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Bergsport & Nacht

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Kultbuch/Impressum

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Unterwegs in Dämmerung und bei Finsternis

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Warum bei Dämmerung und in der Nacht bergsteigen? Die Antwort ist einfach: In ihrer Hektik bleibt vielen Menschen neben Ausbildung, Beruf, Freunden und Familie nicht viel Zeit für die sportliche Betätigung. Immer mehr „Outdoorsportler“ weichen auf die späten Tagesstunden aus, um ihrem Hobby nachzugehen.

Selbst im Winter ist in vielen Skigebieten Nachtskifahren oder Nachtrodeln möglich und auch die Skitourengeher haben mittlerweile an jedem Wochentag die Möglichkeit, abends über eine Skipiste aufzusteigen. Wie im Winter sind auch im Sommer immer mehr Bergläufer unterwegs, die spätabends noch 1.000 Höhenmeter und mehr zurücklegen, oder Kletterer, die im Schein ihrer Stirnlampe noch einige schwierige Seillängen meistern.

Die Technik macht es möglich

Erst die Technik der Stirnlampen ermöglicht das bergsportliche Treiben in der Nacht, ohne sich selbst ernsthaft in Gefahr zu bringen. Die besonders leichten und leistungsstarken Stirnlampen erhellen die Nacht und sind mittlerweile zu erschwinglichen Preisen im Fachhandel erhältlich. Je nach Einsatzzweck benötigt man mehr oder weniger Leuchtkraft. Einige Modelle passen sogar ihre Leuchtkraft der Umgebungshelligkeit an und regeln somit ihren Energieverbrauch. Aber trotzdem ist Vorsicht geboten: Markierungen, Steinmänner, Bohrhaken usw. sind auch mit einer leistungsfähigen Stirnlampe bei weitem nicht so leicht auffindbar wie am Tag. Auch Tritte

Fotos: AVS-Jugend Tramin

und Griffe wirken im Schein der Lampe völlig anders als im Sonnenlicht.

Früher Start: Notwendigkeit beim Bergsteigen

Neben der zeitlichen Einschränkung unserer stressgeplagten Zeitgenossen gibt es einen weiteren Grund, weshalb Menschen nachts am Berg unterwegs sind: Viele hochalpine Touren verlangen einen Aufbruch in der Dunkelheit, damit die Tour sicher und rechtzeitig beendet werden kann. Durch den Temperaturabfall in der Nacht entstehen in steilen Eisflanken oder in Permafrostregionen erst nachts sichere Verhältnisse, die eine Durchquerung ermöglichen. Hohe Tagestemperaturen und Sonneneinstrahlung können Eis- und Steinschlag auslösen und die objektiven Gefahren einer Tour erheb-

lich steigern. Dies gilt auch bei Frühjahrsskitouren, bei denen ebenfalls der Temperaturanstieg im Tagesverlauf eine wichtige Rolle spielt. Ebenso kann man bei langen Bergtouren durch den frühen Aufbruch vor Sonnenaufgang Stress vermeiden, der Mittagshitze ausweichen sowie sommerlichen Nachmittagsgewittern aus dem Weg gehen.

Die Dunkelheit und ihre Tücken

Wer sich bei Finsternis am Berg aufhält, sollte immer einige Sicherheitshinweise beachten. Eine Stirnlampe und ein funktionstüchtiges Mobiltelefon sollen immer mitgeführt werden. Für den Notfall sollten im Rucksack ein Erste-Hilfe-Set und ein Biwaksack stets mitgeführt werden. Der größte Sicherheitsgewinn liegt allerdings darin, die Strecke bereits einmal bei Tageslicht abgegangen zu sein, damit man ihre Schwierigkeit kennt und Gefahren einschätzen kann. Auch beim Klettern in der Dunkelheit empfiehlt es sich, nur in eine Route einzusteigen, die man bereits bei Tageslicht verinnerlicht hat und deren Abstieg man kennt. Grundsätzlich sollten im Bereich des Leistungstrainings nur einfache Touren ausgesucht werden. Dazu eignen sich Touren im Mittelgebirge, die breiten Wegen folgen.

Respekt gegenüber Wild

Spezielle Beachtung sollte auch Wildschutzgebieten geschenkt werden. Häufig sind Waldbewohner nachtaktiv und sollten in dieser Zeit nicht durch

den Menschen gestört werden. Unser Freizeitraum, den wir vorwiegend am Tag nutzen, ist der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Dies sollte uns stets bewusst sein.

Klettern mit Stirnlampe

An den Porphyrwänden rund um den Bozner Talkessel ist es schon öfter vorgekommen, dass Talbewohner den Notruf ausgelöst haben, weil sie nachts in den Felswänden den wackligen Schein der Stirnlampen beobachtet und vermutet haben, dass Wanderer in Bergnot geraten sind. Touren in der Nähe von besiedelten Gebieten sind besonders attraktiv, weil sie schnell erreichbar sind und man am Feierabend noch einige Seillängen klettern kann. Dabei passiert es nicht selten, dass Kletterer von der Dunkelheit überrascht werden oder bewusst im Schein ihres Stirnlampenlichts die Tour zu Ende klettern wollen.

Aus Respekt gegenüber Anrainern und um Fehlalarmierungen zu vermeiden, sollte von diesem Trend abgesehen werden. Sollte aber effektiv ein Unfall passieren, sollte es dem nachtaktiven Bergsteiger bewusst sein, dass in den Nachtstunden Hubschraubereinsätze nicht oder nur sehr schwer möglich sind. Auch objektive Gefahren wie Steinschlag sind für die Bergretter bei Dunkelheit nur schwer abzuschätzen. Eine Bergung wird somit zu einer Herausforderung und wird mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Gegenseitige Rücksichtnahme, Respekt und entsprechende Vorbereitung – was schon bei Tag selbstverständlich sein sollte, gilt vermehrt in den Nachtstunden. In sensiblen Gebieten könnten gröbere Verstöße auch ein generelles Verbot nach sich ziehen – bitte seid euch dessen bewusst und lasst nicht zu, dass der Egoismus einiger die Freiheit vieler aufs Spiel setzt. Auch wenn die Tage kürzer werden: wir hoffen, dass sich trotz so mancher Flucht in die Nachtstunden noch genügend Gelegenheiten ergeben, die Berge bei Tageslicht zu erleben – da sind sie nämlich am schönsten.

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