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Zeit für eine Geschichte
Die Quelle im Tank
Zeit für eine Geschichte
VON Dick Duerksen
Man weiß, dass es trocken ist, wenn beim Gehen Staub über den Schuhen aufsteigt. Im Juli stieg der Staub beim Gehen bis zu unseren Waden auf. Kein Regen. Keine Gewitter. Kein Wasser in den Quellen, das die Speichertanks auffüllt. Kaum genug Wasser, um alle Lagertoiletten dreimal zu spülen. Und in nur sieben Tagen, am Sonntag, sollten 200 Neunjährige zum Sommercamp kommen.
Wir beteten. Alle Mitarbeiter des Lagers baten Gott um Regen und erinnerten ihn daran, dass die Pine Springs Ranch „sein Sommerlager“ sei und dass der Dienst, den wir hier für die Kinder taten, ein „Dienst für ihn“ sei. Wir beteten um ein Gewitter, das den See füllen würde, ohne im Wald ein Feuer zu entzünden. Wir beteten um Wasser vom Himmel, ganz gleich, welche Wolke er wählen würde. Wir beteten in der Gewissheit, dass Gott hört und dass er uns eine direkte Antwort auf unsere Gebete geben würde, unverzüglich und mächtig.
Nichts geschah.
Am Montagabend kam Mare Judson, die Hauptverantwortliche für unsere Pferde, mit einer Freundin ins Lager, die für ein paar Tage Hilfe bei der Unterbringung ihres Pferdes benötigte. Wir nahmen Cindy als neue Mitarbeiterin auf. Sie hörte, wie wir um Wasser beteten, staunte über unsere Überzeugung und wunderte sich über den Gott, der nicht antwortete. * * *
Am Dienstag beriefen wir einen außerordentlichen Lagerrat ein. „Wir haben ein größeres Problem als den trockenen Boden“, sagte unser Direktor. „Die Forstverwaltung hat uns benachrichtigt, dass wir das Lager absagen müssen, wenn wir nicht genug Wasser haben.“
Das intensivierte unsere Gebete und ließ uns eifrig nach Wolken Ausschau halten. Am Donnerstag sahen wir tatsächlich Wolken. Sie kamen als weiße bauschige Wölkchen, schwebten über die Berggipfel und verschwanden dann in der schimmernden Hitze des Sommerhimmels.
Kein Wasser. Nicht ein Tropfen.
Am Freitag waren wir völlig entmutigt. Pine Springs Ranch ist eines der populärsten Sommercamps der nordamerikanischen Adventisten. Jeden Sommer füllen ein paar tausend Kinder den staubigen Wald mit fröhlichem Gelächter und Lagerfeuergesängen. In den Bergen über San Bernardino im USBundesstaat Kalifornien reiten sie, paddeln mit Kanus, üben sich im Bogenschießen, schließen neue Freundschaften und lernen Gott kennen. Dies ist „offensichtlich“ Gottes Lager, und er wird dafür sorgen, dass alles gut geht. Stimmt’s? Stimmt nicht!
Inzwischen baten wir Gott nicht mehr, sondern erteilten ihm direkte Befehle. Wir wussten, was Gott tun sollte und forderten, dass er es JETZT tat!
Kein Wasser.
Am Freitagabend gingen der Direktor und ich über den Lagerplatz der Jungen hinaus zu den riesigen Wassertanks, die unter den Pinien standen. Jeder Tank fasste über 37.000
Liter Wasser und alle Tanks waren fast leer. Die Rohre, durch die normalerweise klares, kaltes Wasser aus der Quelle in die Tanks floss, waren heiß. Es floss kein Wasser. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würden wir das Lager schließen müssen.
Wir sagten Gott, dass es nun Zeit für ein Wunder sei, beschrieben die angemessene Größe des Gewitters und sagten ihm sogar, über welchen Berg es kommen sollte.
Am Sabbat bat einer der Betreuer darum, vor dem Gottesdienst mit uns zu reden. „Ich finde es nicht richtig, wie wir Gott befohlen haben, etwas zu tun, aber selbst nichts getan haben. Wir haben um Regen gebetet, aber wenn wir einen großen, heften Gewitterregen bekommen, wird das Wasser einfach ins Tal abfließen. Es fließt nicht in unseren See und hilft nicht bei der Wasserversorgung. Wir müssen selbst Hand anlegen und unseren Teil beitragen; nicht nur darauf warten, dass Gott Regen sendet.“
Dann verteilte er Schaufeln, Hacken und Rechen und zeigte uns, wo wir Gräben graben, Kiefernnadeln entfernen und Erdhügel platzieren sollten, um den Regen zu stauen, den Gott senden würde. Der Gottesdienst fiel aus, während wir „unseren Teil“ taten. * * *
Während wir uns abmühten, schickte Gott ein Gewitter! Es war gewaltig, begleitet von vielversprechenden, grau-weißen Quellwolken; wir waren sicher, dass unsere Gebete nun erhört würden. Wir riefen, brüllten, priesen Gott für seine Güte und feierten jeden Regentropfen, der fiel. Das dauerte nicht lange, denn wir spürten nur etwa drei Tropfen, bevor die Wolken verschwanden und der Himmel wieder das schrecklich schimmernde Blau eines sehr trockenen Sommertages annahm.
Nach Sonnenuntergang trafen wir uns im Speisesaal: eine traurige Gruppe von Betreuern, Bogenschützen, Köchen und Leitern. Alle Hoffnung war aus unseren Herzen gewichen. Wir beteten. Armselig. Wir sangen. Noch schlimmer.
Dann stand Cindy auf, ging langsam in die Mitte unseres Kreises und begann zu sprechen. „Wenn ich euch sehe, wird mir übel. Die ganze Woche über habt ihr mir von diesem wunderbaren Gott erzählt, dem ihr dient; davon, wie ihr ihm euer Leben anvertrauen könnt und so und dass er Regen senden wird, weil er dieses Camp für das beste auf unserem Planeten hält. Und jetzt, wo er euren Glauben testet und euch auf dem Trockenen sitzen lässt, macht ihr lange Gesichter und heult, als hätte er euch vergessen, euch ganz allein hier auf dem Berg zurückgelassen und euch hier im Staub vergessen.“
Wir starrten schweigend vor uns hin und hörten zu, ohne dass das, was Cindy sagte, wirklich zu uns durchdrang. „Wenn ihr wirklich an euren Gott glaubt, dann hört auf, über seine Entscheidungen zu jammern. Geht auf eure Knie und dankt ihm für alles, was er für euch tut. Und übrigens, ihr habt nur um Regen gebetet und verlangt, dass er alles so macht, wie ihr euch das vorstellt. Und was ist, wenn er eine bessere Idee hat? Raus jetzt hier; geht irgendwo hin und betet um Vergebung.“
Wir gingen. Zerknirscht. Reue auf unseren Lippen.
Später an diesem Abend unterhielten sich einige aus unserer Gruppe in der Nähe des trockenen Baches, der sich durch das Lager zog. Zwei der Betreuer, Jack und Don, sagten gute Nacht und gingen zum Lagerplatz der Jungen. Kurz darauf hörten wir einen Schrei, der klang, als würde Jack von einem Puma angegriffen.
Ich rannte los, andere direkt hinter mir.
Wir fanden ihn neben unter einem 37.000 Liter-Wassertank stehen, aus dem sich kaltes Wasser über ihn ergoss. Der Tank, der nur ein paar Stunden zuvor zu 98 Prozent leer war, war nun voll mit Wasser von Gott. Ich duschte kurz und ging dann hinter den Tank zu dem Rohr, durch das das Wasser aus der Quelle in den Tank fließt. Das Stahlrohr war heiß, trocken und heiß. Nichts floss in den Tank.
In dieser Nacht und den Rest des Sommers dienten wir voll ehrfürchtigem Staunen angesichts der Quelle im Tank.
Wasser. Reines, kaltes Wasser. Mehr als wir brauchten. Gott hatte es auf seine Weise geschickt.
Dick Duerksen ist Pastor und Geschichtenerzähler in Portland, im US-Bundesstaat Oregon. Er ist auf der ganzen Welt als „reisender Bestäuber mit den Pollen der Gnade Gottes“ bekannt.
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