Januar 2010
Erzengel Michael Russland, letztes Drittel 17. Jh. 31 x 26 cm Privatsammlung USA
Die vorliegende Ikone stellt den Erzengel Michael in einem seltenen russischen Typus dar. Die Ikonographie der Tafel ist mit einer russischen Michael-Ikone in Berlin, heute Dauerleihgabe im Ikonenmuseum Frankfurt, und mit einer Tafel im IkonenMuseum in Recklinghausen (Inv. Nr. 449), vergleichbar. Der Erzengel steht vor einem ockerfarbenen Felsen mit zwei Bäumen, nach rechts in Dreiviertelprofil gewandt, in der Rechten eine überdimensionierte blaue Sphaira mit Wolken haltend, mit der Linken auf die Sphaira hinweisend. Er trägt einen dunkelblauen Ärmelchiton, drüber ein rotes Himation. Die breiten, mit schönen und dichten blattgoldenen Chrysographien geschmückten Flügel, schwingen seitlich aus. Der Hintergrund, der ursprünglich wohl blattgoldene Nimbus, sowie der Ikonen-Rahmen sind in späterer Zeit bis zur Kreidegrundierung abgetragen worden. Die Ikone besaß früher einen Metallbeschlag. Den Nagelspuren nach bedeckte er die jetzt abgeschabten Bereiche der Ikone. Literatur: - V. Elbern: Ikonen. Bilderhefte der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz. Ikonen aus der Frühchristlich-Byzantinischen Sammlung, Berlin 1970 (Katalog), Abb. 16 - Ivan Bentchev: Engelikonen im Ikonen-Museum Recklinghausen. Mit Beiträgen von Thomas Daiber und Eva Haustein-Bartsch / Monographien des IkonenMuseums Recklinghausen, Bd. VII, herausgegeben von Eva Haustein-Bartsch und Ferdinand Ullrich, (Museen der Stadt Recklinghausen), Recklinghausen 2002, S. 62, mit Abb. Die sehr seltene Ikone von hohem künstlerischem Rang hat musealen Wert.
Februar 2010
Darstellung Christi im Tempel Ostgriechenland 2. Hälfte 18. Jh. 40 x 29 cm BRENSKE GALLERY
Nach den Schilderungen des Lukas-Evangeliums (2, 22-40) brachten Maria und Josef ihren acht Tage alten Sohn in den Tempel nach Jerusalem, um ihn „dem Herrn darzustellen“. Damit erfüllten sie die gesetzliche Vorschrift, die nach Ex. 13, 2 darin bestand, den erstgeborenen Sohn an Gott zu widmen. Nach dem Evangelienbericht übergeben die Eltern das Kind dem greisen Priester Symeon im Tempel, wobei die hoch betagte Prophetin Anna hinzutritt. Die Darbringung Christi gehört zu den so genannten Festtagsbildern, mit denen die zwölf hohen Feste des orthodoxen Kirchenjahres illustriert werden; das Fest wird am 2. Februar begangen. Das mittlere und hochrechteckige Format der Tafel spricht dafür, dass sie ehemals im Festtagsrang einer Ikonostase eingefügt war. Die Ikone zeigt sich der traditionellen orthodoxen Malweise verpflichtet. Einige Kriterien deuten darauf hin, dass sie im ostgriechischen Gebiet gemalt wurde. Charakteristisch für die Ikonen aus dem ostgriechischen Raum sind die lebhaften, hellen Farben, insbesondere die Kombination von Rosé mit Hellblau. Vergleichbare Farbnuancen begegnen zum Beispiel auf Ikonen, die auf der Insel Lesbos gemalt worden sind. Der Malstil der Ikone weist in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dafür sprechen die markante Modellierung der Gesichter mit den starken Hell-DunkelKontrasten sowie die weiche Gestaltung der Gewandfalten.
März 2010
Auferweckung des Lazarus Makedonien (Griechenland), 1. Hälfte 17. Jh. 33 x 35 cm BRENSKE GALLERY
Im Johannes-Evangelium (Jo. 11, 38-44) wird berichtet, wie Jesus den in einer verschlossenen Höhle bestatteten Lazarus mit den Worten „Lazarus komm heraus!“ ins Leben zurückruft. Diese herausragende Wundertat Christi gilt seit der Frühzeit des Christentums als Verheißung für die Auferstehung aller Gläubigen, weswegen sie häufig dargestellt ist und in sämtlichen Kunstgattungen begegnet. Die Auferweckung des Lazarus gehört zu den so genannten Festtagsbildern, mit denen die zwölf hohen Feste des orthodoxen Kirchenjahres illustriert werden. Auf der Ikone ist das Thema figurenreich ausgestaltet, indem neben den üblichen Protagonisten im Bildvordergrund noch zahlreiche Hebräer im Bildzentrum abgebildet wurden. Die vorliegende Ikone zeichnet sich durch eine hohe malerische Qualität aus und wurde von einem geschulten Maler gefertigt, der die Komposition auf traditionsgebundene Art und Weise wiedergibt. Er verzichtet auf die Wiedergabe einer prunkvollen Kulisse und zeigt die Figuren vor einer relativ kargen Felslandschaft mit sparsam formulierten Architekturformationen im Hintergrund, wie es charakteristisch für die über die Jahrhunderte tradierten Bildformulierungen der Ostkirche ist. Der Betrachter ist mit einer gelungenen Bildschöpfung konfrontiert, in der die Kompositionselemente harmonisch im Bildraum verteilt sind. Die Tafel ist auf dem griechischen Festland gefertigt worden, wo in der nachbyzantinischen Zeit die traditionsgebunden Malweise dominierte. Ihr Malstil weist in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts, was sich unter anderem an der Modellierung der Gesichter und dem Faltenwurf der Gewänder zu erkennen gibt. Bei der Formulierung des Sujets orientierte sich der Maler an den Werken der so genannten makedonischen Schule, die das Ereignis seit der spätbyzantinischen Epoche mit dem in einem Sarkophag stehenden Lazarus und hintereinander gestaffelten Schwestern wiedergeben, von denen sich die vordere vor die Füße Christi geworfen hat und die hintere vor Jesus kniet.
April 2010
Heiliger Georg mit acht Lebensstationen Makedonien (Griechenland), um 1700 62 x 49 cm BRENSKE GALLERY
Die sehr gut erhaltene Ikone zeigt den heiligen Georg als reitenden Krieger und Drachentöter im Mittelfeld. Umgeben wird die Reiterszene von kleinen Randbildern, in denen Episoden aus der Vita des Heiligen geschildert werden (von links nach rechts in drei Registern): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Verhör des Georg durch Kaiser Diokletian und seinen Stellvertreter Magnentius Der „Engel des Herrn“ rettet Georg vom Rad Georg erweckt den verendeten Ochsen eines Bauern Georg erweckt „christusgleich“ einen Toten Georg wird gerädert Enthauptung des Heiligen durchs Schwert Georg stürzt die Idole vom Sockel Georg wird ins Gefängnis geworfen
Außergewöhnlich an der Tafel sind die Ornamentflächen an den beiden Außenrändern. Braune Rankenwerke auf schwarzem Grund zieren diese Teilabschnitte der Ikone und umspielen zwei Randszenen. Die beiden Vita-Szenen werden durch die Pflanzenmotive in leicht ovaler Form gerahmt, was nicht nur eine kompositorische Besonderheit darstellt. Denn damit sind die beiden inhaltlich wichtigsten Nebenszenen, die Tod und Überwindung des Todes thematisieren, besonders akzentuiert worden. Die Ikone bezeugt ein schönes Beispiel der postbyzantinischen Ikonenkunst. Sie ist frei von Einflüssen der abendländischen Malerei und zeigt sich der traditionellen ostkirchlichen Malweise verpflichtet, was darauf schließen lässt, dass sie auf dem griechischen Festland gefertigt wurde. Für diese Einordnung spricht auch die Farbpalette der Tafel, in der warme Erdfarben eine entscheidende Rolle spielen. Als Region für ihre Herstellung kann Makedonien in Betracht gezogen werden. Zu denken ist an eine Ikonenwerkstatt in Thessaloniki, Veria oder Kastoria. Der Malstil der Tafel spricht für eine Entstehung in der letzten Hälfte des 17. bzw. in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Darauf deuten die weiche Modellierung der Draperien, die Proportionen der Körper und auch die Ausarbeitung der Hautpartien hin.
Mai 2010
Evangelist Lukas Russland, 17. Jh. 55 x 40 cm Privatsammlung Schweiz
Auf der vorliegenden Ikone ist der Evangelist Lukas dargestellt. Der Heilige ist nach rechts gerichtet und sitzend an seinem Schreibpult dargestellt, wie er sein Evangelium abfasst. Dieser Bildtypus geht auf das so genannte Verfasserbild der Antike zurück und ist geläufig in der ostkirchlichen Kunst. Der Evangelist Lukas stammte vermutlich aus Antiochien und war von Beruf Arzt (Kolosserbrief 4, 14). Lukas gilt als Verfasser des nach ihm benannten Evangeliums und als Autor der Apostelgeschichte, als deren Entstehungszeit heute allgemein die Jahre zwischen 70 und 80 angesehen wird. Außergewöhnlich an der Tafel ist, dass hinter Lukas eine weitere Figur dargestellt wurde, die sich über ihn beugt und mit ihrer rechten Hand auf den Text des Evangelisten zeigt. Bei der geflügelten Gestalt muss es sich um Sophia - die Personifikation der göttlichen Weisheit handeln -, die Lukas als Quelle der Inspiration dient. Die Sophia als Begleitfigur begegnet selten in den Autorenbildnissen der Evangelisten, ist aber dennoch schon seit dem 6. Jahrhundert in der christlichen Ikonographie belegt, sie ersetzt die antike Muse. Ein Beispiel für die Wiedergabe der Sophia bietet das Evangeliar von Rossano aus dem 6. Jahrhundert. In der Ikonenmalerei ist ihre Verknüpfung mit einem Evangelisten äußerst selten, weswegen der vorliegenden Ikone ein besonderer Stellenwert zukommt. Am oberen Rand des Mittelfeldes erscheint über den Architekturkulissen in einem roten Halbkreis ein Stier, der Lukas als Symbol beigegeben wurde, da er am innigsten auf den Opfertod Christi hinweist. Das ungewöhnliche Format der Ikone lässt darauf schließen, dass sie als Teil einer Ikonostase auf einer Königstür angebracht war, wo sich häufig die vier Evangelisten finden. Stilmerkmale weisen die Tafel als Meisterwerk der russischen Ikonenmalerei des 17. Jahrhunderts aus.
Juni 2010
Erzengel Michael mit Hlg. Nikolaus und Hlg. Georg Nordwestgriechenland/Südalbanien, 2. Hälfte 18. Jh. 25 x 18,5 cm BRENSKE GALLERY
Auf der Ikone sind drei Heilige in Ganzfigur in strenger Frontalansicht wiedergebeben. Von links nach rechts folgen der Hl. Bischof Nikolaus von Myra († um 250), der Erzengel Michael, Seelengeleiter und Anführer der himmlischen Heerscharen sowie der Erzmärtyrer und Soldatenheilige Georg von Nikomedien († 303). Die Zusammenstellung der Dargestellten auf der Ikone geht vermutlich auf die individuellen Wünsche des Aufraggebers zurück, der seine persönlichen Schutzgaranten gemeinsam auf der Tafel repräsentiert wissen wollte. Die Tafel ist wahrscheinlich auf dem griechischen Festland gefertigt worden, wo in der nachbyzantinischen Zeit die traditionsgebunden Malweise dominierte. Ihr Malstil weist in das 18. Jahrhundert, was sich unter anderem an der Modellierung der Gesichter und der ornamentalen Gestaltung der Gewänder zu erkennen gibt. Besonders die verspielte Musterung der Tunika des Soldatenheiligen Georg begegnet in dieser Zeit und speist sich aus dem Formenkanon der islamischen Kunst. Besondere Vorliebe für diese Ornamentik hegten die Maler auf dem Berg Athos und in den angrenzenden Regionen Makedonien und Epirus (Nordwestgriechenland/Südalbanien). Vermutlich ist das Stück in der Region Epirus entstanden, wo die Maler auch mit den Kunstströmungen der benachbarten Ionischen Inseln in Berührung kamen. Dafür spricht die leuchtend lichte Farbigkeit, welche die Ikonenmalerei auf den Ionischen Inseln kennzeichnet. Das kleine Format der Tafel spricht dafür, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach der privaten Andacht diente und im Kontext häuslicher Verehrung Verwendung fand. Sie war vermutlich in der so genannten Schönen Ecke (Ikonen-Winkel) eines Hauses angebracht. Eventuell fungierte sie auch als Reiseikone.
Juli 2010
Gottesmutter des Zeichens Nordrussland, 18. Jh. 50 x 43 cm BRENSKE GALLERY
Dargestellt ist die Gottesmutter des Zeichens, auch Znamenie genannt. Dieses Motiv - eines von über 600 verschiedenen Gottesmutter-Themen, die in der Ostkirche verehrt werden - wird in der Kunstgeschichte als "Blachernoissa" oder "Blachertinissa" bezeichnet. Es geht zurück auf ein Bibelwort Jesaja 7, 14, wo es heißt: "Darum wird euch der Allmächtige selbst ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, den wird sie heißen Emmauel". Diese Darstellung der Gottesmutter mit dem vorgeburtlichen Logos im Medaillon auf der Brust ist sowohl in der Ostkirche als auch im Westen bekannt. Das Motiv ist zurückzuführen auf ein Urbild in einem Marmorrelief, das sich in der Blachernenkirche, dem bedeutendsten Marienheiligtum in Konstantinopel, befunden hat. Auch in Russland befindet sich ein solches Gnadenbild. Es ist die Gottesmutter Znamenie von Nowgorod. Als im Jahre 1169 Nowgorod belagert wurde, hatte der Erzbischof Johann eine Erscheinung: Er sollte die Ikone der Gottesmutter um die Stadt tragen und auf der Mauer aufstellen. Dies bewirkte, dass der Angriff der Feinde auf die Stadt misslang. Die Gebärde der erhobenen Hände ist die alte Bitt- und Bethaltung, die so genannte Orantenhaltung, wie sie in der Antike geläufig war und in der christlichen Malerei in den Katakomben bekannt ist. Die vorliegende Ikone zeichnet sich durch ihre sorgfältige Malerei aus, die einen talentierten Ikonenmaler bezeugt. Besonders ansprechend ist die Farbpalette der Tafel, in der leuchtende Rotnuancen dominieren. Stilistisch lässt sich die Tafel dem 18. Jh. in Nordrussland zuweisen.
August 2010
Heiliger Makarij Russland, 17. Jh. 33,5 x 28,5 cm BRENSKE GALLERY
Der Heilige steht rechts im Bild auf einem Felsen am rechten Wolga-Ufer und weist auf das erste von ihm gegründete Makar’evski-Želtovodskij Troickij-Kloster hin, das der – in der linken oberen Ecke dargestellten – Dreifaltigkeit geweiht war. Er hält in der linken Hand ein entrolltes Schriftblatt mit dem sechszeiligen russischkirchenslavischen Text, der in der Übersetzung sagt: „Ich verehre und verneige mich vor dem heiligen Gottvater, seinem Sohn und dem Heiligen Geist“. Der in Nižnij Novgorod geborene Makarij trat schon als Zwölfjähriger heimlich ins Höhlenkloster seiner Heimatstadt ein. Als seine Eltern nach drei Jahren seinen Aufenthaltsort erfuhren, versuchten sie vergebens, ihn zur Heimkehr zu bewegen. Die Einsamkeit suchend, zog er sich in eine Höhle an der Wolga zurück. Für die Schüler, die sich ihm anschlossen, baute er 1435 das der heiligen Dreifaltigkeit geweihte Kloster am linken Wolga-Ufer in der Nähe des Gelben Wasser Sees (Želtye vody). Nachdem die Tataren 1439 das Kloster zerstört hatten, zog Makarij mit seinen Mönchen und vielen Bewohnern der gefährdeten Region ins Gebiet von Kostroma, wo er an der Unža die Stadt Makar’ev gründete und dort ein neues Dreifaltigkeitskloster errichtete. Hier starb er 95jährig am 25. Juli 1504. Seine Gebeine, die viele Wunder wirkten, wurden 1620 erhoben. Der spätere Bischof von Voronež Mitrofan baute die Dreifaltigkeits-Klosterkirche 1669. Die erste Klostergründung des Makarij an der Wolga wurde nach der Zerstörung von den Tataren erst 1626 vom Mönch Avraamij erneuert. Dieses Kloster war das bedeutendere. Festtag des Makarij: 25. Juli. Gut modellierte Malerei in schöner Farbigkeit auf freigelegtem Kreidegrund. Seltene Ikone in musealer Qualität.
September 2010
Himmelfahrt des Propheten Elias Griechenland, um 1700 21,5 x 17 cm BRENSKE GALLERY
Die Ikone zeigt die feurige Himmelfahrt des Propheten Elias. Sie thematisiert die Himmelfahrt des Propheten und die symbolische Übergabe seines prophetischen Erbes an seinen Schüler und Nachfolger Ilischa. Die Komposition ist von links unten nach rechts oben diagonal aufgebaut. Elia selbst steht auf einem feurigen Wagen. Vor den Wagen sind drei Rosse gespannt, ein Schimmel im Vordergrund und zwei rote „Feurige“ weiter hinten. Sie ziehen einen Wagen in der Art eines römischen Streitwagens, mit „feurigen“ Rädern. In seiner rechten Hand hält Elias einen Mantel, den er nun im nächsten Augenblick herabfallen lassen wird. Unten rechts am Bildrand wartet schon Ilischa. Beide Hände hat er zum Propheten ausgestreckt und erwartet nun, dass er ihm den Mantel zuwirft. Er steht in einer imaginären Landschaft vor einem Fluss, dessen Wogen sich teilen. Die künstlerisch besonders überzeugende Tafel ist in Griechenland in der Zeit um 1700 entstanden.
Oktober 2010
Deesis mit Heiligem Nikolaus und Johannes dem Täufer Makedonien (Griechenland), Mitte 17. Jh. 54 x 41 cm BRENSKE GALLERY
Die Ikone zeigt den thronenden Christus zwischen dem Hl. Nikolaus (links) und Johannes dem Täufer (rechts). Die beiden äußeren Gestalten neigen sich Christus im Gestus der Fürbitte zu und bilden mit ihm zusammen eine so genannte DeesisKomposition. Mit dem griechischen Terminus Deesis (Fürbitte) wird üblicherweise die Fürbitte Mariens und Johannes des Täufers vor Christus Pantokrator bezeichnet. Mit erhobenen Händen wenden sich die beiden Bittsteller Christus zu, um bei dem kommenden Weltenrichter Gnade für die Menschheit zu erflehen. Die Darstellung der Deesis ist seit dem 6. Jahrhundert in der ostkirchlichen Kunst belegt. Auf der hier besprochenen Tafel ist das Deesis-Thema aber in modifizierter Form abgebildet, indem links von Christus anstelle der Gottesmutter der Hl. Bischof Nikolaus von Myra († um 250) erscheint. Ein Austausch der Fürbittenden in DeesisKompositionen lässt sich bisweilen beobachten, in der Regel wird aber Johannes der Täufer durch einen anderen Heiligen ersetzt, nicht die Gottesmutter. Insofern sind wir mit einer außergewöhnlichen Fürbitt-Darstellung konfrontiert, deren Zusammenstellung vermutlich auf die persönlichen Wünsche des Auftraggebers zurückgeführt werden kann. Entstanden ist die Ikone wahrscheinlich in Westgriechenland, und zwar in der Region Makedonien. Die Maler dieser Gegend hegten eine Vorliebe für die Farben Rot und Grün, die neben verschiedenen Braun- und Ockertönen den Ikonen eine warme Ausstrahlung verleihen. Aufgrund ihres hohen Qualitätsstandards lässt sich annehmen, dass die Tafel in einem nachbyzantinischen Kunstzentrum gefertigt wurde. Eventuell ist sie in einem Kloster auf dem Berg Athos gemalt worden, wofür die üppige Verwendung der Goldtinktur und die betont feine Malweise spricht. Die Datierung um die Mitte des 17. Jahrhunderts ergibt sich unter anderem aus der Modellierung der Hautpartien und insbesondere aus der markanten Art und Weise der Formulierung der Augenfelder, die um diese Zeit begegnet.
November 2010
Heiliger Bischof Euthymius Griechenland, 18. Jh. 29 x 22 cm BRENSKE GALLERY
Dargestellt ist der heilige Mönch Euthymius. Euthymius war der Sohn von frommen Eltern namens Paul und Dionysia; die Mutter war unfruchtbar und empfing Euthymius mit der Prophezeiung des Engels, mit seiner Geburt werde jeder Aberglaube abgeschafft und Friede für die Kirche hereinbrechen – deshalb wurde der Knabe „Freudenbringer“ genannt. Nach dem Tod des Vaters gab ihn die Mutter in die Obhut von Eutrojos, dem Bischof von Melitine, der ihn zum Priester weihte. Euthymius ging 406 nach Jerusalem und ließ sich zunächst bei der Einsiedelei des Theoktistos am Toten Meer nieder. Die Leitung der entstehenden Mönchskolonie überließ er Theoktistos, nach dem das später entstandene Kloster benannt wurde. Euthymius zog weiter an einen Platz östlich von Jerusalem und lebte dort als Einsiedler, wo dann das nach ihm benannte Kloster erbaut wurde. Die Legenden berichten zahlreiche Wunder: er heilte, er speiste 400 Männer aus ganz wenig Brot, er ließ es regnen; während der Messe war sein Haupt von göttlichem Licht umstrahlt. Euthymius war einer der Väter des Mönchtums und wurde wie ein König beigesetzt. Die vorliegende Ikone überzeugt durch ihre ausdrucksvolle Farbigkeit und das besonders expressive Gesicht des Heiligen. Er hält eine Schriftrolle in der Hand mit der Aufschrift „Brüder, die Waffen des Mönchs sind Meditation, Gebet [Rest unleserlich]“. Die Tafel kann dem 18. Jahrhundert in Griechenland zugeordnet werden.
Dezember 2010
Geburt Christi Russland, um 1800 53 x 43,5 cm BRENSKE GALLERY
Die Ikone ist in drei deutlich abgegrenzte Bereiche gegliedert. Im Mittelpunkt liegt die Gottesmutter auf ihrem Geburtslager. Ein Berg mit einer Höhle, Sinnbild der Schöpfung wie auch der Gottesmutter, hinterfängt das Geschehen. Dieses Motiv unterscheidet die ostkirchliche Darstellung von dem westlichen Bildtypus. Ochs und Esel blicken hinter der Krippe hervor. Von links treten die drei Magier ins Geschehen. Im Abendland sind diese als die Heiligen Drei Könige bekannt. In den Händen ihre Geschenke haltend, nähern sie sich der Szene, um dem göttlichen Kind ihre Verehrung zu erweisen. Über ihnen erscheinen zwei Engel. Rechts von dem Kind erscheint ein Hirte, dem der über ihm erscheinende Engel die frohe Botschaft verkündet. Links unten sitzt Joseph in einer Höhle. Er hat seinen Kopf sinnend in seine Linke gestützt. Zu ihm tritt von rechts ein geduckter alter Mann. Nach einer Version ist dies der Teufel als Hirte verkleidet, der in Joseph Zweifel an der Unbeflecktheit Mariens sähen will. Nach einer anderen Version ist es Jesaia, der ihn in seinem Glauben bestärkt. Rechts unten erscheint die Badeszene: der Christus-Knabe sitzt auf dem Schoß der Hebamme. Das Badewasser wird von einer weiteren Gehilfin in einen Trog gegossen. Die literarische Grundlage der Weihnachtsdarstellung bildet die Erzählung von der Geburt Christi in Lk. 2,4 - 20. Die Anbetung der Magier geht auf Mt. 2,1 - 12 zurück. Der Abbildung von Ochs und Esel und der Badeszene liegt das apokryphe Protoevangelium des Jakobus 17,17 ff. zugrunde. Das für den ostkirchlichen Bereich typische Motiv der Höhle als Geburtsstätte geht auf Texte wie das im 8./9. Jahrhundert entstandene apokryphe Kindheitsevangelium des Pseudo-Matthäus (Ps. Mt. 14,2) zurück. Die Geburt Christi gehört zu den wichtigsten Festtagen der orthodoxen Kirche. Die Ikone ist um 1800 in Russland entstanden.