Wie wirkt der Geist Gottes?

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29.9.2009

ARTIKEL

Wie wirkt der Geist Gottes?

Wort und Geist | apologet


Wesen und Inhalt biblischer Prophetie

Auch wenn man die pfingstlich-charismatischen Sonderlehren und -praktiken beiseite läßt, existieren innerhalb der evangelikalen Welt, in weiten Teilen sehr unterschiedliche Ansichten über das Wirken des Heiligen Geistes. Zumeist jedoch wird darunter eine subjektiv-erfahrbare, im Wesen des Gläubigen vorhandene Präsenz des Heiligen Geistes verstanden. Dies war weder immer so, noch gehört dieses Gedankengut zur ursprünglich reformatorischen Lehre. Wie aber sind verschiedene Textstellen zu verstehen, die u.a. davon sprechen, daß der Geist Gottes “Wohnung” in dem Gläubigen nimmt? Kernaussage reformatorischer Lehre dazu ist, die untrennbare Verbindung zwischen Geist und Wort Gottes. Luther formulierte es auf seine anschauliche Weise so: “Der Geist fährt einher auf dem Wagen des Wortes.” (Dr. M. Luther) Die Schrift und der Heilige Geist sind dabei keineswegs identisch - der Heilige Geist ist Gott und nicht auf das Wort Gottes festgelegt, zudem wird mit dem Text der Schrift wird viel Unfug veranstaltet: von historisch-kritischer oder allegorischer Auslegung bis zur negierenden Kritik - aber sie sind auch nicht voneinander zu trennen. Allein die Schrift öffnet den Menschen für den Heiligen Geist, und allein der Heilige Geist ermöglicht bzw. bewirkt das Verstehen der Schrift. Unter “Wort Gottes” ist sowohl das geschriebene als auch das gepredigte und verkündigte Wort zu verstehen. Die Verkündigung kommt aus dem Wort Gottes und ist inhaltlich vom geschriebenen Wort nicht zu trennen oder zu unterscheiden (Röm.10:17). Der Apostel Johannes schreibt: Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben (Joh.6:63) An dieser Stelle identifiziert Christus das Wort Gottes eindeutig und unmittelbar mit dem Geist Gottes. Nach dem Zeugnis der Schrift besteht demnach ein untrennbarer Zusammenhang bzw. Analogie zwischen dem Wort Gottes und dem Geist Gottes in der Hinsicht, wie sich Gott dem Gläubigen mitteilt. Der Heilige Geist ist als Person bzw. Hypostase Gottes natürlich keinesfalls auf das Wort Gottes zu beschränken, aber eben aus der Perspektive des Menschen nicht von diesem zu trennen. “Finitum non capax infiniti”: Das Endliche kann das Unendliche nicht fassen. Die Schrift jedoch, stellt diesem das “infinitum capax finiti” gegenüber: Das Unendliche vermag aber das Endliche zu umfassen.

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Der “Innewohnung” des Geistes Gottes, als Erfüllung mit dem Wort Gottes auf der einen, steht auf der anderen Seite eine heidnisch anmutende Vereinigung Gottes mit dem Menschen (quasi eine Vergöttlichung) gegenüber. Dabei lassen diverse Aussagen der Schrift deutlich werden, das die Begriffe “Geist” und “Wort” austauschbar verwandt werden: Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist (Eph5:18) Das Wort des Christus wohne reichlich in euch (Kol3:16) Der Geist wirkt durch bzw. ist selbst das Wort Gottes: Nehmt auch den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist Gottes Wort! (Eph6:17) Man kann diese Liste ohne Probleme erweitern. Bereits das AT stellt diese Analogie klar und deutlich heraus: Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut. (Hes36:26f) Sondern dies ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht Jahwe: Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. (Jer31:33) In Hesekiel wird von der Innewohnung des Gesetzes bzw. Wortes Gottes im Menschen; und analog dazu bei Jeremia von der Innewohnung des Geistes Gottes im Menschen gesprochen. Auch in den Lehrbriefen existiert keine Lehre, nach der beispielsweise Gläubige unmittelbarsubjektivistisch geleitet werden, sondern vielmehr das Leitung, Ermahnung, Ermunterung etc. durch das Wort bzw. die Verkündigung oder gegenseitigen Zuspruch des Wortes zu erfahren ist. Der Hebräerbrief bezeugt eindeutig, daß Gott vormals durch die Propheten und abschließend im Sohn geredet hat. Und diese Rede Christi wurde uns durch die Apostel, in deren apostolischen Lehre, das prophetische Wort überliefert.

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Die oft anzutreffen Ansicht, subjektivistische Eindrücke (Visionen, Träume) oder Erfahrungen gleich welcher Art und Weise, gehörten zum Wirken des Heiligen Geistes, gehören grundsätzlich in die Kategorie der Schwärmerei und führen den Menschen weg vom Wort Gottes. Individuelles "Reden" des Heiligen Geistes ist aus reformatorischer Perspektive grundsätzlich "schwärmerisch". Luther warnte daher vielmehr vor - seiner Meinung nach - mystischen Annahmen: „Deshalb mahne ich euch vor solchen verderblichen Geistern, die sagen, ein Mensch empfängt den Heiligen Geist durch stilles Sitzen in der Ecke, auf der Hut zu sein. Hunderttausend Teufel wird er empfangen und nicht zu Gott kommen. Dr. M. Luther, "What Luther says", Ed. E. Plass Vol. 3 Schwärmerei beginnt nicht erst mit den Auswüchsen, welche beispielsweise die Berliner Erklärung richtiger Weise bekämpft hat, sondern bereits grundsätzlich in der Trennung von Wort und Geist. Dort wo die Geisteserfahrung subjektiviert, und erfahrungstheologisch gedeutet wird, der Geist zum Wort dazu kommen muss. Der Grundsatz der Allgenugsamkeit so wie er von dessen reformatorischen Begründern gemeint wurde, ist nicht nur als Ablehnung der Gleichrangigkeit kirchlicher Traditionen, sondern ebenso als schriftgemäße Erwiderung auf das Schwärmertum und dessen Ideen, einer wie auch immer gearteten Gottesunmittelbarkeit und Reden Gottes neben der Schrift zu verstehen. Zugang zu und Umgang mit Gott in soteriologischer Hinsicht, existiert auf eine konkrete Weise: nämlich der Verkündigung Seines Wortes (1Kor1:18ff; Röm10:17) und dem daraus entstehenden Glauben, als Mittel der Aneignung des Heils und jeden Segens. Gott hat abschließend in Seinem Sohn gesprochen, dies haben wir durch die im Wort überlieferte Lehre der Apostel im Wort Gottes vorzuliegen. Weder in übernatürlichen Erfahrungen, noch in philosophischen Erörterungen, sondern explizit im Umgang mit dem Wort Gottes, werden Gläubige mit dem Heilige Geist, dem Reden Gottes, Christus konfrontiert, erfüllt, ausgerüstet etc. pp. Wenn es in der Schrift heißt: Christus, das Wort Gottes oder der Heilige Geist “in uns“, bedeutet dies letztlich keinen Unterschied, sondern eine untrennbare Einheit. Die Schwärmer, welche die Schrift fahren lassen und nur zu unmittelbarer Offenbarung kommen wollen, zerstören alle Grundfesten der Frömmigkeit. Wer die Schrift verwirft und sich dann irgendeinen Weg erträumt, um zu Gott zu kommen, der ist nicht eigentlich dem Irrtum, sondern der Raserei verfallen. So sind neuerdings einige Schwindelköpfe aufgetreten, die sich hochmütig für geisterfüllte Lehrer ausgeben — aber sie verachten alles Lesen der Schrift und machen sich über die Einfalt derer lustig, die nach ihrer Meinung an toten und tötenden Buchstaben hangen. www.apologet.de

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Ich möchte nur fragen, was das denn für ein Geist sei, durch dessen Wehen sie so hoch daherfahren, daß sie die Lehre der Schrift als kindisch und unwesentlich zu verachten sich erkühnen! Sollten sie antworten, das sei Christi Geist, so ist das lächerliche Verblendung. Denn sie werden ja dann doch wohl zugeben, daß die Apostel Christi und die anderen Gläubigen in der Urkirche von keinem anderen Geiste erleuchtet gewesen sind. Aber dieser Geist hat keinen von ihnen die Verachtung des Wortes Gottes gelehrt, sondern sie haben nur größere Verehrung gelernt, wie ihre Schriften deutlichst bezeugen. So war es schon vom Propheten Jesaja vorhergesagt. Wenn er nämlich ausspricht: „Mein Geist, der in dir ist, und meine Worte, die ich in deinen Mund gelegt habe, sollen nicht von deinem Munde weichen noch von dem Mund deines Samens ewiglich“ (Jes. 59,21), so bindet er das Volk des Alten Bundes nicht an eine äußerliche Lehre, als ob es noch in den Anfangsgründen steckte, nein, er lehrt, das werde das rechte und volle Heil der neuen Gemeinde unter der Herrschaft Christi sein, daß sie nicht weniger durch das Wort Gottes als durch den Geist regiert würde! Hier wird deutlich, daß jene Windbeutel in schändlichem Frevel auseinanderreißen, was der Prophet zu unverletzlicher Einheit verbunden hat. (Calvin, Institutio 9,1) Ausschließlich durch den Glauben (sola fide) an Christus (solus Christus) existiert Zugang dh. Rechtfertigung vor Gott und dieser Glaube kommt nur aus der Verkündigung des Wortes (sola scriptura). Dies geschieht allein auf Grundlage der freien Gnadenwahl Gottes (sola gratia), damit Gott allein die Ehre gebührt (soli deo gloria).

sdg apologet Ronald Senk: Wort Gottes & Heiliger Geist (Vortrag auf der 1.Betanienkonferenz) Bernhard Kaiser: Die Scheidung von Geist und Buchstabe in der Heiligen Schrift – ihr geistiger Hintergrund und ihre praktischen Folgen NachfolgeBlog: Gott existiert durch sein Wort ὁ λόγος apologet: Verlustanzeige: Das verkündigte Wort apologet: “Born again” – Wiedergeburt, was ist das? Buchempfehlung:

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Zachary T. Sweeney zeigt in seinem Buch „The Sprit and the Word“ etliche weitere eindeutige Punkte auf: - Der Heilige Geist gibt Glauben – durch das Wort Gottes (Röm 10,17) - Der Heilige Geist wirkt die Wiedergeburt – durch das Wort Gottes (1Petr 1,23) - Der Heilige Geist erleuchtet –durch das Wort Gottes (1Petr 1,23) - Der Heilige Geist gibt Weisheit – durch das Wort Gottes (2Tim 3,14-15) - Der Heilige Geist wirkt die Bekehrung – durch das Wort Gottes (Ps 19,7) - Der Heilige Geist öffnet Augen – durch das Wort Gottes (Ps 19,8) - Der Heilige Geist gibt Verständnis – durch das Wort Gottes (Ps 119,104) - Der Heilige Geist macht lebendig – durch das Wort Gottes (Ps 119,150) - Der Heilige Geist rettet – durch das Wort Gottes (Jak 1,21) - Der Heilige Geist heiligt – durch das Wort Gottes (1Petr 1,22) - Der Heilige Geist reinigt – durch das Wort Gottes (Joh 15,3) - Der Heilige Geist befreit von Sünde – durch das Wort Gottes (Joh 8,32) - Der Heilige Geist gibt Anteil an der göttlichen Natur – durch das Wort Gottes (2Petr 1,4) - Der Heilige Geist wirkt Auferbauung – durch das Wort Gottes (Apg 20,32) - Der Heilige Geist gibt Kraft – durch das Wort Gottes (Röm 1,16; 1Kor 1,18) - Der Heilige Geist wirkt im Gläubigen – durch das Wort Gottes (1Thes 2,13) (Quelle: Betanien-Newsletter 24)

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