06/09 AUSGABE 8
BlackBox – Expertengespräch
Mr. Pixel und Mrs. Grain – Eine filmreife Beziehung
Das Magazin von ARRI RENTAL DEUTSCHLAND & ARRI POSTPRODUKTION – Special Edition
Mr. Pixel & Mrs. Grain Drei Kurzfilme von ARRI GB ironisieren die Technik-Debatte Analog/Digital als Ehekrise beim Psychiater
Rainer Klausmann Die Schweizer Kamera-Legende steht Rede und Antwort über das Geheimnis seines Erfolgs
ARRI Commercial Der kreative Herzschlag Schwabings für die Welt der Werbung
Die Tür Bond-Star Mads Mikkelsen auf den steinigen Pfaden von Schuld und Sühne im neuem Kinofilm von Regisseur Anno Saul
Ein Beziehungsgespräch unter Experten: Was Sie schon immer über Pixel und Korn wissen wollten.
Deutschlandpremiere der drei Kurzfilme „Mr. Pixel and Mrs. Grain – Session I, II, III“ produziert von ARRI
In der Branche wird heiß diskutiert: analoger oder digitaler Dreh – wo liegt die Wahrheit? Im Gespräch mit Kreativen, deren Handwerk es ist hinter der Kamera zu stehen, beleuchten wir die vielfältigen Sichtweisen. Namhafte Kameraleute stellen sich Fachfragen und geben Antworten aus ihrem Erfahrungsschatz.
Filmfest München BlackBox Gasteig Freitag, 3. Juli 2009 14.30-16.30 Uhr
Freuen Sie sich auf eine spannende und informative Runde.
ARRI Film & TV
ARRI Rental
Angela Reedwisch Phone: +49 89 3809 1574 E-Mail: areedwisch@arri.de
Thomas Loher Phone: +49 89 3809 1440 E-Mail: tloher@arri.de
www.arri.de
VISIONARRI
ARRI SERVICES GROUP NETWORK ARRI SERVICEUNTERNEHMEN AUSTRALIEN ARRI Australia, Sydney Kamera, Digital Stefan Sedlmeier T +61 2 9855 4300 ssedlmeier@arri.com.au GROSSBRITANNIEN ARRI Lighting Rental, London Licht Tommy Moran T +44 1895 457 200 tmoran@arrirental.com ARRI Focus, London Short Term Lichtverleih für Werbung & Promos Martin Maund, George Martin T +44 1895 810 000 martin@arrifocus.com george@arrifocus.com ARRI Media, London Kameras, Digital, Bühne Philip Cooper T +44 1895 457 100 pcooper@arrimedia.com ARRI Crew, London Diary Service (Crewvermittlung) Kate Collier T +44 1895 457 180 arricrew@arrimedia.com DEUTSCHLAND
ARRI Schwarzfilm Berlin GmbH Kopierwerk, Postproduktion Mandy Rahn T +49 30 408 17 8534 mrahn@arri.de Schwarzfilm GmbH Ludwigsburg Postproduktion Philipp Tschäppät T +49 7141 125 590 philipp@schwarzfilm.ch LUXEMBURG ARRI Rental Luxemburg Kamera, Licht, Bühne Steffen Ditter T +352 2670 1270 sditter@arri.de ÖSTERREICH ARRI Rental Wien Kamera, Licht, Bühne Gerhard Giesser T +43 664 120 7257 rental@arri.at SCHWEIZ Schwarz Film AG Ostermundigen und Zürich Kopierwerk, Postproduktion Philipp Tschäppät T +41 31 938 11 50 philipp@schwarzfilm.ch
ARRI PARTNER UND NIEDERLASSUNGEN AUSTRALIEN
RUSSLAND
Cameraquip Melbourne, Brisbane Kamera Malcolm Richards T +61 3 9699 3922 rentals@cameraquip.com.au
ACT Film Facilities Agency Limited St. Petersburg Kamera, Licht, Bühne Sergei Astakhov T +7 812-110 20 80 astakhovs@mail.ru
DEUTSCHLAND Maddel’s Camera GmbH Hamburg Kamera, Bühne Matthias Neumann T +49-40-66 86 390 maddel@maddels.com INDIEN Anand Cine Service Chennai Kamera, Licht, Bühne, Kopierwerk, Postproduktion) Tarun Kumar T +91 44 2834 2811 contact@anandcine.com ISLAND Pegasus Pictures Reykjavik Kamera, Licht, Bühne Snorri Thorisson T +354 414 2000 snorri@pegasus.is JAPAN
ARRI Rental Berlin Kamera, Licht, Bühne Ute Baron Christoph Hoffsten T +49 30 346 800 0 ubaron@arri.de choffsten@arri.de
TSCHECHIEN ARRI Rental Prag Kamera, Licht, Bühne Robert Keil T +42 025 101 3575 rkeil@arri.de
NAC Image Technology Inc. Tokyo Kamera, Bühne Tomofumi Masuda T +81 3 5211 7960 masuda@camnac.co.jp
ARRI Rental Köln Kamera, Licht, Bühne Stefan Martini T +49 221 170 6724 smartini@arri.de
USA
NEUSEELAND
ARRI CSC, New York Kamera, Digital, Licht, Bühne Simon Broad, Hardwrick Johnson T +1 212 757 0906 sbroad@arricsc.com hjohnson@arricsc.com
Camera Tech Ltd. Wellington Kamera Peter Fleming T +644-562 88 14 cameratech@xtra.co.nz
ARRI Rental Leipzig Kamera, Licht, Bühne Annerose Schulze T+49 341 3500 3561 aschulze@arri.de ARRI Rental München Kamera, Licht, Bühne Thomas Loher T +49 89 3809 1440 tloher@arri.de ARRI Film & TV Services München Kopierwerk, Postproduktion Vertrieb international Angela Reedwisch T +49 89 3809 1574 areedwisch@arri.de ARRI Film & TV Services Niederlassung Köln Postproduktion Markus Klaff T +49 221 571651-0 mklaff@arri.de
ARRI CSC, Florida Kamera, Digital, Licht, Bühne Ed Stamm T +1 954 322 4545 estamm@arricsc.com Illumination Dynamics, LA Licht, Bühne Carly Barber, Maria Carpenter T +1 818 686 6400 carly@illuminationdynamics.com maria@illuminationdynamics.com Illumination Dynamics, North Carolina Licht, Bühne Jeff Pentek T +1 704 679 9400 jeff@illuminationdynamics.com
NEUSEELAND Xytech Technologies, Auckland Licht Stephen Pryor T +64 9 377 9985 stephen@xytech.co.nz RUMÄNIEN Panalight Studio Bukarest Kamera, Licht, Bühne Diana Apostol T +40 727 358 304 office@panalight.ro
4 MR. PIXEL & MRS. GRAIN
Was ist besser, analoger Film oder digitale Aufzeichnung? Drei Episodenfilme von ARRI Media London nach einer Idee von Claus Richter geben die Anwort: Beides!
8 LIPPELS TRAUM
In der Bestsellerverfilmung der collina Filmproduktion sorgen die VFX-Spezialisten von ARRI Digital wieder für die märchenhaftesten Momente
SKANDINAVIEN BLIXT Camera Rental Dänmark, Norwegen & Schweden Kamera Björn Blixt T +45 70 20 59 50 blixt@blixt.dk
10 CHRISTIAN WIESER
Der neue ARRI Visual Effects Supervisor über seine Aufgaben und Plänen
13 MARTIN SCHWERTFÜHRER
Vom neuen Leiter des ARRI Kopierwerks werden die Weichen für die Geschäftsentwicklung der nächsten Jahre gestellt
SÜDAFRIKA Media Film Service Kapstadt, Johannesburg, Durban, Namibia Kamera, Licht, Bühne, Studio Jannie van Wyk T +27 21 511 3300 jannie@mediafilmservice.com UNGARN
14 RAINER KLAUSMANN
Ein Gespräch mit dem Schweizer Kamera-Star über die Kunst Geschichten zu erzählen
16 MEHR ZEIT FÜR DIE KUNDEN
ARRI Lead Colorists Traudl Nicholson und Rainer Schmidt über die Neustrukturierung der ARRI DI-Abteilung
Vision Team Budapest Kamera, Licht, Bühne Gabor Rajna T +36 1 433 3911 info@visionteam.hu USA & KANADA Clairmont Camera Hollywood Los Angeles (USA) Toronto, Vancouver (Canada) Kamera Irving Correa T +1 818 761 4440 irvingc@clairmont.com
18 DAS NEGATIV ALS MASS ALLER DINGE Andreas Lautil und Bianca Stumpf verstärken als Lichtbestimmer die ARRI DI-Abteilung
20 DIE TÜR
Im neuen Kinofilm von Regisseur Anno Saul ringt Dänemarks Weltstar Mads Mikkelsen in einem fantastischen Szenario mit seiner Vergangenheit
22 HENRI 4
Für seine Verfilmung von Heinrich Manns Historien roman setzt Regisseur Dr. Jo Baier auf die Qualitäten der ARRIFLEX D-21
24 DIE FREMDE
Regisseurin Feo Aladag realisiert mit Hauptdarstellerin Sibel Kekilli einen Film über die Sehnsucht einer Frau nach Selbstbestimmung
26 ARRI COMMERCIAL
Im Herzen Schwabings bietet ARRI Commercial die Antwort auf alle Fragen rund um multimediale Werbebotschaften
30 ARRI SOUND
Über die Auszeichnung mit dem Deutschen Filmpreis für Beste Tongestaltung und die Audioestauration wertvoller Archivbestände
31 ARRI FILM & TV IN KÖLN
Markus Klaff ist Leiter des neuen ARRI PostproduktionsStandorts in Köln
INHALT
22
USA & KANADA Fletcher Chicago Chicago Kamera Stan Glapa T +1 312 932 2744 stan@fletch.com VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE Filmquip Media Dubai Kamera, Licht, Bühne Anthony Smythe, Mr. Hugo Lang T +971 4 347 4909 ant@filmquipmedia.com hugo@filmquipmedia.com
4
30 30 8
VisionARRI möchte folgenden Mitwirkenden danken: Philipp Bartel, Dr. Katja Birkenbach, Ute von Hohenzollern, Ingo Klingspon, Henning Rädlein, Angela Reedwisch, Claus Richter, Prof. Jürgen Schopper, Sabine Welte
Eine Publikation der ARRI Film & TV Services GmbH, Türkenstr. 89, D-80799 München. Die in den Artikeln der VisionARRI von Einzelpersonen zum Ausdruck gebrachten Meinungen geben nicht unbedingt die Ansichten der Herausgeber bei ARRI Film & TV wieder. Durch das ständige Bemühen um Verbesserung in Qualität und Design können sich bei unseren Produkten immer wieder Anpassungen und Veränderungen ergeben. Angaben über Verfügbarkeiten und Spezifikationen, die in dieser Publikation gemacht werden, können sich ohne Angabe von Gründen ändern.
VISIONARRI
EINE FILMREIFE BEZIEHUNG
DIE ARRIFLEX 235 plus Ultra Primes kamen bei diesen Szenen zum Einsatz
Szenen einer Ehe Die Diskussion zwischen den Befürwortern des analogen Films einerseits und den Parteigängern digitaler Aufzeichnung im Filmschaffen andererseits über die Überlegenheit ihrer jeweiligen technologischen und kreativen Positionen dauert nun schon einige Jahre und wird die Branche auch so schnell nicht wieder verlassen. Über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Trägermedien des Filmemachens und ihrer komplexen Beziehung zueinander lässt sich abstrakt trefflich streiten, ohne zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Für ARRI, ein Unternehmen, das beide Formate bedienen kann, war das Anlass genug, einen ebenso pointierten wie humorvollen Beitrag zu dieser Debatte in Form von drei Episodenfilmen zu leisten. Wer bei YouTube nach Mr. Pixel and Mrs. Grain sucht, stößt dort auf drei von ARRI Media London produzierte Kurzfilme, die nicht nur in ihrer Inszenierung den Lagerstreit zwischen digital und analog im Filmschaffen auf sehr britische Art ironisieren, sondern auf der Metaebene selbst als Musterbeispiele der Versöhnung der unterschiedlichen Positionen dienen können. Jeder der drei Filme wurde nämlich in einer szenischen Mischung aus analog und digital aufgenommenen Elementen realisiert, und damit zu einer Verdeutlichung dessen, wie man im Filmschaffen das Beste aus beiden Welten haben kann.
„ES IST WUNDERBAR, DASS ER KEINE KRATZER BEKOMMT.”
4
5
MR. PIXEL & MRS. GRAIN
VISIONARRI
ARRIFLEX 416 plus Ultra Primes, die Kamera der Wahl beim ‚Shopping‘
Das Konzept der Filme stammt von Claus Richter, Technical Sales Executive ARRI GB, der im Juli 2008 von ARRI Geschäftsführer Franz Kraus als zeitweiliger Product Manager für das Super 16 Format beauftragt wurde, Überlegungen zur Neubelebung dieses Formats anzustellen. Es sollte ein frischer und ungewöhnlicher Ansatz gefunden werden, um eine entsprechende Aufmerksamkeit bei den Filmschaffenden zu erzielen. „Natürlich suchte ich eine Plattform um beide Formate, Digital und Film, gegenüber stellen zu können“, erinnert sich Richter. „Gleichzeitig wollte ich lieber einen neutralen Filmbeitrag produzieren als einen klassischen Werbespot für ARRI, einfach um diesen Beitrag dann auch auf Filmfestivals oder ähnlichen Events zeigen zu können.“ Vor allem wollte Claus Richter aber die Gelegenheit nutzen, diesen Spot gemeinsam mit Filmstudenten zu produzieren, um so deren Meinung über die zur Diskussion stehenden Formate in Erfahrung zu bringen und das Für und Wider der beiden Positionen herauszuarbeiten. „Die nun schon Jahre andauernde Diskussion zwischen dem analogen und dem digitalen Lager mit ihren zu keinem wirklichen Schluss führenden Argumentationen, erinnerte mich dabei irgendwie an einen Beziehungsstreit, an eine Art Ehekrise à la Loriot“, kommentiert Richter die Entstehung des Grundkonzepts von Mr. Pixel & Mrs. Grain: Ein Ehestreit als Metapher für eine Technikdiskussion. Richter kontaktierte den Leiter der Kameraabteilung der renommierten National Film and Television School (NFTS) in Beaconsfield bei London, Brian Tufano (DoP von Trainspotting und Billy Elliot), um mit ihm über eine Umsetzung zu sprechen. „Ich legte ihm mein Konzept von Mr. Pixel & Mrs. Grain vor und er arrangierte ein Treffen mit seinen Studenten, um die Filme zu realisieren. So entstanden die Bücher für die drei Episoden.“ Rahmenhandlung aller drei Teile ist die wöchentliche Sitzung des Ehepaars Mr. Pixel und Mrs. Grain bei einem Paartherapeuten. Die Frau hat natürlich ihren Mädchennamen beibehalten, schließlich kommt sie aus der traditionsreicheren Familie – mit einem chemischen Background. Er ist der pragmatische Newcomer ohne Geschichtsbewußtsein, der sich nur für seine Welt aus Nullen und Einsen interessiert. 6
MIT DER D-21 plus Master Prime 40mm, HD 4:2:2 auf SRW-1, wurden die Therapiesitzungen aufgezeichnet
Damit ist klar, dass sich die Unstimmigkeiten zwischen den beiden vor allem aus den Vorurteilen über die unterschiedliche ‚soziale‘ Herkunft des jeweils anderen Partners speisen. Wobei sich die verbale Auseinanderssetzung der beiden ausschließlich aus dem Wörterbuch der Kameratechnik bedient, was in Kombination mit den Bildern zu manch dadaistischer Verfremdung mit Lachgarantie führt. Beim Eheberater lernen beide jedoch schließlich die Vorzüge des anderen erneut zu schätzen, was sie wieder näher zusammenbringt. Eingebettet in diesen Rahmen sind Rückblenden, die sich aus den Fragen des Therapeuten ergeben. In Folge 1 wird erzählt, wie sich das Paar in einer Kunstgalerie kennenlernt, in Folge 2 gehen die beiden shoppen, weil Mr. Pixel sich dem Film-Look seiner Frau anpassen will, und in Folge 3 wird Mrs. Grain während eines Picknicks von einer DI-Truppe in einem Helikopter entführt und ‚digitalisiert‘ zurückgebracht.
Die Dreharbeiten fanden in den Studios der NFTS statt. Kodak stellte kostenlos das Filmmaterial (Kodak VISION2 50D, 5201/ 7201) zur Verfügung, das Soho Filmlab (Paul Collard) übernahm die Entwicklungskosten und die Helicopter Film Services Ltd. in Denham sponsorte den Hubschrauber für die Episode, in der Mrs. Grain von der ‚bösen‘ DI geraubt wird. Vorgabe war, für die Aufnahmen sowohl Digital- als auch Film-Kameras zu verwenden. Claus Richter: „So konnte ich die Studenten einerseits beim Umgang mit den verschiedenen Formaten beobachten, andererseits sie in die Besonderheiten der ARRIFLEX D-21 einweisen und gemeinsam mit ihnen die Unterschiede bei der Belichtung erarbeiten.“ Für alle Szenen beim Paartherapeuten kam die ARRIFLEX D-21 (Master Prime 40mm, HD 4:2:2, auf SRW-1 aufgezeichnet) zum Einsatz, die Hubschrauber-Szene sowie die Sequenz in der Kunstgalerie sind auf 35mm (ARRIFLEX 235, Ultra Primes) gedreht. Die Episode ‚Shopping‘ entstand auf Super 16mm (ARRIFLEX 416, Ultra Primes).
„SIE IST WIRKLICH UM KEINEN EINZIGEN TAG GEALTERT, SEIT ICH SIE DAS ERSTE MAL GESEHEN HABE.” Das vielleicht interessanteste Ergebnis dieses von ARRI initiierten Projekts ist, dass sich die Studenten letztendlich während der Arbeit an den drei Episoden nicht eindeutig für ein Format entscheiden konnten. Ein Konsens ergab sich nur in der Erkenntnis, dass es am sinnvollsten ist, das Format jeweils der Aufgabe entsprechend auszusuchen. Die drei Kurzfilme wurden dem Image Forum in London vorgeführt, Kodak hat die Filme auf ihre Motion Picture Home Page gesetzt und ARRI zeigte die Spots auf der IBC 2008 wo ein Preis ‚ARRI IBC Award 2008‘ von Franz Kraus an die Studenten überreicht wurde.
Die öffentliche sowie auch die fachliche Reaktion auf Mr. Pixel & Mrs. Grain war überaus positiv. Für Thierry Perronnet, Kodak Marketing Director EAMER, sind die drei Episodenfilme „eine kreative Glanzleistung des Filmschaffens von den Studenten einer der besten Filmhochschulen der Welt.“ Eine Reihe von Dozenten zeigen die Filme inzwischen ihren Studenten als Diskussionsgrundlage, und Claus Richter erhält immer wieder Anfragen ob weitere Fortsetzungen in Planung sind. I
Credits: Mrs. Grain Kathryn Carpenter Mr. Pixel Simon Connolly Kamera/Drehbuch David Liddell, Chris Moon, John Lee Regie John Lee Konzept/Produzent Claus Richter Produktionsdesign Yasmine Al-Naib Chefbeleuchter Rob Pye Titel-Animation Melanie Lukhaup Tonaufzeichnung Alex Ashcroft Tonmischung Achim Hofmann, Bernhard Maurer
Ingo Klingspon
7
VISIONARRI
Wussten Sie schon, dass man sich ‚verträumen‘ kann? Gemeint ist nicht ‚verträumt sein‘, sondern ‚sich verträumen‘, so wie ‚sich verlaufen‘. Genau das passiert nämlich dem Titelhelden in Lippels Traum, dem aktuellen Film der collina nach der Vorlage des erfolgreichsten deutschen Kinderbuchautors Paul Maar. Statt sich, wie geplant, in den märchenhaften Orient von 1001 Nacht zu träumen, landet er aus Versehen im pharaonischen Ägypten. Das ist zwar auch ziemlich sandig, aber eben nicht der Ort, zu dem der elf Jahre alte Philipp Mattenheim (Karl Alexander Seidel), genannt Lippel, eigentlich hin wollte.
Photos: © 2008 Constantin Film Verleih GmbH
Von Traum
Wem das jetzt reichlich märchenhaft vorkommt, der hat schon viel von dem begriffen, worum es hier geht – aber noch nicht alles. Doch von Anfang an in groben Zügen: Wie fast jede gute Geschichte beginnt auch diese im nasskalten Passau. Lippels Vater (Moritz Bleibtreu), ein erfolgreicher Gourmetkoch, muss auf eine Geschäftsreise. Seinem Sohn hinterlässt er zwei Dinge, ein Buch mit Geschichten aus 1001 Nacht als Trostpflaster für die Trennung und eine neue Haushälterin (Anke Engelke), Frau Jacob, als Elternersatz. Frau Jacob erweist sich schon bald als der schikanöse Drachen, auf den jede spannende Geschichte angewiesen ist. Schnell tobt neben den üblichen Schulproblemen auch der häusliche Grabenkrieg, in dessen Verlauf Lippel das Buch mit den Märchen einbüßt. So bleibt ihm nichts anderes übrig, als die begonnene Lektüre des Nachts in seiner ganz persönlichen orientalischen Traumwelt mit dem Personal seines realen Lebens fortzuführen. Sein Vater spielt als zaudernder König ebenso eine Rolle, wie Frau Jacob als dessen intrigante Schwägerin und zwei neue Mitschüler (Amrita Cheema, Steve-Marvin Dwumah) aus Marokko werden zum königlichen Geschwisterpaar in Nöten, mit dem Lippel zahlreiche Abenteuer zu bestehen hat. Dank seiner Träume gelingt es Lippel aber letztlich, gemeinsam mit seinen Klassenkameraden die böse Frau Jakob aus dem Haus zu jagen und einen neugewonnenen Freund, den Straßenhund Muck (Cameo-Auftritt von Herrn Bello), zu retten. Wer jetzt noch mehr wissen will, muss ins Kino gehen.
und Wirklichkeit
Lippels Traum handelt letztlich davon, dass man als Kind lernen muss, mit der Wirklichkeit umzugehen. Lippel findet seine ganz persönliche Lösung, indem er begreift, dass er sich wehren kann, und so vom passiven Betrachter zum aktiv Handelnden wird. Produzent und Co-Autor Ulrich Limmer: „Es ist die poetische Kraft der Fantasie seiner eigenen Träume, die ihm dabei den richtigen Weg weist. Nicht die Flucht aus der Wirklichkeit in den Traum ist das Thema, sondern die Kraft des Traums, die hilft, die Wirklichkeit zu verändern. In Lippels Traum erfährt so endlich auch die oft nur belächelte Figur des Träumers einmal ihre überfällige Rehabilitation.“
Nach Das Sams, Sams in Gefahr und Herr Bello bringt nun die collina Filmproduktion einen weiteren Jugendbuch-Klassiker von Paul Maar auf die große Leinwand: Lippels Traum. Und wieder hat es sich Produzent Ulrich Limmer nicht nehmen lassen, selbst gemeinsam mit dem Buchautor aus der Vorlage eine Drehbuchfassung zu erarbeiten. Auch in Sachen Technik setzt Limmer auf bewährte Kooperation. So zeichnet auch diesmal wieder ARRI Film & TV in der Postproduktion für Visual Effects, DI-Lichtbestimmung, Titel, Tonmischung und Lab verantwortlich.
8
PRÄCHTIGER ORIENT: die großen Setbauten wurden vom ARRI VFX-Team ins Traumhafte erweitert
9
VON TRAUM UND WIRKLICHKEIT
VISIONARRI
VERTRÄUMT: virtuelle Pyramiden komplettieren das ägyptische Set
Die Aufnahmen unter der Regie von Lars Büchel (Jetzt oder nie, Erbsen auf halb 6) und mit Jana Marsik (Hände weg von Mississippi) an der Kamera fanden im Frühjahr 2008 im marokkanischen Ouarzazate statt, an einem Set, den schon Ridley Scott für Königreich der Himmel genutzt hatte. Weitere Motive der 40-tägigen Dreharbeiten – ausgestattet mit Kamera, Licht und Bühne von ARRI Rental – entstanden in einer alten Gießerei im Münchner Stadtteil Perlach und in Passau sowie im Studio. Das ARRI VFX-Team um Creative Director Prof. Jürgen Schopper war ab der Drehbuch-Phase beratend in die Produktion involviert. Auch wenn ein Großteil des orientalischen Flairs in Marokko schon am Set mit der Kamera eingefangen werden konnte, so blieben doch einige Schlüsselszenen, die sich in der Bildgestaltung nur digital bewältigen ließen. So beginnt Lippels Traumsequenz mit einem virtuellen Kamera-Zoom bei gleichzeitiger starker Achsendrehung auf eine Illustration des Märchenbuchs. Die Illustration selbst wird durch die Animation eines Mannes, der ein Kamel am Zügel hält ‚lebendig‘ gemacht, und die Einstellung endet schließlich mit der Außenansicht einer im Licht hunderter Fackeln und Feuer erstrahlenden orientalischen Märchenstadt bei Nacht. Diese Stadtansicht bei Nacht ist der erklärte Lieblingsshot des ARRI Effekte-Teams, da hier die Märchenatmosphäre am dichtes10
DER BLICK INS MÄRCHENBUCH, ergänzt mit einer digitalen Illustration, inklusive BlattgoldRahmen
BEDROHLICHE WÜSTE: ein computeranimierter Sandsturm verfolgt die Reiter
ten greifbar wird. „Hier konnte man auch mit der Wahrheit etwas spielen“, erläutert CD Jürgen Schopper. „Natürlich ist diese Stadt mit mehr Lichtern geschmückt als eine Stadt in der Realität, aber in einem Märchenfilm kann man auch ein wenig überzeichnen. Da Lippel sich in die Illustration eines Buches hineinträumt, darf die Anmutung dabei auch ruhig zunächst noch etwas illustrativ bleiben.“
Dass natürlich auch die Hufspuren der mehrfach wiederholten Takes aus dem ‚jungfräulichen‘ Sand der Wüste entfernt werden mussten, war dagegen schon eine der vielen Retuschen am Rande, wie sie auch in vielen anderen Einstellungen mit dem teilweise etwas baufälligen Set an der Tagesordung waren. Das galt auch für die schon erwähnte Ägypten-Szene mit ihrer real fotografierten Prozessionsstraße mit krokodilköpfigen Widdern, in der einige moderne Betongebäude rausgemalt, antike Pyramiden dafür reingemalt werden mussten, um die Location klar zu charakterisieren.
In einer Sequenz des Films, die von der Verbannung der Kinder in die Wüste erzählt, zieht ein gewaltiger Sandsturm auf. „Diesem Sturm ein homogenes Erscheinungsbild zu geben, stellte keine geringe technische Herausforderung dar. Nahezu die Hälfte der rund 80 VFX-Shots des Films stecken in dieser Sequenz“, macht Compositing Supervisor Abraham Schneider deutlich. Das lag nicht zuletzt an der Tatsache, dass am Set schon mit realem Sand gearbeitet wurde. Der genügte aber nicht, um auf dem Originalnegativ die bedrohliche Atmosphäre aufrechtzuerhalten, da die Takes in sich zu wenig homogen waren.
Statt eines Thronsaals im Königspalast, wie ursprünglich vorgesehen, entschied sich die Produktion für die Darstellung eines Königszelts im Palast-Innenhof. Eine Aufgabe für den Freelancer Chris Dreher, der das Artwork der Matte Paintings für Lippels Traum besorgte. Nachdem über zahlreiche Vorstudien ein Konsens über das Erscheinungsbild erzielt war, galt es nun den Entwurf mit Leben zu erfüllen.
„ENTSTANDEN SIND BILDER, WIE MAN SIE NUR NOCH IN ALTEN MÄRCHENBÜCHERN FINDET…” „Wenn die Takes komplett clean gewesen wären, hätte sich das Hinzufügen der virtuellen Sandpartikel einfacher gestaltet, die Mischform hat es eher komplizierter gemacht, zu einem stimmigen Gesamteindruck in der Sequenz zu kommen. Diese Art VFX hat tatsächlich fotorealistischen Anspruch und soll im Kino als reale Aufnahme wahrgenommen werden – ganz im Gegensatz zu den märchenhaften OrientIllustrationen zu Beginn des Films“, resümiert Schneider.
Abraham Schneider: „Matte Paintings haben die Tendenz, eine Zeit lang eben wie ‚Paintings‘ auszusehen, sie realistisch wirken zu lassen, erfordert dann viel Arbeit von allen Seiten.“ Zahlreiche separate Elemente waren noch zur Anreicherung nötig – animierte Fahnen, Kamele mit Wächtern, Fackeln –, insgesamt ein sehr üppiges Compositing von der Anzahl der Layer. Bei all diesen Effekt-Sequenzen – der Innenhof mit Zelt, die Ansichten der Stadt
Fotos © collina film / Rolf v. d. Heydt
DES KÖNIGS GLÜCKLICHE KINDER der realen und der erträumten Wirklichkeit: Amrita Cheema, Moritz Bleibtreu und Karl Alexander Seidel
DER PALASTINNENHOF mit Königlichem Zelt: auf Basis einer frühen Entwurfs-Skizze, entstand diese Einstellung als digitales Set mit vielen vor Green Screen gedrehten Elementen
zu verschiedenen Tageszeiten, ebenso der Sandsturm – war der Abgleich mit der Lichtbestimmung für einen stimmigen Gesamteindruck eine entscheidende Kontrollinstanz. „Diese Zusammenarbeit mit der Lichtbestimmung haben wir in den letzten Jahren wirklich perfektioniert“, betont Jürgen Schopper mit Nachdruck, „da funktioniert die Kooperation absolut reibungslos. Das ist sicher etwas ARRI-Spezifisches, diese Abteilungen übergreifende Herangehensweise an Probleme.“ Und VFX Producer Nina Knott fährt fort: „Wenn es ein Grading vorab gibt, hat man so die Chance, dass man den Shot noch einmal selbst als Artist anhand eines gegradeten Referenzbilds überprüfen und gegebenenfalls noch einmal Korrekturen machen kann, und so wirklich optimale Ergebnisse erzielt, bevor der Kunde sie zu sehen bekommt.“ „Durch die Möglichkeiten des DI hier bei ARRI können wir auch immer die Shots auf der großen Leinwand sehen (Lustre-Suite). Damit haben wir eine Kontrolle über Details im Bild, die sich auch am größten Monitor so nicht gewährleisten lässt“, betont Jürgen Schopper. „Hier liegt ein weiterer unschätzbarer Vorteil der reibungslosen Kommunikation mit der Lichtbestimmung hier im Haus. Das bringt der Arbeit ein Plus an Qualität, das wir allein schon dem Anspruch an uns selbst schuldig sind.“ Vom Ergebnis zeigt sich der Produzent jedenfalls mehr als angetan: „Entstanden sind Bilder, wie man sie nur noch in alten Märchenbüchern findet“, schwärmt Ulrich Limmer. „Der Begriff Digitale Effekte könnte vermuten lassen, dass es sich hier nur um eine technische Aufgabe handelt. Neben der technischen Komponente trägt jedoch die Fantasie, die Kreativität und die Begeisterungsfähigkeit der Spezialisten erheblich zum Gelingen bei.
All diese Voraussetzungen kann man bei ARRI Digital Film in herausragender Weise finden.“
Lippels Traum entstand in Koproduktion mit Universum Film, dem Bayerischen Rundfunk (Dr. Friederike Euler), der B.A. Produktion und der Hamburger Produktionsfirma element e. Die Produktion wird gefördert vom FilmFernsehFonds Bayern, der Filmförderungsanstalt Berlin, der Filmförderung Hamburg/Schleswig-Holstein und dem Deutschen Filmförderfonds. Seine Premiere erlebte Lippels Traum zur Berlinale 2009 als Eröffnungsfilm im Kinderfilm-Festival. Mitte Oktober wird er im Verleih von Universum Film in die deutschen Kinos kommen, freigegeben auch für Erwachsene in Begleitung ihrer Kinder. I Ingo Klingspon
VFX Head of VFX: Creative Director VFX: VFX Producer: Compositing Supervisors: Compositing Artists: Computer Animation Artists: Matte Painting Artist: Title Design: Digital Intermediate Head of DI: DI Producer: Lead Digital Colorist: Sound Re-Recording Mixer:
Dominik Trimborn Prof. Jürgen Schopper Nina Knott David Laubsch, Abraham Schneider Tobias Wiesner, Norbert Ruf, Stefan Tischner Andreas Alesik, Nikola Görlitz Chris Dreher Mathias Brauner, Lutz Lemke Harald Schernthaner Alex Klippe Traudl Nicholson Tschangis Chahrokh
11
Christian Wieser
Neuer Visual Effects Supervisor bei ARRI
Mit Christian Wieser (30) verstärkt seit Februar ein junger, aber international schon erfahrener Compositing Artist den Bereich VFX bei ARRI Film & TV. Den Schwerpunkt seiner Aufgabe sieht der neue Supervisor darin, mitzuwirken, dass vermehrt große und internationale Projekte ihren Weg zu ARRI finden, wobei Wieser den Head of VFX Dominik Trimborn und Creative Director Prof. Jürgen Schopper vor allem bei der Drehbetreuung am Set und in der Projektüberwachung entlasten wird.
„Einer der Gründe, warum mich ARRI immer fasziniert hat, war die Tatsache, dass dieses Unternehmen in seiner technischen Kompetenz so etwas wie einen Gegenpol zu meinem Charakter darstellt“, bekennt der neue Visual Effects Supervisor Christian Wieser. „Bildfindung steht für mich im Vordergrund. Ich habe immer viel gezeichnet, aber mich erst spät mit dem Computer als Kreativtool befasst. Technik begeistert mich auch heute noch nicht um ihrer selbst willen, sondern nur, um damit ein gestalterisches Problem zu lösen.“ Kontakte zu seinem jetzigen Arbeitgeber konnte der gebürtige Nürnberger bereits 2002 knüpfen. Ein Praxissemester bei ARRI während seines Design-Studiums an der Georg-Simon-Ohm Hochschule legte die erste solide Basis an technischem Know-how in der Filmbearbeitung. Etliche Animagound andere Förderpreise schon während des Studiums belegten früh Wiesers Talent. Zu diesem Zeitpunkt ist sich Chris Wieser bereits sicher, dass er künftig visuelle Effekte für Spielfilme machen will. Sein Diplomsemester verbringt er überwiegend bei ARRI in München, arbeitet an mehreren Projekten mit, und erstellt zu dieser Zeit auch Motion Graphics Trailer für diverse Festivals (Münchner Filmfest, Los Angeles AFI-Festival). Anfang 2005 schließt Christian Wieser sein Studium als Mediendesigner ab. Da zu diesem Zeitpunkt in Deutschland kein größeres VFX Filmprojekt ansteht, schickt er Demoband und Bewerbungsunterlagen nach Neuseeland, wo Peter Jackson gerade dabei ist, sein Remake von King Kong in die Postproduktion zu bringen. Drei Wochen später sitzt Wieser mit seinem ersten Arbeitsvertrag im Flugzeug nach Wellington. Das Berufsleben mit der Arbeit an einem Film zu beginnen, der mit über 2.500 Effektshots in die Annalen der Filmgeschichte eingehen sollte und 12
dafür auch den Oscar erhielt, war kein wirklich schlechter Einstieg ins Gewerbe. Chris Wieser verbringt knapp sieben Monate bei Weta Digital, „die gesamte heiße Phase des Compositings für diesen Film.“ Im Januar 2006 ist Wieser erschöpft aber glücklich wieder bei ARRI in München. Auf der Agenda stehen Tom Tykwers Das Parfum, die Fortsetzung von 7 Zwerge, aber auch eine Kuppelprojektion über 360° für VW in Wolfsburg. Anschließend arbeitet er mehrere Monate lang für PICTORION das werk bevor ihn ein Anruf aus Neuseeland erneut zurück zu Weta Digital holt. Mit aufwendigen Effekten entstehen hier zwei Fantasy-Großprojekte: Brücke nach Terabithia (Disney), und Eragon (Fox). Anfang 2007 schlägt Wieser sein Quartier in Ludwigsburg auf, um an Der rote Baron (Warner) zu arbeiten:
„BILDFINDUNG STEHT FÜR MICH IM VORDERGRUND.“ Zurück in München arbeitet er zunächst eine Weile bei Scanline, bevor ihn ARRI erneut verpflichtet. Mit Drehbuch und Ticket wird er nach Spanien geschickt, um als Set Supervisor für das TV-Projekt Don Quichote (Sat.1) die Aufnahmen zu begleiten. Noch in Spanien erreicht ihn ein Anruf aus London von Marian Mavrovic, einem ehemaligen ARRIaner und mittlerweile Leiter Compositing bei der Moving Picture Company (MPC) in London. Gesucht wurden Kräfte für Tim Burtons Film Sweeney Todd (Oscar für Art Direction 2008). „Als großer Tim Burton Fan habe ich natürlich sofort zugesagt. Weil Tim Burton sich nicht gern festlegt, gestaltete man oftmals dieselbe Szene in unzähligen Versionen. Man hatte so auch den Luxus viele Dinge auszuprobieren.“ 2008 beginnt er mit der Arbeit an Marco Kreuzpaintners Krabat (Bayerischer Filmpreis 2009) als Freelancer in den Räumen von Claussen+Wöbke+Putz. „Das war eine interessante Erfahrung, weil die Produzenten mir bei der Arbeit über die Schulter kucken konnten. Ich wurde als Teil des Filmteams wahrgenommen und nicht mehr nur als Dienstleister aus dem Effektbereich.“ Seither teilt Chris Wieser auch nicht mehr
die Auffassung, dass der Kunde nur Endergebnisse begutachten sollte. „Je mehr er auch einmal den Work in Progress, zu sehen bekommt, desto eher kann er auch direkt mit eingreifen in die kreative Arbeit, und umso leichter ist es dann auch für die Effekt-Leute. Spätestens beim nächsten Projekt mit dem gleichen Kunden zahlt sich das aus.“ Viele Regisseure hier in Deutschland sind in diesem Sinne noch nicht mit digitalen Effekten in ausreichendem Umfang vertraut, davon ist Wieser überzeugt. Das zu ändern, sieht er als wesentlichen Teil seiner neuen Aufgabe: „Je besser die Filmemacher über unsere technischen Herangehensweisen informiert sind, desto leichter fällt ihnen die Drehvorbereitung, und desto mehr hilft es dem künstlerischen Gesamtergebnis des Films.“ Nach Krabat folgt ein Abstecher zu Trixter und der Hexe Lilli (Stefan Ruzowitzky, Disney) und schließlich die Arbeit an John Rabe (Deutscher Filmpreis in Gold 2009). Der spezifische Reiz des Compositing liegt für Chris Wieser in den vielfältigen Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung von Szenen, die vor dem Greenscreen gedrehten wurden. Das geht bis hin zur Kadrage und zu Änderungen im Tempo der Kamera. Die Herausforderung ist, ein homogenes Bild durch die Integration von Elementen aus unterschiedlichsten Quellen zu schaffen, mit dem Ziel, dass alle Teile in der gleichen Lichtwelt und im richtigen Timing zusammenleben und sich glaubwürdig bewegen. „Wenn ich 3D machen würde, müsste ich mich viel stärker spezialisieren, würde nur Texturen malen, Modelling, Rigging oder Animation machen. Im 2D Compositing bin ich dagegen für die Gestaltung des finalen Bildergebnisses verantwortlich, das auf der Leinwand zu sehen ist. Darin steckt mehr künstlerische Befriedigung.“ Nicht nur ARRI war für Christian Wieser immer wieder ein Gravitationszentrum seiner Laufbahn. Inzwischen ist er auch Lehrbeauftragter Digitales Compositing für Film und Video an seiner ehemaligen Hochschule in Nürnberg. Damit hat sich in seiner noch jungen Karriere ein weiterer Kreis geschlossen. I Ingo Klingspon
MARTIN SCHWERTFÜHRER Neuer Leiter des ARRI Kopierwerks Seit März 2009 stellt Martin Schwertführer, langjähriger Fertigungsleiter bei CinePostproduction in München, im Kopierwerk bei ARRI die Weichen für die positive Geschäftsentwicklung der nächsten Jahre. VisionARRI hat sich mit dem neuen Head of Lab über seine aktuellen Aufgaben und Ziele unterhalten.
Welche Ausgangssituation haben sie an ihrem neuen Arbeitsplatz angetroffen? Martin Schwertführer: Die Bedingungen, die ich hier bei ARRI gleich zu Beginn meiner Tätigkeit vorgefunden habe, lassen sich nur als optimal bezeichnen. Das lag nicht zuletzt an der exzellenten Vorbereitung durch meinen Vorgänger Josef Reidinger. Die Mitarbeiter sind hoch motiviert, und ich sehe meine Aufgabe vor allem auch darin, künftig ein fester Ansprechpartner für alle ihre Belange zu sein. VisionARRI:
VA: Gibt es Veränderungen in den Strukturen, und welche Aufgabenschwerpunkte sehen Sie für die nächste Zeit? MS: In der analogen Technik wollen wir die bestehenden Strukturen erfolgreich weiterführen, die Postproduktion einerseits, und alles was mit dem Thema Kopierwerksarbeiten am Filmnegativ zusammenhängt andererseits. Wir konnten inzwischen einen sehr erfahrenen Lichtbestimmer neu für die analoge Post hinzugewinnen. Unser Augenmerk wird verstärkt der SerienkopieFertigung für das Kino gelten, weil wir mit ihr einen substantiellen Beitrag zum Unternehmensergebnis von ARRI leisten wollen, auch um den Preisverfall, der gegenwärtig die analoge Post belastet, aufzufangen. VA: Wie gestaltet sich der Austausch mit der Digitaltechnik? MS: Hier haben wir eine neue Aufgabenteilung. Harald Schernthaner ist als Abteilungsleiter für den Bereich Digital Intermediate zuständig, Markus Kirsch für Spielfilm & Serien sowie Dominik Trimborn für den eigenständigen Bereich VFX. Für die enge Zusammenarbeit mit dem DI konnten wir jetzt erfolgreich sicherstellen, dass wir das Bild, das der Kunde nach dem Digital Grading abgesegnet hat, dank neu erstellter Lookup-Tabellen aus der ARRITechnik über die Ausbelichtung auch zu hundert Prozent auf die Kinoleinwand übertragen können. Diese Tabellen lösen das Problem der Übertragungskette zwischen den unterschiedlichen Farbräumen Film und Video. Diese Problematik wird noch an Gewicht gewinnen, wenn mehr als bisher mit elektronischen Kameras wie der D-21 aufgenommen wird. In diesem Bereich hat
jedoch ARRI inzwischen einen großen Vorsprung, weil sich hier sehr viele Leute mit den technischen Problemen des Filmemachens speziell an der Schnittstelle zwischen analog und digital befassen, und entsprechende Korrekturen ausrechnen. Hier wird im besten Sinn des Wortes Forschung betrieben. VA: Welche Rolle spielen die anderen ARRI Standorte in Ihren Überlegungen? MS: Der Produktionsmarkt drängt momentan sehr stark nach Berlin. Wir sind deshalb froh, dass wir ARRI Schwarzfilm dort als Standbein haben. Unsere Kunden, die in Berlin produzieren, können dort mittlerweile auf eine Lustre Suite für das Digital Grading zugreifen, die in allen technischen Parametern identisch ist mit ihrem Münchener Gegenstück, so dass es keine Rolle spielt, ob etwas hier auf der Leinwand gezeigt wird oder in Berlin.
tionen betreuen. Es ist dann die freie Entscheidung des Kunden, je nach finanzieller Vorgabe oder angestrebtem Look, welchen Weg er mit uns beschreiten will. Der digitale Produktionsweg will aber auch vom Kunden in allen seinen Details erst einmal gelernt sein. Leider kursieren noch immer viele naive Vorstellungen über enorme Kosteneinsparungen durch den digitalen Produktionsweg im Markt. Dabei werden immer nur die Einsparungen beim Negativ und den Entwicklungsleistungen im Kopierwerk erwähnt, die Kosten der notwendigen Datenspeicherung aber gern vergessen. Datenserver von SUN oder Datenroboter mit LTO-Tapes in vollklimatisierten Räumen mit hohem Energieverbrauch sind nicht zum Nulltarif zu haben. Über den normalen Produktionszeitraum hinweg fallen Kosten von etwa einem Euro pro Terabyte gelagerter Daten an. Pro Spielfilm fallen entsprechend 70.000 bis
„WIR WOLLEN DEN ANALOGEN WIE AUCH DEN DIGITALEN MARKT IN GLEICHER WEISE BEDIENEN KÖNNEN.“ So kann das Scannen des Negativs in München stattfinden, das Grading in Berlin, Ausbelichtung und Herstellung der Kopien wieder in München und schließlich die Endabnahme auf der Leinwand in Berlin. VA: Welche Ziele haben Sie für dieses Jahr definiert? MS: Das wichtigste Ziel in diesem Jahr besteht darin, das Engagement im Seriengeschäft noch weiter zu verstärken, damit wir nicht soviel außer Haus geben müssen und hier mehr Substanz erzeugen. VA: Welche Maßnahmen für die Zukunftssicherung erscheinen Ihnen besonders wichtig? MS: Wir haben hier schon sehr gute Vorkehrungen getroffen, für den Fall, dass eines Tages die digitale Projektion im Kino sehr stark zunehmen sollte. Dann wird das ARRI Kopierwerk bestens darauf vorbereitet sein, weil wir den analogen wie auch den digitalen Markt in gleicher Weise bedienen können. Wir können beide Optionen auf der kompletten Arbeitsschiene für Produk-
90.000 Euro allein für die Lagerkosten an. Eine Lab-Rolle, die nach der Negativentwicklung und dem Ziehen der Muster im Kopierwerk liegt, verursacht dagegen kaum Lagerkosten. Man muss also wirklich die gesamte Produktionskette im Auge behalten, um sich am Ende nicht zu verrechnen. VA: Welche Rolle spielt die LangzeitArchivierung von Film in Ihren Überlegungen? MS: Teil meiner Aufgaben ist auch, dass wir verstärkt Kontakt zu Filmarchiven suchen, und uns auch weiterhin mit dem Thema Restaurierung auseinandersetzen. Aktuell ist hier die Kooperation zwischen der Familie Reitz und ARRI bei der Wiederherstellung des Reitz-Frühwerks zu nennen. Bei S/W-Film ist inzwischen leider viel Know-how verloren gegangen. Aber auch in diesem Bereich konnten wir LookupTabellen schaffen, die dem Endprodukt der Bearbeitungskette analog-digital-analog nach der Laserausbelichtung wieder die originale Qualität zurückgeben. I
Ingo Klingspon
13
VISIONARRI
VA: Was halten Sie von der These, die digitale Aufzeichnung werde schon bald den 35mm-Film im Kinobereich ablösen?
Rainer Klausmann Von der Kunst, mit der Kamera Geschichten zu erzählen Sie werden in einer Hamburger Zeitung mit dem Satz zitiert „Ich denke von der Optik nach vorn, andere nach hinten“. Was bedeutet das konkret?
VisionARRI:
Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Kameraleuten. Die eine interessiert sich mehr für die Technik, und nützt gerne auch die neuesten Trends, die andere denkt lieber nach vorn, an die Schauspieler, an die Handlung und vor allem daran, wie man Geschichten erzählt. Ich gehöre zu der Sorte, die sich für die Technik nur sehr wenig interessiert. Meine ganze Energie geht in das Erzählen einer Geschichte, in die Schauspieler und die Auflösung einer Filmszene, dort will ich meine Ideen einbringen.
Rainer Klausmann:
Wie regeln Sie den Technikpart, der ja für die Arbeit eines Kameramanns nicht ganz unwichtig ist? VA:
Ich habe das Glück, eine sehr gute Equipe zu haben, die immer aus den gleichen Leuten besteht. Chefbeleuchter ist entweder der Peter Krammer oder der Torsten Lemke, Dolly/Grip machen Maike Maier oder Carsten Scharrmann, und die Astrid Miegel ist meine Kamera-Assistentin. Das ist schon seit Jahren so. Wir sind wie Musiker, die auf Tournee gehen, mal als Big Band, mal nur als Combo. Für mich ist es unheimlich wichtig, immer die gleichen Leute um mich zu haben, diese enge Vertrautheit zu spüren, in der bei der Arbeit nicht viel besprochen werden muss. Es sind diese Leute, die mir den technischen Part abnehmen. RK:
14
Ohne sie wäre ich verloren. Das Team gibt mir die Ruhe, die ich brauche, um in meinem Rhythmus arbeiten zu können. Dieser ist ziemlich streng, alles muss sehr konzentriert sein. Diese Art Konzentration am Set ist für mich unheimlich wichtig, sonst werde ich nervös, oder träge, oder verliere den Faden der Geschichte, die ich erzählen will. VA: Wie würden Sie ihren Stil charakterisieren? RK: Was man meinen Filmen vermutlich ansieht, ist, dass ich immer gern nah bei den Leuten bin. Ich bin gewissermaßen sowas wie ein ‚People-Fotograf‘. Was mich hinter der Kamera interessiert sind Menschen, ihre Gefühlswelt und wie sie mit ihren Problemen umgehen. Ich bin ein Gegner jeder Form von ‚Kunsthandwerk‘ mit der Kamera, und mag es auch nicht, wenn Licht akzentuierend so eingesetzt wird, dass das Ergebnis unheimlich philosophisch tiefsinnig daher kommt, damit habe ich große Mühe. Ich bin da eindeutig Naturalist. VA: Es geht Ihnen also um Emotionen, die sie auf die Leinwand bringen können. Verschiebt sich durch ihre sehr persönliche Art, mit der Kamera zu agieren, nicht auch das Verhältnis zur Regie? Wird das dann immer im Dialog ausgehandelt, oder wie selbständig sind Sie in Ihren Entscheidungen das Bild zu gestalten?
Das ist eine gute Frage. Es kommt wirklich auf den Regisseur und auf die Tagesform an. Meistens ist es eine Ergän-
RK:
zung. Ich bin kein Kameramann der Regie macht, das würde ich auch nie wollen, aber ich habe auch keine Scheu, dem Regisseur, wenn ich ihn gut kenne, zu sagen, dass ich etwas langweilig finde, oder ich nicht nachvollziehen kann, was der Schauspieler da gerade vor der Kamera macht. Regisseure, die mich kennen, reagieren darauf gut und fragen oft von sich aus nach, ob mir etwas auffällt. Das ist auch der Grund, warum ich so gern immer wieder mit den gleichen Regisseuren arbeite – Fatih Akin, Oliver Hirschbiegel, Markus Imboden oder Isabel Kleefeld. Leute, die immer wieder zu mir kommen, und die ich auch persönlich gern habe. Das ist ein großer Vorteil, denn wenn man streitet, dann streitet man über die Leinwand und nicht über persönliche Dinge. VA: Gehen Sie ins Kino, um sich die Arbeit ihrer Kollegen anzuschauen? RK: Ich selbst bin noch nie wegen eines Kameramanns ins Kino gegangen, ich gehe wegen der Geschichten ins Kino, nicht wegen der Bilder. Bestenfalls ist es so, dass sich das 1:1 ergänzt. Wenn man Pech hat, ist zwar die Geschichte gut, aber die Fotografie passt nicht dazu. Viele Kameraleute fotografieren auch gern ganz sauber, so im Goldenen Schnitt und das Bild selbst wird zum Gesamtkunstwerk, aber für gewisse Geschichten ist das nicht gut, das macht sie nicht lebendiger, eher langweiliger. VA: Sie bezeichnen sich selbst als Geschichtenerzähler. Wie ergibt sich für Sie das Verhältnis Drehbuch zu Kamera, die optimale Umsetzung vom Wort zum Bild?
In den letzten drei Jahrzehnten hat Rainer Klausmann mit über 40 Filmund Fernsehproduktionen in Europa und den USA ein enormes Ouevre mit seiner Kameraarbeit geschaffen, darunter vieldiskutierte Filme wie Das Experiment (Bayerischer Filmpreis 2001), Gegen die Wand (Deutscher Kamerapreis, Deutscher Filmpreis in Gold 2004) Der Untergang (Oscar-Nominierung 2005) oder Der Baader Meinhof Komplex (OscarNominierung 2009). VisionARRI hat sich mit dem Schweizer Kamera-Star unterhalten, um ihm einige Geheimnisse seines Erfolgs zu entlocken.
RK: Man ist ja nicht allein, da ist noch der Regisseur und der Produzent, die ebenfalls ihre Vorstellungen mit einbringen. Man nimmt eine Szene und überlegt sich „was ist daran gut, wieso steht das überhaupt im Script, und was brauchen wir, um das optimal zu erzählen“. Wenn der Text stimmt, eine Szene im Script Sinn macht, dann weiß ich, was ich zu tun habe, dann kommen die Bilder von ganz alleine. Wenn ich aber etwas nicht begreife, stehe ich nur dumm neben der Kamera und weiß nicht weiter.
Was ich ihnen allerdings beizubringen versuche, ist, zu erkennen, dass in den Drehbüchern oft auch Sachen drinstehen, die man gar nicht filmen kann, die sich nicht auflösen lassen. Als Kameramann muss man solche Fallgruben erkennen, noch bevor man am Set ist. Außerdem muss eine Umsetzung so sein, dass man sie auch versteht. Und zwar nicht nur der Regisseur oder der Kameramann, sondern auch der Zuschauer im Kino, unabhängig vom Alter.
Es heißt, Sie mögen keine Studios?
VA: Schauen Sie immer selbst durch den Sucher, oder wie stellen Sie sicher, dass die Kadrage ihrer jeweiligen ‚Bauchentscheidung‘ entspricht?
VA:
RK: Das stimmt. Ich habe eine Abneigung gegen Hallen, dort wirkt alles so künstlich. Warum soll ich etwas aufbauen, was in der wirklichen Welt schon vorhanden ist und gut aussieht. Ich habe es lieber authentisch, arbeite auch gerne an kleinen, engen Originalsets. VA: Sie halten immer wieder Kurse an Filmschulen ab. Was versuchen sie den Studenten beizubringen? RK: Ich bin im klassischen Sinn wohl kein guter Lehrer, mache deshalb auch keine Seminare über Lichtführung oder Kameraarbeit, dazu fällt mir nichts ein. Ich sage den Studenten von Anfang an, dass ich keine Patentrezepte anbieten kann. Bauchentscheidungen kann man nicht mitteilen, die ändern sich auch bei mir von Fall zu Fall. Jeder Kameramann denkt anders, jeder Kameramann schwenkt anders, jeder Kameramann kadriert anders. Ich kann nicht sagen, so ist richtig kadriert, so ist falsch kadriert.
RK: Für mich ist es die Hölle, die Aufnahmen auf einem Monitor verfolgen zu müssen und um das Motiv herum noch alles zu sehen, was nicht zum Bildaufbau gehört. Das Schöne an meinem Beruf ist doch gerade, durch den Sucher schauen zu dürfen und das andere Auge dabei zuzumachen. Dann sehe ich den Schauspieler, der agiert, und sonst nichts. Das ist ein echtes Privileg. Ich bin dann der einzige in der ganzen Crew, der das so sieht wie der erste Zuschauer im Kino. Darum schwenke ich auch immer selber. Nur bei der Steadicam schau ich natürlich auch auf den Monitor, aber wenn ich ganz ehrlich bin, sterbe ich dabei immer tausend Tode. Das ist gegen mein Bauchgefühl und macht mich ganz kribbelig. Zum Glück habe ich auch da inzwischen Steadicam-Leute gefunden, die so kadrieren, wie ich das will.
RK: Bei der Diskussion ‚digital gegen analog‘ wird meiner Ansicht nach falsch gedacht. Wenn man die Möglichkeit hat, zu wählen, dann sollte man das eben tun. Aber man sollte sich dann auch nicht die Mühe machen, eine digitale Aufnahme am Schluss so aussehen zu lassen wie analogen Film. Beide Bereiche haben ihre eigene Ästhetik, die man nicht gegeneinander ausspielen darf. Wenn es keinen triftigen Grund gibt, werde ich mich aber auch weiterhin für analogen Film entscheiden. Digitale Aufzeichnung ist bislang nicht billiger, nicht schneller, nicht handlicher und sie braucht auch nicht weniger Licht. VA: Was halten Sie von der ARRIFLEX D-21? RK: Ich habe nie mit einer digitalen Filmkamera gearbeitet. Aber ich glaube, es war psychologisch sehr klug von ARRI, die D-21 in der Haptik einer klassischen 35mm-Kamera anzulegen. Es ist einfach für die Psyche eines Kameramanns wichtig, dass er seine Kamera auch als solche wiedererkennt, und das möglichst mit einem richtigen Sucher und der Möglichkeit, genau die Objektive zu verwenden, die er für die Arbeit haben will. VA: Wie ist ihr Verhältnis zur Postproduktion, speziell zum DI? RK: Meine Position ist, möglichst wenig mit dem Computer zu machen. Ich nütze gerade mal zehn Prozent der Möglichkeiten. Das DI kann natürlich sehr hilfreich sein, aber man darf dabei nicht in eine ‚Malerei‘ verfallen, die mit Film nichts mehr zu tun hat. Für mich gilt immer das Primat der Kamera. Ich habe es gern so realistisch wie möglich. Was ich selbst drehen kann, das mache ich auch selbst. Ähnlich verhält es sich übrigens auch mit dem Schnitt. Ich habe nie das Gefühl, dass ein Film erst beim Schneiden entsteht, sondern der Rhythmus einer Szene entsteht schon beim Drehen am Set. VA: Wie erholt man sich vom Produktions-Stress und findet zu neuen Ideen? RK: Langeweile ist eine unheimlich kreative Sache, beim Herumsitzen und Nichtstun kommen mir die besten Ideen. Außerdem kann ich blitzschnell von Arbeit auf Erholung umschalten. I
Ingo Klingspon
15
Foto © Klicker, pixelio.de
DIGITAL INTERMEDIATE BEI ARRI
RAINER SCHMIDT UND TRAUDL NICHOLSON die Lead Coloristen von ARRI
Zeit
Mehr für die Kunden haben Der Bereich Digital Intermediate bei ARRI Film & TV steht 2009 im Zeichen personeller wie auch struktureller Veränderungen, mit denen sich die Abteilung den künftigen Herausforderungen des Marktes noch besser stellen will. VisionARRI hat sich mit Traudl Nicholson und Rainer Schmidt über ihre Aufgaben in der neu geschaffenen Position als Lead Colorists und über aktuelle Projekte unterhalten. Die DI-Abteilung von ARRI Film & TV wurde in diesem Jahr neu strukturiert. Was waren die Gründe dafür?
VisionARRI:
Die DI-Abteilung bei ARRI ist inzwischen so groß geworden, dass sich eine Neuorganisation der Arbeitsabläufe im Interesse einer optimalen Kundenbetreuung als sinnvoll erwies. Traudl Nicholson: Da es nicht mehr nur um die Belange des DI in München geht, sondern inzwischen auch um ARRI Schwarzfilm in Berlin sowie zukünftig auch noch um den Standort in Köln, war eine Neustrukturierung des Teams für eine übergreifende Koordinierung der anfallenden Projekte unumgänglich. Wir haben dafür zu sorgen, dass Berlin mit seinen überwiegend jungen Color Gradern in die Unternehmensprozesse von ARRI noch besser eingebunden wird und der Know-howTransfer optimiert wird, damit die Kunden dort genauso professionell bedient werden wie in München. Rainer Schmidt:
VA: Wie sieht die Neuorganisation aus und wie verändert sich damit die Aufgabenverteilung?
Es geht uns um zwei Schwerpunkte. Erstens wollen wir bei Anfragen mehr Zeit für unsere Kunden haben. Dabei geht es in erster Linie immer um den kreativen Part der Bildgestaltung.
RS:
16
Zweitens werden Traudl Nicholson und ich als Lead Colorists verstärkt neue Talente anlernen und die dann fertig ausgebildeten Junior Colorists bei ihren selbstständigen Projekten noch eine Weile unterstützend begleiten. Damit decken wir unseren künftigen Bedarf an DI-Fachkräften. TN: Des weiteren fallen auch die Freelancer, die projektbezogen für ARRI arbeiten, in unseren Verantwortungsbereich. Unsere neue Funktion als Lead Colorists bringt es mit sich, dass wir Kunden verstärkt eine kreative Beratung im Vorfeld anbieten können. Als oberste Entscheidungsinstanz im kreativen Bereich sind wir natürlich auch diejenigen, die sich im Fall von Problemen um deren Lösung kümmern. Von wem werden sie in der Tagesarbeit konkret unterstützt?
VA: Welche Vorteile für die Kunden von ARRI ergeben sich aus der Neustrukturierung?
DI ist ein kreativer Prozess mit starker Kundenbindung, Kameraleute und Regisseure greifen gern auf Coloristen zurück, mit denen sie schon früher erfolgreich zusammen gearbeitet haben. Deshalb bieten wir an, dass ein Colorist, auch wenn er normalerweise am Standort München arbeitet, für einen Job nach Berlin geht, wenn das so gewünscht wird. RS: Hinsichtlich der technischen Ausstattung gibt es dabei keine Unterschiede. Beide Standorte verfügen über die identische Ausstattung an Hard- und Software, das ist spiegelsymmetrisch gelöst. TN:
VA: Die VFX-Supervisors werden inzwischen oft bereits in der Drehbuchphase in Filmprojekte mit einbezogen, während das DI zumeist erst nach Drehschluss mit dem fertigen Material konfrontiert wird. Würden Sie sich wünschen, schon früher beratend eingreifen zu können?
VA:
Mit Andreas Lautil und Bianca Stumpf, die vor einiger Zeit aus dem Kopierwerk in die DI-Abteilung gewechselt sind, haben wir jetzt zwei gut ausgebildete junge Kollegen, die uns entlasten können. Daneben steht natürlich auch weiterhin ARRI Senior Colorist Manfred Turek zur Verfügung, der aber weitgehend unabhängig von uns tätig ist. Auch für die Coloristen in Berlin fungieren wir bei Bedarf als Supervisor.
RS:
VISIONARRI
Uns in Fragen der kreativen Bildgestaltung möglichst früh in die Planung mit einzubeziehen ist auf jeden Fall wünschenswert. Eine solche Beratung schon im Vorfeld von Projekten verstärkt anbieten zu können, ist ja auch einer der zentralen Punkte der Neustrukturierung in der DIAbteilung. RS: Ein Beispiel: Wenn ein Kunde vor Drehbeginn von uns wissen möchte, ob ein bestimmter Filter mit der Kamera TN:
verwendet werden soll, oder ob sich der Effekt nicht besser nachträglich im DI bewerkstelligen lässt, dann können wir ihm entsprechende Testreihen anbieten, um den optimalen Weg herauszufinden. VA: An welchen Filmprojekten wird aktuell im DI gearbeitet?
Ich habe gerade die DI-Arbeiten an Desert Flower (Regie/Script: Sherry Horman, Kamera: Ken Kelsch) abgeschlossen. Eine Gechichte nach der Buchvorlage von Waris Dirie in der sie die unmenschliche Praxis der Verstümmelung von Mädchen, wie sie in Teilen Afrikas noch heute besteht, erstmals einer großen Öffentlichkeit bewusst macht. Neben dieser wichtigen gesellschaftspolitischen Botschaft erzählt der Film natürlich auch die geradezu märchenhafte Erfolgsgeschichte des kleinen Mädchens Waris, dem die Flucht vor einer Zwangsverheiratung aus ihrer Heimat Somalia nach London gelingt, das dort zum Supermodell der Modewelt aufsteigt und schließlich UN-Sonderbotschafterin wird. TN:
VA: Welche speziellen Ansprüche stellte der Film an die Lichtbestimmung?
Es ist oft schwieriger im DI den analogen Charakter eines Films zu bewahren, als die ganze digitale Werkzeugkiste auszupacken. Das ist dann ein Abstimmungsprozess der im Dialog über das Bild abläuft und bei dem man sich Schritt für Schritt an das Ergebnis herantastet, das der Kunde im Kopf hat. Ken Kelsch ist noch ein Kameramann der alten Schule,
TN:
der sein Fach wirklich beherrscht. Regie und Kamera wollten, dass der Film seinen naturalistischen Look bewahrt, vor allem in den Teilen, die in Afrika handeln. Kontrastiv dazu stehen die Passagen mit den Laufstegen aus Londons Modewelt, in denen auch das Color Grading bewußt mit den stilistischen Effekten der Hochglanzwerbung arbeiten konnte, eine völlig andere Bildsprache. RS: Wenn das Ausgangsmaterial schon auf dem Punkt ist, weil der Kameramann sehr gut belichtet hat, läuft unsere Arbeit auf einer anderen Ebene, dann geht es darum, die Qualität durchgängig zu wahren. Anders verhält es sich natürlich, wenn Material unter schwierigen Bedingungen entstanden ist, z. B. Unterbelichtungen vorliegen, dann muss man die DI-Werkzeuge ausschöpfen, um die Vorlage zu reparieren und homogener zu gestalten. Ansonsten kann man die Zeit und die Energie dazu einsetzen, ein schon sehr gutes Material im DI gestalterisch noch weiter zu bringen. Das gilt auch für den Film, an dem ich gerade arbeite, Henri 4 (Regie: Dr. Jo Baier, Kamera: Gernot Roll). VA: Der Film wurde digital mit der ARRIFLEX D-21 aufgenommen. Welche Besonderheiten ergeben sich daraus für die Arbeit im DI?
Regie und Kamera wollten weg von dem malerischen Licht der Zeit mit Kerzen und Fackeln und vielfältigen Sepia-Tönen. Obwohl es sich um einen Kostümfilm handelt, war ihr Wunsch, die Zeit realistisch darzustellen: schmutzig, staubig und grau.
RS:
17
DIGITAL INTERMEDIATE BEI ARRI
„DI IST EIN KREATIVER PROZESS MIT STARKER KUNDENBINDUNG…”
HENRI 4 (Julien Boisselier) und seine Gefährtin Gabrielle (Chloé Stefani) bedauern den Tod des Marschalls Biron (André Hennicke)
DAS MÄDCHEN WARIS auf der Flucht in der Wüste Somalias DESERT FLOWER Kameramann Ken Kelsch und Regisseurin Sherry Horman
Die D-21 war sehr gut geeignet, diese unbunte, oft unbehagliche Atmosphäre einzufangen. Das hat mich selbst positiv überrascht. Gernot Roll möchte, dass der Film ein Kontrastereignis wird. Er will, unter Verwendung von Farbmaterial, einen ähnlichen Eindruck erzeugen wie es mit S/W-Material möglich ist. Die Farbigkeit erscheint im Ganzen reduziert, während kontrastreiche Akzente gesetzt sind. Darauf musste ich mich bei der Lichtbestimmung immer wieder einlassen. Das Material ist sehr ausgeglichen belichtet, man kann es im DI über weite Strecken ohne größere Eingriffe durchlaufen lassen, muss nur kleine Nuancen verändern. Die Lichtbestimmung wird hier in erster Linie eingesetzt, um Feinheiten zu ergänzen. I Ingo Klingspon
18
ANDREAS LAUTIL COLORIST BEI ARRI FILM & TV
„Als ich zu ARRI kam, wusste ich überhaupt nicht, was Lichtbestimmung ist“, bekennt Andreas Lautil. Nach über zehn Jahren im Unternehmen, während der er in so ziemlich allen Abteilungen tätig war, für die Lichtbestimmung von Bedeutung ist, hat sich das gründlich geändert. Begonnen hat der gebürtige Münchner seine Laufbahn mit einem intensiven Praktikum im ARRI Kopierwerk, dessen ehemaliger Leiter Sepp Reidinger zu seinem Mentor wird. „Er hat sich für mich stark gemacht und hat dabei auch mich stark gemacht. Ich bin zur analogen Lichtbestimmung gekommen, weil er mir die Chance dazu gegeben hat.“ Andreas Lautil betreut nach seiner Ausbildung im Film-Labor Kurzfilme und diverse Hochschulprojekte bevor er 2002 mit Resident Evil seinen ersten großen, internationalen Kinofilm als Color Timer bewältigt. Nach diversen deutschen Produktionen wechselt er in die Musterbetreuung der Abteilung Spielfilm & Serien, wo er die Arbeit am Pogle/PiXi mit den Abtastern Ursa und Spirit kennenlernt. 2008 fällt die gesamte Musterbetreuung, sowohl analog als auch in HD, für Roger Deakins Kameraarbeit an Der Vorleser in seine Verantwortung. Danach folgt der bislang letzte Umzug in die DI-Abteilung, in der er als Colorist an Lustre und Nucoda mittlerweile schon eine ganze Reihe von Projekten betreut hat: Postkarten nach Copacabana (Regie: Thomas Kronthaler, Kamera: Christof Oefelein), Ob ihr wollt oder nicht! (Regie: Ben Verbong, Kamera: Theo Bierkens), Vorstadt-Krokodile (Regie: Christian Ditter, Kamera: Christian Rein) und 13 Semester (Regie: Frieder Wittich, Kamera: Christian Rein). Andreas Lautil betrachtet es als einen Vorteil, die analogen Kopierwerksprozesse noch von Grund auf gelernt zu haben, darunter auch ausgefallenere Techniken wie etwa die Bleichbadüberbrückung. So habe er ein Gefühl dafür entwickelt, was mit einem Negativ passiert und gelernt, es für sich selbst zu interpretieren, vor allem hinsichtlich dessen, was der Kameramann an Stimmung einfangen wollte. „Das Negativ ist nun einmal das Maß aller Dinge in der Lichtbestimmung.“
Den Fortschritt in der Software-Technik der letzten Jahren, durch den die DI-Tools so enorm leistungsfähig geworden sind, betrachtet Andreas Lautil als echte Bereicherung, „weil ich am Lustre immer wieder zu der Information zurückgehen kann, die im Negativ steckt, so wie es ursprünglich fotografiert wurde.“ Das entspricht den Verfahrensweisen, die er in seiner frühen Tätigkeit im Kopierwerk gelernt hatte und gewohnt war. Eine Kontinuität, die ihm zusagt. „Im Kopierwerk ist alles kalibriert, der Analyzer, die Kopiermaschine, die Bäder. Ich kopiere mit dem Standardlichtwert 25, dann sehe ich, wie gut das Negativ belichtet ist. Das alles kann ich genauso auch am Lustre einstellen, und diese Basis ist dann eins zu eins mit der analogen Welt.“
ist er überzeugt. „Dieser Trend hat auch einen technischen Grund, weil sich die Daten ohne Korn besser reduzieren lassen. Außerdem werden immer öfter Filme vor allem auf LCDs angeschaut, und die kommen anders als die alten Bildröhren mit Filmkorn nicht wirklich gut klar.
„Es gibt DoPs, die es schätzen, wenn man viel verändert, umbaut und umleuchtet, und andere, wie etwa Rainer Klausmann oder Alexander Fischerkoesen, die alles so sehen wollen, wie sie es fotografiert haben. Sie sind der Meinung, dass der Kameramann seinen Job schlecht gemacht hat,
„DAS NEGATIV IST DAS MASS ALLER DINGE IN DER LICHTBESTIMMUNG.“
Verändern sich nach Meinung des Lichtbestimmers Lautil unsere Sehgewohnheiten in Sachen Film? „Sehr körnige Bilder begeistern kaum noch, Korn wird inzwischen schon fast als Fehler wahrgenommen“,
BIANCA STUMPF COLORISTIN BEI ARRI FILM & TV
Lichtbestimmung ist für Bianca Stumpf keine Übung des absoluten Farbsehens in einem technischen Sinn. Farbe ist für die ARRI Coloristin eine emotionale Größe, die das körperliche und seelische Befinden des Betrachters stark beeinflussen kann, „genau hier setzt die eigentliche Kompetenz des Lichtbestimmers an.“
Zum Film wollte Bianca Stumpf eigentlich immer, „aber nie vor der Kamera, sondern immer dahinter.“ Dass sie 1997 bei ARRI ein Praktikum antreten konnte, betrachtet sie als den großen beruflichen Glücksfall. Es folgen drei Jahre der Ausbildung und danach erste „Gehversuche“ als analoge Lichtbestimmerin im ARRI Kopierwerk. „Nach drei Jahren kann man zwar selbständig arbeiten, aber es bleibt ein permanenter Lernprozess, die Nuancen vertiefen sich erst allmählich mit jeder Arbeit.“
Vor allem ein junges Publikum ist inzwischen an sehr glatte, sehr steile Bilder im Kino gewöhnt. In dieser Hinsicht werden sicher visuelle Erwartungshaltungen allmählich an- und umerzogen.“ Die Möglichkeiten der Technik werden nach Andreas Lautils Erfahrung von den Kameraleuten, mit denen er arbeitet, sehr unterschiedlich angenommen und nachgefragt.
Am Anfang stehen Spots, Trailer und Kurzfilme. „Dabei erwirbt man viel Kundenkenntnis. Mit der Zeit kennt jeder den anderen und man versteht sich ohne viele Worte.“ Es ist diese persönliche Bindung, „die vermutlich stärker ist als in vielen anderen technischen Bereichen des Filmschaffens“, die ihr gefällt. Die Jahre 2005/2006 setzen wichtige Wegmarken für die Arbeit als analoge Lichtbestimmerin im Kinofilm: Sophie Scholl, Die weiße Massai, Wer früher stirbt, ist länger tot. Den Wechsel 2008 in die Abteilung Digital Intermediate bei ARRI betrachtet Bianca Stumpf als willkommene Erweiterung ihrer technischen und gestalterischen Möglichkeiten, nicht aber als Abkehr von ihrer erlernten Arbeitsweise. „Aufgrund meiner Erfahrung im analogen Bereich bleibe ich vielleicht näher an dem, was tatsächlich fotografiert wurde. Ich baue das Bild möglichst natürlich auf, so wie ich im Kopierwerk mit meinen Lichtwerten gearbeitet habe, leuchte nicht jedes Bild um, sondern bleibe erst einmal bei dem, was der Kameramann eigentlich zum Ausdruck bringen wollte.“ Erst dann kann nach ihrer Auffassung die Feinarbeit beginnen. „Wenn man zu sehr in das Bild eingreift, dann verbiegt sich zu viel, das schaut dann nicht mehr filmisch aus, und man verliert die Basis, die der Kameramann am Set geschaffen hat.“ Die erste große Herausforderung für Bianca Stumpf als DI-Coloristin wird John Rabe von Oscar-Preisträger Florian Gallenberger, ein Film bei dem sehr viele VFX-Shots in der Lichtbestimmung zu integrieren waren. „Zum Glück hat mit dem Kameramann Jürgen Jürges von der ersten Minute an die Chemie
wenn ein Bild mehr als zwei oder drei Shapes benötigt.“ Auch wenn der ARRI Colorist dieses strenge Berufethos respektiert, so weiß er andere Formen der Zusammenarbeit ebenso zu schätzen. „Es kann auch schön sein, einen Kameramann neben sich zu haben, der zu einem sagt: ‚Mach doch einfach mal’.“ I Ingo Klingspon
gestimmt, jeder hat dem anderen vertraut.“ Das Grundprinzip für das Color Grading, wie Jürges es vorsah, war, „dass die Farben immer mehr herausgenommen werden, um die tragisch-dramatische Stimmung nicht zu verlieren. Der Film beginnt zunächst noch sehr optimistisch und friedlich, von den Farbwerten noch schön warm gehalten.“ Mit dem Angriff der Japaner auf Nanking wird dann die Lichtstimmung bis zum Schluss des Films immer mehr entsättigt. „Das Besondere an dem Projekt war für mich, dass ich es von Anfang bis Ende selbständig durchziehen konnte. Ich begann hier im DI und habe analog im Kopierwerk mit der Lichtbestimmung aufgehört.“ John Rabe erhielt bislang vier deutsche Filmpreise, und kam allein in China mit rund 700 Kopien in die Kinos. Freude über diesen Erfolg ja, aber keine Selbstzufriedenheit: „Es treibt mich an, immer das Beste zu geben. Schließlich hängt viel von der Stimmung ab, die ich einem Film geben kann.“ Schade findet Bianca Stumpf an ihrer Tätigkeit nur, dass beim Color Grading zur Zeit noch der Sound fehlt. „Ich glaube, der akustische Eindruck würde sich auch auf das Farbsensorium auswirken, mehr Synästhesie in die kreative Arbeit bringen.“ Die zunehmende digitale Projektion im Kino sieht sie mit gemischten Gefühlen: „Der Beamer bringt das Bild zwar eins zu eins zur Lichtbestimmung auf die Leinwand, aber die analoge Projektion empfinde ich als lebendiger, man spürt das Korn.“ I Ingo Klingspon
19
Fotos © Senator Film
VISIONARRI
Am Ende des Tunnels
sieht er ein Licht ANNO SAUL Regisseur MADS MIKKELSEN und Thomas Thieme NÜTZT ER DIE ZWEITE CHANCE?
Ihr neuer Film Die Tür wurde von März bis Mai 2008 gedreht und kommt im November diesen Jahres in die Kinos. Das Projekt wurde mit einem bewährten Team realisiert. Was sind da die Hintergründe?
VisionARRI:
Ralph Schwingel, Jan Berger und ich wollten ein Anschlussprojekt zu Kebab Connection, bei dem Jan damals Co-Autor war, zusammen machen. Jan hat mir dann ein Projekt gepitcht, das ein Producer von Wüstefilm – Björn Vosgerau – ihm gegeben hatte. Das war Die Tür, was auf dem Roman Die Damalstür von Akif Pirinçci (Goldmann 2001) basiert. Ich war an dem Stoff sofort sehr interessiert und wir mussten dann nur noch den Produzenten Ralph Schwingel von Wüstefilm überzeugen. Dem hatte z. B. zunächst nicht gefallen, dass der Held bei Die Tür eher unsympathisch wirkt und ein paar andere Dinge aus der Romanvorlage, die wir dann aber entsprechend angepasst haben. Auch den Schluss haben wir abweichend zur Romanvorlage gestaltet. Anno Saul:
VA:
Sind Sie mit der Besetzung im Film zufrieden?
AS: Das kann man wohl sagen – das war meine absolute Traumbesetzung. Mads Mikkelsen ist großartig und es ist wunderbar mit Jessica Schwarz, Heike Makatsch, Thomas Thieme und den anderen zusammen zu arbeiten. VA:
einem Gebüsch, durch den er hindurchgeht. Am Ende des Tunnels sieht er ein Licht. Da geht er drauf zu und entdeckt eine Tür. Diese öffnet er und findet sich in einer sommerlichen taghellen Welt wieder. Diese Welt sieht zu seinem Erstaunen genauso aus wie sein früheres altes, noch glückliches Leben. Er sieht sich selbst als jüngerer Mann zum Haus der Nachbarin hinübergehen und realisiert in diesem Moment, dass er genau jetzt die Gelegenheit hat, seinen Fehler von damals wieder gut zu machen. Er – als älterer Mann – rennt zum Pool und rettet seine Tochter. Fatal wird das Ganze, als er danach seinem jüngeren Alter Ego begegnet. Ihn, den Helden, gibt es also in dem Film zweimal – einmal in einer jüngeren und einmal in einer älteren Fassung. VA: Das Grundmotiv von Die Tür ist also Wiedergutmachung, Schuld und Sühne, ‚eine zweite Chance erhalten‘, indem man noch mal seine eigene Vergangenheit aufsuchen und die Geschicke dort ändern kann?
Genau. Der Film arbeitet mit diesen zwei parallel existierenden Welten, bei denen in beiden alle Personen gleich, aber durch einen Zeitsprung von viereinhalb Jahren voneinander getrennt sind. Die eine ist die Winterwelt, in der der Maler David älter ist und sich umbringen möchte. Diese Welt ist extrem dunkel und kalt. Die Welt des Todestages der Tochter ist eine Sommerwelt, hell und licht.
AS:
Es ist die Geschichte eines Mannes, der in seinem Leben einen großen Fehler gemacht hat. Er hat ein schönes Haus, eine nette Frau und eine bezaubernde Tochter. Als er nach einem Seitensprung von seiner Nachbarin zurückkommt, ist seine Tochter im Pool ertrunken. Dadurch verliert er in der Folge auch seine Frau und sein Haus und als einst erfolgreicher Maler ist er nicht mehr fähig zu malen. Zeitsprung von viereinhalb Jahren. Da sehen wir ihn als heruntergekommenen unglücklichen Menschen, der nur noch den Wunsch hat, sich selbst umzubringen. Bei einem seiner vergeblichen Versuche entdeckt er durch Zufall einen Tunnel in
20
VA: Florian (Utsi) Martin war Ihr Colorist bei Die Tür. Was sind Ihre Erwartungen an einen Coloristen? Wie gestaltet sich beim Graden für Sie eine optimale Zusammenarbeit?
Am besten ist, wenn der Colorist sich die Mühe macht, zu verstehen, was Regisseur und Kamerafrau meinen und das dann nicht nur technisch, sondern kreativ umsetzt. Das Grading ist ja ein wichtiger Teil des kreativen Prozesses und damit ein Teil der filmischen Sprache. Und diese Sprache und die ganze Palette technischer Möglichkeiten muss kreativ bedient werden, auf das hin, was der Film zu erzählen hat und nicht auf das hin, was gerade angesagt ist. Da war die Zusammenarbeit mit Utsi Martin großartig und eine gegenseitige Bereicherung. Bei Die Tür war das Colormatching sehr wichtig. Wir mussten erst grob und dann nach und nach die Feinheiten herausarbeiten.
AS:
Worum geht es in Die Tür? Wie wurde dieses einmal Hell und einmal Dunkel in der Postproduktion bearbeitet? Oder haben Sie das schon beim Dreh einfangen können? VA:
AS:
haben. Das war das visuelle Konzept. Diese Verstärkung gilt auch für das Erzähltempo. Die Tür hat eine eskalative Struktur, der Film steigert sich im Zeitverlauf.
Mit Bella Halben als Kamerafrau hatten Sie bisher noch nicht zusammen gearbeitet, oder? VA:
Nein, aber es hat mir viel Freude gemacht. Bella ist eine extrem gute Kamerafrau, hochbegabt und ein toller Mensch, eine sehr kreative, flirrende Person. In Die Tür sind Hunderte von Bellas Ideen mit eingeflossen. AS:
Nein, diese duale Struktur konnten wir nur beim Grading deutlich machen. Die Winterwelt konnten wir normal graden, aber die Sommerwelt haben wir gecrossed. Dadurch erzielten wir stärkere Kontraste, das Helle wurde heller, das Dunkle wurde dunkler, die Farben wurden insgesamt ausgeblichener. Wir erhielten damit einen düsteren Look, den wir mit dem Voranschreiten des Filmes verstärkt
AS:
Wie sind Sie nach den Komödien Wo ist Fred und Kebab Connection auf das Genre Mystery Drama und diesen eher schwerblütigen Stoff gekommen? VA:
Vor diesen beiden Komödien habe ich ja Grüne Wüste gemacht, das ist auch ein Drama. Als Ralph Schwingel Kebab Connection bei den Förderungen eingereicht hat, da wurde er gefragt, warum er denn mich als Regisseur wolle, ich sei doch hauptsächlich für Drama gut. Jetzt soll ich also nur noch für Komödien gut sein? Nein, ich mag es gern, mit den unterschiedlichsten Genres und deren Mustern zu spielen – da liegt für mich die neue Herausforderung. AS:
VA: Haben Sie schon mal digital gedreht oder haben es vor?
Ich habe verschiedene in HD gedrehte Hochschulfilme in den letzten Jahren gesehen, und war erstaunt, wie gut das aussah. Die Studenten haben aber natürlich auch unendlich viel Zeit, noch daran herumzubasteln und an ihrem Look zu schrauben. Für mich persönlich hat Filmmaterial immer noch den Effekt des unperfekt Lebendigen. Und was ich dazu noch entscheidend finde: ich muß mich auf das Material verlassen können; ich habe z. B. drei Fernsehfilme in Schweden gedreht und da habe ich die Erfahrung gemacht: die Kamera darf nie ausfallen. Punkt. Das ist eine Katastrophe, wenn die ausfällt! Da verlieren Sie gleich drei Drehtage, wenn Sie in Gotland in der Wildnis stehen. Das heißt, ich nehme natürlich das Equipment mit, das schon seit dreißig Jahren weiterentwickelt wird und einfach läuft, das nicht sofort die Grätsche AS:
macht, wenn mal Wasser ran kommt oder es richtig kalt wird. Das einfach nicht kaputt zu kriegen ist. Wie die ARRI Kameras... Wenn ich in Köln sitze, klar, dann habe ich innerhalb von einer halben Stunde eine neue Kamera aufgetrieben, aber nicht in Gotland... VA: Warum arbeiten Sie gern mit und bei ARRI?
Ich habe schon in Studentenzeiten mit ARRI gearbeitet und dort auch meinen ersten Langfilm gemacht. Ich habe so oft es ging mit ARRI gearbeitet. Es ging halt nicht immer, aber immer wenn es nur möglich war, war ich am liebsten dort, weil man dort den besten Support bekommt. Bei ARRI hat man Leute um sich herum, die nicht nur wissen, wovon sie reden und sich für einen und das Projekt einsetzen, sondern die das Kino lieben! Ich war dort immer mit Menschen im Kontakt, die alles dafür getan haben, dass dieser Film so gut wie möglich wird und dabei war völlig egal, in welchem budgetären Rahmen: das Engagement war immer gleich hoch!
AS:
Für den Kinostart von Die Tür im Herbst wünschen wir Ihnen viel Erfolg und viele Kinobesucher. Hier und heute aber: Herzlichen Dank für das Gespräch! VA:
Die Tür ist eine Produktion von Wüstefilm/ Wüstefilm Ost und wurde in Koproduktion mit Senator Film Produktion hergestellt. Kinostart ist am 12.11.2009. Weitere Infos über Senator Filmverleih (www.senator.de). I Katja Birkenbach
21
Fotos © Ziegler Film GmbH & Co. KG
VISIONARRI
KAMERAMANN Gernot Roll REGISSEUR Dr. Jo Baier
Bereits während der Schnittphase wurde Ende 2008 ein mehrminütiger Promo Trailer für den Verkauf des Films gefertigt. Henri 4 wird neben der 100 minütigen Kinofassung auch in einer speziellen Fernsehfassung ausgewertet, die 2 x 90 Minuten lang sein wird. Jo Baier: „Wobei unser Hauptaugenmerk zunächst auf das Kino gerichtet ist, allein schon von der Opulenz und der Größe der Bilder her. Das Fernsehen bedient dann mehr noch Sequenzen mit einem ruhigeren Atem, einer ausführlicheren Erzählweise.“ Dabei wird auf den bei ARRI Film & TV bewährten DI-Workflow zurückgegriffen, der die Möglichkeit der Übernahme der Farbkorrektur von der Kinofassung in die Fernsehfassung bietet. I
Die (digitale) Vollendung des Königs Henri Quatre Mit der Postproduktion an Henri 4 (Ziegler Film, Central), die derzeit bei ARRI Film & TV stattfindet, nähert sich aktuell eines der ambitioniertesten und aufwendigsten deutschen Filmprojekte seinem Abschluß, dessen Anfänge bis ins Jahr 2002 zurückreichen. Für Dr. Jo Baier war es der erste Film unter seiner Regie, der ausschließlich digital mit der ARRIFLEX D-21 aufgenommen wurde. Im Dezember 2008 endeten die Dreharbeiten zu Henri 4, einer Verfilmung des Lebens Heinrich IV von Frankreich für Ziegler Film, Berlin. Regie führte dabei Jo Baier, Chefkameramann war Gernot Roll. Auch die DrehbuchFassung der Romane Heinrich Manns stammt vom Regisseur, unterstützt von Conny „Cooky“ Ziesche, die als Creative Producer die Dramaturgie des Scripts besorgte. „König Henri IV von Frankreich hat sein Leben lang gegen religiösen Fanatismus gekämpft, ihm gingen die Ideen des Humanismus über alles. Darüber hinaus hat uns an seiner extrem abenteurlichen Biographie genau das gereizt, was wohl auch schon Heinrich Mann interessiert hat: Henri ist das seltene Beispiel eines Herrschers, der von ganz unten an die Macht kam, einer, der sich sein Königtum erarbeitet hat. Er war in gewisser Weise der Obama seiner Zeit, um eine aktuelle Analogie zu bemühen“, erklärt Regisseur Baier seine Faszination für den Filmstoff.
Henri 4 war der zweite Kinofilm, den DoP Gernot Roll im letzten Jahr auf der ARRIFLEX D-21 realisierte. Anfang des Jahres hatte er bereits bei Männersache für die Constantin Film Produktion auf die digitale Kamera aus dem Hause ARRI gesetzt. Auch die weitere Crew um Michael Praun (Steadicam Operator) und Michael Rathgeber (1. Kamerassistent) war mit dabei, um auf die bereits erprobten Abläufe am Set zurückgreifen zu 22
können. Gedreht wurde mit Equipment (Kamera, Licht, Bühne) von ARRI Rental unter anderem in Deutschland, Frankreich und Tschechien. Bereits vor Beginn der Dreharbeiten hatten Testdrehs stattgefunden, um zum letzlich gewählten Aufzeichnungsformat zu kommen. Roll hatte gleiche Situationen auf einer 435 auf 35 mm 3-Perforationen und auf einer D-21 in verschiedenen HD-Formaten gedreht, die bei ARRI Film & TV am Lustre farbkorrigiert und dann im Splitscreen am ARRILASER auf 35mm ausbelichtet wurden. Nach der Sichtung der Tests durch Produktion, Kameracrew und der Beteiligten aus der Postproduktion fiel die Wahl auf die D-21 (HDTV Vollbild, 1920x1080, RGB 4:4:4 linear, extended Range). Dadurch konnte die Sichtung des Materials am Set ohne Lookuptabelle in HD-Qualität erfolgen. Für die von Jo Baier aufwendig inszenierten Massenszenen mit einem Heer aus Statisten und Pferden wurden bis zu drei D-21 gleichzeitig eingesetzt. Aufgezeichnet wurde dabei überwiegend auf das ARRI Flashmag, ein Festspeicher-Magazin, das direkt auf die Kamera gesteckt werden kann. Das Flashmag bietet den Vorteil, dass keine Kabel von der Kamera zum Rekorder geführt werden müssen. Diese Möglichkeit war Voraussetzung für Michael Praun, um die D-21 in gewohnter Weise als
lupe aufgenommen, die wir jetzt wieder auf Normalgeschwindigkeit beschleunigen, das sind relativ einfache Prozesse“, begeistert sich der Regisseur. „Auch umgekehrt das schnelle Heranholen einer Person in der Schlacht lässt sich schon am Schneidetisch machen.“
Ingo Klingspon
Steadicam einsetzen zu können. „Dieser massive Einsatz der D-21 hat uns eine Menge Zeit eingespart. Für den enormen Aufwand, den wir betrieben haben, waren insgesamt 72 Drehtage extrem wenig“, erinnert sich der Regisseur. „Ich wollte keinen Kostüm- und Historienschinken machen, trotz der vielen Schlachten mit hunderten von Menschen und Tieren. Die Inszenierung ist eher karg, fast dokumentarisch angelegt. Das Ganze in einer weitgehend entsättigten Farbgebung“, betont Baier. „Die D-21 passte hervorragend in dieses visuelle Konzept, weil Gernot Roll und ich alles dank der digitalen Aufzeichnung direkt vom Monitor aus steuern und beeinflussen konnten. Für mich als Regisseur war es einfach ein Traum, dass ich zum ersten Mal in meinem Berufsleben schon am Set ein Bild auf dem großen HD-Monitor vor mir hatte, bei dem ich mir sicher sein konnte, dass der Film später auch so aussehen wird – von der Schärfe, von der Genauigkeit, vom Bildcharakter her.“ Die Flashmags wurden vor Ort im Kamera LKW von DIT (Digital Image Technician) Sascha el Gendhi auf HDCAM SR überspielt, dabei fand schon ein grober Check der aufgezeichneten Takes statt. Bei vom Stativ gedrehten Shots wurde direkt auf die SRW-1, einen HDCAM SR Fieldrecorder,
aufgezeichnet. Original HDCAM SR Tapes gingen am gleichen Tag oder via Overnight zu ARRI, wurden geprüft und wie Originalnegativ gesichert eingelagert. So kamen bis Mitte Dezember insgesamt über 250 Kamera-Tapes zusammen, die als Originalmaterial zur Dailies-Bearbeitung zu ARRI Film & TV geliefert wurden. Um die Vorteile der digitalen HD-Aufzeichnung auch für den Kreativschnitt nutzen zu können, entschied man sich zur Arbeit in HD am Avid Mediacomposer Adrenaline. Die Kamera-Tapes wurden an einem HD Klasse 1 Monitor einer Qualitätskontrolle unterzogen und ein „Negativbericht LAB REPORT“ erstellt, wie er auch beim klassischen Filmdreh üblich ist. Auch bei digitalen Drehs ist diese Kontrolle zwingend notwendig, um bei Problemen rechtzeitig reagieren und eine Rückmeldung an die Produktion und den Schneideraum weitergeben zu können. Parallel dazu wurde das Material komprimiert im Codec DNxHD 36 in ein HD-fähiges Avidsystem eingeladen. Die dort entstandenen Bilddaten wurden täglich per Firewire Platte in den Schnitt weitergereicht. Damit ergab sich ein weiterer zeitlicher Vorteil für die Bearbeitung im Schneideraum, da das Einladen der Bänder in die Postproduktion verlagert wurde. „Auch die Bildbearbeitung in der Postproduktion wird deutlich einfacher. Wir haben z. B. manche Szenen in Zeit-
DEZEMBER 2008 Das Team hatte mit den schwierigsten Witterungsbedingungen zu kämpfen
23
VISIONARRI
finden wir immer wieder.
(Umay in ‚Die Fremde‘) Fotos © independent-artists-filmproduktion
die wir lieben...
Ein Interview mit Feo Aladag über ihren Debütfilm Die Fremde NEUE LIEBE? Florian Lukas und Sibel Kekilli
FEO ALADAG
SIBEL KEKILLI ist Umay
VisionARRI: Feo, gerade bist Du von der Tonmischung für Die Fremde aus Dortmund zurückgekommen. Hat alles gut geklappt?
Ja, ich bin sehr zufrieden. Es waren intensive, teilweise natürlich auch anstrengende Tage und Wochen. Aber es hat sich gelohnt, das Ergebnis ist toll! Unseren Film zu produzieren ist enorm harte Arbeit. Aber solange ich weiß, was ich erzählen will, und warum ich es erzählen möchte, ist alles gut. So viele Menschen haben mir geholfen, unseren Film zu realisieren. Und es ist ein wirklich schönes und befriedigendes Gefühl, wenn alle Beteiligten glücklich mit dem Ergebnis sind. Es ist der erste Film, den Independent Artists produziert und es macht enorm viel Spaß, autonom erzählen zu können.
Feo Aladag:
Worum geht es in Die Fremde denn eigentlich? VA:
FA: Es geht um Umay, deren Namen übersetzt Hoffnung bedeutet. Um ihre Sehnsucht nach Selbstbestimmung und die Unvereinbarkeit dieses Wunsches mit der Liebe zu ihrer in archaischen Traditionen gefangenen Familie. Nachdem ich im Zusammenhang mit der Kampagne ‚Gewalt gegen Frauen‘ für Amnesty International lange recherchiert und Filme für die Kampagne gedreht hatte, ließ mich dieser Themenkomplex nicht mehr los. Ich habe also zuallererst für mich selbst herausfinden wollen, warum mich dieses Thema so tief berührt. Bei jeder Geschichte, die ich erzähle, brauche ich zuerst die zentrale Idee, das Rückgrat des Stoffs. Und diese Essenz muss im emotionalen Kern
24
authentisch mit mir zu tun haben. Jede weitere Entscheidung, von der Buchentwicklung bis hin zur Inszenierung, orientiert sich dann an dieser Kernidee. Meine Kernidee war die einer Liebe, die nicht an Bedingungen geknüpft ist. VA: Es geht also primär nicht um eine deutsch-türkische Migrantengeschichte, sondern eher um ein uns heute alle betreffendes Thema, das Loslassen können und müssen nämlich? FA: Ganz genau. Das Thema Loslassen ist universell, es betrifft uns alle. Nicht nur die anderen, die ‚Fremden‘. Wir alle leben in einer multikulturellen Gesellschaft, die den Konsens miteinander nicht mehr einfach nur fordern kann, sondern gemeinsam neue Wege finden muss, um mit der Divergenz umzugehen. Es geht darum, nach dem Verbindenden anstatt nach dem Trennenden zu suchen, und auf Unterschiedlichkeiten zu pochen. Gelingt das nicht, so setzt eine fatale Entwicklung ein. VA: German Films hat in seinem Katalog über Die Fremde als einem ‚kraftvollen Debütfilm‘ gesprochen. Im Vorfeld zu unserem Gespräch sagte mir einer meiner Kollegen (Steffen Paul), dass das Besondere an deinem Film ist, dass er ‚ein Ende‘ hat. Wie stehst Du dazu? FA: Zunächst freue ich mich sehr, dass Steffen so denkt! Filmemachen ist für mich wie eine Reise, auch um Identität zu finden. Am Anfang hat man eine Intention und ein kleines Licht in der Nacht.
Die Intuition ist diese kleine Lampe, mit der man sich durch die Dunkelheit bewegt, sich ausprobiert, und sucht. Mit der Intuition suche ich, wo die Seele, das Herz des Films liegt. Wenn ein Hauch dessen für den Zuschauer beim Verlassen des Kinos bewusst oder unbewusst spürbar bleibt, dann nimmt man etwas mit. Oder anders herum: die Hauptdarstellerin Sibel Kekilli sagt als Umay zu ihrem Sohn: „Wenn man geht, dann lässt man etwas da von sich.“ Ich würde mich freuen, wenn es dem Film gelänge, dem Zuschauer insgesamt etwas mitgeben zu können. Neben Deiner schauspielerischen Tätigkeit bist Du auch seit langem als Drehbuchautorin tätig. Was hat Dich dazu bewogen, nun auch Regie zu führen? VA:
In der Regie fließt alles zusammen, und das ist das Großartige an diesem Prozess. Ich habe festgestellt, dass eine übergreifende schöpferische Tätigkeit für mich etwas sehr Gesundes ist. Selbst generieren zu können, umzusetzen, gemeinsam mit den Menschen, an deren Talent ich glaube und mit denen ich auf eine solche Reise gehen möchte. Schon die Vorproduktion für Die Fremde hatte einen Rahmen, der ungewöhnlich war. Da ich mit Laien und Kindern einerseits und sehr erfahrenen Kollegen andererseits, drehen wollte, und das in zwei Sprachen – deutsch und türkisch – erschien mir eine lange und intensive Probenzeit zwingend notwendig. Wir haben über sehr lange Zeit Streetcastings an unterschiedlichen Orten gemacht. Und ich habe ebenso lang mehrmals in der Woche intensiv mit den Schauspielern geprobt und gearFA:
beitet. Gerade wenn man mit Menschen arbeitet, die zum ersten Mal vor der Kamera stehen, ist es wichtig, eine Grundlage und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle sicher und geborgen fühlen. Nur so kann man probieren, suchen, entdecken. Ich wollte eine gemeinsame Basis schaffen. Einen geschützten Raum, in dem wir zusammen etwas schaffen und erarbeiten können, was dem Druck und den Umständen der Drehtage, jene Grundlage gibt, die es braucht, um am Set bestmöglich arbeiten zu können. Ich glaube, dass man dem Film diesen Prozess ansieht und bin unendlich stolz auf meine Schauspieler. VA: War es schwierig für Dich, dass das Projekt Dich auf allen Ebenen, als Drehbuchautorin, Produzentin und Regisseurin so gefordert hat? FA: Ja. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, es war immer ein Spaziergang. Manchmal war ich so müde, dass ich abends einfach nicht wusste, wie ich aus dem Auto steigen und in meine Wohnung kommen soll. Es war schwer, weil ich in dieser Form vieles zum ersten Mal gemacht habe. Ich glaube, man wird auch hier gut durch Wiederholungen, durch das Üben. Und ich wünschte, man könnte Filmemachen jeden Tag üben. Meine Hochs waren die Menschen, mit denen ich unseren Film zusammen machen durfte. Ein tolles Team auf allen Ebenen. Großartige Schauspieler, wie Sibel Kekilli (Gegen die Wand), und die türkischen Filmstars Derya Alabora und Settar Tanriögen oder auch Florian Lukas (Good Bye, Lenin!), Nursel Köse (Auf der anderen Seite) und Tamer Yigit (Freunde). Und natürlich die so talentierten jungen Kollegen, die wir für unseren Film neu entdeckt haben. Die Zusammenarbeit mit
Judith Kaufmannn als Kamerafrau (nominiert für den Deutschen Filmpreis für Vier Minuten) und Timm Brückner als Oberbeleuchter (Lila, Lila), Silke Buhr als Szenenbildnerin (Das Leben der Anderen; Vier Minuten), Monika Münnich und Mina Ghoraishi als Maskenbildnerinnen und Gioia Raspé als Kostümbildnerin, um nur einige zu nennen, empfinde ich als wirklich großes Geschenk. Als Produzentin für jede Rechnung verantwortlich zu sein und dabei gleichzeitig als Regisseurin das Beste für den Film zu wollen, ist und bleibt eine Gratwanderung. Es ist eine Herausforderung, die nur mit einem Team wie dem Unseren zu meistern ist. VA: Für die Muster und das Grading hast Du Dich für ARRI Schwarzfilm Berlin entschieden. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? FA: Mit ARRI Berlin arbeitete ich bereits bei meinem ersten Kurzfilm und einigen Werbefilmen zusammen. Als ich vor vielen Jahren nach München kam, und noch kaum jemanden kannte, lernte ich damals Angela Reedwisch und Thomas Nickel bei ARRI kennen. Hans Funk hat mich mittags mit ARRI Kantinen-Essen durchgefüttert. Ich war also schon vor über zwölf Jahren sofort überzeugt! Ich kenne keinen anderen Dienstleister, bei dem so viele außerordentlich engagierte und technisch versierte Menschen arbeiten, die ein Filmprojekt zu ihrem eigenen machen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen bereit stellen. Kamera und Licht für Die Fremde kamen von ARRI Rental (ARRICAM ST/LT, 2-perf). Bei den Mustern z. B. hat Maiken Priedemann großartige Arbeit geleistet. Auch das Grading mit Eurem Coloristen Manfred Turek und mit Franz Rabl in
München war super. Mit den beiden zu arbeiten ist toll und der Film und ich haben von ihrem großen Erfahrungsschatz enorm profitiert. Ich bin dem gesamten ARRI-Team sehr dankbar. VA: Wie waren Deine Erfahrungen mit dem Digital Intermediate? FA: Mit der digitalen Bearbeitung habe ich bei Die Fremde mehr Einfluss auf die Kontraste, die Lichtführung und Farben. Und ich kann in Echtzeit durch den ganzen Film springen. Das beeinflusst auch das EndResultat positiv und gibt ihm einen einheitlichen Look. Durch das automatische Tracken lassen sich Masken auch für winzige Details bauen, die sich jeweils an der Helligkeit oder Farbe des getrackten Objekts orientieren. Dadurch ergeben sich erheblich mehr Farbräume, die ich mit Manfred zusammen ausloten konnte. Hinzu kommt der Aspekt, dass die Umsetzung von DI in das HD-Master 1:1 übernommen und angepasst werden kann. D. h., das Kinograding findet sich 1:1 auf HD wieder. Das ist zeitlich wie qualitativ ein weiterer großer Vorteil. VA: Wir wünschen Dir für die Fertigstellung viel Erfolg. Und herzlichen Dank für das Gespräch! FA: Ich bedanke mich für das Gespräch und für die tolle Zusammenarbeit mit ARRI!
Die Fremde ist als Debütfilm von Feo Aladag eine Independent Artists Produktion und wurde zweisprachig von Juli bis Oktober 2008 in Deutschland und der Türkei gedreht. Verleih: Delphi Filmverleih I Katja Birkenbach
25
VISIONARRI
ARRI Commercial –
kreative Herzschlag Schwabings Einen Steinwurf von der Münchner Kunstakademie entfernt, mitten im Herzen Schwabings positioniert, bietet ARRI Film & TV Commercial von der Ideenfindung, über die Konzept- und Umsetzungsbetreuung alle Kreativ- und Technik-Services für seine Kunden an.
Bei ARRI Film & TV Commercial sind alle Servicebereiche an einem Standort vereint. Projektbetreuung, Kreation, Beratung, Planung, Realisierung und Qualitätskontrolle greifen effektiv und ohne Zeitverlust ineinander. Das kreative Herz bildet das Department aus Lab, Colorgrading, Editing, Online, Compositing, 3D Animation und Motion Graphics – eine Basis für die Realisierung jedes Kunden-Projekts und ein Rundum-Paket, das in dieser Geschlossenheit selten in einem Posthouse zu finden ist.
26
„Wir haben in den letzten Jahren unser kreatives Potential als Posthouse sowohl personell wie technisch ständig erweitern können“, betont ARRI Head of Commercial Philipp Bartel nicht ohne Stolz. „Damit ist es uns heute möglich, die ganze Welt des Bewegtbildes kreativ, kompakt und kompetent aus einer Hand unseren Kunden aus Agenturen und Filmproduktionen anzubieten. Wir können aus unserem Servicepool das herausgreifen, was der Kunde für sein Projekt für sein zur Verfügung stehendes Budget benötigt.“
„Wir haben mit Rico Reitz, unserem Creative Director, den Motion Graphic Designern und dem Compositing und 3D Artists sowie unserem Grading-Team innerhalb ARRI Commercial eine Crew, die über eine Fülle sich gegenseitig ergänzender Qualifikationen in der Kreation verfügt und diese im Interesse unserer Kunden proaktiv einzusetzen weiß. Nicht wenige unserer Kunden kommen schon in der Pitch-Phase zu uns, um unsere kreativen Vorschläge, Konzeptideen und Design-Vorschläge einzuholen.“ Herausforderungen werden als Team angenommen und anschließend gemeinsam umgesetzt. Commercial-Kunden können auf das komplette Produktionsequipment und die entsprechenden Services, angefangen beim Kamerarental, über Licht, Bühne, Kopierwerk, seinen Leistugen bis hin zur
Abnahme im eigenen Kino zurückgreifen, die das Unternehmen ARRI mitten in München in einer weltweit wohl einmaligen Konzentration anbieten kann, wobei die Unternehmensbereiche jeweils nur wenige Schritte von einander entfernt liegen. Philipp Bartel: „Nähe und kurze Wege können immer noch entscheidend sein, wenn es darum geht, kreative Ideen schnell und präzise umzusetzen.“ Arbeitszeit ist auch Lebenszeit, dem trägt nicht nur das angenehm entspannte und der kreativen Ideenfindung zuträgliche Ambiente der Räumlichkeiten bei ARRI Commercial mit elegantem Konferenzraum, Dachterrasse und Lounge Rechnung. Rund um das Posthaus finden sich im Umfeld der Türkenstraße in Schwabings Uni-Viertel zahlreiche Möglichkeiten, um sich nach der Arbeit zu erholen: Diverse Cafés, Restaurants, Bars sowie zahlreiche
Fotos: © pixelio.de
Der
Shoppingmöglichkeiten sind mit wenigen Schritten zu erreichen. Und auch der weltbekannte Marienplatz und die Nobelmeile Maximilianstraße sind nur zwei U-Bahnstationen oder vier Taximinuten von ARRI entfernt.
ARBEITSZEIT IST AUCH LEBENSZEIT…
27
VISIONARRI
ARRI Commercial –
Im
Projektbetreuung Vom Storyboard bis zum fertigen Bewegtbild begleiten unsere Producer den Kunden mit der Kreation durch das gesamte Projekt. Gemeinsam mit der Agentur und der Filmproduktion, mit Regie, Kamera, Art Direction, Visual Effects und Sound Effects erarbeiten, kalkulieren, planen, realisieren und berechnen sie die optimale Umsetzung der Postproduktion. Sie behalten die kalkulierten Budgets und Timings im Auge, und sorgen mit dem produktiven Team dafür, dass die verabschiedete Idee optisch perfekt realisiert wird.
Shortcut
Texture Studio Hier können spezielle Texturen aus beliebigen Materialien z. B. für 3D-Animationen erstellt werden. Ergänzend wurde eine eigene Picture-Library mit BewegtbildTexturen zumeist in 4K-Auflösung in den letzten drei Jahren aufgebaut. Der Ort eignet sich auch, um schnell ergänzende Packshots für eine Produktion zu fotografieren/filmen.
Visual Effects Um komplexe Visual Effects schnell und flexibel im vorgegebenen Zeitrahmen fertigzustellen, setzen unsere CompositingArtists auf Flame 2009. Von der Supervision am Set bis zum fertigen Film wird der Kunde von einem Team betreut.
Color Grading Unsere Coloristen tauchen in ihre Farbwelten und bringen Ihr Bild ins rechte Licht. Neben der Spiritsuite setzt das Team in der Lichtbestimmung derzeit auf das softwarebasierende Gradingtool Baselight.
Web Design Hier bieten wir unseren Kunden die gesamte Range für die Gestaltung ihres Webauftritts an. Die Umsetzung der Homepage wird im Webstudio und unseren Designern von der ersten Idee bis zur Umsetzung und weiterführenden Betreuung aus einer Hand online publiziert.
Creative Direction Zwischen Agentur und/oder Filmproduktion sowie der Postproduktion werden im Meeting die visuellen Effekte in Durchführung und Umsetzung geplant. Looks und Designs, Styleframes, Scribbles und Animatics entstehen hier gemeinsam mit dem Kunden und werden Inhouse kreativ betreut. Das verkürzt Postproduktionszeiten, entlastet den Regisseur an den Stellen, wo er Input braucht, und führt insgesamt zu optimalen Ergebnissen.
3D Für die Erschaffung 3D-animierter Bildwelten ist das Artist-Netzwerk punchin.pictures der kongeniale Partner. Ein Treppenabsatz von ARRI Commercial entfernt präsentiert sich das helle, moderne Animations-Loft mit seinen Artists auf 150 qm.
Motion Graphics Hier entwickeln unsere Designer Looks, Animatics, Layouts und Typo-Animationen, deren Umsetzungen sich in kompletten Spots, grafischen Verpackungen und OnAir Designs wiederfinden.
Offline Editing Auf einer eigenen Etage stehen den Kreativen diverse Schnitträume zur Verfügung. Jede Suite verfügt zusätzlich über eine kleine Kundenlounge. Das Inhouse-Team bietet technischen Support, Digitalisierung, Tonanlegen und natürlich Service rund um die Uhr.
Sound Hier nehmen wir auf, editieren und schneiden die Sounds, den Sprecher oder die Musik. Außerdem entwickeln wir hier auch Sound Designs und komponieren Musik für Werbung. Hilfe bei der Konzepterstellung für Funkspots gehört selbstverständlich dazu.
Transfer Im Transfer werden sämtliche professionellen Video-Formate in SD/HD bedient, sowie Tonanlegen und die Erstellung von Sendekopien analog und digital durchgeführt.
Disposition Das Dispo Team informiert über Preise und erstellt Angebote für Transferaktivitäten. Von hier aus werden sämtliche Überspielungen in Ton und Bild, Beleg- und Sendebandanforderungen sowie Kurierfahrten koordiniert.
Kino Einmalig in unserer lückenlosen Produktionskette ist das ARRI-Kino mit seiner 10 x 4,2 Meter großen Leinwand und 360 Sitzplätzen. Dank modernster digitaler wie analoger Projektoren können unsere Kunden nicht nur ihre fertigen Filmproduktionen, sondern auch die verschiedenen Phasen der Bearbeitung auf der Leinwand unter authentischen Kinobedingungen begutachten. Da sich das Kino mit einer Bühne präsentiert, kann es auch für Vorträge gebucht werden.
Konferenzraum Über den Dächern Schwabings präsentiert sich unser heller, mit modernster Technik ausgestatteter Konferenzraum. Ein Ort wie geschaffen, um über Projekte zu sprechen. Ein Schritt hinaus und man steht auf unserer Dachterasse, von der aus man bei schönem Wetter die Alpen bewundern kann.
Leib & Seele Ein leckeres Kaltgetränk oder einen Milchkaffee? Ein Weißwurst-Frühstück oder doch einen internationaler Gaumenschmaus? Die Organisation der vergessenen Blumen zum Hochzeitstag? Ein Abnahme-Special? Wir stellen uns jeder kreativen Herausforderung!
Lounge / Terasse Die perfekten Kommunikationsinseln, um sich einen kurzen Break aus dem Projektalltag zu gönnen. Ein Zusammenkommen netter Persönlichkeiten ist hier garantiert.
Get more information: www.arricommercial.de 28
29
Gekrönt mit dem Deutschen Filmpreis 2009 für Beste Tongestaltung
In Sachen Nominierungen und Preisen kann sich die Mitarbeit des ARRI Sound Teams an den Produktionen des letzten Jahres wirklich sehen lassen: Bayerischer Jugendfilmpreis für Krabat, Goldene Kamera für das TV-Dokudrama Mogadischu und zahlreiche Nominierungen für den Grimme Preis sowie den Deutschen Filmpreis 2009. Von den zehn laut ‚Blickpunkt: Film’ an der Kinokasse erfolgreichsten deutschen Filmen 2008 entstanden immerhin sechs mit direkter Beteiligung der ARRI Soundcrew: Kirschblüten – Hanami, Die Welle, Krabat, DWK5 – Die wilden Kerle, Freche Mädchen, Sommer.
Neue Niederlassung für ARRI Film & TV in Köln Der Standort Köln hat im Film- und Fernsehgeschäft eine wichtige Bedeutung. Aus diesem Grund ist ARRI seit April 2009 – auf dem Gelände des seit vielen Jahren dort ansässigen ARRI Rental – mit Postproduktionsleistungen nun auch in Köln vertreten. Ausgestattet mit State of the Art Equipment und in enger Zusammenarbeit mit München bietet ARRI Köln seinen Kunden den gewohnten Full-Service. Die Leitung der Niederlassung hat Markus Klaff, Branch Manager, übernommen. Foto: © Florian Liedel/Deutsche Filmakademie
Bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises am 24. April 2009 in Berlin wurden die Mischtonmeister Tschangis Chahrokh-Zadeh und Christian Bischoff zusammen mit Heinz Ebner und Guido Zettier für Nordwand mit dem Preis für die Beste Tongestaltung ausgezeichnet. Und auch der Gewinner des Preises für den Besten Spielfilm, John Rabe, wurde bei ARRI bearbeitet.
DAS AUSGEZEICHNETE TEAM: Christian Bischoff (Tonmeister), Guido Zettier (Tonschnittleitung ), Tschangis Chahrokh-Zadeh (Cheftonmeister) und Heinz Ebner (O-Ton)
Fotos: © Loidl / Bartz, pixelio.de
Neues aus NRW
ARRI SOUND
In den letzten Monaten wurde bereits kräftig in den Kölner Standort investiert. Neben neuen Büro- und Bearbeitungsräumen entstand hier auch das größte Grading-Kino in NordrheinWestfalen mit imposanter Leinwand. Der Niederlassungsleiter Markus Klaff freut sich auf den neuen Aufgabenbereich: „Ich sehe mich als optimale Schnittstelle zwischen Kreativität und Technik, zwischen Kunde und Dienstleister“, so Klaff. Er wechselte im April von der Kundenseite zum ARRI Team. Über 18 Jahre war Klaff für die Qualiätssicherung bei RTL Television zuständig und ist ein Mann, der sein Business ‚von der Pieke‘ auf gelernt hat. ARRI Film & TV Services GmbH Niederlassung Köln Heinrich-Pesch-Str. 7 • D-50739 Köln Telefon +49 221 571651-0 MARKUS KLAFF Branch Manager
Audiorestauration: „Wir räumen die akustischen Scherben weg.“ Mit Tom Geldhauser konnte ARRI Sound einen international gefragten Spezialisten für die Audiorestauration wertvoller Filmarchivbestände gewinnen. Der sich endlich mit großen Schritten vollziehende Wechsel vom seit Jahrzehnten gültigen SD-Fernsehstandard auf einen Sendebetrieb in High Definition stellt auch Produktionsfirmen und Verleiher vor völlig neue Herausforderungen. Sie befinden sich gegenwärtig mit ihren wertvollen Beständen in einer Phase des Umbruchs. Älteres Material muss ausgehend von der Filmkopie neu hochauflösend abgetastet werden, um das bestmögliche Ausgangsmaterial für eine optimale Weiterverwertung und erneute Archivierung zu erhalten. Der Archiv-Wechsel der Filmbestände von der analogen auf die digitale Ebene gilt dabei für die gesamte Verwertungskette: Kino, DVD und Blu-ray Disc sowie die Austrahlung im TV. „Einen alten Film digital zu scannen und das Bild so lange zu retouchieren, bis alle optischen Mängel beseitigt sind, ist für ein zufrieden stellendes Ergebnis nur die halbe Wahrheit. Auch der Ton, der ja wesentlichen Anteil an der Atmosphäre und Gesamtwirkung eines Werks hat, ist bei
älterem Material oft erheblich in Mitleidenschaft gezogen“, gibt Daniel Vogl, technischer Leiter Filmmischung bei ARRI Sound, zu bedenken. Die Ton-Spezialisten bei ARRI setzen sich schon seit Jahren besonders intensiv mit den technischen Rahmenbedingungen für eine optimale Restauration der Tonspuren wertvoller Archivbestände auseinander.
Hier bewegt man sich jedoch auf einem Niveau im kreativen Umgang mit dem Ausgangsmaterial, das international nur wenige Spezialisten wirklich beherrschen. Mit Tom Geldhauser konnte ARRI Sound exklusiv einen dieser Topkreativen für Audiorestauration verpflichten, dessen akustischen Spürsinn schon Majors wie
„HIER ARBEITEN NUR LEUTE, DIE SEIT JAHRZEHNTEN FILME MACHEN UND EIN GESPÜR DAFÜR HABEN, WIE DER TON HOMOGEN MIT DEM BILD ZUSAMMENGEHT.“ „Wir wollen einen Qualitätsstandard in der Filmrestauration sicherstellen, der über software-gesteuerte Standardverfahren zur Beseitigung von Grundrauschen, Brummen oder Knacksen via ‚Fingerprint’ weit hinausgeht“, betont Vogl den Anspruch bei ARRI Sound. Gerade in der Ton-Restauration der Dialogpassagen genügt es bei älteren Filmen oft nicht, Fremdgeräusche im Mittel- und Oberton-Bereich summarisch zu entfernen. Nicht selten sind besonders S- und TZ-Laute so stark in Mitleidenschaft gezogen, „dass man vielmehr dem Ton etwas zurückgeben muss, als nur etwas zu entfernen“, wie Vogl erklärt.
20th Century Fox und Warner wichtige Werke anvertraut hatten. Durch seine Hände gingen in den letzten zehn Jahren Kultfilme wie Blair Witch Project (1999), einer der ersten Filme mit Marilyn Monroe, All about Eve (1950), die Urfassung von The Fly (1958) oder auch das Weltkriegsdrama The longest Day (1962) dessen Ton er für sämtliche internationalen Sprachfassungen restaurierte. Besonders hervorzuheben ist seine Bearbeitung der ersten drei Alien-Filme. Dabei entstand auch aus der ursprünglichen Mono-Fassung des ersten Alien (1979) eine Version in 5.1.
Geldhausers Können kommt besonders in den Dialogpassagen zur Geltung, wobei er seine überragenden Resultate nicht dadurch erzielt, dass er pauschal mit einem ’Fingerprint’ des ganzen Films arbeitet, sondern sich Szene für Szene individuell vornimmt. Im Vordergrund steht dabei die Werktreue, nicht ein neues synthetisches Produkt. Und die ist bei aller State-of-theArt-Technik in den ARRI Soundstages vor allem ein Resultat aus langjähriger Erfahrung und kreativer ’Handarbeit’. „Wir wollen keinen steril sauberen Ton ohne
Charakter, wenn wir ein Jahrzehnte altes Werk restaurieren“, versichert Daniel Vogl. „Der Zeitgeist, die Dynamik und die Dramaturgie, für die ja auch der Ton mit verantwortlich ist, muss dem Film erhalten bleiben, damit er der bleibt, der er war. Wir räumen nur die akustischen Scherben weg.“ Qualitätsverbesserung in der Ton-Restauration ist hinsichtlich des Aufwands kein linearer Prozess, sondern ein exponentieller, damit natürlich auch hinsichtlich der Kosten.
„Man kann an einem Film drei Monate restaurieren, aber auch in eineinhalb Wochen zu einem sendefähigen Band kommen“, resümiert Herstellungsleiter Vogl. Das Consulting bei ARRI Sound konzentriert sich daher auf maßgeschneiderte Lösungen. Vorgeschlagen wird, was bezogen auf das Einzelprojekt und das Verwertungsziel sinnvoll erscheint. Dabei kann ARRI Sound alle Formate bedienen, unabhängig vom Datenträger und unabhängig vom Zielmedium (Kino, HD, DVD, BD). Mit einem speziellen Lichttonplayer können alle Lichttonformate bis hin zur historischen Sprossenschrift in bestmöglicher Qualität abgespielt und zur weiteren Bearbeitung digitalisiert werden. Die größte Referenz für ARRI ist dabei sicher das unternehmenstypische filmische Denken. „Hier arbeiten nur Leute, die seit Jahrzehnten Filme machen und ein Gespür dafür haben, wie der Ton homogen mit dem Bild zusammengeht. Der Kunde bewegt sich bei ARRI in einem Umfeld, wo er mit seinem Material alles aus einer Hand bekommen kann.“ I Ingo Klingspon
TOM GELDHAUSER mit akustischem Spürsinn am Werk
30 31
06/09 AUSGABE 8
BlackBox – Expertengespräch
Mr. Pixel und Mrs. Grain – Eine filmreife Beziehung
Das Magazin von ARRI RENTAL DEUTSCHLAND & ARRI POSTPRODUKTION – Special Edition
Mr. Pixel & Mrs. Grain Drei Kurzfilme von ARRI GB ironisieren die Technik-Debatte Analog/Digital als Ehekrise beim Psychiater
Rainer Klausmann Die Schweizer Kamera-Legende steht Rede und Antwort über das Geheimnis seines Erfolgs
ARRI Commercial Der kreative Herzschlag Schwabings für die Welt der Werbung
Die Tür Bond-Star Mads Mikkelsen auf den steinigen Pfaden von Schuld und Sühne im neuem Kinofilm von Regisseur Anno Saul
Ein Beziehungsgespräch unter Experten: Was Sie schon immer über Pixel und Korn wissen wollten.
Deutschlandpremiere der drei Kurzfilme „Mr. Pixel and Mrs. Grain – Session I, II, III“ produziert von ARRI
In der Branche wird heiß diskutiert: analoger oder digitaler Dreh – wo liegt die Wahrheit? Im Gespräch mit Kreativen, deren Handwerk es ist hinter der Kamera zu stehen, beleuchten wir die vielfältigen Sichtweisen. Namhafte Kameraleute stellen sich Fachfragen und geben Antworten aus ihrem Erfahrungsschatz.
Filmfest München BlackBox Gasteig Freitag, 3. Juli 2009 14.30-16.30 Uhr
Freuen Sie sich auf eine spannende und informative Runde.
ARRI Film & TV
ARRI Rental
Angela Reedwisch Phone: +49 89 3809 1574 E-Mail: areedwisch@arri.de
Thomas Loher Phone: +49 89 3809 1440 E-Mail: tloher@arri.de
www.arri.de