KURENKAHNWIMPEL

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F체r die alten Fischer der Siedlungen des Kurischen Haffs, die mit ihrer schwierigen und risikoreichen Arbeit ihre Familien ern채hrt und f체r uns und k체nftige Generationen eine einmalige Reliquie der damaligen Kultur - die Wimpel - hintergelassen haben. Autor


UDK 77.04(474.5)(084) Va 275

Autor der Bilder und Hrsg

Antanas Varanka Design und Computergrafik

Laimis Kosevièius Textautor

Libertas Klimka

© Antanas Varanka, 2008 © Laimis Kosevièius, 2008 © Libertas Klimka, 2008

ISBN 978-9955-9437-4-7

Verlag ANVARA Vilnius 2008



Über die KurenKAHNwimpel Fischerkähne im Kurischen Haff

Für die Fischerei im Kurischen Haff hatten die Fischer seit alten Zeiten nur für diese Gewässer übliche Segelboote. Die großen wurden Kurenkähne und die kleineren –Keitel-, Bradden- und Wenterkähne genannt, abhängig davon, mit welchen Netzen sie gefischt haben. Alle Boote waren flachbödig, mit geringem Tiefgang und steilen Borden und aus Eichebrettern gefertigt. Und wie anders? Die Wellen des Haffs sind doch bitterböse! Gerade sie haben über viele Jahrhunderte hinweg die Form der Fischerkähne geprägt. Solche Fischerbote sind auch in den Chroniken des 14. - 15 Jhs. und in den Dokumenten des Kreuzritterodenstaates erwähnt; ihre Abbildungen finden sich bis zum 18 Jh. Bis zum Zweiten Weltkrieg galt im Kurischen Haff die Verordnung, nur mit den Segelbooten zu fischen, weil man besonders um die Sauberkeit des Wassers und Fanggutes besorgt war.

Die Einmaligkeit und Herkunft von Kurenwimpeln

Jeder Kurenkahn, durch die Wellen des Haffs stöbernd, führte auf seinem Hauptmast eine “Krone”- einen aus einem Holzbrett geschnitzte und bunt bemalenen Kurenz wimpel. Er diente eher zur Erkennung des Segelbootes und weniger zur Feststellung der Windrichtung. Aus der Sicht der Kunst ist das eine einmalige Erscheinung in der litauischen Volkskunst. Die Tradition anderer europäischer Fischer kennt so etwas ähnliches nicht. Über die Kurenwimpel erfährt man erst 1844, aus den


Fischereivorschriften des Verwaltungsamtes von Karaliaucius. Diese Vorschriften legten für jedes einzelne Fischerdorf rund um das Kurische Haff ein bestimmtes Fischereigebiet fest. Um leichter die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften der Fischereigebiete ausüben zu können, hat der Oberfischmeister Ernst Wilhelm Beerbohm (1786-1865) festgelegt, auf dem Mast einen Kurenwimpel einer bestimmten Größe zu führen. Die Kurenwimpel in den Fischerdörfern der Nehrung waren zwei Fuß lang und einen Fuß breit. Die Kurenwimpel der benachbarten Dörfer des Memeldeltas waren doppelt so groß. Man verwendete leuchtende kontrastvolle Farben und bevorzugte Rechteck und Dreieckformen, die als Kennzeichen des einzelnen Fischerdorfes. Die Fischerdörfer am Kurischen Haff hatten bestimmte Farben: schwarz-weiß für die Nehrung, blau-gelb für die Südseite des Haffs und rot-weiß für die Ostseite. Der Oberfischmeister E. W. Beehrboom war unter anderem eine für die Kunst und Schönheit sensible Seele, er hat die Kurenwimpel standartisiert und die Kennzeichen für die Dörfer festgelegt. Er hat den Weg zum künstlerischen Selbstausdruck der Fischer und den alten Traditionen gefördert.

Verzierungen der Kurenwimpel

Die Fischer der Fischerdörfer Pillkoppen, Nidden, Purwin, Perwalken und Preil haben ihre in Holz eingerahmten Kurenwimpel mit Gitterwerk von Holzschnitzereien


verziert. Diese Tradition stammt wahrscheinlich aus der Beliebtheit eigene Wohnhäuser zu dekorieren, die Wetterfahnen und auch den Dachfirst mit komplizierten Ornamenten, unter anderem mit einem Ross zu verzieren. Mit der Zeit wurde die Wimpelschnitzerei durch das Interesse der Sommergäste und durch den Wunsch, ein originelles Reiseandenken zu erwerben, beeinflusst. So haben die Kurenwimpel eine Veränderung erfahren und kamen völlig neue Farben und Einzelmotive, solche wie Anker, Möve, Leuchtturme, Elche usw. auf. Die ursprünglichen mythologischen Zeichen gehen langsam verloren...

Mythologisches Sinnbild des Kurenwimpels

Das Schicksal des Fischers hängt vom Willen der Naturkraft ab. Seine Erfahrung und Kenntnisse von Wellen und Windlaunen dürfen reich sein, die Möglichkeit für den Zufall, Unerwartetes und das schmerzhafte Unglück bleibt. Auf der Weite des Haffs ist der Mensch schwach und verletzlich und sucht nach einer geistigen Verbindung zur Naturkraft. Von hier aus kommt eine Menge Fischerzaubereien, Glaube und Aberglaube... Der Mast verkörpert symbolische Verbindung zwischen der Wasser - und Himmelwelt. Die Abbilder in den Kurenwimpeln unterstreichen diese Verbindung; die Komposition der Kurenwimpel ist im Allgemeinen als eine Anrede des Menschen an die Kräfte der Gewässer, des Windes und des Himmels auf der Suche nach Friede, Beistand und Geborgenheit. Die Verknüpfung mit den Naturkräften wiederspiegeln die Worte der Fischer “aufs hohe Meer fahren”, es wird gemeint - weit weg von der Heimküste fahren.


Was die Zeichen erzählen

Von der Struktur her kann man in diesem Schmuckstück des Segelkahnes drei Teile unterscheiden: den Gipfel, den Gegenwind - und Windwärtsteil. Die Ornamentik des Gipfels weist oft Sechsstern bzw. Radkreuz - Symbol der Sonne auf. Interessanterweise wird dieses hierarchische Zeichen in den späteren Kurenwimpeln durch Staatswappen bzw. Herz, das Symbol für die Hoffnung und das Gebet ersetzt. Oft wird auch die Sonne mit einem Band umfasst, das der Märchengestalt - der Natter Žilvinas - dem Gewässerherrscher, ähnelt. Dies spricht von der Gegenüberstellung vom Himmel und den Gewässern. Die Gegenwindseite des Kurenwimpels ist oft mit Rhomben, dem Zeichen der Erde und Festlands verziert. Sechs Strahlen des Sternes, der am nächsten zum Mast eingerichtet wird, symbolisieren das Jahresrad, das gemäß Aufgangs - und Untergangsazimuten in Saisons geteilt (Sonnenwende und Äquinoktium) ist. Über diesem Symbol der Weltordnung ragt in der Regel ein geschnitztes Haus. Wie nur der Fischer weiß, welche Gefährdungen zu überwältigen sind, bis nach Hause, wo er erwartet ist. Die Symbole des dem Winde zugewandten Teils des Kurenwimpels kann man dem alltäglichen Leben zuordnen. Möglicherweise wollten hier die Fischer die Fülle ihres Lebens darstellen: Wirtschaftshäuser, Familiengröße, Anzahl der Kähne ua. Jeder Kurenwimpel des Kurischen Haffs gleicht einer Geschichte vom Besitzer des Kurenkahns und seinem hoffnungsvollen Leben “unter der Sonne”.

Prof. Libertas Klimka




ŠARKUVA SARKAU

S

N

RASYTE

ROSSITTEN

K

Ðarkuva SARKAU

PREIL

PERVALKA PERWELK

JUODKRANTE

U

R

I

O S

C

PILKOPA

S T S E E

PILLKOPPEN

SCHWARZORT

SMILTYNE SANDKRUG

H

E

NIDA

N

E

H

R

U

Rasytë

N

G

KOPGALIS

PURVYNE

KLAIPEDA

Pilkopa

Nida

NIDDEN

H A F F

SÜDERSPITZE MEMEL

Die von dem Oberfischmeister Ernst Wilhelm Beerbohm im Jahr 1844 für die Fischerboote auf dem Kurischen Haff verordneten besonderen Erkennungszeichen der Kurenkahnwimpel.

PILLKOPPEN

U R I S C H E S

NIDDEN

PURWIN

ROSSITTEN

K

PREILA

Purvynë

PURWIN

Kopgalis

Preila

PREIL

SÜDERSPITZE

Pervalka

PERWELK

Juodkrantë

SCHWARZORT

Smiltynë

SANDKRUG

Klaipëda

MEMEL


NIDA / NIDDEN


Tel. +370~5 2153166, mob. +370~699 47530 E-mail: anvara@takas.lt www.anvara.lt


"Kurenkahnwimpel der Fischerboote der Kurischen Nehrung" ist der vierte Bildband des Photographen Antanas Varanka. Im Verlag "Anvara" wurden folgenden Bildbänder von Antanas Varanka herausgegeben: "Wunderschöne Nehrung", 2002 "Osetija - Alanija", 2003 "Palanga", 2006

Im Verlag erschienen über 400 Postkarten des Photographen Antanas Varanka.


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Kurðiø nerijos þvejø burvalèiø vëtrungës

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METRIKA 2008

ISBN 978-9955-9437-4-7






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