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Das schützende Haus am Berg
Gespräch mit Gottfried Leitgeb, Hüttenwirt der AVS-Rieserfernerhütte
Das alpine Schutzhaus – mehr als ein Ort der Einkehr und der Behaglichkeit. Die „Hütte“ bietet Schutz vor Kälte, Nässe und Wind. Sie ist wichtiges Etappenziel auf Fernwanderungen und Basislager für Bergsteiger. Für das reibungslose Funktionieren einer, ist der Hüttenwirt verantwortlich. Seine Arbeitstage sind lang und die Nächte kurz – oft auch schlaflos. Gottfried Leitgeb, seit 41 Jahren Hüttenwirt auf der Rieserfernerhütte, erzählt von seinen Erfahrungen als Hüttenwirt und wie sich seine Gäste verändert haben. Als erfahrener Zivilschützer und Bergrettungsmann weiß der dienstälteste Hüttenwirt Südtirols, dass die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie keineswegs übertrieben sind und ernst genommen werden müssen.
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Nach vier Jahrzehnten haben sich die Gletscher verändert. Haben sich auch die Gäste verändert?
Ja, sehr sogar! In den 80er und 90er Jahren haben deutlich mehr Gäste auf der Hütte übernachtet und die Geselligkeit stand neben dem Bergsteigen im Mittelpunkt. Es wurde gerne gefeiert und immer wieder musste man die Gäste auf die Hüttenruhe, die hier mit 23 Uhr eh spät angesetzt ist, hinweisen. Heutzutage sind die Menschen sportlich unterwegs und der Fitnessgedanke hat die Feierlaune abgelöst. Unsere Gäste sind junge, sportliche Bergsteiger, die auf der Via Alpina unterwegs sind oder die 3.000er rund um die Hütte besteigen wollen. Sehr oft unternehmen sie dies als Tagestour, seltener wird übernachtet.
Seit 30 Jahren zählen Jugendgruppen zu unseren Gästen, die dieses Jahr leider wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Früher sind etwa 70 % der Gäste über das Gelltal aus Rein in Taufers und nur 20 % aus Antholz aufgestiegen, 10 % über Oberwielenbach oder Mühlbach bei Gais. Heute steigen etwa 50 % vom Antholzertal und knapp 50 % von Rein auf.
Hast du Stammgäste?
Selbstverständlich, viele sogar und das freut mich sehr. Aber die treuesten Gäste sind die Gämse Resi, die Schneehasen Hugo, Herta und Frederik. Die Mauswiesel überwintern im Holzkeller und zeigen mir durch ihren Fellwechsel, wann die Zeit kommt, die Hütte winterfest zu machen.
Hüttenwirte müssen in sämtlichen technischen Bereichen bewandert sein. Kann man ruhig schlafen, wenn man bei gut belegter Hütte an die Technik rund um die Stromversorgung, die Kläranlage und die Materialseilbahn denkt?
Wenn die Hütte mit 60 Personen (in Corona-Zeiten mit 30) belegt ist, dann komme ich mir wie ein Kapitän auf einem Schiff vor und ich liege nachts halbwach im Bett. Die Wetterereignisse wie Gewitter, Windböen und Schneefall sind im hochalpinen Gelände unberechenbar. Mit einem Stromausfall muss man jederzeit rechnen, deshalb halte ich immer 100 Kerzen griffbereit. Schwieriger wird es bei der Wasserversorgung oder wenn etwas Unvorhergesehenes die Materialseilbahn außer Betrieb setzt.
Gottfried Leitgeb erzählt mit Leidenschaft von seinem Leben als Hüttenwirt.
Die Rieserfernerhütte wird seit 41 Jahren von Gottfried Leitgeb geführt.
Fotos: Peter Righi
Das Coronavirus hat unser Leben verändert und gehört zum Alltag. Welche Maßnahmen setzt die Hüttenwirtsfamilie im Schutzhaus, damit sich die Pandemie nicht ausbreiten kann?
Corona stellt eine große Herausforderung für Hüttenwirte dar, aber die Auflagen und Abstandsregeln machen Sinn und man soll sie ernst nehmen. Ich nehme die Sicherheitsvorkehrungen sehr genau, da ich als Bergretter auch der Zivilschutzkommission angehöre und weiß, welche Folgen der unvorsichtige Umgang mit diesem Thema mit sich bringt.
Sehr wichtig ist die telefonische Reservierung, da die Aufnahmekapazität der Hütte um 50 % verringert ist. Wir können daher höchstens 30 Gäste aufnehmen.
Desinfiziert und gereinigt wird in der Hütte in allen Ecken, aber ich vertraue zusätzlich auf eine alte, traditionelle Form der Desinfektion mit dem Rauch der verbrannten Hauswurz.
Peter Righi
MASSNAHMEN ZUR EINDÄMMUNG DES CORONAVIRUS
Auf den Gemeinschaftsflächen gilt die 1/5-Regel (1 Person pro 5 m²), wobei nur die Zahl der Gäste berücksichtigt wird. Im Gastlokal dürfen sich nicht mehr Gäste aufhalten, als es Sitzplätze gibt. Ein Abstand zwischen den Personen von einem Meter muss auch an den Tischen gewährleistet sein. Ausnahme gilt für Gäste, die im selben Haushalt leben. In gemeinschaftlichen Schlafräumen ist die Abstandsregel von einem Meter zwischen den Personen einzuhalten. Bei Gefahr (z. B. Unwetter) ist die Schutzfunktion der Hütte, unabhängig der Sicherheitsbestimmungen, als prioritär zu betrachten. Kann der zwischenmenschliche Abstand von einem Meter dabei nicht eingehalten werden, besteht Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Wegen der beschränkten Nächtigungskapazität durch den Sicherheitsabstand von einem Meter besteht für AVSHütten Reservierungspflicht über das Online-Reservierungssystem, E-Mail oder Telefon. Für Tagesgäste empfehlen wir eine telefonische Anfrage. Nächtigungsgäste bringen Handtuch, Spannleintuch, Polsterbezug und leichten Schlafsack selbst mit bzw. klären das bei der Reservierung mit dem Hüttenwirt ab. Aufgrund der Ausnahmesituation ist Selbstversorgung auf Schutzhütten des AVS nicht erlaubt. Verschwitzte Bergsteiger ziehen sich vor der Hütte um. Wäschetrocknung ist nur im Freien möglich. Generell sollten im Hütteninnenbereich die Gegenstände im Rucksack verbleiben.