AHK Kroatien | Newsletter Recht & Steuern | 01/2015

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1.2015

KROATIEN Vorinsolvenzverfahren und verkürztes Insolvenzverfahren gemäß dem endgültigen Vorschlag des Insolvenzgesetzes Am 15.05.2015 wurde der endgültige Vorschlag des Insolvenzgesetzes auf die Tagesordnung des kroatischen Parlaments gesetzt, das nach der Verabschiedung zum 01.07.2015 in Kraft treten soll. Das Insolvenzgesetz aus dem Jahr 1996 (Amtsblatt der Republik Kroatien „Narodne novine“ Nr. 44/96, 29/99, 129/2000, 123/2003, 82/2006, 116/2010, 25/2012 und 133/2012) wird damit vollständig vom neuen Insolvenzgesetz abgelöst, während im Gesetz über Finanzgeschäfte und den vorinsolvenzlichen Vergleich (Amtsblatt „Narodne novine“ Nr. 108/2012, 144/2012, 81/2013 und 112/2013) mit dem Inkrafttreten des neuen Insolvenzgesetzes die Bestimmungen zum vorinsolvenzlichen Vergleich ihre Gültigkeit verlieren. Obwohl mit dem neuen Insolvenzgesetz eine Reihe an Änderungen in Bezug auf die momentan geltende Gesetzgebung eingeführt werden, gilt das größte Interesse der breiten Öffentlichkeit der Tatsache, dass das Vorinsolvenzverfahren in die Zuständigkeit der Handelsgerichte übergeht, während die Finanzagentur verpflichtet wird, verkürzte Insolvenzverfahren einzuleiten, immer wenn die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt werden. Das Vorinsolvenzverfahren geht aus der Zuständigkeit der Finanzagentur in die Zuständigkeit der Handelsgerichte über, welche über die Eröffnung und die Einstellung des Vorinsolvenzverfahrens befinden, die Beauftragten ernennen und abberufen, die Arbeit der Beauftragten und der Finanzagentur beaufsichtigen, über die festgestellten und angefochtenen Forderungen befinden sowie über alle anderen Fragen aus dem Vorinsolvenzverfahren, die nicht der Zuständigkeit eines anderen Organs obliegen. Als ein Organ im Vorinsolvenzverfahren wird der Beauftragte nach dem Modell des Insolvenzverwalters eingeführt mit größeren Befugnissen als der Beauftragte im vorinsolvenzlichen Vergleich. Neben anderen Aufgaben und Befugnissen, hat der Beauftragte die angemeldeten Forderungen anzufechten, wenn er ihr Vorhandensein anzweifelt, wozu der Beauftragte im vorinsolvenzlichen Vergleich nicht befugt war. Dadurch wird ein Kontrollmechanismus installiert, mit welchem Missbräuche des Vorinsolvenzverfahrens seitens des Schuldners verhindert werden sollen, die in der bisherigen Praxis des vorinsolvenzlichen Vergleichs festgestellt wurden.

Der endgültige Vorschlag des Insolvenzgesetzes bringt ebenfalls bestimmte Neuerungen im Hinblick auf das verkürzte Insolvenzverfahren mit sich. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines verkürzten Insolvenzverfahrens, das nur an einer juristischen Person durchgeführt werden kann (nicht aber am Vermögen des Einzelschuldners), sind, dass die juristische Person keine Beschäftigte hat, dass die Kontosperrung seit mindestens 120 Tagen ununterbrochen besteht, und dass keine Voraussetzungen für die Einleitung eines anderen Verfahren zur Löschung aus dem Handelsregister gegeben sind. Eine Neuheit ist die Verpflichtung der Finanzagentur, das verkürzte Insolvenzverfahren innerhalb von 8 Tagen zu beantragen, nachdem die Bedingung der ununterbrochenen Kontosperrung des Schuldners in der Dauer von 120 Tagen erfüllt worden ist. Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation der seit langem gesperrten Konten von juristischen Personen, sieht der endgültige Vorschlag des Insolvenzgesetzes auch die vorübergehende Lösung und die Pflicht der Finanzagentur vor, verkürzte Insolvenzverfahren an juristischen Personen zu beantragen, wenn diese die Bedingungen erfüllen, und zwar binnen 2 Monaten ab dem Inkrafttreten des Gesetzes an juristischen Personen, deren Konten seit mehr als 1.000 Tagen gesperrt sind, binnen 4 Monaten an juristischen Personen, deren Konten seit mehr als 360 Tagen gesperrt sind, und innerhalb von 6 Monaten an juristischen Personen, deren Konten seit mehr als 120 Tagen gesperrt sind. Da mit der Novelle des momentan geltenden Insolvenzgesetzes aus dem Jahr 2010 die Befugnis des Finanzministeriums – der Steuerverwaltung für die Einleitung des verkürzten Insolvenzverfahrens (unter ähnlichen Voraussetzungen) bereits vorgesehen war, welche keine wesentliche Wirkung in der Praxis gezeigt hat, bleibt abzuwarten, ob die Finanzagentur die Erwartungen des Gesetzgebers erfüllen wird, durch das Institut des verkürzten Insolvenzfahrens, das von der Finanzagentur eingeleitet wird, die kroatische Wirtschaft zumindest formell vom Problem der langfristig zahlungsunfähigen Betriebe zu befreien. Martina Prpić, LL.M., Dipl. Iur.


1.2015

DEUTSCHLAND

EUROPÄISCHE UNION

Neues Gesetz zum Melderecht

EU- Kommission bekämpft Steuervermeidung von Unternehmen

Mit dem Bundesmeldegesetz (BGBl. I 2013, S. 1084) wird das Melderecht in Deutschland harmonisiert und fortentwickelt. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. November 2015 wird es erstmals bundesweit einheitliche und unmittelbar geltende melderechtliche Vorschriften geben. Wesentliche Neuregelungen sehen u. a. vor, dass soweit Melderegisterauskünfte zur gewerblichen Nutzung erfragt werden, zukünftig der Zweck der Anfrage anzugeben und die Melderegisterauskunft ausschließlich zu diesem Zweck zu verwenden ist, während Melderegisterauskünfte für Zwecke der Werbung und des Adresshandels nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person möglich sind. Die Hotelmeldepflicht sowie das Verfahren bei Aufenthalten in Krankenhäusern, Heimen und ähnlichen Einrichtungen werden vereinfacht. Die Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Anmeldung von Mietern wird wieder eingeführt, um Scheinanmeldungen und damit häufig verbundenen Formen der Kriminalität wirksamer zu begegnen.

Mindestlohngesetz im Jahr 2015 Ab Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde. Allerdings nicht für Minderjährige ohne Berufsabschluss, Azubis sowie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung sowie Pflichtund freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten. Bis Ende 2016 dürfen auch Branchen mit länger laufenden Tarifverträgen befristet vom Mindestlohn nach unten abweichen. In der Woche vor Weihnachten hatte die Bundesregierung die Bürokratievorschriften etwas gelockert. Nun müssen Arbeitgeber nur bis zu einem Monatseinkommen von 2.958 Euro den Beginn, die Dauer und das Ende der Arbeitszeit dokumentieren und für zwei Jahre nachweisen. Die Regelung betrifft neun Branchen, die nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ohnehin strikteren Pflichten unterworfen sind. Dies sind unter anderem Bau- und Fleischwirtschaft, aber auch Gaststätten. Ursprünglich war eine Grenze von 4.500 Euro vorgesehen. Bei Verstößen gegen die Mindestlohnvorschriften droht eine Geldbuße bis zu einer halben Million Euro. Bei Verstößen gegen Meldepflichten oder fehlender Mitwirkung bei Prüfungen können Geldbußen bis zu 30.000 Euro verhängt werden. Und insbesondere in der Baubranche sollte interessieren, dass gesetzeswidriges Verhalten den Verlust öffentlicher Aufträge zur Folge haben kann.

Im Kampf gegen Steuervermeidung und schädlichen Steuerwettbewerb in der EU hat Wirtschafts- und Steuerkommissar Pierre Moscovici ein Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz vorgelegt. Kernelement ist der Vorschlag, für Steuervorbescheide einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen. Unternehmen machen sich die Komplexität der Steuerregelungen und die mangelnde Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zunutze, um Gewinne zu verlagern und ihre Steuerlast zu verringern. Mit dem Vorschlag für einen automatischen Informationsaustausch sollen die Steuerbehörden Steuerschlupflöcher oder eine doppelte Steuererhebung in den Mitgliedstaaten leichter feststellen können. Der Ort, an dem der Gewinn erwirtschaftet wird, soll auch der Ort sein, an dem die Unternehmen besteuert werden. In den kommenden Monaten werden konkrete Maßnahmen gegen Steuerschlupflöcher und Doppelbesteuerung vorgeschlagen.

Bereit für Veränderungen: Europas EnergiePolitik von Unternehmen Im Februar hat die Europäische Kommission einen Plan für die Energieunion präsentiert. In Zukunft sollen EU-Länder bei Engpässen ihren Nachbarländern mit Energie aushelfen können und die Energieabhängigkeit von Russland reduziert werden. Dadurch soll Energie für die Verbraucher günstiger werden, die Umwelt geschont und Störungen des Energienetzes vermieden werden. Fünf Säulen soll die Energieunion haben: Versorgungssicherheit, Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Emissionsreduzierung, Forschung und Innovation im Energiebereich. Es gibt jedoch einige Punkte, an denen Europa in den kommenden Jahren noch arbeiten muss. Die Energiemärkte in den 28 Mitgliedstaaten sind nicht einheitlich ausgestattet, die Infrastruktur ist veraltet, die Preise für Energie sind hoch, genauso wie die Abhängigkeit von Importen. Insgesamt soll auf eine Wirtschaft hingearbeitet werden, die weniger Energie verbraucht und weniger Emissionen ausstößt. Priorität ist es, die Energienetze in Europa zu verbinden. Bis 2020 soll jeder Mitgliedstaat Stromleitungen haben, die es möglich mache mindestens 10 Prozent der Elektrizität, die produziert wird, in Nachbarländer zu transportieren.


1.2015

Können Sie mit dem Finanzamt verhandeln und einen Vergleich abschließen? Der Staat Israel hat über mehrere Jahre hinweg als Kernrichtlinie seiner Strategie einen Grundsatz angewendet, nach welchem mit Terroristen keine Verhandlungen geführt werden. Dieser Grundsatz wurde allerdings bei den Verhandlungen mit der PLO und Erzielung einer endgültigen Einigung in der Lösung der Palästinenser-Frage teilweise aufgegeben. Das kroatische Finanzamt, das einen ähnlichen Grundsatz gegenüber den Steuerzahlern bzw. Schuldnern angewendet hat, hat ebenso seine Vorgehensweise verändert, sodass seit kurzem unter Berücksichtigung von Änderungen des Allgemeinen Steuerrechts zwei Novitäten eingeführt wurden: verpflichtende Stellungnahmen des Finanzamtes und Möglichkeit, mit dem Finanzamt zu verhandeln oder einen Vergleich abzuschließen, und zwar nach dem Vorbild von anderen eingerichteten Rechtsordnungen.

Verpflichtende Stellungnahmen Bislang hatten die Stellungnahmen des Finanzamtes, mit Ausnahme von Anweisungen des Zentralamtes, eine einschränkende Wirkung. Nach eingeführten Änderungen kann das Finanzamt (vorerst irgendein Finanzamt) auf einen schriftlichen Antrag des Steuerzahlers eine verpflichtende Stellungnahme zur steuerlichen Behandlung seiner künftigen Geschäftstransaktionen (d.h. was er in Zukunft durchzuführen plant) bzw. zu seinen aktuellen geschäftsrechtlichen Angelegenheiten erlassen. Die Kosten für die Erstellung von verpflichtenden Stellungnahmen werden zur Gänze vom Steuerzahler getragen (im Unterschied zu nicht verpflichtenden Stellungnahmen, die kostenlos erstellt wurden). Die Hauptauswirkung dieser Novität sollte sich in der Rechtssicherheit für die Steuerzahler und somit der Zeitund Geldersparnis niederschlagen.

Verwaltungsrechtlicher Vertrag Das Finanzamt (wiederum irgendein) und der Steuerzahler können zwecks der Begleichung der fälligen Steuerschuld einen verwaltungsrechtlichen Vertrag abschließen. Der verwaltungsrechtliche Vertrag kann eine vollständige oder teilweise Begleichung der Steuerschuld umfassen. Dieser wird in Schriftform mit einer Laufzeit von höchstens 24 Monaten abgeschlossen. Daraus geht hervor, dass auch die Schuldtilgung innerhalb von maximal 24 Monaten erfolgen kann. Durch den Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Vertrags wird die Vollstreckung gegen den Steuerzahler eingestellt, jedoch nur um jenen Betrag der Steuerschuld, der im verwaltungsrechtlichen Vertrag enthalten ist.

Steuervergleich Das Finanzamt (wiederum irgendein) und der Steuerzahler können für die im Verfahren der Steuerprüfung neu festgestellten Verbindlichkeiten einen Steuervergleich abschließen, bevor das Protokoll über die durchgeführte Steuerprüfung eingereicht worden ist. Ausnahmsweise kann der Steuerzahler, dem im Verfahren einer Steuerprüfung bis zum 17. März 2015 ein Protokoll über die durchgeführte Steuerprüfung übermittelt wurde bzw. dessen Steuerverbindlichkeit aufgrund eines nicht durchgeführten Steuerbescheides festgestellt wurde, innerhalb von sechs Monaten nach dem 17. März 2015 einen Antrag bei zuständiger Steuerbehörde auf den Abschluss eines Steuervergleichs bezüglich der durch diesen Bescheid festgestellten Steuerpflicht stellen. Abschließend kann festgestellt werden, dass sowohl verpflichtende Stellungnahmen als auch Verhandlungen einen Schritt nach vorne darstellen, die hoffentlich in einer Rechtssicherheit resultieren und dem Staat einfachere und schnellere Einzugsmaßnahmen sichern werden, was zuletzt zu einer größeren Steuerentlastung und einem besseren Wirtschaftsklima führen sollte.

Krešimir Lipovšćak


1.2015

Änderungen der kroatischen Abgabenordnung („AO“) Gemäß den Änderungen der kroatischen AO wird das kroatische Finanzamt erstmalig dazu berechtigt, aufgrund von Anträgen der Steuerpflichtigen, verbindliche Stellungnahmen über die steuerliche Behandlung zukünftiger Geschäftsereignisse auszustellen. Die Kosten hierfür trägt der Steuerpflichtige. Alle weiteren Details werden in einer Durchführungsverordnung festgelegt. Die Änderungen der AO ermöglichen dem Steuerpflichtigen die Schließung einer steuerlichen Vereinbarung mit dem Finanzamt. Gegenstände der steuerlichen Vereinbarung können sein:

 Neufeststellung der Steuerbemessungsgrundlage wenn diese seitens des Finanzamtes durch Schätzung festgestellt wurde;  Minderung der Verzugszinsen;  Zahlungsfristen;  Verzicht auf Strafverfolgung iZm. dem Begehen eines Verstoßes gegen steuerliche Vorschriften.

Die Bedingungen sowie die Fristen iZm. der steuerlichen Vereinbarung werden detaillierter mit der Durchführungsverordnung vorgeschrieben, die binnen 60 Tagen veröffentlicht wird (Mitte Mai 2015). Die Änderungen der AO ermöglichen ebenso die Schließung eines Verwaltungsvertrags und zwar aufgrund von offen stehenden Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen ggü. dem Finanzamt. Der betreffende Vertrag kann auf maximal 24 Monate geschlossen werden und unterbricht die Verjährungsfrist. Ferner wurden die Fristen hinsichtlich der Korrektur von Steuererklärungen geändert.

Ante Pavić

Gesetze und Vorschriften

Deutschland § Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BGBl l 2015, 126) § Verordnung zum EEG-Ausgleichsmechanismus vom 17. Februar 2015 (BGBl l 2015, 146) § Allgemeine Gebührenverordnung vom 11. Februar 2015 (BGBl l 2015,130) § Erste Verordnung zur Änderung der BMASOrdnungswidrigkeitenzuständigkeitsverordnung vom 5. Februar 2015 (BGBl l 2015, 107) § Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz – MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl l 2015, 610) § Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24. April 2015 (BGBl l 2015, 642)

Kroatien § Gesetz über Änderungen und Ergänzungen des Allgemeinen Steuergesetzes (Amtsblatt der Republik Kroatien „Narodne novine“ Nummer 147/2008, 018/2011, 078/2012, 136/2012, 073/2013, 026/2015) § Gesetz über Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über den Kapitalmarkt (Amtsblatt der Republik Kroatien „Narodne novine“ Nummer 088/2008, 146/2008, 074/2009, 054/2013, 159/2013, 018/2015) § Verordnung über Bedingungen und die Weise der Erbringung von Dienstleistungen der Factoringgesellschaft (Amtsblatt der Republik Kroatien „Narodne novine“ Nummer 016/2015) § Gesetz über die Sanierung von Kreditinstituten und Investmentgesellschaften (Amtsblatt der Republik Kroatien „Narodne novine“ Nummer 019/2015)


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