Röhreke, Blüten im Wasser

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Harriet RĂśhreke

BlĂźten im Wasser 161 Haiku


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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Juni 2010 © 2010 Buch&media GmbH, München Umschlaggestaltung: Kay Fretwurst, Freienbrink Umschlagbild: Alexander Röhreke Herstellung: Books on Demand GmbH, Norderstedt Printed in Germany · 978-3-86520-376-2


Meinen Enkelkindern



Zum Haiku Haiku sind japanische Kurzgedichte. Sie folgen einfachen Regeln: Jedes Haiku besteht aus drei Zeilen. Die erste hat fünf, die zweite sieben und die dritte wieder fünf Silben. In diesen siebzehn Silben muss die Natur vorkommen. Das kann der Himmel, ein Mensch, ein Baum oder ein Tier sein. Es wird das Geschehen eines Augenblicks, eines Bildes oder Gedankens festgehalten: »Verbirg dich. Den Schmerz wirf dem Meer ins Bett. Dein Glück in den warmen Wind.« Japaner beherrschen die Kunst des Weglassens und schaffen damit Schönheit und Verheißung, die sich auch im auf dem Umschlag abgebildeten Tori ausdrücken: Es steht einsam, weit entfernt oder am Beginn eines Parks. Aber geht man darunter hindurch, wird man zu einem Shinto-Tempel gelangen, den man nach zehn oder zwanzig Minuten findet. Auch die Haiku sind ein Beginn, den der Leser weiterdenken kann. Und es dauert nicht lange, bis er anfängt, selbst Haiku zu schreiben und, ob er es glaubt oder nicht, zum Haiku-Dichter wird. Also Mut!

Harriet Röhreke

München, im Juni 2010



Blüten im Wasser. Der Wind treibt sie vorüber – wie tote Träume.


Stehn vor dem Tori, die Füße im Schnee. Das Herz lief schon zum Tempel.

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Alter Mann. Steht und staunt unter dem bl체henden Kirschbaum. Sein L채cheln.

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Stehn auf der Br端cke. Ein Hauch Wind. Roter Ahorn. Sein Bild im Wasser.

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Feuchter Sand am Meer. Deiner Füße Spur hält er nur für kurze Zeit.

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Nacht. Schneeschleier wehn. Der dichte Vorhang vor dem morgigen Tage.

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Regentag. Nebel um Wald und See. Kopf unterm Fl端gel, die Ente.

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Wind biegt die Kiefer, k채mmt das Gras. Schnee macht er aus den Pflaumenbl체ten.

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Stille im Wald. Nur die Glocke verr채t den Schrein. Morgen such ich ihn.

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Ein Mann kam ins Haus. Als er ging, lieĂ&#x; er seine guten Augen da.

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Schilf. Schaukelndes Boot. Der Alte schläft unter dem groĂ&#x;en Hut. Friedlich.

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Meeresschaum, fliegend im Wind. Regenbogenspiel glitzernd im Fr端hlicht.

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Die Sonne sinkt. Fahr langsam abendlicher Tag. Nacht ist es lange.

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Sinkende Stunde. Bl채tter fallen wie Fl체gel schweigend in die Nacht.

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Gem채hte Wiese. Ihr Duft. Gestern noch standen hier Gras und Blumen.

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Gelรถscht die Farben. Durchsichtig, kalt, der Abend und wie der Wind weint.

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Der Wind blättert in meinem Buch. Ich laß ihn, denn ich muß Dich ansehn.

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Felseneinsamkeit. Der Frühe zitterndes Licht küßt den Berg, mein Meer.

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Wenn Du traurig bist, pflanz Blumen. Bist Du gl端cklich, pfl端cke sie Dir ab.

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Schweigendes Verbl端hn. Duft welker Rosen im Haus. Packe, reise ab!

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