E-Portfolio

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E-Portfolio Die digitale Sammelmappe

Schule und ICT


Impressum Herausgeber educa.ch Autor Ralph Kugler, Pädagogische Hochschule St. Gallen Fotos

büro z {grafik design}, Bern

© educa.ch CC BY-NC-ND (creativecommons.org) Mai 2009, aktualisiert November 2011


Definition    5 Begriff    6 Portfolio-Definition    6 E-Portfolio    7 Portfolio-Prozess    8

Funktionen eines Portfolios    9 Fünf Kerngedanken    9

Funktionen eines E-Portfolios    12 Mehrwert eines E-Portfolios    14 Schulung von Computergrundkenntnissen    14 Reflexion des eigenen Lernprozesses    15 Verlinkung mit eigenem Werdegang    15 Dialog unter Lernenden    16 Förderung des kooperativen Lernens    16 Multimediale Präsentation    17 Langfristige Verwendung der Inhalte    17 «Aktive Typographie»    18 Charakteristik selbstgesteuerten Lernens    18 Portfolio-Bewirtschaftung dank RSS Feed    19

Zielsetzungen eines E-Portfolios    21 Wichtigste pädagogische Zielsetzungen    21 Wichtigste technische Zielsetzungen    22 Spezifisch technische Zielsetzungen an eine E-Portfolio-Plattform    22 Benutzerfreundlichkeit/Usability    22 Möglichkeiten der individuellen Gestaltung von Artikeln    22 Kommunikationsmöglichkeiten    23 Kontrolle und Zugriff    23 Konfigurier-, Integrier- und Anpassbarkeit    23

Alternative E-Portfolio-Lösungen    24 educanet²-Blog    24 PHR – Lernportfolio mit Blog und Handy    26 Dieser Guide verfügt über eine Internetseite auf educa.ch. Hier finden Sie sowohl das vorliegende PDF, das Sie dort auch online einsehen können, wie auch Zusatzinformationen und Links auf Unterrichtsmaterial, die regelmässig aktualisiert werden. Das PDF ist mit dem Datum seiner Publikation und einer eventuellen Aktualisierung versehen und gibt den Informationsstand dieses Datums wieder.  Internetseite


Seit über fünfzehn Jahren nutzen amerikanische und kanadische Lehrerinnen und Lehrer E-Portfolios für ihren Unterricht. Inzwischen breitet sich das E-Port­ folio nach und nach auch im europäischen Bildungswesen aus – immer mehr deutschsprachige Lehrpersonen beginnen, E-Portfolios in ihrem Unterricht einzusetzen. Dabei treten eine Reihe von Fragen auf: Welche E-Portfolio-Plattform soll man wählen? Welche Vorgehensweise muss man einhalten, um ein E-Portfolio zusammen zu stellen und dann im Internet zu publizieren? Welche Fragen pädagogischer Natur stellen sich dabei? Unterstützt ein E-Portfolio den Lernenden bei seinem Studium, oder dient es der Lehrperson als Evaluationsinstrument?

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Definition Die Vielfalt aktueller Portfoliobegriffe lässt erahnen, dass die Einsatzmöglichkeiten sehr unterschiedlich sind und dadurch auch die Definitionen. Die grosse Anzahl so genannter «Bindestrich-Portfolios» haben auch im deutschsprachigen Raum zur Folge, dass die Konzepte unter dem Überbegriff Portfolio sehr unterschiedlich sind, was zusätzlich zur Verwirrung beiträgt.

Lehr-Portfolio

Kompetenz-Portfolio

Sprachen-Portfolio Abschluss-Portfolio

Karriere-Portfolio

Vorzeige-Portfolio Entwicklungsportfolio

Individual-Portfolio Prozess-Portfolio

Medien-Portfolio

Portfolio Projekt-Portfolio Arbeitsportfolio

Beurteilungportfolio

E-Portfolio

Kurs-Portfolio

Showcase-Portfolio Talent-Portfolio

Künstler-Portfolio

Bewerbungsportfolio Abbildung 1: Portfolio-Begriffe

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Begriff Der Begriff «Portfolio» gewinnt zurzeit in der Schule zunehmend an Popularität. Doch auch wenn gelegentlich bereits von einer «Portfoliomanie» gesprochen wird, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Regel nur wenig Klarheit darüber besteht, was sich hinter dieser Etikette im pädagogischen Bereich eigentlich verbirgt.1 Der Begriff «Portfolio» ist aus den beiden lateinischen Wörtern «portare = tragen» und «folium = Blatt» zusammengesetzt. Ursprünglich war ein Portfolio daher eine Mappe mit losen Blättern bzw. Arbeiten, wie sie z. B. von Künstlern für die Sammlung ihrer Bilder oder Texte angelegt wurde. Sie konnten mit diesen Mappen ihre Arbeiten, ihre Entwicklung, ihre Arbeitstechniken bzw. ihren Stil dokumentieren. Künstler und Architekten nutzen heute noch solche persönlichen Bewerbungsmappen.

Portfolio-Definition Im Jahre 1990 wurde an einem Workshop mit den Portfoliospezialisten Pearl und Leon Paulson eine Portfolio-Definition erarbeitet, welche in der Zeitschrift «Educational Leadership» unter dem Titel «What makes a portfolio a portfolio?» veröffentlicht wurde. «Ein Portfolio ist eine zielgerichtete Sammlung von Arbeiten, welche die individuellen Bemühungen, Fortschritte und Leistungen der/des Lernenden auf einem oder mehreren Gebieten zeigt. Die Sammlung muss die Beteiligung der/des Lernenden an der Auswahl der Inhalte, Kriterien für die Auswahl, der Festlegung der Beurteilungskriterien sowie Hinweise auf die Selbstreflexion der/des Lernenden einschliessen.»2

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 Häcker, T. (2003): Portfolio als Entwicklungsinstrument P aulson, F. L., Paulson, P. R., Meyer, C. A. (1991): What makes a Portfolio a Portfolio?. Educational Leadership (PDF)


Diese Definition hat den Vorteil, dass sie ver­ schiedene Arten der Umsetzung zulässt und trotzdem nicht beliebig wird. Eine andere Definition aus dem Bildungsbereich lautet: «Ein Portfolio ist eine dynamische, zielgerich­ tete und systematische Sammlung von Arbeiten, die Bemühungen, Fortschritte und Leistungen des Lernen­ den in einem oder mehreren Lernbereichen darstellen und reflektieren».3

E-Portfolio Das «E» vor dem «Portfolio» steht für «electronic» und lässt auf das Medium schliessen, auf dem es sich befindet bzw. erstellt wurde. Es handelt sich beim EPortfolio also um eine digitale Sammelmappe. Die amerikanische Expertin Helen Barrett definiert das elektronische Portfolio wie folgt: «Ein elektronisches Portfolio nutzt elektronische Technologien, die es dem Portfolio-Entwickler erlauben, Portfolio-Dokumente, die aus verschiedenen ­Medientypen (Audio, Video, Grafik, Text) bestehen, zu sammeln und zu organisieren. Ein standardbasiertes Portfolio nutzt eine Datenbank oder Hypertext-Links, um die Beziehungen zwischen Standards oder Zielen, Dokumenten und Reflektionen klar aufzuzeigen».4

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Wiedenhorn, T.: Das Portfolio-Konzept in der Sekundar­stufe, Individualisiertes Lernen organisieren. Verlag an der Ruhr  Barrert, H. (2000): Create Your Own Electronic Portfolio. Learning & Leading with Technology 7


Portfolio-Prozess Nach Hilzensauer und Hornung-Prähauser werden im Prozess der Erstellung und Pflege eines E-Portfolios fünf Schritte (nicht zwingend in der angegebenen ­Reihenfolge) durchlaufen, die zumindest in der Initialphase mit der Festlegung von Zielsetzung und Kontext beginnen.5

Klärung, Zielsetzung & Kontext für die E-Portfolio-Arbeit

Bewerten und evaluieren von Lernprozessen

Präsentieren (Publizieren) der E-Portfolio-Artefakte

Sammeln, auswählen & verknüpfen von Artefakten mit den Lernzielen

Reflektieren und steuern des Lernprozesses

Abbildung 2: Portfolio-Prozess

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H ilzensauer, W., Hornung-Prähauser, V.: ePortfolio – Methode und Werkzeug für Kometenzbasiertes Lernen. Salzburg Research Forschungsgesellschaft (PDF)


Funktionen eines Portfolios Die Vielfalt der Portfoliobegriffe löst immer wieder Grundsatzdiskussionen aus, ob man noch von einem Portfolio sprechen kann oder eben nicht. Was darunter genau zu verstehen ist, bestimmt in erster Linie der Verwendungszweck und daraus resultierend die Funktionen, welche es zu erfüllen hat. Die unterschiedlichen Portfolio-Begriffe in der Grafik (vgl. Abb. 1) lassen zum Teil erahnen, welche Aufgaben und Funktionen damit erreicht werden wollen (Qualifikation, Chrono­logie, Medium, Zeitrahmen, Unterrichtsform, etc.).

Fünf Kerngedanken Versucht man den Begriff Portfolio zu präzisieren, kann es angesichts der Vielzahl von Portfolio-Varianten und -Begriffen offenbar nur darum gehen, einige Kerngedanken herauszustellen, die den unterschiedlichen Portfolio-Formen gemeinsam sind, ohne jedoch die Stärken des Konzeptes, seine Offenheit, unnötig einzuschränken.6 Im Folgenden werden fünf wesentliche Kern­ gedanken präzisiert.

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äcker, T. (2004): Portfolio – Ein Entwicklungsinstrument H für selbstbestimmtes Lernen. Eine explorative Studie zur Arbeit mit Portfolios in der Sekundarstufe 1. Heidelberg: Unver­ öffentlichte Habilitationsschrift 9


Kompetenzdarstellung Portfolios enthalten Arbeiten, Gedanken und Meinungen, welche die Lernenden für präsentabel halten. Das eigene Können wird über ausgewählte Leistungsprodukte dargestellt. Anders als bei tradierten Leistungskontrollen sind die Lernenden in der Lage, selbst zu entscheiden, was sie präsentieren wollen und können so aktiv ihre Kompetenzen darstellen. Reflexion Durch die Rückschau denken die Lernenden über ihre Lernerfolge, -wege, -probleme und -ziele nach. Durch eine regelmässige Zwischenbilanz wird der weitere Weg gegebenenfalls adaptiert, daher könnte man auch von einer formativen (Selbst-) Beurteilung sprechen. Prozess des Lernens Durch das zielgerichtete Sammeln entsteht eine ­chronologische Abfolge von Überlegungen, Arbeiten oder Ansichten. Sie gestatten dem Lernenden und dem Betreuer, die Lernprodukte und den Lernprozess gemeinsam in den Blick zu nehmen und zu beurteilen. Der Prozess gewinnt an Gewicht gegenüber dem Lernprodukt und ermöglicht mitunter eine Leistungsbeurteilung für einen laufenden Lernprozess. Leistungsbewertung Wie bereits unter dem Punkt «Prozess des Lernens» ­erwähnt, lässt es die Einsicht in den Lern-Prozess zu, diesen in die Leistungsbeurteilung miteinzubeziehen, was eine angemessenere Leistungsbeurteilung zu­ lassen könnte. Durch die selbstbestimmte Auswahl der präsentierten Arbeiten im Portfolio, wird durch die stärkere Schülerorientierung ein lernförderliches Klima geschaffen. Das Portfolio kann als alternatives Beurteilungsinstrument oder als ergänzende Methode zur Leistungsbeurteilung verstanden werden, da eben auch eine weitere Schlüsselkompetenz wie die Selbständigkeit ersichtlich wird.

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Individualisierung Durch die grosse Mitbestimmung der Inhalte lässt die Portfolioarbeit auch einen hohen Grad an Individualität zu, wodurch die Fähigkeit zur Selbststeuerung des Lernens erworben wird. Die Lernenden erhalten die Möglichkeit, ihre Lernwege selbst zu bestimmen, ihre Prozesse selbst zu planen, eigenständig zu steuern und zu reflektieren. Dieses Konzept passt daher sehr gut in die neue Lehr-Lernkultur des selbstbestimmten Lernens, des offenen Unterrichtes, des individuellen Lerntempos und der Zeit- und teils auch Ortsunabhängigkeit des einzelnen Lerners.

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Funktionen eines E-Portfolios Die Entscheidung für ein E-Portfolio oder ein PrintPortfolio ist abhängig vom Verwendungszweck. Es gibt sehr wohl gute Gründe für den Einsatz eines traditionellen Portfolios. In der Publikation «E-Portfolio, Methode und Werkzeuge für kompetenzbasiertes Lernen»7 werden Möglichkeiten aufgelistet, welche ein papierbasiertes Portfolio nicht bieten würde: – die Präsentation von Wissen und Entwicklungsschritten in allen Multimedia-Ausdrucksformen und damit das Ansprechen aller Sinneskanäle (Text, Ton, Bild, Video, Animationen) – die Verknüpfung von E-Portfolio-Inhalten mit Lernzielen bzw. Bewertungskriterien (durch Hyperlinks) – die umfangreiche Speicherung, Sicherung und ­Duplizierbarkeit – das orts- und zeitungebundene Einbinden von Feedback-Gesprächen über erreichte Ziele bzw. Zwischenschritte mit institutionellen PortfolioBegleiter(innen), aber auch mit Gleichgesinnten, Freunden(innen) und Erziehungsberechtigten (durch Kommunikationstools) – das von Lernenden selbständige Erstellen von E-Portfolios mit neuen Webtechnologien, welches den verantwortungsvollen Umgang mit Informa­ tionen und Copyright im Web und die hochwertige Fähigkeit des multimedialen Web-Publizierens ­(Media Literacy) fördert.

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H ilzensauer, W., Hornung-Prähauser, V.: ePortfolio – Methode und Werkzeug für Kometenzbasiertes Lernen. Salzburg Research Forschungsgesellschaft (PDF)



Mehrwert eines E-Portfolios Bei allen neuen Errungenschaften, welche uns das Internet oder allgemein die Technik bringt, darf oder soll man die Frage stellen dürfen: Was ist der Mehrwert dieser Neuerungen? Was kann ich damit machen, was ich nicht schon vorher konnte? Die Frage nach dem Verhältnis von Aufwand und Ertrag wird auch zusehends in Bildungsinstituten gestellt und ist nicht mehr nur eine Frage von Wirtschaftsunternehmen. In der Folge sind wesentliche Vorteile eines elektronischen gegenüber eines papierbasierten Portfolios aufgeführt.8

Schulung von Computergrundkenntnissen Wie bereits unter dem Kapitel «Funktionen eines E-Portfolios» erwähnt, lassen sich mit dem Erstellen von elektronischen Portfolios Computergrundkenntnisse schulen. Dieses inzidentelle (beiläufige) Lernen darf gerade in der Volksschule nicht unterschätzt werden, da in vielen Kantonen die Medienkompetenzen integrativ im Regelunterricht geschult werden müssen. Für die lebenslangen Lerner und Lernerinnen geht es darüber hinaus aber auch darum, das Lerntagebuch und im Speziellen das E-Portfolio als bewährtes Lerninstrument zu erkennen, welches sie auch auf ihrem zukünftigen Lernweg begleiten könnte.

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ugler, R.: Mehrwert eines ePortfolios, Projektarbeit im K Nachdiplomkurs eLearning des Instituts für Kommunikations­ forschung, IKF Luzern, Schweiz


Reflexion des eigenen Lernprozesses Durch den Einsatz eines E-Portfolios kann die persönliche Auseinandersetzung mit Lerninhalten und -zielen auf einer Ebene gefordert werden, wie sie im lehrerzentrierten-kursorischen Unterricht nur schwer möglich ist. Das Portfolio ist besonders geeignet, wenn es darum geht, sich mit eigenen Erfahrungen und Einstellungen kritisch auseinanderzusetzen und den eigenen Lernprozess zu reflektieren. Das didaktische Prinzip könnte etwas salopp bezeichnet werden als «from Teaching to Learning». Der Vorteil eines E-Portfolios gegenüber einem papier-basierten Portfolio ist, dass der Lernprozess über eine lange Dauer reflektiert werden kann. Die Lernprozesse können über die ganze Dauer eines oder mehrerer Schuljahre dokumentiert und reflektiert werden. Dies lässt eine Sichtweise zu, welche den Umfang eines herkömmlichen Portfolios übersteigen würde.

Verlinkung mit eigenem Werdegang Zusätzlich lässt es die hypermediale Verweisstruktur zu, Links zur eigenen Entwicklung zu setzen. Mit dieser Hypertext-Technik, welche so nur beim E-Portfolio möglich ist, kann sich der Lernende mit sich selber verlinken. Es ist ihm ohne Aufwand möglich, Verweise zu früheren Einträgen, Problemen, Erkenntnissen, ­Arbeiten und Zielen zu knüpfen und so die Reflexion über eine ganze Ausbildung/Schulzeit zu tätigen. Die Anordnung der Beiträge bleibt in der chronologischen Reihenfolge (Ordnung) erhalten, die Verlinkung lässt aber eine nicht sequentielle Rückschau oder gar ­Arbeitsweise zu.

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Dialog unter Lernenden Die Verlinkung kann aber zusätzlich auch zum Internet und so zu anderen Mitschülerinnen und Mitschülern genutzt werden. Dies lässt einen Dialog unter Lernenden zu, welcher bei geschriebenen Portfolios nicht möglich ist, da diese weniger gegenseitig gelesen oder gar kommentiert werden. Die Einträge habe dadurch eine unmittelbare Wirkung. Diskussionen können über Themen geführt werden, wenn diese noch heiss beziehungsweise aktuell sind. Im öffentlichen Teil des E-Portfolios könnten analog dem Blog auch Fragen an Mitschülerinnen und Lehrpersonen gestellt werden. Die Antworten und evtl. die vorgeschlagenen Lösungen bleiben in dieser digitalen Form erhalten und können so auch anderen zur Verfügung gestellt werden. Der Wissenstransfer spielt so in einer ganzen Klasse oder Semesterzug und das E-Portfolio jedes einzelnen wird in der Summe zum virtuellen Wissensraum.

Förderung des kooperativen Lernens Das E-Portfolio ist somit eine Lernform, welche kooperatives Lernen ermöglicht und auch fördern kann. Kommunikation und Austausch mit anderen über Lern­prozesse, Hürden, Erfahrungen, (Selbst-)Kritik und Verbesserungsvorschläge sowie persönliche Anmerkungen sind erwünscht oder gar gefordert. Die Diskus­sion mit Lehrenden, Experten oder Mitstudierenden über den Prozess des Lern- und Wissenserwerbs ist ein zentraler Bestandteil im Lernen aus konstruktivistischer Sicht. Sich als Experten einbringen, das Lernen von und mit anderen in wechselnden Gruppen, Fehler und Umwege machen zu dürfen, sein eigenes Lernen zu beobachten, sind Aspekte, welche der Lernende in dieser Sichtweise des Lernens ­machen darf und soll.

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Multimediale Präsentation Das E-Portfolio lässt es zu, sein Wissen und seine Ent­wicklungsschritte in allen multimedialen Ausdrucksformen zu präsentieren. Multimediale Technologie bzw. die Digitalisierung ist das zentrale Glied aller Medien und Kommunikationstechniken. «Durch die Digitalisierung kann jede mediale Information auf einem System verarbeitet werden: Es entstehen Multimediasysteme und neue interaktive Medien, bei denen das Zusammenwachsen von Medien-, Computer- und Kommunikationstechnik besonders deutlich sichtbar wird».9 Mediale Datentypen wie Bild, Ton, Grafik und Video können die tatsächlichen Umsetzungen und Arbeiten in einer Art und Weise dokumentieren, wie sie in einem textbasierten Portfolio nicht möglich sind.

Langfristige Verwendung der Inhalte Das Bereitstellen der Artefakte in der digitalen Form fördert das langfristige Verwenden von Inhalten. Die Einträge lassen sich digitalisiert auch leichter transportieren. Das gesamte E-Portfolio lässt sich so in ein neues E-Portfolio einer anderen Institution importieren. Diese Möglichkeit der Transformation ist mitunter ein wichtiges Kriterium bei der Wahl einer E-Portfolio-Plattform. Die technischen Voraussetzungen einer solchen Plattform sollten eine Schnittstelle bieten, welche von anderen Plattformen unterstützt wird. Für die Bewerbung am Ende der Schulzeit oder des Studiums können die Einträge z.B. zur Bewerbungsmappe zusammengestellt werden, indem einzelne ­Artefakte in das nachfolgende System implementiert werden.

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K erres, M. (2001): Multimediale und telemediale Lernumgebungen 17


«Aktive Typographie» Die digitalisierten Druckwerke sind im E-Portfolio ­keine passiven Typographien, sondern sind als manipulierbare Objekte zu verstehen. Objektorientierte Interaktivität und Responsivität verbindet sich zu einem Konzept, welches Keil-Slawki10 als «Aktive Typographie» bezeichnen. «Aktive Typographie kennzeichnet somit eine Medienqualität, die neu ist, da im Gegensatz zu den analogen Medien zum ersten Mal in unserer Kulturgeschichte das Objekt der Wahrnehmung auch zugleich das Objekt der technisch zugänglichen Manipulation wird. Noch wichtiger aber ist, dass diese Manipulation zugleich verteilt und kooperativ erfolgen kann, sodass eine ­direkte Interaktion zwischen Autor und Leser möglich wird, da die mit analogen Medien notwendigerweise verbundenen Medienbrüche auf­ gehoben werden können»11.

Charakteristik selbstgesteuerten Lernens Auch virtuelle Lerngemeinschaften leben von menschlichen Beziehungen. Es stellt sich also mitunter die Herausforderung, wie Lerngruppen ihre Aktivität auch im Netz fortsetzen und ergänzen können. Eine E-Portfolio-Plattform könnte Dokumente in Ordnern zusammenfassen und strukturieren. Der Raum ist so eine Sammelstelle, welche der Lehrperson eine einfache Möglichkeit zur Strukturierung von Information für die zu betreuende Gruppe bietet. Das E-Portfolio im

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K erres, M. & Keil-Slawik, R. (Hrsg.): Hochschulen im digitalen Zeitalter: Innovationspotenziale und Strukturwandel. education quality forum 2004. Waxmann: Münster, 2005, S. 13–28 (PDF) Berntzen, D., Gehl, M., Hempel, M.: Zukunftswerkstatt Lehrer­ bildung. ZfL-Verlang (S. 16)


öffentlichen Bereich könnte auch die Funktion einer Bibliothek, Datenbank übernehmen und wäre, angereichert mit entsprechenden Tools, auch Forum und Treffpunkt. Es würde Lernende zusammenführen und könnte die Kommunikation in einer Gruppe Lernender koordinieren. Die Kombination aus Lernen vor Ort und im virtuellen Raum wird als «Blended-Learning» bezeichnet, ein Synonym für den im deutschen Sprachgebrauch verwendeten Begriff «hybrides Lernen». Ob die Kombi­ nation aus beiden Möglichkeiten effizienter ist und dadurch ein Mehrwert gegenüber einem normalen Portfolio entsteht, kann nur vermutet werden. Durch das Angebot des virtuellen Raumes, den in diesem Fall das E-Portfolio bieten würde, ist das synchrone Lernen im Klassenzimmer vor Ort nicht mehr das einzige, sondern dem Lernenden wird mit dem virtuellen Klassenzimmer ein Lernraum zur Verfügung gestellt, welcher auch asynchron genutzt werden kann. Das Aufbrechen des gleichgetakteten Lernens durch die Möglichkeiten des virtuellen Raumes kommt der Charakteristik des selbstgesteuerten Lernens entgegen. Der individuell organisierte, aktive Prozess des Lernens wird durch die Zeit- und Ortsunabhängigkeit, durch individuelles Lerntempo und persönliche Lerngewohnheiten begünstigt.

Portfolio-Bewirtschaftung dank RSS Feed Mit der Funktion eines RSS Feed kann die Lehrperson sich automatisch generierte Meldungen zukommen lassen, die sie über neue Einträge und Kommentare informieren, ohne das sie die Seiten selbst ansurfen muss. Dies ermöglicht eine effiziente Bewirtschaftung von mehreren E-Portfolios gleichzeitig. RSS in E-Portfolios oder Weblogs wird von Farmer/Barlett-Bragg als entscheidende Neuerung angesehen: «RSS has allowed for the instruction of an entirely new mode of

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communication and interaction with information artefacts»12. Da der Autor selber entscheiden kann, was über einen Feed gemeldet werden soll, haben Lerner (Autor) und Lehrperson die Kontrolle über den Austauschprozess. Dies erleichtert die Kommunikation wesentlich. Farmer/Bartlett-Bragg machen RSS mitunter für den Erfolg von Blogs im Bildungswesen verantwortlich.

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F armer, J., Barlett-Bragg, A.: Blogs@Anywhere: High fidelity online communication


Zielsetzungen eines E-Portfolios Das  kanadische E-Portfolio-Projekt hat 2002 eine Liste mit pädagogischen und technischen Zielsetzungen eines E-Portfolios für Unterrichtszwecke erarbeitet.

Wichtigste pädagogische Zielsetzungen – dem Lernenden die Möglichkeit zu geben, seinen schulischen Werdegang mit Hilfe eines Dokuments zu belegen – den Lernenden bei der Verarbeitung des Gelernten zu unterstützen – den Lernenden bei der Nutzung der neuen Technologien zu unterstützen – eine Auszeit für den Lernenden zu schaffen, in der er sich Gedanken macht über das Gelernte und ­seine eigenen Stärken und Schwächen in sozialer und fachlicher Hinsicht – dem Lernenden Verantwortung zuzuweisen und ­damit seine Selbständigkeit zu fördern – dem in einem technischen Programm eingeschriebenen Lernenden die Jobsuche zu erleichtern – der wachsenden Nachfrage der Universitäten nach der Führung eines Portfolios nachzukommen – virtuelle Räume zu schaffen, in denen die Arbeiten von verschiedenen Lernenden ausgestellt sind, um gemeinsam bekannte Gebiete zu erforschen.

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Wichtigste technische Zielsetzungen – Lehrpersonen und Lernenden die bestmöglichen infrastrukturellen Voraussetzungen für ihre Arbeit zu liefern; – eine, den finanziellen Voraussetzungen der Schule angemessene, Infrastruktur zu entwickeln; – Lernenden aus anderen Institutionen via Internet Zutritt zum E-Portfolio zu gewähren.

Spezifisch technische Zielsetzungen an eine E-Portfolio-Plattform Die folgende Auflistung ist ein Erweiterung von möglichen Anforderungen an eine E-Portfolio-Plattform und hat nicht den Anspruch vollständig zu sein. Die Ansprüche lassen sich aus dem Verwendungszweck ableiten und steigen je nach Wertung der Art des kommunikativen Austausches des Autors und des Lesers oder z.B. der Integrität von multimedialen Inhalten. Im Zusatz  E-Portfolio-Plattformen auf der Internetseite des Guides werden verschiedene Systeme vorgestellt.

Benutzerfreundlichkeit/Usability – System soll intuitiv bedienbar sein (Wie schätzen die Lernenden die Usability des Systems ein?) – Suchfunktionen und Hilfetexte sind vorhanden

Möglichkeiten der individuellen Gestaltung von Artikeln – WYSIWYG-Editor ist vorhanden – Dateien (z.B. pdf oder doc) können an die Artikel angehängt werden – Kategorien können angelegt und den Artikeln ­zugeordnet werden 22


Kommunikationsmöglichkeiten – das Kommentieren und Bewerten von Artikeln ist möglich – Möglichkeit, Artikel untereinander zu verlinken – RSS-Feed ist integriert – Chat als zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit ist implementiert

Kontrolle und Zugriff – Website muss dauerhaft verfügbar sein, um die Nachhaltigkeit des E-Portfolios zu garantieren (Nutzungsbedingungen der Website aufmerksam durchlesen!) – für ein Weblog können mehrere Autoren zugelassen werden – Mandantenfähigkeit – Filtersystem für ungewünschte Artikel und Kommentare ist implementiert – Spamer können ausgesperrt werden

Konfigurier-, Integrier- und Anpassbarkeit – Werkzeuge sind auch ohne Programmierkenntnisse konfigurierbar – es können zusätzliche PlugIns installiert werden – das System unterstützt Templates, Corporate Design

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Alternative E-Portfolio-Lösungen Neben den bisher besprochenen E-Portfolio-Plattformen gibt es aber auch andere Möglichkeiten, E-Portfolios herzustellen. Das können sowohl Lösungen auf Arbeits- und Lernplattformen sein – per Blog oder Wiki – wie auch mit mobilen Geräten, z.B. dem Handy.

educanet²-Blog  educanet² ist eine Plattform für Information, Kommunikation und Kooperation im Rahmen von verschiedenen Lehr-/Lernszenarien innerhalb einer einzigen oder zwischen mehreren virtuellen oder realen Bildungsinstitutionen. Die Plattform vereint eine Vielzahl von geschlossenen und selbst verwalteten Institutionen bzw. Schulen zu einer einzigen grossen Lehr-/Lern-Community. Darüber hinaus bietet die Plattform eine reichhaltige Palette von Werkzeugen (Wiki, Webpagegenerator, Blog, Onlinekurse, Dateienaustausch, etc.), welche vom Administrator wahlweise in ihrem ganzen Umfang oder in einer spezifischen Auswahl zur Ver­fügung gestellt werden können.13 Die Blog-Funktion auf educanet² bietet sich zur Herstellung eines Schülerinnen- und Schüler-Portfolios an, da so ein E-Portfolio in passwortgeschütztem Raum leicht untereinander oder innerhalb der Gruppen ausgetauscht werden kann.14

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H ofmann, M., Kugler, R.: E-Learning Konzept. Pädagogische Hochschule St. Gallen (PDF)  educanet²-Blog (PDF)


Good Practice Studie Christian Fantoli und Josiane Chevalley-Roy, Lehr­ personen-Ausbilder an der PH Lausanne, haben sich mit dem Gebrauch eines Portfolios im Rahmen der Lehrpersonen-Ausbildung zur Integration von ICT in den praktischen Unterricht beschäftigt.15 Als Werkzeug haben sie die Blog-Funktion von educanet² für das E-Portfolio gewählt. Ihr Interesse galt dem Vorteil der Nutzung eines E-Portfolios im Gegensatz zu einer ­traditionellen Evaluation. Der Bericht in Französisch gibt Auskunft über die praktischen ­Aspekte des Experiments.

PHR – Lernportfolio mit Blog und Handy Die Pädagogische Hochschule St. Gallen PHSG, ehemals PHR, machte 2006 einen Versuch: Die Studenten des ersten Semesters müssen ein Lernreisebuch ­führen und die eigenen Lernfortschritte und die Erfahrungen, welche sie während der Ausbildung machen, in einem Lernportfolio zusammenfassen. Mit einer Versuchsklasse wurde nun geprüft, welchen Nutzen moderne Internetanwendungen in der Lehrer-Ausbildung haben können. In der Klasse führten 12 von 24 Studenten ein elektronisches Portfolio mit einem Blog der Firma Kaywa, welcher sich via Internet als auch vom Handy aus benützen lässt. Sechs Studenten der Gruppe «Mobile» arbeiteten auch mit dem Handy. Als Vergleichsgruppe führten die anderen zwölf Studierenden ihr Lernportfolio konventionell auf Papier. «Die Blog-Teilnehmer meldeten sich freiwillig und mussten keine PC-Freaks sein», sagt Projektleiter Martin Hofmann, der die Studie mit zwei Dozenten durchführte.

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F antoli, C., Chevalley-Roy, J.: Portfolio électronique en formation d’enseignants. HEP Vaud (PDF) 25


Förderung eigenständigen Lernens Die Blogs der Studenten konnten laufend beobachtet werden, und Andrea Christen, Dozentin, war erfreut über deren Qualität. Wissensaufbau basiere darauf, dass Inhalte wie­ derholt und in eigene Worte gefasst werden, dies geschehe mit Blogs sehr intensiv, sagt Andrea Christen. Eine sprachliche Verluderung wegen des Bloggens sei nicht festzustellen. Handy und Internet erweiterten dank der Mobilität den Lernraum, sagt Martin Hofmann. Er glaubt, dass deshalb das eigenständige Lernen gefördert werde. Aber das Bloggen soll weiterhin nur ein Ergänzungs-Tool bleiben.16

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C hristen, A., Hofmann, M.: Portfolioarbeit. Pädagogische Hochschule Rorschach



educa.ch Schweizer Medieninstitut f端r Bildung und Kultur Erlachstrasse 21 | Postfach 612 | CH-3000 Bern 9 Telefon: +41 (0)31 300 55 00 info@educa.ch | www.educa.ch


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