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Max Slevogt – Das Auge sieht, was es sucht

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Max Slevogt:

„Das Auge sieht, was es sucht“

Anlässlich des 150. Geburtstages von Max Slevogt laden Museenin Hannover, Mainz und Saarbrücken mit groß angelegten Ausstellungenzur Neuentdeckung des vielseitigen Künstlers ein.

Für die einen ist Max Slevogt (1868–1932) der Pfälzer Landschaftsmaler schlechthin, für die anderen zählt er mit Max Liebermann und Lovis Corinth zum „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“. Beides stimmt und beides bezeichnet jeweils nur einen kleinen Ausschnitt seines künstlerischen Werkes.

Slevogt hat durchaus zahlreiche Landschaften gemalt, aber eine ebenso wichtige Rolle spielen in seinem Œuvre religiöse, mythologische oder phantastische Themen. Er bezog sich immer wieder auf Literatur und Musik, entwarf Bühnenbilder und war befreundet mit dem portugiesischen Starbariton Francisco D’Andrade, den er mehrfach in dessen Paraderolle als Don Giovanni darstellte. Er malte und zeichnete Porträts und war ein gefragter Illustrator. Seine „Gelegenheitsarbeiten“, illustrierte Briefe oder Speisekarten etwa, offenbaren einen geistreichen, humorvollen und bisweilen karikierenden Zeichner.

Max Slevogt, „Kleines Selbstbildnis mit steifem Hut“, 1912, Öl auf Holz , 32,5 × 24,2 cm, Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ im Saarlandmuseum, © Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Saarbrücken

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Das Landesmuseum Hannover, das die bedeutendste Sammlung des „Dreigestirns des deutschen Impressionismus“ besitzt, fächert in einer umfangreichen Retrospektive den ganzen Slevogt auf. Genau 150 Werke sind zu sehen – Malerei, Druckgrafik, Zeichnungen –, denn für Slevogt standen die grafischen Arbeiten gleichberechtigt neben der Malerei, und dem soll die chronologisch angelegte Präsentation nun erstmals auch gerecht werden.

Max Slevogt studierte ab 1885 an der Kunstakademie in München, wo er sich nach dem Studium 1890 als freier Maler niederließ und zwei Jahre später Gründungsmitglied der „Münchner Sezession“ war. Schnell hatte er im konservativen München einen notorischen Ruf als „Slevogt, der Schreckliche“ weg. Bevor er 1901 in das progressivere Berlin übersiedelte, verbrachte er mehrere Monate in Frankfurt am Main, wo seine berühmten Zoobilder entstanden, die zugleich eine Aufhellung seiner Palette einleiteten. Berlin indes schien auf ihn gewartet zu haben. Mit seiner Kunst wurde er in

Max Slevogt, „Skizze mit Flagge“, 1908, Öl auf Malpappe, 40,5 x 55,8 cm, Ausstellung „Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann & Cassirer“ im Landesmuseum Mainz, Foto: Ursula Rudischer © GDKE/Landesmuseum Mainz

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den frankophilen Kreisen der „Berliner Sezession“ begeistert aufgenommen. Fulminanter Auftakt des Erfolges war 1902 „Das Champagnerlied oder: Der weiße D’Andrade“ in der Ausstellung der „Berliner Sezession“.

Schon seit 1899 wurde Slevogt von Paul Cassirer, dem einflussreichsten Berliner Galeristen seiner Zeit, vertreten. Im Verlag von dessen Vetter Bruno Cassirer erschienen mehrere Bildzyklen und Illustrationen des Künstlers. Paul Cassirer war es auch, der um 1905 den Slogan „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“ erfand, mit dem er die drei Superstars – Liebermann, Corinth, Slevogt – eingängig vermarkten konnte. Dabei ist Slevogt nicht nur der jüngste und heute am wenigsten bekannte, sondern sicherlich auch der vielseitigste der drei.

Während die Retrospektive in Hannover diese Vielseitigkeit eindrucksvoll bezeugt, konzentriert sich die Ausstellung im Landesmuseum Mainz auf das in Slevogts Werk seltene Thema der Strandlandschaft. Im Mittelpunkt steht das erst vor Kurzem aus Privatbesitz aufgetauchte Bild „Skizze mit Flagge“ aus dem Jahr 1908. Auf Einladung Paul Cassirers und seiner Frau Tilla Durieux verbrachte Slevogt in jenem Sommer einige Wochen im holländischen Noordwijk, wo die beiden ein Strandhaus besaßen. Auch Lovis Corinth

Edouard Manet, „Der Herbst“, 1882, Öl auf Leinwand, 73 × 51 cm, Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ im Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Saarbrücken, Leihgeber: Musée des Beaux-Arts, Nancy

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und Max Liebermann waren mit von der Partie. Die wenigen Strandbilder aus Slevogts Schaffen werden in der Ausstellung thematisch verwandten Gemälden und Grafiken Liebermanns und Corinths gegenübergestellt. Und so ist Slevogts Bild gleichzeitig der Aufhänger, um seine Netzwerke, den künstlerischen Austausch mit seinen Malerkollegen sowie das enge Verhältnis zu Paul und Bruno Cassirer genauer zu betrachten.

Um Max Slevogts künstlerischen Blick nach Frankreich geht es in Saarbrücken. Hier wird nicht nur dessen 150. Geburtstag gewürdigt, sondern zugleich das 50-jährige Bestehen der Modernen Galerie des Saarlandmuseums ge feiert. Ausgehend vom reichen Eigenbestand und ergänzt um internationale Leihgaben werden 111 Gemälde und Arbeiten auf Papier von Max Slevogt in Dialog mit 78 Werken von Paul Cézanne, Eugène Delacroix, Claude Monet, Édouard Manet, Auguste Renoir und anderen französischen Meistern des 19. Jahrhunderts gestellt. Ein besonderes Highlight der Ausstellung ist Manets „Die Rue Mosnier mit Fahnen“. Manet war nicht nur großes Vorbild, sondern auch ein Lieblingsmaler Slevogts, besagtes Bild hing sogar in seinem Salon. In der Modernen Galerie wird es nun Slevogts „Unter den Linden“ gegenübergestellt, denn es ist das Konzept

Max Slevogt, „Frida Fuchs“, 1904, Öl auf Leinwand, 92 × 74 cm, Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ im Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Saarbrücken, Leihgeber: Staatsgalerie Stuttgart

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dieser ein drücklichen Ausstellung (und des Kataloges) durch direkte Nachbarschaften Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen. Auch hier erkundet man, thematisch gegliedert, die ganze Vielfalt Max Slevogts.

Slevogt ist angeregt und beeinflusst von den französischen Künstlern, aber mit dem französischen Impressionismus haben selbst seine lichtdurchfluteten Landschaften wenig zu tun. Insofern ist seine Beschäftigung mit den Werken der französischen Maler wohl eher ein Befragen hinsichtlich der malerischen Möglichkeiten. Dass Manet ein Favorit war, kommt somit nicht von ungefähr. Ebensowenig überrascht es, dass sich in Slevogts späten Werken der zwanziger Jahre die Formen immer weiter in Farbe auflösen. Es gibt viel zu entdecken!

KIM BEHM

Bis 13. Januar 2019 Slevogt und Frankreich Saarlandmuseum, Moderne Galerie, Saarbrücken www.kulturbesitz.de

Bis 24. Februar 2019 Max Slevogt. Eine Retrospektive zum 150. Geburtstag www.landesmuseum-hannover.niedersachsen.de

Bis 10. Februar 2019 Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann & Cassirer www.landesmuseum-mainz.de

Plakette Slevogtweg,

SLEVOGT

Leinsweiler

WEG

Quelle: GDKE Rheinland-Pfalz, Landesmuseum Mainz,Bildarchiv Südliche Weinstrasse e.V.

DIE SÜDLICHE WEINSTRASSEFEIERT MAX SLEVOGT

Der kleine Ort Leinsweiler, an der Südlichen Weinstraße gelegen, ist ein herrliches Fleckchen Erde – inmitten pittoresker Landschaft, mit angenehmem Klima und guten Weinen. Was für ein Gegensatz zur Kunstmetropole Berlin! Kein Wunder, dass Max Slevogt, der ohnehin enge familiäre Beziehungen in die Pfalz hatte, hier 1914 einen Sommersitz, den Slevogthof, erwarb und die dortige Landschaft wieder und wieder malte.

Ausgehend vom Slevogthof wurde nun zum Jubiläumsjahr ein circa neun Kilometer langer Rundwanderweg angelegt, der auch in kleinere Touren unterteilt werden kann. Etwa drei Stunden sind für die ganze Route einzuplanen. Ohne entsprechende Ausrüstung sollte auf einige Abstecher verzichtet werden, ansonsten ist es ein herrlicher Spaziergang auf den Spuren Max Slevogts mit beeindruckenden Ausblicken und zwölf Stationen, an denen bebilderte Tafeln die Entstehungsorte einzelner Bilder markieren und diese mit kurzen Texten erläutern.

Der Flyer „150 Jahre Max Slevogt – Mensch, Maler, Ort“ führt das ganze Programm im Jubiläumsjahr zusammen: landauland.suedlicheweinstrasse.de.

KIM BEHM

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Max Slevogt, „Frauenraub“, 1905, 181,5 x 131 cm, Öl auf Leinwand,Ausstellung „Max Slevogt. Eine Retrospektive zum 150. Geburtstag“ im Landesmuseum Hannover© Landesmuseum Hannover

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