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Adventgeschichte
Adventgeschichte
Kenneth und Dorothy Gray
Missionare im Südpazifik1
Kenneth Gray wurde am 7. Juli 1912 in Bexhill-on-Sea, in der südenglischen Grafschaft Sussex geboren. Sein Vater, John, war Schneidermeister und betrieb sein Geschäft in einem Laden vor ihrem Haus. Im Jahr 1922 verschwand John und ließ Kenneths Mutter Mary in prekären Verhältnissen und schlechter Gesundheit zurück.
Kenneth und sein Bruder Thomas wurden widerstrebend in die Obhut von Dr. Barnardos Waisenhaus in London gegeben. Als man ihnen eine Überfahrt nach Australien anbot, nahmen sie diese gerne an, da sie glaubten, dort bei ihrem älteren Bruder Leslie leben zu können, der schon Jahre zuvor seine Heimat verlassen hatte. Stattdessen landeten sie in Sydney, weit weg von Südaustralien, wo ihr Bruder lebte.
LEBEN IN EINER ADVENTISTISCHEN FAMILIE
Thomas und Kenneth wurden bei den Tempests, einer adventistischen Familie in Cooranbong, im australischen Bundesstaat New South Wales, untergebracht. Thomas lebte zwei Jahre lang bei ihnen, bevor er zu Leslie nach Südaustralien ging. Kenneth blieb bei der Familie und besuchte die High School am Australasian Missionary College (AMC). Im Jahr 1926 wurde er getauft.
Während seines Lehramtsstudiums arbeitete Kenneth in der Schmiede- und Technikabteilung des Gesundkostwerks Sanitarium Health Food Company, das sich auf dem Campus des Australasian Missionary College befand. Als er 1933 seinen Abschluss machte, hatte er die Wahl zwischen dem Lehrerberuf und einer lukrativeren Laufbahn als Ingenieur bei der Sanitarium Health Food Company. Er entschied sich für den Lehrerberuf und nahm eine Stelle an der Grundschule am Australasian Missionary College an.
Am Anfang unterrichtete Kenneth die 3. und 4. Klasse, im Jahr darauf die Klassen 5. und 6. In dieser Zeit entwickelte sich eine Freundschaft mit seiner Lehrerkollegin Dorothy Smith. Ihre Beziehung vertiefte sich, und am Silvesterabend 1937 heirateten sie in Newcastle, im australischen Bundesstaat New South Wales.
MISSIONSDIENST IN ÜBERSEE
Während seiner Zeit als Lehrer an der Grundschule am Australasian Missionary College lernte Kenneth 1935 William Lock kennen, einen Missionar in Papua-Neuguinea, der auf Heimaturlaub war und Kandidaten suchte, die bereit waren, sich ihm anzuschließen. Lock sprach voller Begeisterung von der Mirigeda Training School, die er aufbaute. Kenneths Faszination war geweckt. Vielleicht könnte er eines Tages ein Missionar wie Lock sein! Sein Traum vom Missionsdienst wurde wahr, als er und Dorothy kurz vor ihrer Hochzeit nach Mirigeda berufen wurden. Vor ihrer Abreise hatten sie noch kurz Urlaub und Flitterwochen zugleich, die sie dazu nutzten, sich in aller Eile in Adelaide von Kenneths Schwiegermutter und Geschwistern zu verabschieden, und im adventistischen Krankenhaus und Sanatorium in Sydney (Sydney Sanitarium and Hospital) einen Crashkurs in Tropenmedizin zu absolvieren. Am 4. Februar 1937 gingen sie an Bord des Schiffes Macdhui, das nach Papua fuhr.
Die Papua-Mission mit dem Hauptsitz in Mirigeda, steckte noch in den Kinderschuhen. Fast 30 Jahre waren seit ihrer Gründung vergangen, und es gab nur 144 getaufte Gemeindeglieder. Lock hatte einige baufällige Häuser gekauft, die von einer Bergbaufirma in der Nähe von Bootless Bay verlassen worden waren, und sie Stück für Stück nach Mirigeda transportiert, um sie dort wieder aufzubauen.
Die Schule war sehr einfach; es gab nur einen großen Raum, in dem Kenneth und Dorothy alle Altersgruppen unterrichteten, einschließlich der Mütter, die ihre Babys in Schnürbeuteln mitbrachten, die sie unter die Decke hängten. Um ihre Schiefertafeln zu löschen, wischten sie sie einfach mit ihren Haaren ab.
Fünf Jahre lang unterrichteten Kenneth und Dorothy unter diesen Umständen, Dorothy sogar ohne Bezahlung. Zusätzlich zu den üblichen Fächern erhielten die Mädchen Unterricht im Nähen und Brotbacken, die Jungen wurden in Malen und Anstreichen, Automechanik und Landwirtschaft ausgebildet. Kenneth und Dorothy begannen Hiri Motu zu lernen, die Sprache, die an der Küste von Papua gesprochen wurde.
Kenneth entwickelte eine Methode zur Herstellung von Seife aus Kokosöl, dem er Zitronella als Mückenschutzmittel beifügte. Dieses kleine Gewerbe brachte Geld für die Mission ein. In den ersten zwei Jahren diente Kenneth zusätzlich zu seinen Lehrverpflichtungen als Sekretär und Schatzmeister der Papua-Mission.
KRIEGSBEDINGTE UNTERBRECHUNG
Die einzige wirkliche Kommunikation, die Mirigeda mit der Außenwelt hatte, war eine private Telefonleitung aus Zaundraht, der von Baum zu Baum gespannt war. Eines Tages im Dezember 1941 kam die Nachricht, dass japanische Truppen über die Berge auf Port Moresby vorrückten. Daraufhin erhielten alle ausländischen Frauen und Kinder die Anordnung, sich am Kai von Port Moresby einzufinden, wo ein Boot wartete, das sie nach Australien bringen sollte.
Gemeinsam mit 1100 anderen Passagieren kamen Dorothy und ihre kleine Tochter Josephine auf der S.S. Katoomba – einem Schiff, das nur für 300 Passagiere ausgelegt war – sicher in Sydney an. Als die japanischen Truppen weiter vorrückten, wurde Kenneth ein paar Wochen später angewiesen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln nach Australien zu fliehen. Er schloss sich einer kleinen Gruppe von Missionarskollegen an und machte sich mit dem kleinen Missionsboot Diari auf den Weg nach Cairns.
RÜCKKEHR ZUM MISSIONSDIENST IN ÜBERSEE
Die Seeschlachten im Südpazifik verschafften den Alliierten 1942 einen Vorteil, so dass es für einige Missionare als einigermaßen sicher galt, den Dienst wieder aufzunehmen. Kenneth wurde 1943 an die Fulton Missionary School in Fidschi, berufen. Er segelte seiner Familie voraus; als Vorsichtsmaßnahme gegen Angriffe herrschte auf dem Schiff während der Fahrt völlige Verdunkelung. Dorothy und Josephine folgten später. Sie verbrachten vier Jahre in Fidschi. Im März 1945 kam ihr zweites Kind, Anthony Jon Lamont, in Suva zur Welt.
Während ihrer Zeit in Fidschi packten die Grays am Ende jedes Jahres ihre Sachen zusammen, weil sie erwarteten, wieder nach Papua versetzt zu werden. Doch die Transportwege waren zu unsicher und so mussten sie wieder auspacken. Im Jahr 1947 kehrte Kenneth nach Papua zurück mit dem Auftrag, die Missionsschule wiederzubeleben. Er musste feststellen, dass alle Gebäude und persönlichen Sachen in Mirigeda durch Bombenangriffe zerstört worden waren. Daraufhin wurde ein großes Grundstück in Bautama gekauft, das näher an Port Moresby lag. Mit Hilfe von George Johnson, einem Zimmermann aus Westaustralien, wurde Material aus den im Krieg zerstörten Gebäuden zusammengesucht und daraus die Bautama Training School gebaut, die später den Namen Papua Missionary School erhielt.
Als er die Bautama Training School aufgebaut hatte, arbeitete Kenneth als Sekretär für Bildung und den Freiwilligen Missionsdienst im Coral-Sea-Missionsverband mit Sitz in Lae. In dieser Funktion reiste er drei Jahre durch die verschiedenen Regionen von Papua-Neuguinea und baute die Missionsschulen wieder auf, die während des Krieges Schaden erlitten hatten. Im November 1949 wurde ihr zweiter Sohn, Kenneth John, Jr., geboren.
Ende 1953 wurde Kenneth gebeten, eine zentrale Ausbildungsschule für den Coral- Sea-Missionsverband aufzubauen. Als Standort wurde Kabiufa im kühlen Hochland von PapuaNeuguinea gewählt, und die Schule unter dem Namen „Coral Sea Union Training School“ eingeweiht. Während eines Heimaturlaubs suchte Kenneth bei Gemeindegliedern nach unbenutzten und kaputten Fahrrädern, und mit gespendeten Ersatzteilen reparierte er in seiner ehemaligen Werkstatt in der Sanitarium Health Food Company 30 Fahrräder. Der Manager bezahlte die Fracht nach Kabiufa, und die begeisterten Studenten fuhren damit zu den Zweigsabbatschulen im umliegenden Gebiet.
Von 1956 bis 1961 war Kenneth Sekretär für Bildung und den Freiwilligen Missionsdienst im Coral-Sea-Missionsverband. Dorothy unterrichtete englische Literatur an der staatlichen Schule für Lehrerfortbildung. Im Jahr 1962 zogen sie nach Suva auf den Fidschi-Inseln, wo Kenneth Sekretär für Bildung, Freiwilligen Missionsdienst sowie Gesundheit und Mäßigkeit im Central Pacific Missionsverband wurde. Diese Funktion übte er aus, bis er im September 1970 zum Vorsteher der Cook Islands Mission berufen wurde.
RUHESTAND
Im Jahr 1972 kehrten Kenneth und Dorothy endgültig nach Australien zurück, um näher bei ihren Kindern und Enkeln zu sein. Kenneth starb am 17. Juli 1986 und wurde auf dem Campus des Avondale College beigesetzt, wo er für seinen langjährigen Missionsdienst ausgebildet worden war. Dorothy verstarb am 19. April 1999 und wurde an der gleichen Stelle beigesetzt. Ihr Leben lang waren sie einander zugetan und widmeten ihr gemeinsames Leben dem Bildungsprogramm der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, indem sie viele Inselbewohner des Südpazifiks zu Lehrern und Verkündigern des Evangeliums ausbildeten.
1 Dieser Artikel basiert auf einem Eintrag in der Encyclopedia of Seventh-day Adventists, nachzulesen unter encyclopedia.adventist.org.
Milton Hook ist pensionierter adventistischer Religionspädagoge, Autor und Kirchenhistoriker.