Maßnahme hinter dem in Fachkreisen anerkannten Standard zurückbleibt. Ein Arzt handelt fehlerhaft, wenn er das in Kreisen gewissenhafter und aufmerksamer Ärzte oder Fachärzte vorausgesetzte Verhalten unterlässt. 3. Grundlage für eine Haftung des Arzts oder des Krankenhausträgers wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, in dessen körperliche Integrität durch den ärztlichen Eingriff eingegriffen wird. Der Patient muss in die jeweilige konkrete Behandlungsmaßnahme einwilligen. 4.1 Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Wohls des Patienten ab-
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entschieden
zugrenzen und erst in zweiter Linie auch unter Bedachtnahme auf sein Selbstbestimmungsrecht. Die Aufklärungsanforderungen dürfen nicht überspannt werden. 4.2 Entscheidend für den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien erfährt, die ihn in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum Eingriff zu überblicken und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. 4.3 Der Arzt muss nicht stets von sich aus alle theoretisch in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten oder Operationsmöglichkeiten mit dem Patienten erörtern, er muss ihn aber, um ihm eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen, über mehrere zur Wahl stehende diagnostische oder therapeutische adäquate Verfahren informieren und das Für und Wider mit ihm abwägen, wenn jeweils unterschiedliche Risken entstehen können und der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat. 4.4 Eine Aufklärung über Behandlungsalternativen ist erforderlich, wenn für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, die gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben. 5.1 Nach diesen Grundsätzen ist dem Erstgericht beizupflichten, dass die Ärzte der Beklagten den Kläger nicht von sich aus über die Möglichkeit einer Iris-PrintKontaktlinse aufklären mussten, entsprach doch diese im Beratungszeitpunkt nicht mehr den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst und gelangte nur mehr als „Außenseitermethode“ zur Anwendung. Damit war diese Behandlungsalternative nicht gleichwertig zur durchgeführten Operation, und die behandelnden Ärzte der Beklagten traf insoweit keine Aufklärungspflicht. 5.2 Hinzu kommt, dass nach dem festgestellten Sachverhalt die Erfolgsaussichten der Operation als gut eingeschätzt wurden, die Verwendung einer Kontaktlinse als Alternative hingegen als problematisch: Da die Hornhautvernarbung zu einer massiven Unebenheit der Hornhautoberfläche geführt hatte, war im Fall der Verwendung einer Kontaktlinse mit Anpassungsproblemen zu rechnen und der Dioptrieausgleich hätte nur bedingt funktioniert. Damit wäre eine Kontaktlinse auch nicht die zielführendste Methode gewesen. [. . .]
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Bedeutung der Entscheidung für Gutachter Der OGH wiederholt in dieser Entscheidung zunächst bekannte Rechtsstandpunkte zur ärztlichen Aufklärungspflicht: Im Rahmen des ärztlichen Behandlungsvertrags wird u.a. Aufklärung nach den aktuell anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst geschuldet. Grundlage für eine Haftung des Arzts oder des Krankenhausträgers wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Die Aufklärungsanforderungen dürfen nicht überspannt werden. Dementsprechend ist für den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht entscheidend, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien erfährt, die ihn in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum Eingriff zu überblicken und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen. Neu an der Entscheidung ist die Auseinandersetzung mit der Aufklärungspflicht über bereits veraltete Behandlungsmethoden. Grundsätzlich ist über Behandlungsalternativen aufzuklären, wenn für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen, die gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben. Das war im gegenständlichen Fall aber nicht der Fall, denn die Alternative einer Iris-Print-Kontaktlinse entsprach zum Aufklärungszeitpunkt nicht mehr der lex artis und gelangte nur mehr als Außenseitermethode zur Anwendung. Dazu kam, dass sie als weniger zielführend einzustufen war als die tatsächlich gewählte Behandlungsmethode. Unter diesen Voraussetzungen ist nach Ansicht des OGH eine Aufklärung über eine bereits veraltete Behandlungsalternative nicht erforderlich. OGH 12. 2. 2013, 4 Ob 241/12 p Die Bestimmung des Gebührensatzes für Zeitversäumnis richtet sich nach der Qualität der Gutachtertätigkeit. Für die Bestimmung des Gebührensatzes für Zeitversäumnis ist relevant, wie qualifiziert die Gutachtertätigkeit des Sachverständigen ist, welche im Verfahren mit einer Mühewaltungsgebühr abzugelten ist. Sachverhalt Auftragsgemäß erstattete die Sachverständige für Psychiatrie und Neurologie in dem
auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gerichteten Sozialrechtsverfahren ein schriftliches Gutachten über das Leistungskalkül des Klägers und verzeichnete dafür Gebühren von insgesamt E 980,–. Sie begehrte in ihrer Honorarnote (auch) für Zeitversäumnis für „Korrespondenz, Telefonate, Postwege, Aktentransport, Labor, Wegzeit von und zur Untersuchung“ insgesamt E 68,10 zzgl. 20% USt. Über Einwand der beklagten Partei schlüsselte die Sachverständige diese Gebühr auf wie folgt: „Aktenabholung: 1 angefangene Stunde; Aktenrücktransport: 1 angefangene Stunde; Postwege (dreimalige Ladungen): 3 angefangene Stunden; Abgabe der Blutprobe im Labor: 1 angefangene Stunde; Summe: 6 angefangene Stunden“, wovon sie Kosten für drei angefangene Stunden (à E 22,70 zzgl. 20% USt) verzeichne. Die beklagte Partei wandte ein, es sei gerichtsbekannt, dass die Sachverständige für viele Abteilungen des Erstgerichts tätig sei und wöchentlich viele Verhandlungen besuche. Es wäre ihr daher möglich gewesen, das Gutachten im Rahmen eines solchen Verhandlungstags abzugeben. Weiters schließe die allgemeine Lebenserfahrung aus, dass sie die drei verrechneten Postwege ausschließlich im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren getätigt habe. Insgesamt sei daher nur eine Zeitversäumnis von E 30,40 für zwei angefangene Stunden zu je E 15,20 zzgl. 20% USt angemessen. Aus den Entscheidungsgründen Die Bestimmung des § 32 GebAG („Entschädigung für Zeitversäumnis“) lautet wie folgt: „(1) Der Sachverständige hat für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von E 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von E 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. (2) Der Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis besteht so weit nicht, 1. als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat, 2. als für die Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) a) dem Sachverständigen bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels ein Anspruch
entschieden
auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht, oder b) er bei Benützung des eigenen Kraftfahrzeugs die Gebühr für die Nächtigung in Anspruch nimmt.“ § 34 GebAG („Gebühr für Mühewaltung“) ist die einleitende und zentrale Regelung des dem Sachverständigen zustehenden Anspruchs auf Entlohnung seiner mit der Aufnahme des Befunds und der Erstattung des Gutachtens verbundenen Mühe. § 34 Abs. 1 GebAG sieht als Grundregel die Entlohnung des Sachverständigen in der vollen Höhe seiner außergerichtlichen Einkünfte vor. In bestimmten Verfahrensarten sowie bei einem nicht abgegebenen Verzicht des Sachverständigen auf Zahlung der gesamten Gebühr aus Amtsgeldern ist die Gebühr für Mühewaltung primär nach den festen Tarifen des GebAG, sekundär nach den außergerichtlichen Einkünften mit einem vorzunehmenden Abschlag von 20% im Hinblick auf die öffentliche Aufgabe der Rechtspflege zu bestimmen (§ 34 Abs. 2 GebAG; sog. Gebühren-Splitting). § 34 Abs. 3 GebAG idF des BRÄG 2008 (BGBl. I 2007/111) regelt die sog. „Gebührenrahmen“ für die vorzunehmende Ermittlung der außergerichtlichen Einkünfte des Sachverständigen und lautet wie folgt: „(3) Soweit nichts anderes nachgewiesen wird und vorbehaltlich des Abs. 4 gelten für die Einkünfte, die Sachverständige im außergerichtlichen Erwerbsleben für ihre Gutachtenstätigkeit üblicherweise beziehen, folgende Gebührenrahmen, innerhalb derer die Gebühr je nach der konkret erforderlichen Qualifikation der oder des beauftragten Sachverständigen, der Schwierigkeit des aufgetragenen Befundes oder Gutachtens und der Ausführlichkeit der notwendigen Begründung zu bestimmen ist: 1. für Tätigkeiten, die keine nach Z 2 oder 3 qualifizierten fachlichen Kenntnisse erfordern, eine Gebühr für Mühewaltung von E 20,– bis E 60,– für jede, wenn auch nur begonnene Stunde; 2. für Tätigkeiten, die hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von E 50,– bis E 100,– für jede, wenn auch nur begonnene Stunde; 3. für Tätigkeiten, die besonders hohe fachliche Kenntnisse erfordern, welche durch ein
Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden, eine Gebühr für Mühewaltung von E 80,– bis E 150,– für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.“ Einen Verweis auf § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG enthält neben der hier auszulegenden Bestimmung des § 32 Abs. 1 GebAG auch die Bestimmung des § 33 Abs. 1 GebAG (Erhöhung der Entschädigung für Zeitversäumnis infolge einer langen Wegstrecke) und des § 35 Abs. 1 GebAG (Gebühr für die Teilnahme an einer Verhandlung, soweit für diese Zeit nicht eine Gebühr für Mühewaltung geltend gemacht wird). Die hier auszulegende Bestimmung des § 32 Abs. 1 GebAG ist in der Fassung der GebAG-Novelle 1994 (BGBl. 1994/ 623). Davor hatte § 32 Abs. 1 GebAG folgenden Wortlaut: „(1) Der Sachverständige hat für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von 235 S, handelt es sich um einen Sachverständigen, dessen Mühewaltung nach § 34 Abs. 3 zu entlohnen ist, von 157 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde.“ Nach dieser früheren Fassung des § 32 Abs. 1 GebAG war es auch vom Wortlaut der Bestimmung her klar, dass es für die Bestimmung des höheren oder niedrigeren Gebührensatzes für Zeitversäumnis nicht darauf ankommt, wie „qualifiziert“ die die Versäumnis begründende Tätigkeit des Sachverständigen ist, sondern wie qualifiziert die Gutachtertätigkeit des Sachverständigen ist, welche im Verfahren mit einer Mühewaltungsgebühr abzugelten ist. § 34 Abs. 3 GebAG idF vor dem BRÄG 2008 sah einen niedrigeren pauschalen Betrag an außergerichtlichen Einkünften bei dem Sachverständigen vor, dessen Gutachtenserstattung „im Einzelfall einfache gewerbliche oder geschäftliche Erfahrungen“ voraussetzte. Die Umformulierung der Voraussetzungen für den niedrigeren Stundensatz für Zeitversäumnis von der Wendung „um einen Sachverständigen, dessen Mühewaltung nach § 34 Abs. 3 zu entlohnen ist“ auf „um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3“ ist eine bloße Folgeänderung zur Neuregelung des § 34 Abs. 4 (Gebühren-Splitting). Es wird nur klargestellt, dass bei Sachverständigen, die
ein Gutachten mit einfachen gewerblichen oder geschäftlichen Erfahrungen erstatten, unabhängig von der Art der Bestimmung ihres Anspruchs auf die Gebühr für Mühewaltung auch weiterhin nur die geringeren Gebühren für Zeitversäumnis zustehen (so ausdrücklich in der RV zur GebAG-Novelle 1994, RV 1554 BlgNR 18. GP). Auch der Sinn und Zweck der auszulegenden Gebührenbestimmung legt nahe, dass für die Frage, ob der höhere oder niedrigere Stundensatz für Zeitversäumnis heranzuziehen ist, nicht auf die „Qualität“ der die Zeitversäumnis auslösenden Tätigkeit abzustellen ist, sondern auf die Qualität der Gutachtertätigkeit. Zutreffend weist die Sachverständige in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei den eine Gebühr für Zeitversäumnis auslösenden Tätigkeiten eines Sachverständigen, wie das Zurücklegen von Wegstrecken oder das Warten, in der Regel um Tätigkeiten handelt, für die keine besondere gutachterliche Qualifikation erforderlich ist. Dem Rekurs war daher Folge zu geben und die – im zeitlichen Ausmaß unstrittige – Zeitversäumnis der Sachverständigen mit einem Satz von E 22,70 pro Stunde zu vergebühren. Bedeutung der Entscheidung für Gutachter Diese Entscheidung des OLG Wien stellt klar: Bei der Bestimmung des Gebührensatzes für Zeitversäumnis ist nicht relevant, ob die die Versäumnis begründende Tätigkeit des Sachverständigen als mehr oder weniger qualifiziert einzustufen ist; vielmehr geht es darum, wie qualifiziert die Gutachtertätigkeit des Sachverständigen ist, welche im Verfahren mit einer Mühewaltungsgebühr abzugelten ist. Das ergibt sich sowohl aus einer historischen Interpretation als auch aus Sinn und Zweck der relevanten Gebührenbestimmung. Zusammenfassend gilt also: Ob der höhere oder der niedrigere Stundensatz für Zeitversäumnis heranzuziehen ist, beurteilt sich nicht nach der „Qualität“ der die Zeitversäumnis auslösenden Tätigkeit, sondern nach der Qualität der eigentlichen Gutachtertätigkeit. OLG Wien 29. 1. 2013, 10 Rs 203/12 i DAG 2013/10
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entschieden
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