December 2015 german

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D i e i n t e r n a t i o n a l e Z e i t s c h r i f t f 端 r S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n

D eze m b e r 2 01 5

Josef-

Die

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Akte

Gelbsucht behandeln

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Das Gericht naht!

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Ein Gigant

des adventistischen Bildungssystems


D eze mb e r 2015 T I T E LT H E M A

D i e i n t e r n a t i o n a l e Z e i t s c h r i f t f ü r S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n

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D eze mb e r 2015

Die JosefAkte

Von Gerald A. Klingbeil Er wurde nicht auf leichten Wegen zum zweiten Mann im Staat.

Josef-

Die

11

behandeln

14

Das Gericht naht!

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8

Von Ted N. C. Wilson

Eine Bekräftigung unserer prophetischen Berufung

12 Jesus, der Herr?

L A U B E N S Ü B E R Z E U G U N G E N

Das Gericht naht! Von Ean Nugent

Was es bedeutet, einen Freund im Himmel zu haben.

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G E L E B T E R

Ein Gigant

des adventistischen Bildungssystems

I M B L I C K P U N K T Warum ich die Bibel und Ellen White befürworte

G

G L A U B E

Ein unvermutetes Glaubenszeugnis

Akte

Gelbsucht

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A N D A C H T

Von Pedro Leopoldo

Wenn wir uns vom Geist Gottes leiten lassen, warten Abenteuer an jeder Ecke.

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E L L E N

W H I T E

E N T D E C K E N

Gottes Botin – Die „goldenen Jahre“

Von Tim Poirier

Die letzten Jahre in Ellen Whites Leben waren ihre produktivsten.

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A D V E N T G E S C H I C H T E

Von Joy Maganga

Eine Korrektur unserer Vorstellung von Führung

Thomas Geraty: Ein Gigant des adventistischen Bildungssystems

Von Lael Caesar

Seine lange, glanzvolle Laufbahn hat bedeutende Spuren hinterlassen.

RESSORTS 3 K I R C H E

I N

A K T I O N

3 Aus aller Welt 6 Blick in die Welt 10 GLOW Geschichten

1 1 G E S U N D H E I T Gelbsucht behandeln

27 B I B E L S T U D I U M Abraham: Geprüft und bewährt

26 F R A G E N Z U R B I B E L Besser als ein Bruder 28

L E S E R F O R U M

www.adventistworld.org In 10 Sprachen online

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Adventist World | Dezember 2015

T I T E L B I L D :

F r eebiblei m a g e s . c o m


Gnade im Laufe der Zeit

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A U S A L L E R W E LT

P I X A B AY

eit 35 Jahren predige ich am liebsten über die großen Geschichten der Bibel, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es meinen Zuhörern meist auch besser gefällt, wenn ich über Geschichten predige. Sie hören höflich zu, wenn ich – eher selten – eine Themenpredigt halte und leihen mir sogar dann ihr Ohr, wenn ich einen komplizierten Abschnitt aus den Briefen des Apostels Paulus auslege. Doch die meisten von uns lieben Geschichten, denn Geschichten helfen uns, unser eigenes Leben zu verstehen. Geschichten haben immer auch mit der Zeit zu tun: Die Ereignisse entfalten sich in einer erkennbaren Reihenfolge, selbst wenn es überraschende oder beunruhigende Verwicklungen oder Wendungen gibt. Wir vertrauen den Einsichten, die wir in Geschichten finden, die einen Anfang, einen Verlauf und ein Ende haben. Unser eigenes Leben sieht auch so aus. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass man nie sagen kann, was manche biblische Geschichte einzelnen Gemeindegliedern in meiner Gemeinde bedeutet. „Ich liebe die Geschichten von David“, äußert der stille, ja schüchterne Mann, der immer in der dritten Reihe von hinten sitzt und nie etwas öffentlich sagt. „Mir gefallen sein Mut und seine Tapferkeit – wie er darauf vertraut, dass Gott ihn vor Saul retten wird.“ „Meine Lieblingsgeschichte ist die von Esther“, sagt die verwitwete Mutter, die drei Kinder allein großzieht. „Jedes Mal, wenn ich lese, wie Gott sie gebrauchte, um ihr Volk zu retten, spüre ich, wie Gott mich gebraucht, wenn mein Leben sehr schwer zu sein scheint.“ So gibt uns Gott in seiner Weisheit Dutzende – ja Hunderte – biblische Geschichten von Männern und Frauen, „schwachen Menschen wie wir“ (vgl. Jak 5,17), deren Entscheidungen und Entwicklungen uns inspirieren, korrigieren oder helfen, den langen Weg zu sehen, auf dem Gott seinen Plan für unser Leben entfaltet. Wir lesen kein altes Märchen, sondern eine von Gott inspirierte Geschichte, die uns zeigt, wie sich Gnade im Laufe der Zeit entfaltet, selbst wenn sie nicht immer geschätzt oder angenommen wird. Wenn du in dieser Ausgabe das Titelthema von unserem stellvertretenden Chefredakteur – und großartigen Geschichtenerzähler – Gerald Klingbeil liest, bitte Gott um die Einsicht, deine eigene Geschichte zwischen den Zeilen einer großartigen biblischen Erzählung zu lesen.

Die WHO hat verarbeitetes Fleisch, wie zum Beispiel Würstchen, als krebserregend eingestuft. Sie erhöhen das Risiko von Darmkrebs.

Eine Aufforderung an Adventisten,

ihr Essen zu überprüfen WHO bezeichnet Fleisch als Krebsrisiko und bestätigt damit Ellen White Von Andrew McChesney

D

ie Weltgesundheitsorganisation WHO hat verarbeitetes Fleisch und rotes Fleisch als Krebsrisiko bezeichnet. Damit bestätigt sie Aussagen, welche die Mitbegründerin der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Ellen G. White, bereits vor 120 Jahren traf, sowie aktuelle Studien der Loma Linda-Universität. Dr. Peter Landless, Leiter der Gesundheitsabteilung der weltweiten Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, sagte, dass diese Meldung – die bisher entschiedenste Aussage der weltweiten Organisation über den Zusammenhang zwischen Fleisch und Krebs – als Weckruf für Gemeindeglieder dient, ihre eigene Ernährung zu überprüfen. „Wir haben diese Informationen seit mehr als 120 Jahren“, sagte der oberste adventistische Arzt. „Leider haben sich viele dafür entschieden, den Rat, den Gottes inspirierte Botin erhalten hat, nicht zu befolgen. Es ist jedoch immer ermutigend, wenn das, was durch Inspiration gegeben wurde, von evidenzbasierter und durch von Fachleuten geprüfte wissenschaftliche Studien bestätigt wird.“ Weiter sagte er: „Wir beten darum, dass Adventisten [die WHO-Ergebnisse] zur Kenntnis nehmen, nicht weil dieses Thema mit der Erlösung zu tun hat, sondern weil es unsere Lebensqualität und unseren Dienst in dieser gebrochenen Welt beeinflusst – die Mission, zu der wir gerufen sind.“ Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO teilte in einer Erklärung mit, dass sie verarbeitetes Fleisch als krebserregend und rotes Fleisch als „wahrscheinlich“ krebserregend einstuft. Diese Einstufung stützt sich auf die Auswertung von 800 Studien durch eine Arbeitsgruppe von 22 Experten in zehn Ländern.

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A U S A L L E R W E LT Der Verzehr von Fleisch wurde vor allem mit Dickdarm- und Mastdarmkrebs in Verbindung gebracht, in den USA die zweithäufigste Todesursache durch Krebs nach dem Lungenkrebs. „Die Experten kamen zu dem Schluss, dass das Darmkrebsrisiko je 50 Gramm verarbeitetem Fleisch am Tag um 18 Prozent steigt“, heißt es in der Aussage der Agentur. Aussagen Ellen Whites

Während die Ergebnisse weltweit für Schlagzeilen sorgten, kam diese Entwicklung für Adventisten nicht überraschend. Sie stellten fest, dass Ellen White bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts umfangreich über die Vorteile einer pflanzenbasierten Nahrung schrieb. „Fleisch war nie die beste Nahrung; doch heute, wo die Tiere immer kranker werden, ist es ein doppelt so großes Übel“, schrieb Ellen White in dem Kapitel „Reasons for Discarding Flesh Foods“ (Warum wir kein Fleisch essen sollten) im Buch Child Guidance. „Diejenigen, die fleischhaltige Nahrungsmittel essen, wissen kaum, was sie zu sich nehmen. Wenn sie die Tiere noch lebend sehen könnten und wüssten, welche Qualität das Fleisch hat, das sie essen, würden sie sich oft angewidert abwenden. Die Leute essen fortgesetzt Fleisch, das voller Tuberkulose- und Krebserreger ist. So werden Tuberkulose, Krebs und andere tödliche Krankheiten übertragen.“ Landless erklärte, dass zu den „fleischhaltigen Nahrungsmitteln“ auch rotes Fleisch gehörte, das „gepökelt, getrocknet oder noch schlimmer verarbeitet“ wurde, da es zu der Zeit, aus dem der Rat stammt, noch keine verlässlichen Kühlsysteme gab. Heute würde dieses Fleisch zum verarbeiteten Fleisch gezählt werden. Ellen White, die nach adventistischer Überzeugung die Gabe der Prophetie hatte, schrieb im gleichen Buch, dass Fleisch in den letzten Tagen der Weltgeschichte immer verseuchter werden würde

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und dass Adventisten ihren Fleischkonsum einstellen würden. „Fleisch wird nicht mehr zu ihrer Ernährung gehören“, schrieb sie. „Wir sollten dieses Ziel immer vor Augen haben und uns bemühen, beständig daraufhin zu arbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir beim Essen von Fleisch in Übereinstimmung mit dem Licht handeln, das Gott uns gegeben hat.“ Von den fast 19 Millionen Mitgliedern der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten ernährt sich laut Landless nur eine Minderheit in irgendeiner Form vegetarisch. Der Verzehr von Fleisch wird von der Kirche nicht verboten – mit Ausnahme von Schweinefleisch, Garnelen und anderen Tierarten, die im dritten Buch Mose (Leviticus) als unrein bezeichnet werden. Adventistische Gesundheitsstudien bestätigt

Die Erklärung der WHO bestätigt die aktuelle, international anerkannte adventis-

tische Forschung der Loma-Linda-Universität zum Thema pflanzenbasierte Ernährung. Eine Analyse der Adventistischen Gesundheitsstudie 2, die im März 2015 in der JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde, zeigt, dass eine vegetarische Ernährung das Risiko eines Menschen, an Dickdarmkrebs zu erkranken, um 22 Prozent senken kann. Eine frühere Arbeit aus der Adventistischen Gesundheitsstudie 1 stellte einen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und einem höheren Dickdarmkrebsrisiko her. Dr. Gary Fraser, Leiter der Adventistischen Gesundheitsstudie 2, forderte Adventisten auf, nicht einfach nur auf Fleisch zu verzichten, sondern stattdessen Obst und Gemüse zu essen. „Es ist … ebenso wichtig, stattdessen Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte zu essen“, erklärte er. „Das Fleisch ist nicht nur direkt für die Probleme verantwortlich, sondern auch, weil es normalerweise andere Nahrungsmittel ersetzt, die das Risiko aktiv verringern.“ n

Adventist wird Von Andrew McChesney Präsident von Fidschi Historische Wahl von Generalmajor Konrote

G Generalmajor Jioji Konousi Konrote Re g ie r u n g

de r

Rep u bli k

F id s c h i

eneralmajor Jioji Konousi Konrote (67), auch als George Konrote bekannt, ist neuer Staatspräsident der Republik Fidschi, einer Inselgruppe im Südpazifik. Er schreibt als erster Adventist in diesem hohen Amt und als erster Präsident, der nicht dem Großen Rat der Häuptlinge angehört, Geschichte. Nach seiner Wahl durch das Parlament mit 31 zu 14 Stimmen übernahm Konrote am 5. November das Amt des Staatspräsidenten. Die Rolle des Staatspräsidenten Fidschis ist nach der Verfassung des Landes


aus dem Jahr 2013 hauptsächlich repräsentativ, allerdings sind ihm im Falle einer nationalen Krise bestimmte Befugnisse vorbehalten. Außerdem ist der Präsident Oberbefehls­haber der Streitkräfte der Inselgruppe. Als der Premierminister von Fidschi, Voreqe Bainimarama, dem Parlament Konrotes Nominierung bekanntgab, lobte er ihn für seinen Dienst als Berufssoldat und später als Politiker und Diplomat. „Mit seinen mehr als 41 Dienstjahren für Fidschi und seine Einwohner ist Generalmajor Konrote ein Vorbild für Loyalität, Mut und Pflichttreue in seinem Dienst als Militärkommandeur, für Ehrlichkeit und Engagement als Regierungsbeamter und Minister und für Takt und Ausdauer als Diplomat“, sagte Bainimarama laut einem Bericht auf der Regierungswebseite von Fidschi. Wie die südpazifische adventistische Gemeindezeitschrift Adventist Record berichtet, ist Konrotes Wahl nicht nur wegen seiner Religion historisch, sondern auch, weil er der ethnischen Minderheit der Rotumanen angehört und kein Mitglied im Großen Rat der Häuptlinge ist, der bis zur Verfassungsänderung von 2013 das Staatsoberhaupt stellte. „Die Wahl von Generalmajor Konrote kommt etwas überraschend, jedoch nicht völlig unerwartet“, hieß es. „Wir haben gegenwärtig viele Adventisten in Schlüsselpositionen der Regierung. Unsere Kirche ist in Fidschi weithin respektiert.“ Konrote ist Gemeindeglied und Gemeindeältester der Rotuman-Adventgemeinde in Fidschis Hauptstadt Suva, die zugleich die größte Stadt der Inselgruppe ist. In Fidschi gibt es laut der jüngsten Statistik des Büros für Archivierung, Statistik und Forschung rund 25.000 getaufte Adventisten in 260 Ortsgemeinden. Etwa 55 Prozent der 880.000 Einwohner der Fidschi Inseln bezeichnen sich als evangelische Christen, in der Mehrzahl Methodisten (35 Prozent). n

Von Lauren Davis, ANN

Eine neue App hilft,

Hoffnung

weiterzugeben

Handytechnologie ermöglicht weltweite Verbreitung von Literatur

E

s gibt eine neue Möglichkeit, Bücher wie Natürlich glücklich: Das Geheimnis ganzheitlicher Gesundheit und Der große Kampf auf Englisch weiterzugeben. Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat eine kostenlose App mit einer Sammlung von Glaubensbüchern entwickelt, die von den Nutzern gelesen und ganz leicht per E-Mail oder über soziale Medien überallhin verschickt werden können. Die App „Sharing Hope“ enthält eine Reihe adventistischer Publikationen, überwiegend in englischer Sprache; darunter auch Missionsbücher wie Natürlich glücklich von Dr. Peter Landless und Mark A. Finley, die GLOW-Verteilblätter und bekannte Bücher wie Der große Kampf von Ellen G. White. Und das ist erst der Anfang, wie Wilmar Hirle, stellvertretender Direktor der Verlagsabteilung der Generalkonferenz, die die App über iTunes und Google Play verbreitet, erklärt. Hirle sieht in zukünftigen Versionen der App bereits adventistische Zeitschriften, Andachten für jeden Tag und Missionsmaterial aus allen Divisionen unserer Kirche enthalten. „In den letzten zehn Jahren haben wir mehrere Missionsbücher produziert, die in viele Sprachen übersetzt wurden“, so Hirle. „Hunderte Millionen Bücher wurden weltweit gedruckt.“

Es gibt jedoch Gebiete, in denen die Druckerzeugnisse nicht Fuß fassen können; diese Lücke könnte durch die App gefüllt werden. Hirle berichtet: „Vor einigen Jahren wollte ich in ein Land reisen, in dem es weniger als 200 Adventisten gibt.“ Als er kein Einreisevisum erhielt, begann er, Literatur an die Adventisten in diesem Land zu senden. Doch die Polizei fing das Material ab und nahm mehr als 20 Adventisten fest. „Ich kann nicht in dieses Land reisen. Ich kann auch keine Bücher dorthin verschicken. Ich kann in dem Land noch nicht einmal Bücher drucken. Doch die Sprache dieses Landes ist bereits auf der App enthalten. Und jetzt können die Adventisten in dem Land unsere Bücher bekommen“, erklärt Hirle. Zurzeit gibt es Inhalte auf Arabisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Russisch. Der Zweck der App „Sharing Hope“ ist es, den Nutzern die Möglichkeit zu geben, jede Kultur überall auf der Welt zu erreichen, erklärt Viviene Martinelli, Projektmanagerin für die App. Die Nutzer können Bücher sogar in Sprachen, die sie gar nicht sprechen, an andere weitergeben. Hirle hofft, dass die App bis Ende 2016 in 100 Sprachen zur Verfügung steht und bis 2020 alle wichtigen Sprachen enthalten wird. n

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ustin Torossian ist vermutlich am besten dafür bekannt, dass er der Urururenkel von James und Ellen White, den Mitbegründern der Kirche der SiebentenTags-Adventisten, ist. Doch der 29-jährige Pastor, der an der Andrews-Universität für den akademischen Grad Master of Divinity1 studiert, spricht beiläufig über seinen prominenten Stammbaum. Er meint, dass Ellen White im Buch Bilder vom Reiche Gottes zutreffend schrieb: „Christus betrachtete die Abstammung nicht als persönliches Verdienst, sondern wies darauf hin, dass die geistige Verwandtschaft wichtiger ist als jede natürliche.“ (S. 217) „Anders gesagt: Wenn man glaubt, dass sich Gottes Gabe der Prophetie in Ellen White manifestiert hat, ist man ein geistlicher Nachkomme von ihr. Und sowohl Jesus selbst (Joh 8,39–40) als auch Ellen White zufolge zählt das am meisten“, erklärt Torossian. Justin Torossian, der in Kalifornien geboren wurde und neben seinem Studium an der Andrews-Universität in einer spanischsprachigen Adventgemeinde in Michigan mitarbeitet, meint zwar, dass er es als ein Vorrecht betrachtet, biologisch von den Whites abzustammen. „Aber ich bin noch dankbarer dafür, geistlich mit ihnen verwandt zu sein. Und das ist ein Vorrecht, das wir alle haben können, ganz gleich, in welche Familie wir biologisch hineingeboren sein mögen. In diesem Sinne kann sie für uns alle ‚Oma Ellen‘ sein!“ Wenn er sein Studium im Mai 2016 abgeschlossen hat, wird er wieder nach Kalifornien zurückkehren und als Pastor in einem Bezirk mit zwei Gemeinden arbeiten. Sein persönlicher Traum ist es, dass Jesus zu seinen Lebzeiten wiederkommt. „Wenn wir in den Himmel kommen, möchte ich zuerst Jesus und meinen Schutzengel sehen. Doch dann kann ich es nicht erwarten, auch meine Großeltern James und Ellen zu treffen.“

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Von Cárolyn Azo

Ein Gespräch mit Ellen Whites Urururenkel

Justin Torossian erzählt, was wirklich zählt Im folgenden Interview geht es um Ellen White und ihren Einfluss auf Justins Leben. Wie bist du genau mit Ellen White ver­ wandt? James und Ellen White sind meine Urururgroßeltern. Von ihren beiden Söhnen Willie und Edson hatte nur Willie Kinder, allerdings genug für beide! Das erste seiner sieben Kinder war seine Tochter Ella [Robinson]. Ella hatte drei Kinder, das jüngste von ihnen war meine Großmutter, Gladys Kubrock. Sie heiratete meinen Großvater Daniel, und eines ihrer sechs Kinder war meine Mutter Edee. Welchen Einfluss aus dem Leben von Ellen White hat deine Mutter an dich wei­ tergegeben? Als Kind lebte ich nur zehn Minuten von Elmshaven entfernt, dem Haus, in dem Ellen White ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Da meine Großeltern dort wohnten und Besichtigungen veranstalteten, war mein Bild von Ellen White vor allem das der mitfühlenden Nachbarin und liebevollen Großmutter, die sie war.

Ich wuchs zwar mit dem Wissen auf, dass ich mit einer Frau verwandt war, die Gott auf übernatürliche Weise gebraucht hatte, doch so richtig bewusst wurde es mir erst, als ich etwa 17 war. Damals, nach einer erneuten Bekehrung, ging ich nach Elmshaven zurück und hatte zum ersten Mal das Gefühl, auf heiligem Boden zu stehen. Damals begann ich auch, mich richtig in ihre Bücher zu versenken und von den Botschaften, die Gott uns durch sie gegeben hat, gesegnet zu werden. Welches Buch von Ellen White hat dich in deinem Leben und Dienst am meisten beeinflusst? Der bessere Weg. Ich lese es als Teil meiner Andacht jedes Jahr einmal durch. Wenn man jeden Tag nur eine Seite liest, braucht man vier oder fünf Monate, um es durchzulesen. Darüber hinaus war auch die Zitatenzusammenstellung im Buch Diener des Evangeliums ein Segen für mich. Dieses Buch ist eine Pflichtlektüre für alle, die das Evangelium weitergeben wollen. Was ist dein Lieblingszitat von Ellen White?


Justin Torossian (links) und seine Urururgroßmutter Ellen G. White. M I T

F R E UN D L I CH E R

E R L AU B N I S

V ON

J u s ti n T o r o s s i a n

Es ist schwierig, nur eines zu nennen! Im Moment führt ein Abschnitt auf Seite 15 im Buch Das Leben Jesu meine Liste an. Dort heißt es: „Christus wurde so behandelt, wie wir es verdient haben. Damit wollte er erreichen, dass uns die Behandlung zuteilwürde, die eigentlich ihm zukam. Er wurde um unserer Sünde willen, an der er keinen Teil hatte, verdammt, damit wir durch seine Gerechtigkeit, an der wir keinen Teil haben, gerechtfertigt würden. Er erlitt den Tod, den wir hätten erleiden müssen, damit wir sein Leben empfangen konnten. ‚Durch seine Wunden sind wir geheilt.‘ (Jesaja 53,5) Durch sein Leben und Sterben hat Christus mehr erreicht als nur die Rettung aus dem durch die Sünde verursachten Untergang. Satan hatte eine ewige Trennung zwischen Gott und Mensch erreichen wollen. Durch Christus aber werden wir enger mit Gott verbunden, so als hätten wir niemals gesündigt.“ Welche Begebenheit aus Ellen Whites Leben hat den größten Einfluss auf dich gehabt? Eine Geschichte, die meine Großmutter Ella in ihrem Buch erzählt hat, zeigt

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E lle n

W h ite

E s t a te

Ellen Whites Persönlichkeit und ihre Kreativität. Als ihr Sohn Willie ein Baby war, lebte ihre Schwägerin Anna bei ihnen und half bei Büroarbeiten mit. Tante Anna machte es besonders große Freude, den kleinen Willie in den Arm zu nehmen und zu knuddeln. Allerdings litt sie an Tuberkulose. Wie konnte Ellen verhindern, dass sie Willie in den Arm nahm, ohne ihre Gefühle zu verletzen? Da hatte sie eine Idee. Sie ging immer näher an Anna heran, die Willie auf dem Arm hatte, dann kniff sie Willie ein klein wenig, gerade so, dass er anfing zu weinen. Dann sagte sie: „Ach, er möchte wohl zu seiner Mutter!“ Und Anna gab ihn ihr mit den Worten „Ja, das wird wohl so sein.“ Dieser Trick wurde oft angewandt, ohne dass Anna etwas merkte. Oft bekommen die Leute ein falsches Bild von Ellen White, weil unfreundliche Siebenten-Tags-Adventisten ihr Schrifttum hart und richtend verwenden, wie sie es nie getan hätte. Diese Geschichte ist eine von vielen, die zeigen, dass Ellen White zwar von Gott den Auftrag hatte, Botschaf-

ten auszurichten, die manchmal schwer zu vermitteln und auch schwer zu hören waren, doch dass sie dabei wie Jesus handelte: Sie tat es immer mit Liebe und Mitgefühl. Was möchtest du denen raten, die Ellen Whites Schrifttum lesen? Nehmt euch wie ich vor, ab jetzt bis Jesus wiederkommt, jedes Jahr mindestens zwei Bücher von Ellen White zu lesen. Bittet Gott dabei, zu euch zu sprechen. Ellen White hat zwar die Worte dazu formuliert, doch die Botschaften sind von Gott selbst. So wie Jesus der Zweck und Mittelpunkt der Heiligen Schrift ist (Joh 5,39), ist er es auch beim Schrifttum von Ellen White. Deshalb wird die Gabe der Prophetie auch „das Zeugnis Jesu“ genannt (Offb 19,10). Wenn ihr lest, was Gott uns durch die Bibel und durch Ellen White sagen möchte, bittet ihn, euer Herz zu verändern. Er wird eine nachhaltige Veränderung in uns bewirken, eine Veränderung, die uns bis in die Ewigkeit tragen wird. 1 Der Master of Divinity (M.Div.) ist ein praxisbezogener Mastergrad im Fach Theologie.

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ür mich war es immer ein faszinierender Gedanke, dass mein Großvater väterlicherseits als kleiner Junge zu den Füßen von Ellen White saß und ihren Geschichten lauschte. Ellen White wohnte in der Nähe meiner Urgroßeltern und besuchte die Wilsons Anfang des 20. Jahrhunderts auf deren Ranch bei Healdsburg im US-Bundesstaat Kalifornien. Mein Großvater, Nathaniel C. Wilson, und seine drei Brüder drängten sich eifrig um ihren Sessel und hörten sich die Geschichten an, die sie mit viel Liebe erzählte. Aber diese Besuche sind nicht der einzige Grund, weshalb unsere Familie Ellen White in guter Erinnerung hat. Wir verdanken ihrer direkten, praktischen und prophetischen evangelistischen Tätigkeit, dass wir die Adventbotschaft kennen. Meine Urgroßeltern, William und Isabella, wanderten etwa um 1870 von Irland in die USA ein. Dort bauten sie in Kalifornien eine Obst- und Rinderfarm auf und öffneten schließlich auch einen Gemischtwarenladen auf dem Land. Isabella schloss sich der Adventgemeinde an, William jedoch nicht. Im Jahr 1905 kam William mit zu einer Zeltversammlung, zu der seine Frau ihn eingeladen hatte. Die Sprecherin war Ellen White; sie sprach darüber, dass alle Sünder einen Retter brauchen und es zulassen müssen, dass er ihr Leben verändert. Sie machte einen ernsten Aufruf, und William ging nach vorne und vertraute sein Leben dem Herrn Jesus an. Ein Jahr lang studierte mein Urgroßvater die Adventbotschaft. Dann schloss er am Sabbat sein Geschäft, ließ sich taufen und wurde später der Gemeindeälteste der Adventgemeinde in Healdsburg, dem Ort, an dem sich heute das Pacific Union College befindet. Christus veränderte Williams Leben und machte aus ihm einen Mann, der dafür bekannt war, dass er großzügig war und Menschen in Not half. Die Veränderung im Leben meines Urgroßvaters ist einer der Gründe dafür, dass ich die Bibel und Ellen Whites Schrifttum entschieden befürworte. Noch bedeutsamer jedoch ist, dass die Bibel und der Geist der Weissagung aus der gleichen Quelle kommen – nämlich von Gott

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Warum ich die die

Bibel

Von Ted N. C. Wilson

und

Ellen White

befürworte

Alles dreht sich um Jesus – und die gleiche Botschaft enthalten: Sie weisen die Menschen auf Jesus hin und bereiten sie auf sein baldiges Kommen vor. Der Geist der Weissagung wurde gegeben, um Gottes Endzeitbewegung durch Weisung vom Himmel in seiner Entwicklung zu fördern und zu unterstützen. Wir nähern uns dem Ende des Jahres 2015 und wollen die Gelegenheit nutzen, wieder einmal über das Schrifttum von Ellen White und seine Bedeutung für uns heute nachzudenken, und zwar anhand von Fragen und Antworten, die sich auf eine Sabbatansprache beziehen, die ich am 17. Oktober 2015 während eines Symposiums zum Geist der Weissagung an der Andrews-Universität gehalten habe. War Ellen Whites Berufung ­biblisch?

In der Kirche der Siebenten-TagsAdventisten akzeptieren wir Ellen G.

White als moderne Botin Gottes und Prophetin. Ich glaube und bezeuge, dass das vom Geist der Weissagung inspirierte Schriftentum Ellen Whites glaubwürdig und wahr ist, weil sie und ihr prophe­ tischer Dienst die vier biblischen Kriterien für einen Propheten erfüllen: 1. Ihr Schrifttum stimmt mit der Bibel überein. Damit erfüllt sie Jesaja 8,20. 2. Ihr Leben und Wirken bezeugen ihre Verbindung mit Gott. Das erfüllt das Kriterium in Matthäus 7,20. 3. Ihre Vorhersagen sind eingetreten, was Jeremia 28,9 erfüllt. 4. Ihr Schrifttum erhebt Christus und bestätigt ihn als Sohn Gottes, der auf die Erde kam, um uns zu retten. Das erfüllt das Kriterium in 1. Johannes 4,2. Darüber hinaus wird ihr Leben und Wirken durch folgendes bestätigt: physische Manifestationen während ihrer Visionen; die Tatsache, dass sie gerade zur rech-


ten Zeit wirkte, nämlich zur Zeit des Endes; die Bestimmtheit und Furchtlosigkeit ihrer Ankündigungen; das hohe geistliche Niveau ihrer Arbeit und die praktische Art ihrer Erklärungen zu den verschiedensten Aspekten des Glaubenslebens. Warum verwenden ­Adventisten für Ellen Whites Schrifttum auch den Begriff „Geist der Weissagung“?

Der Geist der Weissagung wird in der Bibel als eines von zwei Merkmalen von Gottes Endzeitgemeinde der Übrigen beschrieben. In Offenbarung 12,17 heißt es: „Und der Drache [Satan] wurde zornig über die Frau und ging hin, Krieg zu führen mit den Übrigen ihrer Nachkommenschaft [oder ihres Samens, Gottes Endzeitgemein­de der Übrigen], welche die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben.“ (EB) Und in Offenbarung 19,10 lesen wir die Erklärung: „Das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung.“ (EB) Die zwei charakteristischen Merkmale der Kinder Gottes sind so offensichtlich klar: Es sind Menschen, die die Gebote Gottes halten und das Zeugnis Jesu haben, das die Bibel als den „Geist der Weissagung“ bezeichnet. Die Gebote Gottes und das Zeugnis Jesu oder der Geist der Weissagung kommen von ein und derselben Quelle: Gott selbst. Ist Ellen Whites Schrifttum mit der Bibel gleichzusetzen?

Siebenten-Tags-Adventisten stellen Ellen Whites Schrifttum nicht als Teil der Bibel oder der Bibel gleichrangig dar. Ellen White selbst hat darauf hingewiesen, dass ihr Schrifttum zur Bibel hinführt. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass Ellen Whites Schrifttum vom gleichen Geist inspiriert ist wie die Bibel, denn es ist ja das Zeugnis Jesu. Hat Ellen White heute noch ­Relevanz?

Wir haben erlebt und erleben, wie von Satan motivierte Menschen sich entschlossen bemühen, Ellen Whites Schrifttum anzugreifen und „wirkungslos“ zu

machen. Das Wort Gottes und der Geist der Weissagung sind beide das Produkt himmlischer Inspiration und enthalten deshalb präzise Berichte, die den großen Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Christus und Satan beschreiben. Deshalb ist der Teufel entschlossen, die Wahrheit zu zerstören, die in der Bibel und in den Schriften von Ellen White zu finden ist. Das Zeugnis Jesu – der Geist der Weissagung – ist ein integraler Teil der Adventbewegung. Ich bin davon überzeugt, dass der Geist der Weissagung eine der größten Gaben Gottes für die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten ist. Er hat Christus und sein Wort zum Mittelpunkt und schildert Gottes Plan für seine Kinder, die zur Zeit des Endes leben und auf die baldige Wiederkunft Christi warten. Das Schrifttum von Ellen White hat heute noch genau so viel Relevanz wie zu der Zeit, als es geschrieben wurde. Es ist korrekt, erhebend, lehrreich und einflussreich und weist auf Christus und die Bibel hin. Es ist wahrhaftig das Zeugnis Jesu. Bist du besorgt darüber, wie Gemeindeglieder mit der Bibel und dem Schrifttum von Ellen White umgehen?

Wir wissen, dass Satan in den letzten Tagen der Weltgeschichte entschiedene Anstrengungen unternimmt, die Wirksamkeit der Bibel und des Schrifttums von Ellen White zu zerstören. Wir beobachten überall um uns herum, wie die Verbindlichkeit von Gottes Wort aufgehoben wird. Die historisch-kritische Methode zur Auslegung des Wortes Gottes verringert seine Wirksamkeit als Autorität. Satans Plan ist es, Gottes klares „So spricht der Herr“ zu untergraben. Eine der größten Bedrohungen für das Schrifttum von Ellen White ist nicht unbedingt offene Feindseligkeit, sondern eher Gleichgültigkeit. Heute gibt es viele Gemeindeglieder, die Ellen White nicht kennen, sie nicht lesen oder einfach ignorieren. Der Teufel ist so entschlossen, den Einfluss der Bibel und des Schrifttums von Ellen White zu zerstören, weil sie Ratschläge enthalten, die helfen, Gottes Werk auf dieser Erde durch die Kraft des Heiligen Geistes abzuschließen.

Welchen Einfluss hat Ellen Whites Schrifttum auf die ­Gemeinde und die Welt?

Ohne die besondere Führung, die Gott unserer Kirche durch den Geist der Weissagung im Schrifttum von Ellen White gegeben hat, wären wir heute nicht da, wo wir sind. Die Ratschläge waren entscheidend für die Gründung unseres Verlagsund Gesundheitswerks, unserer Bildungseinrichtungen, humanitärer Organisationen und Medieneinrichtungen. Der Geist der Weissagung führt die Ausweitung unserer Kirche auf pastoraler, evangelistischer, missionarischer und administrativer Ebene. Er gibt Ratschläge für fast jeden Bereich des Lebens, wie zum Beispiel Theologie, Lebensstil, persönliche Gesundheit, Familie, Jugendliche, zwischenmenschliche Beziehungen oder persönliche Haushalterschaft. Der Geist der Weissagung führt Gottes Kinder und wird sie immer führen, bis der Herr Jesus wiederkommt. Aufgrund der Führung durch den Geist der Weissagung ist die Kirche der Sieben­tenTags-Adventisten nicht eine von vielen Glaubensrichtungen, sondern eine im Himmel gegründete Adventbewegung mit einer besonderen Bestimmung: eine Mission und eine Botschaft, die sie zu verkündigen hat und die sich in Offenbarung 14,6–12 findet – die dreifache Engelsbotschaft. Was würde Ellen White Leuten sagen, die ihre Enttäuschung über die Gemeinde zum Ausdruck bringen?

Der Teufel weiß, dass es ihm gelingen wird, Zwietracht, Uneinigkeit und Spannungen in die Gemeinde zu bringen, wenn er Gottes Kinder dazu bringt, auf sich selbst und ihre eigenen Meinungen statt auf Christus zu schauen. Das ist eine seiner wirksamsten Waffen gegen die Mission der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Gott hat uns gerufen, an der größtangelegten Verkündigung der Wahrheit in der Geschichte, der Zuspitzung des großen Kampfes zwischen Christus und Satan, teilzuhaben. Gott vertraut uns die Aufgabe an, den Menschen von Christus zu erzähDezember 2015 | Adventist World

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len, der ein sündloses Leben führte, für uns gestorben und auferstanden ist, der jetzt als unser Hoherpriester für uns eintritt und bald wiederkommen wird, um uns mit in den Himmel zu nehmen. Wir sind gerufen, vom Heiligen Geist geführt das Wort Gottes in all seiner Kraft weiterzugeben. In dieser himmlischen Berufung werden uns Menschen entgegentreten, die nicht mit unserer Botschaft und unserer Mission übereinstimmen. Wir mögen versucht sein, uns durch die Gleichgültigkeit anderer in der Gemeinde entmutigen zu lassen. Doch was immer uns auch begegnen mag, wir sollten uns nicht verleiten lassen, unabhängig und getrennt von unserer Kirche zu arbeiten. Wir sind gerufen, innerhalb von Gottes Endzeitgemeinde der Übrigen zu arbeiten, nicht getrennt von ihr. Bleibt vereint mit eurer Ortsgemeinde und mit eurer weltweiten Gemeindefamilie. Bleibt nahe bei eurer Kirche – trotz ihrer Unvollkommenheiten. Haltet euch stets den Herrn Jesus und seine Mission für seine Gemeinde vor Augen. Eine unerschöpfliche Quelle

Wenn ihr das Schrifttum von Ellen White lest, werdet ihr nachhaltig positiv verändert, denn es weist uns auf Christus und seinen Dienst für uns hin. Er wirkt für uns und bereitet eine Welt durch das Führen des Heiligen Geistes auf die neue Welt vor, die kommt, wenn der Herr Jesus wiederkommt. Im Schrifttum von Ellen White habe ich eine unerschöpfliche Quelle für die Umsetzung der Pläne Gottes für die Adventbewegung gefunden. Wenn ich über den Geist der Weissagung nachdenke, bin ich begeistert und glücklich darüber, dass Gott uns so viele Informationen gibt, um seinen Willen in unserem persönlichen Leben und für die Mission seiner Kirche in dieser Welt auszuführen. n

Ted N. C. Wilson ist

Präsident der Kirche der Siebenten-TagsAdventisten.

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Adventist World | Dezember 2015

Geschichten GLOW: Licht für unsere Welt GLOW – Licht in unsere Welt tragen – ist eine Missionsinitiative, die ihren Ursprung im US-Bundesstaat Kalifornien hat, und sich nun auf weitere Divisionen unserer weltweiten Glaubensgemeinschaft ausweitet. Die Initiative beruht auf der Idee, dass Gemeindeglieder die kleinen GLOW-Hefte bei jeder Gelegenheit kostenlos weitergeben. Die Heftchen werden in 45 Sprachen gedruckt. Hier sind zwei kurze Begebenheiten aus Brasilien und den USA, die zeigen, wie durch GLOW-Verteilblätter Menschenleben berührt werden:

Brasilien: Ein 70-jähriger Adventist bekam eine Ausgabe von Adventist World, in der ein GLOW-Verteilblatt über den Sabbat abgedruckt war. Er ging damit zu einer Druckerei in seinem Ort und ließ 2000 Stück davon drucken. Einige behielt er für sich, doch die meisten schickte er per Post an 67 Adventgemeinden in der Region. Auf der Post gab er auch einer Postangestellten ein GLOW-Verteilblatt, die es wiederum mit ihren Kolleginnen und Kollegen teilte. Einer der Gemeindeältesten, die die Verteilblätter erhielten, nahm sie mit in seine Werkstatt und erklärte seinen Kunden mit ihrer Hilfe, warum er seine Werkstatt am Sabbat geschlossen hält. UNITED STATES: Die Verantwortlichen für die GLOW-Initiative organisierten eine Missionsreise in den US-Bundesstaat Philadelphia, um eine Million GLOW-Verteilblätter in zehn Tagen zu verteilen. Einer der Teilnehmer schrieb: „Ich verteilte GLOW-Verteilblätter auf einem Parkplatz, als plötzlich ein Auto direkt auf mich zufuhr! Das Auto hielt an und der Fahrer fragte mich, ob ich das GLOW-Heft auf sein Auto gelegt hätte. Ich erklärte ihm, dass jemand anders aus unserer Gruppe es vor ein paar Stunden dort platziert hatte. Darauf sagte er: ‚Ihr habt mein Leben gerettet. Heute Morgen kündigte ich Gott an, dass ich mir am Abend das Leben nehmen würde. Ich sagte ihm: ‚Wenn es dich wirklich gibt, dann beweise es mir.‘ Gott sei Lob und Dank dafür, dass er es tat!“ Die Geschichten werden vom GLOW-Direktor der Pacific-Union-Vereinigung, Nelson Ernst, und dem internationalen GLOW-Koordinator, Kamil Metz, zusammengestellt. Mehr über GLOW gibt es im Internet unter sdaglow.org. Weitere Erfahrungen finden sich unter vimeo.com/user13970741.


G E S U N D H E I T

Gelbsucht

behandeln

Von Allan R. Handysides und Peter N. Landless Mein Onkel hat Gelbsucht, und wir machen uns Sorgen, dass er Hepatitis oder eine andere Infektionskrankheit haben könnte. Wie entsteht Gelbsucht? Ist unsere Sorge berechtigt?

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er Begriff Gelbsucht wird verwendet, um die Gelbfärbung der Haut bei einem Anstieg des Gallenfarbstoffs Bilirubin zu beschreiben. Eine geringe Erhöhung des Bilirubins im Blut ist meist zunächst nicht sichtbar – bis eine bestimmte Schwelle erreicht ist. Gelbsucht ist ein Symptom. Blut ist ein komplexes Gewebe, das vom Volumen her zu etwa 40 Prozent aus roten Blutkörperchen besteht. Rote Blutkörperchen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 120 Tagen, danach werden sie recycelt. Sie werden in der Milz von Zellen eingeschlossen und abgebaut, wobei wichtige Bestandteile wie Eisen und Eiweiß wiederverwertet werden. Beim Abbau des roten Blutfarbstoffs entsteht Bilirubin, welches für die Gelbsucht verantwortlich ist. Das Bilirubin gelangt in die Leber und wird von Leberzellen eingeschlossen. Dann wird es an Glucoronsäure gebunden, zu so genanntem direktem, wasserlöslichem Bilirubin umgewandelt und in der Gallenblase gesammelt. Dort konzentriert sich der Gallensaft, bis er in den Darm gelangt, um die Verdauung zu unterstützen. Gelbsucht ist häufig bei Neugeborenen zu beobachten. Ein neugeborenes Baby, das sauerstoffreiche Luft atmet, braucht nicht so hohe Hämoglobinwerte, wie sie in der Gebärmutter nötig waren. Außerdem musste das Baby im Mutterleib Bilirubin nicht selbst in direktes Bilirubin umwandeln, denn der rote Blut-

farbstoff wird vor der Geburt über die Plazenta ausgeschieden. Um eine erhöhte, schädliche Konzentration von Bilirubin im Blut des Babys zu verhindern, muss das Baby diese Aufgabe nun selber übernehmen. Bis seine Leber mit der Umwandlung des Bilirubins beginnt, dauert es nur einige Tage. Oft kommt es deshalb zu einem vorübergehenden Rückstau und einer Ansammlung des Bilirubins. Bei diesen hochkomplexen Prozessen staunen wir Ärzte immer wieder über die geniale Planung und Gestaltung. Ehrlich gesagt wundern wir uns, dass es Leute gibt, die uns glauben machen möchten, dass solch eine Komplexität durch Zufall entstand. Bei einem Erwachsenen wie deinem Onkel ist die Bilirubinumwandlung ganz ähnlich. Was könnten mögliche Probleme sein? Er könnte Gelbsucht bekommen, wenn vermehrt rote Blutkörperchen ­zerstört werden und sich dadurch verstärkt indirektes Bilirubin im Blut ansammelt. Die Ursache dafür sind meist Blutkrankheiten oder Gendefekte, durch die die Lebensdauer der roten Blutkörperchen verkürzt ist, was zu einer so genannten hämolytischen Anämie führt. Wenn die Leber nicht richtig arbeitet, kann es zur Gelbsucht kommen, wie es zum Beispiel bei der Krankheit Hepatitis der Fall ist. Es gibt verschiedene Formen von Hepatitis, die häufigste und am leichtesten übertragbare ist die Hepatitis A.

Andere, schwerere Formen von Hepatitis werden meist durch Körperflüssigkeiten wie Blut übertragen. Auch eine Leberzirrhose kann zu einer Gelbsucht führen, sodass ein schwerer Alkoholiker oder jemand, der aus anderen Gründen ein Leberversagen hat, dieses Symptom aufweisen kann. Wenn die Gallenflüssigkeit nicht abfließen kann, gelangt direktes Bilirubin ins Blut. Die Untersuchung der Bilirubinart hilft dem Arzt festzustellen, wo das Problem liegt. Wenn obstruktive Ursachen vorliegen, wird der Gallengang eventuell von einem Gallenstein verstopft und die Patienten haben Schmerzen. Krebs – besonders des Pankreaskopfs, durch den der Gallengang führt – können zu einer Obstruktion und intensiver, schmerzloser Gelbsucht führen. Dein Onkel tut gut daran, einen Arzt aufzusuchen. Die Behandlung wird von der Art und Ursache der Gelbsucht abhängen. n

Allan R. Handysides, Facharzt für Nuklearkardiologie, ist Direktor der Gesundheitsabteilung der Generalkonferenz der Kirche der SiebentenTags-Adventisten in Silver Spring (Maryland, USA). Peter N. Landless, Facharzt für Gynäkologie, war bis zu seiner Pensionierung Direktor der Gesundheitsabteilung der Generalkonferenz. 1 1 Mit Ergänzungen von Dr. med. Ruedi Brodbeck.

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A N D A C H T

Von Joy Maganga

Jesus,

der Herr?

Beim Lesen vieler Seiten mit Informationen über die guten, die schlechten und die verwirrenden Tatsachen über das „Alpha-Phänomen“ habe ich mich gefragt, ob Jesus wohl etwas mit Alphamännchen, Alphaweibchen und Bienenköniginnen gemeinsam hatte. Ein dominanter Jesus?

Jesus war natürlich der einzige Mensch in der Geschichte, der seinen goldenen Thron, Straßen aus Gold und ihm jederzeit zu Diensten stehende Engel verließ, um zu dem verachteten menschlichen Abschaum nach Nazareth zu kommen, dort zu arbeiten, sich unter ihn zu mischen und Teil von ihm zu werden. Seine Mitmenschen wussten genau, dass aus Nazareth nichts Gutes kommen konnte … Warum sollte eine dominierende Person des öffentlichen Lebens eines Landes mit einem weltweiten Auftrag, die weiß, dass die Geburt seines einzigen Sohnes bevorsteht, als erste Adresse für diesen Sohn einen Stall wählen? Denken wir nur daran, was seine Kollegen sagen würden. Nein, was würden deren Frauen sagen? Die ersten Schreie seines Sohnes, die seine auf ihn starrenden Besucher erschaudern lassen, vermischen sich mit dem Blöken von Schafen, dem Muhen von Kühen und vielleicht auch mit dem Gackern von Hühnern. Es riecht nach Schafen und Kuhdung. Gab es denn wirklich nur eine Krippe für ihn als Wiege – nichts Besseres? Eine Krippe ist, soweit ich weiß, ein hölzerner Futtertrog für Nutzvieh, meist in Ställen. Man kann die eleganten, plappernden Radio- und Fernsehmoderatoren schon hören: Das ist eine Spitzennachricht, die ganze Nation ist in Aufregung über die Geschichte einer Kindesvernachlässigung. Keine anschaulichen Beschreibungen, nur die sachliche Geschichte unserer Gleichgültigkeit …

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Das beste Krankenhaus?

Ich mag mich irren, aber als gute Kenianerin bin ich der Meinung, dass die richtige Adresse die Präsidentensuite des AgaKhan-Krankenhauses, des Nairobi-Krankenhauses oder eines ähnlichen Sanatoriums für Wohlhabende wäre. Dort sollte es Blumen geben und alle möglichen Babysachen. Die vornehmen Damen, die zu Besuch kämen, würden ein hohes Maß an Sicherheit und Bequemlichkeit genießen, während sie über seine süße Nase, seine feinen Ohren, seine Zehen und seine Ähnlichkeit mit seinem Vater tuscheln. Ich möchte gar nicht an die Möglichkeit denken, darüber informiert zu werden, dass kein Krankenhaus einen Platz für die Geburt seines Sohnes hat. Welch eine Frechheit! Im weiteren Verlauf erfahren wir, dass der König, sein Vater, nachdem er dafür gesorgt hat, dass sein Sohn in einem Stall zur Welt kommt, ihn drei volle Jahrzehnte bei einem Zimmermann ließ, wo er aufwuchs, ein Dach über dem Kopf hatte und auf ein Leben in der niedrigen Gesellschaft vorbereitet wurde. Kennen die prominenten Anführer nicht die besten Schulen für ihre Kinder? Und werden ihre Kinder nicht vom Mutterleib an für ihre Führungsrolle erzogen, um die politische Herrschaft in der Familie zu halten? Der Beginn seiner Mission

Nach der dramatischen Geschichte seiner Geburt unter wenig vorteilhaften Umständen verliert sich seine Spur, bis er wieder auftaucht, um seine weltweite Mission zu starten: die Welt von ihrem bevorstehenden Untergang zu erretten. Wie das? Indem er die Herrscher der Welt zusammenruft, die römischen Patrizier KUNS T W E RK

v o n

F o r d

M a tt o x


Er wählt Fischer und suspekte Typen wie den Zöllner Matthäus aus, der eine Party für ihn schmeißt, auf der viele Menschen willkommen sind, die von der Gesellschaft verachtet werden. und Cäsaren, die von Nordafrika bis nach Asien und Europa herrschen. Er bedient sich ihrer Wagen, Kämpfer und gebildeter und wortgewandter Männer, um die Welt von seiner Mission eines neuen, zukünftigen Reiches zu überzeugen. Er wendet ihre Mittel an, um diese Information in allen Provinzen der unter ihrer Herrschaft stehenden Welt zu verbreiten. Pläne werden gelegt und Strategien überprüft, um dafür zu sorgen, dass das Ziel erreicht wird. Doch nein! So wird es nicht sein. Es ist vielmehr sein Cousin, ein in der Wüste lebender Einsiedler, der für seine raue Kleidung, seine seltsame Nahrung und seine radikalen Predigten bekannt ist, der ihn und seine Mission bekannt macht. Schon nach kurzer Zeit wird der Cousin vom König enthauptet. Als es soweit ist, stellt der Königssohn seinen Mitarbeiterstab zusammen. Er wählt Fischer und suspekte Typen wie den Zöllner Matthäus aus, der eine Party für ihn schmeißt, auf der viele Leute willkommen sind, die von der Gesellschaft verachtet werden. Er entscheidet sich für eine mickrige Anhängerschaft von zwölf ungebildeten Männern, das ist sein Team von Untergebenen, mit ihnen will er seine Mission der ganzen Welt bringen. Sie wissen es noch nicht, aber der Zeitplan seines Vaters steht bereits fest: nach dreieinhalb Jahren wird der Vater ihn wieder auf die makellosen Straßen des Himmels zurückholen und ihnen die Vollendung der Mission überlassen. Der Königssohn hat kein Budget. Er beginnt seine Mission damit, mit den Zwölfen und ein paar Frauen von Dorf zu Dorf zu gehen. Die Frauen geben ihm ihr Geld, doch er hat meistens keinen Plan, was Essen, Obdach oder andere Ausgaben angeht. Er sendet die Zwölf aus, um die Botschaft zu verkündigen, und gibt ihnen dazu Anweisungen: Nehmt nichts mit auf den Weg; schaut euch nach Menschen um, die es wert sind, und bleibt bei ihnen, bis ihr einen Ort verlasst; bleibt da, wo ihr willkommen seid, und wenn sie euch nicht aufnehmen, schüttelt beim Verlassen des Ortes den Staub von euren Füßen (siehe Mt 10,5–14; Mk 6,7–11; Lk 9,1–5). In meiner Heimat wäre das etwa so, als würde jemand, der in Nairobi arbeitet, von seinem Büro geschickt, um einen Monat lang eine Zweigstelle in Mandera, Nyeri oder Machakos zu überprüfen. Doch weder die Personal- oder Finanzabteilung in Nairobi noch die Zweigstelle hat einen Plan für Transport, Unterbringung, Verpflegung oder Ähnliches für den Mitarbeiter parat. Er muss sich eine freundliche Familie suchen, bei der er unterkommt. Die Mission, die Welt zu retten, wurde ohne richtiges Budget gestartet. Der Königssohn, der sie ausführte, war völlig mittellos und sagte einmal einem potentiellen Nachfolger, dass er keinen Ort hatte, wo er seinen Kopf zum Schlafen niederlegen konnte. Das muss ein ziemlich kurzes Bewerbungsgespräch gewesen sein. Ich frage mich, wer von uns wohl solch eine Versager-Strategie für sich übernehmen oder auch akzeptieren würde.

Der Höhepunkt der Mission

Man sollte erwarten, dass eine Organisation mit der Mission, die ganze Welt von der bevorstehenden Vernichtung zu retten, eine solide Ausbildungsstrategie und eine ordentliche Befehlskette hätte, dass eine Hierarchie, eine Struktur oder etwas Ähnliches aufgebaut werden würde, um zum Erfolg zu kommen. Doch der Plan dieses Meisters bestand einfach im „Folge mir nach“: beobachten, nachahmen und um geistliche Kraft und die eigene Bekehrung beten, um das vor ihnen liegende Projekt von ganzem Herzen anzunehmen. Was die Hierarchie angeht, erklärte der Meister, dass der Geringste auf dieser Erde in seinem Reich der Größte und die Letzten die Ersten sein würden. Dass auch die Ersten die Letzten sein würden, muss für unseren Geschmack sehr entmutigend sein, die wir in allem immer die Ersten sein wollen: die Ersten, die den Job bekommen, die heiraten, die ein Auto oder ein Haus kaufen oder befördert werden – selbst die Ersten, die sich zum Essen anstellen, wie ihr bei der nächsten Tagung, an der ihr teilnehmt, merken könnt. Dann, als sich seine Mission dem Höhepunkt nähert, besitzt der Meister die Unverfrorenheit, auf seine Knie zu gehen und seinen Untergebenen die Füße zu waschen. In unserer Welt küssen wir die Füße derer, die auf der Karriereleiter über uns sind. Doch dieser demütige Meister, der seine Untergebenen nicht als Knechte, sondern Freunde bezeichnet (Joh 15,15), will, dass sie wissen: Er liebt sie so sehr, dass er bereit ist, sein Leben für sie zu geben. Das ist für ihn so unbequem wie seine Geburt, die sein Vater gestaltet hatte. Es ist zumindest alles sehr konsequent: die Geburt in einem Futtertrog für Kühe und das Opfer zur Rettung seiner Freunde und der ganzen Welt nackt am schändlichen Kreuz. Nachdem er ihre Füße gewaschen hatte und bevor er starb, sagte er ihnen, dass er weggehen und wieder zu ihnen zurückkommen würde. Er wusste nur nicht wann; das wusste nur der Vater. Er tröstete seine Freunde, betete für sie und versprach ihnen, dass er bis zu seiner persönlichen Rückkehr durch seinen Geist bei ihnen sein würde – sie würden das Projekt in seiner Abwesenheit nicht allein tragen müssen. Als er durch seine Auferstehung von den Toten zurückkam, wussten sie, dass nichts ihn davon abhalten konnte, zu ihnen zurückzukommen. Wenn er von den Toten wiederkommen konnte, konnte er von überall wieder­ kommen. n

Joy Maganga lebt in Nairobi, Kenia.

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G L A U B E N S Ü B E R Z E U G U N G E N

„Hallo?“ „Hallo, Herr Nugent. Hier spricht ihre Zahnarztpraxis. Wir möchten Sie nur an Ihren Zahnarzttermin heute in einer Woche erinnern. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.“ Vielleicht ist euch bewusst, welche Bedeutung solch eine Botschaft hat. Sie ist ein Aufruf, aktiv zu werden – zumindest in den nächsten sieben Tagen. Sie ist ein Aufruf, eine Zahnbürste und Zahnseide mit in die Arbeit zu nehmen – zumindest in den nächsten sieben Tagen. Sie ist ein Aufruf, allen Zucker zu meiden, der uns beschwert, und die Süßigkeiten, die uns ständig verlocken – zumindest für die nächsten sieben Tage. Der Tag des Gerichts naht! Wie oft haben wir diese Strategie schon angewandt, ohne dass sie uns geholfen hat? Trotz erheblicher Mühe, unsere Schwachstellen zu kaschieren, dringt der Zahnarzt mit seinen Instrumenten unter die Oberfläche vor und erkennt den wahren Zustand unserer Zähne. Die falsche Reaktion

Leider stehen wir oft in der Versuchung, auf diese Weise auf die Botschaft vom Untersuchungsgericht (Vorwiederkunftsgericht) zu reagieren. Wir sind versucht, sie als einen Aufruf zu sehen, den wahren Zustand unseres Herzens zu kaschieren, indem wir uns besonders anstrengen, etwas zu tun: das eine anfangen, das andere lassen, das eine mehr tun, etwas anderes weniger. Diese Aktivitäten

mögen so wichtig sein wie Zahnseide für die Zähne, doch Gottes Instrumente sind noch durchdringender als die des Zahnarztes. „Denn das Wort Gottes … ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen.“ (Hbr 4,12– 13) Wenn unsere Aktivitäten nur dazu dienen sollen, den wahren Zustand unseres Herzens zu vertuschen, werden wir kläglicher scheitern als bei dem siebentägigen Kraftakt zur Zahnsanierung. Die einzige Frage

Wenn wir für diese spezielle Lehre argumentieren, betonen wir zu Recht die vielen Bibelstellen, die von der Wirklichkeit eines Vorwiederkunftsgerichts im Himmel sprechen, in dem jede Handlung eines jeden Menschen untersucht wird, der sich zum Glauben an Gott bekannt hat. Leider versäumen wir manchmal, die vielen Bibelstellen, die die Art dieser Prüfung beschreiben, ebenso zu betonen. Manchmal versäumen wir, eine Antwort auf die Frage zu geben, was die himmlischen Wesen bei ihrer Untersuchung unserer Taten ermitteln wollen. Das Alte und das Neue Testament bezeugen gleichermaßen, dass es nur ein Kriterium gibt, an dem sich entscheidet, ob wir des ewigen Lebens für würdig erachtet werden. Paulus formulierte es so: „Wenn wir mit Jesus Christus verbunden

Das Gericht

sind … gilt allein der Glaube, der sich in Taten der Liebe zeigt.“ (Gal 5,6 Hfa) Wenn die himmlischen Wesen unsere Taten betrachten, geht es ihnen darum zu bestimmen, ob in unserem Herzen der Glaube an Jesus regiert. Das Lobpreisteam, bei dem ich dabei war, die Broschüren, die ich verteilt habe, die Obdachlosen, die ich mit Essen versorgt habe, die Gemeindeämter, die ich innehatte, oder was immer wir meinen, das in Gottes Augen Wert gehabt haben könnte – all diese Dinge sind in sich selbst nichts weiter als „Dreck“ (Phil 3,4– 9), wenn das eine fehlt, was wirklich zählt: der Glaube. In den Büchern des Himmels wird bei vielen langjährigen Gemeindegliedern – und Angestellten – unter einer langen Liste „wunderbarer Taten“ folgender Vermerk zu lesen sein: „Ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen.“ (Hbr 11,6; vgl. Mt 7,22–23) Wenn die himmlischen Wesen unsere Taten untersuchen, werden sie sich nicht von oberflächlich gerechten Werken ablenken lassen. Sie werden alle unsere Taten berücksichtigen: die Tiefe unseres Gebetslebens, die praktische Umsetzung unseres Andachtslebens und die Aufrichtigkeit unseres Lebens in der Öffentlichkeit. All das wird anhand einer einzigen Frage begutachtet: „Regiert der Glaube an Jesus im Herzen?“ Die richtige Reaktion

Was ist also die richtige Reaktion auf diese Botschaft? Wir sollten der Versuchung widerstehen, uns auf eine Gerech-

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naht! Wie werden wir bestehen? 14

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Von Ean Nugent


tigkeit des Kaschierens zu verlassen und ihre Frage zu unserer eigenen machen: „Regiert der Glaube an Jesus in meinem Herzen?“ Wir sollten unsere Taten vor ihnen prüfen, um die Antwort auf diese Frage zu finden (s. 2 Kor 13,5). Wenn wir unseren Dienst, unser Zeugnisgeben, unser Gabengeben, unsere Anbetung oder unser Halten der Gebote untersuchen, müssen wir die Frage stellen, die sie stellen werden: „Ist all das von unserem Glauben an Jesus motiviert?“ Obwohl das die richtige Reaktion ist, ist sie doch nicht frei von Tücken. Wenn wir diese Selbstprüfung ohne Jesus angehen, erliegen wir mindestens einer von zwei Gefahren. Ohne Jesus können wir niemals wirklich erkennen, wie widerspenstig unser Herz ist. Das kann uns zu dem Schluss führen, dass eine Besserung unseres Herzens gar nicht notwendig ist, und wir erliegen der Gefahr der Selbsttäuschung. Darüber hinaus können wir ohne Jesus auch nie wirklich Fortschritte in der Korrektur der Widerspenstigkeit unseres Herzens machen. Das kann uns zu dem Schluss führen, dass eine Besserung unseres Herzens unmöglich ist, und wir erliegen der Gefahr der Verzweiflung. Wenn wir diese beiden Gefahren meiden wollen, müssen wir unseren Blick auf „den Anfänger und Vollender des Glaubens“ gerichtet halten (Hbr 12,2). Vom Anfang bis zum Ende ist Jesus bei uns und gibt sein Äußerstes, um unseren Glauben zu bewahren und zu stärken. Unsere Rolle besteht einzig und allein darin, mit ihm zusammenzuarbeiten. Wenn wir sein Wort studieren, statt uns darauf zu konzentrieren, was wir noch alles tun können, um besser dazustehen, können wir ihn bitten, unseren Glauben zu stärken. Ellen White beschrieb den Glauben wunderschön mit den folgenden Worten: „Glauben heißt: Gott vertrauen – in der Gewissheit, dass er uns liebt und am besten weiß, was gut für uns ist. Solches Vertrauen führt uns dahin, statt eigener Wege den Weg des Herrn zu wählen. An die Stelle unserer Unwissenheit tritt dann der Glaube, der sich auf Gottes Weisheit stützen darf. Unserer Schwachheit verleiht er

Christi Dienst

im himmlischen Heiligtum2

Es gibt ein Heiligtum im Himmel, die wahre Stiftshütte, die Gott aufgerichtet hat und nicht Menschen. Dort dient Christus für uns und macht den Gläubigen das Angebot seines versöhnenden Opfers, das ein für alle Mal am Kreuz vollbracht wurde, zugänglich. Mit seiner Himmelfahrt wurde er als unser großer Hohepriester eingesetzt und nahm seinen Mittlerdienst auf, der durch den Dienst des Hohepriesters im Heiligen des irdischen Heiligtums versinnbildet wurde. Am Ende der prophetischen Zeit der 2300 Tage, im Jahr 1844, begann die zweite und letzte Phase seines Versöhnungsdienstes, die durch den Dienst des Hohepriesters im Allerheiligsten des irdischen Heiligtums versinnbildet wurde. Sie leitet das Gericht vor dem zweiten Kommen Christi ein und gehört zur endgültigen Beseitigung der Sünde, wie sie durch die Reinigung des alttestamentlichen Heiligtums am Versöhnungstag vorgebildet war. Das irdische Abbild des himmlischen Heiligtums wurde mit dem Blut von Tieropfern gereinigt; für das wirkliche, das himmlische Heiligtum war ein besseres Opfer nötig: das vollkommene Opfer Jesu Christi. Das Gericht vor der Wiederkunft Jesu offenbart den himmlischen Wesen, wer im Glauben an den Herrn gestorben und durch ihn würdig ist, an der ersten Auferstehung teilzuhaben. Es zeigt auch auf, wer von den Lebenden Gemeinschaft mit Christus hat, an den Geboten Gottes festhält und den Glauben an Jesus bewahrt – also bereit ist für die Umwandlung zum Eingang in Gottes ewiges Reich. Dieses Gericht erweist die Gerechtigkeit Gottes, der alle rettet, die an Jesus Christus glauben. Es bestätigt, dass alle, die Gott treu geblieben sind, das Reich empfangen werden. Wenn Christus diesen Dienst vor seiner Wiederkunft vollendet, ist für die Menschen die Zeit der Gnade abgelaufen. 3 Mo 16; 4 Mo 14,34; Hes 4,6; Dan 7,9–27; 8,13–14; 9,24–27; Hbr 1,3; 2,16–17; 4,14–16; 8,1–5; 9,11–28; 10,19–22; Offb 8,3–5; 11,19; 14,6–7; 20,12; 14,12; 22,11–12.

seine Stärke, unserem sündhaften Wesen seine Gerechtigkeit.“1 Wenn der Glaube uns dazu führt, auf Gottes Liebe zu vertrauen, seinen Weg zu wählen und seine Weisheit, Kraft und Gerechtigkeit anzunehmen, dann stärkt es unseren Glauben, wenn wir uns beim Lesen der Bibel auf diese Dinge konzentrieren. Außerdem können wir mit Jesus zusammenarbeiten, wenn wir den Zustand unseres Herzens aufrichtig mit ihm besprechen. Wenn sein Wort die Widerspenstigkeit unseres Herzens in einem bestimmten Bereich aufdeckt, müssen wir das demütig anerkennen und ihn bitten, seine Verheißung zu erfüllen, uns zu vergeben und zu reinigen (1 Joh 1,9). Wenn wir ihm unsere Widerspenstigkeit in dieser Weise übergeben haben, werden

wir in diesem Bereich wachsen und können zugleich zuversichtlich sein, dass seine Gerechtigkeit uns im Gericht bedecken wird. Wie werden wir also im Gericht bestehen? Wir können nur durch den Glauben bestehen, nicht durch unsere Taten. Wir können nicht allein bestehen, sondern nur mit Jesus. n 1 Ellen G. White, Erziehung, S. 255. 2 Vorläufige deutsche Fassung.

Ean Nugent ist Soft-

wareentwickler für die Generalkonferenz der Siebenten-TagsAdventisten. Er lebt mit seiner Familie im US-Bundesstaat Maryland.

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T I T E LT H E M A

W

ir leben in einer Welt, in der die Grenze zwischen richtig und falsch bestenfalls verschwommen ist. Führungspersonen aus Politik, Wirtschaft und sogar der Religion sprechen von Transparenz und der dringenden Notwendigkeit ethischen Führens, doch was wir meist eher zu sehen bekommen, sind Gier, Selbstgerechtigkeit, das Streben nach immer mehr Macht und unverfrorene Missachtung universeller ethischer Werte. Wie sonst ließe sich erklären, dass große Unternehmen jahrelang geschickt staatliche Bestimmungen umgehen, um mit unredlichen Mitteln zu sparen und den Gewinn zu steigern? Die Botschaft ist klar: Mach, was du willst, aber lass dich nicht erwischen. Als Nachfolger von Jesus sind wir von schwierigen ethischen Herausforderungen und Versuchungen nicht ausgenommen. Tatsächlich scheint das Leben sogar komplizierter zu werden, wenn wir uns entscheiden, Jesus von ganzem Herzen nachzufolgen. Denken wir nur an die Tausenden von Adventisten, die Sabbatprobleme haben und vor der Entscheidung stehen, Gott treu zu bleiben oder für ihre Familie sorgen zu können. Es gibt Regionen auf dieser Erde, in denen man nur durch Bestechung Geschäfte abwickeln kann – ganz egal, welche Geschäfte. Das Leben ist oft komplex und chaotisch, und als Nachfolger Christi ringen wir oft darum, den Weg zu finden, der durch die absoluten Werte der Bibel vorgegeben ist.

Ethik und die Bibel

Unter Ethik versteht man im Allgemeinen moralische Prinzipien, die das Verhalten von Einzelpersonen oder Gruppen bestimmen. Sie ist entscheidend dafür, wie wir zusammen leben und arbeiten und be­schreibt die Leitprinzipien für unseren Umgang mit der Welt, in der wir leben. Für Christen hat die Ethik ihre Wurzeln in der Heiligen Schrift. Genau genommen ist die christliche Ethik praktisch umgesetzte Theologie. Beim Begriff Ethik denken denken wir sehr oft an Gesetze oder explizite Aussagen, die das Verhalten von Einzelnen und ihre Beziehungen zur Allgemeinheit regeln. Doch auch Geschichten können eine wichtige Quelle für ethische Prinzipien sein. Die

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Die

JosefAkte

Von Gerald A. Klingbeil

Wie können wir in schwierigen Situationen mit ethischen Konflikten umgehen? biblischen Geschichten sind voller Fallstudien, die unsere ganze Aufmerksamkeit fordern. Die beste Art, Ethik zu verinnerlichen, ist nicht, eine Liste von Ge- und Verboten auswendig zu lernen. Wir lernen besser, wenn wir Prinzipien erkennen und sehen, wie sie im wirklichen Leben umgesetzt werden. Deshalb hat Gott nur zehn Gebote gegeben, dann aber Hunderte von Geschichten hinzugefügt, in denen wir sehen, wie sein Volk sich mit ethischen Herausforderungen auseinandersetzt. Wir

nehmen an ihren Siegen Anteil und fühlen ihren Schmerz, wenn sie versagen. Josef: Vom Tellerwäscher zum Millionär

Die Geschichte von Josef in 1. Mose 37–50 bietet ein reiches Füllhorn an Erfahrungen, die uns helfen, sowohl mit persönlichen als auch mit kollektiven ethischen Konflikten umzugehen. Wir kennen die Geschichte: Josef, der Lieblingssohn seines Vaters Jakob, wird eines Tages von seinen F O T O :

F r eebiblei m a g e s . c o m


Brüdern als Sklave verkauft. Als er in Ägypten ankommt, beginnt sein kometenhafter Aufstieg im Haushalt des ägyptischen Höflings Potifar, der ihn schließlich zu seinem Stellvertreter macht. Schon bald wird Josefs Standhaftigkeit durch sexuelle Andeutungen und offene Aufforderungen von Potifars Frau geprüft. (Dass in der Geschichte nicht einmal ihr Name erwähnt wird, zeigt übrigens, wie viel Bedeutung ihr in Wirklichkeit zugemessen wird.) Nachdem Josef sie einmal zu oft zurückgewiesen hat, beschuldigt sie ihn der Vergewaltigung, und schon findet sich Josef im Gefängnis wieder und muss wieder ganz unten anfangen. Der Gefängniswärter, der die offensichtlich ungewöhnlichen administrativen Fähigkeiten seines neuen Gefangenen erkennt, überlässt Josef die Leitung des Gefängnisses. Und wieder gibt es eine unerwartete Wendung in der Geschichte: Der Gefangene Josef, der gleichzeitig die rechte Hand des Gefängniswärters ist, wird plötzlich vor den Pharao gerufen, als dessen Magier und Berater zwei wichtige Träume des Herrschers nicht deuten können. Josefs überzeugende Deutung dieser Träume führt dazu, dass er erneut in eine Führungsposition aufsteigt. In der Tat eine Vom-Tellerwäscher-zumMillionär-Karriere, wie wir sie sonst aus Hollywoodfilmen kennen. Am Ende wird Josef zum stellvertretenden Regenten

allen anderen vorgezogen wird. Als er von seinen eigenen Brüdern in die Sklaverei verkauft wird, bricht seine Welt zusammen. Sein Status als Sklave Potifars (1 Mo 37,36; 39,1) bietet scheinbar keine Möglichkeit, eine Führungsposition zu erlangen. Dennoch erkennt Potifar, dass der Herr mit Josef ist (1 Mo 39,2), er nutzt das Potential seines neuen Sklaven und macht ihn zu seinem Verwalter. Die Änderung der Umstände gehört zur Prüfung durch Gott und kommt noch zweimal in der Geschichte Josefs vor. Gottes aktives Eingreifen in die Geschichte wird an den vielen Hinweisen auf seinen Segen sichtbar (1 Mo 39,2.3.5.21.23). Er ist da, selbst in der Sklavenunterkunft im Hause Potifars. Das Thema der Prüfung kommt hauptsächlich in den Kapiteln 42–45 vor und schließt auch die Prüfung von Josefs Brüdern ein. Eines der Schlüsselverben im Wortfeld von „prüfen“, das hebräische Verb bakhan, steht in 1. Mose 42,15–16, wo Josef, nachdem er seine Brüder wiedererkannt hat (V. 8), ein öffentliches Verfahren anstrengt, um herauszufinden, ob sie Spione aus Kanaan sind. Interessanterweise kann Prüfen ganz vielgestaltig sein. Abrahams Glaube wurde auf dem Berg Moria geprüft (1 Mo 22), während die Ausdauer des Volkes Israel in der Wüste geprüft wurde.2 Diese Erfahrung des Läuterns stimmt mit anderen Prüfungserfahrungen überein und

Ägyptens. An diesem Punkt läuft Josefs Geschichte wieder mit der Geschichte des Volkes Gottes zusammen. Als eine schwere Hungersnot Josefs zehn Brüder auf der Suche nach Nahrung nach Ägypten bringt, wird dieser plötzlich mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Im Nachdenken über die Geschichte von Josef mit ihren ethischen Konflikten und Herausforderungen wollen wir vier wichtige Situationen in seinem Leben betrachten, die uns helfen, eine Ethik zu entwickeln, in der Gott im Mittelpunkt steht. Krise und Wachstum

Es heißt, dass Wachstum das Ergebnis einer erfolgreich überwundenen Krise oder Hürde ist. Wenn wir in solchen Prüfungen – in welcher Form sie auch auftreten mögen – gute Entscheidungen treffen, gehen wir danach sicherer und stehen aufrechter. Bibelgelehrte haben schon seit langem das Motiv der Prüfung in der Geschichte von Josef erkannt, vergleichbar mit einer anderen Geschichte im 1. Mose, in der es ebenfalls um eine schwierige Prüfung geht, nämlich als Abraham den Auftrag erhält, seinen eigenen Sohn zu opfern (1 Mo 22).1 Am Anfang von 1. Mose 37 wird Josef als verwöhnter Petzer beschrieben, der in einer tief gespalteten Familie mit Loyalitätskonflikten lebt und von seinem Vater

Wie können wir

ethische Prinzipien in Geschichten entdecken?

Viele fragen sich, wie man relevante ethische Prinzipien in den Geschichten des Alten Testament finden kann, von denen einige nicht jugendfreies Material enthalten. Hier sind sechs Regeln, die bei diesem wichtigen Anliegen helfen können:1 1. Die ganze Geschichte im Auge haben: In der Geschichte von Josef zum Beispiel seine charakterliche Verwandlung von einem verzogenen Lieblingssohn zu jemandem, der zu radikaler Vergebung bereit war. 2. Nach Übereinstimmungen mit bereits vorhandener Information suchen: Statt in der Geschichte, in der David die Schaubrote isst, einen ethischen Konflikt zu sehen, bei

dem Überleben über Ehrlichkeit geht, ist es wichtig zu bedenken, dass Ahimelech, der führende Priester in Nob, ihm das Brot gab, nachdem er Gott befragt hatte (1 Sam 22,10). 3. Auf klare Schlussfolgerungen aus dem Kontext achten: Nicht zu viel oder zu wenig in eine Geschichte hineinlesen. 4. Chronologische Abläufe und Charakterentwicklung im Auge behalten: David wurde ein „Mann nach … [Gottes] Herzen“ genannt (1 Sam 13,14), bevor er in Polygamie lebte und Ehebruch beging. 5. Die wichtige Verbindung zu den Zehn Geboten im Auge behalten: Eine biblische Geschichte, in der die Hauptfigur nicht in

Übereinstimmung mit den Zehn Geboten lebt, mag die Realität sein, aber keine Empfehlung. 6. Das Beispiel Christi im Auge behalten: „Was würde Jesus tun?“ (WWJT) ist nicht nur ein bekannter, vielleicht etwas abgenutzter Slogan, sondern die Nagelprobe für ein Leben nach ethischen Grundsätzen.

1 Ron du Preez, „Delights and Dangers of Using Stories for Sermons: How to Interpret and Apply Biblical Narrative”, in The Word of God for the People of God: A Tribute to the Ministry of Jack J. Blanco, Ron du Preez, Hrsg. et. al., School of Religion, Southern Adventist University, Collegedale, 2004, S. 508–518 – bearbeitet.

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T I T E LT H E M A dient dazu, Josefs Glauben und Treue zu mehren. Der verwöhnte Petzer wird zu dem reifen, ausgeglichenen Regenten in 1. Mose 42. Krisen und Prüfungen führen zu Wachstum und Veränderung, zwei Schlüsselmerkmale für jeden Nachfolger von Jesus. Der biblische Text legt den Gedanken nahe, dass sowohl Josef als auch seine Brüder durch die Prüfungen und Krisen Wachstum erfuhren. Die Antwort der Brüder hinsichtlich ihrer Identität (V. 13) entsprach der Wahrheit, auch wenn sie nicht erwähnten, wie es dazu kam, dass der eine Bruder „nicht mehr vorhanden“ war. Sowohl die mündliche Anerkennung ihrer Schuld (V. 21) in ihren Gesprächen untereinander als auch Judas Eintreten für Benjamin bei ihrem zweiten Aufenthalt in Ägypten (1 Mo 44,18–34) weisen auf Wachstum und ein Zunehmen an Reife hin.

Eine Versuchung erfordert gewöhnlich eine Antwort und eine Entscheidung. Wir können in Versuchungen entweder „fallen“ oder den Sieg über sie erringen. Josefs beständige, tägliche (1 Mo 39,10) Verweigerung und sein Entschluss, lieber ein Bekleidungsstück aufzugeben als von der Sünde überwunden zu werden, sind für den Leser von Heute großartige Beispiele für die zerstörerische Auswirkung persönlicher und kollektiver Sünde auf Beziehungen. Den meisten westlichen Lesern entgeht wahrscheinlich die starke soziokulturelle Bedeutung dieser Situation – ein Mann flieht vor einer Frau – und die mit solch einem Verhalten verbundene Schande. Doch für Josef war die Schande verglichen mit den beziehungszerstörenden Auswirkungen der Sünde das kleinere Übel. Gottes Ehre stand über Josefs Ehre.

besonders wenn er schwächere Gesellschaftsgruppen wie Witwen, Waisen und Ausländer betraf (Jes 1,23; 10,2; Jer 7,6; 22,3; Hes 22,7; Sach 7,10; vgl. auch die Beschreibung Gottes in 5 Mo 10,18). Mein und dein

Dinge können gesunden Beziehungen im Wege stehen. Josef weckte tiefe Hassund Neidgefühle in seinen Brüdern, als er stolz in seinem bunten Mantel umherspazierte (1 Mo 37,8.11). Das wird schön an der Verwendung der besitzanzeigenden Fürwörter deutlich. Juda spricht von „unserem Bruder“ (V. 26), bevor Josef an die Sklavenhändler verkauft wird – wobei auf diese Weise wenigstens sein Leben bewahrt bleibt –, und sein blutverschmierter Mantel, den sie an ihren Vater Jakob zurück­ schicken, ist „deines Sohnes“ (V. 32) .

Versuchung und Sieg

Seit dem Sündenfall sind Versuchungen unsere ständigen Begleiter. Versuchungen kennzeichnen auch die Geschichte Josefs. Nach seinem kometenhaften Aufstieg zum Stellvertreter Potifars in dessen Haus hört Josef eines Tages die unmissverständliche Einladung: „Lege dich zu mir!“ (1 Mo 39,7.12) Im Hebräischen steht hier eine aus zwei Wörtern bestehende, direkte sexuelle Aufforderung. Josefs Antwort ist bedeutend länger und erklärt, warum er die Aufforderung von Potifars Frau ablehnt. Neben dem Argument, dass er das Vertrauen seines Herrn nicht enttäuschen will, besteht das Hauptargument in der Anerkennung dessen, dass jede Sünde sich nicht nur auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt, sondern vor allem die Beziehung zwischen Mensch und Gott bedroht und zerstört. Im Mittelpunkt der ablehnenden Antwort Josefs steht also Gott: „Wie sollte ich denn nun ein solch großes Übel tun und gegen Gott sündigen?“ (1 Mo 39,9) Eine solche Ausdrucksweise wurde oft für Bekenntnisse verwendet. (vgl. 1 Kön 8,47; 2 Chr 6,37; Jer 14,20). Die Sünde zerstört Beziehungen auf allen Ebenen; Ehebruch, die Sünde, um die es in 1. Mose 39 ging, wurde nach dem Gesetz im Alten Testament als Kapitalverbrechen angesehen, auf das die Steinigung als Todesstrafe stand (3 Mo 20,10; 5 Mo 22,22).

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Christliche Ethik ist praktisch umgesetzte Theologie. Aber das ist nicht die einzige Versuchung in der Geschichte von Josef. Sie lauert auch in seinem Umgang mit seinen Brüdern, als sie auf der Suche nach Nahrung nach Ägypten kommen. Als zweithöchster Regent wäre es ihm ein Leichtes gewesen, seine Brüder aufgrund irgendwelcher erfundenen Anklagen hinrichten zu lassen. Er hätte seine fast absolute Macht nutzen können, um mit ihnen abzurechnen. Doch obwohl das Element der Prüfung hier durchaus zu erkennen ist (siehe oben), gibt es keinen Hinweis auf Rache oder das Begleichen alter Rechnungen. Machtmissbrauch findet sich – so traurig es ist – sowohl außerhalb als auch innerhalb der Gemeinde Gottes. Jeder Leiter steht in der Versuchung, seine Macht zu missbrauchen, besonders, wenn sie in seiner Funktion gebündelt oder konzentriert ist. Der Sieg über diese echte Versuchung kennzeichnete Josefs Werdegang und ist auch ein Zeichen für bibelgemäße Leitung. Interessanterweise haben die Propheten im alten Israel oft den Missbrauch von Macht angeprangert,

„Mein“ und „dein“ wird auch in der beabsichtigten Verführung durch Potifars Frau sichtbar. Bei der Einladung „Lege dich zu mir“ geht es ganz klar einzig und allein um „ich“ und „mich“. Josefs Antwort betont das „sein“ und bezieht sich auf seinen Herrn und seinen Gott. Aber mitten in diesem Kampf zwischen selbstsüchtigen Launen und dem auf Gott ausgerichteten Sieg über Sünde steht Gott. Immer wieder wird erwähnt, wie er in Josefs Angelegenheiten eingreift, denn es ist Gott, der ihm – Josef – Gunst gab (1 Mo 39,21) und der immer wieder mit ihm war (V. 23). Bei „mein“ und „dein“ geht es nicht nur um Selbstsucht, sondern auch darum anzuerkennen, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind. Es erinnert uns an die Tatsache, dass Gott immer Teil der Gleichung ist. Er handelt in dieser Welt – ob öffentlich oder hinter den Kulissen. Seit Golgatha können wir nicht so tun, als wüssten wir nichts davon, denn dort hat er sein Engagement für diese Welt sichtbar und greifbar gemacht. Gott ist Teil des Bildes,


des Prozesses, des Ziels und der ultimativen Perspektive. Gott hat es getan

Manche stellen beim Lesen der Geschichte von Josef die Frage: Wo ist Gott in dieser Geschichte? Gottes Gegenwart ist komplex und zeitweise verborgen. Er ist der Gott, der zulässt, dass guten – oder zumindest halbwegs guten – Menschen Böses zustößt. Gott rettet Josef nicht aus der Grube und er bewahrt sein Kind nicht vor Misshandlungen und Versuchungen. Gottes Gegenwart und sein Segen sind oft verhalten und werden indirekt durch Josef zuteil. Gott segnet Potifar und das Gefängnis des Pharao wegen Josef. Gottes Stimme kann ganz leise vernommen werden, als er durch Träume über Leben und Tod informiert (1 Mo 37,40–41). Immer wieder bringt Josef seine Anerkennung dieses grundlegenden Konzepts zum Ausdruck (vgl. 1 Mo 41,16). Doch eine dieser Gelegenheiten sticht hervor. Die Aussage „Gott hat es getan“ in 1. Mose 45,5–8 bildet das theologische Herzstück der Geschichte Josefs. Als Josef seinen Brüdern endlich seine wahre Identität enthüllt und sie entgeistert und entsetzt vor ihm stehen, flüstert er: „Gott hat es getan.“ „Gott hat es getan“, damit soll Wohlwollen und das christliche Konzept vermittelt werden, dass Gott unser Leben letztlich in seiF O T O :

F r eebiblei m a g e s . c o m

ner Hand hat. Während Menschen sich verschwören, Pläne schmieden, vergessen und sich erinnern, ist Gott hinter den Kulissen still und klug am Wirken, durch Sklaverei, Zeiten der Prüfung, Gefangenschaft und schließlich öffentliche Anerkennung und Einsetzung in eine der höchsten Machtpositionen. Die ganze Zeit über war es Gottes Plan zu bewahren: eine Familie, ein Volk und die Welt. Durch Josef konnte Gott etwas Böses, das dazu gedacht war zu zerstören, wenden und etwas Gutes daraus machen, um aufzubauen und zu erhalten (vgl. Spr 16,4.7; 19,21; Röm 8,28). Es ist faszinierend: Wenn Gott handelt, beginnen wir unsere eigene, oft unbedeutende Rolle in seinen Plänen zu erkennen. Josef hebt nie seinen Beitrag zum Plan Gottes hervor, sondern nennt immer Gott an erster Stelle. Ein Kommentator bemerkte passend: „Josef spricht mehr über Gott als über Josef.“3 „Gott hat es getan“ steht für die gesunde wohltuende Einsicht, dass selbst unser Bestes nur wenig zum Erfolg beitragen kann. Sie lässt Gott Raum, um hinter den Kulissen in Ruhe zu handeln, zu führen, zu lenken und zu wirken. Resümee

Die Geschichte von Josef ist wie ein wunderbares Gemälde, das uns hilft,

unsere eigene Geschichte zu betrachten und dabei unser Versagen und unsere Siege bei ethischen Entscheidungen zu sehen. Wir können sehen, dass Krisen als Katalysatoren für Wachstum dienen, dass Versuchungen zum Sieg führen – oder auch zur Niederlage – und dass „mein“ und „dein“ uns oft von der Wahrheit ablenken, dass wahres Charakterwachstum in einer größeren Gemeinschaft geschieht, die mir hilft, über mich selbst hinauszusehen. Zuletzt muss die Erkenntnis „Gott hat alles getan“ zur treibenden Kraft hinter jedem Plan, jeder Aktivität und jeder Entscheidung werden. Wenn Gott Teil der Gleichung wird, werden wir frei, können uns selbst vergessen und anfangen, ein Leben zu führen, das auf Gott ausgerichtet ist und die Werte des Himmels ausstrahlt. n 1 Gregory S. Smith, The Testing of God’s Sons: The Refining of Faith as a Biblical Theme, B&H Publishing, Nashville, 2014, S. 49–67. 2 In 4. Mose ist immer wieder von diesen Prüfungen zu lesen. 3 V. P. Hamilton, The Book of Genesis: Chapters 18–50, NICOT (The New International Commentary on the Old Testament), Eerdmans, Grand Rapids, 1995, S. 577.

Gerald A. Klingbeil ist stell­

vertretender Chefredakteur von Adventist World. Er wünscht sich, Gott in den wesentlichen Dingen des Lebens zu sehen – jeden Tag.

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G E L E B T E R

G L A U B E

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ls ich meine Tochter an jenem Montag von der Schule abholte, war sie aufgeregter als sonst. Die letzten Monate waren nicht leicht für sie gewesen.

Als Missionare in einem fremden Land

Als Christ in einer muslimischen Schule

Neben all den Neuerungen und Umstellungen gab es auch noch das Problem, auf einer muslimischen Schule Christ zu sein. Obwohl der Koran die Christen als Volk des Buches und als Gläubige bezeichnet, wurden sie in der Praxis schlecht behandelt. Die Kultur in der Region des Nahen Ostens, in der wir leben, ist eine Stammeskultur. Im Klassenzimmer gibt es immer einen Anführer, der sagt, was der Rest der Klasse tun darf oder nicht

Wir waren mit unserer Familie von unserem Heimatland weggezogen, um als Missionare in einem muslimischen Land zu wirken. Meine kleine Tochter war nicht glücklich über unseren Umzug. Ihre Freunde und Verwandten und besonders ihre Großmutter zurückzulasVon Pedro Leopoldo 1 sen, war für sie keine schöne Erfahrung. Später beschrieb sie uns den Umzug als die „Zerstörung ihres Schlosses“. Sie war erst fünf Jahre alt, als sie sich in einer völlig neuen Umgebung wiederfand: Schule, Gemeinde, Sprache, die Stadt, in der sie lebte – alles war neu. Die Schule in dem neuen Land, die sie und ihre Schwester mitten im Schuljahr aufnahm, hatte keinen freien Sitzplatz in dem Klassenraum für ihre Schulstufe. Deshalb wurde ihr ein Platz in der nächsthöheren Schulstufe zugewiesen. Sie tun darf. Unsere Tochter berichtete von vielen Vorfällen, in denen wurde einfach im Klassenzimmer „abgesetzt“, wo sie die jüngste das Mädchen, das die Anführerin war, den anderen Mädchen war und nicht auf Englisch, der offiziellen Schulsprache, kommuverbot, mit ihr zu spielen. Manchmal wurde sie von den anderen nizieren konnte. Sie merkte schnell, dass alle anderen Schüler getreten, geschubst und gekniffen. schon ganze Sätze lesen und schreiben konnten, während sie noch Der Wendepunkt kam, als sie sich auf Arabisch verständigen mit dem Alphabet kämpfte. Zumindest war sie in der gleichen Schule wie ihre ältere Schwester, sodass sie sich gegenseitig ermuti- konnte und anfing, mit den andern Kindern zu kommunizieren. Während einer Mittagspause kam die Anführerin der Klasse mit gen konnten. Doch nach einigen Wochen wurde klar, dass die einer Gruppe von Mädchen auf sie zu und sagte, dass sie mit ihr Klasse nachteilig für ihre Entwicklung war und uns wurde immer spielen würden, wenn sie „Al-Hamdu li-Llah“ sagen würde, was mehr bewusst, dass sie nicht weiter in diese Schule gehen sollte. Nach drei Monaten in dem neuen Land kam sie in eine andere auf Deutsch Gott sei Dank heißt. Sie musste es einige Male wieSchule. Die einzige Möglichkeit, die wir als Familie hatten, bestand derholen, bis die anderen sie mitspielen ließen. Von dem Tag an wurde sie vom „Stamm“ akzeptiert. darin, sie in eine Schule in der Nähe zu schicken, die einen freien Obwohl sie von ihrer Gruppe angenommen war, gab es Sitzplatz in einer Klasse hatte, die ihrem Alter entsprach. So fand sie sich zum zweiten Mal in kurzer Zeit in einer neuen Schule wie- immer noch der Unterschied in der Religion. Sie kam oft nach Hause und stellte uns Fragen über den Islam und den Propheten der. Sie lernte immer noch Englisch, doch in dieser Schule stand Mohammed. Und so kam es, dass wir unserer fünfjährigen Tochan einem Tag Englisch auf dem Stundenplan und am nächsten ter eine Einführung in den Islam gaben. Auf der anderen Seite Arabisch. Wenigstens waren die Schüler in ihrem Alter. war es eine großartige Gelegenheit, ihr auch etwas über das Durch Gottes Gnade überstand sie diese Zeit, lernte die Sprache und holte den Rest der Klasse ein. Fünf Monate später schloss Christentum zu vermitteln und ihren Glauben zu stärken. sie ihre Klasse ab. Während wir stolz und glücklich über ihren Die ABF Erfolg waren, wollte sie zu ihrer ersten Schule zurück, um wieder Als ich sie einige Wochen, nachdem sie wieder in ihre erste mit ihrer älteren Schwester zusammen sein zu können. Zu Beginn Schule ging, gemeinsam mit ihrer Schwester von der Schule des nächsten Schuljahres ging sie wieder in die erste Schule abholte, war sie aufgeregt. Meistens war sie auf dem Heimweg zurück.

ein unvermutetes

Glaubenszeugnis Manchmal bezeugen Kinder ihren Glauben besser als Erwachsene

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F o t o :

G u s tav o

Ol g i a ti


still oder weinerlich. Aber dieses Mal war sie ganz aus dem ­Häuschen. „Ich habe meine ABF gefunden, ich habe meine ABF gefunden“, wiederholte sie immer wieder. Als ich fragte, was ABF bedeutet, lachten meine beiden Töchter und schauten sich mit einem Blick an, der sagte: „Papa weiß mal wieder gar nichts.“ Dann erklärte sie, dass ABF „allerbeste Freundin“ bedeutet. Ein Mädchen, deren Name Licht bedeutet und das ich deswegen so nennen werde, fragte sie beim Spielen aus heiterem Himmel etwas über ihren christlichen Glauben. Bevor wir in den Nahen Osten gingen, wirkten wir als Familie in einer Großstadt, hauptsächlich unter säkularen Menschen. Unsere Kinder gingen auf öffentliche Schulen und hatten Nachbarn und Freunde, die nicht religiös waren. So konnten sie schon sehr früh ihren Glauben mit ihren eigenen Worten erklären. Meine Tochter erklärte Licht ihren Glauben an Jesus. Zu ihrer Überraschung erwiderte Licht, dass sie auch an Jesus glaubt. Sie ist Muslima, und wir lernten ihre Eltern auf einer Schulveranstaltung kennen. Die Familie passt nicht in die stereotype Vorstellung, die im Westen über Muslime herrscht, dennoch ist es eine traditionelle muslimische Familie. Meine Tochter reagierte voller Freude. Sie umarmten einander und redeten den Rest ihrer Mittagspause darüber, dass Jesus alles erschaffen hat, auch sie selbst und ihre Familien. Seit dem Tag sind sie ABF. Deshalb war sie so aufgeregt. Die eigentliche Missionarin

Heute stellen wir uns wirklich die Frage, wer die eigentlichen Missionare in unserer Familie sind. Diese Erfahrung hat unser Verständnis verändert und uns an Psalm 8 erinnert, wo es heißt: „Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet.“ (V 3) Voller Ehrfurcht sehen wir, was Gott durch die Kämpfe unserer Kinder in ihnen und durch sie bewirkt. Das Licht des Himmels scheint oft unerwartet durch unerwartete Werkzeuge, die ein unerwartetes Zeugnis geben. 1 Pedro Leopoldo ist ein Pseudonym.

Pedro Leopoldo und seine Familie sind Missionare im Nahen Osten.

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LEGACY of LIGHT

Teil 6: 1900–1915

Die Elmshaven Jahre

Gottes botin –

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ls Ellen White nach neun Jahren des Wirkens in Australien und Neuseeland in die USA zurückkehrte, mag sie gehofft haben, endlich einen wohl verdienten, beschaulichen Ruhestand genießen zu können. Es war September 1900, kurz vor ihrem 73. Geburtstag. Doch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts würde sie entscheidende Probleme in der Kirchenstruktur, bei bedeutenden kirchlichen Institutionen und adventistischen theologischen Grundpfeilern ansprechen müssen.

Strukturreform

Bereits sechs Monate nach ihrer Rückkehr, noch bevor sie sich in ihrem neuen Haus im kalifornischen Elmshaven ganz eingerichtet hatte, reiste Ellen White nach Battle Creek, um an der GeneralkonferenzVollversammlung 1901 teilzunehmen. Die Vollversammlung wurde offiziell am 2. April eröffnet, doch in den Vorbesprechungen wurde klar, dass größere Strukturreformen nötig waren. Ellen White wusste, dass die Herausforderungen immens sein würden. Sie vertraute den Delegierten an: „Vor meiner Abreise aus Kalifornien war ich beunruhigt. Ich wollte nicht nach Battle Creek kommen. Ich hatte Angst, dass die Lasten, die ich zu tragen haben würde, mich mein Leben kosten würden.“1 Wenn wir aus heutiger Sicht zurückblicken, erkennen wir Gottes direkte Führung in den strukturellen Veränderungen, die aus der Generalkonferenz-Vollversammlung 1901 als Reaktion der Kirchenleiter auf Ellen Whites gezielte Aufrufe zur Reform folgten – und auf der Vollversammlung 1903 noch einer Feinabstimmung unterzogen wurden. Ellen White rief aus: „Nie war ich in meinem Leben über etwas erstaunter als über die Entwicklung, die die Dinge auf dieser Versammlung genommen haben. Das ist nicht unser Werk; Gott hat es bewirkt.“2

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Die

„goldenen Jahre“ Ellen Whites Leben und Vermächtnis, 1900 bis 1915 Von Tim Poirier Krisen in unseren Institutionen

In einem einzigen Jahr verlor unsere Kirche zwei ihrer wichtigsten Institutionen durch Brände: Am 18. Februar 1902 brannte das weltberühmte Battle-Creek-Sanatorium ab und am 30. Dezember 1902 das Gebäude des Review-and-Herald-Verlags. Ellen White wurde gezeigt, welche Lehren aus diesen Katastrophen gezogen werden sollten. Sie brachte sie in Verbindung mit einem Verlust der geistlichen Mission.3 Die Leiter unserer Kirche folgten den Anweisungen Ellen Whites. Sie bemühten sich, den Verwaltungssitz von Battle Creek weg zu verlegen und entschieden sich schließlich für Takoma Park im US-Bundesstaat Maryland, in der Nähe der USamerikanischen Bundeshauptstadt Washington D. C. Ellen White war maßgeblich daran beteiligt, dass dort auch ein neues College und ein neues Sanatorium errichtet wurden, die heutige Washington Adventist University und das Washington Adventist Hospital. Neben ihren wiederholten Aufrufen, „in allen Teilen der Welt“4 Heilstätten zu errichten, erkannte Ellen White auch, wie wichtig es war, dass unsere Kirche ihre eigene, auf dem Glauben basierende medizinische Ausbildung bieten konnte, insbesondere nach dem Verlust des Battle Creek Sanatoriums. Obwohl die Leiter unserer Kirche sehr zögerlich waren, weil sie keine Möglichkeit sahen, den damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, drängte Ellen White darauf, sofort ein Grundstück in Loma Linda, im US-Bundesstaat Kalifornien, zu kaufen. Als sie den Ort im Juni

1905 besuchte, „sagte sie immer wieder, dass sie diesen Platz als den wiedererkannte, den sie vier Jahre zuvor in einer Vision gesehen hatte“.5 Dass Gottes Segen auf dem Kauf des Grundstücks lag, konnte man an einer Reihe bemerkenswerter Fügungen sehen, durch die es möglich war, die gesamten Kosten in weniger als sechs Monaten nach dem ersten Angebot aufzubringen.6 Die Loma-LindaUniversität und die dazugehörigen medizinischen Institute würde es heute ohne Gottes Führung durch seine Botin nicht geben – was man von zahlreichen anderen Institutionen unserer Kirche ebenso sagen kann. Theologische Bedrohungen

Noch während Ellen White in Australien war – sieben Monate bevor sie auf der „Moana“ nach Hause segelte –, wurde ihr gezeigt, dass „irrige Theorien und Praktiken in unsere Zeltversammlungen gebracht“ werden würden.7 Auf der gleichen Generalkonferenz-Vollversammlung, auf der sie auch zur Restrukturierung aufrief, fühlte sich Ellen White gedrungen, gegen eine fanatisch perfektionistische Lehre über die Heiligung der Gläubigen aufzutreten, die als Lehre vom „heiligen Fleisch“ bekannt war.8 Unter ihren korrigierenden Belehrungen befindet sich auch das folgende Juwel: Wir sollen „nicht darüber besorgt sein, was Gott über uns denkt, entscheidend ist, was er über Christus [unseren Stellvertreter] denkt“.9 Doch es sollten noch größere Bedrohungen kommen. Die Kluft zwischen den Ansichten von Dr. John Harvey Kellogg, dem Leiter des medizinischen Werks unse-


Während der letzten Jahre ihres Dienstes konzentrierte sich Ellen White häufiger darauf, wie wichtig es ist, dass die Gemeindeglieder einander mit wahrer christlicher Höflichkeit begegnen. Ballenger Stellung bezogen hatte, nahm sie Abstand davon, in die Diskussion über „das Tägliche“ einzugreifen und eine Sicht mehr zu befürworten als eine andere. Im Gegensatz zu den früheren Irrlehren erklärte sie, dass sie „zu dieser Debatte keine Weisung“ hatte, außer, „dass nichts getan werden sollte, um die Aufregung über diese Frage zu vergrößern“.12 „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“

Ellen Whites Aufruf zur Einheit und die daraus resultierende Neuausrichtung der Energien unserer Kirche auf ihre Mis-

E lle n

G .

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E s t a te

rer Kirche, und der übrigen Kirche wurde immer größer. Zum offenen Ausbruch kam die Auseinandersetzung schließlich durch Kelloggs Buch The Living Temple, das 1903 erschien. Es enthielt Gedanken über die Personalität Gottes, die die Leiter der Kirche alarmierten. Ellen White erkannte, dass Kelloggs Lehren zu dem gleichen Fanatismus führten, der ihr bereits zu Beginn ihres Wirkens nach der großen Enttäuschung von 1844 begegnet war. Sie wies seine Theorien aufs Schärfste zurück und bemühte sich gleichzeitig darum, ihn aus der Gefahr für seine Seele zu retten.10 Ellen Whites klares Zeugnis gegen pan-

Ellen White spricht 1906 zu einer Versammlung in Loma Linda, Kalifornien (USA). theistische Anschauungen über Gott sorgte dafür, dass unsere Kirche auf ihrem biblischen Fundament gegründet blieb. Doch während der nächsten sieben Jahre wurde die gemeinsame Mission unserer Kirche noch zweimal durch die Anziehungskraft, die von „neuem Licht“ ausging, bedroht: zunächst durch A. F. Ballengers Lehren über den Heiligtumsdienst Christi und im Weiteren durch die stürmischen Debatten prominenter Leiter unserer Kirche über die Bedeutung eines Ausdrucks, der in Daniel 8; 11 und 12 als „das Tägliche“ übersetzt wird.11 Obwohl Ellen White klar und öffentlich gegen die Lehren von Kellogg und

sion ist eine der Aufgaben der Geistesgaben, wie sie in Epheser 4,11–16 beschrieben werden. Während der letzten Jahre ihres Dienstes konzentrierte sich Ellen White häufiger darauf, wie wichtig es ist, dass die Gemeindeglieder einander mit wahrer christlicher Höflichkeit begegnen – und damit in den Familien beginnen – und dass Einheit in Christus auch bedeutet, die Schranken abzubauen, die durch Nationalismus und Rassismus entstehen.13 Zwischen 1900 und ihrem Tod am 16. Juli 1915, erschienen Ellen Whites Klassiker Erziehung (1903) und Auf den Spuren des großen Arztes (1905) auf Englisch.

Außerdem schloss sie die „Entscheidungsserie“ ab, brachte die Bände 6–9 der Testimonies for the Church und weitere Bücher heraus und schrieb regelmäßig Artikel für die Gemeindezeitschriften. In ihrer letzten Botschaft an eine Generalkonferenz-Vollversammlung – an der sie aus Altersgründen nicht mehr persönlich teilnehmen konnte – äußerte sie Gedanken über ihre Verbindung mit dem Volk Gottes während der vorangegangenen 70 Jahre. „Irrtum und Verwirrung werden zunehmen“, richtete sie ihnen aus, „ doch lasst uns, die wir an Gott glauben, einander ermutigen. Lasst uns unser Banner nicht sinken lassen, sondern hochhalten, indem wir auf den Anfänger und Vollender unseres Glaubens aufsehen … Ich fühle mich ermutigt und gesegnet, weil ich sehen kann, dass der Gott Israels seine Gemeinde auch heute noch führt und mit uns sein wird bis zum Ende.“14 n   1 Ellen G. White in: General Conference Bulletin, 12. April 1901, S. 204.   2 Ebenda, 25. April 1901, S. 464.   3 Siehe Ellen G. White, Testimonies for the Church, Pacific Press, Mountain View, 1948, Bd. 8, S. 97–103.   4 Ebenda, Bd. 7, S. 51.   5 D. E. Robinson, The Story of Our Health Message, ­Southern Publishing Association, Nashville, 1943, S. 350.   6 Siehe Richard A. Schaefer, Legacy, 2005, S. 139–144; Arthur, L. White, Ellen G. White, The Later Elmshaven Years, Review and Herald, 1982, Bd. 6, S. 22–28.   7 Ellen G. White, Brief 132, 1900, in: Selected Messages, Review and Herald, Washington, D. C., Bd. 2, S. 37.   8 Einen Überblick über diese Lehre und Ellen Whites Widerlegung derselben findet sich in: Ellen G. White, Für die Gemeinde geschrieben II, S. 32–40; Arthur L. White, Ellen G. White: The Early Elmshaven Years, Review and Herald, Washington, D. C. 1981, Bd. 5, S. 91–113 sowie D. Fortin und J. Moon, The Ellen G. White Encyclopedia, Review and Herald, Hagerstown, 2013, S. 873f.   9 Ellen G. White, Für die Gemeinde geschrieben, Bd. 2, S. 34. 10 Siehe Arthur L. White, The Early Elmshaven Years, Bd. 5, S. 280–306. 11 Zu Ballenger: S. ebenda, S. 405–413; 425–428; Zum „Täglichen“: S. Arthur L. White, The Later Elmshaven Years, Bd. 6, S. 246–261 sowie D. Fortin und J. Moon, S. 751–754. 12 Ellen G. White Manuskript 11, 1910, und Brief 62, 1910; vgl. Für die Gemeinde geschrieben I, S. 173–177. 13 Zum Beispiel: Ellen G. White, Testimonies for the Church, Bd. 9, S. 179–226. 14 Ellen G. White in: General Conference Bulletin, 27. Mai 1913, S. 164.

Tim Poirier ist stellver­ tretender Direktor des Ellen White Estates in Silver Spring.

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A D V E N T G E S C H I C H T E

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ie prominente Soloaltistin der amerikanischen Stimme der Hoffnung, Del Delker, der angesehene Archäologe und emeritierte Rektor der LaSierra-Universität, Lawrence T. Geraty, und die beiden berühmten Söhne von „Onkel“ Arthur Maxwell – Redakteur Lawrence und Kirchenhistoriker Mervyn – haben alle etwas gemeinsam: ihre Verbindung mit Thomas Sinclair Geraty. Der adventistische Missionar und herausragende Pädagoge war ihr Lehrer, Mentor oder Vater. Thomas Geraty, der Abenteurer

In seiner Jugend kletterte Thomas Geraty am 31. Dezember 1936 auf einen der beiden Pylone der Golden Gate Bridge und im nächsten Jahr, am 1. Januar 1937, wieder hinunter. Dieses Bravourstück war wegweisend für und Vorbereitung auf ein Leben voller Abenteuer – mit der Ausnahme, dass seine missionarischen Abenteuer wesentlich sinnvoller sein sollten. Nachdem er auf der Asamu Maru nach Shanghai gesegelt war, um eine Stelle als Missionar in China anzutreten, musste er wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs und der Besatzung der chinesischen Küste durch Japan schon bald nach Burma, dem heutigen Myanmar, versetzt werden. Als Rangun bombardiert wurde, mussten Geraty und seine Familie erneut ihre Heimat verlassen und flohen nach

Thomas Geraty im Jahr 1950 in Hongkong kurz nach seiner Evakuierung aus dem kommunistischen Nanjing (China).

Zentralchina. Hier unterrichteten er und seine Frau Hazel am adventistischen College Sung Pao, bei Chungking. Zu seinen spannenden Abenteuern gehörten nicht nur Boote und Flugzeuge, Luftbrücken und Fluchterfahrungen – als Geschäftsführer des Sung Pao College lernte er auch, wegen einer grassierenden Inflation, mit Reis als Währung zu arbeiten. Am Sun Pao College unterrichteten Hazel und er auf Chinesisch. Sie hatten die Sprache gelernt, als sie während des Krieges in Burma lebten. Darüber hinaus lernten sie, ihre Studierenden zu lieben und Chungking zu schätzen – sowohl wegen des Unterrichts dort als auch weil Thomas hier gemeinsam mit seinen Kollegen Carl Currie, James Wang und Herbert Liu zum Predigtdienst eingesegnet wurde. Nach einem Heimaturlaub direkt nach dem Krieg kehrten die Geratys wieder nach China zurück, um eine führende Rolle im Aufbau des adventistischen Chiou-TouTseng-College bei Nanking zu übernehmen. Mit der Geburt von Ronald Douglas war die Zahl der Familienmitglieder auf vier angestiegen. Ihr zweites Kind, Edwin McVicker, war in Chungking zur Welt gekommen, jedoch ohne medizinische Versorgung während des Krieges als Säugling gestorben und in Shanghai beigesetzt worden. Am Chiou-Tou-Tseng-College gingen die dramatischen Verwicklungen in Geratys Leben weiter. Kaum hatte er ein paar neue Gebäude aufgebaut und die Arbeit

ins Laufen gebracht, als sich die Armeen von Mao Tse-tung in seine Richtung zu bewegen begannen; seine Familie musste auf dem Fluss Jangtsekiang nach Shanghai und dann weiter nach Hongkong evakuiert werden. Dort wurde Thomas gebeten, das adventistische College in Clear Water Bay, das heutige Hong Kong Adventist College, zu führen. In den Nahen Osten

Im Jahr 1951 nahm Thomas den Ruf der Generalkonferenz an, als Rektor des Middle East College nach Beirut (Libanon) zu gehen, eine Arbeit, die ihm große Freude machte. Eine Zeit lang leitete er auch die Abteilung Bildung und Erziehung der damaligen Nahost-Division unserer Kirche. In dieser Funktion reiste er in alle Länder der Region, baute das Bildungswerk auf und warb um Studierende für das College. Einmal entging er knapp dem Tod, als er in Beirut einen Flug in den Iran verpasste. Ärgerlich nahm er den nächsten Flug – bis er erfuhr, dass sein verpasstes Flugzeug bei der Landung in Teheran abgestürzt war und alle Menschen an Bord ums Leben gekommen waren. Geraty wusste, dass sein Leben nicht umsonst bewahrt worden war. Als viertes und letztes Kind wurde – endlich – eine Tochter geboren. Kathleen Marie kam im amerikanischen Universitätskrankenhaus in Beirut zur Welt und war eine besondere Freude für die Familie.

Thomas Geraty:

Ein

Gigant des

adventistischen Bildungssystems Sein lohnendstes Abenteuer war es, zu dienen Von Lael Caesar


Thomas Geraty gegen Ende seines Lebens mit seinen drei Kindern Ron, Larry und Kathleen.

zu malen, vor allem im Freien im Napa Valley. Seine Familie besitzt mindestens 200 Bilder von ihm. In seinem Ruhestand konnte er in der Rückschau auf sein bewegtes Leben die Welt neu interpretieren und sie künstlerisch neu gestalten. Gleichzeitig arbeitete er von 1982 bis 1985 als ehrenamtlicher Leiter der Bildungs- und Erziehungsabteilung der Hawaii-Vereinigung. Gemeinsam mit Hazel freute er sich immer, wenn Familienangehörige sie auf der Insel besuchten.

Akademische Grade

Gesundheitsprobleme

Während eines späteren Heimaturlaubs schloss Thomas an der University of Southern California zwei Master-Studiengänge ab und promovierte in Pädagogik. Mit dieser Qualifikation nahm er 1960 einen Ruf in die Abteilung Bildung und Erziehung bei der Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten an, wo er für universitäre Bildung zuständig war. Neben seiner Aufgabe als Redakteur der Zeitschrift Journal of Adventist Education – eine Aufgabe, die er besonders segensreich empfand – reiste er zu den adventistischen höheren Bildungseinrichtungen in aller Welt und bemühte sich besonders darum, ihnen bei ihrer Akkreditierung zu helfen. Darüber hinaus gründete er eine alle vier Jahre stattfindende Fachkonferenz für Professoren adventistischer Colleges. Im Jahr 1970 wurde er Dekan der Pädagogischen Fakultät der Andrews-Universität, die damals noch ein Institut war. Dort führte er das Promotionsstudium ein – das erste unserer Kirche – und stärkte den Einflussbereich der Universität weltweit. Im Jahr 1977 trat Geraty aus dem offiziellen Dienst für unsere Kirche in den Ruhestand. Er ließ sich in Angwin, im USBundesstaat Kalifornien, nieder, um Zeit mit seinem betagten Vater verbringen zu können. Während dieser Zeit bot er seiner Alma Mater, dem Pacific Union College, und dem nahegelegenen Weimar College seine ehrenamtlichen Dienste an. Nach dem Tod seines Vaters begann er intensiv

Während er auf Hawaii lebte, erkrankte Thomas an Darmkrebs. Er zog in den USBundesstaat Massachusetts, in die Nähe seines Sohnes Ron, einem Arzt, und seiner Tochter Kathleen, von der er große Unterstützung erfuhr. Sie brachte ihn in das New England Memorial Hospital und stellte ihn dem fähigen Chirurgen Allan Bock vor. Die Operation war ein weiteres unvergessliches Ereignis im Leben dieses unerschütter­ lichen Gotteskindes. Als Dr. Bock aus dem Operationssaal kam, sprach er von einem äußerst schwierigen und komplizierten Eingriff und konnte nicht ausschließen, dass Thomas Geraty nur noch wenige Monate leben würde. Doch der Gott, dem Bock seine medizinischen Fähigkeiten geweiht und für den Geraty sein Leben gelebt hatte, ließ Geraty noch viele Lebensjahre genießen. Er sollte noch fast 30 weitere Jahre Gottes Segen erfahren! In diesen Jahren arbeitete er ehrenamtlich am Atlantic Union College, an dem sein ältester Sohn Lawrence Thomas Geraty Rektor war, und erstellte den Leitfaden für die Bildungsstrategie der damaligen FernostDivision der Siebenten-Tags-Adventisten. Als Sohn Lawrence Rektor der LaSierra-Universität wurde, folgte sein Vater ihm nach Kalifornien. Dort organisierte er die Middle East Fellowship (NahostGesellschaft), durch die er bei den Menschen, die aus dieser Region kamen, das Interesse an ihren Wurzeln lebendig halten wollte. Als seine Frau 2001 starb, ging

F o t o s

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F R E UN D L I CH E R

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V ON

L a w r e n c e T.

Ge r a ty

Geraty noch einmal an die Middle East University zurück und unterrichtete – 86-jährig! – noch einmal für ein Jahr. Am Ende dieses Jahres kehrte er auf der Suche nach weiteren missionarischen Abenteuern nach Kalifornien zurück. Die La-SierraUniversität belohnte seine Suche mit zwei Aufgaben: Drei Jahre lang war er Heim­ leiter im Wohnheim für internationale Promotions- oder MA-Studierende und darüber hinaus war er als Professor für Pädagogik dafür zuständig, chinesischen Doktoranden bei ihren Doktorarbeiten zu helfen, was ihm eine besondere Freude war. Zum zweiten Mal in den Ruhestand

Nach seiner ersten Pensionierung trat Geraty mit 94 Jahren ein zweites Mal in den Ruhestand. Die letzten fünf Jahre seines Lebens verbrachte er vor allem damit, seine chinesische Bibel zu studieren, ab und zu ein Gedicht über das zu schreiben, was er studierte, auf seinem Heimtrainer zu radeln und zu malen. Darüber hinaus hatte er im Linda Valley Care Center – dem Seniorenheim, in dem er zuletzt lebte – manchmal bis zu zehn Termine in der Woche, in denen er seinen Mitbewohnern Bibelstunden gab oder Lesungen seiner Gedichte hielt. Er starb am 23. Dezember 2013. Trotz der vielen Abenteuer seines Lebens – von seiner Brückenbesteigung über die vielen Male, die er dem Krieg entkam, bis zu seiner Bewahrung vor einem Flugzeugabsturz – sind es nicht diese Dinge, für die er vor allem in Erinnerung bleiben wird. Was ihn in Erinnerung hält, hat Beverly Rumble, langjährige Redakteurin des Journal of Adventist Education zum Ausdruck gebracht, die ihn als „Giganten des adventistischen Bildungssystems“ bezeichnete und damit sein Leben und den Beitrag, den er leistete, prägnant und treffend zusammenfasste. n

Lael Caesar ist stellvertretender Chefredakteur von Adventist World. Er bewundert geistliche Giganten. Dezember 2015 | Adventist World

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F R A G E N

Z U R

B I B E L

Besser „Stimmt es, dass der Titel „Löser/ Erlöser“ im Alten Testament für den nächsten Verwandten eines Menschen steht?

als ein

Bruder

Der Titel „Löser/Erlöser“ hat ebenso wie die Verben, die normalerweise mit „lösen“, „einlösen“ oder „erlösen“ übersetzt werden, eine vielfältige theologische Bedeutung. Wir können hier nur auf den Titel und seine Bedeutung eingehen. Löser/ Erlöser ist in erster Linie ein juristischer Begriff. Der Löser/Erlöser (Hebräisch go’el) war gewöhnlich der nächste Verwandte eines Menschen, der „ausgelöst“ werden musste, „entweder sein Onkel oder der Sohn seines Onkels … oder einer von seinen nächsten Blutsverwandten“ (3 Mo 25,49 EB). Wir werden die Aufgabe des Erlösers untersuchen, erörtern, wie sich der Begriff auf Gott anwenden lässt, und schließlich auch etwas über seine christologische Bedeutung sagen. 1. Die Aufgaben des Lösers: Der Löser agierte im Rahmen extremer Not. Erstens: Wenn ein Israelit so arm war, dass er seinen Besitz verkaufen musste, um zu überleben, wurde vom Löser erwartet, den Besitz für den Israeliten zurückzukaufen (3 Mo 25,25; vgl. Rut 2,20; 3,12). Die Grundlage dafür war das Verständnis, dass Gott der Eigentümer des Landes war und es an die Israeliten zu ihrem Gebrauch verteilt hatte. Niemand sollte das Land missbräuchlich verwenden, indem er es dauerhaft einem israelitischen Mitbürger wegnahm. Zweitens: Wenn ein Israelit seine Schulden nicht zurückzahlen konnte, hatte er die Möglichkeit, sich als Schuldsklave an denjenigen zu verkaufen, der ihm das Geld geborgt hatte. Auch in diesem Fall wurde vom Löser erwartet, dass er dem Schuldsklaven die Freiheit zurückkaufte (3 Mo 25,47–49). Da der Herr sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten erlöst hatte, gehörten alle Israeliten ihm und sollten folglich von niemandem mehr versklavt werden. In gewisser Weise wiederholte der Löser Gottes mächtige Erlösung seines Volkes aus Ägypten. Drittens: Wenn jemand einen Israeliten umbrachte, war der Löser dafür verantwortlich, den Mörder hinzurichten (4 Mo 35,12.19). Um sicherzugehen, dass der Mörder wirklich schuldig war, wurden Freistädte eingerichtet (4 Mo 35,12.24–25; 5 Mo 19,6.12). Das Leben wurde als Geschenk von Gott gesehen, das ausschließlich ihm gehörte. In diesem Fall nahm der Löser das Leben des Mörders als Ersatz für das Leben seines Angehörigen. Die grundlegende Verantwortung des Lösers mag darin bestanden haben, gesellschaftliche Fehlentwicklungen auszumerzen, die die soziale und geistliche Harmonie und Unversehrtheit, die Gott durch seinen Bund mit den Israeliten aufgerichtet hatte, störten und durcheinanderbrachten.

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Adventist World | Dezember 2015

2. Gott als Erlöser: Der Titel wird im Alten Testament metaphorisch für Gott verwendet. Er erlöst von persönlichem Unglück (1 Mo 48,16) und von der kollektiven Erfahrung des Exils – durch die Zerstörung Babylons als derjenige, der Israels Feinde verfolgte, um sie zu töten (Jes 41,14; 43,14; 44,6). Auch wenn der Gedanke des nächsten Angehörigen nicht immer deutlich zum Ausdruck kommt, wird Gott doch als Vater (Jes 63,16) oder Ehemann (Jes 54,5) beschrieben, der sein Volk erlöst. Wir sind als Gottes „Blutsverwandte“ sehr eng mit ihm verbunden. Die Bande, die uns mit ihm verbinden, sind fester als die zu seiner natürlichen Mutter (Ps 27,10). Was vielleicht noch wichtiger ist: Gott erlöst die Menschen von der Sünde (Jes 44,22–24), die als universelles Phänomen (Jes 59,20) über die Menschen herrscht (Ps 19,14–15), und sogar von dem Zorn Gottes (Jes 54,5–9) und vom Tod (Ps 103,4; 49,8–9.15). Er kann als Schöpfer und Erlöser die Harmonie im Kosmos wirklich wiederherstellen. 3. Christus unser Erlöser: Das Bild von Gott als Erlöser wird im Wirken Christi für sein Volk verkörpert und erfüllt (Lk 1,68.71; 2,38). Christus war in der Tat der Eine, „der Israel erlösen solle“ (Lk 24,21 EB). Die Menschen waren durch die Macht der Sünde und des Todes versklavt und waren dringend auf Erlösung angewiesen. Der Erlöser kam und nahm unsere Menschlichkeit an; er wurde unser nächster Verwandter und befreite uns von der Macht des Todes (Hbr 2,14–15) und der Sünde (Röm 2,23–24; Tit 2,14; Kol 1,14). In seinem Erlösungswerk ist auch die Natur eingeschlossen, die dem Verfall unterworfen ist und sich nach Befreiung sehnt (Röm 8,19–21; vgl. 1 Mo 1,26). Christus hat alle unsere Schulden bezahlt – nicht mit „Silber oder Gold“, sondern mit seinem „kostbaren Blut“ (1 Ptr 1,18–19; Eph 1,7). Um uns von Sünde und Tod zu befreien, nahm Christus sie an unserer Stelle selbst auf sich und gab „sein Leben … als Lösegeld für [Gr. anti, „an Stelle von“] viele“ (Mk 10,45). Unser verwirktes Leben ist erlöst – nicht nur dadurch, dass Christus unseren geistlichen Feind vernichtet, sondern dadurch, dass er sein eigenes Leben gibt, um unseres wiederherzustellen. Nur Jesus, unser nächster Verwandter, konnte dieses erstaunliche Werk der Gnade voll­ bringen. n

Angel Manuel Rodríguez ist pensionierter Theologieprofessor. Er ist in Texas zu Hause, von wo er Fragen zur Bibel beantwortet.


B I B E L S T U D I U M

Von Mark A. Finley

Abraham:

Geprüft und bestätigt

D

ie Geschichte Abrahams ist die Geschichte eines Glaubenshelden Gottes. Die Schrift sagt: „Abraham hat Gott geglaubt.“ (Röm 4,3, s. a. 1 Mo 15,6) Zu glauben bedeutet, einfach darauf zu vertrauen, dass Gott genau so handeln wird, wie er es gesagt hat. Der Glaube ist eine Beziehung zu Gott wie zu einem Freund, in den wir das unerschütterliche Vertrauen haben, dass er sein Wort hält. Wenn wir das Leben von Abraham studieren, fällt auf, dass es auch Zeiten gab, in denen sein Glaube schwankte. Gott ließ verschiedene Prüfungen in seinem Leben zu, um seinen Glauben zu stärken. Der Glaube ist ein Geschenk von Gott, der durch den Heiligen Geist genährt wird, bis er zu einem beständigen, tiefen Vertrauen in Gottes unaufhörliches Interesse an und seine gleichbleibende Liebe zu uns wird.

1 Warum hat Gott Abraham deiner Meinung nach aus der Geborgenheit und dem Komfort seiner Heimat in ein ihm völlig fremdes Land gerufen? Denke über 1. Mose 12,1–3 nach. Gibt uns der Abschnitt Einsichten darüber, wie Gott heute noch mit uns umgeht? Gott hatte viel größere Pläne mit Abrahams Leben. Es gibt Zeiten, in denen Gott auch für unser Leben größere Pläne hat. Manchmal führt er uns aus unserer Komfortzone, damit er sein größeres Ziel erreichen kann. Komfort und Bequemlichkeit können manchmal Hindernisse dafür sein, dass Gott seine Pläne für uns verwirklichen kann.

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Wie reagierte Abraham in 1. Mose 12,4 auf Gottes Ruf?

Abrahams Reaktion auf Gottes Ruf ist klassisch. Im Bericht heißt es einfach: „Da zog Abram aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte.“ Jeder Gläubige kann daraus etwas lernen. Gott spricht durch sein Wort, und wir gehen von ganzem Herzen darauf ein.

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Abrahams Glaube wuchs beständig; doch welchen schweren Charakterfehler offenbarte er laut 1. Mose 12,10–14 dennoch, als er in Ägypten war? In einem Moment der Schwäche gab Abraham der Versuchung nach. Er stiftete Sarah an zu lügen, statt Gott zu vertrauen. Allein Gottes Eingreifen rettete Abraham und Sarah vor einer A r t

v o n

J ó z s ef

M o l n á r

Katastrophe. Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Täuschungen lösen nie Probleme.

4

Welche Verheißung gab Gott Abraham in 1. Mose 15,1.5?

5 Was erwiderte Abraham in 1. Mose 15,2.6.8 auf ­Gottes Verheißung? Abrahams Glaube wuchs, dennoch hatte er noch viele Fragen. Ein wachsender Glaube bedeutet nicht, dass alle unsere Fragen beantwortet werden.

6 Wie beschlossen Abraham und Sarah in 1. Mose 16,1–4, Gott bei der Lösung des Problems ihrer Kinder­ losigkeit zu „helfen“? Es ist faszinierend zu sehen, dass Abraham Gott zwar glaubte, aber dennoch dachte, er müsse Gott helfen, das Problem des hohen Alters von Sarah und ihrer vermeintlichen Unfruchtbarkeit zu lösen. Wenn Gott uns etwas verspricht, ist er sehr wohl in der Lage, sein Wort wahr zu machen, ganz gleich wie groß die Widerstände sein mögen.

7 Was war laut 1. Mose 16,5 das Ergebnis des ­Glaubensmangels von Abraham und Sarah? Abraham und Sarahs mangelnder Glaube und ihre falsche Entscheidung führten zu ernsten Konflikten in ihrer Familie. Unsere Entscheidungen haben immer Konsequenzen.

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Wie ermutigte Gott Hagar in ihrem Kummer? Beachte, wie freundlich und barmherzig Gott in 1. Mose 16,7–17 mit ihr umgeht. Abraham und Sarahs mangelnder Glaube zerstörte nicht Gottes Plan für ihr Leben; doch ebenso wenig vergaß er die von Sarah geplagte Hagar in ihrem Elend. Voller Freude rief Hagar unter Tränen aus: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (V. 13) Welch ein unglaubliches Zeugnis! Hagars Zeugnis kann auch zu unserem werden. In den Freuden und Kümmernissen des Lebens ist Er ein Gott, der sieht. Das ist eine wunderbare Nachricht. n Dezember 2015 | Adventist World

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LESERFORUM

Welch ein Vorrecht ist es, Gottes Liebe in Aktion zu sehen. Ken Reetz, Beaverton, Oregon, USA

Leserbriefe Erwachsene Christen

Mir hat Elizabeth Camps Artikel „Erwachsene Christen“ (Oktober 2015) gefallen. Die Betonung darauf, Christus ähnlich zu sein, war wohltuend. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der wir Adventisten unter christlichem Benehmen das verstanden, was man anzog, aß und in seiner Freizeit tat. Diese Dinge sollten nicht heruntergespielt werden, aber viel wichtiger ist doch, Christi Charakter in allem, was wir tun, bewusst widerzuspiegeln. Vielen Dank für diesen wichtigen Hinweis. J. J. Aragon C hicago, USA Gesundheitsaktion in Spokane

Ich schreibe zum Artikel „Pathway to Health – Gesundheitsaktion in Spokane“ von Tom Ish (Oktober 2015). Jesus hat

Dankw

sich zuerst um die leiblichen Bedürfnisse der Menschen gekümmert, daraufhin haben sie mehr Interesse daran gehabt, auch etwas über die geistlichen Aspekte zu lernen. Jim Smith S pokane, USA Danke, dass ihr Tom Ishs Bericht gebracht habt. Freundlichkeit anderen gegenüber ist ebenso sehr ein Wunder wie augenblickliche Heilung. Bitte bringt auch in Zukunft solche ermutigenden Berichte! Welch ein Vorrecht ist es, Gottes Liebe in Aktion zu sehen. Ken Reetz B eaverton, USA Ich freue mich jeden Monat über Adventist World. Gott sei Dank für die Zeitschrift. Ich kenne viele Äthiopierinnen und Äthiopier, die sie jeden Monat lesen. Bereket Feleke Addis Ababa, Äthiopien

Bitte betet

Ich bin als Krankenpfleger in einem Gefängnis angestellt und kümmere mich dort um die Insassen. Danke für Adventist World! Die Zeitschrift belebt mich jedes Mal und ermutigt mich in der Ausübung meiner täglichen Pflichten. In meiner Adventgemeinde bin ich Gemeindeältester. Wir arbeiten daran, eine Kapelle für unsere Gemeinde bauen zu können, aber wir haben keine Mittel dazu – wir halten unsere Gottesdienste seit zehn Jahren in einer Schule. Bitte betet für meine Gemeinde hier vor Ort und betet auch dafür, dass wir mehr Material für das Studium mit den Gefängnisinsassen bekommen können. Musa Sibisi Südafrika Leserbriefe bitte an letters@adventistworld.org schicken. Bitte

klar und zum Punkt schreiben; höchstens 250 Wörter. Titel des Artikels, Ausgabe und Seitenzahl angeben; Namen und Wohnort (Stadt und Land) nicht vergessen. Redaktionelle Bearbeitung (Kürzung und Präzisierung) vorbehalten. Nicht alle Zuschriften können veröffentlicht werden.

ANLIEGEN

Meine Insel ist vom Tropensturm Erika betroffen. Mindestens 30 Menschen starben, viele werden noch vermisst. Viele, viele Menschen haben kein Zuhause mehr. Bitte betet für uns! Andina, Dominica

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Adventist World | Dezember 2015

Ich mühe mich ab, einen Job zu finden. Durch die Rezession ist dies sehr schwierig. Doch ich weiß, dass für Gott nichts unmöglich ist. Deshalb betet bitte dafür, dass der Herr mir hilft, eine gute Arbeit zu finden. Ich habe eine Familie zu versorgen und auch Schulden. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Reuben, Indien

Einige meiner Angehörigen arbeiten im „Weinberg des Teufels“. Bitte betet für sie. Cataleya, Sambia Ich bin alleinerziehende Mutter von Zwillingssöhnen. Bitte betet mit mir um Gottes Hilfe. Ich halte ihre Einstellung nicht mehr aus. Arleen, Philippinen


Gottes reichsten

Segen

für

2016

Bitte betet für mich. Ich bin inhaftiert und bitte um Frieden in der Haftanstalt, in der ich bin. Vor kurzem ist es zu Gewaltausbrüchen gekommen. Daniel, USA

Bitte sprecht ein Gebet für den UgandaMissionsverband und seine verschiedenen Untereinheiten. Isingoma, Uganda

Die Mitarbeiter von Adventist World, in den USA Vordere Reihe: Sandra Blackmer, Kim Brown, Marvene Thorpe Baptiste, Lael Caesar, Wilona Karimabadi, Stephen Chavez (v.l.n.r.) Mittlere Reihe: Kimberly Luste Maran, Gerald Klingbeil, Sharon Tennyson, Andrew McChesney, Carlos Medley (v.l.n.r.) Hintere Reihe: Gaspar Colon, Bill Knott, Jared Thurmon, Merle Poirier, Andre Brink (v.l.n.r.)

Gebetsanliegen sowie Lob und Dank für erhörte Gebete bitte an prayer@adventistworld.org schicken. Anliegen bitte kurz und präzise formulieren, höchstens 50 Wörter. Kürzung und Präzisierung vorbehalten. Nicht alle Anliegen werden veröffentlicht. Bitte Namen und Land nicht vergessen. Gebetsanliegen können auch gefaxt oder per Post geschickt werden. Fax: 1-301-680-6638. Postanschrift: Adventist World, 12501 Old Columbia Pike, Silver Spring, MD 20904-6600 USA

Bitte betet darum, dass Gott meinen Gesundheitszustand bessert. Steph, Haiti Dezember 2015 | Adventist World

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LESERFORUM

Vor

57

Jahren

Am 2. Dezember 1958 nahm die thailändische Königin Sirikit an der Einweihung eines modernen, dreistöckigen Gebäudes für die Krankenpflegeschule des Bangkok Adventist Hospital teil. Das Haus beherbergte Schlafräume für 120 Krankenpflegeschüler, Verwaltungsbüros, eine Bibliothek und Klassenzimmer. Das Bangkok Adventist Hospital – ehemals Bangkok Sanitarium and Hospital – ist ein allgemeines Krankenhaus mit 200 Betten im Besitz der Christlich-Medizinischen-Stiftung der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Thailand, von der es auch betrieben wird. Am Anfang der heutigen Institution stand die Bangkok Mission Clinic, die am 2. Mai in gemieteten Räumen eröffnet wurde. Die Mittel dazu kamen von Thomas Hall, dem Kapitän eines Handelsschiffes aus Mexiko. Geführt wurde das Haus mit ursprünglich 12 Betten von Dr. Ralph F. Waddell und seiner Frau Ellen, Nai Pleng Vitiamyalaksna und Kon Vui-leong. Unter ihrer Leitung entwickelte sich das Krankenhaus zu einer 50-Betten-Klinik. Als das medizinische Werk in Bangkok wuchs, wurde 1940 ein großes Haus etwa 1,6 Kilometer vom Krankenhaus entfernt gepachtet. Nach einem Umbau hatte es Platz für 30 weitere Betten und wurde als „Annex“ bekannt. Das erhöhte die Bettenkapazität des Krankenhauses auf 80 Betten und ermöglichte 1941 die Eröffnung einer Krankenpflegeschule unter der Leitung von Ruth Munroe.

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Gute Christen freunen sich nicht? Puritanische Siedler zur Zeit des Kolonialismus in Nordamerika waren gegen jegliche Aktivitäten zur Feier der Geburt Christi. Im Jahr 1644 wurde im Bundesstaat Massachusetts ein Gesetz erlassen, das jedem, der für schuldig befunden wurde, Weihnachten zu feiern, eine Geldstrafe von fünf Shilling auferlegte. Die berechtigten Fragen bezüglich des Datums haben die Christen in aller Welt nicht davon abgehalten, das Wunder zu feiern, das Johannes mit den Worten beschreibt: „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ (1,14 EB) Quelle: History.com

krankheits-

So viele aktive Vulkane gibt es in El Salvador, einem der seismologisch aktivsten Länder der westlichen Hemisphäre. Quelle: The Rotarian F O T O :

P ix a b a y / n el s o n

g o n ç a lve s

bek ä mp f ung

Jedes Jahr sterben schätzungsweise 100.000 bis 120.000 Menschen an Cholera. Betroffen sind vor allem Entwicklungsländer, die nicht ausreichende saubere Trinkwasserquellen haben. Der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet zufolge konnte der Choleraschutz unter 270.000 Einwohnern der Stadt Dhaka (Bangladesch) durch einen preiswerten Impfstoff mit dem Handelsnamen Shanchol in Verbindung mit verhaltensbezogenen Maßnahmen um 40 Prozent erhöht werden. Quelle: The Rotarian F O T O : T o m

W i k ipedi a / R o n a ld T a yl o r /

Ki r n / L o u i s a

H o w a r d


5O 5O W Ö R T E R – N I C H T M E H R Meine Lieblings-

Verheißung

n Johannes 14,1–2. Diese beiden Verse erinnern mich

daran, dass Gott bei mir ist, auch wenn ich Prüfungen im Leben durchmache. Ich erschrecke nicht und habe keine Angst. Vers 2 zeigt, dass Jesus wiederkommt und seine Kinder mit in den Himmel nimmt. Welch eine selige ­Hoffnung! Abi, Südostasien n Meine Lieblingsverheißung steht in Matthäus 5,37: „Sagt

einfach ‚Ja‘ oder  ‚Nein‘. Jedes Wort darüber hinaus ist vom Bösen.“ (NLB) Sie passt gut zu Sprüche 17,28: „Selbst einen Narren hält man für weise, wenn er schweigt“ (NLB) Mark, Kampala, Uganda n Mir sind alle Verheißungen in der Bibel kostbar. Aber am

meisten bedeutet mir die Zusage: Ich „komme … wieder und werde euch zu mir nehmen.“ (Joh 14,3 EB) Sie gibt mir Kraft und Zuversicht, weil Gott seine Versprechen hält. Elena, Wuppertal, Deutschland

„Denn ich kenne ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der HERR, Gedanken des Friedens und nicht zum Unheil, um euch Zukunft und Hoffnung zu gewähren.“ (Jer 29,11 EB) In einer Welt der freien Wahl zwischen Gott, Satan oder Umständen, habe ich mich wegen seiner klaren Verheißungen für Gott entschieden.

n

Joshua, Nairobi, Kenia Schreibt uns bis zum nächsten Mal in höchstens 50 Wörtern etwas über eure Lieblingsperson in der Bibel. Schickt die E-Mail an letters@AdventistWorld.org und schreibt „50 Words or Less“ in die Betreffzeile. Vergesst nicht, die Stadt und das Land, aus dem ihr schreibt, anzugeben.

„Siehe, ich komme bald …“

Unser Auftrag ist es, Jesus Christus zu erhöhen und Siebenten-Tags-Adventisten überall im Glauben und Leben, in ihrer Hoffnung und Mission zu einen. Herausgeber: Adventist World ist eine internationale Zeitschrift der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Sie wird herausgegeben von der Nordasien-Division der Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten. Geschäftsführender Herausgeber: Bill Knott Mitherausgeber: Internationaler Verlagsleiter: Chun Pyung Duk Herausgeberausschuss: Ted N. C. Wilson, Vorsitz; Guillermo Biaggi, stellvertretender Vorsitzender; Bill Knott, Sekretär; Lisa Beardsley-Hardy; Williams Costa; Dan Jackson; Peter Landless; Robert Lemon; Geoffrey Mbwana; G. T. Ng; Daisy Orion; Juan Prestol-Puesán; Ella Simmons; Artur Stele; Ray Wahlen; Karnik Doukmetzian, Rechtsberater Koordinationsausschuss: Jairyong Lee, Vorsitz; Yutaka Inada, German Lust, Pyung Duk Chun, Suk Hee Han, Gui Mo Sung Chefredakteur: Bill Knott V. i. S. d. P. (deutschsprachige Ausgabe): Elí Diez-Prida, Pulverweg 6, 21337 Lüneburg Redakteure in Silver Spring, Maryland, USA: André Brink, Lael Caesar, Gerald A. Klingbeil (stellvertretende Chefredakteure), Sandra Blackmer, Stephen Chavez, Andrew McChesney, Kimberly Luste Maran, Andrew McChesney Redakteure in Seoul, Korea: Pyung Duk Chun, Jae Man Park, Hyo Jun Kim Redakteur der Online-Ausgabe: Carlos Medley Technische Koordination: Merle Poirier Finanzmanagerin: Rachel J. Child Editors-at-large: Mark A. Finley; John M. Fowler Redaktionsassistentin: Marvene Thorpe-Baptiste Leserservice: Merle Poirier Layout und Design: Jeff Dever, Brett Meliti Berater: Ted N. C. Wilson, Juan Prestol-Puesán, G. T. Ng, Leonardo R. Asoy, Guillermo E. Biaggi, Mario Brito, Abner De Los Santos, Dan Jackson, Raafat A. Kamal, Michael F. Kaminskiy, Erton C. Köhler, Ezras Lakra, Jairyong Lee, Israel Leito, Thomas L. Lemon, Geoffrey G. Mbwana, Paul S. Ratsara, Blasious M. Ruguri, Ella Simmons, Artur A. Stele, Glenn Townend, Elie ­ Weick-Dido Verlag der deutschsprachigen Ausgabe: Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent-Verlag, Pulverweg 6, 21337 Lüneburg Übersetzung ins Deutsche: Frauke Gyuroka, Graz Layoutanpassung der deutschsprachigen Ausgabe: Ingo Engel, München Druck der deutschsprachigen Ausgabe: Thiele & Schwarz GmbH, Werner-Heisenberg-Str. 7, 34123 Kassel Rötzerdruck, Mattersburgerstr. 25, 7000 Eisenstadt (Österreich) Autoren: Wir freuen uns über Beiträge. Unsere Anschrift: 12501 Old Columbia Pike, Silver Spring, MD 20904-6600, USA. E-Mail: worldeditor@gc.adventist.org, Website: www.adventistworld.org Die Bibelzitate sind – falls nichts anderes vermerkt ist – der Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers (revidierter Text 1984), durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 2007 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, entnommen. Adventist World erscheint monatlich und wird in Korea, Brasilien, Indonesien, Australien, Argentinien, Deutschland, Österreich und den USA gedruckt. 11. Jahrgang, Nr. 12

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Sie hat uns gerade mitgeteilt, was sie denkt. Und du?


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