Das wรถchentliche Steuer-Update
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KW
2011
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Das wöchentliche Steuer-Update
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Inhalt KW112011 Beiträge
Steuerrecht – Einkommensteuer BBG 2011: Änderungen im EStG Teil II – Einkünfte aus Kapitalvermögen (StExp 2011/64) .................................................. VwGH zur Steuerpflicht einer „abstrakten Rente“ (StExp 2011/71) ....................................................................................... UFS zur Betriebseinstellung wegen Erwerbsunfähigkeit (StExp 2011/73) ............................................................................
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Steuerrecht – Umgründungen Rückwirkung bei Umgründungen (StExp 2011/72) .................................................................................................................
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Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise Finanzdienstleistungen im Lichte der Verrechnungspreisrichtlinien (StExp 2011/69) .........................................................
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Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise Sanierungsklausel zum Verlustabzug unvereinbar mit EU-Beihilferegeln (StExp 2011/70) .................................................
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Steuerrecht – Gebühren und Verkehrsteuern Nicht ausgedrucktes E-Mail mit sicherer elektronischer Signatur als Urkunde? (StExp 2011/67) .......................................
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Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht Strafaufhebung nach Zahlung eines Verkürzungszuschlags (§ 30a FinStrG) (StExp 2011/62) .............................................. Die Begehungsweise des Abgabenbetrugs nach § 39 Abs 2 FinStrG (StExp 2011/68) .........................................................
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Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht Private Nutzung von Bonusmeilen (StExp 2011/65) .............................................................................................................
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Förderungen – EU-Förderungen Erasmus für Jungunternehmer (StExp 2011/66) .................................................................................................................
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Entscheidungen kompakt
Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise Immobilienklausel im DBA Rumänien (StExp 2011/63) .......................................................................................................
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Impressum Medieninhaber & Herausgeber: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. Firmensitz und Buchhandlung: Kohlmarkt 16, 1014 Wien. Verlagsbüro: Johannesgasse 23, 1015 Wien, Tel: +43 1 531 61-0, Fax: +43 1 531 61-181, E-Mail: verlag@manz.at. Handelsgericht Wien FN124181w, UID: ATU 37181900. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und Zeitschriften. Gesellschafter, deren Anteil 25% übersteigt: Manz Gesellschaft m.b.H., Wien, Beteiligung an Unternehmen und Gesellschaften aller Art, und Wolters Kluwer International Holding B.V. Amsterdam, Beteiligung an Unternehmen. Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Artikeln zu aktuellen Themen aus den Bereichen Steuerrecht, Bilanzierung und Förderungen. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Geschäftsleitung: Mag. Susanne Stein-Dichtl (Geschäftsführende Gesellschafterin); Dr. Wolfgang Pichler, Prokurist (Verlagsleitung); Peter Guggenberger, Prokurist (Vertriebsleitung). Verlagsrechte: Die in diesem E-Paper veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Kein Teil dieses Angebotes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form vervielfältigt oder verbreitet werden. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in diesem E-Paper erfolgen ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Redakteure sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Grafisches Konzept: Michael Fürnsinn für buero8, 1070 Wien. Zitiervorschlag: StExp 2011/Artikelnummer.
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
2011
BBG 2011: Änderungen im EStG Teil II – Einkünfte aus Kapitalvermögen StExp 2011/64. Das Budgetbegleitgesetz 2011 ändert einige Bestimmungen im EStG. Im folgenden Beitrag wird das ertragsteuerliche Kernstück – die Neuregelung der Besteuerung des Kapitalvermögens – überblicksmäßig dargestellt. Clemens Endfellner
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as BBG 2011 revolutioniert die Besteuerung des Kapitalvermögens im § 27 EStG. Die Tatbestände werden erweitert und eine Vermögenszuwachsbesteuerung eingeführt, bei der sowohl realisierte laufende Erträge als auch realisierte Substanzgewinne unabhängig von einer Spekulationsfrist mit 25% besteuert werden. Diese Änderungen betreffen sowohl Personen mit außerbetrieblichen Einkünften als auch Einzelunternehmer und natürliche Personen als Mitunternehmer mit betrieblichen Einkünften. Dadurch werden einige Abgrenzungsfragen zwischen Wertveränderungen bei den Früchten vs der Substanz obsolet. Keine Änderungen ergeben sich für die § 7 Abs 3 KStG-Gewinnermittler wie die GmbH und AG.
Drei steuerpflichtige Tatbestände im § 27 EStG Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und aus Derivaten, soweit diese nicht zu den betrieblichen Einkünften gehören. Steuerpflicht besteht daher unter anderem für • Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an GmbH; • Gleichartige Bezüge aus Genussrechten; • Zinsen und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, bspw aus Darlehen, Anleihen (einschließlich Nullkuponanleihen), Hypotheken, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten etc; • Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter, jeweils nach § 27 Abs 2 EStG (Überlassung von Kapital); • Einkünfte aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital im vorhin aufgezählten Sinne sind, nach § 27 Abs 3 EStG (realisierte Wertsteigerung von Kapitalvermögen); • der Differenzausgleich und die Stillhalteprämie; • Einkünfte aus der Veräußerung und Einkünfte aus der sonstigen Abwicklung bei Termingeschäften (bspw Optionen, Futures und Swaps) sowie bei sonstigen derivaten Finanzinstrumenten wie bspw Indexzertifikaten, nach § 27 Abs 4 EStG (Derivate). Diese Einkünfte unterliegen überwiegend dem Sondersteuersatz iHv 25%, der bei Inlandsbezug durch Steuerabzug an der Quelle erhoben
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wird. Nach den Erläuternden Bemerkungen stellen sowohl die Erfassung des gesamten Vermögenszuwachses im Finanzvermögen als auch dessen einheitliche Erfassung im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich einen wichtigen Beitrag zur Erreichung einer „produktneutralen“ Besteuerung dar.
Bedeutung der Unterscheidung zwischen den einzelnen Tatbeständen Eine Unterscheidung nach der zugrunde liegenden Einkunftsquelle wird im Rahmen der Kapitaleinkünfte dennoch nötig sein, da der Verlustausgleich innerhalb dieser Einkunftsart im Rahmen der Veranlagung beschränkt ist. So sind Verluste aus einer Beteiligung als echter stiller Gesellschafter wie bisher nicht ausgleichsfähig und somit „auf Wartetaste“. Davon abgesehen werden zwei Verlusttöpfe gebildet: Jener für riskante Veranlagungen und jener für risikolose Veranlagungen. Im ersten Verlusttopf befinden sich Aktien, GmbH-Anteile, Anleihen und Derivate, bei denen die laufenden Erträge mit Veräußerungsgewinnen und -verlusten ausgleichsfähig sind. Im zweiten Topf befinden sich Zinsen aus Sparbüchern und sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten sowie Zuwendungen aus Privatstiftungen. Verluste eines Topfes sind nun nicht mit Überschüssen des anderen Topfes ausgleichsfähig. Zusätzlich dürfen nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Nur bei Einkünften im betrieblichen Bereich wurde durch § 6 Z 2 lit c EStG ein begrenzter Verlustausgleich und Verlustvortrag zugelassen. Neben der Verlustausgleichsoption im Wege der Veranlagung wird es wie bisher auch eine Regelbesteuerungsoption geben, um Personen mit geringem Einkommen die Rückerstattung der Abzugsteuer zu ermöglichen.
Abschließend Die steuerliche Behandlung von Stückzinsen wird ebenfalls geändert. Veräußerungen von Anleihen bewirken keine KESt-Gutschrift beim Erwerber mehr, das Gutschriftensystem wird aufgegeben. Zu beachten sind schließlich auch die nicht einheitlichen und komplexen Übergangsbestimmungen, die zwischen Aktien und GmbHAnteilen auf der einen Seite und Forderungswertpapieren und Derivaten auf der anderen Seite unterscheiden. Bei Investmentfonds und Immobilieninvestmentfonds werden die steuerlichen Auswirkungen einschleifend schlagend.
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• Arbeitshilfe • BGBl I 111/2010 • § 27 EStG; § 27a EStG
• BBG 2011; Einkünfte aus Kapitalvermögen
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
2011
VwGH zur Steuerpflicht einer „abstrakten Rente“ StExp 2011/71. Im Gegensatz zur nicht einkommensteuerbaren bloßen Schadenersatzrente („Mehrbedarfsrente“), stellt eine einkommenersetzende Verdienstentgangsrente („abstrakte Rente“) sonstige wiederkehrende Einkünfte gem § 29 Z 1 EStG dar. Peter Unger Der Sachverhalt Der im Jahr 1980 geborene Bf war seit seiner Geburt wegen eines Behandlungsfehlers in einer Krankenanstalt schwer behindert und laut ärztlicher Bescheinigungen zu 100% erwerbsgemindert sowie dauernd außer Stande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. In einem – vom Pflegschaftsgericht genehmigten – Vergleich erklärte sich der Rechtsträger der Krankenanstalt bereit, dem Bf für den Zeitraum 1. 7. 2000 bis 31. 12. 2004 eine monatliche wertgesicherte Rente zu zahlen. Laut Vergleich war der Rechtsträger verpflichtet, ab 1. 1. 2005 das Monatsentgelt nach der jeweils für den Bf geltenden Entlohnungsstufe einer bestimmten Entlohnungsgruppe des Vertragsbedienstetengesetzes (in der jeweils geltenden Fassung) zu bezahlen. Durch die im Vergleich vereinbarten Zahlungen galten sämtliche Verdienstentgangsansprüche des Bf ab 1. 1. 2005 als „endgültig bereinigt und verglichen“.
Das Verfahren Strittig war die Einkommensteuerpflicht der Verdienstentgangsrente im Jahr 2005. Laut Bf sei diese nämlich nicht für einen konkret feststellbaren Einnahmenausfall zu bezahlen und stehe nur deshalb in bestimmter Höhe zu, weil der wegen lebenslanger Erwerbsunfähigkeit seit Geburt resultierte Schaden durch eine fiktive Heranziehung der Gehaltstafel für Vertragsbedienstete quantifiziert worden sei. Das Finanzamt qualifizierte die dem Bf im Jahr 2005 ausbezahlten Rentenbeträge jedoch als sonstige Einkünfte iSd § 29 Z 1 EStG. In der Berufung beharrte der Bf darauf, dass es sich um eine freiwillige Schadensrente handle. Der UFS bestätigte die Ansicht des Finanzamtes, weil mit den strittigen Zahlungen der Verdienstentgang bzw der Ausfall an Einnahmen, den der Bf auf Grund seiner 100%-igen Erwerbsminderung erlitten habe, ausgeglichen werden solle, weshalb eine Verdienstentgangsrente (§ 1325 ABGB) vorliege. Auch bei abstrakten Renten bestehe ein innerer Zusammenhang mit einem (möglicherweise) zu erwartenden Verdienstentgang. Da die gegenständliche Rente zweifellos dazu bestimmt sei, den Verdienstentgang auszugleichen, der sich auf Grund der dauernden Erwerbsunfähigkeit ergebe, entspreche es auch der Systematik des Einkommensteuerrechts, die Rente als steuerpflichtigen Bezug nach § 29 Z 1 EStG zu qualifizieren. Der Ansicht
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des Bf, es bestehe keine Steuerpflicht, weil es sich um eine freiwillige Schadensrente handle, sei zu entgegnen, dass Grundlage für die gegenständlichen Rentenzahlungen eine schuldhafte Schadensverursachung sei und eine freiwillige Zuwendung dann nicht vorliege, wenn Unfallfolgen durch Rentenzusagen abgegolten würden.
Der VwGH Der VwGH wies die Beschwerde ab und hielt zunächst fest, dass § 29 Z 1 EStG einen Sondertatbestand bildet, der nicht an das Vorhandensein einer Einkunftsquelle, sondern im Wesentlichen bloß an den wiederkehrenden Zufluss von Bezügen, die allerdings auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhen müssen, anknüpft (zB VfGH 7. 12. 2002, G 85/02 und VfGH 7. 12. 2006, B 242/06, sowie VwGH 20. 9. 1988, 87/14/0167 und VwGH 29. 1. 2003, 99/13/0188). Auch wenn die dem Bf gewährte Rente auf Grund eines Vergleichs zwischen dem Rechtsträger der Krankenanstalt und dem Bf ausbezahlt wird, bedeutet dies nicht, dass die Rentenbezüge deshalb auf einer freiwillig geschaffenen Rechtsgrundlage beruhen. Die Rentenleistungen wurzeln nämlich in der Schadenersatzpflicht des Leistenden (§ 1325 ABGB) und sind damit nicht „freiwillig“ iSd § 29 Z 1 EStG (Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz 1084). Bei so genannten Mehrbedarfsrenten an eine behinderte Person ist § 29 Z 1 EStG vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips dahingehend einschränkend auszulegen, dass Schadenersatzrenten, die nur dem Ausgleich eines persönlichen Mehrbedarfs des Rentenberechtigten dienen, von der Einkommensteuerpflicht nicht erfasst sind. Demgegenüber bezog der Bf eine sog abstrakte Rente, die sich in ihrer Bemessung am Monatsentgelt von im öffentlichen Dienst stehenden Vertragsbediensteten orientierte, womit nach dem zugrundeliegenden Vergleich auch sämtliche Verdienstentgangsansprüche des Bf „endgültig bereinigt und verglichen“ waren. Die abstrakte Rente bildete somit eine (einkommensersetzende) Rente für Verdienstentgang (vgl dazu auch VwGH 29. 4. 1966, 307/66, VwSlg 3455/F), deren Einbeziehung in die Einkommensbesteuerung – auch wenn sie statt eines Einmalbetrags ausbezahlt worden sein sollte – auch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht entgegen stehen. Da im vorliegenden Fall wiederkehrende Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG vorlagen, bedurfte es auch keiner Anwendung des § 32 Z 1 lit a EStG.
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• Arbeitshilfe Gegenüberstellung: Mehrbedarfsrente und Verdienstentgangsrente
• VwGH 17.11.2010, 2007/13/0066
• § 29 Z 1 EStG • Rente; Mehrbedarfsrente; Verdienstentgangsrente
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KW Steuerrecht – Einkommensteuer
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UFS zur Betriebseinstellung wegen Erwerbsunfähigkeit StExp 2011/73. Werden Gebäude iZm einer Betriebsaufgabe ins Privatvermögen überführt, kann die Begünstigung nach § 24 Abs 6 Z 2 EStG nur dann zur Anwendung kommen, wenn zumindest bei Betriebseröffnung, die Fähigkeit den Betrieb zu führen, gegeben war. Christoph Heugenhauser Steuerbegünstigungen für Betriebsaufgaben und -veräußerungen Werden Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile aufgegeben oder veräußert, sind eine Reihe von Begünstigungen vorgesehen, die in den §§ 24 iVm 37 EStG gesetzlich verankert sind. Sämtliche Begünstigungen mit Ausnahme des Freibetrags iHv € 7.300,– sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, vom Steuerpflichtigen zu beantragen und die Voraussetzung nachzuweisen. Es gilt die freie Beweiswürdigung gem § 167 BAO (va wichtig bei Nachweis von körperlicher und/oder geistiger Behinderung), dh jede Partei hat die Möglichkeit, die Tatbestandsvoraussetzung zB mittels Gutachten nachzuweisen.
Freie Beweiswürdigung von Gutachten und Interpretation der Voraussetzungen der Hauptwohnsitzbefreiung des UFS Der UFS hatte folgenden etwas kuriosen Sachverhalt zu entscheiden. Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahr 2009 wurde festgestellt, dass ein im Betriebsvermögen stehendes Gebäude im Rahmen einer Betriebsaufgabe zum 31. 12. 2006 ohne Beantragung einer Begünstigung zu Buchwerten in das Privatvermögen der Bw übernommen wurde. Das Betriebsvermögen wurde zuvor per 1. 1. 2006 unentgeltlich von der Mutter der Bw an die Bw übergeben. Die Betriebsprüfung stellte eine Entnahme zu Teilwerten fest und das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid. Ohne während der monatelang dauernden Betriebsprüfung jemals darauf hinzuweisen, erhob der steuerliche Vertreter der Bw nach Fristverlängerung zur Beiholung eines medizinischen Gutachtens Berufung gegen den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheid mit der Begründung, dass die Bw wegen schwerer Behinderung nicht in der Lage gewesen wäre, ihren Betrieb fortzuführen. Daher wäre die Begünstigung nach § 24 Abs 6 Z 2 EStG anzuwenden. Als Nachweis für die im Jahr 2006 vorgelegene Behinderung legte der steuerliche Vertreter ein im Oktober 2009 erstelltes rückwirkendes Gutachten vor. Kurz vor Betriebsaufgabe legte die Bw ihre Gewerbeberechtigung zurück und stellte einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension, der im Jänner 2007 von der Pensionsversicherungsanstalt allerdings mangels Berufsunfähigkeit abgelehnt wurde. Seitens des Finanzamtes wurde
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der ablehnende Bescheid von Seiten der Pensionsversicherungsanstalt und die Tatsache, dass wohl bei Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit keine notarielle Übergabe stattgefunden hätte, als Argumente für die mangelnde Erwerbsunfähigkeit und damit auch als Nachweis für die fehlende Voraussetzung für eine Hauptwohnsitzbefreiung herangezogen. Der UFS würdigte sowohl das rückwirkende Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen als auch den rund einen Monat nach Betriebsaufgabe erstellten ablehnenden Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt. Es war jedoch zu beachten, dass der Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt nicht die konkrete betriebliche Tätigkeit, sondern die vorangegangene Tätigkeit als Büroangestellte zur Beurteilung herangezogen hatte. Die Beurteilung für die steuerlich begünstigte Betriebsaufgabe hätte allerdings konkret auf das Führen des Betriebs abstellen müssen. Der ablehnende Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt konnte somit für die Beurteilung des Sachverhalts nicht herangezogen werden. Der UFS führte allerdings an, dass gemäß dem Wortlaut des § 24 Abs 6 Z 2 EStG der StPfl wegen körperlicher oder geistiger Behinderung nicht mehr in der Lage sein darf, den Betrieb fortzuführen. Gemäß rückwirkendem Gutachten des Sachverständigen war zum Zeitpunkt der Übergabe des Betriebs von der Mutter auf die Bw diese gerade noch in der Lage, den Betrieb mit Unterstützung der Mutter zu führen. Ein vollkommen selbständiges Führen des Betriebs sei auch zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr möglich gewesen. Lag somit bereits bei Betriebseröffnung eine Erwerbsunfähigkeit vor, so steht eine Einkommensteuererleichterung nicht zu.
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• Arbeitshilfe Übersicht zu ESt-Begünstigungen bei Betriebsaufgabe und -veräußerung
• UFS Wien 12.10.2010, RV/ 0801-W/10.
• § 24 EStG; § 37 EStG
• Betriebsaufgabe; Erwerbsunfähigkeit; Begünstigung
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KW Steuerrecht – Umgründungen
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Rückwirkung bei Umgründungen StExp 2011/72. Der VwGH hat über die Rückwirkungsfiktion bei Rechtsverhältnissen mit Dritten bei einer Einbringung entschieden. Dabei hielt er fest, dass die Zurechnung des Einkommens keine über den Bereich des Abgabenrechts hinausgehende Wirkung hat.
Martina Gatterer
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er Bf hat als Alleininhaber seinen landwirtschaftlichen Betrieb durch den am 26. 9. 2006 abgeschlossenen Einbringungsvertrag in die übernehmende GmbH eingebracht. Der Einbringungsstichtag wurde auf den 31. 12. 2005 rückbezogen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass der Bf nach dem BauernSozialversicherungsgesetz (BSVG) im Rückwirkungszeitraum in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert sei, da nach dem BSVG natürliche Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land- bzw forstwirtschaftlichen Betrieb führen, in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert sind. Der VwGH hat bereits in einem früheren Erkenntnis (VwGH 20. 12. 1972, 0285/72) ausgesprochen, dass die für die Pflichtversicherung maßgebenden Umstände der Führung eines Betriebs auf eigene Rechnung und Gefahr nicht mehr nachträglich und rückwirkend durch einen Vertrag als gegeben gewesene Tatbestände aus der Welt geschafft werden können. In einem weiteren Erkenntnis (VwGH 26. 1. 1993, 91/08/0058) zu einer Einbringung eines Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft erörterte das Höchstgericht, dass die Vornahme der sachenrechtlichen Verfügungen frühestens mit dem Datum des Abschlusses des Einbringungsvertrags angenommen werden kann. Dem Stichtag der Einbringungsbilanz kommt keine über den Bereich des Abgabenrechts hinausgehende Wirkung auf Rechtsverhältnisse zu Dritten zu. Mit dem aktuellen Erkenntnis hat der VwGH zudem festgehalten, dass durch einen Einbringungsvertrag zwar bestimmte Rechtsfolgen bewirkt werden können, jedoch in tatsächlicher Hinsicht weder eine rückwirkende Änderung der Zuordnung dinglicher Rechte noch eine rückwirkende Begründung eines zur Betriebsführung im Außenverhältnis berechtigenden und verpflichtenden obligatorischen Rechtsverhältnisses bewirkt werden können. Dies deshalb, weil es sich bei der Führung eines Betriebs auch um eine Tatsache handelt, die rückwirkend nicht ungeschehen gemacht werden kann. Daher konnte der abgeschlossene Einbringungsvertrag die aufgrund der tatsächlichen Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits eingetretene Pflichtversicherung nach dem BSVG nicht rückwirkend vernichten. Für das Ende der Pflichtversicherung sei somit der Tag des
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Vertragsabschlusses – somit der 26. 9. 2006 – und nicht der Einbringungsstichtag maßgeblich.
Rückwirkung nach dem UmgrStG Der bei einer Umgründung festgelegte Umgründungsstichtag hat nach den Bestimmungen des UmgrStG ausschließlich steuerrechtliche Rückwirkung. Davon abgesehen entfaltet jede Umgründung seine Rechtswirkungen nicht mit dem Stichtag der Umgründungsbilanz, sondern mit dem Tag des Vertragsschlusses. Zusätzlich haben Umgründungen selbst im Bereich des Abgabenrechts nicht überall rückbezogene Wirkung. Ertragsteuerlich gilt grundsätzlich das Vermögen im Zuge einer Umgründung bereits am Beginn des dem Umgründungsstichtag folgenden Tages als übertragen ("Rückwirkungsfiktion"). Daher werden bspw die Gesellschafter der untergehenden Gesellschaft mit diesem Tag zu Gesellschaftern des Rechtsnachfolgers, das Vermögen und die Ergebnisse, die Verluste und allfällige Beteiligungen mit diesem Tag dem Rechtsnachfolger zugerechnet und verfahrensrechtliche Fristen vom Rechtsnachfolger ab diesem Tag fortgesetzt. Die bewirkte Vermögensübertragung kann mit auf einen in der Vergangenheit liegenden Stichtag zurückbezogen werden. Anders als beim ertragsteuerlichen Übergang des Vermögens enthält das UmgrStG für die Arbeitgebereigenschaft des Rechtsnachfolgers keine Rückwirkung auf den Umgründungsstichtag. Der Arbeitgeberwechsel erfolgt daher im Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vermögensübergangs. Die Dienstverhältnisse gehen grundsätzlich erst mit der Eintragung der Umgründung in das Firmenbuch über; der Rechtsvorgänger bleibt bis zur Erlöschung Arbeitgeber. Dies gilt auch für die Beurteilung von Tätigkeitsvergütungen von wesentlich Beteiligten. Auch für den Bereich der Umsatzsteuer enthält das UmgrStG keine Rückwirkungsfiktion. Die Unternehmereigenschaft des Rechtsvorgängers besteht bis zur Eintragung der Umgründung ins Firmenbuch und geht erst durch die Eintragung in das Firmenbuch unter. Daher hat der Rechtsvorgänger für den Zeitraum vom Umgründungsstichtag bis zum Ende der Unternehmerfunktion noch unter seinem Namen Ausgangsrechnungen auszustellen und Umsatzsteuervoranmeldungen und eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben. Ebenso haben auch die Eingangsrechungen noch auf seinen Namen zu lauten.
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• Arbeitshilfe Übersicht zur Rückwirkungsfiktion bei Umgründungen
• VwGH 24.11.2010, 2007/08/0174
• Einbringung; Rückwirkungsfiktion; Zurechnung
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KW Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise
2011
Finanzdienstleistungen im Lichte der Verrechnungspreisrichtlinien StExp 2011/69. Die im November 2010 veröffentlichten österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien gehen im Kapitel zu Finanzdienstleistungen auf konzerninterne Zinsen, Bürgschaften und Patronatserklärungen, Factoring und Cash Pooling ein. Sophia Reismann
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ie Ausführungen zu Finanzdienstleistungen in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (VPR) sind sehr kurz gehalten und decken sich größtenteils, aber nicht zur Gänze, mit der bisherigen Praxis der Finanzverwaltung. Neben den Aussagen zum Cash-Management sind vor allem folgende Bestimmungen zur Ermittlung der konzerinternen Zinsen beachtenswert: • Forderung einer umfassenden Funktionsanalyse • Abweichung der VPR-Bandbreite für konzerinterne Zinssätze vom OECD-Zinsband
Konzerninterne Zinsen Seit dem Salzburger Steuerdialog 2008 ist die Meinung der österreichischen Finanzverwaltung bekannt, dass Banken in der Regel mit Konzernfinanzierungsgesellschaften nicht direkt vergleichbar sind. Diese Ansicht, die sich insb darauf begründet, dass Wirtschaftskonzerne und Banken unterschiedliche Zielsetzungen bei der Geldvergabe haben, wurde in die österreichischen VPR übernommen. Daher ist die Bandbreite, in der sich der fremdüblich anzusetzende Zinssatz befindet, laut den VPR nur durch eine umfassende Funktionsanalyse unter Berücksichtigung der Eigenmittelausstattung der ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft bestimmbar. Diese Bandbreite ist jedoch nicht ident mit dem OECD-„Zinsband“: • Obergrenze dieses „Zinsbandes“ ist der Sollzinssatz konzernfremder Kommerzbanken (Zinssatz für besicherte Darlehen) • Orientierungshilfe für die Untergrenze ist der Habenzinssatz Die VPR-Bandbreite bewegt sich in Abhängigkeit der maßgeblichen funktionalen Gegebenheiten innerhalb des OECD-„Zinsbandes“. Die Beurteilung soll im Einzelfall unter Beachtung maßgeblicher Faktoren wie Währung, Laufzeit, Kreditwürdigkeit des Schuldners oder Refinanzierungskosten erfolgen. Ein erklärtes Ziel der VPR ist es, unzulässigen Gewinnverlagerungen ins Ausland entgegenzutreten. Daher wird betont, dass bei Finanzierungsvorgängen, die über eine Steueroase erfolgen, eher der Verdacht einer unzulässigen Gewinnverlagerung entsteht. In diesen Fällen besteht laut den VPR ein erhöhter Dokumentationsbedarf. Im Zweifel ist das Entgelt der Steueroasen-Finanzierungsgesellschaft in Form
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eines Ersatzes der Refinanzierungskosten und einer Dienstleistungsvergütung festzusetzen. Bezüglich der Gewährung von zinsfreien Darlehen, wird in den VPR hervorgehoben, dass auf Basis des Fremdvergleichsgrundsatzes fremdübliche Zinsen anzulasten sind, sofern das Darlehen weder im Ausland noch in Österreich als verdeckte Einlage gewertet wird. Wenn eine Unterlassung dieser Bestimmung nicht durch besondere Gegebenheiten gerechtfertigt ist, wird eine Gewinnberichtigung in Österreich zu erwarten sein.
Bürgschaften und Patronatserklärungen Bei Bürgschaften und harten Patronatserklärungen ist ebenfalls eine fremdübliche Abgeltung zu beachten. Diese kann sich an für Bankbürgschaften üblichen Avalprovisionen orientieren, sofern die Bürgschaftsübernahme aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Sicherheiten, die rein auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses gewährt werden, sind nicht verrechenbar.
Factoring Beim Factoring ist insb auf den tatsächlichen Übergang des Ausfallsrisikos zu achten. Nur wenn das Ausfallsrisiko auf die erwerbende Konzern-Factor-Gesellschaft übergeht, darf neben einer Dienstleistungs- und Finanzierungsfunktion auch die Delkrederefunktion für die Übernahme des Ausfallsrisikos abgegolten werden („echtes“ Factoring). Auch beim „stillen“ Factoring besteht ein steuerliches Nichtanerkennungsrisiko, wenn wirtschaftlich keine messbare Entlastung des Ausfallsrisikos stattfindet.
Cash-Management In einem kurzen Absatz gehen die VPR vor allem auf Synergieeffekte aus einem Cash-Management ein: Diese entstehen, zum Beispiel, durch die Konsolidierung der Bankkonten einzelner Konzerngesellschaften im Rahmen eines Cash-Pools. Die VPR verlangen, dass diese Synergieeffektenach Verrechnung der Kosten – auf alle beteiligten Konzernunternehmen aufgeteilt werden. Vergütungen für die Dienstleistung des CashPool-Betreibers können gemäß den VPR nach der Kostenaufschlagsmethode abgegolten werden. Etwaige vom Cash-Management-Betreiber übernommene Risiken sind ebenfalls in angemessener Weise abzugelten.
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• Arbeitshilfe VPR 2010: Finanzdienstleistungen – Bandbreite konzerninterner Zinssätze
• VPR 2010 Rz 87ff • VPR 2010; konzerninterne Zinsen; Cash Pooling
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KW Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise
2011
Sanierungsklausel zum Verlustabzug unvereinbar mit EU-Beihilferegeln StExp 2011/70. Gemäß eines Beschlusses der EU-Kommission vom 26. 1. 2011 ist die Sanierungsklausel der deutschen Regelung zur Verlustverrechnungsbeschränkung bei Körperschaften eine staatliche Beihilfe. Auch Österreich verfügt über eine vergleichbare Regelung. Christof Wörndl/Mathias Benedict Knittel
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m Beschluss C 7/2010 vom 26. 1. 2011 stellt die EU-Kommission fest, dass die Sanierungsklausel der deutschen Regelung zur Verlustverrechnungsbeschränkung bei Körperschaften als eine staatliche Beihilfe anzusehen ist. Als Folge wird Deutschland angewiesen, sämtliche Beihilfen, die im Rahmen dieser Regelung gewährt wurden, zurückzufordern. Auf Vertrauensschutz können die betroffenen Unternehmen nicht hoffen. Das österreichische Körperschaftsteuergesetz verfügt mit § 8 Abs 4 Z 2 Satz 3 KStG ebenfalls über eine Sanierungsklausel, die trotz des Vorliegens eines tatbestandlichen Mantelkaufs bestehende Verlustvorträge nicht untergehen lässt.
Rechtsvergleich Im deutschen Körperschaftsteuersystem geht bei einem schädlichen Beteiligungserwerb (Eigentümerwechsel > 50%) ein ungenutzter Verlustvortrag grundsätzlich verloren (§ 8c dKStG). Das österreichische Körperschaftsteuersystem sieht hingegen grundsätzlich die Möglichkeit vor, auch bei einem vollständigen Eigentümerwechsel steuerliche Verlustvorträge mitzunehmen. Ihre Grenzen findet die Regelung im sog Mantelkauftatbestand (§ 8 Abs 4 Z 2 Satz 2 KStG). Ziel ist es, den Kauf von gescheiterten Unternehmen zum Zwecke der Nutzung von steuerlichen Verlustvorträgen zu verhindern. 2009 wurde die deutsche Regelung zur Verlustvortragsbeschränkung bei schädlichen Beteiligungserwerben um die sog Sanierungsklausel (§ 8c Abs 1a dKStG) ergänzt. Diese ermöglicht, Verlustvorträge mit zu erwerben, wenn der Beteiligungserwerb darauf gerichtet ist, eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Enumerativ listet die Norm die Voraussetzungen zur Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen auf. Während die deutsche Regelung erst in der Sanierungsklausel Anforderungen an den Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen stellt, finden sich solche Regelungen im österreichischen System bereits in den allgemeinen Regelungen zum Verlustabzug. Dies ist nur folgerichtig, da in Österreich bei einem Beteiligungserwerb eine Mitnahme der Verluste – im Gegensatz zu Deutschland – generell möglich ist. Die österreichische Sanierungsklausel behandelt einen tatbestandlichen Mantelkauf als unbeachtlich, wenn Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung
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eines wesentlichen Teils betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen.
Beschluss der EU-Kommission und Anwendbarkeit auf österreichische Sanierungsklausel Die EU-Kommission qualifiziert die deutsche Sanierungsklausel als staatliche Beihilfe, da sie zwischen sanierungsbedürftigen und gesunden Unternehmen unterscheidet. So können auch gesunde Unternehmen Verluste erleiden, die Sanierungsklausel jedoch nur von angeschlagenen, sanierungsbedürftigen Unternehmen in Anspruch genommen werden. Angeschlagenen Unternehmen und folglich auch ihren Käufern wird ein finanzieller Vorteil zugestanden. Eine Rechtfertigung für eine solch selektive Regelung kann die Kommission nicht erkennen. UE lässt sich der Beschluss der Kommission auch auf die österreichische Sanierungsklausel übertragen. Die Lockerung des österreichischen Mantelkauftatbestands findet nur auf sanierungsbedürftige Unternehmen Anwendung. Eine Einteilung in gesunde und sanierungsbedürftige Unternehmen wird vorgenommen. Geht es in Deutschland jedoch um die Verwertbarkeit von Verlustvorträgen bei Unternehmenskäufen, ist in Österreich der Übergang von Verlustvorträgen generell möglich. Die Auswirkungen des Kommissionsbeschlusses sind für deutsche Unternehmen somit ungleich größer. Die Erleichterungen der österreichischen Sanierungsklausel spielen in der Steuerberaterpraxis hingegen eine untergeordnete Rolle. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch § 4 Z 2 UmgrStG eine Sanierungsklausel enthält. Daneben sollen auch Änderungen zum Zwecke der Verbesserung oder Rationalisierung der betrieblichen Struktur im Unternehmenskonzept einen verwirklichten Mantelkauftatbestand ausschließen. Ob sich die Entscheidung der Kommission auf letzteren Ausschlussgrund ausweiten lässt, ist uE fraglich. Derzeit ist seitens der EU noch kein Verfahren gegen die österreichische Sanierungsklausel im § 8 Abs 4 Z 2 KStG eingeleitet worden. Für Unternehmen, die diese Ausnahmebestimmung in Anspruch genommen haben, besteht jedoch ein nicht unwesentliches Risiko, dass der Steuervorteil ebenfalls als schädliche Beihilfe zu qualifizieren ist, die von Österreich zurückzufordern ist. Dieser Aspekt sollte zB beim Erwerb von solchen Unternehmen im Rahmen der Steuergarantie im Anteilskaufvertrag berücksichtigt werden.
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• Arbeitshilfe Rechtsvergleichende Übersicht: Sanierungsklausel in Deutschland und Österreich
• Beschluss der EU-Kommission (C 7/2010) vom 26. 1. 2011
• § 8 Abs 4 Z 2 KStG; § 8c Abs 1a dKStG
• Verlustvortrag; Sanierungsklausel; Mantelkauf
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KW Steuerrecht – Gebühren und Verkehrsteuern
2011
Nicht ausgedrucktes E-Mail mit sicherer elektronischer Signatur als Urkunde? StExp 2011/67. Der VwGH hat erstmals festgehalten, dass auch ein nicht ausgedrucktes E-Mail eine Urkunde im Sinne des GebG darstellen könnte. Eine sichere elektronische Signatur reicht dabei als Unterschrift iSd § 18 Abs 1 GebG aus. Michaela Klar/Michael Petritz
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m Sachverhalt, der dem Erkenntnis zugrunde liegt, wurde ein Mietvertrag über einen Büroraum abgeschlossen, wobei das Angebot auf Abschluss des Mietvertrags ebenso wie die Annahmeerklärung per E-Mail mit sicherer digitaler Signatur übermittelt wurde. Ein Ausdruck der EMails erfolgte nicht. Da Gebührenpflicht nach dem GebG grundsätzlich immer dann entsteht, wenn ein in § 33 GebG enumeriertes Rechtsgeschäft zustande kommt und darüber eine Urkunde errichtet wird, war im zugrunde liegenden Sachverhalt strittig, ob eine solche Urkunde hier vorlag.
E-Mail als „Stoff, der eine Schrift zu tragen geeignet ist“ Die traditionelle Auffassung zur Urkunde bestand darin, dass eine Schrift in Papierform vorliegen muss (so auch VwGH 18. 11. 1993, 93/16/0014, der ein schriftliches Beweismittel forderte). Von dieser Auffassung ist der VwGH im vorliegenden Erkenntnis abgerückt, wobei festzuhalten ist, dass in den letzten Jahren das umfangreiche Schrifttum zu diesem Thema gespalten war. Das Höchstgericht setzte sich zunächst mit der Frage auseinander, „worauf die Schrift gesetzt sein muss bzw woraus die Urkunde bestehen soll.“ Dazu hält er fest: „Papier ist demnach jeder ‚Stoff', der eine ‚Schrift‘ zu tragen geeignet ist. […] Als Stoff kann jedenfalls ein Bildschirm dienen, auf dem ein E-Mail (Schrift, Urkunde) lesbar gemacht werden kann. Durch die Möglichkeit, die Daten eines E-Mails zu speichern, wird auch dem der Beurkundung innewohnende Zweck der Schaffung eines Beweismittels entsprochen.“ Ergänzend führt der VwGH aus, dass auch ein nachträgliches Löschen der Daten – entsprechend § 17 Abs 5 GebG – die einmal entstandene Gebührenpflicht nicht aufhebt.
„die rechtlichen Anforderungen an eine Unterschrift in Bezug auf in elektronischer Form vorliegende Daten in gleicher Weise erfüllt wie handschriftliche Unterschriften in Bezug auf Daten, die auf Papier vorliegen, und im Gerichtsverfahren als Beweismittel zugelassen sind.“ Nach § 18 Abs 1 GebG steht der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Aussteller die Unterschrift gleich, die von ihm oder in seinem Auftrag oder mit seinem Einverständnis mechanisch oder in jeder anderen technisch möglichen Weise hergestellt oder mit Namenszeichnung vollzogen wird. Der VwGH setzt somit eine sichere elektronische Signatur der händischen Unterschrift für Zwecke des GebG gleich.
Verbleibende Zweifelsfrage Keine Aussagen macht das Höchstgericht allerdings dahingehend, inwieweit auch elektronische Signaturen, die nicht „sicher“ iSd SigG sind, Unterschriften im gebührenrechtlichen Sinne darstellen können. Hinsichtlich noch verbleibender Gebührenvermeidungsstrategien sei auf die Arbeitshilfe verwiesen.
Praxistipp: Wie vermeidet man eine gebührenpflichtige E-Mail-Urkunde?
• VwGH 16.12.2010, 2009/16/0271
• § 15 GebG; § 18 GebG
• Urkunde; E-Mail; Unterschrift; Gebührenvermeidung
Sichere digitale Signatur als Unterschrift Die „Stofflichkeit des E-Mails“ reicht alleine aber noch nicht aus, dass eine gebührenpflichtige Urkunde vorliegt: vielmehr muss die Schrift auch unterfertigt sein, um eine Urkunde darzustellen (so auch GebR 2007 Rz 428). Beide dem Sachverhalt zugrunde liegenden EMails waren mit einer sicheren digitalen Signatur versehen. Der Gerichtshof hielt hierzu nach Anführung der einschlägigen Bestimmungen des SigG fest, dass eine solche sichere digitale Signatur entsprechend den Vorschriften der RL 99/93/ EG des Rates vom 13. 12. 1999, Abl L Nr 13, 12,
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• Arbeitshilfe
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KW Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht
2011
Strafaufhebung nach Zahlung eines Verkürzungszuschlags (§ 30a FinStrG) StExp 2011/62. Seit Jahresbeginn 2011 kann ein Schnellverfahren nach Überprüfungsmaßnahmen rasch Rechtsfrieden schaffen und entkriminalisieren.
Klaus Hübner
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m Rahmen der FinStrG-Novelle 2010 wurde unter anderem § 30a FinStrG eingeführt, der im Folgenden kurz erläutert wird. In einer Vielzahl von kleineren Fällen war bis dato im Anschluss an eine Außenprüfung oft unklar, ob auch ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wird und wie hoch das Risiko einer zu erwartenden Geldstrafe ist. Mit dem neuen „Schnellverfahren“ wurde eine grundsätzlich begrüßenswerte, verfahrenökonomische Regelung gefunden, die auch der Entlastung der Strafbehörden dient und damit deren Fokusierung auf größere Fälle ermöglicht.
Zuschlag Durch Zahlung eines 10%-igen Zuschlags auf jene Nachforderungen, welche den Verdacht eines Finanzvergehens rechtfertigen, kann Straffreiheit erreicht werden. Ein strafrechtlicher Verdacht wird hiebei nur angenommen werden dürfen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auf das Bestehen eines Finanzvergehens vorliegen. Der Verdacht muss auch die subjektive Tatseite umfassen.
Anwendungsbereich Anwendbar ist § 30a FinStrG jedenfalls auf alle Außenprüfungen und Nachschauen iSd BAO. Argumentierbar ist auch die Anwendbarkeit bei Ergänzungsersuchen gem § 138 BAO und bei Bescheidnachkontrollen. Ausgenommen von der Anwendbarkeit sind Zölle. Auch bei anhängigen Strafverfahren, wie auch bei Vorliegen einer Selbstanzeige oder spezialpräventiver Gründe ist § 30a FinStrG nicht anwendbar. Zumal das Verfahren auf Verkürzungsdelikte beschränkt ist, ist eine Anwendbarkeit auch nicht bei den Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49a FinStrG möglich. Weitere Anwendungsvoraussetzung ist, dass die strafrechtlich relevanten Nachforderungsbeträge für ein (Veranlagungs-)Jahr zusammen die Wertgrenze von € 10.000,–, in Summe – bei mehrjähriger Prüfung – von € 33.000,– nicht übersteigen darf. Die Ermittlung der Verkürzungsbeträge kommt bemerkenswerter Weise den Abgabenbehörden und nicht den Finanzstrafbehörden zu. Entscheidet sich die Abgabenbehörde für die Anwendung des „Schnellverfahrens“ nach § 30a FinStrG, so ist eine Befassung der Finanzstrafbehörde nicht vorgesehen.
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Akzeptanz und Rechtsmittelverzicht erforderlich Der Abgabenpflichtige hat sich spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Festsetzung der Abgabennachforderung mit dem 10%-igen Verkürzungszuschlag einverstanden zu erklären oder er kann innerhalb dieser – nicht erstreckbaren – Frist einen entsprechenden Antrag stellen. Gegen die Akzeptanz des Abgabenpflichtigen kann kein Verfahren nach § 30a FinStrG durchgesetzt werden. Ein Rechtsanspruch auf Anwendung des § 30a FinStrG besteht nicht, wohl aber auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Einer Berufung gegen die Abweisung des Antrags nach § 30a FinStrG kommt keine aufschiebende Wirkung zu, sodass diesfalls ein Finanzstrafverfahren eingeleitet werden könnte. Weitere Voraussetzung für die Anwendung dieses Schnellverfahrens ist ein Rechtsmittelverzicht gegen die Vorschreibung des Verkürzungszuschlags. Hinsichtlich der Abgabennachforderung bedarf es jedoch keines Rechtsmittelverzichts. Insoweit einer Berufung stattgegeben wird, kommt es zu einer automatischen Anpassung der Abgabenerhöhung.
Rechtzeitige Entrichtung Die Strafaufhebung setzt auch voraus, dass sowohl die Abgabennachforderung als auch der Verkürzungszuschlag rechtzeitig, dh innerhalb eines Monats nach Festsetzung, entrichtet wird. Diese Frist ist nicht verlängerbar! Bei Fristversäumung fällt die Zahlungsverpflichtung weg, allenfalls geleistete Zahlungen sind diesfalls gutzuschreiben.
Mittäter automatisch mitumfaßt Die Strafaufhebung nach § 30a FinStrG gilt nicht nur für den unmittelbaren Täter, sondern auch für alle Mittäter. Es erfolgt auch keine Eintragung ins Finanzstrafregister.
Verhältnis zum vereinfachten Verfahren In der Praxis ist damit zu rechnen, dass das vereinfachte Verfahren (es setzt eine ausreichende Klärung des Sachverhalts voraus, wohingegen § 30a FinStrG lediglich einen Verdacht braucht), sehr an Bedeutung verlieren wird. So sehr dieses neue Schnellverfahren zu begrüßen ist, so sehr ist aber auch zu hoffen, dass der 10%-ige Zuschlag nicht automatisch verhängt, sondern vielmehr lediglich auf schon bisher finanzstrafrechtlich relevante Sachverhalte angewendet wird.
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• Arbeitshilfe Vorraussetzungen für das „Schnellverfahren“ nach § 30a FinStrG
• BGBl I 104/2010 • § 30a FinStrG • FinStrG-Novelle 2010; Verkürzungszuschlag; Betriebsprüfung
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KW Steuerrecht – Abgabenverfahren/Finanzstrafrecht
2011
Die Begehungsweise des Abgabenbetrugs nach § 39 Abs 2 FinStrG StExp 2011/68. § 39 Abs 2 FinStrG zielt darauf ab, jene Fälle zu erfassen, in denen Vorsteuerbeträge ohne Zugrundelegung einer Leistung betrügerisch geltend gemacht werden. Davon betroffen sind Umsatzsteuerkarusselle bzw Missing-Trader-Konstruktionen. Alexander Lang/Hubertus Seilern-Aspang
Erlangung einer ungerechtfertigten Abgabengutschrift
Besondere Tatbestandsvoraussetzungen
Der Täter muss Vorsteuerbeträge geltend machen, um dadurch eine ungerechtfertigte Abgabengutschrift zu erlangen. Demzufolge muss im jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum oder bei der Jahresumsatzsteuer tatsächlich der Vorsatz auf Erlangung einer Gutschrift gerichtet sein. Die vorsätzliche Minderung der Umsatzsteuerzahllast allein sollte daher keinen Abgabenbetrug darstellen. Als weiteres Tatbestandsmerkmal ist ein erweiterter Vorsatz erforderlich. Die sprachliche Ausgestaltung „um … zu“ lässt auf Absichtlichkeit iSd § 5 Abs 2 StGB schließen. Dolus eventualis ist demzufolge hinsichtlich des erweiterten Vorsatzes nicht ausreichend.
Des Abgabenbetrugs nach § 39 Abs 2 FinStrG macht sich schuldig, wer eine Abgabenhinterziehung dadurch begeht, dass er Vorsteuerbeträge geltend macht, denen keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde liegen, um dadurch eine ungerechtfertigte Abgabengutschrift zu erlangen.
Keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen Abgabenbetrug nach § 39 Abs 2 FinStrG liegt dann vor, wenn der Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen keine Lieferungen oder sonstigen Leistungen zugrunde liegen. Es muss also zusätzlich zur Verwirklichung des Grunddelikts der Abgabenhinterziehung ein betrügerisches Element vorliegen, indem etwa Vorsteuerbeträge unter Berufung auf Scheinrechnungen geltend gemacht werden. Weiters könnten die Vorsteuerbeträge ohne Vorliegen eines tatsächlichen Geschäftsfalls durch unrichtige Eintragungen in der Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung erlangt werden. Werden die Scheinrechnungen aber tatsächlich der Finanzbehörde übermittelt, liegt ein Abgabenbetrug nach § 39 Abs 1 lit a oder b FinStrG vor, da der Abs 2 nur subsidiär Anwendung findet. Fraglich ist, ob Abgabenbetrug vorliegt, wenn zwar eine Leistung erbracht wurde, allerdings nicht an denjenigen, der die entsprechende Vorsteuer geltend macht. Wird beispielsweise eine private Ausgabe als betriebliche deklariert, wurde zwar eine Leistung erbracht, diese ist aber nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Der Vorsteuerbetrag wird zwar auf Basis einer tatsächlich erbrachten Leistung, jedoch falsch deklarierten Leistung geltend gemacht. Ob derartige Fälle einen Abgabenbetrug iSd § 39 Abs 2 FinStrG darstellen, wird die künftige Rechtsprechung zeigen. Trotz Täuschungshandlung, zählt das Vortäuschen der Unternehmereigenschaft nach ständiger Rechtsprechung nicht zu den belangten Handlungen. In diesem Fall liegt nämlich keine Abgabenhinterziehung (und daher auch kein Abgabenbetrug), sondern Betrug gem §§ 146ff. StGB vor (vgl OGH 19. 10. 1982, 10 Os 180/81; ÖJZ 1983/124; ÖStZ 1998, 228). Ebenso sind wohl jene Fälle zu beurteilen, in denen eine Person über ihre Berechtigung zum Vorsteuerabzug täuscht.
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• Arbeitshilfe Tatbestandsvoraussetzung des Abgabenbetrugs nach § 39 Abs 2 FinStrG
• § 39 Abs 2 FinStrG; § 33 FinStrG; § 5 Abs 2 StGB
• Abgabenbetrug; Vorsteuerbetrug; Abgabengutschrift
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KW Steuerrecht – Lohnabgaben/Sozialversicherung/Arbeitsrecht
2011
Private Nutzung von Bonusmeilen StExp 2011/65. Der Vorteil aus der Privatnutzung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen ist im Wege der Veranlagung steuerlich zu erfassen. Sozialversicherungsrechtlich muss der Vorteil hingegen im Rahmen der Lohnverrechnung der Beitragspflicht unterzogen werden.
Christian Wesener Lohnsteuer und Lohnnebenkosten Im Zuge des LStR-Wartungserlasses 2010 wurde auch das Erkenntnis des VwGH 29. 4. 2010, 2007/15/0293 betreffend der steuerlichen Behandlung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen in die Lohnsteuerrichtlinien eingearbeitet. Die LStR 2002 Rz 222d wird dahingehend angepasst, dass im Rahmen von Vielfliegerprogrammen erworbene Bonuswerte (zB Bonusmeilen) den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind, wenn der Arbeitnehmer diese Bonuswerte für private Zwecke verwendet. Entgegen der ursprünglichen Ansicht der Finanzverwaltung ist dieser Vorteil jedoch als Arbeitslohn von dritter Seite im Rahmen der Veranlagung zu erfassen. Der Arbeitgeber ist folglich nicht verpflichtet, für den Vorteil Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen (§§ 78 und 82 EStG). Für jene Jahre, für die dieser Vorteil bereits beim Arbeitgeber versteuert wurde, hat eine Versteuerung des Vorteils im Rahmen der Veranlagung zu unterbleiben (BMF 23. 8. 2010, BMF-010222/0132-VI/ 7/2010). Dem Arbeitnehmer ist der Vorteil zu jenem Zeitpunkt zugeflossen, in dem der Arbeitnehmer die Bonusmeilen einlöst. Dabei ist jener Betrag anzusetzen, welchen sich der Arbeitnehmer auf Grund der Nutzung der Bonusmeilen erspart hat (zB Ticketkosten eines vergleichbaren Flugs). Da es sich beim Vorteil aus der Privatnutzung um Arbeitslohn von dritter Seite handelt, erhöht der Vorteil nicht die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Wurde in den Vorjahren ein entsprechender Sachbezug in der Lohnverrechnung angesetzt, so können die Lohnnebenkosten im Rahmen einer Abgabenprüfung zurückgefordert werden.
Sozialversicherung/BMSVG-Beitrag Abweichend von der lohnsteuerlichen Beurteilung ist die Beitragspflicht in der Sozialversicherung zu sehen. Nach § 49 Abs 1 ASVG sind unter Entgelt Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der Dienstnehmer Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Die Leistung des Dritten ist jedoch nur dann unter dem Entgeltbegriff des ASVG zu subsumieren, wenn die Leistung nach dem Parteiwillen Gegenwert für eine vom Dienstnehmer erbrachte
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oder noch zu erbringende Leistung sein soll. Werden Leistungen Dritter bloß „aus Gelegenheit“ erbracht, so fehlt ein betriebsbezogenes Leistungsinteresse des Dienstgebers, welches eine Wertung als beitragspflichtiges Entgelt rechtfertigen würde (vgl VwGH 1. 6. 1999, 94/08/0065). Nach Ansicht der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse hat der Dienstgeber weiterhin die Sozialversicherungsbeiträge für die Nutzung von Bonusmeilen einzubehalten und abzuführen. Die Bewertung des Sachbezugs hat sich an den Mittelpreisen des Verbrauchsorts zu orientieren und ist als laufender Bezug zu versteuern. Beitragsrechtlich ist die Abrechnung jenem Zeitpunkt zuzuordnen, in denen die Bonusmeilen eingelöst wurden (DGService NÖGKK, NÖDIS 3/2010). Zusätzlich unterliegt der Vorteil aus der Privatnutzung der Beitragspflicht nach dem BMSVG.
Kritische Würdigung Die von der NÖGKK vertretene Rechtsansicht ist in ihrer Pauschalität problematisch. Einerseits wird nicht auf die von der Judikatur des VwGH vorgegebenen Abgrenzungsmerkmale für Leistungen Dritter (Parteiwille und betriebsbezogenes Leistungsinteresse) Rücksicht genommen, andererseits wird durch die Bezugnahme auf die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsorts und der Beitragszeitraumzuordnung der Arbeitgeber mit jenen Mitwirkungs- und Überwachungspflichten konfrontiert, welche der VwGH hinsichtlich der Lohnsteuerpflicht als verfassungsrechtlich problematisch erkannt hat. Inwieweit der Erwerb von dienstlich erworbenen Bonusmeilen nach dem Parteiwillen einen Gegenwert für Dienstleistungen darstellen soll bzw ob ein betriebsbezogenes Leistungsinteresse des Dienstgebers an der Gewährung der Bonusmeilen vorliegt, wird von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Solange es keine höchstgerichtliche Aussage zu diesem Fragenkomplex gibt, wird das Thema „Bonusmeilen“ auch in Zukunft noch Arbeitgeber und Abgabenprüfer beschäftigen.
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• Arbeitshilfe Übersicht: Private Nutzung von Bonusmeilen
• LStR 2002 Rz 222d • § 25 EStG; § 49 ASVG
• LStR-Wartungserlass 2010; Bonusmeilen
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KW Förderungen – EU-Förderungen
2011
Erasmus für Jungunternehmer StExp 2011/66. Das EU-Programm bietet neuen Unternehmern die Möglichkeit, Erfahrungen im Betrieb eines versierten Unternehmers in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu sammeln.
Walter Bornett
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Jung- und Gastunternehmer fungieren nach Abschluss als „Botschafter“ des Programms und sind verpflichtet, zum Aufbau eines Netzwerks von neuen und erfahrenen Unternehmern auf internationaler Ebene beizutragen.
as Programm Erasmus für Jungunternehmer der Europäischen Kommission fördert die Mitarbeit von Jungunternehmern im Betrieb eines erfahrenen Unternehmers in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Damit sollen der Erfahrungsaustausch unterstützt sowie Lerneffekte für den Jungunternehmer einerseits und die Knüpfung neuer Geschäftskontakte für den Gastunternehmer andererseits ermöglicht werden. Die Begriffe Jungunternehmer und Unternehmer sind als Kurzform zu verstehen und gelten gleichermaßen für männliche und weibliche Unternehmer/innen.
Der Auslandsaufenthalt kann sich über einen Zeitraum von einem bis zu sechs Monaten erstrecken und kann in einer oder mehreren Phasen durchgeführt werden. Jeder Aufenthalt darf höchstens in sechs Phasen geteilt werden, die sich über mindestens eine Woche erstrecken und innerhalb von 12 Monaten durchgeführt werden müssen.
Zielgruppe
Zuschusshöhe
Das Erasmus-Programm richtet sich an EUUnternehmer aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU nach der Definition der EU) unabhängig davon, welchem privatwirtschaftlichen Sektor diese angehören.
Die empfohlene monatliche Zuschusshöhe beträgt – abhängig vom Land, in dem der Auslandsaufenthalt stattfindet – zwischen € 560,– und € 1.100,–. Der genaue Betrag ist vom neuen Unternehmer und von der zuständigen Vermittlungsstelle festzulegen und stellt einen Beitrag zu den Reise- und Unterhaltskosten dar.
Zugelassene Antragsteller Zugelassen sind Jungunternehmer aus KMU, die • konkret vorhaben, ein eigenes Unternehmen zu gründen (Vorlage eines Geschäftsplans); • innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein eigenes Unternehmen gegründet haben; und Gastunternehmer, die • in der EU ein KMU leiten oder besitzen; • über langjährige einschlägige Erfahrung verfügen; • den neuen Unternehmern eine Lernmöglichkeit bieten können.
Umfang und Dauer des Programms
Antragstellung Die Antragstellung erfolgt über ein OnlineAnmeldetool auf www.erasmus-entrepreneurs.eu
Ansprechpartner Unterstützungsbüro Erasmus für Jungunternehmer c/o EUROCHAMBRES Avenue des Arts, 19 A/D B-1000 Brüssel, Belgien Tel: +32 (0)2 282 08 73, Fax: +32 (0)2 280 01 91 E-Mail: support@erasmus-entrepreneurs.eu
Abwicklung Die Abwicklung des Programms „Erasmus für Jungunternehmer“ findet in vier Phasen statt: • Phase I: Antragsphase – Anmeldung interessierter Jung- und Gastunternehmer über das Online-Anmeldetool; Kontaktaufnahme mit der zuständigen Vermittlungsstelle; • Phase II: Suche nach passenden Partnern – Vermittlungsstelle sucht passenden Partner aus der Datenbank des Programms; interessierte Unternehmer können vorgeschlagen werden; • Phase III: Vertragsabschluss- und Vorbereitungsphase – Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung und endgültige Genehmigung durch die Kommission; • Phase IV: Umsetzungsphase – Durchführung des Aufenthalts in einer oder mehreren Phasen und abschließender Bericht der Unternehmer;
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• Arbeitshilfe Übersicht: Erasmus für Jungunternehmer
• Förderung Jungunternehmer; KMU
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KW Steuerrecht – Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise
2011
Immobilienklausel im DBA Rumänien StExp 2011/63. Immobilienklauseln in DBA geben häufig auch dem Sitzstaat der Gesellschaft, deren Anteil veräußert wurde, ein Besteuerungsrecht. EAS 3193 gibt über die Ermittlung des Wertverhältnisses zwischen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern Auskunft.
Christof Wörndl/Sonja Wagner
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rt 13 Abs 4 DBA Rumänien sieht vor, dass Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräußerung von Anteilen oder vergleichbaren Beteiligungen an einer Gesellschaft bezieht, deren Vermögen zur Gänze oder hauptsächlich aus unbeweglichem Vermögen besteht, das im anderen Vertragsstaat liegt, im anderen Staat besteuert werden dürfen. Bereits EAS 3137 hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Wortlaut „hauptsächlich“ mit „überwiegend“ (mehr als 50%) gleichzusetzen ist und ist zu dem Entschluss gekommen, dass eine solche Auslegung abzulehnen ist. Die im Abkommen zusätzlich vorgenommene Beifügung „zur Gänze“ weist demnach darauf hin, dass das Abkommen nicht auf eine rechne-
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rische 50%-Regelung abzielt. Hält ein in Österreich ansässiges Unternehmen eine 50%-ige Beteiligung an einer rumänischen Kapitalgesellschaft, die sowohl in der Güterproduktion als auch im Warenhandel tätig ist, dann wird bei einem geringfügigen Überschreiten der 50%-Grenze daher noch nicht davon gesprochen werden können, dass damit Liegenschaftsbesitz „zur Gänze oder hauptsächlich“ der rumänischen Gesellschaft gehört. EAS 3193 stellt nunmehr weiters klar, dass aufgrund des Abkommenswortlautes „besteht“ auf das Wertverhältnis zwischen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern im Zeitpunkt der Erzielung des Veräußerungsgewinns abzustellen ist. Ein Rückgriff auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Anschaffung bzw Herstellung der Immobilienwerte durch Zurechnung der Abschreibungen zu den Buch-
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werten ist weder durch den Abkommenswortlaut noch durch eine auf der Grundlage des OECD-Musterabkommens vorgenommene Auslegung gedeckt. Weiters ist das Wertverhältnis des Liegenschaftsvermögens zum übrigen Vermögen nicht nach dem Verhältnis der Buchwerte, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung zu bestimmen.
• EAS 3193 • Art 13 Abs 4 DBA Rumänien • DBA Rumänien; Veräußerungsgewinn