der Plan 26 Oktober 2012

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derPlan 26

wien.arching.at archingakademie.at

Die Zeitschrift der Kammer der Architekt(inn)en und Ingenieurkonsulent(inn)en für Wien, Niederösterreich und Burgenland

Oktober 2012

NÖ ltur Bauku ation Deklar 2012 Seite 11

Unternehmensgründung

Know-how und Mundpropaganda als Wege zum Berufserfolg Der Berufseinstieg der meisten Newcomer ist wohlüberlegt. Die Härte des Marktes wird aber oft unterschätzt. Ein Round Table ................................. 4

Mit der NÖ Baukulturdeklaration 2012 wurde ein erster Schritt zum Planen und Bauen in Niederösterreich gesetzt. Eine Absichtserklärung .............. 10

Was sind die Werkzeuge der Kreativität, sind Bleistift und Modell out? Ein Architekt und ein Ingenieurkonsulent im Dialog. Eine Serie, Teil III .......................... 12

STEP 2014

Inhalt

Partizipation und Schnittstellen — Pille oder Placebo?

Vollversammlung ............ 7

Die Stadtentwicklung wird in jeder Hinsicht dynamischer. Eine Kick-off-Veranstaltung lädt zur Mitarbeit ein. — „derPlan“ hat Thomas Madreiter, Leiter der MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung, zu den wesentlichen Neuerungen befragt. Thomas Madreiter:

Derzeit gilt immer noch der STEP 2005, der 2010 überprüft und fortgeschrieben wurde. Jetzt befinden wir uns in einem Prozess der Neubearbeitung, einige Eckpunkte kann man schon nennen. Novum ist, dass wir die Inhalte von STEP und Masterplan Verkehr integrierter als bisher bearbeiten. Weiters war 2005 die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung nicht vorhersehbar, nun ist die Sicherstellung des Flächenbedarfs von bis zu 20.000 zusätzlichen Einwohnern pro Jahr zu berücksichtigen. derPlan:

Wie soll der STEP 2014 als Instrument weiterentwickelt werden? Madreiter:

Er soll wesentlich kompakter und niederschwellig lesbar werden. Das bedeutet nicht, dass er einfacher wird – ganz im Gegenteil, – er wird arbeitsintensiver, primär prozessorientiert. Die Vorstellung, man könne heute antizipieren, was in zehn Jahren räumlich sein wird, ist nicht haltbar. An unseren Hauptanliegen hat sich nichts geändert. Wir wollen für die künftigen Brennpunkte der Stadt eine Entscheidungshilfe zur Verfügung stellen. Potentiellen Inter-

essenten soll dargelegt werden, wo und wie sie sich an der Entwicklung beteiligen können. derPlan:

Sie brauchen das Know-how von Experten. Madreiter:

Wir haben sowohl auf Verwaltungsebene einen Arbeitsprozess entwickelt als auch Zusammenarbeitsformate mit Expertengruppen konzipiert. Es geht dabei nicht um Detailbearbeitungen, sondern um die Erarbeitung von Grundsätzen für alle von Stadtplanung berührten Fachbereiche, ergänzt um Querschnittsmaterien wie etwa Gender Mainstreaming oder Diversity Management. Dieser Arbeitsprozess ist sehr intensiv. Wir haben dann die Aufgabe, diese Ergebnisse nach außen, also etwa zur Kammer, zu kommunizieren. Ziel ist, die Fachmeinungen der Architekten und Bauingenieure mit einzubeziehen. derPlan:

Sie wollen verstärkt die Bevölkerung zum Dialog einladen? Madreiter:

Ja, etwa durch Zukunftswerkstätten, im Wege einer Internetplattform oder durch Aktivitäten im Stadtraum. Es geht uns dabei um grundsätzliche Positionen, um „Werthaltungen“. derPlan:

Wo sehen Sie Wien in zwanzig Jahren? Madreiter:

Ende des 20. Jahrhunderts haben wir oft eine disperse, andererseits auch patchworkartige räumliche Entwicklung beobachtet. Diese Bereiche kompakter zu machen wird sicher eine der Aufgaben. Ich hoffe, dass wir unsere Stadt als „Showcase“ weiter ausbauen können. Span-

nend finde ich die Frage, wie Wien mit erneuerbaren Energien auszukommen lernen wird. Hier haben wird den Anspruch, uns im internationalen Spitzenfeld zu bewegen. derPlan:

Es wird viel von Peripherie und deren Zentren gesprochen. Wie sehr lässt sich Ihrer Meinung nach die Stadt noch verdichten? Madreiter:

Wenn wir an echt kompakte Gebiete wie etwa Bereiche mit Gründerzeitbebauung denken, können wir davon ausgehen, dass so etwas nicht mehr möglich sein wird. Allerdings sollten wir trotzdem darauf achten, etwa in den Dachgeschossausbau wieder mehr Dynamik zu bringen. Es kann einem nicht egal sein, ob dieses städtebauliche Potential erschlossen wird oder nicht. Das betrifft auch fragmentierte Peripheriegebiete, wo nichts gegen eine intensivere Nutzung spricht. Nicht Nachverdichtung um jeden Preis, sondern in Bereichen, die in ihrer jetzigen Art längerfristig nicht mehr gebraucht werden. derPlan:

Was kann die Stadtentwicklung dem Traum vom Wohnen im Grünen entgegenwirken? Madreiter:

Ich glaube, dass die lockere Bebauung im suburbanen Bereich die Bewohner nicht zwangsläufig glücklich macht. Das Interesse an einem Eigenheim im Grünen nimmt ab. Viele junge Menschen ziehen eine intakte Beislkultur und eine gute Nahversorgungsstruktur einer Wohnfläche von 180 m2 im Grünen vor. Hier ist ein Wertewandel zu beobachten, der wiederum für städtische Qualität spricht. — B G

Die Kammervollversammlung und der Sektionstag der Ingenieurkonsulenten 2012 finden am Dienstag, 27. November, im Künstlerhaus statt.

Ingenieurbaukunst ....... 8 Dem Wiener Ingenieur und genialen Konstrukteur Alfred Pauser wurde in Stuttgart der renommierte Fritz-LeonhardtPreis 2012 verliehen.

Einreichplanung ........... 13 Der Aufwand zur Erlangung von Baubewilligungen ist seit 2006 um 60 Prozent gestiegen. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit dem Problem.

Haftpflicht ................... 16/17 Vorsicht! Die Haftpflichtversicherung deckt nicht alles ab. Was Sie zur Nachdeckung Ihrer existentiellen Absicherung wissen sollten.

Plan Pause ............................ 20 Maik Novotny analysiert den Streit zwischen David Chipperfield und Wolf D. Prix und ortet kommunikative Missverständnisse.

derPlan Nº 26 Ausgabe Oktober 2012 P.b.b. Verlagsort 1040 Wien Plus.Zeitung 10Z038446P


INTERN —— 2 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Brief des Präsidenten

Baukultur und mehr

Architekt Mag. arch. Walter Stelzhammer — Präsident — —

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege! — Auf eine gemeinsame Initiative von Landeshauptmann Pröll und mir hin haben das Land Niederösterreich und unsere Kammer einen Text für eine niederösterreichische Baukulturdeklaration verfasst, der am 17. 10. 2012 von Landeshauptmann Pröll und mir unterzeichnet und im Beisein von Vertretern aus Landespolitik, Gemeinden, der Kammer und vielen Ziviltechnikerkolleg(inn)en proklamiert wurde. Es ist dies, wie ich meine, der gelungene Versuch, den großen Herausforderungen, mit denen Planen und Bauen in Niederösterreich konfrontiert sind, einen grundsätzlichen und perspektivischen Rahmen zu geben. Dieser Rahmen soll all jenen, die als Auftraggeber(innen) (insbesondere Bürgermeister[innen]) oder als Auftragnehmer(innen) für Baukultur Verantwortung tragen, Orientierung geben. Baukultur war auch das Thema einer Veranstaltung, zu der mich die baden-württembergische Ingenieurkammer im Juli einlud: zur Verleihung des Fritz-Leonhardt-Preises an den Wiener Alfred Pauser. Er, der sich diesen

renommiertesten aller europäischen Ingenieurpreise redlich verdient hat, steht wie kein anderer für einen Ingenieurbegriff, der Funktion und Form vollendet vereint. An dieser Stelle nochmals: Gratulation, Alfred Pauser ! Um Baukultur in einem größeren Kontext geht es letztlich auch beim STEP 2014, dem Rahmenplan für die Stadtentwicklung für die nächsten zehn Jahre. „Qualitätsvoll wachsen, kooperativ entwickeln“ ist das Motto, unter das Vizebürgermeisterin Vassilakou am 4. 9. 2012 die Auftaktveranstaltung für den STEP 2014 stellte. Dem Dialog – nicht zuletzt mit den Expert(inn)en aus unserer Kammer – soll viel Platz eingeräumt werden. Wir werden das Angebot gerne annehmen! Mit der Stadt Wien stehen wir auf vielen Ebenen in einem aktiven Dialog über die uns betreffenden Fragen der Berufsausübung. So auch über die Frage der Verbreiterung des Wissens und der rechtlichen Grundlagen im Bereich des Baurechts. Als ersten Schritt ist es uns jetzt gelungen, die Weisungssammlung der Wiener Baubehörde im Wege eines Zugangs zur Online-Datenbank der MA 37 für alle Ziviltechniker(innen) zu öffnen. Wir er-

achten das als einen wesentlichen Beitrag zu einer Effizienzsteigerung im Bauverfahren und letztlich einer Steigerung der Planungsqualität insgesamt. Weiterführende Informationen finden Sie auf Seite 14. Auch über die Frage der Anforderungen der Baubehörde an die Einreichplanungen haben wir mit den Vertretern der Wiener Baubehörde eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet. Ziel ist es, den schleichend verlangten und nicht bezahlten Mehrleistungen einen Riegel vorzuschieben und im Konsens mit der Baubehörde akzeptable Standards zu entwickeln. Ein letzter Satz: Mit der Überleitung der WE in das FSVG sind wir auf gutem Wege. Das Gesetz ist in Begutachtung, soll im Oktober im Ministerrat und noch im November vom Parlament beschlossen werden. Mehr dazu im Jahresbericht, der Mitte November erscheint. Mit kollegialen Grüßen Ihr — Walter Stelzhammer Präsident — —

Sektion Architekten

Für eine bessere Vertretung der Architektinnen und Architekten DDI Herbert Ablinger — Vorsitzender Sektion Architekten — — Wettbewerbe Baukultur Verträge Honorare STEP 2014 Wissenstransfer Behörden Normen und Wohlfahrtseinrichtungen

— In den letzten Monaten haben wir viele Initiativen vorangetrieben. In jedem einzelnen Thema stecken große Herausforderungen, und je mehr Einblicke sich auftun, desto mehr erkenne ich, dass es gut wäre, unsere „Ehrenamtlichkeit“ auf neue Beine zu stellen und die Berufsvertretung längerfristig professioneller zu betreiben. Jetzt bleibt es eher dem Zufall überlassen, ob „Idealismus“ zu Lasten Einzelner oder „Vereinsmeierei“ und „Hobbywesen“ bei uns ehrenamtlichen Funktionären dominieren und ob das Zusammenspiel zwischen den zahlreichen Akteuren funktioniert. Wir befinden uns hinsichtlich des Zusammenspieles offensichtlich in einer „Glücksphase“, bei der ich aber die Frage stelle, ob hunderte jährliche Arbeitsstunden manch einsatzfreudigem Funktionär/einsatzfreudiger Funktionärin zugemutet werden sollen (in meinem Fall sind es jährlich über 800 Stunden). Ein heikles Thema – und ich möchte dies auf breiter Ebene diskutiert wissen, damit Missverständnisse ausgeräumt werden können und schließlich eine breite Entscheidungsbasis (für oder wider eine finanzielle Anerkennung dieser Tätigkeit) entsteht. Angesichts einer sehr überschaubaren Anzahl angestellter Mitarbeiter in der Berufsvertretung und aus meiner Sicht zu vieler „ehrenamtlicher“ Funktionäre grenzt es an ein Wunder, dass wir einerseits wahrgenommen, respektiert, geschätzt und ernst genommen werden und somit andererseits unseren Argumenten nun in vielen Bereichen Folge geleistet wird. Wettbewerbe

Weiterführende Informationen: — Mustervertrag, Normenwesen www.wien.arching.at Wettbewerbe www.architekturwettbewerb.at HIA Stundensatzermittlung (Excel u. a.) www.arching.at

Eine Menge Wettbewerbe, Verhandlungsverfahren und manchmal nur Anfragen dazu wurden betreut. Wichtige Initiativen sind begonnen, wir treten an Gemeinden heran, damit mehr qualitätsorientierte Planungsvergaben stattfinden. Wir stehen auch kurz davor, Anfragen betreffend Zuladungen an kleinen, geladenen Wettbewerben bedienen zu können.

Wettbewerbe und Baukultur Über die „klimatischen“ und inhaltlichen Verbesserungen in Niederösterreich brauche ich hier nicht zu berichten, Sie finden mehr dazu im Bericht von Walter Stelzhammer. Unsere Verträge Gemeinsam lässt sich manch fataler Passus zum Besseren lösen, deshalb bemühen wir uns um Musterverträge mit den „großen“ Auftraggebern. Einen Musterwerkvertrag finden Sie auf der Website der Länderkammer zum Download. Unsere Honorarsituation — HIA Wohl das nächste große Thema, wenn die WE gelöst sein werden. Wir wollen einfache Texte und Tools zur Honorarberechnung zur Verfügung stellen, siehe z. B. die recht einfache Excel-Lösung zur Ermittlung des Stundensatzes auf der Website der Bundeskammer. STEP 2014 Anfang September fand der Startschuss für den STEP 2014 statt. Die Kammer ist eingeladen, aktiv an diesem Prozess mitzuarbeiten. Wissenstransfer Weisungssammlung der Stadt Wien Der neue Datenbankzugang zur Weisungssammlung der Wiener Baubehörde stellt für mich einen Meilenstein dar. Entsprechendes Engagement vorausgesetzt, können wir nun „auf Augenhöhe“ mit der Baubehörde Wissen generieren, Bauverfahren effizienter gestalten und zukünftig zum echten Wissensaustausch zwischen Baubehörde und Architekt(in) beitragen. Ich danke Thomas Hoppe und Peter Bauer, die hier viel Zeit investiert haben.

und belasten damit wesentlich die Kostensituation unserer Büros. Eine Arbeitsgruppe zwischen Baubehörde und der Kammer soll hier Abhilfe schaffen. Normen(un)wesen Viele Kolleg(inn)en stöhnen unter zu vielen, zu unübersichtlichen, teilweise widersinnigen Normen. Um hier Verbesserungen zu initiieren, braucht es Ihre aktive Mitarbeit: Platzieren Sie Ihre Anregungen oder Verbesserungsvorschläge zum Arch+Ing Normenpaket, insbesondere zu konkreten Normen, im Diskussionsforum der Länderkammer-Website. WE — Pensionsversicherung Wir stehen nun hoffentlich kurz davor, den größten Erfolg der letzten Jahrzehnte zu erreichen: Die Frist zur Stellungnahme zum Bundesgesetz, mit dem die Überführung der WE (Wohlfahrtseinrichtungen) in das FSVG geregelt wird, lief am 3. Oktober 2012 ab. Viele wichtige Details sind noch im Fluss. Detaillierte Informationen sind erst dann sinnvoll, wenn mit weiteren Änderungen nicht mehr zu rechnen ist. Unsere Unterschriftenaktion hält derzeit bei einem Stand von zirka 4.000 Unterschriften. Sammeln Sie weiter! Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass Arch+Ing im Gegensatz zu früheren Zeiten nun verstärkt als qualitätsorientierte Berufsvertretung wahrgenommen wird, bitte senden Sie mir Ihre Meinung (herbert.ablinger@arching.at). — Herbert Ablinger Vorsitzender Sektion Architekten — —

Behörden Die Anforderungen z. B. an die Einreichplanung sind in den letzten Jahren stark gestiegen

GENDER Ausschließlich der besseren Lesbarkeit halber wird in manchen Texten und Überschriften bei Personen- und Berufsbezeichnungen auf ein Nebeneinander weiblicher und männlicher Formen zugunsten der alleinigen männlichen Form verzichtet. Selbstverständlich beziehen sich sämtliche Texte der Ausgabe von „derPlan“ sowohl auf weibliche als auch auf männliche Vertreter der jeweiligen Berufsgruppen. IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, A-1040 Wien, Karlsgasse 9, wien.arching.at Art Direction: Christian Sulzenbacher Konzeption und Redaktion: Brigitte Groihofer, Redaktionsbeirat: Marlies Breuss – Sektion Architekten, Peter Resch – Sektion Ingenieurkonsulenten Mitarbeiter Text: Herbert Ablinger, Peter Artmann, Peter Bauer, Tom Cervinka, Sophie Dillinger, Christian Fink, Horst Fössl, Karl Grün, Horst Häckel, Thomas Hrdinka, Sandro Huber, Erich Kern, Christian Klausner, Christine Lohwasser, Christoph Mayrhofer, Maik Novotny, Hans Polly, Gertrud Purdeller, Gerfried Sperl, Hans Staudinger, Christoph Tanzer, Ausschuss Wissenstransfer Lektorat: Hans Fleißner Druck: Landesverlag Druckservice GmbH, 4602 Wels, Auflage: 5.000 Stück


THEMA —— 3

Illustration: PM Hoffmann

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Unternehmensgründung

Die Härte des Marktes schwächt die Qualität — Jedes Jahr lassen sich rund 100 Absolventen und Absolventinnen nach erfolgreicher Ziviltechnikerprüfung vereidigen. Von diesen starten rund zwei Drittel ein Unternehmen. Zum Zeitpunkt der Gründung sind sie laut Kammerstatistik zwischen 30 und 40 Jahre alt, haben also alle etliche Jahre Praxis in anderen Unternehmen absolviert und entsprechend Knowhow erworben. Die Beweggründe für den Schritt in das Unternehmertum sind vielfältig. Unter den Gründern gibt es Einzelkämpfer, Miniteams, Gesellschaften, Partnerschaften oder Unternehmensnachfolger. Der Plan hat nun vier Jungunternehmer eingeladen, ihre Erfahrungen und gegebenenfalls Probleme zu diskutieren bzw. zu erzählen, ob ihre Erwartungen mit der Realität übereinstimmen. Im Gespräch hat sich gezeigt, dass alle wohlüberlegt, bestens vorbereitet, mit einem vorweg aufgebauten Netzwerk oder konkreten Projekten diesen Schritt setzten. Wenngleich der Weg im Endeffekt härter als gedacht war.

Sowohl bei Architekten als auch bei Ingenieurkonsulenten ist der Auslöser für den Schritt ins Unternehmertum häufig der Wunsch nach Teilnahme bei Wettbewerben oder Ausschreibungen und der damit verbundenen Notwendigkeit der aufrechten Befugnis dazu. Architektin Gisela Mayr und Raumplanerin Birgit Nadler beklagen beide die oft total überzogenen Referenzanforderungen, die den Jungen einen Einstieg häufig erschweren. Angesichts der Härte des Marktes zeigt sich eine gewisse Ernüchterung über die Dominanz des Preises gegenüber Qualität. Gisela Mayr würde sich ein System wie in Deutschland wünschen, wo es Pools gibt und bei öffentlichen Ausschreibungen Teilprojekte verpflichtend an Jungarchitekten vergeben werden müssen. Beklagt wurde zum Teil auch, dass im Studium betriebswirtschaftliche Komponenten so gut wie nicht vorkommen. Steuerberater Christian Klausner bemerkt, dass Jungunternehmer in den ersten drei Jahren oft zu geringe Rücklagen bilden und danach die Steuernachzahlungen nicht leisten können. Jedoch nicht nur beim wirtschaftlichen und operativen Part, der Betriebs- und Mitarbeiterführung gibt es Defizite in der Ausbildung, selbst im Fachbereich vermisst man eine praxisnahe Ausbildung. Architekt Claus Pröglhöf würde sich ein begleitendes Mentoring in der Praxiszeit wünschen. Nicht so bewusst ist vielen während der Studienzeit, dass nur im Lehrplan veranker-

Ziviltechniker Ziviltechnikerinnen Newcomer 2011

Summe

Damit der Einstieg in den Beruf leichter fällt, wären in der Ausbildung Fächer wie Betriebswirtschaft und Führungstechnik sinnvoll.

Vereidigt 2011

76

20

96

Zur Zeit aufrecht

48

12

60

Zur Zeit ruhend

28

8

36

GmbH

18

4

22

OEG

2

2

AG

1

1

Gesellschafter bei:

KEG

1

1

2 GmbHs

1

1

1

1

31 bis 35

13

13

36 bis 40

21

12

41 bis 45

27

8

46 bis 50

10

1 GmbH und 1 KEG Alter

33 35 10

51 bis 55

4

4

älter als 55 Jahre

1

1

te und definierte Wissensgebiete später befugnisrelevant sind und angeboten werden dürfen. Dies scheint in der heutigen Zeit, in der die technische Entwicklung rasant voranschreitet und man in zehn Jahren vermutlich ganz andere Skills brauchen wird absolut antiquiert. Denn das Berufsrecht der Ziviltechniker erkennt nach dem Studium absolvierte Ausbildungen nicht an. Das heißt in der Praxis: Hat ein Techniker vor 20 Jahren ein bestimmtes Fach nicht im Studienplan gehabt, weil es dieses damals noch gar nicht gab, darf er es später – selbst wenn er das Fach nachweislich in Kursen erlernt und Zertifikate erworben hat – nicht anbieten. Er müsste gegebenenfalls ein neues Studium absolvieren. Hier wäre eine gesetzliche Änderung wünschenswert. Insgesamt überwiegt bei allen Gesprächsteilnehmern das Positive. Sie schätzen den freien Berufsstand und finden, dass das Image der Architekten und Zivilingenieure in der Gesellschaft sehr hoch ist. Trotz schwieriger ökonomischer Rahmenbedingungen versuchen sie, so Architekt Pröglhöf ,„mit Qualität zu punkten“. — Brigitte Groihofer Gerfried Sperl — —


THEMA —— 4 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Unternehmensgründung

Gut vorbereitet und wohlüberlegt in die Unternehmensgründung Architekt DI Dr. Claus Pröglhöf

Dr. Gerfried Sperl

Mag. Christian Klausner

— Studium Raumplanung und Raumordnung an der TU Wien im Jahr 2003 abgeschlossen, 2006 Absolvierung der Ziviltechnikerprüfung, seit April 2011 eingetragene Mediatorin in der Liste der Mediator(inn)en nach § 8 Zivilrechts-MediationsGesetz im Bundesministerium für Justiz, seit 2003 Projektleiterin bei nast consulting ZT GmbH, designierte Gesellschafterin und Geschäftsführerin, Schwerpunkte: Projekte in der Verkehrstelematik, Verkehrssicherheitsuntersuchungen, Rad- und Fußgängerverkehrsplanungen, Forschungen www.nast.at — —

— Geboren 1974, studierte an der TU Wien Architektur und war bis Februar 2011 Assistent an der Abteilung Bauphysik und Bauökologie (Leiter: Univ.-Prof. Dr. A. Mahdavi). Forschungsschwerpunkte sind u. a. Nutzerverhalten, thermischer Komfort, natürliche Lüftung, alternative Energien und Post Occupancy Evaluations. Im Oktober 2011 gründete er die architecture and beyond ZT GmbH mit Sitz in Traismauer/NÖ und Zweigstelle in Grein/OÖ. www.arandbe.at — —

— Moderation Der Journalist und Buchautor war von 1992 bis 2007 Chefredakteur der Tageszeitung „Der Standard“. Er interessiert sich seit seiner Studienzeit in Graz für Architektur und hat zwei Bücher mit Interviews österreichischer Architekten verfasst. — —

— Geschäftsführender Gesellschafter der HFP Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. Er ist studierter Betriebswirt, seit 1988 Steuerberater und seit 1995 Wirtschaftsprüfer. Die Beratung von Freiberuflern sowie die Branchen Bauträger und Baugewerbe gehören zu seinen Spezialgebieten. www.hfp.at — —

Fotos: Katharina Gossow

DI Birgit Nadler

DI (FH) Herfried Urbani

Christoph Tanzer

Architektin DI Gisela Mayr

— Absolvent des FH-Studiengangs für Gebäudetechnik in Pinkafeld 1999. Seitdem mehrjährige leitende Tätigkeiten in Planung, Ausführung und Beratung in der HKLS-Branche. Seit der Selbständigkeit 2011 einerseits mit dem Schwerpunkt integraler Konzepte vorwiegend planend und beratend tätig, andererseits aber auch als allgemein beeideter und zertifizierter Sachverständiger im Gutachtenwesen als Teil der Justiz. www.urbani-zt.at — —

— Jurist, Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland. christoph.tanzer@arching.at — —

— Geboren 1979 in Haag a. H., 1998 bis 2003 Architekturstudium an der TU Wien, 2003 bis 2006 Mitarbeit in kleineren Wiener Architekturbüros, 2006 bis 2011 Projektleitung bei Caramel Architekten für Sciencepark Linz, 2010 Gründung des Architekturbüros HEIMSPIEL architektur gemeinsam mit Architektin Julia Stoffregen, 2010 aufrechte Befugnis als Ziviltechnikerin, 2012 externe Betreuerin Institut für Städtebau (TU Wien) www.heimspiel-architektur.at — —


THEMA —— 5 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Einzelkämpfer, Miniteams, Gesellschaften, Partnerschaften, Unternehmensnachfolge: So unterschiedlich die Unternehmensformen sind, so mannigfaltig sind auch die Beweggründe für den Schritt in die Selbständigkeit. Vier Jungunternehmer(innen) diskutieren. derPlan:

Wir haben Sie als Newcomer zum Thema Newcomer eingeladen, damit unsere Leserschaft aus erster Hand erfährt, was dabei „Thema“ ist. Würden Sie zunächst Ihren beruflichen Hintergrund für unsere Leser darstellen und die Projekte nennen, an denen Sie gerade arbeiten? Herfried Urbani:

Ich bin seit 15 Monaten Ingenieurkonsulent für Gebäudetechnik. Mittlerweile wird dieser Bereich für Architekten meist von Technischen Büros abgedeckt. Da ich Absolvent der Fachhochschule in Pinkafeld bin (1999) und anschließend als Angestellter in einem Planungsbüro tätig war, habe ich mich für diesen Bereich entschieden. Ich bin dann nach einem Abstecher in der Kältetechnik in die Industrie gewechselt und habe dort die Kontaktpflege zu Architekten und Bauingenieurkonsulenten betreut. Dabei habe ich versucht, möglichst viel von meinem Know-how weiterzugeben. Schließlich habe ich mich kurzfristig entschlossen, in die Selbständigkeit zu wechseln, obwohl das ursprünglich nie meine Absicht gewesen war. Vom Aufgabenbereich her versuche ich auf zwei etwa gleich großen Standbeinen zu stehen. Einerseits ist dies der klassische Gebäudetechnikbereich – Heizung, Sanitär, Lüftung, Klima –, andererseits bin ich allgemein gerichtlich beeideter Sachverständiger für die Justiz in meinem Bereich. Birgit Nadler:

Ich habe Raumplanung an der TU Wien studiert und bin 2003 damit fertig geworden. Danach habe ich Teilzeit im Büro meines Vaters im Bereich Verkehrssicherheit gearbeitet. Drei Jahre später habe ich die Ziviltechnikerprüfung abgelegt und bin voll in das Unternehmen meines Vaters eingestiegen. Ich habe zwar die Prüfung abgelegt, nicht aber den Eid, was – streng genommen – für die Verwendung der Bezeichnung Ingenieurkonsulent Voraussetzung ist. Das habe ich vor demnächst zu tun. Dann werden auch noch drei weitere Kollegen in das Unternehmen meines Vaters einsteigen. Ich decke dabei die Bereiche Fußwege- und Fahrradwegeplanung, Verkehrssicherheit sowie den allgemeinen Forschungsbereich in diesem Gebiet ab. Mein Hauptarbeitsgebiet ist Wien. Claus Pröglhöf:

Nach dem Studium der Architektur an der TU Wien war ich sieben Jahre lang Assistent ebendort. Ich habe dann von mir aus gekündigt und mich letzten Oktober selbständig gemacht. Meine Schwerpunkte sind Bauphysik und Bauökologie – insbesondere Steuerungstechnik und Erforschung des Nutzerverhaltens. Ich sehe dabei nicht so sehr die künstlerischen Aspekte des Berufes, sondern eher die praktische Seite. Dieser Bereich ist aktuell sehr gefragt. Gisela Mayr:

Ich habe 2003 an der TU Wien mein Architekturstudium beendet und anschließend in einem kleinen Büro gearbeitet. Dort habe ich vorwiegend Einfamilienhäuser geplant, die ich vom Rohentwurf bis zur Bauaufsicht begleitet habe. Nach zwei Jahren bin ich in ein größeres Büro gewechselt, wo ich fünf Jahre lang Teile des Science-Parks in Linz betreut habe. Vor zwei Jahren habe ich mit einer Kollegin das Büro heimspiel gegründet und die Befugnis aufleben lassen. Wir beteiligen uns an öffentlichen Wettbewerben und haben uns auf Einfamilienhäuser spezialisiert. Trotzdem fühlen wir uns noch „am Start“. Die Aufträge aus den Einfamilienhäusern decken die Bürokosten nicht ganz, und so übernehmen wir von befreundeten Büros den einen oder anderen Auftrag und arbeiten als Lektorinnen an der TU Wien im Bereich Städtebau.

rieren. Mein Unternehmen befindet sich in Zöbern am Wechsel, also im südlichsten Niederösterreich, das vergaß ich zuvor zu erwähnen. Ich selbst habe ein kleines, sehr kostengünstiges Büro in der Gemeinde. Es ist deshalb so günstig, weil die Räume in der Gemeinde sonst leerstehen würden. Eine Arztwohnung ist auch noch vorhanden, die aber derzeit nicht genutzt wird, weil der Gemeindearzt ein eigenes Haus besitzt. Ursprünglich hatte ich ein Home Office, was aber mit steigender Kinderzahl – derzeit sind es vier – immer schwieriger wurde. Jetzt habe ich lediglich 200 Meter bis zum Büro und muss nicht mehr nach Wien.

Christoph Tanzer:

Wir dürfen nicht vergessen, dass erst eine aufrechte aktive Berechtigung die Voraussetzung zur Ausübung dieser Tätigkeit schafft. Das sollten wir nie unberücksichtigt lassen. Daher soll dieser Schritt gut überlegt und durchdacht sein. derPlan:

Heute verlangt man von vielen Selbständigen eine Betonung des Unternehmertums. Welches waren die Hauptschwierigkeiten, mit denen Sie konfrontiert waren? Mayr:

Bei uns war dieser Schritt dann gegeben, als wir uns entschlossen, an Wettbewerben teilzunehmen. Die aktive Berechtigung ist oft eine Voraussetzung, um überhaupt teilnehmen zu dürfen. Das Gleiche gilt für Einreichpläne – auch hier ist eine aktive Berechtigung ein Muss. Nadler:

Bei uns war es ähnlich. Auch wir haben gewartet, bis wir die Berechtigung wirklich gebraucht haben. Mein Vater hat die Berechtigung für Bauingenieurwesen, und da wir uns entschlossen haben, mehr in die Raumplanung zu gehen, haben wir auch meine Berechtigung eingesetzt. Mayr:

Wir hatten auch geplant, beide Berechtigungen einzusetzen; da das Büro aber noch nicht so viel abwirft, haben wir beschlossen, einstweilen mit einer Berechtigung zu arbeiten. derPlan:

Von welchen Geldbeträgen sprechen wir hier? Tanzer:

Als ich zur Kammer gekommen bin, da hat man den neuen Mitgliedern gleich einmal zirka 18.000 Schilling (knapp 1300 Euro) als Eintragungsgebühr vorgeschrieben. Der eigentliche Kammerbeitrag setzt sich heute aus einer einmaligen Eintragungsgebühr von 100 Euro und einem jährlichen Beitrag von 240 Euro im ersten bzw. 370 Euro im zweiten Berufsjahr zusammen. Man versucht hier den neuen Mitgliedern entgegenzukommen, indem die jährlichen Beiträge niedriger vorgeschrieben werden. Diese Beiträge stellen meist nicht das Problem dar. Eher sind es die Beiträge zur Pensionsversicherung, die schwieriger aufzubringen sind. Urbani:

Bei mir war es etwas anders. Ich habe die Vorbereitungen zur Kammerprüfung während meines Urlaubs im Angestelltenverhältnis gemacht, um eine weitere Option für die Zukunft zu haben. Die Prüfung und der Eid stellten daher für mich insofern keine Hürde dar, als ich sie für meinen kurzfristigen Entschluss, selbständig zu werden, gebraucht habe. Normalerweise müsste man schon eineinhalb bis zwei Jahre als Vorbereitung zur Prüfung rechnen.

Mayr:

„Heute muss ich sagen, dass die Vorstellung, die ich von meinem Beruf während des Studiums hatte, schon divergiert. So zählt heute etwa bei Ausschreibungen nicht so sehr die Qualität, sondern ausschließlich der Preis. Man muss also stets mit einem niedrigen Preis in die Ausschreibung gehen, um überhaupt einen Auftrag zu erhalten.“ Birgit Nadler — —

derPlan:

Ist es schwer, in Wien ein passendes Büro zu finden? Mayr:

Wir haben relativ rasch ein passendes, wenngleich kleines Gassenlokal in der Burggasse gefunden. Und – es ist spartanisch und doch recht fesch eingerichtet. Christian Klausner:

Oft steht auch die Wahl der geeigneten Rechtsform – ob Einzelunternehmung, Offene Handelsgesellschaft oder Kapitalgesellschaft in Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung – am Anfang. Nadler:

Ich werde mit zwei weiteren Gesellschaftern in die GmbH meines Vaters einsteigen. Derzeit ist er Alleingesellschafter. Urbani:

Ursprünglich hatte ich geplant, mit einem Technischen Büro ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. Das war aber so kompliziert, dass wir als zwei Einzelunternehmen aufgestellt sind, aber partnerschaftlich koope-

derPlan:

Gibt die EU hier Restriktionen vor? Tanzer:

Grundsätzlich gibt die EU Freiheiten vor, und ich kann mich mit einer deutschen Berechtigung auch in Österreich niederlassen. Allerdings gibt es dabei auch ein paar Feinheiten zu berücksichtigen. Dies betrifft speziell den juristischen Bereich, wobei das Wirtschaftsministerium u. a. auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof beachten muss. derPlan:

Sind die Probleme mit anderen EU-Bürgern etwa aus Tschechien, der Slowakei oder Ungarn anders, oder kommt das praktisch noch nicht vor? Tanzer:

„Grundsätzlich gibt die EU Freiheiten vor, und ich kann mich mit einer deutschen Berechtigung auch in Österreich niederlassen. Allerdings gibt es dabei auch ein paar Feinheiten zu berücksichtigen.“ Christoph Tanzer — —

Pröglhöf:

Im Kurs bekommt man die theoretischen Grundlagen gut vermittelt. Was man zusätzlich vorbereitet, hängt stark davon ab, welche Chancen am Markt man nutzen will. Ich glaube, die größte Hürde in diesem Zusammenhang ist der eigene Mut. Schließlich handelt es sich um einen freien Beruf und nicht nur um ein Gewerbe. Die finanziellen Mittel sind schon auch ein wesentlicher Teil für die Unternehmensgründung, denken wir etwa an die Kosten für die Software, die Mieten, die Einrichtung und nicht zuletzt an die Beiträge.

Unser Problem war, dass ich eine deutsche Kollegin habe. Zuerst dachten wir, dass wir mit ihrer deutschen Berechtigung auch bei uns tätig werden können. Dem war aber nicht so. Derzeit sind wir zwei Einzelunternehmerinnen, planen aber, eine gemeinsame Kommanditgesellschaft zu gründen, bei der ich die Komplementärin sein werde.

Etwa 95 Prozent der Bürger, die aus der EU nach Österreich kommen, um den Beruf des Ziviltechnikers auszuüben, kommen aus Deutschland. Architekten können sich ohne Ergänzungsprüfung sofort niederlassen, bei Ingenieuren wird vorab eine Prüfung verlangt. Dennoch sind die Probleme eher praktischer Art. Um eine Bauordnung richtig lesen oder mit einem Baupolizisten verhandeln zu können, muss ich gut Deutsch können. Menschen ohne die notwendige Sprachkenntnis tun sich da verständlicherweise schwer. Klausner:

Bei den steuerrechtlichen Fragestellungen treten häufig Probleme auf, speziell wenn es sich um Unternehmen aus England handelt, die ein gänzlich anderes Rechtssystem haben. Hier bedarf es häufig der Hilfestellung durch Experten. Mayr:

Unser Anliegen war ursprünglich die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens, das sowohl in Deutschland als auch in Österreich gleichzeitig tätig sein kann. Das war aber aus berufsrechtlicher Sicht nicht möglich. Tanzer:

„Das ist für junge Gründungen wirklich ein Problem, da für geladene Wettbewerbe meist die gebaute Referenz Voraussetzung ist. Das ist in Deutschland leichter, wo es dafür Pools gibt. Die bestehen darin, dass Teilprojekte an junge Architekten vergeben werden.“ Gisela Mayr — —

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass sich viele, die dieses übergreifende Vorhaben planen, letztlich für die Variante des freien Berufs und nicht für eine gewerberechtliche Möglichkeit entscheiden. Urbani:

In ganz Österreich gibt es nur drei eingetragene Ziviltechniker, die sich auf Gebäudetechnik spezialisiert haben, sich also für den freien Beruf entschieden haben. Nachwuchs für diesen Bereich zu finden ist insgesamt ein enormes Problem. derPlan:

Wie sind Ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit Steuerbehörden und Sozialversicherungen? Klausner:

Der Start beim Finanzamt ist meist nicht zu schwierig, da dieser Bereich häufig auf einen Steuerberater ausgelagert wird. Da werden einige Formulare ausgefüllt, und der Steuerberater ist den Umgang mit den Problemen seiner Klienten gewohnt. Das ist in der Regel bei Einzelunternehmen undramatisch. Bei Baufirmen, wo es wirklich große Schwindeleien gibt, ist das etwas anderes. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass die Steuerbehörden den Unterschied zwischen einem Bauunternehmen und einem Architekturbüro nicht so genau kennen. Daher kommen sie relativ bald nach der Gründung, um sich davon zu überzeugen, dass es das •


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Büro tatsächlich gibt und auch Menschen dazu, die diese Tätigkeit ausüben. Schwindelfirmen haben in der Regel beides nicht. Mir ist nicht bekannt, dass Zivilingenieure einen besonderen Fokus seitens der Finanz aufweisen. Befindet sich allerdings das Büro im privaten Wohnzimmer, dann kommen sie schon, um sich ein Bild von der Situation zu machen, meist erst nach der ersten Steuererklärung. Meiner Erfahrung nach sind die steuerrechtlichen Probleme bei dieser Berufsgruppe nicht vorrangig. Anders sieht es bei der Pensionsregelung aus. Wenn ich mich für die Möglichkeit des freien Berufs entscheide, dann habe ich auch höhere Beiträge zu entrichten. Der Berufsstand verfügt aber auch über das höhere Image. Was die Krankenversicherung betrifft, so habe ich die Möglichkeit, eine private Zusatzversicherung abzuschließen oder dies über die GSV zu tun. Oft wird auf das Erstellen einer Planrechnung beim Beginn verzichtet oder der Aufwand dafür krass unterschätzt. So unterliegen die Beiträge in den ersten Jahren einer Selbsteinschätzung. Diese fallen erfahrungsgemäß eher pessimistisch aus, und dementsprechend niedrig sind die dazugehörigen Vorauszahlungen. Spätestens nach drei Jahren erfolgt aber die tatsächliche Berechnung, und es drohen akute hohe Nachzahlungen. Gleichzeitig kommt aber auch die höhere Vorauszahlung für das kommende Jahr. Oft verleiten hohe Umsatzzahlen speziell Techniker auch zu hohen Ausgaben. Das führt dazu, dass dann im Bedarfsfall zu wenig bare Mittel vorhanden sind. Eine vorsichtige Einschätzung in den Anfangsjahren bedingt zwangsläufig eine Rücklage, um auf der sicheren Seite zu sein. derPlan:

Bereitet die Ausbildung eigentlich für den Berufseinstieg vor? Hätten Sie da gerne Bereiche behandelt gewusst, die stärker auf das Berufsziel hin ausgerichtet sind? Pröglhöf:

Ich erkenne da schon gewisse Defizite, besonders krass etwa im wirtschaftlichen Bereich. Man gewinnt nicht den Eindruck, dass das, was man in der Uni lernt, in der Praxis einsetzbar ist. Planzeichnen etwa war auf der Uni nie ein großes Thema. Entsprechend ungern werden die Absolventen von den Planungsbüros genommen. Die Mitarbeiter müssen praktisch frisch angelernt werden. Hier wäre ein gewisses Mentoring, etwa in der Praxiszeit, sehr hilfreich.

derPlan:

Viele Eltern versuchen ihre Kinder überhaupt von diesen beruflichen Aspekten fernzuhalten. Nadler:

Das war bei mir nicht der Fall. Allerdings bemerke ich, dass die Änderung schwieriger ist als etwa eine Neugründung. derPlan:

„Seitdem ich selbst im Wettbewerb stehe, habe ich bemerkt, dass die Mitbewerber oft miserable Kaufleute sind, was zu einem desaströsen Preisniveau geführt hat. Wir befinden uns gegenwärtig in einer unvorstellbaren Abwärtsspirale, was sich selbstverständlich auch auf das Qualitätsniveau auswirkt.“ Herfried Urbani — —

Pröglhöf:

Das hat wohl auch damit zu tun, dass sich die Berufsberechtigung an der technischen Ausbildung orientiert. Oft erkennt man während des Studiums noch nicht, welche Bereiche befugnisrelevant sind bzw. manchmal werden. Hier wäre mehr Information manchmal sehr hilfreich, speziell weil manche Bereiche nicht mehr nachholbar sind. Hier gibt es oft unterschiedliche Standpunkte seitens der Kammer und des Ministeriums, speziell im Eisenbahnwesen. Die Kammer ist hier manchmal liberaler und vertritt den Standpunkt der Ergänzbarkeit, das Ministerium ist hier oft restriktiver. Tanzer:

Grundsätzlich müsste die Ansicht von Kammer und Ministerium dieselbe sein, da es sich ja um dasselbe Gesetz handelt. Allerdings divergiert, wie das eben vorkommt, die Interpretation desselben. Ein gutes Beispiel dafür ist das schon zuvor genannte – das, was im Studium gewählt wurde, ist auch später in der Berufsausübung dabei. Das ist der „Kern“ der Berufsberechtigung. Nadler:

Bei mir gab es in betriebswirtschaftlicher Hinsicht überhaupt keine Vorbereitung. Die Kenntnis dieser Strukturen konnte ich mir dankenswerterweise im Büro meines Vaters erwerben. Anders war das im „technischen“ Bereich – da wurde ich gut vorbereitet. Die Übernahme der Strukturen aus dem Büro meines Vaters bedeutet Vor- und Nachteile. Einerseits bestehen die Strukturen, andererseits ist es schwieriger, sie auch zu ändern.

Nadler:

Meine Entscheidung war gut durchgedacht und erschien mir, nach anfänglichem Zögern, auch als die beste Lösung für mich. Nicht zu unterschätzen in diesem Zusammenhang sind die Referenzen, die bei einer Neugründung gänzlich wegfallen würden und die häufig für Auftragsentscheidungen, speziell im öffentlichen Bereich, essentiell sind. Mayr:

Das ist für junge Gründungen wirklich ein Problem, da für geladene Wettbewerbe meist die gebaute Referenz Voraussetzung ist. Das ist in Deutschland leichter, wo es dafür Pools gibt. Die bestehen darin, dass Teilprojekte an junge Architekten vergeben werden. In Österreich können wir da nur an offenen Wettbewerben teilnehmen, wo erfahrungsgemäß sehr viele Bewerber sind. derPlan:

Konnten Sie durch die Kammer jene Hilfestellung bekommen, die Sie erwartet hatten? Pröglhöf:

Für mich war die Hilfestellung seitens der Kammer sehr von Vorteil.

„Ich schätze an meinem Beruf den Status als freien Beruf. Es mag schon immer wieder zu Preisdumping kommen, mein Weg ist das nicht. Ich versuche mit Qualität zu punkten, und in der Regel gelingt mir das auch.“ Claus Pröglhöf — —

Nadler:

Auch ich habe mich wiederholt mit Fragen an die Kammer gewandt und bin gut beraten worden. Urbani:

Für mich waren speziell die juristischen Fragestellungen relevant. Klausner:

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass im ZT-Kurs das Modul Betriebswirtschaft vorhanden ist. Vielleicht, so kann ich aus den Wortmeldungen schließen, ist es zu klein ausgefallen und sollte erweitert werden. Urbani:

Wir sollten nicht vergessen, dass der Kurs äußerst komprimiert ist. Für mich persönlich macht es da jetzt keinen großen Unterschied, ob ich einen oder zwei Tage lang über betriebswirtschaftliche Aspekte ausgebildet werde. Hier sind für mich die guten Unterlagen eine große Hilfe, die ich als Nachschlagewerke verwende. Die komprimierte Form hat auch den Vorteil, dass die Anreise nicht so oft erfolgen muss.

Mayr:

Das kann ich nur unterstreichen. In keinem der genannten Bereiche habe ich eine betriebswirtschaftliche Ausbildung erhalten. Dieses Defizit wäre etwa durch freiwillige Kurse an der Universität behebbar. Das Planzeichnen sehe ich nicht so sehr als Problem, da man das in der Praxis im ersten Jahr ohnehin von der Pike auf neu lernt. Das geht relativ rasch.

Sie sprechen damit auch das Problem der Betriebsnachfolge bzw. -übernahme an.

„So unterliegen die Beiträge in den ersten Jahren einer Selbsteinschätzung. Diese fallen erfahrungsgemäß eher pessimistisch aus, und dementsprechend niedrig sind die Vorauszahlungen. Spätestens nach drei Jahren erfolgt die tatsächliche Berechnung, und es drohen akute hohe Nachzahlungen.“ Christian Klausner — —

derPlan:

So viel Lob über eine gute Performance der Kammer ist, speziell in einer Kammerzeitung, verdächtig. Gibt es nicht auch Kritik, die Sie vielleicht auch innerhalb der Kollegenschaft vernommen haben? Urbani:

Meine Schwierigkeit in diesem Zusammenhang ist, dass quasi meine Konkurrenz, die technischen Büros, in derselben Kammer sind und alleine durch deren Anzahl eine ganz andere Durchsetzungskraft besitzen. So gibt es etwa für jedes Fach einen Spezialisten. Pröglhöf:

Gerade in diesem Bereich versuche ich Vorurteile abzubauen, da die Kritik oft aufgrund mangelnder Information entsteht. Wir sollten nicht vergessen, dass in Österreich generell gerne geschimpft wird und bei näherer Betrachtung sich ohnehin die Hälfte schon auflöst und der Rest auch noch behoben werden kann. Mayr:

Über den Bereich der Wohlfahrt, auch wenn er bald in dieser Form vorbei sein dürfte, bin ich nicht besonders glücklich. Mir scheint, dass die Handlungsstränge bei der Kammer viel restriktiver und starrer sind als bei der SVA, wo ich zuvor versichert war. Da ich dort aufgehört habe, ist beitragsmäßig eine hohe Summe entstanden, die ich aber, für mich steuerlich sinnvoll, in Raten abzahlen konnte. Klausner:

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird das Pensionssystem der Kammer noch heuer in jenes der FSVG übergeleitet werden. derPlan:

Im Moment muss ja auch von den Pensionszahlungen noch Lohnsteuer bezahlt werden.

Klausner:

Das ist aber nicht nur in Österreich so und wird nur bei hohen Einkommen schlagend. Grundsätzlich wird jedes Einkommen in Österreich versteuert. derPlan:

Wenn Sie an Ihre Studienzeit zurückdenken – inwieweit mussten Sie Ihre Ideale, Träume und Vorstellungen von der Berufsausübung in der Realität verändern? Mayr:

Etwa während der Mitte des Studiums entstand in mir der Wunsch, die Tätigkeit einer Architektin als freien Beruf auszuüben. Diesen Wunsch konnte ich mir auch erfüllen. Dass die finanziellen Aspekte eine so große Rolle spielen, wusste ich zuvor nicht, vor allem nicht, dass es dafür eine so lange Vorlaufzeit gibt. Das sehe ich bis zu einem gewissen Maße auch als Vorteil, da ich sonst diesen Schritt vielleicht gar nicht gewagt hätte. Wenn man so sagen will, habe ich den Weg zu meinem Ziel etwas unrealistisch eingeschätzt. Die Freude am Beruf ist mir aber stets geblieben. Nadler:

Heute muss ich sagen, dass die Vorstellung, die ich von meinem Beruf während des Studiums hatte, schon divergiert. So zählt heute etwa bei Ausschreibungen nicht so sehr die Qualität, sondern ausschließlich der Preis. Man muss also stets mit einem niedrigen Preis in die Ausschreibung gehen, um überhaupt einen Auftrag zu erhalten. Das macht mich manchmal sehr wütend. derPlan:

Wie ist das bei den relativ neuen Fachhochschulen? Urbani:

Der gesamte Fakultätsbetrieb war äußerst freundschaftlich aufgebaut. Das hatte sicher auch mit der geringen Größe zu tun. Allerdings hatte ich während des Studiums noch kein klares Berufsbild. Nach und nach fand ich heraus, dass dieser Bereich äußerst interessant und zukunftsträchtig ist. Seitdem ich selbst im Wettbewerb stehe, habe ich bemerkt, dass die Mitbewerber oft miserable Kaufleute sind, was leider zu einem desaströsen Preisniveau geführt hat. Wir befinden uns gegenwärtig in einer unvorstellbaren Abwärtsspirale, was sich selbstverständlich auch auf das Qualitätsniveau auswirkt. derPlan:

Wie sieht das eigentlich mit dem Vorfinanzierungsrisiko aus, also mit der Zeitspanne zwischen Auftragserteilung und tatsächlicher Zahlung? Tanzer:

Viele dieser Ziviltechnikerprojekte erstrecken sich über Monate, wenn nicht Jahre. So kann es schon einige Monate dauern, bis nach bereits erteilter Baubewilligung das erste Geld hereinkommt. Zudem sind Akontozahlungen an Ziviltechnikerbüros äußerst rar. Urbani:

Ich habe mich, um dieser Gefahr vorzubeugen, für ein internes Kostenrechnungsmodell entschieden, das penible Zeitaufzeichnungen beinhaltet. Mit diesem Instrument kann ich dann Teilzahlungen vereinbaren, die in der Regel auch geleistet werden. Bei vielen Büros ist es nach wie vor üblich, dass die Kosten und Honorare erst nach Fertigstellung abgerechnet werden und dann auch noch einige Monate vergehen, bevor überwiesen wird. Dieses Vorgehen ist durchaus Usus. Ich versuche mich davon wegzubewegen. Mayr:

Bei uns sind die Zahlungsmodalitäten Teil der Vertragsverhandlung. Da es sich meist um private Auftraggeber handelt, gibt es hier freundschaftliche Vereinbarungen. Wir versuchen hier nach Leistungsfortschritt abzurechnen – etwa: Einreichung –, bis dahin weiß man, ob man gut miteinander kann oder nicht. Der Rest wird dann in Leistungspakete zerlegt, die in der Regel auch prompt erledigt werden. derPlan:

Früher galt eine Drittelregel – ein Drittel bei Auftragserteilung, ein Drittel bei Baubeginn und der Rest nach Abschluss. Pröglhöf:

Ich schätze an meinem Beruf den Status als freien Beruf. Es mag schon immer wieder zu Preisdumping kommen, mein Weg ist das aber nicht. Ich versuche mit Qualität zu punkten, und in


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der Regel gelingt mir das auch. BWL ist nicht unbedingt, was wir brauchen, ich finde, dass der Bereich der Unternehmensführung viel wichtiger wäre. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Leistungen quartalsmäßig abzurechnen. Das klappt in der Regel auch ganz gut. Tanzer:

Ein Problem mit der Honorargestion ist immer wieder, dass zu Beginn keine eindeutigen Verträge geschlossen werden. Dadurch kommt es in der Folge zu Uneinigkeiten. Der Bauherr ist dann überrascht, dass überhaupt eine Honorarnote kommt. Das Übel ist einfach, dass keine klaren Vereinbarungen von Anfang an getroffen werden. Pröglhöf:

Die Leidensbereitschaft der Kollegenschaft ist da manchmal wirklich beneidenswert. Oft fehlt der Mut, auch „Nein!“ sagen zu können. Manche Bauherren sind da wirklich unverschämt und nutzen das aus. Gut wäre in diesem Zusammenhang ein Businessplan, der die eigenen Stärken sichtbar macht und der etwa alle sechs Monate aktualisiert wird. Dies böte auch einen gewissen Eigenschutz. Wir werden ja sehen, wie es mir damit in zwei bis drei Jahren geht. Klausner:

Das zeigt wieder einmal die Wichtigkeit einer Planrechnung. In ihr werden etwa die Bereiche Steuer und Sozialversicherung auch berücksichtigt. Wenn ich also mit niedrigen Vorauszahlungen beginne, so kann ich davon ausgehen, dass die folgenden Zahlungen dann bereits im Businessplan berücksichtigt sind. Oft ist diese Rechnung auch die Basis für eine Bankenfinanzierung. Wobei dieser Bereich in letzter Zeit immer schwieriger geworden ist, da die Banken kein Risiko mehr tragen wollen. derPlan:

Große Kredite werden heute meist mit politischer Begleitmusik vergeben und gar nicht von den Schalterbeamten betreut. „Too big to fail“ lautete da das Credo. Pröglhöf:

Bei einem Kontokorrentkredit hafte ich stets voll. Trotzdem ist es auch verständlich, dass die Bank etwa ins Grundbuch möchte. Aber auch das ist Verhandlungssache. Klausner:

Vielen Bankern ist heute die persönliche Haftung – das „schöne“ Gesicht – zu wenig. Sie ver-

langen handfeste Sicherheiten. Etwa die Eintragung eines Pfandrechts im Grundbuch. Diese Sicherheiten wirken sich stets auch auf die Kreditkonditionen aus. derPlan:

Wie lässt sich die Familienplanung mit dem freien Beruf vereinbaren? Nadler:

Das ist ein Problem, obwohl ich nicht verheiratet bin und keine Kinder habe. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mehrere Jahre in Karenz gehen werde. Hier ist es von Vorteil, dass es mehrere Partner im Büro gibt. Mayr:

Bei uns ist die Situation doppelt schwierig, da wir zwei Frauen sind. Wir hoffen, dass die Familiengründungen zeitversetzt stattfinden werden und wir teilweise, mit Hilfe unserer Lebensgefährten, von zu Hause aus arbeiten können.

Nadler:

Wir gehen direkt zu unseren potentiellen Auftraggebern und fragen dort an. Weiters nehmen wir an Kongressen teil, die wir zur Eigenwerbung nutzen. Eine Website ergänzt unseren Werbeauftritt. Urbani:

Ich bin nicht ohne Netzwerk in die Selbständigkeit gegangen. Ich bin also schon mit Aufträgen in den freien Beruf gegangen. Meine Homepage beinhaltet nur meine Kontaktdaten, sonst nichts. Von den elektronischen und sozialen Medien halte ich persönlich eher wenig. Die Mundpropaganda halte ich allerdings für essentiell. derPlan:

Spüren Sie auch alle die konjunkturbedingte negative Preisspirale, die mit einer Qualitätsverschlechterung einhergeht?

derPlan:

Klausner:

Wäre es denkbar, dass die Kammer hier ein Beratungsinstrument entwickeln würde? Offensichtlich gibt es das noch nicht. Tanzer:

Dieser Bereich wurde angedacht, und man kam auf die Idee der Ersatzkräfte, wie es sie etwa in der Landwirtschaft auch gibt. Die große Schwierigkeit dabei ist, dass die Kenntnis der konkreten Gegebenheiten schwer „übertragbar“ ist. Daher wurde der Gedanke auch nicht weiterverfolgt. derPlan:

Was machen Sie werbetechnisch, um am Markt überhaupt wahrgenommen zu werden? Pröglhöf:

Der ursprüngliche Plan war, eine Tafel hinauszustellen und einen Webauftritt vorzubereiten. Heute zögere ich mit der Freischaltung, da ich so viele andere Bereiche abzuarbeiten habe. Dadurch ist diese Frage im Moment kein Thema für mich. Mayr:

Wir haben eine Homepage eingerichtet und sind über Facebook vernetzt. Außerdem haben wir die Möglichkeit einer Schaufenstergestaltung, da wir unser Büro in einem Gassenlokal haben. Hier gibt es auch Ausstellungsflächen, was doch den einen oder anderen Passanten dazu einlädt, hereinzukommen. Ansonsten setzen wir auf Mundpropaganda und auf die Teilnahme an Wettbewerben.

Ich kann nicht sagen, dass sich das in der Branchenbeobachtung meiner Klienten bestätigt. Mir kommt eher vor, dass jeder seine Marktnische sucht und dort relativ erfolgreich unterwegs ist. Die Problematik beim Mitmachen an Dumping ist, dass die eigenen Kosten spätestens nach ein bis zwei Jahren nicht mehr aufgebracht werden können. derPlan:

Eigentlich sollte man gegen diese Entwicklungen vernünftigen und leistbaren Widerstand aufbringen. Das wird aber sicher nicht alltäglich möglich sein. Letztlich beinhaltet es auch das Risiko, dadurch den Auftrag nicht zu bekommen, wenn man sich quasi „auf die Füße“ stellt. Pröglhöf:

Letztlich hat ja der Kunde auch nichts davon, wenn es nur noch Dumpingangebote gibt. Was bringt es ihm, wenn er ein günstiges Angebot hat, der Auftragnehmer aber in die Insolvenz schlittert? Hier geht es um einen partnerschaftlichen Vertrag, wo ein fairer Preis bezahlt wird, der beide Seiten zufriedenstellt. Auch Förderungen, abgesehen vom AWS, sind in diesem Bereich praktisch nicht vorhanden. — Moderation: Gerfried Sperl — —

Einladung

Einladung

der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland gemäß § 11 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, BGBl Nr. 157/1994, zur

der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland gemäß § 14 (2) des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, BGBl. Nr. 157/1994, zum

Kammervollversammlung 2012

Sektionstag der Ingenieurkonsulenten 2012

Zeit: Dienstag, 27. November 2012, 16.30 Uhr Ort: Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien

Zeit: Dienstag, 27. November 2012, 14.00 bis 15.30 Uhr Ort: Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien

Tagesordnung 1. Genehmigung des Beschlussprotokolls der Kammervollversammlung vom 24.11.2011* 2. Bericht des Präsidenten 3. Rechnungsabschluss 2011 a) Rechnungsabschluss und Rechnungsprüfungsbericht 2011* b) Wahl der Rechnungsprüfer 4. Jahresvoranschlag 2013 a) Jahresvoranschlag 2013 b) Umlagenbeschluss 2013 5. Anträge gemäß § 1 i. V. m. § 23 (3) der Geschäftsordnung**

Tagesordnung 1. Begrüßung und Feststellen der Beschlussfähigkeit durch den Vorsitzenden Ingenieurkonsulenten 2. Genehmigung des Beschlussprotokolls des Sektionstags vom 24. November 2011 (liegt in der Kammerdirektion zur Einsicht auf) 3. Österreichweite Arch+Ing Bildungs- und Dienstleistungsges.m.b.H. 4. Nominierung Rechnungsprüfer/Rechnungsprüferin 5. Berichte aus dem Vorstand Ingenieurkonsulenten 6. Anträge gemäß § 1 i. V. m. § 23 (3) der Geschäftsordnung Selbständige Anträge müssen bis spätestens Dienstag, 20. November 2012, 12.00 Uhr, in der Kammerdirektion schriftlich eingelangt sein. Zu selbständigen Anträgen hat der oder einer der Antragsteller persönlich in der Sitzung zu sprechen. Andernfalls gilt der Antrag als zurückgezogen. 7. Allfälliges

18.00 Uhr: Grußadresse des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer ab zirka 18.30 Uhr: Buffet

Der Sektionstag ist gemäß § 14 Abs. 3 des Ziviltechnikerkammergesetzes i. d. g. F. 1993, BGBl. Nr. 157/1994, ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlussfähig.

Auf Ihr Kommen freut sich 15.30 bis 16.30 Uhr: Kaffeepause, Möglichkeit zur Besichtigung der aktuellen Ausstellung Architekt Mag. arch. Walter Stelzhammer Präsident * Das Beschlussprotokoll sowie der detaillierte Wirtschaftsprüfungsbericht liegen in der Kammerdirektion zur Einsichtnahme auf. ** Selbständige Anträge müssen bis spätestens Dienstag, 20.11.2012, 12.00 Uhr, in der Kammerdirektion schriftlich eingelangt sein. Zu selbständigen Anträgen hat der oder einer der Antragsteller persönlich in der Sitzung zu sprechen. Andernfalls gilt der Antrag als zurückgezogen. Die Kammervollversammlung ist gemäß § 11 Abs. 3 des Ziviltechnikerkammergesetzes 1993, BGBl. Nr. 157/1994, ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlussfähig.

16.30 Uhr: Kammervollversammlung Auf Ihr Kommen freut sich BR h. c. DI Hans Polly Vorsitzender Ingenieurkonsulenten

Der Sektionstag der Architekten wird im Frühjahr 2013 stattfinden. Der Termin wird gesondert bekannt gegeben.


FRITZ-LEONHARDT-PREIS 2012 —— 8 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Ich freue mich, dass dieser bedeutende Preis an einen Wiener Ingenieur, an Alfred Pauser, verliehen wird. Als Architekt sage ich, Alfred Pauser ist ein Ingenieur im besten Sinne. Einer, der die Konstruktion versteht, der scheinbar Gesetzmäßigkeiten der Physik überwinden kann, der in jedem Fall Form und Funktion symbiotisch zu vereinigen vermag. Alfred Pauser hat mit seinen Brücken das Wiener Stadtbild ganz maßgeblich mitgeprägt. Schönheit und Eleganz seiner Brücken sind immer integrierende Bestandteile ihres konstruktiven Konzepts, nie sind sie bloß appliziert. Dank seiner breiten Kennt-

Laudatio auf den Preisträger von Stephan Engelsmann

— Der Arbeitskreis Fritz-Leonhardt-Preis hat für das Jahr 2012 den österreichischen Bauingenieur Prof. Baurat h. c. Diplom-Ingenieur Dr. Alfred Pauser als Preisträger auserwählt und ich beginne die Laudatio mit einem Zitat: „Es wird Sie vielleicht befremden, zu hören, dass ein Ingenieur, und noch dazu einer von der streng mathematischen Observanz der Brückenbauer, sich den Luxus ästhetischer Anschauungen gestattet.“ Dieser Satz von Alfred Pauser verbindet in einer sehr unmittelbaren Form die Ingenieurwissenschaften mit der Gestaltung, eine Verbindung, die nicht für alle selbstverständlich ist. Sie erlauben, dass ich Alfred Pausers Bemerkung durch zwei weitere Zitate ergänze. Der Architekt Le Corbusier schreibt in einer seiner bedeutendsten Publikationen den bemerkenswerten Satz: „Der Ingenieur, beraten durch das Gesetz der Sparsamkeit und geleitet durch Berechnungen, versetzt uns in Einklang mit den Gesetzen des Universums. Er erreicht die Harmonie.“ Jörg Schlaich, Stuttgarter Ingenieur und Fritz-Leonhardt-Preisträger im Jahr 2002, sagt: „Form und Konstruktion gehören zusammen wie die Flüssigkeit und das Gefäß, die Musik und der Takt, der Tanz und der Rhythmus.“ Alfred Pauser war seit 1964 als Zivilingenieur tätig, seit dem Jahr 1979 leitet er das Büro in Partnerschaft mit Karl Beschorner, Peter Biberschick und Hans Klenovec. Ich gestatte mir an dieser Stelle die Bemerkung, dass es sich bei der österreichischen Bezeichnung Zivilingenieur um einen sehr zutreffenden Begriff handelt, denn es wird so unmittelbar deutlich, dass Bauingenieure die Grundlagen der Zivilisation schaffen. Pauser weiß, dass Kreativität in bestimmten Bereichen untrennbar mit Technologie verbunden ist. Er ist dem Neuen gegenüber aufgeschlossen, erprobt neuartige Konstruktionen, beispielsweise führte er die Spannbetonbauweise im lange von den Russen besetzten Osten Österreichs ein. In dieser Zeit bestand übrigens – und hier erlaube ich mir eine kleine Brücke nach Stuttgart zu schlagen – ein enger Kontakt zwischen Fritz Leonhardt und Alfred Pauser. Fritz Leonhardt wurde zum Mentor Alfred Pausers. Alfred Pauser sagt, dass er später – also nach vielen Jahren der Bekanntschaft, in denen Fritz Leonhardt ihn bei zahlreichen Entwürfen kritisch und feinfühlig zugleich beraten habe – Fritz Leonhardt sogar auch seine Meinung habe sagen dürfen, obwohl dieser mit seiner eigenen immer sehr zufrieden war. Alfred Pauser besitzt aber nicht nur die Fähigkeit zur Innovation, sondern auch den Mut zur außergewöhnlichen Form. Er macht deutlich, dass der Ingenieur, so er will, auch im Gestaltungsprozess eine herausragende Rolle einnehmen kann. Er spricht davon, dass das Formgefühl an ein statisch-konstruktives Gefühl gebunden sein muss. Die einfache, klare Form ohne überflüssige Applikationen, dies ist sein Ideal. Er bezeichnet Entwicklungen im Brückenbau aus diesem Grund und im Unterschied zu den nicht selten zeitgeistigen Formen der Geschossbauten als stilfrei. Er zeigt uns mit seinen Projekten, dass es sehr reizvoll ist, an den Punkt zu gelangen, an dem Technik und Kunst eine Einheit bilden. Von der Komposition zum Detail sorgfältig und mit dem Anspruch einer ganzheitlichen Qualität gestaltet, werden Ingenieurbauten in diesem Fall zu Ingenieurbaukunst. „Der In-

Am 14. Juli 2012 fand in der Staatsgalerie Stuttgart im Rahmen eines feierlichen Festaktes die Überreichung des FritzLeonhardt-Preises 2012 an Univ.-Prof. DI Dr. techn. Alfred Pauser statt. Mit diesem Preis würdigt die Ingenieurkammer BadenWürttemberg gemeinsam mit dem Verband Beratender Ingenieure seit 1999 alle drei Jahre eine herausragende Ingenieurpersönlichkeit, deren Werk in besonderer Weise Form, Funktion und Ästhetik der Ingenieurbaukunst in sich vereint. Die abgedruckte Laudatio möge die internationale Anerkennung des Geehrten dokumentieren, die Dankesrede spiegelt seinen lebenslangen Einsatz für Ästhetik und Formgefühl als unverzichtbare Elemente innovativer Bauingenieurkunst wider. — DI Hans Polly Vorsitzender Sektion Ingenieurkonsulenten

Die Erdberger Brücke, ein Pionierwerk österreichischer Ingenieurkunst, wird hoffentlich unter Denkmalschutz gestellt

Die 91,39 Meter lange und 26 Meter breite Rossauerbrücke wird an beiden Uferseiten von je vier Pfeilern in Form einer auf dem Kopf stehenden Pyramide getragen

genieurbau ist die Kunstform, die parallel zu und trotzdem unabhängig von der Architektur und der Bildhauerei besteht“, so formuliert es der amerikanische Ingenieurhistoriker David Billington. Es ist aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit, dass ein Ingenieurbauwerk zu Ingenieurbaukunst wird. Der entwerfende Ingenieur muss nicht nur in erheblichem Umfange, über ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse verfügen und eine gestaltende Begabung besitzen (oder sich erwerben), sondern er muss auch kreatives Potential haben. Die Kreativität des Ingenieurs ist dabei grundsätzlich anders beschaffen als die Kreativität des Künstlers – ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von der wissensbasierten Kreativität des Ingenieurs. Diese vielfältigen Herausforderungen sind es, die den Beruf des Bauingenieurs so abwechslungsreich und einzigartig machen. Es ist die Magie der Statik, die aus Pausers Projekten spricht. Eine Magie, die sich nicht jedem erschließt, denn sie ist nicht selbsterklärend. „Die Ingenieurkunst ist undankbar, weil man Wissen besitzen muss, um ihre Schönheit zu begreifen“, so umschreibt der russische Ingenieur Wladimir Schuchow dieses Phänomen. Also Ingenieurkunst versus konventionelle Gestaltungsprinzipien? Eine interessante Frage, der wir an anderer Stelle nachgehen müssen. Pausers Werk bereichert die Stadt Wien nicht nur in funktionaler, sondern auch in ästhetischer Hinsicht. Schön und elegant sind seine Brücken! Seine Bauwerke sind mit Hingabe und mit ästhetischer Präzision praktizierte Ingenieurwissenschaft. „Form, Funktion und Herstellung fügen sich laut- und nahtlos ineinander“, so die treffende Charakteristik von Jörg Schlaich zu Pausers Konstruktionen. Dabei empfinden wir heute einen Teil der von Pauser geschaffenen Bauwerksformen gar nicht als spektakulär, sondern im Gegenteil als sehr vertraut. Vermutlich deshalb, weil sie mindestens in Teilen Eingang gefunden haben in eine übergeordnete Formensprache des Brückenbaus. Nun zu einem weiteren bedeutsamen Teil von Alfred Pausers Lebenswerk, zum Hochschullehrer Pauser. Er ist Ordinarius an der Technischen Universität Wien– nicht für Brückenbau, sondern für Hochbau – und unterrichtete eine Generation von Bauingenieuren. Alfred Pauser führt in dieser Zeit eine vorbildliche Lehrveranstaltung, Konstruktion und Form, ein, in der Bauingenieure und Architekten gemeinsam entwerfen. Er hat sich bemüht, die Studierenden des Bauingenieurwesens zu befreien von der einseitigen Überbetonung von mathematisch-ingenieurwissenschaftlichen Lehrinhalten und sie stattdessen hinzuführen zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise unter Integration von gestalterischen und konstruktiven Aspekten. Nur so kann eine zukunftsfähige universitäre Ausbildung für Bauingenieure aussehen, denn eine ganzheitliche Ausbildung im Entwerfen ist für Bauingenieure nicht verzichtbar. Pauser betont die gestalterische, die ingenieurwissenschaftliche, die ökonomische und die kulturelle Verantwortung des Bauingenieurs. Er wirbt um ein Verständnis der Geisteswissenschaften mit den Worten: „Kultur kann nämlich kein von der Zivilisation unabhängiges Eigenleben führen, und Technik ist die Grundlage jeder Zivilisation“. Es sind diese essentiellen und im Grunde genommen nicht komplexen Aspekte und Zusammenhänge, die er kurz und treffend zu formulieren weiß.

Der Forscher Pauser beschäftigte sich mit grundsätzlichen statischen Fragen und Detailproblemen gleichermaßen. Er arbeitete mit in zahlreichen Normenausschüssen, wusste deren Tätigkeit und Relevanz aber sehr wohl auch kritisch einzuschätzen. Über 100 Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und eine Reihe von Buchpublikationen zeugen von einem beeindruckenden Schaffensdrang. Einer seiner Mitarbeiter stellte einmal fest, dass Pauser das Büro am Ende der Arbeitswoche stets mit einem Stapel Bücher unter dem Arm verließ, um dann am Montag über die Inhalte zu berichten. Wie in der Publikation zu seinem 60. Geburtstag zu lesen, begründete er das fruchtbare wissenschaftliche Werk mit der Aufnahme großer Wissensmengen, ergänzt durch ein ausgezeichnetes Gedächtnis und die Fähigkeit, entsprechende Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bereichen herzustellen. Um den oben beschriebenen Zusammenhang von Technik und Kunst, von Konstruktion und Form verstehen zu können, ist es erforderlich, sich mit der Genese von Ingenieurbaukunst und mit der Ingenieurbaugeschichte auseinanderzusetzen. Alfred Pauser hat auch dies in vorbildlicher Weise getan. Nicht unerwähnt bleiben soll die gutachterliche Tätigkeit von Alfred Pauser, insbesondere bei spektakulären Schadensfällen wie dem Einsturz der Wiener Reichsbrücke oder dem Teileinsturz der Innbrücke Kufstein. Die Verantwortung des Ingenieurs endet nicht mit dem Entwerfen und Bauen! Es kann zusammenfassend gesagt werden, dass Alfred Pauser ein Ingenieur ist, der in Praxis und Theorie, in Lehre und Forschung, beim Entwerfen und beim Konstruieren, also in gänzlich verschiedenen Bereichen, Höchstleistungen erbracht hat, und er hat für diese seine Leistungen bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, beispielsweise den Europäischen Stahlbaupreis, den Ehrentitel Baurat h. c., das Ehrendoktorat der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, den Europapreis der FritzSchumacher-Stiftung, die Ehrenmünze des Österreichischen Betonvereins, die Ehrenmünze des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, die Johann Joseph Ritter von Prechtl-Medaille der TU Wien, den Wiener Ingenieurpreis. Der Fritz-Leonhardt-Preis wird nicht für eine Einzelleistung, sondern für ein Lebenswerk vergeben. — Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann — Vizepräsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg Auszug der Laudatio vom 14. Juli 2012

Alfred Pauser: Brücken in Wien – Ein Führer durch die Baugeschichte Verlag Springer, Wien 2005 294 Seiten, 380 farbige Abbildungen Euro 29,80

Fotos: Archiv Alfred Pauser / Konstrukteur: Alfred Pauser

Magie der Statik — wo ein Ingenieur-


FRITZ-LEONHARDT-PREIS 2012 —— 9 derPlan Nº 26 Oktober 2012

nisse sind zahlreiche Bauwerke entstanden, die nicht nur kraftvoll und elegant wirken, sondern den schmalen Bereich gestalterischer Möglichkeiten, den Ingenieurbauwerke aufweisen, optimal ausschöpfen. Alfred Pauser ist über die von ihm gebauten Brücken ein Brückenbauer im besten Sinne: einer zwischen den Ingenieuren und den Architekten, einer zwischen den Forschern und den Praktikern und in jedem Fall einer zwischen den Menschen. Alfred Pauser, ich gratuliere Ihnen sehr herzlich. — Architekt Mag. arch. Walter Stelzhammer Präsident

Dankesrede von Alfred Pauser

bauwerk zu Ingenieurbaukunst wird

Foto: Ingenieurkammer Baden-Württemberg

— Es ist mir ein besonderes Anliegen, mit meiner Dankesrede die wichtigsten Zäsuren auf dem Wege zu einer ganzheitlichen Erfassung am Beispiel der wohl ureigensten Bauingenieuraufgabe in Erinnerung zu rufen. Das Thema der Gestaltung hatte, römischen Vorbildern folgend, bereits der Renaissancearchitekt Alberti mit drei Begriffen auf den Punkt gebracht: Ordnung – Maßstab – Harmonie. Schönheit setzt nach ihm die Übereinstimmung aller Teile eines Bauwerks voraus, in der Art, dass „jeder Teil eines Ganzen seine bestimmte Größe und Form besitzen muss, wo nichts hinzugefügt oder weggenommen werden kann, ohne die Harmonie des Ganzen zu stören“, eine Formulierung, die selbst heute noch uneingeschränkt ihre Gültigkeit besitzt, wenngleich man konzedieren muss, dass damals die einzige mögliche Tragwerksform eben nur der Bogen als Teil eines Kreises war – in der Antike nach der Kugel die vollkommenste Form tiefer transzendenter Symbolik. Nur er alleine und keine andere damals bekannte Konstruktionsform war imstande, Lasten über größere Spannweiten abzutragen. Proportionsregeln erfüllten damals sowohl die Forderung nach einer ausreichenden Standfestigkeit als auch hinsichtlich des ästhetischen Anspruches. Eine fast zweitausend Jahre währende Dominanz des Bogens hat es jedoch den neuen Entwicklungen der beiden verflossenen Jahrhunderte nicht gerade leicht gemacht, mit ihren völlig anders gearteten Technologien gleichzuziehen. Es mangelte deshalb nicht an Hinweisen, dem Stein doch auch weiterhin den Vorrang zu geben, weil z. B. dem Eisen eben keine baukünstlerische Substanz innewohne, und dies schon gar nicht, wenn dessen Anwendung nur nach Maßgabe der statischen Erfordernisse geschehe. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der gesamten Thematik stammt von Prof. Baumeister der Polytechnischen Schule in Karlsruhe, der sich 1866 in seinem umfangreichen, in Stuttgart erschienenen Werk „architektonische Formenlehre für Ingenieure“ erstmals vom Grundsätzlichen her der Thematik annahm, in der Erkenntnis, dass „die Ingenieure schwer dahin gelangen, die künstlerische Seite ihres Faches zu cultiviren, und sich oft nicht zu helfen wissen, wenn Anforderungen in dieser Beziehung gestellt werden“. Letztlich wurde dem ökonomischen Prinzip nicht nur die Priorität eingeräumt, sondern dieses, in der Hysterie einer allgemeinen Aufbruchsstimmung, sogar zum Markenzeichen eines neuen Berufszweiges, des Bauingenieurs, erhoben, womit auch der unsägliche Begriff des „Statikers“ – manche meinen, es müsste „Statistiker“ heißen – geboren war. Es bedurfte des gesamten 20. Jahrhunderts, die verschiedensten, oft in Widerstreit geratenen Strömungen so weit zu kanalisieren, dass wir an der Wende zum 3. Jahrtausend von einer weitgehend akkordierten Übereinstimmung sprechen können; beschränkt auf die grundlegenden technischen Gesichtspunkte, für alle derzeit in Gebrauch stehenden Technologien. Der Internationalen Vereinigung für Brücken und Hochbau, und hier vor allem Friedrich Hartmann, Professor für Stahlbau an der TU Wien, kommt dabei einerseits das Verdienst zu, sich bereits 1928 des Themas Ästhetik im Brückenbau angenommen zu haben.

Alfred Pauser, hervorragender Lehrer und großes Vorbild, legt in seiner Antwort auf die Laudatio in wundersam kurzer und verständlicher Weise, die wesentlichen Grundlagen des Ingenieurwesens dar — die, die im täglichen Beruf zu oft verlorengehen. Warum? Weil wir Diskussion und Kritik scheuen, die vermeintlich Zeit kosten. Weil wir es versäumen, ja sogar als unnötige Arbeit empfinden, so lange keine Ruhe zu geben, bis OrdnungMaßstab-Harmonie des Bauwerks im Gesamten stimmen. Nicht darauf zu achten ist jedenfalls verlorene Zeit und Arbeit und eine verlorene Chance für uns alle. Daran erinnert uns, mit unermüdlicher Gelassenheit und Kraft, Alfred Pauser. — DI Peter Bauer Vorsitzender der FG Bauingenieurwesen

Univ.-Prof. DI Dr. techn. Alfred Pauser — Geboren 1930 in Gmünd. Studium Bauingenieurwesen an der TU in Wien. 1964 gründete er sein eigenes Zivilingenieurbüro. 1982 wurde er als Ordinarius für Hochbau an die TU Wien berufen, 1997 emeritiert. Sein Leben lang setzt sich Pauser mit Verkehrsbauwerken, insbesondere Brückenbauwerken, auseinander. Er ist aus diesem Grund verschiedentlich als der „Grandseigneur des Wiener Brückenbaus“ bezeichnet worden und hat seit Beginn der 50er Jahre Brücken mit einer Gesamtfläche von ca. 370.000 m2 (eine fast unvorstellbare Zahl!) entworfen, bemessen und konstruiert, darunter nicht weniger als 12 Donaukanal- und 5 Donaubrücken. Er war an mehr als der Hälfte aller Wiener Brücken beteiligt. — —

Andererseits wird dieses Verdienst geschmälert durch sein striktes Nein zu jeder Art der Mitwirkung von Architekten im Brückenbau: Der Entwurf möge dem Bauingenieur alleine vorbehalten bleiben, und sollte dieser sich zu dieser Aufgabe noch außerstande sehen, dann möge er sich gefälligst bemühen, sich alle dafür erforderlichen Fähigkeiten anzueignen. Nach einer langen Zeit der Enthaltsamkeit im Hinblick auf die Gestaltungsproblematik eine nicht gerade nachvollziehbare Forderung. Während seiner sich fast über drei Jahrzehnte, bis 1945, erstreckenden Lehrtätigkeit war Hartmann in Österreich auch zugleich der einflussreichste und entschiedenste Gegner der Eisenbetonbauweise. Dies, obwohl bereits seit der Wende zum 20. Jahrhundert durch das Engagement von Persönlichkeiten wie Emil Mörsch und Otto Graf – um die Stuttgarter Schule zuerst zu nennen – und den Wienern Rudolf Saliger und Fritz Emperger eine durchaus tragfähige Basis geschaffen worden war und Robert Maillart in der Schweiz mit seinen Konstruktionen auch den Beweis für deren ästhetische Akzeptanz erbracht hatte. Hartmanns über Jahrzehnte ungebrochen dominierende Stellung in der Fachwelt, verbunden mit dem Umstand, dass er die Geisteshaltung einer ganzen Generation von Studienabgängern prägte, hatte zur Folge, dass es in Österreich bis in die 70er Jahre, verstärkt durch eine einflussreiche verstaatlichte Stahlindustrie, zu keiner zufriedenstellenden Kooperation der beiden führenden Technologien kam und freiberuflich tätige Ingenieure kaum einen Zugang zu Projektierungen von Stahlbrücken erlangten. Diese fehlende Gesprächsbasis zwischen den ab nun mit Scheuklappen handelnden, eigenständig agierenden Planern für Stahlbau, Betonbau und Grundbau war 1976 für den spektakulären Einsturz der 40 Jahre davor erbauten Wiener Reichsbrücke genauso ursächlich wie die damalige Unterwürfigkeit gegenüber dem Architekten hinsichtlich dessen Beharrens auf einer erfahrungsgemäß nicht vertretbaren Ausbildung der Strompfeiler. Dass solche unkoordinierten Abläufe heute der Vergangenheit angehören, ist das Verdienst von Persönlichkeiten, denen das Schlusskapitel gewidmet werden soll. In Deutschland haben in der Zeit des Autobahnbaus ab dem Jahre 1936, auf Initiative des jungen Ingenieurs Fritz Leonhardt, dem Spartendenken nicht verhaftete, hervorragende Bauingenieure, unterstützt von kooperationsbereiten Architekten und Landschaftsplanern wie Paul Bonatz, Friedrich Tamms, Wilhelm Tiedje, später auch Gerd Lohmer, eindrucksvolle Ingenieurbaukunst mit den Mitteln ihrer Zeit demonstriert. Sie stellten ihre Aufgabe unter das Postulat: Reinheit und Verständlichkeit der Form sowie Sinnhaftigkeit des Kräftespiels. Es handelte sich – dies sei besonders hervorgehoben – um Persönlichkeiten, die sich in jahrelanger Beschäftigung mit einer den meisten Architekten nicht gerade geläufigen komplexen Problematik durchaus der Grenzen möglicher Einflussnahme bewusst waren und die Entwurfskompetenz des Bauingenieurs nicht infrage stellten. Ihr Wirken sollte sich noch bis in die ersten Nachkriegsjahre erstrecken, wobei ich beispielhaft auf die Düsseldorfer Brückenfamilie verweisen möchte. Leider hat der Wiederaufbau nach dem Krieg den Bauingenieuren nicht nur große in-

novative Leistungen zur Bewältigung der vielen anstehenden Probleme abverlangt, sondern sie auch in ein Korsett gezwungen, das nur einen monetären Bewertungsmaßstab zuließ, denn Vergabeordnungen kannten nur messbare Größen. Ein möglicher Zugewinn durch Berücksichtigung gefühlsbezogener ästhetischer Merkmale musste unbeachtet bleiben. Zumindest möge den Bauingenieuren zugute gehalten werden, dass sie damit einen durchaus bedeutenden volkswirtschaftlichen Beitrag geleistet haben. Fritz Leonhardt vertrat schon früh die Ansicht, dass wir Bauingenieure durch das Analysieren schönheitlicher Qualitäten verschiedenster Bauwerke mit der Zeit zu Erkenntnissen kommen können, die uns die Gestaltung der Ingenieurbauwerke gezielter erlauben lassen, als dies bisher der Fall war: „Die Gestaltung unserer Ingenieurbauten muss in Zukunft so ernst genommen werden wie die Statik zur Erzielung der geforderten Sicherheit.“ In seinem 1982 in Stuttgart erschienenen Standardwerk „Brücken – Ästhetik und Gestaltung“ versucht er den Bauingenieuren die Konzeption von Brücken mit einem Mindestmaß an Gestaltqualität durch die Bereitstellung bestimmter Proportionsregeln zu erleichtern. Dies war ein erster Schritt, der noch dazu den Bedürfnissen der Bauingenieure am ehesten entgegenkam, sind diese doch gewohnt, sich in einem zumeist übertriebenen Maße den Normen und Regelwerken bedingungslos und akribisch zu unterwerfen. Dem Beispiel Leonhardts folgend, haben Persönlichkeiten wie Jörg Schlaich und Christian Menn – um nur jene an der vordersten Front zu nennen – bei einer Vielzahl von Brücken bewiesen, wie man die Kunstform bereits aus dem statisch-konstruktiven Gefühl heraus entwickeln und gleichzeitig technische Effizienz visualisieren kann, nach dem von Schlaich geprägten Slogan „Die Baukunst ist unteilbar“. Auch im Rahmen ihrer publizistischen Tätigkeit erinnern sie die Kollegen stets an deren Verpflichtung, besonders im Brückenbau wegen seines bedeutenden Umfeldbezuges, neben ihren sonstigen vielfältigen Aufgaben die Pflege des Formgefühls nicht zu vernachlässigen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwierig es ist – bei hohem persönlichen Einsatz jedoch nicht unmöglich –, Bauingenieure an Gestaltungsfragen jenseits einfacher Regeln heranzuführen. Ich selbst machte seit 1991 mit der Einführung einer mehrstündigen Lehrveranstaltung „Konstruktion und Form“ sehr gute Erfahrungen: In kleinen Entwurfsteams entwickelten Studenten beider Fakultäten konstruktiv anspruchsvolle Bauwerke auf Vorentwurfsebene. Wir müssen uns aber auch frei machen von allzu viel Rücksichtnahme und Wehleidigkeit bei einer als berechtigt erkannten Konstruktionskritik. Hier stimme ich mit einem nimmermüden Streiter auf diesem Gebiet, nämlich Klaus Stiglat, überein, der vor kurzem dazu meinte: „Wir versäumen mit jeder nicht stattgefundenen Diskussion und Kritik eine Vertiefung unserer Erfahrung und Sicherheit auf dem Gebiet der Gestaltung.“ — Univ.-Prof. DI Dr. techn. Alfred Pauser — Die ungekürzten Reden sind auf www.wien.arching.at veröffentlicht.


KAMMER/INTERN —— 10 derPlan Nº 26 Oktober 2012

NÖ Baukulturdeklaration 2012

Klares Bekenntnis zur Baukultur

Landesrat Wolfgang Sobotka und Walter Stelzhammer, Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, präsentieren die Baukultur Deklaration.

Fotos: Katharina Gossow

— Vor einem vollbesetzten Auditorium wurde am 17. Oktober im Kunstmuseum Essl in Klosterneuburg die Niederösterreichische Baukulturdeklaration präsentiert. Davor stellte sich eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde drängenden Fragen zur Entwicklung des Siedlungsraumes in Österreichs größtem Bundesland. Walter Stelzhammer sieht in der vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung und der Architekten- und Ingenieurkammer unterfertigten Deklaration ein klares Bekenntnis zu einem sorgsameren Umgang mit dem Grund und Boden. Die unmissverständliche Botschaft für alle am Prozess des Planens und Bauens, der Flächenwidmung und Raumplanung Beteiligten: Schluss mit der Zersiedelung des Landschaftsraumes. Der Weg dorthin führt nach Ansicht von Roland Gruber nur über eine Intensivierung des Dialogs zwischen Planern und Gemeinden – und zwar am Beginn der Planungsphase, bevor alle gestalterischen Entscheidungen getroffen sind. — Tom Cervinka

Baukulturgespräch (von links nach rechts): Roland Gruber, Christoph Prinz, Wolfgang Sobotka, Dorothee Frank (Moderation), Walter Stelzhammer und Fritz Steininger

Prüfingenieure

Die Grundsatzfrage: Wie viel Neues darf auf etwas Altes gebaut werden, damit das Alte noch alt bleibt?

Tragwerksicherheit und Überprüfung

„Bewertung der Tragfähigkeit bestehender Hochbauten –ONR 24009“. Aufbauend auf streng sicherheitstheoretischen Kriterien, werden dort Regeln für die Bestandserweiterung gegeben. Kurz gefasst: in den Grundkombinationen (Eigengewichte, Nutzlasten, Wind und Schnee) wird nicht „nachgegeben“, im Lastfall Erdbeben wird das akzeptable Risiko volkswirtschaftlich neutral gehalten. Man kann sich die Herleitung dieses Ansatzes so vorstellen: Wird ein bestehendes Gebäude erweitert, zum Beispiel durch einen Dachgeschossausbau, dann darf das Gesamtrisiko höchstens jenem entsprechen, welches entstehen würde, wenn man anstelle dieser Erweiterung einen Neubau auf „der grünen Wiese“ ausführte. Die Bestandsbauten müssen entsprechend verbessert werden. Und zwar umso mehr, je größer der Zubau ist. Gleichzeitig wird erstmals ein Mindestsicherheitsniveau vorgeschlagen, welches jedenfalls nicht unterschritten werden sollte. Alles andere wird wieder dem Bauherrn bzw. Planer und Ausführenden überlassen – ist also im Rahmen der Bauordnung frei gestaltbar. In Österreich wird damit erst-

mals eine Methode eingeführt, wie mit bestehenden Gebäuden umzugehen ist. Dass ein Handlungsbedarf besteht, ist auch in Brüssel erkannt worden, wo im Juli 2012 ein Entwurf für einen Auftrag zur Änderung der Eurocodes formuliert wurde. Neben der Einführung eines neuen Eurocodes für Bauglas und einer „Verbesserung der praktischen Verwendung“ sollen auch Regeln für die „Bewertung, Wiederverwendung und Sanierung bestehender Tragwerke“ entwickelt werden. Abschließend ist festzuhalten, dass die zitierten neuen Regelwerke die Grundlage für das „Gebäudepickerl“ sein könnten. Diese Gebäudeüberprüfung sollte schon 2011 eingeführt werden. Aber wie hätte man solche Überprüfungen durchführen sollen, wenn es keine Regeln dazu gibt? Ab dem nächsten Frühjahr wird dem aber von Seiten der Tragwerksbeurteilung nichts mehr im Wege stehen. — Peter Bauer Erich Kern — —

Normative Grundlagen Stand: 22. September 2012

§ 60(1)a)

Bestand

§ 60(1)a)c) § 62

WBO

Bewilligung Bescheid § 64

Verordnung

Bauführung Überwachung § 125 § 127

Fertigstellung Abschluss Überwachung § 128(2)

Aufgabengebiet der Ingenieurund Architektenkammer LAIK PRÜFINGENIEUR nach WBO-ZT oder SV Neubau

Leitfaden zu OIB RL-1

Bestand

Leitfaden zu OIB RL-1

OIB (RL-1) RISIKOANALYSE

Ausnahme Katastrophenschutz

Risiko

Erdbeben

Robustheit

B 1990-1

B 1998-1

B 1991-1-7

Bestand

EN 199X + B 199X +ONR 24009

B 1990-1

B 1998-3

B 1991-1-7

Kontrolle

Planung DSL X

Ausführung IL X

Leitfaden der Ingenieurund Architektenkammer BAIK PRÜFINGENIEUR nach OIB

Fachnormen Stahlbau EN 1090 + NAD Betonbau EN 13670 + NAD Holzbau EN XX + NAD Mwksbau EN XX + NAD

seit 2008 in Österreich alleine gültig

in Vorbereitung/knapp vor Einführung fehlt noch/Einführung nicht abschätzbar Ersatz Merkblatt Abweichungen für Bestand geregelt

im Leitfaden zur OIB RL-1 gefordert

EN 199X + B 199X

Überwachung gemäß EN 1990-1

Neubau

EN 1990-1

Schlussdokumentation Alle Befugten

Schlussbestätigung gemäß Klassifizierung Bescheid, im Leitfaden zur OIB RL-1 gefordert

Neubau

Vermerk in EN 1990-1: Adaption EN 199X für Bestand möglich

— Das zu einiger Berühmtheit gelangte „Wiener Merkblatt zur statischen Vorbemessung“, dass erstmals mit 4. 6. 2006 Hinweise zum „Dachgeschossausbau leicht“ enthielt, begleitet (und verfolgt) die Wiener Baubranche nun schon seit über sechs Jahren. In der Not geboren, weil alte Häuser von modernen Erdbebenvorschriften leider nicht viel wissen, führte es zu vielen Diskussionen in der Fachwelt – war aber auch (einzige) Hilfestellung im Umgang mit neuen Gebäudeteilen auf und in alten Bestandsbauten. Eine größere Revision erhielt es im Jahr 2008, in der die Bedingungen, unter denen alte Gebäude erweitert werden durften, nochmals klarer gefasst und geometrische Vorgaben, die letztlich für eine Riskobegrenzung sorgen sollten, festgeschrieben wurden. In seiner „Einfachheit“ leistet es, ergänzt durch Erläuterungen der Kammer, gute Dienste – ist aber aus diesem Grund auch nicht sehr flexibel und spornt Kollegen und Kolleginnen, die gerne tüfteln, zu oftmals berechtigtem Widerspruch an. Die Grundsatzfrage, um die immer wieder gestritten wurde, war: „Wie viel Neues darf auf etwas Altes gebaut werden, damit das Alte noch alt bleibt?“ Für viele wurde (und wird) diese Frage nicht auf gewohnt technischer, sondern auf einer oft nicht nachvollziehbaren Ebene beantwortet. Das Ergebnis von Bauverhandlungen war nicht mehr sicher vorherzusehen. Da tauchten plötzlich Begriffe wie „statischer Umriss“, „maßgebliche Änderung“, „dritte Ebene“ oder „typisches Gründerzeithaus“ auf und erhielten, obwohl eher metaphysischen Ursprungs, plötzlich normative Kraft. Vor allem der Dachgeschossausbau war damit zwar vorläufig gerettet, aber die Situation „Planung und Statik gemäß Merkblatt“ war trotzdem unbefriedigend. In einem Schulterschluss von Kammer, Wirtschafskammer, Wiener Behörde und Immobilienwirtschaft wurde auf Initiative der Kammer beschlossen, die Fundamente für den Umgang mit Bestandsbauten auf die der Logik zu stellen – soweit das im Bauwesen überhaupt möglich ist. Die Voraussetzung war die Neufassung der OIB-RL 1:2011, die spätestens im kommenden Jahr in Wien per Verordnung eingeführt werden wird. Sie enthält erstmals einen (recht allgemeinen, aber wichtigen) Passus über den Umgang mit Bestandsgebäuden. Diese Grundlage führte zur Schaffung einer neuen Normenserie, die in den letzen drei Jahren in intensiver Zusammenarbeit der Normungsausschüsse entstand: „Grundlagen der Tragwerksplanung – ÖNORM B 1990-1“, „Erdbebenkräfte – ÖNORM B 1998-3“ und

Infografik: Christian Sulzenbacher

Regelwerke: Das verflixte siebente Jahr


NÖ Baukultur Deklaration 2012

Gestalterische Qualität durch Planung Bauvorhaben orientieren sich an hoher gestalterischer Qualität mit baukulturellem Anspruch und verbinden ästhetische mit funktionalen Anforderungen. In ihrer architektonischen Ausformung vereinen sich individuelle mit kollektiven Ansprüchen wie auch Tradition mit Innovation. Bauvorhaben reagieren bedachtsam auf das vorhandene bauliche Umfeld und nehmen in ihrer Dimension und Formensprache Bezug auf das den Ort prägende Orts- und Landschaftsbild. Durch die allgegenwärtige Präsenz von Gebautem und dessen Anspruch auf Langlebig- und Nachhaltigkeit werden Planen und Gestalten als hohe Verantwortung gegenüber der Gesellschaft verstanden.

Effizienter Ressourceneinsatz Die Aufwendung finanzieller Mittel und der Einsatz von Ressourcen erfolgen zielorientiert und wertschaffend. Durch die Wahl der besten Lösung bei Gegenüberstellung unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten und technischer Ausführungen wird kostenbewusstes Handeln mit optimaler Erfüllung hoher Qualitätsansprüche in Einklang gebracht. Die bedarfsorientierte Dimensionierung von gebautem Raum wird als sinnvolles Einsparungspotential erkannt. Die bauliche und gestalterische Weiterentwicklung bei kontinuierlich ansteigenden Herstellungs- und Lebenszykluskosten wird als eine der wichtigsten planerischen Herausforderungen angenommen.

Nachhaltige Strukturen und Bauformen

NÖ Baukulturdeklaration Das Bewusstsein und das natürliche Empfinden für das Erscheinungsbild unserer Umgebung ist von besonderer Bedeutung, bestimmt doch der gebaute Raum unsere Lebensqualität in maßgeblicher Weise und prägt und verändert die Menschen. Der von uns gestaltete Lebensraum wird dadurch zu einem zentralen Einflussfaktor für unsere Lebensqualität und ist ausschlaggebend für die weitere baukulturelle Entwicklung in Niederösterreich. Im Spannungsfeld zwischen individuellen und öffentlichen Interessen stellt Planen und Gestalten eine große Herausforderung und Aufgabe dar, die immer wieder neu entsteht und stetig weiterentwickelt werden soll. Dabei ist hochwertige, interdisziplinäre und zeitgemäße Planungs- und Baukultur eine Herausforderung für Experten ebenso wie für die gesamte Bevölkerung. Gebautes erfüllt nicht nur den reinen Gebrauchszweck, sondern ist in hohem Maße Ausdruck persönlicher und kollektiver Identitäten und kehrt ein inneres Bild unserer Gesellschaft hervor. Architektur muss daher mehrdimensional betrachtet werden. Sie vereint gestalterische Qualität mit ökologischen und ökonomischen Aspekten und beeinflusst soziale Prozesse. Aus diesem Zusammenhang heraus wollen wir der Qualität des Planens und Bauens noch mehr an Bedeutung schenken und zu einem öffentlichen Dialog anregen.

Anlass und Zielsetzung Der sorgsame Umgang mit begrenzt vorhandenen Ressourcen und die sparsame Nutzung von Grund und Boden sind eine grundlegende Bedingung für eine positive und nachhaltige bauliche Weiterentwicklung. Ungeachtet dessen lassen Flächenbilanzen gegenteilige Tendenzen erkennen. Die Zersiedlung und die räumliche Trennung der unterschiedlichen Nutzungen haben nicht nur sichtbare Folgen für das Erscheinungsbild unserer Kulturlandschaft, sondern auch für unser tägliches Leben. Durch die Verlagerung zentrumsrelevanter Versorgungseinrichtungen an die Siedlungsränder kommt es zu einem Bedeutungsverlust der davon unmittelbar betroffenen Ortskerne. Die kontinuierliche Ausweitung des Baulandes und das Wohnen außerhalb der Zentren führen nicht nur zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, sondern haben zudem durch die notwendige Bereitstellung und Erhaltung der technischen Infrastruktur und der weiterführenden öffentlichen Einrichtungen auch entsprechende Auswirkungen auf den Finanzhaushalt der öffentlichen Hand. Vor diesem Hintergrund bekennen sich das Bundesland Niederösterreich und die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland verstärkt zur Erreichung folgender Zielsetzungen:

Zukünftige Lebens- und Wohnformen Raumplanung und Architektur reagieren zeitgerecht auf die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung und den Wandel der Gesellschaft. Dem Modell des ortsrandbezogenen Einzelobjektes werden zentral gelegene Alternativen mit höchster Wohn- und Lagequalität gegenübergestellt. Neue Wohn- und Lebensmodelle, die den Menschen als sozial handelndes Wesen in den Mittelpunkt stellen und ein den jeweiligen Lebensphasen entsprechendes räumliches Umfeld mit höchstem Nutzungskomfort ermöglichen, werden etabliert.

Räumlich und funktional zusammenhängende Strukturen und Bauformen werden anstelle funktionsgetrennter Siedlungserweiterungen mit geringer Dichte und hohem Flächenverbrauch angestrebt. Lose bebaute Strukturen mit hohem Landschaftsverbrauch werden nachträglich verdichtet, bestehende Zentren den heutigen Anforderungen angepasst und mit Wohn-, Arbeits- und Kulturstätten durchmischt. Siedlungserweiterungen werden neben den ökologischen Anforderungen auch ihrer Nähe zu technischer Infrastruktur und zur Versorgung mit Dienstleistungen aller Art gerecht.

Räumliche Entwicklung des Umgebungsraumes Umwidmungen, Erschließung neuen Baulandes, neue Verkehrsverbindungen und technische Versorgungseinrichtungen folgen kommunalen, interkommunalen und überregionalen Interessen und Zielen. Die räumliche Siedlungsentwicklung erfolgt in einer optimalen Eingliederung von Gebautem in das Orts- und Landschaftsbild und wird dem Anspruch auf eine bestmögliche Qualität bei der Gestaltung der Lebens- und Freiräume gerecht.

Anspruch Gelebte Baukultur schafft Chancen und Werte und wird als identitätsstiftendes Potential für eine lebenswerte Zukunft erkannt. Um jene Zukunftsbedingungen zu schaffen, welche die räumliche und gestalterische Qualität unseres Lebensraumes sichern und erweitern können, werden das Bundesland Niederösterreich und die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland für alle in ihrem Einflussbereich liegenden Maßnahmen, die zur Umsetzung der in dieser Deklaration formulierten Ziele erforderlich sind, eintreten. Die Bürgerinnen und Bürger des Bundeslandes Niederösterreich werden als Träger von Baukultur eingeladen, die Inhalte der Baukulturdeklaration als gesellschaftliches Ziel und gemeinsamen Anspruch mitzuverfolgen und an der Umsetzung nach Kräften mitzuwirken.

St. Pölten, Oktober 2012

Dr. Erwin Pröll Landeshauptmann

Architekt Mag. arch. Walter Stelzhammer Präsident

Arch Ing


SERIE —— 12 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Dialog: Werkzeuge der Kreativität

Fotos: Katharina Gossow

„Computer, Bleistift und Modell“ Lothar Heinrich

Ein komplexer Planungsprozess kann nur im ständigen Wechselspiel zwischen CAD, Skizzen und Modellen gelingen. Alle drei Werkzeuge sind unverzichtbar. Lothar Heinrich:

Bei Computern stehen wir am Anfang in Richtung zur Artificial Intelligence. Wir können mit ihnen noch nicht sprechen und werden lernen müssen, diese intelligenter zu verwenden, um deren Potential auszunützen. Michael Wallraff:

Da stimme ich zu, dass wir bei dieser Technologie erst am Anfang stehen. Heinrich:

Soeben beginnt in Wien die „Pixel-Konferenz“. Die Vertreter dabei kommen vorwiegend aus der Filmbranche beziehungsweise dem Cartoonbereich. Das Thema dabei lautet: „Computer, Bleistift und Papier“. Selbst diese Branchen kommen nicht ohne Bleistift und Papier aus. Der Entwurf ist immer Bleistift und Papier. Wallraff:

Bei uns im Büro ist trotz CAD der Modellbau nicht geringer geworden, ganz im Gegenteil. Das Entwurfzeichnen ist nach wie vor notwendig, allerdings ist es von der Aufgabenstellung her, den Prozessen, komplexer geworden. Dennoch ist das Handzeichnen nicht verschwunden. Heinrich:

Die Skizze mit dem Bleistift bleibt immer und unverändert als Handzeichnung, der Computer ändert sich durch die unglaublich rasche Entwicklung von Möglichkeiten, wie zum Beispiel der BIM (Building-Information-Modelling), der „Gebäudedatenmodellierung“. Es ist ein virtuelles 3-D-Modell, das alle Daten, die ein Gebäude betreffen, beinhaltet und mit dem jeder arbeiten kann. Wallraff:

Davon träumen wir Planer alle. Das Problem ist, dass die vorhandene Software die Probleme von der falschen Seite angeht, weil immer nur von vorhandenen Buildingstandards ausgegangen wird. Wenn man diese in Frage stellt, ist die Software ungeeignet. Wir sollten mit 3-D-Modellen beginnen und diese herunterbrechen auf die verschiedenen Materialien bis hin zur Konstruktion. Es ist ein Irrglaube, man könne aus einem Baukasten vorhandener Systeme neue Architektur „mischen“. Heinrich:

Wir versuchen gerade die Software BIM weiter-zuentwickeln. So können wir etwa eine 3-D-Gebäudehülle erstellen und dieses Modell virtuell auf jeden Punkt der Erde platzieren. Anschließend können wir die Beschattung zu jeder Tageszeit ablesen, was uns etwa mit einer Handskizze nicht mehr gelingt. Dort ist die Grenze der Skizze. Eine Skizze hat ja grundsätzlich die Aufgabe, jedem Betrachter eine Vorstellung von der architektonischen Form zu geben. Domenig hat etwa das T-Mobile-Gebäu-

Michael Wallraff

de in nur drei räumlichen Skizzen gezeichnet. Ich habe mir diese Skizzen genau angesehen und plötzlich die Konstruktion darin gesehen, die dann so ausgeführt wurde. Die Form des Architekten muss vom Konstrukteur übernommen werden.

Heinrich:

derPlan log ia Ser ie: D Teil 3

Wallraff:

Da denke ich anders. Die Form folgt einer inneren Logik, die auch konstruktive und technische Anforderungen abbildet. Heinrich:

Wallraff:

Wenn der Architekt eine Skizze macht, dann ist das die, in die man die Konstruktion hineinbaut. Der Architekturentwurf darf durch die Konstruktion nicht verändert werden. Wallraff:

Ich vertrete da eher einen Netzwerkanspruch. Für mich ist es sogar problematisch, wenn die Form ohne Funktion, Konstruktion und Gebäudetechnik entsteht. Es ist wichtig, dass diese Entwicklung Ergebnis eines Austauschprozesses ist. So kann z. B. eine Form leicht im Widerspruch zu einem Klima- oder Niedrigenergieanspruch stehen. Widersprüche sollen durch den Entwicklungsprozess zu einer Synthese aufgelöst werden. Heinrich:

Dennoch muss die ursprüngliche Idee des Architekten erhalten bleiben. Ob jetzt Stützen im Inneren dazugegeben oder weggenommen werden, ist letztlich nur noch Detailarbeit. In der Entwurfsskizze ist die Idee implementiert, die realisiert werden soll. Wallraff:

Eine städtebauliche Grundstruktur muss natürlich durchgezogen werden. Wichtig ist die Vernetzung, das soziale Netzwerkgebilde des Gebäudes in der Stadt. Die Zeit der Solitäre à la Hadid oder Domenig ist vorbei. Die Form gibt hier keine Garantie, dass es zu dieser Vernetzung im Inneren oder Äußeren sowie – in zeitlicher Dimension gesehen – Lebensdauer, Umnutzungen etc. kommen wird. Heinrich:

Dennoch muss der Entwurf des Architekten umgesetzt werden, und Konstruktion und Haustechnik fügen sich im Entwurf ein. Auch Michelangelo hat etwa Entwurfsskizzen für die Sixtinische Kapelle gemacht, bevor er das Gesamtwerk im Detail ausgeführt hat. Für mich ist die Idee die Grundlage, der interaktive Dialog „Skizze – Computer“. Wallraff:

Wenn wir etwa an eine Dachkonstruktion denken, die geknickte Träger verwendet, so müsste jeder einzelne bei einer Veränderung neu gezeichnet werden. An Skripten, die wir in die Programme einbauen, können wir quasi über Regler diese Veränderungen vornehmen. Anhand dieser Parameter baut sich dann das Gebäude neu auf. Wenn sie dann noch mit einem Zeichenprogramm verbunden werden, dann erhalten wir aktualisierte synchrone Detailpläne und dynamische 3-D-Modelle. Die Handskizze ist aber immer noch eine Schnittstelle für Diskussionen im Planungsteam.

Eine Voraussetzung für das Gelingen der Zusammenarbeit mit den Fachplanern ist, dass sie über das gleiche, kompatible technische Knowhow verfügen. Skizze, Computer, Modell sind die kreativen Werkzeuge: Die Skizze vermittelt die Idee in schnellen Linien, der Computer übernimmt die exakte und langwierige Arbeit, das Modell kann man mit den Augen und Händen angreifen.

„Die Form folgt einer inneren Logik, die auch konstruktive und technische Anforderungen abbildet.“ Michael Wallraff — Studierte Bühnenbild und Architektur in Wien und Los Angeles. 1999 Gründung des Wiener Architekturbüros mit Aktivitäten in unterschiedlichen Gestaltungsprozessen: von Forschungsprojekten und urbanen Interventionen über Umnutzungen, Neubauten, Bühnenräumen, Ausstellungen und Möbeln bis hin zu Objekten der Alltagskultur. Seit 2008 Lehre an der TU Wien. 2012 Gründung der Michael Wallraff ZT GmbH. 2011 ist das Buch „Michael Wallraff: Vertikaler öffentlicher Raum“, herausgegeben vom MAK Wien, im Verlag für moderne Kunst Nürnberg erschienen (zweisprachig dt./engl.). www.wallraff.at — —

„Wenn der Architekt eine Skizze macht, dann ist das die, in die man die Konstruktion hineinbaut. Der Architekturentwurf darf durch die Konstruktion nicht verändert werden“ Lothar Heinrich — geboren 1943, Studium Bauingenieurwesen an der TU Wien, Lektor an der TU Wien, seit 1976 bei Vasko & Partner. www.vasko-partner.at — —

Eine architektonische Entwurfsskizze ist ihrem Wesen nach immer dreidimensional. Ein Modell ist ein klareres Hilfsmittel als der Computer. Und Modelle können wie Skizzen Entscheidungen offen halten, durch Abstraktion nicht zu viel zu früh festlegen. Darin sind Skizzen und Modelle dem Computer eindeutig überlegen. Heinrich:

Das Modell gewährt mehr Planungssicherheit. So kann man sich von der Architektur bis zu komplizierten Konstruktionen den Entwurf viel besser vorstellen. Das Modell wird zu einem „Denkmodell“. Wallraff:

Leider nimmt die Verwendung von Modellen ab. Die meisten Umsetzungsschritte gelingen aufgrund der Computerplanung. Wahrscheinlich, weil sie nicht so kompliziert und eher duplizierbar sind. Heinrich:

Durch die budgetären Vorgaben sind diese gestalterischen Hilfsmittel oft nicht mehr leistbar. Modelle heben aber in der Regel die Qualität der Ausführung. Wallraff:

Wir haben kürzlich im Büro ein Modell für ein größeres Projekt gebaut. Für mich war faszinierend, zu beobachten, wie Mitarbeiter für die Detailplanung immer wieder zum Modell gingen und dann am Computer weiterarbeiteten. Auf diese Art und Weise war sichergestellt, dass alle vom Gleichen sprachen. Heinrich:

Letztlich vereinfacht das Modell den Planungsprozess. Schlechte Details werden verhindert. Philosophisch gesehen ist ein Modell ja etwas Unvollständiges. Wallraff:

Es ist das Abbild einer Realität, die es erst geben wird, eine Abstraktion, besonders was das Material betrifft, eine eigene Sprache. Die Computersprache ist längst nicht so sinnlich wie die eines Modells; er zeigt immer nur einen Ausschnitt und selten das Ganze. Heinrich:

Ein Entwurf hat ja mehrere Parameter, wie die Gebäudehülle, die Konstruktion, das Licht – die im Modell besonders gut darstell- und veränderbar sind. Hier ist der Weg von der Skizze zum Modell unentbehrlich. — Aufgezeichnet von Brigitte Groihofer — —


derPlan 26 Service

Die Zeitschrift der Kammer der Architekt(inn)en und Ingenieurkonsulent(inn)en für Wien, Niederösterreich und Burgenland

wien.arching.at archingakademie.at

Oktober 2012

Bundesländer Niederösterreich 140 Kammermitglieder informierten sich über das positive Ergebnis der Verhandlungen zur Zukunft der Altersvorsorge der Ziviltechniker(innen)

Wohlfahrtseinrichtungen

WE-Informationsveranstaltung Noch 2012 soll das „Pensionsfonds-Überleitungsgesetz“ vom Parlament als Gesetz verabschiedet werden. — Am 10. Oktober hielt die Bundeskammer gemeinsam mit der Länderkammer eine Informationsveranstaltung zur Überführung der Ziviltechniker in die allgemeine staatliche Pensionsversicherung ab. Der Besucherandrang war beachtlich. 140 Anmeldungen versprachen reges Interesse der Ziviltechniker(inne)n. Denn eine Überführung der Wohlfahrtseinrichtung in das staatliche System kann durchaus Ängste wecken. Bei Pensionist(inn)en wie bei aktiven Ziviltechniker(inne)n stellen sich viele Fragen: Wird es Pensionskürzungen geben? Sieht diese Überleitung nur am ersten Blick gut aus und wird letzten Endes doch zum Nachteil für mich? Kommt es zur Deckelung für Bezieher(innen) einer zweiten Pension aus dem staatlichen System? Alle diese Befürchtungen konnte Präsident Georg Pendl ausräumen. Denn der derzeitige Entwurf des Überleitungsgesetzes sieht keine Verschlechterung für die Ziviltechniker vor.

Darüber hinaus ist es ein wichtiger Schritt in Richtung der vielzitierten „Harmonisierung der Pensionssysteme“, den Präsident Pendl endlich gehen wollte. Die Überführung wurde daher auch seitens der Regierung – vertreten durch die Minister Mitterlehner und Hundstorfer – sehr positiv aufgenommen. Die Präsentation von Generalsekretär Dr. Felix Ehrnhöfer – ließ keine Zweifel am positiven Verhandlungsergebnis: Es kommt weder zu Pensionskürzungen noch zu einer Deckelung mehrerer Pensionen – für die schließlich auch Beiträge geleistet wurden. Bereits ab 1. 1. 2013 werden – bei Einhaltung des vereinbarten Zeitplans – die Ziviltechniker im FSVG versichert sein und in den Genuss des deutlich besseren Leistungsrechts des FSVG kommen. Damit hätte die Benachteiligung der Ziviltechniker, die bisher als eine der ganz wenigen Berufsgruppen in ihrem Pensionssystem keinen Bundeszuschuss erhalten, ein Ende. „Für mich bedeutet dieser Fortschritt, dass die Kammer sich endlich anderen Aufgaben wie der Nachwuchsförderung und einer Steigerung der Attraktivität des Berufsstandes widmen kann und nicht länger diese gesetzlich auferlegte Bürde tragen muss“, resümiert Bundeskammerpräsident

Pendl. Aber man soll den Tag auch nicht vor dem Abend loben! Noch ist der parlamentarische Gesetzgebungsprozess nicht vorbei. Das Gesetz wird erst Ministerrat (6. 11. 2012), Sozialausschuss (20. 11. 2012) und Nationalratsplenum (5./6. 12. 2012) sowie Bundesrat (20. 12. 2012) passieren müssen, um noch mit 1. 1. 2013 in Kraft treten zu können. Dabei kann es zu Änderungen oder Verzögerungen kommen. Für Präsident Pendl steht aber vor allem die möglichst unverzügliche Überführung im Vordergrund. All diese Erfolge konnten nur durch das geschlossene Auftreten der Berufsvertretung und der Kollegenschaft erreicht werden. Die große Mehrheit der Architekt(inn)en und Ingenieurkonsulent(inn)en befürwortet eine Überleitung in das FSVG. Bitte unterstützen Sie uns daher weiterhin, z. B. im Rahmen unserer Unterschriftenaktion. Jede zusätzliche Unterschrift hilft unserem gemeinsamen Anliegen. Mehr als 4000 gesammelte Unterschriften stellen ein beachtliches Signal an die Politik dar! — Christine Lohwasser — —

Arbeitsgruppe der Kammer

Ausreichende Einreichung Arbeitsgruppe soll den Umfang der Einreichplanung begrenzen und vereinheitlichen. — Jeder Architekt, jede Architektin kennt das: Der Aufwand zur Erlangung einer Baubewilligung steigt explosionsartig. Fassadenabwicklungen, Brandschutzkonzepte, Nettoglasflächenaufstellungen für jeden Raum, Darstellung von Lichtprismen bis hin zum Nachweis zukünftiger Veränderbarkeit von Raumaufteilungen sind nur einige Beispiele für Zusatzleistungen, die neben dem Verfassen der klassischen Einreichpläne heute abverlangt werden. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Sind die Änderungen des Baurechts mit Einführung der Bautechnikverordnung und die Bemühungen um stärkere Vereinheitlichung auf nationaler wie europäischer Ebene (Normen), erhöhte Sicherheitsansprüche (Brandschutz, Erdbebensicherheit) und das Bestreben nach größtmöglicher Barrierefreiheit weitgehend bekannt, wird eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung zur starken „Verrechtlichung“ al-

ler Lebensbereiche und deren Auswirkung auf das Baurecht meist zu wenig beachtet. Anrainerrechte etwa werden heute offensiv und häufig mit anwältlicher Unterstützung wahrgenommen, Haftungsfragen ungleich strenger gehandhabt, als dies noch in jüngerer Vergangenheit der Fall war. Die rasant gestiegene Komplexität der Materie zugleich bei knappem Personalstand auf Seiten der Behörde führt einerseits zum Abschieben von Aufgaben an Dritte (Prüfingenieur etc.) und andererseits zu großer Vorsicht und dem Bestreben, gegen möglichst jedes denkbare Ereignis abgesichert zu sein. Ergebnis ist ein Wust an zusätzlich beizubringenden Nachweisen, der heute je nach persönlicher Verfasstheit der zuständigen Behördenvertreter sehr unterschiedlich ausfallen kann. Eine Gruppe Architekten und Architektinnen wollte dies nicht weiter zur Kenntnis nehmen und wandte sich an Senatsrat Hermann Wedenig von der MA 37. Anhand konkreter Beispiele konnte nachgewiesen werden, dass ihr Aufwand zur Einreichung von Wohnbauprojekten in Wien seit 2006 um bis zu 60 Prozent gestiegen ist. Das war dann auch für die Baubehör-

de Anlass, einer Arbeitsgruppe zuzustimmen, die sich mit dem Thema befasst. Das Ziel ist es, erstens den Aufwand auf das zum Einreichzeitpunkt tatsächlich notwendige Maß zu begrenzen und zweitens eine Vereinheitlichung der heute noch gänzlich unterschiedlich gehandhabten Ansprüche seitens der zuständigen Stellen der MA 37 zu erreichen, eine Art Katalog, der je nach Bauvorhaben Art und Umfang der unbedingt erforderlichen Leistungen zur Erlangung der Baubewilligung auflistet. Für beide Seiten sollen somit größere Sicherheit und bessere Abschätzbarkeit im Verfahren entstehen. Eins aber sollte uns klar sein: Die Zeiten vergleichsweise simpler Einreichplanung sind Vergangenheit. Was zur Erkenntnis führt, dass es an uns liegen wird, das gänzlich veränderte Leistungsbild „Einreichplanung“ an die neuen Realitäten anzupassen und auch unseren Auftraggebern zu vermitteln, die weiterhin nach veralteten Schemata honorieren. — Christoph Mayrhofer Arbeitsgruppe Einreichplanung — —

Sterbende Orte. Verödende Städte. Welche Zukunft haben Niederösterreichs Zentren? So gut wie alles, was von jeher und noch bis vor wenigen Jahrzehnten in den Innenbereichen der Städte und Dörfer Platz fand, ja diese erst zu Zentren machte, ist heute an die Peripherie abgewandert, das Arbeiten in die Gewerbegebiete, das Einkaufen an die Kreisverkehre und Ortseinfahrten an den Siedlungsrändern. Die Siedlungskerne dagegen sind zunehmend von Leerstand und Niedergang betroffen. Darunter leiden das soziale und kulturelle Leben insbesondere im ländlichen Raum. ORTE-Raumplanungssymposium Dienstag, 13. November 2012, 13.30 bis zirka 18.00 Uhr Ort: NÖ Landesbibliothek, Vortragssaal, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten, Anmeldung: office@orte-noe.at, Tel.: 02732/783 74, www.orte-noe.at

Salzburg Architekturpreis 2012 Dieser ging an den Unipark Nonntal, Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg. Architekt: SEP – Storch Ehlers Partner GbR Architekten BDA, Hannover; Bauherr: BIG Bundesimmobilienges.m.b.H., Wien; Landschaftsplaner: WES & Partner, Hamburg. Anerkennungen gingen an Udo Heinrich Architekten für den Lokalbahnhof Lamprechtshausen und an Soma ZT GmbH für den Umbau und die Erweiterung der Bauakademie Salzburg. Ein Stipendium erhält Julia Körner für das Projekt „Tangible Data“.

Vorarlberg Erwerb Architekturfotosammlung und Archiv Ignacio Martínez Mit der Übernahme des Fotoarchivs Ignacio Martínez ist der Vorarlberger Landesbibliothek in Kooperation mit dem vorarlberg museum, dem Vorarlberger Architekturinstitut und der Dornbirner Sparkasse eine wichtige Erwerbung gelungen. Der spanischstämmige Architekturfotograf hat von 1995 bis 2005 mit mehr als 11.000 Diapositiven 752 zeitgenössische Bauten der Vorarlberger Architektur dokumentiert, ergänzt durch hunderte Bildbände, Zeitschriften- und Zeitungsartikel sowie Broschüren, in denen die Fotos veröffentlicht wurden.

Bundesweit LandLuft Baukulturgemeinde-Preis 2012 Die interdisziplinäre LandLuft Expertenjury unter dem Vorsitz von Univ.-Prof. Roland Gnaiger wählte insgesamt 13 Gemeinden aus sieben Bundesländern und nominierte sie für den LandLuft Baukulturgemeinde-Preis 2012: Neckenmarkt im Burgenland, Velden am Wörthersee in Kärnten, Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich, Neumarkt im Mühlkreis und Ottensheim in Oberösterreich, Hartberg in der Steiermark, Galtür, Hopfgarten in Defereggen und Rattenberg in Tirol sowie die vier Vorarlberger Gemeinden Hittisau, Klaus, Lauterach und Röthis. www.landluft.at Preisverleihung, Symposium, Ausstellungseröffnung sowie Buchvorstellung am Donnerstag, 8. November 2012, um 19.00 Uhr im Palais Eschenbach, 1010 Wien.


KAMMER/INTERN —— 14 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Wissensplattform

Stadtplanung

Die Plattform, die in die Tiefe geht!

Alpbacher Baukulturgespräche 2012

Der Aufbau einer Wissensplattform als Beitrag zur Qualitätsevaluierung der Berufsgruppe — Nach dem ersten Schritt der Implementierung der Weisungssammlung der Wiener Baubehörde auf der Arch+Ing-Homepage, wie in „derPlan“ Nr. 24 unter „Web-Datenbank kommt in Kürze“ angekündigt, geht die Umsetzung der internetgestützten Wissensplattform als Qualitätsmanagementinstrument in die zweite Runde. Bis November wird im Arbeitsausschuss ein Softwaremodell vorliegen, das Grundlage für vernetztes Erarbeiten und übersichtliches Bereitstellen von Informationen für unsere Berufsgruppe sein wird. Erklärtes Ziel einer digitalen Wissenstransferplattform ist es, einen offenen Wissenspool zu generieren, der im Arbeitsalltag den Mitgliedern, aber auch unseren beruflichen Partnern und Auftraggebern zur Verfügung stehen wird. Dafür wird im Ausschuss Wissenstransfer an einem Strukturmodell gearbeitet, das die Wirkungsweise der neuen Plattform im Innen- und Außenbezug definiert, gliedert und autorisiert. Über die Sektionsgrenzen hinweg durch ein Moderationsteam koordiniert, wird alsbald in Arbeitsgruppen zu vordringlichen Themen unseres Berufsalltags geforscht und gearbeitet werden. Ein vorrangiges Aufgabenfeld wird dabei die Auflösung von Widersprüchen in einschlägigen Gesetzesgrundlagen, Normen und Weisungen sein, deren Lösungsfelder durch eine interaktive

Nutzerprofilstrukturiertes Plattformkonzept Stand Oktober 2012

und rückkoppelbare Arbeitsweise schlußendlich als Stand der Technik autorisiert, den Nutzern online abrufbar und laufend aktualisiert zur Verfügung gestellt werden können. Das Plattformmodell erlaubt auch, nach Userprofilen gruppiert, ein Andocken aller interessierter Mitglieder und von den Arbeitsgruppen eingeladenen Experten. Die gesetzlich bereits heute vorgeschriebene Fortbildungsverpflichtung von Ziviltechnikern kann so öffentlichwirksam genutzt werden, um neben dem Eigennutzen für alle Teilnehmer, durch den Aufbau und

die Wartung eines berufseigenen Wissenspools, einen für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Beitrag und somit Nutzen zu generieren. — Ausschuss Wissenstransfer Dieter Hayde, Thomas Hoppe, Lukas Schumacher, Barbara Urban, Johannes Maria Zeininger — —

Wissensplattform

Datenschutz

Wiener Weisungen Die Weisungssammlung der Wiener Baubehörde jetzt online für Ziviltechniker(innen) mit aufrechter Befugnis. — Auf gemeinsame Initiative der Baudirektion der Stadt Wien/Gruppe Behördliche Verfahren und Vergabe und der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurde ein internetbasierter Datenbankzugang entwickelt, der es Ziviltechniker(inne)n ermöglicht, in die Weisungs- bzw. Verwaltungsverordnungssammlung der Wiener Baubehörde Einsicht zu nehmen. Mit diesem Service soll der Zugang zu wesentlicher, planungsrelevanter Information weiter forciert werden und damit dem Qualitätsanspruch aller Beteiligten Rechnung getragen werden. Durch Kenntnis der fachlichen Weisungen, die immer im Kontext mit geltenden Gesetzen und Verordnungen zu lesen sind, verfügen Ziviltechniker(innen) nun über denselben Wissensstand wie die Baureferent(inn)en, und können damit die Vorbereitung der Baueinreichungen optimieren und das Bauverfahren effizienter gestalten. Umgekehrt kann die Behörde aber auch davon ausgehen, dass ihr nunmehr besser informierte Ziviltechniker(innen) gegenüberstehen. In einer weiteren Ausbauphase soll es den Ziviltechniker(inne)n ermöglicht werden, aktiv fachliche Kritik zu einzelnen

Themenbereichen des Baurechts einzubringen und damit auch einen Beitrag zum echten Meinungs- und Wissensaustausch zwischen Behörde und Ziviltechniker(inne)n zu leisten. Der Präsident der Kammer, Walter Stelzhammer, und der Sektionsvorsitzende der Architekten, Herbert Ablinger, wiesen unisono auf die Bedeutung dieser Initiative hin und betonten, dass damit sowohl Qualität wie auch Effizienz der Bauverfahren wesentlich gesteigert würden. Die Vertreter der Kammer in der Arbeitsgruppe, Thomas Hoppe und Peter Bauer, betonten anlässlich des „going public“ der Weisungssammlung, dass damit dem Anspruch der Ziviltechniker(innen), das eigene Arbeitsumfeld aktiv mitzugestalten, Rechnung getragen werde. Die Beteiligten sehen das Projekt freilich nicht als Einbahnstraße, vielmehr sei die Berufsgruppe jetzt aufgefordert, aktiv Praxiserfahrung und Wissen einzubringen und an der Weiterentwicklung dieses Dialogtools mitzuarbeiten. Die Etablierung dieser Initiative sei nur durch ein kollegiales Miteinander von Behörde und Vertretern der Ziviltechniker(innen), das immer von einer Diskussion auf Augenhöhe gekennzeichnet gewesen sei, möglich geworden. Schon die ersten Tage des „Live-Betriebs“ haben gezeigt, welch großes Potential in dieser Möglichkeit liegt und dass die Kollegenschaft bereit ist, neue Tools zu nutzen und auch aktiv mitzuwirken. In den ersten 24 Stunden wurden Zugriffe über 100 un-

— Stärker als letztes Jahr dominierten Wiener Themen, internationale Vergleiche waren eher rar. An beiden Tagen ging es hauptsächlich um Fragen der wachsenden Stadt. Einvernehmlich diskutierte Thesen waren: „Zuzug findet dort statt, wo Arbeit vermutet/ gefunden wird“, „Jede Stadt braucht ihre individuelle Strategie“, „30 Prozent der Menschen können sich das Wohnen/die Wohnungen nicht mehr leisten“, „Ein bis zwei Prozent des Wohnungsbestandes wird jährlich neu errichtet“. Jörg Wippel (WVG) machte Vorschläge zur Wohnrechtsreform, um Mieten zu senken, die Markttransparenz zu steigern, und stellte zeitlich begrenzte Baulandwidmungen und neue Widmungskategorien zur Diskussion, um sozialem Wohnbau billigere Baugründe zu erschließen. Mehrfach gefordert wurde die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel sowie das „Redimensionieren“ diverser „Kostentreiber“ (Autoabstellplätze, Barrierefreiheit und Normen). Das Thema Bürgerbeteiligung wurde intensiv diskutiert. Walter Blachfellner (Salzburger LReg) meinte, dass Eingemeindungen oft das effektivste Mittel zur Herstellung einer konsistenten Raumordnung im städtischen Speckgürtel wären, jedoch im Zuge von Bürgerbeteiligungen nicht möglich seien. Hier würden Grenzen eines offensiv verstandenen Demokratiebegriffs sichtbar. Christoph Chorherr betonte die Wichtigkeit der „Beplanung und Bebauung“ ganzer Stadtteile statt einzelner Grundstücke. Dabei müsse auf Mononutzungen verzichtet und gemischte, veränderbare Nutzungen forciert und öffentlichem Raum mehr Bedeutung geschenkt werden. — Herbert Ablinger Sektionsvorsitzender Architekten —

terschiedlicher Nutzer registriert und wurde auch bereits eine erste inhaltliche Rückmeldung an die Baudirektion geliefert. Der Beweis, dass die Ziviltechniker(innen) an einer zeitgemäßen und effektiven Kommunikation interessiert sind, ist damit erbracht und kann als Auftrag für die Zukunft der Kammer verstanden werden. Die Nutzung der Weisungsdatenbank der MA 37 Per Post hat jedes Mitglied mit aufrechter Befugnis ein Schreiben der Kammer mit den persönlichen Einstiegsdaten erhalten, die den Zugang zu drei Services der Arch+Ing ermöglichen: der Umsatzmeldung, dem Arch+Ing Normenpaket und nun der Weisungsdatenbank der MA 37. Die gleichzeitig neu geschaffene Möglichkeit des „single sign-on“ mit eigener Passwortwahl ist ein weiterer Schritt in Richtung userfreundlicher Features der Kammer im Tagesgebrauch. — B G — Sollten Sie Ihre Zugangsdaten verloren haben, wenden Sie sich bitte an Frau Karin Achs, E-Mail: karin.achs@arching.at, Tel.: 01/505 17 81-11. Die Login-Zugänge finden Sie auf der Startseite der www.wien.arching.at

Beschwerde über das österreichische IKTKonG — Der neue Entwurf des Datenschutzgesetzes ist derzeit heftig umstritten. Neu ist, dass ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter bestellt werden kann; leider lässt der Entwurf offen, was genau die im Entwurf erwähnten Kriterien zur erforderlichen Fachkunde und Zuverlässigkeit sein sollen. Daher fordert Thomas Hrdinka, Vorsitzender der Bundesfachgruppe Informatik, dass der Entwurf in dem Sinne abgeändert wird, damit klargestellt ist, dass ein Ziviltechniker mit einschlägiger Befugnis unzweifelhaft die für einen Datenschutzbeauftragten notwendige Fachkunde aufweist. Das am 25. 4. 2012 in Kraft getretene IKT-Konsolidierungsgesetz schlägt weiter Wellen: Die Bundeskammer brachte eine Beschwerde an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften wegen Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts ein. Begründet wird die Beschwerde damit, dass durch die Bestimmungen sämtliche Mitbewerber in Sachen IT, und speziell Sachverständige für IT, im Bund vom Markt gedrängt werden. Da dadurch Wirtschaftsteilnehmer anderer Mitgliedstaaten diskriminiert werden, entspricht das einer gravierenden Verletzung der Dienstleistungsfreiheit. — Thomas Hrdinka, Ausschuss Informationstechnologie —


KAMMER/AKADEMIE —— 15 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Fortbildung

Immer am neuesten Stand bleiben — Kaum ein Thema mit derart globaler Relevanz wird aktuell so emotional diskutiert wie der Ausbau der erneuerbaren Energien. Wirtschaftliche Risiken werden ökologischen Potentialen gegenübergestellt, die Schätzung der notwendigen Investitionen und Kosten ist stark abhängig von den gefragten Protagonisten und weichen damit extrem voneinander ab. Ziele und Maßnahmen für das Zeitalter der erneuerbaren Energien in Deutschland hat die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept im Herbst 2010 aufgezeigt und bis zur Mitte des Jahrhunderts eine konsequente Senkung des Energieverbrauchs in Industrie, Mobilität und Bauwesen sowie die 60-prozentige Deckung aus erneuerbaren Quellen postuliert. Der Weg zu diesem ambitionierten Ziel wird die Mitwirkung aller Menschen in Deutschland erfordern, dazu ist Überzeugungsarbeit in großem Umfang zu leisten. Wir benötigen dazu eine konzertierte „Energie- und Kulturwende“. Darum ist es erforderlich, innovative Ideen und Beispiele zu realisieren, die als „Leuchttürme“ den Maßstab für künftige Standards definieren. Gebäude und Quartiere zu entwickeln, die mehr Energie aus erneuerbaren Quellen generieren als sie in ihrer Jahresbilanz bzw. ihrem Lebenszyklus benötigen, sind ein solcher Standard. In dem Vortrag werden die aktuellen zukunftsfähigen Projekte und Entwicklungen vorgestellt. Bauherren, Gebäudebesitzer oder Mieter, wer hat sich nicht schon einmal Gedanken über die zukünftige Energieversorgung gemacht, insbesondere wenn er die Entwicklung seiner Energiekosten analysiert oder an die Versorgungssicherheit aus fossilen Quellen denkt. Ein Gebäude, das seinen Energiebedarf ausschließlich aus der Nutzung erneuerbarer Quellen deckt, erschient einem eher wie ein Perpetuum Mobile oder aber unbezahlbar. Das Solarenergieangebot bietet die Möglichkeiten, in der Regel fällt im Jahr auf ein Quartier bzw. die Oberfläche eines Gebäudes mehr Solarenergie, als zur Energieversorgung benötigt wird. Die Herausforderung besteht in erster Linie in der Energiespeicherung, zur Überbrückung der tages- und jahreszeitlichen Verschiebungen zwischen Angebot und Bedarf. Die Strom-, Gas- und Wärmenetze im Verbund mit größeren Energiespeichern und dem Konzept „Power-to-Gas“ unterstützen die großflächige Umsetzung von EnergiePLUS-Standards. Das energieautarke Gebäude oder Quartier ist sicher keine Zukunftsoption für den Ausbau der Versorgung mit erneuerbarer Energie im Kontext der bestehenden Infrastruktur in Europa. Die dramatische Kostenreduzierung der Photovoltaiktechnik hat früher als erwartet die solare Stromerzeugung wirtschaftlich gemacht. Wärmeerzeugung aus solarstrombetriebenen Wärmepumpen ist bereits heute konkurrenzfähig im Vergleich zur Erzeugung mittels Öl- und Gaskesseln. Im Wettbewerb ist die Solarthermie dadurch unter Druck geraten, schon längst hat der „Kampf um die Dachfläche“ in Deutschland begonnen. Die Solarthermie-Branche ist herausgefordert, sich der Konkurrenz zu stellen und durch Innovationen zu überzeugen – dabei sollte es um ein Miteinander der Solartechnik gehen, indem die Stärken der jeweiligen Technologien genutzt werden. Es wird in Zukunft nicht nur darum gehen, Energie zu sparen, wie es beispielsweise das Passivhaus durch die strikte Begrenzung des Heizenergiebedarfs vorgibt und damit eindimensional dicke Dämmschichten oder mechanische Lüftungssysteme indirekt ein-

Foto: Architekturbüro Berschneider / Architektur: Berschneider + Berschneider GmbH

EnergiePLUS — Gebäude und Stadtquartiere als Kraftwerke

fordert, sondern um ein gesamtökonomisches Optimum aus Bedarfsreduzierung und ökologischer Energieversorgung. Ein EnergiePLUS-Gebäude bringt seinen Nutzern zudem eine gewisse Unabhängigkeit von den schwindenden fossilen Ressourcen und den volatilen Entwicklungen der Energiepreise. Die ersten Gebäude in EnergiePLUSStandard sind in Deutschland realisiert und haben ihre Praxistauglichkeit unter Beweis gestellt. Nach den ersten Ein- und Mehrfamilienhäusern sind Schulen und Nichtwohngebäude in der Umsetzung. Für den Umbau städtischer Quartiere sind bereits Pilotvorhaben in Planung, die bis 2020 neue Maßstäbe für nachhaltige Städte setzen werden. Seminar: Gebäude und Stadtquartiere als Kraftwerke – mit Gebäuden Energie gewinnen Leitung: Univ.-Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch Termin: 15. November, Ort: Arch+Ing Akademie, Wien Das Buch „EnergiePLUS –Gebäude und Quartiere als erneuerbare Energiequellen“ von Prof. M. N. Fisch ist im September 2012 erschienen. Bezug: IGS, TU Braunschweig, E-Mail: energieplus@igs.tu-bs.de, Preis 79 Euro, Subskriptionsrabatt 15 Prozent

Lehrgang Architekturwettbewerb — Österreichs Architekt(inn)en und Ingenieurkonsulent(inn)en versenken jedes Jahr -zig Millionen Euro bei der Teilnahme an Architekturwettbewerben. Sie verdienen daher transparente und faire Verfahren für die Auswahl der besten Projekte. Sie tragen vor allem als Juror(inn)en und Verfahrensorganisator(innen) die Mitverantwortung in diesen Verfahren. Was macht einen guten Juror, eine gute Jurorin aus? Welche Kompetenzen braucht er/sie? Auftraggeber(innen) suchen nach Unanfechtbarkeit in der Vergabe. Das in Krisenzeiten knapp gewordene Geld soll möglichst effizient ausgegeben werden. Und die Auftraggeber(innen) suchen nach dem besten Team für die Umsetzung und erwarten Sicherheit bei Terminen und Kosten. Die Vergabematerie ist in den letzten Jahren immer komplexer geworden. Was sind wirklich die Vorgaben des Bundesvergabegesetzes? Und was sind Vorgaben in Verfahren, die aus

Zukunftsvision: Mit der eigenen Solaranlage Energie für das Auto gewinnen

mangelnder Kenntnis der Materie der Beteiligten entstehen und zu einer unnötigen Einschränkung der potentiellen Teilnehmer und zu Verkomplizierung führen? Die Arch+Ing Akademie bietet in diesem Herbst den Lehrgang Architekturwettbewerb in einer komprimierten Form von 2 Halbtagen an. Er richtet sich schwerpunktmäßig an Auftraggeber(innen), Teilnehmer(innen) und Juror(inn)en eines Vergabeverfahrens. Für alle, die ihr Tätigkeitsfeld auf die Verfahrensorganisation erweitern wollen, wird es ein zusätzliches Modul geben. Das erste Modul bringt einen Abriss über das berufspolitische Regelwerk der Kammer, den Wettbewerbsstandard 2010, kurz WSA/WOA 2010. In dieser Version wurden die Widersprüche zum Bundesvergabegesetz bereinigt und die Wettbewerbsordnung klar herausgearbeitet. Die WOA 2010 wird heute von den meisten wichtigen öffentlichen Auftraggeber(innen) als Grundlage für den geregelten Ablauf von Vergabeverfahren verwendet. Einen weiteren Schwerpunkt des Nachmittags bildet eine Zusammenfassung der für die Berufsgruppe wichtigsten Paragraphen des umfangreichen Bundesvergabegesetzes durch RA Dr. Christian Fink. Hier wird im Laufe seines Vortrags evident, dass der Gesetzgeber nicht wirklich unterscheidet, ob ein Ziegel oder ein komplexes Gebäude vergeben wird und was die Folge dieser mangelnden Unterscheidung ist. Das Wettbewerbswesen aus der Sicht des wesentlichsten öffentlichen Auftraggebers vermittelt DI Peter Ehrenberger als Vertreter der BIG am Ende des ersten Moduls. Das zweite Modul bietet zuerst einen Überblick über die Arten der Vergabeverfahren und bringt praktische Beispiele. Gerade in jüngster Zeit gibt es neue Spielarten zu den Grundformen des anonymen Wettbewerbs und des Verhandlungsverfahrens, wie z. B. das wettbewerbsähnliche Verhandlungsverfahren oder das kooperative Verfahren. Was können sie, und bei welchen Vorhaben sollen sie verwendet werden? Eine wesentliche Rolle spielt die Jury. Die Qualität der Diskussion im Preisgericht bzw. in der Bewertungskommission spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei der Identifizierung der Auftraggeberin mit dem späteren Siegerprojekt. Diskussionskultur und hohe soziale Kompetenz der Juroren sind hier essentiell. Projekte, die der Auftraggeberin vom Preisgericht über eine Kampfabstimmung „aufgezwungen“ wer-

den, werden selten umgesetzt. Arch. Erich Steinmayr ist einer der Juroren, die anhand von vielen eigenen Erfahrungen eindrucksvoll vermitteln können, wie man als Juror z. B. mit Gegensätzen in einer Jury umgeht und was es braucht, um hier eine Einigung zu erreichen. Er rundet mit seinem Vortrag den Lehrgang ab. Leitung: Arch. Dipl.-Ing. Katharina Fröch Termine: Modul 1: 3. Dezember 2012, 15.00 bis 20.30 Uhr Modul 2: 6. Dezember 2012, 15.00 bis 20.00 Uhr Ort: Arch+Ing Akademie, Wien

Kurse

Die Highlights der Arch+Ing Akademie im Winter 2012 Liegenschaftsbewertung — Kurzlehrgang. Bewertungsgrundlagen und Erstellung von Gutachten 8. bis 10. November, Wien Infoabend zum Lehrgang Mediation — Wien, 12. November, 18.00 Uhr Lehrgangsstart: 21. Februar 2013 Lehrgang Bauprojektmanagement — Ausbildung zum Bauprojekt-Management-Assistenten Stufe D Lehrgangsstart: 15. November Nutzwertfestsetzung — Wohnungseigentum – Eigentumsfähige Objekte, Voraussetzungen zur Nutzwertfestsetzung nach dem WEG 2002 Seminar: 27. November und 4. Dezember Praxis-Workshop: 12. Dezember Örtliche Bauaufsicht I–III — Kurzlehrgang. Leistungsbild und Aufgaben, Organisation und Abwicklung 9., 16., 23. und 30. Jänner

Weitere Informationen unter: www.archingakademie.at Gratishotline: 0810/500 830


RECHT —— 16 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Berufshaftpflicht

Kolumne

Eine Frage der existentiellen Absicherung

Recht kompakt

Unbegrenzte Nachdeckung bei Berufshaftpflichtversicherungsverträgen von Ziviltechnikern — Die Gründe dafür, ob bei einem Berufshaftpflichtversicherungsvertrag eine begrenzte oder unbegrenzte Nachdeckung vereinbart werden soll, liegen einerseits in den Verjährungsfristen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), nämlich in der absoluten dreißigjährigen und in der relativen dreijährigen Verjährungsfrist (vgl. § 1489 ABGB), als auch andererseits an dem bei diesen Versicherungsverträgen geltenden Verstoßprinzip (= Verursachungsprinzip). Solange der Schadenersatzanspruch nicht verjährt ist, kann dieser gegen den Ziviltechniker als Versicherungsnehmer geltend gemacht werden. Im worst case können Schadenersatzansprüche bis zu dreißig Jahren nach dem fehlerhaften Verhalten bzw. Schadenseintritt geltend gemacht werden, soferne der Geschädigte nicht schon vorher Kenntnis von Schaden und Schädiger (= Ziviltechniker) hatte. In diesem Fall gilt nur die dreijährige Verjährungsfrist. Die Verstoßtheorie (Verursachungstheorie) bedeutet, dass ein Versicherungsfall nicht im Zeitpunkt des Schadeneintrittes oder der Anspruchserhebung, sondern im Zeitpunkt des Verstoßes (gegen Gesetze, Verordnungen, ÖNORMEN, etc.) als eingetreten betrachtet wird. Damit sind alle Verstöße, die während eines aufrechten Versicherungsvertrages gesetzt werden, gedeckt, egal wann der Schaden eintritt oder der Anspruch erhoben wird. Nun ist es aber so, dass am Versicherungsmarkt Berufshaftpflichtversicherungsverträge angeboten werden, die diese Deckung einschränken. Dies geschieht dadurch, dass eine befristete Nachdeckung vereinbart wird (z. B. ein

Vergaberecht Die Bildung einer BIEGE und deren Bekanntgabe an den Auftraggeber zwischen Abgabe des Teilnahmeantrages und Aufforderung zur Angebotsabgabe ist unzulässig.

VERTRagSLaufzEIT 1.1.2002 bis 1.1.2012

VORdEckuNg bis 1.1.2001

Jahr Nachdeckung nach Beendigung eines Versicherungsvertrages nach den Standardbedingungen AHBA 1970). Damit kann der zeitliche Versicherungsschutz unter Umständen nicht mit den Verjährungsfristen des Schadenersatzrechtes konform gehen, was zu gefährlichen zeitlichen Deckungslücken führen kann. Dies zeigt das Beispiel weiter unten. Wichtig ist, zu wissen, dass die Nachdeckungsfrist (sofern eine solche im Versicherungsvertrag vereinbart ist) erst dann zu laufen beginnt, wenn der Versicherungsvertrag beendet wird. Unter Vordeckung ist zu verstehen, dass der Versicherer für Verstöße Deckungsschutz gewährt, die vor Beginn des Versicherungsvertrages gesetzt werden. Üblicherweise wird die Vordeckung auf einen bestimmten Zeitraum vor Vertragsbeginn begrenzt (z. B. ein Jahr Vordeckung nach den Standardbedingungen AHBA 1970). Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist jedoch, dass der Verstoß dem Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss nicht bereits bekannt war. Beispiel für einen Berufshaftpflichtversicherungsvertrag mit jeweils einjähriger Vor- und Nachdeckung: Verstoßtheorie (Verursachungstheorie) Der Versicherungsschutz ist gegeben, wenn der Verstoß im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn der Versicherung (Vordeckungszeitraum) gesetzt wurde und dem Ziviltechniker bei Vertragsabschluss noch

NachdEckuNg bis 1.1.2013

nicht bekannt war oder während der aufrechten Versicherungslaufzeit gesetzt wurde. Der Versicherungsschutz ist nicht gegeben, wenn die Geltendmachung des Anspruches des Dritten nach Ablauf von einem Jahr nach Beendigung des Versicherungsvertrages erfolgt (Nachdeckungszeitraum). Um von vornherein Probleme zu vermeiden, ist dringend anzuraten, dass bei Abschluss eines Berufshaftpflichtversicherungsvertrages unbegrenzte Nachdeckung vereinbart wird, auch deshalb, da es seitens des Versicherers zu einer Schadenkündigung des Versicherungsvertrages kommen kann. Bei Vertragserneuerungen sollte vom eventuellen Nachversicherer die unmissverständliche schriftliche Zusicherung eingeholt werden, dass dieser zumindest subsidiär eine unbegrenzte Vordeckung gewährt. Eklatant tritt das Problem der begrenzten Nachdeckung bei reinen Projektversicherungen („stand-alone-Deckungen“) zutage, da diesbezüglich am Markt fast nur Angebote mit begrenzten Nachdeckungen zu erhalten sind. Es sollte deshalb, wenn man die sicherste Variante wählen will, das Angebot angenommen werden, welches die längste Nachdeckungsfrist (ideal die unbegrenzte Nachdeckung) bietet. Höhere Kosten sollten bei der Entscheidung nicht das ausschlaggebende Kriterium sein. — Peter Artmann — Akad. VKfm., Aon Jauch & Hübener GmbH Versicherungsmakler

Anmerkung

Vergabeverfahren

Ende der Schwellenwerteverordnung 2009 Mit Beginn des kommenden Jahres werden „lieb gewonnene“ Vergabeverfahren einschneidende Änderungen erfahren.

— Mit der BVergG-Novelle 2012 (in Kraft seit 1. 4. 2012) ist zum „wirklich allerletzten“ Mal die Schwellenwerteverordnung 2009 verlängert worden. Somit findet die Erhöhung der Subschwellenwerte (z. B. Direktvergaben bis 100.000 Euro exkl USt. und nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bis 1 Million Euro exkl. USt. bei Bauleistungen) mit 31. 12. 2012 tatsächlich ein Ende. Die neuen Schwellenwerte für Direktvergaben gemäß § 41 BVergG (für öffentliche Auftraggeber) bzw. § 201 BVergG (für Sektorenauftraggeber) reduzieren sich im kommenden Jahr auf folgende Werte: • < 50.000 Euro für öffentliche Auftraggeber

(§ 41 Abs. 2 BVergG) • < 75.000 Euro für Sektorenauftraggeber

(§ 201 Abs. 2 BVergG).

Neben der „herkömmlichen“ Direktvergabe ist bereits mit der BVergG-Novelle 2012 die Verfahrensart „Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung“ geschaffen wor-

den. Durch die Einfügung der §§ 41a und 201a BVergG ist es möglich, eine Direktvergabe in spezifischer Ausprägung weit über die bisherigen (alten) Auftragswertgrenzen hinaus zu wählen: • § 41a Abs. 2 BVergG < 130.000 Euro (Dienst- und Lieferleistungen) bzw. < 500.000 Euro (Bauleistungen) für öffentliche Auftraggeber; • § 201a Abs. 2 BVergG < 200.000 Euro (Dienst- und Lieferleistungen) bzw. < 500.000 Euro (Bauleistungen) für Sektorenauftraggeber.

Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, ist die Durchführung der „neuen“ Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung durchaus unkompliziert und bietet den Auftraggebern einen weiten Spielraum bei der Auswahl ihrer Auftragnehmer. „Knackpunkte“ sind die Vorgaben für die Auswahl jener Unternehmer, die zur Angebotsabgabe eingeladen werden, und für die Findung des Auftragnehmers. Dabei sollte man tunlichst der Versuchung widerstehen, sich allzu stark am Ablauf „herkömmlicher“ Vergabeverfahren zu orientieren. Die Vorteile der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung liegen gerade in der formlosen Abwicklungsmöglichkeit, verbunden mit einer großen Vergabekontrollsicherheit.

In einem zweistufigen Verfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages konnte ein Bieter ein K.-o.-Kriterium zur technischen Leistungsfähigkeit (Anzahl des Eigenpersonals) nicht erfüllen. Er machte daher in dem Teilnahmeantrag zwei weitere Unternehmen als Subunternehmer namhaft, um die technische Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Nach den (rechtswidrigen, aber bestandfest gewordenen) Bestimmungen der Ausschreibung war es allerdings unzulässig, für diese Mindestvoraussetzung Subunternehmer heranzuziehen. Nach dementsprechendem Hinweis durch den Auftraggeber teilte der Bieter nach Abgabe des Teilnahmeantrags dem Auftraggeber mit, dass er mit den als Subunternehmer, genannten Unternehmen eine BIEGE bilden würde. Der Auftraggeber schied aber den Teilnahmeantrag des Bieters mit der Begründung aus, dass der Bieter das geforderte Eignungskriterium nicht erfülle. Der Bieter bekämpfte das Ausscheiden mit dem Argument, dass die Bildung einer BIEGE während der gesamten Teilnahmefrist möglich sei, und stützte sich dabei auf § 20 Abs. 2 BVergG 2006. Der VKS Wien entschied im Sinne des Auftraggebers. Eine Bekanntgabe einer BIEGE zwischen Abgabe des Teilnahmeantrages und vor Beginn der Angebotsfrist ist unzulässig. Der Bieter verschafft sich durch die nachträgliche Bekanntgabe der BIEGE, um ein K.-o.-Kriterium zu erfüllen, einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil. Die Berufung auf § 20 Abs. 2 BVergG 2006 hilft dem Bieter nicht, weil sich diese Bestimmung nicht auf die erste, sondern auf die zweite Stufe des Verhandlungsverfahrens bezieht. (VKS Wien 28. 1. 2012, VKS-12681/11)

Während für das Auslaufen der „erhöhten“ Subschwellenwerte bei Direktvergaben bereits eine echte Alternative zur Verfügung steht, wird für das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bei Bauleistungen (derzeit bis zu einem Auftragswert von 1 Million Euro) kein wirklicher Ersatz geschaffen. Immerhin kann bei Bauleistungen bis zu einem Auftragswert von 500.000 Euro ebenfalls die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung gewählt werden. Für Dienstleistungserbringer ändert sich mit dem endgültigen Auslaufen der Schwellenwerteverordnung 2009 nicht allzu viel. Allerdings muss einer Direktvergabe zukünftig vielfach eine Bekanntmachung vorausgehen. Dies erhöht zweifellos die Transparenz, erfordert jedoch auf Seiten der Auftraggeber einige Überlegungen, um praktikable formlose Verfahrensabläufe für die Findung des Auftragnehmers zu schaffen. — RA Dr. Christian Fink RAA Ing. Mag. Sandro Huber — —

Bei einem zweistufigen Verfahren ist zu beachten, dass die Bildung einer BIEGE entweder vor dem Ende der Teilnahmefrist oder nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe bekanntgegeben werden kann. Zwischen diesen Zeitpunkten kann die Bekanntgabe nicht erfolgen. — Zweck der vertieften Angebotsprüfung ist die Überprüfung der Preise eines Angebotes und nicht eine Neukalkulation des Angebotes. Ein Auftraggeber vergab Bauleistungen nach dem Billigstbieterprinzip und führte über das Angebot eines Bieters eine vertiefte Angebotsprüfung gemäß § 125 BVergG 2006 durch. Der Bieter hatte seinem Angebot ein K3-Blatt mit einem bestimmten Mittellohnpreis beigelegt. Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung forderte der Auftraggeber den Bieter zur Nachreichung weiterer Kalkulationsunterlagen (K4- und K7-Blätter) sowie zur Neukalkulation des K3-Blattes auf. Der Bieter legte daraufhin ein neues K3-Blatt mit einem abweichenden Mittellohnpreis vor. Das Angebot des Bieters wurde vom Auftraggeber ausgeschieden. Der Bieter bekämpfte die Ausscheidung erfolglos: Das BVA beurteilte die Ausscheidungsentscheidung als rechtmäßig. Durch den anderen Inhalt der nachgereichten Kalkulationsblätter wurde zwar weder der Preis noch das Angebot geändert, allerdings enthielten die vorgelegten Kalkulationsblätter unterschiedliche Ansätze. Damit ist die Kalkulation nicht plausibel, und daher ist die Ausscheidung zu Recht erfolgt. Der VwGH sprach aus, dass die


RECHT —— 17 derPlan Nº 26 Oktober 2012

vertiefte Angebotsprüfung der Überprüfung der Preise des Angebotes dient und nicht deren Neukalkulation. Eine Neukalkulation würde dem Bieter die Möglichkeit eröffnen, einen ursprünglich unplausiblen Preis zu einem plausiblen zu machen. Die Aufforderung des Auftraggebers zur Neukalkulation eines Kalkulationsblattes ist aber unzulässig. Daher entsprach die vertiefte Angebotsprüfung nicht den gesetzlichen Bestimmungen, mit der Folge, dass die Ausscheidungsentscheidung rechtswidrig war. (VwGH 28. 2. 2012, 2007/04/0218) Anmerkung Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass ein Bieter im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung keine anderen Kalkulationsunterlagen vorlegen darf als jene, auf denen das Angebot basiert – selbst wenn er vom Auftraggeber zu einer „Korrektur“ der Kalkulationsgrundlagen (in welchem Ausmaß auch immer) aufgefordert wurde. — Zivilrecht Vereinbaren Werkunternehmer und Werkbesteller vertraglich, dass der Werkunternehmer die vom Werkbesteller bereitgestellten Pläne prüfen muss, dann ist der Werkunternehmer nicht verpflichtet, fachgerechte Pläne zu übergeben. Ein Werkbesteller beauftragte einen Werkunternehmer mit der Lieferung und Montage einer Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungsanlage in einem Gebäude. Die Pläne für diese Anlage wurden von einem vom Werkbesteller beauftragten Planer erstellt. Der Werkunternehmer verpflichtete sich vertraglich zur Prüfung der vom Werkbesteller beigestellten Pläne. Die Pläne waren fehlerhaft, und die Anlage funktionierte nicht ordnungsgemäß. Der Werkunternehmer hätte dies erkennen und folglich den Werkbesteller warnen müssen. Der OGH bejahte einen Ersatzanspruch des Werkbestellers gegen den Werkunternehmer. Zwar hat grundsätzlich ein Werkbesteller auch im Fall der Verletzung der (gesetzlichen) Warnpflicht durch den Werkunternehmer für die Untauglichkeit der von ihm beigestellten Pläne einzustehen. Der Werkbesteller muss sich aber nicht jedes Verschulden des Planers zurechnen lassen. Ein Mitverschulden fällt ihm nur zur Last, wenn der Planer ihm obliegende Pflichten oder Obliegenheiten verletzt hat. Allein durch die Beiziehung eines Planers treffen den Werkbesteller keine bestimmten Pflichten. Wohl können ihn unabhängig davon bestimmte Pflichten treffen. Fraglich war daher, ob der Werkbesteller zur Vorlage fachgerechter Pläne verpflichtet war. Der OGH verneint dies, weil der Werkunternehmer sich vertraglich verpflichtet hat, die beigestellten Pläne zu prüfen. Das fahrlässige Verhalten des Planers begründet daher kein Mitverschulden des Werkbestellers. Vielmehr haften Planer und Werkunternehmer dem Werkbesteller solidarisch. (OGH 20. 12. 2011, 4 Ob 137/11t) Anmerkung In der Praxis ist Vorsicht geboten, wenn sich der Werkunternehmer vertraglich zur Prüfung der vom Werkbesteller beigestellten Pläne verpflichtet. Denn sind die Pläne untauglich und warnt der Werkunternehmer nicht, dann kann er dem Werkbesteller keinen Mitverschuldenseinwand entgegenhalten. — Horst Fössl Sophie Dillinger — —

Haftpflichtversicherung

Vorsicht: Versichern hilft nicht immer Die Haftpflichtversicherung deckt nicht alles ab! Wie immer gibt es eine Fülle von Ausnahmen. — Aus gegebenem Anlass möchten wir darauf hinweisen, dass aufgrund der generell üblichen Vertragsbedingungen einige Fälle eintreten können, bei denen die Versicherung „nicht hilft“. Grundsätzlich übernimmt der Haftpflichtversicherer die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer wegen eines Personenschadens, eines Sachschadens oder eines reinen Vermögenschadens aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen erwachsen, sowie die Kosten der Abwehr einer von einem Dritten behaupteten Schadenersatzverpflichtung. Die Leistung des Versicherers umfasst daher nicht Ansprü-

che auf Vertragserfüllung, wobei darunter insbesondere Kosten fallen, um die vertraglich vereinbarte Leistung ordnungsgemäß (Gewährleistung) und rechtzeitig (Verzug) zu erbringen. Ebenso wenig vom Versicherungsschutz umfasst sind Vereinbarungen, die über die gesetzliche Schadenersatzpflicht hinausgehen. Dazu zählen z. B. Pönalen. Weiters ausgenommen vom Versicherungsschutz sind insbesondere: Vorsatz, Eigenschäden oder Schäden von Angehörigen. Die Versicherung erstreckt sich auch nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen reiner Vermögensschäden aus dem Versäumnis von Terminen, soweit diese Termine nicht durch Gesetz, Verordnung oder Bescheid gesetzt sind. Kein Deckungsschutz besteht auch für reine Vermögensschäden aus reinen Berechnungsfehlern, soweit diese nicht auf einem Planungsfehler beruhen. Unter diesen Ausschluss fallen z. B. Kostenvoranschläge und Massenberechnungen. Der korrekten Massenermittlung kann also

gar nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden. Für Aufwendungen, die der Auftraggeber zur Herstellung des ursprünglich geplanten Bauvorhabens sowieso zu bezahlen gehabt hätte („Sowiesokosten“), besteht Versicherungsschutz in Form der Abwehr. Es muss also jedem Ziviltechniker bewusst sein, dass er durch Fehler gewisse Sachverhalte verwirklichen kann, die zu einer persönlichen Verantwortung führen, ohne dass die Haftpflichtversicherung die Schadenersatzpflicht übernimmt. — Christoph Tanzer — —

Leserbrief

Normen(los)? — Lieber normen und: los! Ein paar Anmerkungen, Erläuterungen und Anregungen zu „Dialog ohne Grenzen – Normen(los)“ zwischen DI Martin Haferl und Architektin Mag. arch., M.Arch II Gabu Heindl in „derPlan“ Nr. 25, Juli 1012, Seite 8: — Normen sind das Ergebnis dessen, was eingebracht wird, bzw. reflektieren das. Das ist einerseits das Ergebnis der Meinungen, der Erfahrungen und des Fachwissens derer, die in den Komitees mitarbeiten. Das ist andererseits das Resultat aus dem Input, der im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens zu einem Norm-Entwurf geliefert wird. Sozusagen die externe Expertise. Wer will, der soll und kann sich einbringen, als Einzelperson genauso wie als Interessenvertretung. Man hat es hier nicht mit dunklen fremden Mächten zu tun. In den Komitees sind konkrete Menschen am Werk. Mit denen kann man reden – genauso mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Austrian Standards. Noch etwas – vielleicht ist das nicht bekannt genug: Neben der Möglichkeit, direkt im zuständigen Komitee mitzuarbeiten oder zu Entwürfen von Normen Stellung zu nehmen, gibt es auch so etwas wie ein „perma-

nentes Stellungnahmeverfahren“. Welche Erfahrungen man mit einer bestimmten Norm gemacht hat, welche Verbesserungsvorschläge man für eine Norm oder eine ganze Serie von Normen hat, das kann man jederzeit kommunizieren. Wissen und persönliche Erfahrungen, neues Denken kann man und soll man einbringen – am besten direkt. Anruf oder E-Mail genügt. Den Kontakt zu den verantwortlichen Komitee-Managerinnen und -Managern findet man einfach auf der Website von Austrian Standards (www.as-institute.at/development/). Ebenso das Normen-Entwurf-Portal. Und in gleicher Weise kann man seinen Wunsch nach aktiver Mitarbeit in einem bestimmten Komitee oder dessen Arbeitsgruppe deponieren. Denn Offenheit ist eines der Prinzipien der Normungsarbeit. Austrian Standards lädt Sie ein, diese Möglichkeiten zur Mitarbeit zu nutzen. Es sind die Rahmenbedingungen Ihres wirtschaftlichen Handelns und Umfelds, das Sie damit mitgestalten (können). Nur so ist sichergestellt, dass nicht andere die Standards, mit denen Sie leben und arbeiten müssen, für Sie festlegen. Womit auch deutlich wird, dass Gremien nicht „bestellt“ werden. Wozu noch zu ergänzen ist: Am Anfang ste-

hen jene, die einen Norm-Vorschlag einbringen. Aber – und das ist besonders wichtig – es wird seitens Austrian Standards größtes Augenmerk darauf gelegt, dass alle zur Mitarbeit eingeladen werden, die daran Interesse haben (sollten/könnten), weil sie das Thema betrifft. Und es wird darauf geachtet, dass Komitees ausgewogen besetzt sind (mit Vertretern der Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Verbraucher) und dass keine Seite die andere dominiert. Denn es geht dabei um Konsens, um die Einbindung all jener Meinungen und Erfahrungen, die relevant sind. Es geht um Dialog, um Denken (und zwar wirklich) ohne Grenzen. Mit freundlichen Grüßen — Dr. Karl Grün Director Development Austrian Standards Institute — — Arch+Ing lädt zur Veranstaltung: „Wider die Normenflut“ Ein Termin im Jänner 2013 wird demnächst bekannt gegeben.

g Arch+In

lädt ein

Kolumne

Aus dem Disziplinarausschuss Verstöße gegen die Standesregeln und Erkenntnisse des Disziplinarausschusses. — Vorsicht: Gefahr der Verletzung der Standesregeln bei Konsensabweichungen. Ein Zivilingenieur für Bauwesen verstößt gegen Punkt 1.1 der Standesregeln für Ziviltechniker, wenn er bestätigt, dass der Konsensplan und die Bauvorschriften eingehalten worden seien und keine Abweichungen zur Baubewilligung bestünden, obwohl tatsächlich mehrere Konsensabweichungen bzw. vorschriftswidrige Zustände bestanden, nämlich • eine bis zur Hausfront verlängerte und breitere Ausführung des Vorhauses und dadurch bedingte teilweise Verschiebung des

Stiegenhauses in das Vorhaus; eine unvollständige Ausführung des Eingangsbereiches des Vorhauses; • eine Abänderung der Fenstereinteilung des Vorhauses; • eine verringerte Anzahl von Dachflächenfenstern im Tonnendach; • eine unterlassene Errichtung der geschlossenen gartenseitigen Veranda im Erdgeschoss sowie deren südseitiger Außenmauer und des darüberliegenden Flachdaches; • ein fehlender Handlauf an der Stiege des Vorhauses; • eine ungenügende Absturzsicherung der Holzterrasse; • eine ungenügende Ausführung der Terrassengeländer im 1. Stock; • eine unterlassene Verlängerung des Stiegengeländers im Dachgeschoss; •

und er es unterlässt, der MA 37 die Abweichungen von der genehmigten Bauführung anzuzeigen, und wenn er die oben angeführten Leistungen erbringt, obwohl seine Befugnis seit 14 Jahren ruhend gemeldet ist. — Horst Häckel — —

Mag. horst häckel — ist Richter am Oberlandesgericht Wien und Vorsitzender des Disziplinarsenats der Sektion Ingenieurkonsulenten. — —


STEUER —— 18 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Unternehmensgründung

Kolumne

Werkverträge und Fördermöglichkeiten nutzen

Steuer kompakt

Es gibt nicht viele, aber doch einige Töpfe, die man bei der Unternehmensgründung anzapfen kann. Vorsicht ist auch bei Werkverträgen mit Kolleg(inn)en geboten. — Startvorteil bei Unternehmensgründung Das Neugründungsförderungsgesetz (NeuFöG) bietet finanzielle Unterstützung am Beginn einer Unternehmerkarriere. Um in den Genuss dieser Förderungen zu kommen, müssen Unternehmensgründer eine Erklärung der Neugründung bestätigen lassen. Wer ist begünstigt? Eine betriebliche Neugründung liegt vor, wenn ein freiberuflicher Betrieb durch Schaffung einer bisher nicht vorhandenen betrieblichen Struktur neu eröffnet wird. Dabei ist wichtig, dass der nunmehrige Betriebsinhaber innerhalb der letzten 15 Jahre nicht in vergleichbarer Art oder Branche (im In- oder Ausland) betrieblich tätig war. Es darf auch keine bloße Rechtsformänderung vorliegen. Betriebsinhaber sind • Einzelunternehmer, • unbeschränkt haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft (Gesellschafter einer OG oder Komplementär einer KG), • Kommanditisten einer KG oder Gesell-

schafter von Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligung von mehr als 50 % oder einer Beteiligung von mehr als 25 % kombiniert mit Geschäftsführungsbefugnissen. Welche Gebühren- und Steuerbefreiungen sind möglich? Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben für alle durch eine Neugründung unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen; • Grunderwerbsteuer bei Gründungseinlage von Grundstücken in eine neu gegründete Gesellschaft; • Gerichtsgebühren für die Eintragung eines neu gegründeten Unternehmens im Firmenbuch; • Gerichtsgebühren für die Eintragung im Grundbuch, wenn das einzutragende Grundstück als Gründungseinlage in eine Gesellschaft dient; • 1 % Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Anteilen an einer AG, GmbH, GmbH & Co KG; • Lohnabgaben (DB, Wohnbauförderungsbeitrag und Unfallversicherung): Die Befreiung steht innerhalb der ersten 36 Monate ab Neugründung für maximal zwölf Monate zu, wobei die 12-Monate-Frist ab Beschäftigung des ersten Dienstnehmers zu laufen beginnt. Hintergrund für die Ausdehnung des Zeitraumes auf 36 Monate ist die Tatsache, dass bei neu gegründeten Betrieben im ersten Jahr häufig noch keine Beschäftigung •

Bei Steuern haben wir keinen Plan

Darum wenden wir uns an die Profis. HFP Steuerberater - unser Partner in Steuerfragen - ist auf die Anforderungen von Ziviltechnikern und anderen Freiberuflern spezialisiert. Damit wir Raum für neue Ideen haben! HFP Steuerberatungs GmbH Beatrixgasse 32, 1030 Wien T +43 1 716 05-731 www.hfp.at | christian.klausner@hfp.at 20111215_Inserat_hfp_archIng_vers03_uncoated.indd 1

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von Dienstnehmern erfolgt, sondern erst in den Folgejahren. • Um Missbrauch zu vermeiden, darf innerhalb von zwei Jahren nach der Betriebsneugründung die Betriebsinhaberschaft nicht auf eine Person übergehen, die sich bereits in vergleichbarer Art als Betriebsinhaber betätigt hat. Wird die BetriebsinhaberVoraussetzung in diesem Sinne nicht erfüllt, entfällt rückwirkend die NeuFöG-Begünstigung. Für Unternehmensübertragungen gibt es ähnliche Begünstigungen. Berufsrechtliche Vorschriften verhindern nicht steuerliches Dienstverhältnis Freiberufler wie Architekten oder Zivilingenieure holen sich öfter Unterstützung durch selbständig tätige Kollegen. Mit diesen Vertretungen werden üblicherweise sogenannte „Werkverträge“ abgeschlossen. Damit ein solches Vertragsverhältnis vom Finanzamt oder der Gebietskrankenkasse auch akzeptiert und nicht in ein Dienstverhältnis mit steuerlich entsprechend negativen Folgen umqualifiziert wird, sollten mehrere Kriterien beachtet werden. • Persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn ein Dienstnehmer dem Dienstgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, „wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist“. Also wenn die Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübt wird. • Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates Basierend auf diesen gesetzlichen Vorgaben, hatte der Unabhängige Finanzsenat (UFS) in einem aktuellen Verfahren darüber zu entscheiden, ob ein Ziviltechniker, der im Rahmen eines Werkvertrages Leistungen an seinen Auftraggeber erbrachte, als steuerlicher/sozialversicherungsrechtlicher Dienstnehmer einzustufen ist. Dies wurde vom UFS mit der Begründung bejaht, dass der Ziviltechniker kein Unternehmerwagnis getragen und keine eigenen Betriebsmittel verwendet hatte. Er konnte vielmehr alle Infrastrukturkosten auf den Auftraggeber überwälzen, außerdem wurde er ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig. Weiters enthielt der Werkvertrag laut UFS keine Regelung, ob sich der Ziviltechniker von einem anderen Kollegen hätte vertreten lassen können. Gegen das UFS-Urteil wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebracht – die Entscheidung des Höchstgerichts bleibt somit abzuwarten. — Christian Klausner — —

christian klausner — ist geschäftsführender Gesellschafter der HFP Steuerberatungs GmbH. Er ist studierter Betriebswirt, seit 1988 Steuerberater und seit 1995 Wirtschaftsprüfer. Die Beratung von Freiberuflern sowie die Branchen Bauträger und Baugewerbe gehören zu seinen Spezialgebieten. Info: www.hfp.at — —

Betriebliche Altersvorsorge mit Steuervorteil Eine wesentliche Voraussetzung für eine reibungslose Unternehmensübergabe ist die künftige Versorgung des Übergebers. Wer hier schon viele Jahre im Voraus plant, hat die Chance, eine akzeptable Altersversorgung auch unter Nutzung steuerlicher Vorteile aufzubauen. Dabei sind Komponenten wie Ertragsbesteuerung, Sozialversicherungsbeiträge, Finanzierbarkeit oder Pensionierungszeitpunkt wesentlich. Eine Möglichkeit, bereits frühzeitig eine Eigenvorsorge für den späteren Übergeber aufzubauen, ist die betriebliche Altersvorsorge, allenfalls unter Einbeziehung einer Rückdeckungsversicherung. Diese kann etwa in folgenden Schritten umgesetzt werden: Pensionszusage an Geschäftsführer einer GmbH Eine GmbH erteilt ihrem Dienstnehmer eine Pensionszusage (direkte Leistungszusage). Dienstnehmer kann dabei auch der Geschäftsführer einer GmbH sein, der gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist, was häufig bei Familien-GmbHs der Fall sein wird. Gleichzeitig mit der Pensionszusage kann auch eine Erlebensversicherung abgeschlossen werden, wobei die GmbH als Dienstgeber Versicherungsnehmer ist, die versicherte Person ist der aus der Pensionszusage begünstigte Dienstnehmer bzw. der künftige Übergeber. Die GmbH leistet dann laufend Beitragszahlungen an die Versicherung und spart damit für die später fällig werdenden Pensionsleistungen an. Für die zugesagte Pension ist in der Bilanz der GmbH eine Rückstellung zu bilden, die aus steuerlichen Gründen zu 50 % mit einer entsprechenden Versicherung oder mit Wertpapieren zu decken ist. Die jährliche Rückstellungsdotierung der GmbH mindert in steuerlich anerkannter Höhe die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer. Die damit ersparten Steuern helfen mit, die späteren Pensionszahlungen zu finanzieren. Versicherungsanspruch und Wertpapierdepot verpfändet Im Ergebnis wird die spätere betriebliche Pension damit Stück um Stück durch ein ansteigendes betriebliches Wertpapierdepot und/oder einen ansteigenden Auszahlungsanspruch aus dem abgeschlossenen Rückdeckungs-Versicherungsvertrag finanziert. Damit der künftige Pensionsempfänger auch gesichert seine Pensionsleistungen erhält, werden der Versicherungsanspruch und das wachsende Wertpapierdepot von Anfang an zu seinen Gunsten verpfändet. Pensionsleistung mit steuerlicher Unterstützung Bei Beendigung des Dienstverhältnisses kann auf diese Weise eine mit steuerlicher Unterstützung aufgebaute Pensionsleistung bezogen werden. Diese Vorteile können ein weiteres Argument zur Errichtung einer Familien-GmbH sein – jedoch immer unter Beachtung aller anderen damit verbundenen Fragestellungen. Damit kann sich etwa ein mit 25 % beteiligter geschäftsführender Gesellschafter einer Familien-GmbH selbst eine betriebliche Altersvorsorge aufbauen. Die Finanzverwaltung lässt diese Vereinbarungen steuerlich auch bei einer 100 %-GmbHBeteiligung (Ein-Mann-GmbH) zu. — Christian Klausner — —


VERANSTALTUNGEN/TIPPS —— 19 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Buch

3. Wiener Ingenieurpreis, Roland-Rainer-Forschungsstipendium und Rudolf-Wurzer-Preis

Streitschrift wider die Verschandelung

— Am 29. November 2012, werden um 18.30 Uhr im Kuppelsaal der TU Wien drei für Architektur, Technik, Ingenieurwesen und Stadtentwicklung relevante Preise in einem gemeinsamen Festakt verliehen. Stadträtin Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, Dipl.-Ing. Hans Polly und Präsident Walter Stelzhammer sowie Repräsentanten der auslobenden Einrichtungen werden den 3. Wiener Ingenieurpreis, den Rudolf-Wurzer-Preis und das Roland-Rainer-Forschungsstipendium an die Gewinner(innen) und Gewinnerteams 2012 überreicht.

— Ausgerechnet der Jurist und „Zeit-im Bild“-Anchorman Tarek Leitner hat eine der interessantesten, mutigsten und klarsichtigsten Streitschriften zum Thema Raumplanung publiziert. Sehr subjektiv und unverblümt wirft er einen kritischen, philosophischen und dabei analytisch-informierten Blick auf die Hässlichkeiten in unserer Umgebung. Er ortet deren Wurzeln – ökonomische und politische Verflechtungen – und klagt an. Zur Architektenschaft merkt er an, dass „diejenigen, die das gelernt haben, in immer geringerem Maße für das beherrschende Bild unserer Umgebung verantwortlich sind. Vielmehr sind es die großen Auftraggeber.“ Gegen beide „kommt der, der von Berufs wegen schön gestalten könnte, kaum an. Seine Idee, die zu Beginn gedachte Grundkonzeption, kann durch so viele Kleinigkeiten, die alle dem Postulat der Wirtschaftlichkeit unterliegen, vernichtet werden.“ Umweltschutz ist für ihn „Mut zur Schönheit“. Hässlichkeit führt zugleich zur sozialen Fragmentierung. Schönheit zu etablieren ist also ein höchst soziales Engagement und braucht „Unvernunft – und die ist im politischen Diskurs nicht erklärbar“. „Im Namen der Wirtschaftlichkeit akzeptieren wir, dass der Raum, in dem wir unser alltägliches Leben verbringen, verunstaltet wird.“ Unter dem Argument der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit werden „Solaranlagen auf Fassade und Dächer geschraubt oder Wärmepumpen in die Vorgärten gesetzt und Häuser zu Tode gedämmt. Durch Tankstellen und Fastfood-Ketten, Lärmschutzwände, Baumärkte und Autobahnknoten wird unsere Umgebung versiegelt. Alles Dinge, die wir brauchen. Aber bemerken wir überhaupt noch, wie sie uns den Blick verstellen?“ Und er bemerkt richtig: „Wir haben den Zeitpunkt übersehen, als Billigbauten, wie sie Diskontketten errichten, das Bild einer Landschaft zum Kippen gebracht haben.“ Entstanden sind dadurch Hybridräume, die weder Stadt noch Land sind: wo landwirtschaftliche Flächen, umgeben von Parkplätzen und Bürokomplexen, und wo Lagerhallen auf Einfamilienhäuser treffen. „Die völlige Aufhebung von Stadt und Land und die Entstehung einer neuen Siedlungsform, den Rurbanismus.“ Allein in den Jahren 2007 bis 2011 sind in Österreich jährlich 5.600 Hektar Grünland in Bauland umgewidmet worden. Leitner schärft mit diesem Buch die Wahrnehmung für unsere Umgebung und entfacht eine längst fällige Diskussion über unseren achtlosen Umgang mit der Ressource Landschaft. Denn eine schöne Umgebung macht uns glücklicher als eine von Bausünden und Wirtschaftlichkeitsdenken zerstörte Umwelt. Eine Anleitung für visionäre Politiker und mündige Bürger.

3. Wiener Ingenieurpreis Der Preis für Ingenieure, Ingenieurinnen und Ingenieurteams. Der Wiener Ingenieurpreis wurde 2008 von der Stadt Wien gemeinsam mit der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland ins Leben gerufen und wird alle zwei Jahre vergeben. Ausgezeichnet werden sowohl außerordentliche Ingenieurleistungen, die in Wien realisiert wurden, als auch außerhalb des Landes erbrachte Leistungen von Wiener Ingenieur(inn)en und Ingenieurteams. Mit dem Preis sollen ein wichtiges und innovatives Werk, ein Projekt oder das Lebenswerk einer Ingenieurin, eines Ingenieurs oder eines Ingenieurteams ausgezeichnet werden. Mit der Vergabe des Ingenieurpreises soll auf die Leistungen und das Können der Ingenieure und Ingenieurinnen aufmerksam gemacht werden sowie ihr Stellenwert in der

Foto: TU Wien / Architektur: Joseph Schemerl

Einladung Festveranstaltung

Im prachtvollen Kuppelsaal der TU Wien werden am 29. November die Preise verliehen

öffentlichen Wahrnehmung verbessert werden. Für den heurigen Ingenieurpreis konnten sich fünf Ingenieure/-innen und Ingenieurteams nominieren. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. die Nominierungen — 1. fassadengebundene Vertikalbegrünung/ konstruktion, die am Amtsgebäude der Magistratsabteilung 48 realisiert wurde. Eingereicht von Ing. Karl Schwaiger, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48 2. Wien2k Programmpaket Eingereicht von Prof. Peter Blaha & Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Schwarz, TU Wien/Vienna, University of Technology/Institute for Materials Chemistry 3. Ein innovatives duaL-fLuId-kaltmodell Eine Versuchsanlage zur fluiddynamischen Untersuchung der Mehrphasenströmungen innerhalb eines ZweibettWirbelschichtsystems Eingereicht von Dipl.-Ing. (FH) Johannes Christian Schmid, TU Wien, Institute of Chemical Engineering/Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften

4. Wien hauptbahnhof Das Eisenbahninfrastrukturprojekt ist die Basis für das Städtebauprojekt, das einem neuen Stadtteil in der Größe des 8. Wiener Gemeindebezirks schafft. Eingereicht vom Wiener Team. Das Wiener Team besteht aus den Wiener Ziviltechnikern: Werner Consult Ziviltechnikergesellschaft m.b.H., ISP Ziviltechniker GmbH, Tecton Consult Engineering ZT GmbH, Stoik & Partner ZT-GmbH und Ingenieurbüro Pistecky 5. Library & Learning center, LLc am campus Wu, Wirtschaftsuniversität Wien – Tragwerksplanung Eingereicht von Vasko+Partner Ingenieure ZT GesmbH, Lothar Heinrich, Tragwerk/Statik Eine Darstellung der Nominierungen wird in einer Sonderbeilage zu „Der Standard“ am 30. November 2012 publiziert. die Jury — o. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Sabine Seidler Rektorin TU Wien Univ.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. georg haberhauer Vizerektor BOKU Mag. Dr. Eveline Steinberger-kern Siemens-Vorstand Dipl.-Ing. gerhard Sochatzy Leiter MA 29 – Brückenbau und Grundbau OSR.in Dipl-Ing.in Susanne Lettner Stadtbaudirektion Wien Dipl.-Ing. Stephan Barasits Wien Holding GmbH Dipl.-Ing. Peter Resch Ingenieurkonsulent für Bauingenieurwesen OSR Dipl.-Ing. andreas Rösner Zivilingenieur für Bauwesen Dr. gerfried Sperl „Der Standard“

Einladung

Arch+Ing Team: Fulminanter Sieg

Arch+Ing und KWT Golfturnier

bAIK und WKÖ — Sanierungstag 2012

— Am 7. Juli 2012 spielten 44 Mitglieder unserer Kammer sowie der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei optimalen Wetterbedingungen und bestens gelaunt ein Stabelfordturnier im Golfclub Adamstal in Niederösterreich. Beim kulinarischen Abschluss vergaben Architektin Katharina Fröch und Wirtschaftstreuhänder Thomas Keppert elf Preise. Bruttosiegerin Damen wurde Verkehrsplanerin Andrea Faast, Bruttosieger Herren Baumeister Ing. Thomas Fröschl. Im kommenden Jahr findet das Turnier am Samstag, 29. Juni, ebenfalls im Golfclub Adamstal statt.

— Der Nachhaltigkeitsausschuss der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten veranstaltet gemeinsam mit dem Fachverband Steine und Keramik der WKÖ erstmals einen Sanierungstag. Auf der Fachtagung referieren und diskutieren Expertinnen und Experten aus Architektur, Bauwesen, Industrie und Politik. Ihr Thema: Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um die Sanierung anzukurbeln und hochwertige Planung in energetischer, funktionaler und baukultureller Hinsicht als Grundkonstante zu verankern? Am Programm stehen u. a.: Präsident Arch. Georg Pendl (bAIK): „Ziele und Visionen für die Sanierung aus Sicht der bAIK“; Präsident Dr. Christoph Leitl (WKÖ): „Ziele und Visionen für die Sanierung aus Sicht der Wirtschaftskammer“; Univ.-Prof. Peter Maydl: „Grundlagen für die Nachhaltigkeit in der Sanierung“; Univ.-Prof. Stefan Schleicher: „Rolle von Gebäuden für die Erreichung der EU-Ziele und EU-Roadmaps“; Dr. Margarete Czerny: „Handlungsanweisungen für ein nachhaltig saniertes Österreich aus volkswirtschaftlicher Sicht“; Dr. Wolfgang Amann: „Wohnrechtlicher Reformbedarf. Präsentationen von Best-practice-Beispielen aus Sicht der Bauträger sowie der der Architekt(inn)en“. Gefolgt von einem gemütlicher Ausklang bei Imbiss und Getränken.

Trainer DI Wolfgang führte das Arch+IngTeam zum verdienten Sieg.

— Beim Fußballturnier des Jahres am Donnerstag, 6. September 2012, im Burgenland konnte das gut trainierte Kammerteam den ersten Platz erspielen. Das traditionelle „Drei-Länder Fußballturnier“ fand heuer im Sonnenseestadion in Ritzing bei Oberpullendorf im Burgenland statt. Mit dem Team der Arch+Ing kickten die Teams aus Mitarbeitern der Baudirektionen Wien, Niederösterreich und Burgenland. Beim kulinarischen Ausklang gab es reichlich Gelegenheit zum Kennenlernen und Networken. Baudirektorin Brigitte Jilka, und die Baudirektoren Peter Morwitzer und Hans Godowitsch vergaben gemeinsam mit Präsident Walter Stelzhammer und Kammerdirektor Hans Staudinger die Pokale. Platz zwei ging an die Baudirektion Burgenland, gefolgt auf Platz drei von der Baudirektion Niederösterreich. Das Technikteam der Baudirektion Wien schwächelte heuer und ging leer aus. Im kommenden Jahr wird das traditionelle Turnier in Niederösterreich stattfinden. Gleich danach, am 8. September, fand im ASKÖ-Sportcenter im Prater das „Architektenfußballturnier Archiball“ statt, bei dem es das Arch+Ing Team immerhin ins Viertelfinale schaffte. Das junge Team des Büros Mohr-Architekten konnte den Sieg für sich beanspruchen.

Foto: Arch+Ing

Golf

Foto: Arch+Ing

Fußball

Von links nach rechts: Katharina Fröch, Thomas Keppert, Joseph Schwaighofer (Nearest to the Pin), Andrea Faast (1. Preis Brutto Damen), Christian Bairhuber (1. Preis Netto A), Monika Berndl ( 2. Preis Netto A), Katharina Taumberger (2. Preis Netto B plus Longest Drive Damen), Thomas Fröschl (1. Preis Brutto Herren), Christian Thalhammer (3. Preis Netto A), Karin Bairhuber (1. Preis Netto B), Robert Angst (Longest Drive Herren) und Johannes Wageneder (3. Preis Netto B)

Termin: Dienstag, 30. Oktober 2012, 9.30 bis 17.15 Uhr Ort: Architekturzentrum Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien Veranstalter: bAIK und WKÖ anmeldung: für Teilnehmer(innen) bis 25. 10 .2012 an die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, Wien www.arching.at/sanierungstag2012, Rosa Frey, Tel.: 01/505 58 07-73, Fax: 01/ 505 32 11, E-Mail: rosa.frey@arching.at

Mut zur Schönheit. Streitschrift gegen die Verschandelung Österreichs — Autor: Tarek Leitner Christian Brandstätter Verlag Format 13,5 × 21 cm, 208 Seiten, Hardcover ISBN 978-3-85033-659-8 Euro 22,50


PLAN PAUSE —— 20 derPlan Nº 26 Oktober 2012

Kolumne

Der venezianische Zankapfel Der Streit zwischen Wolf Prix und David Chipperfield lässt vermuten, dass unsere Denkweise auch in globalisierten Zeiten noch lokal geprägt ist.

Ob die Biennale nun ein Raum für Debatten, ein Forum für Kompromisse oder geschlossener Raum zur Selbstbespiegelung ist: Wenn die Kontrahenten in ihren kulturellen Nischen sitzen bleiben, bleibt der Common Ground leer.

Foto: Privat

— Es war irgendwann in der Mitte der 90er Jahre, als der damals frisch zum Jungstar avancierte Greg Lynn im Audimax einer deutschen Universität sein neuestes Projekt vorstellte. Lynn erklärte sein parametrisches Design, das durch in den Computer eingespeiste Umweltfaktoren automatisch in permanenter Veränderung begriffene dreidimensionale Formen generierte. So etwas hatte man damals – Zaha Hadid hatte gerade mal ihr Vitra-Feuerwehrhaus vorzuweisen – noch nie gesehen. Der vollbesetzte Hörsaal lauschte fasziniert. Wie er nun auf die endgültige Form gekommen sei? Nun, erklärte Lynn fröhlich, er habe einfach in dem Moment auf „Stopp“ gedrückt, in dem ihm die Form gefallen habe. Und genau so solle das nun auch gebaut werden. Binnen Sekunden kippte das euphorische Schweigen der Studenten in entrüstetes Stimmengewirr. So willkürlich könne man doch nicht vorgehen! Ein System, ein Prinzip, das etwas wert sei, müsse doch immer objektiv gleich funktionieren! Etwas schön finden, also! Das genüge doch nicht! Wenn das jeder ...! Gregg Lynn war amüsiert und verwirrt. Warum die Deutschen auch immer alles so ernst nehmen müssen, mag er sich gedacht haben. Und hatte recht. Man kann wohl, bei aller Fragwürdigkeit der Lynn'schen Willkür, behaupten, dass sich hier beispielhaft der Unterschied zwischen angelsächsischem und teutonischem Denken aufzeigte. Dort das Trial-and-Error-Prinzip, die Mischung von Wissenschaftlichem und Persönlichem, die amerikanische Lust am Experiment und das britische, aus Jahrhunderten parlamentarischer Erfahrung destillierte muddling through. Auf der anderen Seite der ewige und ewig unerfüllbare Drang, immer alles richtig zu machen, der kategorische Imperativ, dass jedes noch so harmlose kleine Ergebnis die ganze Welt erklären müsse, und zwar in 100 von 100 Fällen. Seitdem ist die architektonische Welt globalisierter geworden, und die global an-

erkannten, sofort verständlichen Formen verkaufen sich dank opulent gerendertem Wow-Content weltweit. Man könnte denken, die Zeiten solcher lokaler Missverständnisse seien vorbei. Doch selbst zwischen Österreich und Deutschland klaffen noch Unterschiede. Hierzulande interessiert die brave und fugenlose Normierung aller Eventualitäten made in Germany weniger, hier gilt vielmehr die theatralische Geste, die Performance, die Emotion, der Witz, die Persönlichkeit, die „geniale Idee“. Womit wir bei Wolf Prix wären. Dieser hat sich, wie jedem bekannt sein dürfte, anlässlich der Biennale Venedig ein kleines Scharmützel mit deren Kommissar David Chipperfield geliefert und die Architekturschau als banalen „teuren Totentanz“ und ihr kompromissbereites Motto „Common Ground“ als „Schlimmer geht's nimmer“ bezeichnet, als politisch zahnlose Selbstbeweihräucherung eines kleinen Architektenghettos. Chipperfield reagierte, weniger wütend, eher irritiert, ähnlich wie einst Greg Lynn. Bemerkenswert dabei war, dass er nicht etwa den Inhalt der Prix'schen Kritik aufgriff, sondern die Unhöflichkeit der Form, in der sie vorgetragen wurde – nämlich über

die Presse und nicht vor Ort in Person. Dass die Biennale nicht fehlerfrei sei, gab auch er zu, das sei sozusagen selbstverständlich. Ob Prix mit seiner Kritik recht hat oder persönliche Scharten auszuwetzen versuchte, sei dahingestellt. Zweifellos gibt es einiges zu kritisieren. Doch spielen nicht vielleicht selbst bei zwei welterfahrenen Architekten die vermeintlich abgelegten kulturellen Prägungen der Heimat hinein? Wird nicht ein kompromisserfahrener Brite wie Chipperfield von vornherein keine große Lösung von einer solchen Schau erwarten? Die Begegnung, der Austausch, die Diplomatie, die Suche nach dem Gemeinsamen, so lehrt die Geschichte des nüchternen Realismus von der Insel, führt langfristig eher zum Ziel. Dass die Durchwurschtelparole des muddling through auch zu frustrierend kraftlosem Durchschnitt führen kann, zeigt die breite Masse der Architektur in Großbritannien. Andererseits resultierten diese Qualitäten in einem alle Aspekte des Bauens umfassenden Meisterwerk wie dem Neuen Museum in Berlin, wo für jeden Qua-dratzentimeter Terrazzo und für jedes kleine Einschussloch aus dem Zweiten Weltkrieg ein Common Ground gefunden wurde.

Man mag das Ganze als letztlich unbedeutenden Hahnenkampf abtun, der niemanden weiterbringt. Als Indikator für kommunikative Missverständnisse ist der venezianische Zankapfel jedoch ein Lehrbeispiel. Der Common Ground für Debatte ist offenbar weniger selbstverständlich, als man denkt. Ihn zu fordern und zu versuchen, deshalb umso nötiger. — Maik Novotny — —

Maik Novotny — studierte Architektur in Stuttgart und Delft. Er lebt seit 2000 in Wien, ist Mitbegründer des OnlineArchivs „Eastmodern“ zur Spätmoderne in Osteuropa und schreibt über Architektur für den „Standard“ (regelmäßig) und andere (gelegentlich). — —

Vision des Monats

Architekturkongress INCM 2012 erstmals in Wien — 1981 von Studierenden ins Leben gerufen, fand diesen Sommer in Helsinki zum 32. Mal die inzwischen legendäre EASA (European Architecture Students Assembly) statt, die von lokalen Zeitungen bereits als das „Woodstock der Architekt(inn)en“ angekündigt wurde. Etwa 450 Studierende aus 40 europäischen Ländern – der Europabegriff ist hier bewusst weit gefasst – kamen dort auch dieses Jahr wieder zusammen, um sich in erster Linie miteinander auszutauschen, aber auch um gemeinsam zu arbeiten und im Rahmen von zweiwöchigen Workshops Projekte umzusetzen. Als zweites großes Event des Netzwerks EASA, findet ebenso jedes Jahr in einem anderen Land das INCM (Intermediate Na-

tional Contact Meeting) statt, bei dem sich zwei Vertreter aller teilnehmenden Länder, die sogenannten NCs (National Contacts), treffen, um sich über die weitere Entwicklung des Netzwerks zu beraten. Eine Besonderheit dieses Kongresses ist es, dass es keine Abstimmungen gibt, sondern dass alle Entscheidungen im Konsens getroffen werden. Ein solcher wird von 26. Oktober bis 1. November hoffentlich auch in Wien gefunden werden, wo das INCM 2012 als erste EASAbezogene Veranstaltung in Österreich stattfinden wird. Insgesamt werden 150 Architekturstudierende aus ganz Europa erwartet, für die das ambitionierte österreichische EASATeam ein ansprechendes Programm gestaltet. Neben Diskussionen sind zahlreiche Vernetzungsveranstaltungen, wie Lecture- Abende, Filmvorführungen, Exkursionen und Workshops geplant. — Gertrud Purdeller Infos: www.incm2012.at

Foto: Gertrud Purdeller / Architektur: Gemeinschaftsprojekt von Studierenden

Architekturstudierende bauen an europäischer Integration.

EASA 2012 in Helsinki setzte sich mit dem Thema Wastelands auseinander.


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