Meier-Engelen: Die Geschichte von der Eins und dem Zahlensieb

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Die Schatzkiste



Die Schatzkiste


November 2010 Allitera Verlag Ein Verlag der Buch&media GmbH, München © 2010 Buch&media GmbH, München Illustrationen und Umschlaggestaltung: Malchas Cickisvilli Herstellung: Kessler Druck + Medien GmbH & Co. KG, Bobingen Printed in Germany · ISBN 978-3-86906-147-4


Inhalt Die „Seniorbären“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Kann man Zahlen sieben? . . . . . . . . . . . . . . 11 Der Protestmarsch der Zweien . . . . . . . . . . 17 Die Zweien gründen einen eigenen Verein . . . 23 Zu groß für einen Fußballverein . . . . . . . . . . 27 Die rote Eins braucht Trost . . . . . . . . . . . . . 31 Die rote Eins hält eine bemerkenswerte Rede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Der Tafelplan der grünen Eins . . . . . . . . . . . 41 Die Fünf sorgt für Störung . . . . . . . . . . . . . . 48 Die Vereinsbildung kann fortschreiten . . . . 51 Die blaue Eins hat den Überblick . . . . . . . . 56 Ein Name wird gesucht . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Die Rathaus-Zwei hat das letzte Wort . . . . . 62 Leos erstaunliche Entdeckung . . . . . . . . . . 66




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un gingen sie schon eine ganze Weile in die Schule, die Kinder der ehemaligen Bärengruppe aus dem Kindergarten von Frau Jäger. Weil sie sich so gut verstanden, hatten sie ihre Eltern gebeten, sie für die gleiche Klasse anzumelden, damit sie zusammenbleiben konnten. Bei Herrn Petri, ihrem Lehrer, fühlten sie sich auch sehr wohl, nur manchmal wirkte er etwas gehetzt und sagte so Sätze wie: „Ich fühle mich dem Lehrplan verpflichtet und habe deshalb keine Zeit, auf Fragen zu antworten, die nichts mit dem Stoff zu tun haben.“ Leo, der eigentlich Ludwig heißt und oft Sachen sagt, von denen man nicht weiß, ob er sie ernst meint, hatte dazu gemurmelt:


„Was kann denn an einem Plan schon dran sein, der leer ist?“ Ann hatte nur die Augen verdreht und gestöhnt: „Leeeoo!“ Die anderen hatten einfach gelacht. Sie kannten ihren Leo ja. Weil Herr Petri so eingespannt war, traf es sich gut, dass die Nachmittagsbetreuung nicht in der Schule, sondern gleich nebenan im Gebäude des Kindergartens untergebracht war. So konnten die Kinder hin und wieder schnell zu Frau Jäger hinüberhuschen und nachsehen, ob sie nicht ein wenig Zeit hätte. Poldi hatte ihr schon erklärt: „Weißt du, Frau Jäger, wir wissen ja, dass wir jetzt nicht mehr deine Augensterne sein können, weil du ja eine neue Bärengruppe hast. In der Firma von meinem Opa ist er der Seniorchef und mein Papa der Juniorchef. Da kann man doch sagen, die neue Gruppe, das sind deine Juniorbären, und wir sind deine Seniorbären.“ Frau Jäger war ganz gerührt und hatte Poldi in den Arm genommen und gesagt: „Kommt ru


hig, wenn ihr etwas auf dem Herzen habt. Wir finden sicher immer noch ein StĂźndchen, um uns zu unterhalten.“

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elga, die bei uns in der Straße wohnt und schon auf das Gumminasium geht …“, fing Ben an. „Gymnasium heißt das“, verbesserte Ann ihren Bruder. „Ist doch egal“, ließ Ben sich nicht beirren. „Helga ist nett. Obwohl sie viel älter ist als wir, spielt sie oft mit uns oder erzählt uns was, wenn wir uns am Grillplatz treffen.“ „Was soll sie auch sonst machen? Es wohnt ja niemand aus ihrer Schule in der Nähe und keiner, der schon so alt ist wie sie“, funkte Ann wieder dazwischen. „Lass ihn doch erzählen!“ Fred war neugierig geworden. „Also, Helga hat gestern von der Schule erzählt. Sie haben gelernt, dass man Zahlen sieben kann.“ 12


Es war später Nachmittag. Die „Seniorbären“ hatten bereits ihre Schulaufgaben gemacht und malten jetzt Bilder für den Muttertag. Richtig schöne Bilder, auf denen ein Kranz aus lauter bunten Zahlzeichen zu sehen war und in der Mitte eine große

0 und in diese 0 malten sie ein rotes Herz. Darunter sollte dann

Alles Liebe zum Muttertag stehen. Das hatten sie von der Reklame im Blumengeschäft abgeschrieben, weil ihnen die schnörkeligen Buchstaben so gut gefielen. Aber Zahlen sieben, das kann einen schon aus der Ruhe bringen. „Du machst wohl einen Witz“, meinte NullMax, der so hieß, weil er sich so toll fand wie die Zahl Null. 13


„Nein, das hat sie wirklich gesagt!“, verteidigte sich Ben. „Warum nicht?“, meinte Leo. „Schreiben wir sie auf, schneiden sie aus und sieben wir sie!“ Alle sahen Leo verblüfft an. Sein Großvater hatte ihm einmal gesagt, dass seine Eltern ihn wohl nach einem bayerischen König benannt hätten, der Ludwig hieß und nicht ganz klar im Kopf gewesen soll. Seit Leo das den anderen erzählt hatte, dachten sie manches Mal, ob sein Name Ludwig nicht doch sehr passend war, obwohl er mit seiner Brille eigentlich recht schlau aussah. „Hast du Herrn Petri schon danach gefragt?“, meinte Max. „Hab ich!“ „Und …?“ „Lehrplan!“, stöhnte Ben. Hier konnte wohl nur Frau Jäger helfen. Also liefen sie schnell zu ihr in das Büro, wo sie wieder einmal eine von den unendlich vielen Listen ausfüllen musste. 14


„Kann man Zahlen sieben?“, riefen sie alle durcheinander. „O je, Kinder, nun habt ihr mich aber mitten in einer Rechnung gestört. Kleinen Moment, dann bin ich ganz Ohr!“ Das mit dem „ganz Ohr“ sagte sie oft, aber dann hörte sie ihnen auch aufmerksam zu. Fred hatte schon einmal ein Bild gemalt, das zeigt, wie das aussieht, wenn Frau Jäger ganz zu einem Ohr wird. „So, jetzt bin ich fertig“, sagte sie. „Also, was ist das Problem?“ „Ein Mädchen aus Bens Straße, das schon auf das Gymnasium geht, sagt, dass man Zahlen sieben kann“, antwortete Alex. „Das hat sie doch nur so erfunden, oder?“ „Lasst mich überlegen …“, meinte Frau Jäger. „Nein, so etwas gibt es. Das Sieb hat, wenn ich mich recht erinnere, ein griechischer Gelehrter mit Namen Eratosthenes erfunden.“ „Ein Sieb für Zahlen? O bitte, Frau Jäger, das müssen Sie uns erzählen“, bettelte Fred. Frau Jäger überlegte kurz. „Wisst ihr was, mor15


gen sind die „Juniorbären“ mit Frau Müller bei der Feuerwehr eingeladen. Da haben wir Zeit, und ich kann euch die Geschichte vom Zahlensieb erzählen. Ich sehe mir das vorher noch einmal zu Hause an.“ „Au ja, prima!“, riefen alle begeistert, besonders Fred, der immer gerne wusste, was geplant war, damit er sich schon einmal darauf freuen konnte. Nur Leo meinte: „Dass Sie ein Sieb für Zahlen zu Hause haben, das wundert mich!“ Da musste Frau Jäger herzhaft lachen. Nun waren alle noch gespannter auf den morgigen Tag. Denn wenn Frau Jäger erzählte, war das immer sehr spannend, so spannend, dass man vom Zuhören rote Ohren bekam.

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ie dicke rote Eins hatte wieder eingeladen: die vornehme blaue Eins, die freche grüne, einige von den zarten gelben, zwei von den Sahara-Einsen, die sich von ihrem Aufenthalt in der Wüste gut erholt hatten, und natürlich die gebildete Eins aus dem Institut für Geschichte der Universität Münster. Sie saßen gemütlich beim Kaffee und erzählten. „Was ist das denn plötzlich für ein Lärm da draußen?“ Die rote Eins ging ans Fenster und schaute hinaus. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Da zog doch wirklich ein langer Zug von Zweien vorbei, die Transparente trugen:

Nieder mit der Vormacht der Eins! Zweien, vereinigt euch! Keine Bevormundung durch die Eins! 18


„Das ist doch wohl die Höhe“, brachte die rote Eins gerade noch heraus. „Kommt her und seht euch das an!“ Nun stürzten alle ans Fenster. „Welchen Sinn das wohl haben mag?“, fragte die vornehme blaue Eins, während die grüne Eins eine passende Gelegenheit sah, ihr Lieblingswort anzubringen: „Die sind doch blöd!“ Bei ihr hörte sich das immer wie „blööööd“ an. „Vielleicht sollten wir doch lieber mit ihnen reden und uns erkundigen, was sie zu dieser Demonstration veranlasst“, gab die Eins aus Münster zu bedenken. So schnell sie konnten, rannten sie alle nach draußen. „He, hallo, stopp, bleibt stehen!“, rief die rote Eins, als sie mit ihren Kameradinnen auf der Straße ankam. Und wirklich, der Zug blieb stehen, als ob die Zweien auf einen solchen Ruf gewartet hätten. „Wer von euch kann mir Auskunft geben, was das Ganze soll?“, fragte die rote Eins. 19


„Da sprichst du am besten mit mir.“ Eine ernst dreinblickende, dünne Zwei trat vor. „Ich stelle mich vor. Du siehst vor dir eine hart arbeitende Zwei aus dem Rathaus von Zweibrücken. Weil ich dort schon manche wichtige Verhandlung mitbekommen habe, war man wohl der Ansicht, dass ich die geeignete Sprecherin der Zweien abgebe.“ „Ich nehme an, du kennst mich schon“, sagte die rote Eins. „Ich bin die Eins, die sich für die Ordnung einsetzt und den Zusammenschluss der Einsen zu den Zahlen zum Zählen organisiert hat.“ Die dünne Zwei nickte. „Klar kennen wir dich. Und wir kennen auch die grüne Eins, die vornehme blaue, all die Einsen, die immer um dich herumschwirren. Weißt du, wir kennen auch euer ewiges Gerede davon, dass ihr Vater oder Mutter von uns Zahlen seid. Das geht uns schwer gegen den Strich, eure ewige Angeberei!“ Die rote Eins schaute ziemlich betroffen. „Das war mir gar nicht klar, dass ihr das so auffasst. Tatsache ist doch nun einmal, dass …“ 20


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