Tsunami - Ein Jahr danach

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Tsunami Ein Jahr danach

Zwischenbericht

Aktion Deutschland Hilft Das B端ndnis der Hilfsorganisationen


Impressum

Aktion Deutschland Hilft Das Bündnis der Hilfsorganisationen

Aktion Deutschland Hilft e.V. Sülzburgstraße 140 50937 Köln Tel. 0221 / 47605-389 Fax 0221 / 47605-219 info@adh102030.de Verantwortlich: Manuela Roßbach Geschäftsführerin

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Bildnachweise: • ADH, Stefan Trappe Sri Lanka, Indonesien • ADH, Jörg Löffke Indien • Archive der Mitgliedsorganisationen

Layout und Satz: Absolut Designhaus GmbH 53721 Siegburg Druck: Eichberger Digital-Print GmbH 53842 Troisdorf November 2005


Editorial

Liebe Spenderinnen und Spender, unvergessen ist Weihnachten 2004. Uns alle hat das Schicksal der Menschen rund um den Indischen Ozean bewegt, die von einer Riesenwelle überschwemmt worden waren. Eine Katastrophe mit globalen Auswirkungen und mit über 300.000 Todesopfern und mehreren Millionen Obdachlosen. Die Folgen dieses Tsunami halten uns seitdem in Atem: Beginnend mit dem gemeinsamen Hilfeaufruf von Aktion Deutschland Hilft wenige Stunden nach Eintritt des Ereignisses über die Tage und Wochen der Soforthilfe bis zum heutigen Tag sind die Mitgliedsorganisationen mit ihren Helfern in allen betroffenen Ländern vor Ort. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen eine Hilfestellung zurück in ihren Alltag zu geben. Natürlich sind auch an uns die Fragen nach der Verwendung der Millionenspenden herangetragen worden. Sie kamen von den Medien, von einzelnen Spendern und sie tauchten in den alltäglichen Gesprächen auf, wo immer Menschen sich mit dem Thema beschäftigten, das sie so berührt hatte. Deshalb ist es an der Zeit, nach einem Jahr einen Zwischenbericht vorzulegen. Offen darzustellen, wie viel Geld der Spender uns anvertraut hat, was bisher in Hilfe umgesetzt wurde und was für die Zukunft geplant und auch bereits schon verplant ist. Eines ist in jedem Fall klar: Vorbei ist die Katastrophe für die Menschen in Indien, Indonesien, auf den Malediven, in Sri Lanka, Thailand und im afrikanischen Somalia noch lange nicht. Mit diesem Zwischenbericht zeigen wir an ausgewählten Beispielen, wie die Arbeit vor Ort vorangeht und was bisher geleistet werden konnte. Möglich wurde all dies durch Ihren Beitrag, Ihre Spende. Dafür danke ich Ihnen im Namen von Aktion Deutschland Hilft und ganz persönlich sehr herzlich. Ihr

Heribert Röhrig Vorstandsvorsitzender Aktion Deutschland Hilft

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Inhalt Editorial

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Ein Wort zuvor...

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Sri Lanka

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Indonesien

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Indien

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Malediven, Somalia, Thailand

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Zahlen und Fakten

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Was kostet Hilfe?

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SAT1-Gala

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Dankeschön

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Legende Piktogramme Hygiene Wasser Medizinische Hilfe Bergen von Toten Räumungsarbeiten Nahrungsmittel Notunterkünfte Häuserbau Bildung Psychologische Betreuung Struktur

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Interview

Ein Wort zuvor… Der Tsunami brachte dem Bündnis Aktion Deutschland Hilft das Rekordspendenergebnis von 125 Millionen Euro und damit die größte Herausforderung seit Bestehen des Bündnisses. Zehn Hilfsorganisationen mit eigener Ausprägung, unterschiedlicher Geschichte und individuellem Leistungsprofil stellen sich dieser Aufgabe mit einer gemeinsamen Zielrichtung: Menschen Hilfe zu bringen. Damit dies gelingt, braucht es den Willen zur Zusammenarbeit, in welcher sich die Partner gegenseitig ergänzen. Für die Hilfsmaßnahmen wurden bislang 47 Millionen Euro eingesetzt. Denn für den Wiederaufbau und die Nachhaltigkeit müssen die Projekte gut durchdacht und in vielfacher Abstimmung geplant sein. Nur so ist langfristige Hilfe zur Selbsthilfe möglich. Wieviele Menschen haben durch ADH-Mitglieder diese Hilfe erhalten? Wir konnten in den verschiedenen Programmen mehr als zwei Millionen Menschen mit situationsgerechter Hilfe erreichen. Allerdings gibt es im Fall einer Katastrophe kaum eine Möglichkeit, mit der Genauigkeit einer statistischen Zählung Daten zu erheben. Dennoch versuchen die Helfer vor Ort im Rahmen ihrer Projektdurchführung einen gewissen Überblick zu erhalten und dabei planerische Grundlagen zu gewinnen. Sind eigentlich alle ADH-Mitglieder im Hilfseinsatz tätig? Alle unsere Mitglieder sind vor Ort mit ihren Aktivitäten im Einsatz. Die Organisationen mit eigenem Netzwerk oder Partnern im Land haben einen besonders schnellen und leichten Zugang in diese Staaten. Einige Mitglieder verfügen über keine direkten Kontakte. Hier hat sich die Zusammenarbeit bei ADH sehr bewährt, indem solche Organisationen in die bestehenden Partnerschaften oder Netzwerke integriert wurden. Das war eine große Erleichterung. Gibt es Beispiele für erfolgreiche Kooperation? Und welche Vorteile hat sie gebracht? Neben den bereits gerade erwähnten gibt es eine Fülle von Vorteilen. So konnte beispielsweise ein gemeinsamer Hilfsflug nach Indonesien arrangiert werden.

Manuela Roßbach Geschäftsführerin

In Sri Lanka wurde im Februar ein Büro für alle Mitglieder eingerichtet. Es ist eine Anlaufstelle für alle Organisationen zum Informationsaustausch. Das Verbindungsbüro liegt in der Nähe zu den Einrichtungen der Regierung und der deutschen Botschaft in Colombo. Noch immer liegen Spendengelder auf dem Konto. Wie kommt das? Wer Spendengelder verantwortlich ausgeben will, muss sorgfältig planen. Nichts ist leichter als Millionen kurzerhand irgendwie zu verteilen oder nicht durchdachte Projekte in den Sand zu setzen. Das ist sehr wörtlich gemeint: Schnell sind irgendwo Häuser errichtet, das Geld ist verbraucht und dann zeigt sich, dass nach dem neuen Raumordnungsverfahren diese neuen Häuser dort gar nicht stehen dürfen und wieder entfernt werden müssen. Das soll in keinem Fall passieren. Warum wird das Geld nicht für inzwischen eingetretene Katastrophen eingesetzt? Das liegt einerseits an dem für uns rechtlich streng verbindlichen Willen des Spenders und damit Spendenzweck. Andererseits benötigen die Menschen in der TsunamiRegion tatsächlich viel langfristiger unsere Hilfe, als es am Anfang den Anschein hatte. Alle Mitgliedsorganisationen haben eine Planung zur Umsetzung der Spenden vorgelegt, die vielfach bis 2009 reicht.

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ri Lanka war vom Tsunami mit am schlimmsten betroffen: 40 000 Menschen verloren ihr Leben, 90.000 ihr Zuhause, als die Flutwelle mit enormer Kraft über 900 Kilometer Länge den dicht besiedelten Küstenstreifen zerstörte. Inzwischen ist der Wiederaufbau in vollem Gange. Doch innenpolitische Spannungen verzögern die Planungen oder behindern die Wiederaufbauarbeiten. Das stellt die Hilfsorganisationen immer wieder vor neue Herausforderungen.

Die beteiligten Organisationen vor Ort: Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.

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Sri Lanka

Aktion Deutschland Hilft verteilt

nach der Katastrophe Hilfsgüter an

die Tsunami-Opfer. In Galle bewacht

ein kleiner Junge die Pakete für seine

Familie, die sonst alles verloren hat.

In den ersten Wochen nach

dem Tsunami sind ASB-LKWs mit Hilfsgütern von früh bis spät unterwegs.

Für die Tsunami-Opfer packen Mitarbeiter von action

medeor so genannte Emergency Health Kits. Mit einem

Kit können 10.000 Menschen drei Monate lang me-

dizinisch versorgt werden. Enthalten sind vor allem

Schmerzmittel, Mittel gegen Durchfallerkrankungen,

Antibiotika und Wasserentkeimungstabletten. Schon

einen Tag nach dem Tsunami sind Health Kits auf dem

Weg nach Sri Lanka.

Das Bergen von Leichen und Kadavern ist

für die Helfer eine belastende Arbeit. ADRA bildet einheimische Kräfte aus. Sie hel-

fen bei der Reinigung und der Desinfektion der überschwemmten Gebiete und reinigen mit Vernebelungsgeräten die Luft.

Die gefährliche Arbeit erfordert Spezial-

Kleidung und Ausrüstung. Eine wichtige

Hygienemaßnahme zur Vorbeugung von Epidemien.

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Malteser International versorgt die Menschen im Distrikt Galle mit sauberem Trinkwasser

durch stationäre und mobile Wassertanks. Aber auch das Abwasser wird in den Dörfern und

Flüchtlingslagern gesammelt und regelmäßig

entsorgt. Dadurch wird die Infektionsgefahr vermindert und die hygienische Situation spürbar verbessert.

In der Stadt Trincomalee machen HELP und arche nova die

Brunnen wieder nutzbar. So haben die Einwohner langfristig

wieder sauberes Trinkwasser. Damit das so bleibt, werden lokale Helfer angelernt, die im Rahmen der Programme selber auch Brunnen gereinigt und entsalzt haben.

In den Transitcamps für die Tsunamiopfer

baute der ASB zahlreiche Übergangshäuser

(hier im Hintergrund zu sehen), Vorschulen und Gemeinschaftshäuser. Im Dezember

beginnt der ASB mit der Errichtung von festen Häusern im Norden Sri Lankas, hier ein

Modell. Sie sind 50 m2 groß und bieten einer sechsköpfigen Familie ein neues Zuhause.

Weil die Menschen Beruf und Einkommen verloren

haben, arbeiten sie kräftig mit, ihren Strand und ihre

Ortschaft von Schlamm und Schutt zu befreien. So

kann auch der Boden für eine neue Aussaat vorbereitet

werden. Dafür sichert CARE International Deutschland den Arbeitern ein kleines Einkommen. So können sie sich die Dinge des täglichen Bedarfs selber kaufen.

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Sri Lanka

Die Johanniter unterstützen

Familien beim Wiederaufbau ihrer Häuser. Das Besondere: die Familien selbst sind die Bauherren. Ein Johanniter-

Bauingenieur berät sie indi-

viduell und zahlt das Baugeld

abhängig vom Baufortschritt.

World Vision betreut Kinder, die unter den

Folgen der Katastrophe psychisch leiden. In

so genannten „child-friendly-spaces“ (extra für Kinder eingerichtete Räume) lernen sie in der Gruppe wieder zu malen, zu spielen, zu basteln oder zu singen.

Thavanesans Geschichte Es ist nicht der erste Neuanfang für Thavanesan: Bereits dreimal musste der vierzigjährige Familienvater mit seiner Frau und seiner Tochter vor den Bürgerkriegsunruhen im Norden Sri Lankas fliehen. Dreimal hoffte er, sich endlich niederlassen und für seine kleine Familie eine neue Existenz aufbauen zu können. Diesmal aber waren es nicht wütende Unabhängigkeitskämpfer, die seine Familie bedrohten: Es war der Tsunami, der am 26. Dezember letzten Jahres seine Holzhütte am Strand in wenigen Sekunden zerstörte und das Dorf niederlegte. Wie durch ein Wunder überlebte seine Familie. Zusammen mit seinen Freunden hat Thavanesan den weißen Strand seines Heimatdorfes von Schutt und angeschwemmtem Holz vollkommen gereinigt. CARE International Deutschland hat ihnen dafür ein Entgelt gezahlt. Doch nicht nur den Strand haben die Männer in dem Gebiet gesäubert. Auch die Straßen haben sie instand gesetzt, Brücken repariert und die Dörfer von Schlamm und umgefallenen Bäumen befreit. Auf die Ideen und die

Mitarbeit der Einheimischen legt die Hilfsorganisation besonderen Wert: Bei regelmäßigen Besprechungen erfahren die Helfer von den Wünschen, Hoffnungen und Bedürfnissen der Menschen und berücksichtigen diese in den Planungen für den Wiederaufbau. Wenn Thavanesan heute durch sein Dorf geht, sieht er immer noch Reste der gewaltigen Zerstörung, aber auch den Neuanfang. Denn obwohl der Tsunami seine Heimat zerstört hat, die Zuversicht und der Mut des Mannes sind ungebrochen.

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n Indonesien starben innerhalb weniger Minuten über 180.000 Menschen. Die Wucht, mit der die Flutwellen den Inselstaat trafen, hatte eine solche Kraft, dass fast die gesamte Region Banda Aceh unter Wasser stand. Das Leid der Menschen, die Freunde, Familie und ihr Zuhause verloren, ist unvorstellbar. Genau drei Monate später, als gerade die Nothilfemaßnahmen abgeschlossen waren, wurde die Erde an der Westküste Sumatras erneut von Erdbeben erschüttert. Die Nachbeben hielten noch Monate an und machten die Wiederaufbaumaßnahmen besonders auf den Sumatra vorgelagerten Inseln schwierig. Die beteiligten Organisationen vor Ort:

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Indonesien World Vision verteilt in den

ersten Wochen die notwendigsten Hilfsgüter wie Nahrung, Wasser und Medikamente.

Die Mitglieder von Aktion Deutschland Hilft

mussten oft Probleme und Hindernisse über-

winden, um schnell bei den Opfern zu sein. Hier werden Pakete vom Schiff abgeworfen, weil die Hafenanlagen zerstört sind.

In den Zelten der Johanniter

finden tausende Indonesier eine erste Bleibe und erhalten dort

ebenfalls Nahrungsmittel und medizinische Versorgung.

Die Bergung von Leichen, hier in Banda Aceh, ist eine belasten-

de Aufgabe für die Helfer. Dabei

ist Schnelligkeit gefragt, um die

Verbreitung von Seuchen zu verhindern.

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Kinder vor Krankheiten schützen:

Malteser International hat mit den lokalen Gesundheitsbehörden im Distrikt Banda Aceh zahlreiche Kinder gegen Masern geimpft.

Lagebesprechung bei einer Gruppe von

Gesundheitsberatern. Tsunami-Betroffene

haben sich als Gesundheitsberater freiwillig für diese Arbeit gemeldet. Ein Arzt von CARE bespricht mit der Gruppe die Nöte und Probleme der Menschen.

HELP baut für die Menschen auf

Sumatra neue Häuser. Hierbei

wird die lokale Bevölkerung in

die Maßnahmen integriert und

zu Handwerkern ausgebildet.

Mangrovenpflanzung auf Sumatra:

An der Ostküste von Aceh führt Malteser International abgestimmt auf die

Bedürfnisse der Bevölkerung ein integriertes Gemeinderehabilitationspro-

gramm durch. Ein Teilaspekt des

Programms ist die Aufzucht von

Mangroven, die zur Uferbefestigung

eingepflanzt werden.

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Indonesien

Viele Fischer haben durch den Tsunami ihre Boote und somit ihre Existenzgrundlage

verloren. HELP vergibt Aufträge an einhei-

mische Bootsbauer und verteilt die fertigen Boote an die Fischer.

World Vision hat provisorische Kindergärten errichtet. Hier

lernen die Kinder auf spie-

lerische Weise, ihr Tsunami-

Trauma zu überwinden.

Rinis Geschichte Rini ist gerade 10 Jahre alt, als sie am 26. Dezember 2004 mit ihrem Vater früh morgens auf das Meer hinausfährt. Ihr Vater ernährt seine Familie auf der Insel Nias durch den Fischfang und nimmt bei seinen Fahrten normalerweise ihren älteren Bruder mit. Doch der ist an diesem Tag krank. Das Wetter ist wunderbar und die beiden haben viel Spaß. Vor allem die bewegte See macht Rini Freude, denn sie lässt das Boot so schön tanzen. Der Schock kommt, als Rini und ihr Vater wieder auf das Ufer zusteuern. Das Meer ist dreckig, immer mehr Gegenstände schwimmen im Wasser herum. Rini sieht Möbel, Bretter, Kleidungsstücke und einmal meint sie sogar einen Menschen zu sehen. Aber sie ist sich nicht sicher. Am Ufer angelangt – können Rini und ihr Vater nicht fassen, was sie sehen: Alles ist weg, einfach alles. Die Hütte ist nicht zu fi nden, das ganze Dorf ist verschwunden. Nirgendwo eine Spur von dem Ort, den sie vor ein paar Stunden verlassen hatten und den sie besser kannten als jede andere Stelle auf der Welt. Beide überkommt eine lähmende Angst. Wo ist ihre Familie?

Sie suchen stundenlang. Erst am Nachmittag, als sie sich zu dem höher gelegenen Tempel durchgearbeitet haben, fi nden sie Mutter und Bruder wieder. Beide sind körperlich gesund doch verwirrt und stehen unter Schock. Beide waren mit der rückströmenden Flut ins Meer gerissen worden, hatten sich aber fest aneinander geklammert und um ihr Leben gekämpft. Die Großmutter hat die Katastrophe aber nicht überlebt. Die ersten Wochen und Monate verbrachten sie in Notunterkünften, doch die Hoffnung auf ein neues Zuhause lässt sie zuversichtlich sein. Im März der nächste Schock: Die Insel Nias wird erneut von einem Erdbeben erschüttert. Die Nachbeben dauern Monate an und verzögern die Bauarbeiten. Doch inzwischen sind endlich die ersten Grundsteine gelegt. Rini kann in einer der vom Lazarus Hilfswerk erbauten Schulen wieder zum Unterricht gehen. Und Rinis Vater kann auf dem von HELP erbauten Markt seine Fische verkaufen und somit seine Familie ernähren. Für ihn ist es noch ein weiter Weg zurück in die Normalität, doch die vielfältige Hilfe gibt ihm Hoffnung für die Zukunft.

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ie Südostküste Indiens wurde einige Stunden nach den Küsten Sri Lankas und Indonesiens von der Flutwelle getroffen, doch hatte die Wucht des Tsunamis kaum abgenommen. Besonders schlimm traf es auch hier die Fischer. Hatten sie überlebt, war ihnen mit der Zerstörung der Boote und Netze ihre Existenzgrundlage entzogen. Viele Familien stehen nun vor dem Nichts. Sie und vor allem Frauen zu fördern, die allein für ihre Kinder sorgen müssen, ist eine besondere Aufgabe für die Hilfsorganisationen.

Die beteiligten Organisationen vor Ort:

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Indien Das medizinische Team der AWO International

bringt ärztliche Hilfe und schützt die Überlebenden durch Medikamente und Impfungen.

Der Bedarf an medizinischer Erstbe-

treuung und Nachsorge für Verletzte ist enorm. Malteser International richtet

Basisgesundheitszentren ein und fährt mit mobilen Teams auch in abgelegene Dörfer.

ADRA hat Fischernetze und Boote

verteilt. So können die Fischer wie-

der ihrer Arbeit nachgehen und das Einkommen der Familien sichern.

arche nova bietet Hilfe zur

Selbsthilfe in Südindien. Eine Frau in Nagercoil flicht eine

Kokosmatte. Zusammen mit

anderen Frauen zahlt sie auf ein

Gemeinschaftskonto ein, das ihre

Arbeit mittelfristig absichert.

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Große Freude bei den Frauen im Dorf. Ihre Männer bringen den

ersten großen Fang heim, den sie

mit den neuen Fischerbooten von Terra Tech machen konnten.

AWO International stattet Fischergemeinden

mit neuen Booten in Südindien aus. Außerdem erhalten Schiffsbauer und Schreiner Werkzeug und Material zur Wiederherstellung von Fischerbooten.

Medizinische Grundversorgung ist Schwerpunkt von action medeor, aber auch Hygienemaßnahmen

sind in das Programm integriert.

Der Bau des AWO-Kinderdorfs ist seit Juni 2005

in vollem Gang. An dem Projekt sind Frauen

besonders beteiligt.

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Indien

Das Lachen der Kinder konnte der Tsunami

nicht verwüsten.

Kinder aus bedürftigen Familien im Kanyakumari Distrikt bekommen von Malteser International heiß ersehnte

Bücher und Schultaschen für ihren Unterricht. Gleichzeitig

werden in verschiedenen Orten die Schulgebäude renoviert. Lehrer erhalten eine spezielle Ausbildung für den Umgang mit traumatisierten Kindern. Für Schüler gibt es psychosoziale Betreuungs- und Trainingseinheiten.

Selvarajas Geschichte Als die große Flutwelle über Südasien hereinbrach, wurde auch die indische Südostküste über Hunderte von Kilometern heimgesucht. Es traf vor allem Fischer, aber auch Angehörige anderer Berufe. In dem kleinen Fischerdorf Chinnandi Kuppam südlich von Chennai (Madras) lebt Herr Selvaraja, der sein Brot als Puppenspieler verdiente. Bis der Tsunami kam und sein Haus ein Opfer der großen Flut wurde. Selvaraja verlor fast seine gesamte Ausrüstung. Das Theaterspiel mit Marionetten hat in Indien eine lange Tradition. Es ist ein Schattenspiel, bei dem Puppen an Stäben hinter einer beleuchteten Leinwand bewegt werden. Die Puppen bestehen aus hauchdünnem Ziegenleder. Es ist auf Rahmen aus dünnen Latten aufgespannt und kunstvoll bemalt. Der Puppenspieler und seine Assistenten lassen die Puppen sprechen und machen auch die Musik zu den Aufführungen. Die Theaterstücke sind Jahrhunderte alt und erzählen von der Geschichte des Landes. Aber auch humorvolle Stücke und vor allem Tanzstücke kommen zur Aufführung, denn hier kann der Puppenspieler am besten seine Kunst demonstrieren.

Dies alles hatte für Herrn Selvaraja ein plötzliches Ende. Fast alle seine Puppen, die Ledervorräte und Werkzeuge zur Herstellung von Puppen waren von den Fluten verschlungen worden. Auch er hatte – wie die Fischer – innerhalb einer Stunde seine Erwerbsgrundlage verloren. Doch während die Fischer recht bald von vielen Seiten Hilfe bekamen, ihnen Boote und Fischernetze zur Verfügung gestellt wurden, blieb der einsame Puppenspieler unbeachtet. Doch die deutsche Organisation Terra Tech startete ihre Hilfsmaßnahmen in diesem Dorf und erfuhr zufällig von Herrn Selvaraja. Man beschloss, ihm zu helfen. In Chennai ist das Indische Institut für Lederforschung ansässig, das lieferte Ziegenleder. Hinzu kamen Werkzeuge zur Lederbearbeitung und neue Musikinstrumente. In einer Feierstunde im August 2005 wurde dem Puppenspieler die neue Ausrüstung übergeben. Mit einer wunderbaren Theateraufführung – jemand hatte ihm dazu Puppen ausgeliehen – bedankte sich der Künstler auf unverwechselbare Weise.

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uch diese Länder hat der Tsunami verwüstet. Gab es viele Bilder aus Thailand, wo zahlreiche Deutsche ihren Urlaub verbrachten, wurde in den anderen Ländern die Not der Menschen von den Medien oft vergessen. Doch auch hier sind Mitglieder von Aktion Deutschland Hilft tätig, versorgten in den ersten Monaten die Opfer mit Lebensmitteln und unterstützen sie nun beim Wiederaufbau der zerstörten Gebiete.

Die beteiligten Organisationen vor Ort:

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Malediven / Somalia / Thailand In Somalia verteilt ADRA Zelte als provisorische Unterkünfte und Haushaltspakete,

die Kochtöpfe, Kerzen, Streichhölzer enthalten – Somalis werden dadurch mit

Gütern des täglichen Bedarfs unterstützt.

Sauberes Wasser –

Grundvoraussetzung

für das Überleben.

Hier baut ADRA

Wasserleitungen

in Somalia.

Im völlig zerstörten Dorf

Ban Bangsak baut Malteser International Häuser

wieder auf und sichert die Wasserversorgung der Dorfbewohner.

Einsatzzentrale des Krisen-

interventionsteams vom ASB

zur Betreuung traumatisierter

Urlauber in Phuket.

Kinder im Süden Thailands im Unterricht im neuen Gemeindehaus des Dorfes

Kuraguri in der Phang Nga Provinz. Die

Einwohner baten CARE, beim Aufbau des Gemeindehauses zu helfen.

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Zahlen und Fakten Eingesetzte Mittel nach Ländern1)

Geplante Mittelverwendung 2006-2009 nach Ländern1)

Weitere Länder2) 7%

Weitere Länder2) 5%

Indien 14 % Sri Lanka 51 %

Indien 16 % Sri Lanka 50 %

Indonesien 28 %

Indonesien 29 %

Eingesetzte Mittel 2005 nach Ländern*

23.379.139,- Euro

Sri Lanka

13.013.000,- Euro

Indonesien Indien

Weitere Länder

6.550.482,- Euro 2)

1) Spendeneingang: 125 Millionen Euro.

3.390.183,- Euro

Pro Spendeneuro benötigt Aktion Deutschland Hilft für die Laufzeit der Projekte rund 4,2 Cent für die Spendenbearbeitung, die Quittierung der Spenden, die Dankbrief an die Spender, die Erstellung von Informationsmaterial für Spender und Öffentlichkeit.

2) Malediven, Somalia, Thailand

Akute Not lindern und menschliche Lebensgrundlagen schaffen Der Tsunami war auch für das Netzwerk von Aktion Deutschland Hilft eine Herausforderung. Erstmals waren so viele Länder, so große Flächen, so viele Menschen so schnell und gleichzeitig vom Unheil überrollt worden. Es galt, die unterschiedlichen Kompetenzen und Ressourcen der beteiligten Organisationen zusammenzuführen, die Kenntnisse örtlicher Strukturen und Ansprechpartner von lokalen ADH-Partnerorganisationen zu nutzen und die Arbeiten sinnvoll aufeinander abzustimmen. In Sri Lanka konnte unmittelbare Hilfe geleistet werden, da der ASB, ADRA, CARE und World Vision bereits Projekte

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im Land betreuten. Einen Tag nach dem Beben waren mehr als 1000 lokale Helfer dieser und der Organisationen HELP und Malteser zur Versorgung der Katastrophenopfer in Sri Lanka und Indien vor Ort im Einsatz. Wenig später leisteten alle Mitgliedsorganisationen von ADH Soforthilfe. Dazu gehörten: Gesundheitsversorgung, Seuchenprävention, Leichenbergung, Trümmerbeseitigung, Trinkwasseraufbereitung, Nahrungsmittelversorgung, Bereitstellung von Notunterkünften, Hilfe für traumatisierte Opfer: Einheimische wie Urlauber. Ein erster Hilfsflug brachte am 28. Dezember Medikamente für 30.000 Menschen in das Katastrophengebiet.


Zahlen und Fakten

Doch die eigentliche Aufgabe liegt nicht nur in der begrenzten Zeit der Nothilfe, sondern auch in andauernden entwicklungsorientierten Projekten, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Menschen, den kulturellen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie ökologischen und nicht zuletzt politischen Gegebenheiten. Vordringlich sind der Wiederaufbau des Gesundheitswesens, Instandsetzung der Wasser- und Abwasserversorgung und sanitärer Anlagen, Sanierung und Wiederaufbau von Wohnhäusern, Schulen, Gemeindezentren,

Instandsetzung von Straßen und Infrastruktur, Wiederherstellen der Existenzgrundlage der Fischer und des Kleingewerbes. All diese Maßnahmen werden bis 2009 andauern. Dabei wirkt Hilfe nur dauerhaft, wenn sie bestehende Strukturen berücksichtigt und Perspektiven schafft: Für die Fischer, die wieder aufs Meer hinaus fahren, die Kinder, die zur Schule gehen können, die jungen Frauen, die eine Ausbildung erhalten, die Familien, die nun ein Dach über dem Kopf haben.

Tätigkeitsfelder der Mitgliedsorganisationen in den Tsunami-Gebieten Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V.

Hygiene

Wasser

Medizinische Hilfe

1)

Bergung von Toten

Räumungsarbeiten

Notunterkünfte

Psychologische Betreuung

Bildung

Struktur

Nahrungsmittel

Häuserbau

1) Die beteiligten Organisationen vor Ort: arche nova, Hammer Forum e.V., Kinderhilfswerk Global Care, Lazarus Hilfswerk, SODI, Terra Tech

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Was kostet Hilfe?

Was kostet Hilfe? 1 Sanitärset für eine Familie, Indien (Plastikeimer, Waschpulver, Seife, Desinfektionsmittel)

3,- Euro

1 Lebensmittelpaket für ältere Menschen und Witwen Indien (Reis, Öl, Zucker, grüne Linsen, Bohnen, Gewürze etc.)

25,- Euro

1 Küchenset für eine Familie in Indien (Gasofen, Schüsseln, Teller, Gläser, Löffel)

34,- Euro

1 Mutter-Kind-Set für stillende Mütter + Baby und hochschwangere Frauen, bestehend aus Hygienepaket Baby + Frauen, Frauenkleidung, verteilt an 2000 Frauen und 1000 Kinder in Banda Aceh, Indonesien

30,- Euro

Kosten pro Tag für ein 14-tägiges Basistraining für 80 Teilnehmer in den Bereichen Zimmerei, Baugewerbe, Kochen oder Abfallmanagement auf Nias, Indonesien.

70,- Euro

Installation eines Regenwassertanks zur Trinkwasserversorgung einer Familie in der Küstenregion in Kerala, Indien

350,- Euro

1 Fischerboot in Indien

1.500,- Euro

1 Übergangshaus im Transitcamp im Norden Sri Lankas (Innenraum 20 m2 plus überdachter Außenbereich und Küchenanbau für fünf bis sechs Personen plus Grundausstattung an Kochutensilien sowie Decken und Schlafmatten), 265 Häuser wurden gebaut.

3.500,- Euro

Gemeinschaftsküchen für rund 5.200 Personen für 3 Wochen in Camps in Indien (Obst, Gemüse, Huhn, Fisch, Reis)

5.600,- Euro

1 Emergency Health Kit, z. B. Indonesien, dient der medizinischen Notversorgung von 10.000 Menschen für 3 Monate.

6.950,- Euro

1 Gesundheitsstation mit Notfallversorgung und Apotheke in Cuddalore, Indien, Einzugsgebiet: 16 Dörfer in 60km Umkreis bzw. entlang der Küste, Zielgruppe: 25.000 Personen Baukosten (10 Betten-Haus) Krankenhausmobiliar Med. Geräte, Mini-OP, X-Rray etc. Personalkosten: 3 Ärzte, 3 Schwestern, 2 Assistenten 1 Laborantin, Fahrer und Wartungspersonal ■ 1 Krankenwagen ■ ■ ■ ■

Transportkosten für 24 Tonnen Hilfsgüter (Nothilfe), u. a. Decken, Wasserbehälter, Küchen und Kochutensilien, Lebensmittel, etc.) im Wert von 263.000,- Euro

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48.570,- Euro 9.100,- Euro 18.200,- Euro 981,- Euro 27.300,- Euro 87.000,- Euro


Dankeschön

Große ADH-Spendengala zugunsten der Tsunami-Opfer Mit einer großen Spendengala Anfang Januar 2005 unterstützte der Sender SAT1 die Hilfsleistungen von ADH für die Betroffenen der Flutkatastrophe. Kai Pflaume moderierte zwei Stunden lang live und ohne Werbeunterbrechung, während der Sendung konnten die Zuschauer spenden. Prominente nahmen an Spendenhotlines die Anrufe der Zuschauer entgegen. Kai Pflaumes ergreifende Moderation und die Unterstützung vieler Prominenter und Augenzeugen ermöglichte das beeindruckende Spendenergebnis von zehn Millionen Euro.

Prominente Unterstützer waren unter anderem: ... die Sportler Michael Ballack, Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Bierhoff, Franziska v. Almsick, Henry Maske, ... die Politiker Wolfgang Clement, Angela Merkel, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Norbert Blüm, ... die Künstler Jeanette, Orange Blue, Reamon, ... die Moderatorinnen Anne Will, Vera Int-Veen, Bettina Cramer, ... und die Schauspieler Til Schweiger und Miroslav Nemec. Aktion Deutschland Hilft dankt allen privaten und Firmen-Spendern, die leider nicht einzeln aufgeführt werden können – stellvertretend seien hier einige genannt.

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S P E N D E N KO N TO

10 20 30 Bank für Sozialwirtschaft, Köln BLZ 370 205 00


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